Happy Halloween von Kalea ================================================================================ Kapitel 1: Der Wald und lauter Bäume ------------------------------------ Der Wald und lauter Bäume Es war stockdunkel in den Bergen von Wyoming. Kein Stern stand am wolkenverhangenen Himmel. Der Wind jagte regenschwere Wolken vor sich her. Doch noch war es trocken. Ein Mensch stolperte, rastlos vorangetrieben, über eine Lichtung und tauchte gleich darauf wieder zwischen den dicht stehenden Bäume ein. Immer wieder blieb er an Wurzeln hängen oder stieß sich die Füße an Steinen. Und immer wieder stürzte er. Bis jetzt hatte er sich jedes Mal wieder zurück auf die Füße gekämpft. Wieder blieb sein Fuß an einer Wurzel hängen. Wieder stürzte er. Doch diesmal schaffte er es nicht mehr sich zu erheben. Erschöpft rollte er sich unter dem Baum zusammen. Langsam kam Bewusstsein in den Körper. Patsch! Ein dicker Tropfen zerplatzte auf seine Wange. Mühsam wälzte er sich auf den Rücken und blinzelte in den Himmel. Die Blätter hingen rot an den Bäumen und schaukelten regenschwer im Wind. Er richtete sich keuchend auf und schaute an sich herab. Ein zerrissenes, blutverschmiertes T-Shirt und eine Jeans. Sonst trug er nichts. Was war passiert, wie kam er hierher und wo zum Teufel war sein Bruder? "Sam!" Nichts. "SAAAMMMMM!" Doch wieder hörte er nur das Rauschen des Regens. Mühsam rappelte er sich auf die Füße, die schmerzhaft protestierten. Er plumpste zurück auf seinen Hintern und betrachtete seine geschundenen Hinterläufe. Dreckig, blutverschmiert und geschwollen. Wie lange war er ohne Schuhe hier herum geirrt? Wo waren seine Schuhe? Wo war seine Jacke? Und auch sonst. Was machte er hier? 'Egal.' Er rappelte sich wieder auf die Füße und ignorierte den Schmerz. Er musste Sam finden. "Sam!" Wieder und wieder rief er nach seinem Bruder, solange bis er kaum noch einen Ton herausbekam. Er stolperte weiter durch den Wald, getrieben von der Sorge um seinen Bruder. 'Wo war er nur? Lebte er?' Immer wieder rutschte er auf dem glitschigen Laub aus, trat auf verborgene Äste oder stieß mit seinen Zehen gegen Steine. Er ignorierte den Schmerz. Er musste ihn ignorieren, denn sonst hätte er sich auf der Stelle zusammengerollt und wäre wohl nie wieder aufgestanden. Doch es trieb ihn weiter, weiter und immer weiter auf der Suche nach seinem Bruder. Der Waldboden fiel steil ab. Kurz hielt er an und überlegte, was er tun sollte. Dann wandte er sich in Richtung Tal. Der junge Mann rutschte mehr als er lief. Er versuchte sich immer wieder an Bäumen abzufangen. Bis er plötzlich auf einen Ast trat. Endgültig verlor er sein Gleichgewicht, rollte und rutschte den Hang hinunter. Er konnte sich nirgends abfangen. Immer wieder schlug er gegen Bäume, ohne jedoch Halt finden zu können und blieb dann endlich bewusstlos am Fuß des Berges liegen. Langsam kam er wieder zu sich. Er fror. Der Regen hatte ihn bis auf die Knochen durchweicht und immer noch hatte er keine Spur von seinem Bruder. Verdammt was war nur passiert? Sie mussten auf einer Jagd gewesen sein. Aber wonach und warum hatte Sam ihn hier allein gelassen? Was lief hier falsch? Er setzte sich auf. Sofort schoss ein starker Schmerz durch seinen Kopf. Er musste sich übergeben. Gequält spuckte er Galle und würgte trocken weiter, als sein Magen leer war. Er hatte das Gefühl, sein Inneres würde nach außen gewendet. Irgendwann beruhigte sich sein Magen. Er quälte sich auf die Füße. Er musste weiter. Seine Schmerzen und den brennenden Magen ignorierend, streckte er sich. Neue Schmerzen jagten durch seinen Körper. Er tastete seine Schulter ab. Nichts! Genauso wenig wie an seinen Rippen. Prellungen. Dabei hätte er schwören können, dass er da zumindest schwer verletzt sei, wenn nicht gar offene Wunden hatte. Er schüttelte den Kopf, machte sich wieder auf den Weg. Es war bereits dunkel als er im Wald einen Lichtschein wahrnahm. Er konnte nicht mehr sagen, ob es Wirklichkeit war oder ihm seine Sinne nur einen Streich spielten. Er fror, schwitzte, und das alles gleichzeitig. Sein Atem bildete kleine Wolken vor seinem Gesicht und seine Kehle kratzte. Sie war völlig ausgetrocknet und fühlte sich heiß an, trotz der paar Schlucke Wasser, die er an kleinen Bächen getrunken hatte, an denen er vorüber gekommen war. "Sam!" keuchte er und marschierte stur auf das Licht zu. Eine halbe Ewigkeit später erreichte er das Haus und stolperte auf die Rettung verheißende Veranda zu. Doch kurz vorher gab sein malträtierter Körper auf. Er brach mit einem heiseren Stöhnen zusammen und dämmerte in eine fantasiegeplagte Scheinwelt. ---------- Sams Handy klingelte. "Sam hier." meldete er sich. "Was gibt’s Bobby?" "Wollte nur fragen wie es dir geht und ob du mal wieder hier vorbei schaust?" "Spuck es aus Bobby. Du rufst nicht wirklich deshalb an." "Hast du das Ritual durchgeführt?" "Ja. Vorgestern Nacht." "Und? Ist dir schon was aufgefallen? Verdammt Junge, lass dir doch nicht alles aus der Nase ziehen. Du bist genauso schlimm wie dein Bruder!" knurrte der alte Jäger. Sam schnappte nach Luft. "Entschuldige Sam. Es tut mir leid. Ich weiß wie sehr dir sein Verlust noch immer nahe geht." "Deans Tod ist erst ein halbes Jahr her Bobby." "Ich weiß Sam. Und es tut auch mir immer noch weh. Trotzdem! Ist dir irgendetwas aufgefallen?" „Nein. Nichts." "Halt die Augen weiter offen Junge. Dieses Ritual hat seine Tücken." "Ja, du hast mich ausreichend davor gewarnt. Trotzdem. Mir ist nur wichtig, dass Deans Seele nicht mehr in der Hölle ist. Es wäre einfach nur schön, eine Bestätigung zu bekommen. Ich meine es ist schon schlimm genug, dass Dean für mich gestorben ist. Zu wissen, das er dafür auch noch in der Hölle schmoren muss ist unerträglich. Ich musste es probieren." "Schon okay Sam. Pass trotzdem auf dich auf." "Mach ich." Sam legte auf und widmete sich wieder seinem Laptop. ---------- Die Sonne war aufgegangen. Shauna wollte in den Schuppen um Holz zu holen. Sie lebte hier mit ihrem Dad ziemlich einsam. Sie waren nach dem Tod der ihrer Mom hierher gezogen. Ihr Dad war Schriftsteller. Er konnte überall arbeiten und sie fuhr die drei Kilometer mit dem Rad zur Bushaltestelle. Oft genug brachte sie auch ihr Dad zur Schule. Sie fühlte sich wohl, hier in dem Haus. Ja, sie vermisste ihre Freundinnen, doch diese ewige Suche nach den schönsten Klamotten und die Hektik der Stadt kamen ihr so sinnlos vor. Sie und ihr Dad brauchten diese Stille um das Ganze verarbeiten zu können. "DAD!" schrie sie auf und ließ den Korb fallen. Wie erstarrt blieb sie stehen, ihre Augen auf den Körper vor der Veranda gerichtet. "DAD!" schrie sie wieder. Endlich kam er und prallte an der Tür zurück. Dann lief er schnell zu dem Menschen und betete, das der Mann nur bewusstlos war. Er drehte ihn auf den Rücken. Hastig suchte er seinen Puls und atmete erleichtert auf als er ihn fand. "Er muss sofort ins Krankenhaus. Er hat hohes Fieber und verbrennt förmlich. Ich hol den Wagen", presste er hektisch hervor und machte Anstalten aufzustehen. Plötzlich schlug der Mann vor ihm die Augen auf. Mit trübem Blick schaute er sich um. Er suchte einen festen Punkt. Dann fand er ihn. "Kein Krankenhaus, bitte!", flüsterte er leise und krallte eine Hand im Pullover des Mannes fest. Er wollte sich aufrichten, doch seine Kräfte reichten nicht. Mit einem Keuchen kippte er wieder zurück, schloss die Augen und versank erneut in der wirren Realität seiner Fieberwelt. "Bringen wir ihn rein", sagte der Mann leise. Vorsichtig trugen sie ihn ins Haus und legten ihn vor dem Bad auf den Boden. „Lass Wasser ein, nicht zu heiß“, forderte der Vater und begann augenblicklich den Mann zu untersuchen. Das T-Shirt war blutverschmiert und starrte vor Dreck. Das war nicht mehr zu retten. Er holte eine Schere und zerschnitt es. Als der Körper unverhüllt vor ihm lag, setzte er seine Untersuchung fort. Aber er fand nichts, nichts was die Blutflecken erklären könnte. Die Hosen starrten zwar ebenfalls vor Schmutz, und würden wohl auch alleine stehen können wenn er sie in die Ecke stellen würde, doch die könnten noch zu retten sein. Er mühte sich, dem Mann die nassen Jeans vom Körper zu ziehen. Auch hier fand er keine Verletzungen. Der Körper war makellos, fast wie neugeboren. Nur die Füße waren die große Ausnahme. Die waren blau, zerschnitten und geschwollen. Der Mann stöhnte. Er kam wieder zu Bewusstsein. Der Schriftsteller schaute auf. Sein Blick fiel in weit aufgerissene, ängstliche, grüne Augen. 'Was spielte sich her ab? Was konnte diesen schmerzverzerrten, panischen Blick auslösen?' Der Mann vor ihm war völlig verkrampft. Sein Atem ging stoßweise und rasselte leise. Shauna kam wieder und gemeinsam trugen sie ihren Findling in die Wanne. Sie ließen ihm Zeit und er entspannte sich. Auch wenn die Angst nicht ganz aus seinem Gesicht verschwand und sie Augen immer wieder suchend umher huschten. Shaunas Vater begann seinen Patienten mit dem Schwamm vorsichtig zu waschen. >>> Eine schwere, schwarze Tatze stellte sich auf seine Brust. Lange, messerscharfe Krallen bohrten sich tief in seinen Brustkorb. <<< Er keuchte. Die Zähne mahlten aufeinander. >>> Mit einem Ruck riss es die Tatze zurück und zerfetzte ihm Brust und Bauch. Er konnte sein Herz schlagen sehen. <<< Er warf den Kopf in den Nacken. Ein Schrei quälte sich über seine Lippen. Erschrocken zog der ältere Mann die Hand zurück. „Dad...?“ Shauna war vom Toilettendeckel gesprungen. „Was hat er?“ „Ich weiß es nicht. Da ist nichts!“, keuchte der Mann verwirrt. Der Mann in der Wanne pumpte hektisch nach Luft. Verkrampft wartete er. Er wusste nur zu gut, dass da mehr folgen würde! Shaunas Vater schüttelte den Kopf und machte weiter. >>> Heißer Atem blies ihm ins Gesicht. Lange Reißzähne ragten aus dem Maul. Das Vieh schien zu lachen während sich der Kopf quälend langsam senkte. Und er konnte sich nicht wehren. Das konnte er nie. In seinen Ohren hallte das Gelächter der Dämonen um ihn herum. Dann zerriss ihm das Monster die Kehle. <<< Sein Schrei wurde zu einem erstickten Gurgeln. Der Körper verkrampfte sich noch mehr, obwohl dass eigentlich kaum noch möglich war. Er schlug um sich. Seine Fersen trommelten gegen den Wannenrand. Und dann endlich glitt er in die Bewusstlosigkeit, von der er genau wusste, dass sie ihn viel zu schnell wieder daraus wecken würden. Für die nächste Runde Winchester-Quälen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)