Fallen Angel von Plotchaser (Angels Project II) ================================================================================ Kapitel 4: Knifflige Lage ------------------------- Das Geräusch des Automotors, als der alte Kombi vor dem Container vor fuhr, riss Kira blitzschnell aus dem Schlaf. Dieses Mal kamen die Erinnerungen im Moment des Erwachens wieder und so huschte ihr Blick zuerst zu dem anderen Käfig. Es dauerte einen unglaublich langen Moment, bis sich ihre Augen wieder an die Dunkelheit gewöhnt hatten und sie das schlaffe Fellknäuel erkannte. Einen grauenhaften Augenblick lang dachte sie, er würde nicht mehr atmen, doch dann hob sich langsam sein Brustkorb und auch sie selbst atmete wieder aus. Was auch immer diese Nadeln in Nagis Blutbahn pumpten, es setzte ihm unheimlich zu. Doch hatte die Blonde keine Zeit, sich darüber Gedanken zu machen, denn in diesem Moment wurde die Tür aufgesperrt. Hastig schnappte das Mädchen sich das Armband und rutschte an die Rückwand des Käfigs. Er durfte nicht auf Anhieb erkennen dass sie das Armband nicht mehr um hatte, also stemmte sie die Arme hinter sich in den Boden, sodass er sie nicht direkt erblicken konnte.   Und da betrat er auch schon den Container. Kaum war er drinnen, knipste er den Lichtschalter an und verriegelte die Tür von innen. Während er sich den Käfigen zu wandte, legte er eine Laptoptasche auf einem Schreibtisch ab. Sein Blick ruhte eine Weile prüfend auf Nagi, dann erst musterte er Kira eindringlich. „Du scheinst den Stromschlag ja problemlos überlebt zu haben. Ich dachte eigentlich, ich hätte den Elektroschocker ein wenig zu hoch eingestellt.“ Triumphierend grinste der Braunhaarige, als er auf den Käfig zu ging und eine Armlänge entfernt von ihr stehen blieb. „Ich weiß zwar immer noch nicht, wer und was du bist und warum dich bisher noch niemand vermisst, aber das ändert nichts daran, dass ich den Bonus für dich ebenfalls einkassiere.“ Irritiert blinzelte Kira ihm entgegen. „Was meinst du damit?“ Sein Grinsen wurde breiter und allmählich sah er doch nicht mehr so harmlos aus. Langsam aber sicher sah er verdammt gerissen und gefährlich aus, was Kira erschaudernd feststellte. „Das wirst du erfahren, wenn sie euch abholen. Du musst nicht mehr lange warten, versprochen.“ Erneut erschauderte die Blonde, während der Mann sich umdrehte und den Laptop aus seiner Tasche hervor holte. Ohne sie weiter zu beobachten klappte er diesen auf dem Schreibtisch auf und setzte sich selbst auf den Stuhl davor. Verunsichert ging ihr Blick wieder zu Nagi, doch lag dieser noch immer genau so reglos da, wie zuvor. Was sollte sie jetzt tun? Sie konnte schlecht warten, bis diese ominösen Typen auftauchten und sie abholen wollten. Aber, wenn er davon Wind bekommen sollte, dass sie dabei war, sich zu befreien, würde er sie erneut auf die Bretter schicken. Und darauf konnte sie wirklich verzichten. Wobei...   Mit skeptischem Blick holte sie das Armband hervor und betrachtete es im kalten Neonlicht. Die zahllosen, hauchdünnen Nädelchen funkelten im Licht geradezu. An manchen hatte sich an den Spitzen ein farbloser Tropfen gebildet. Vermutlich war dies das Mittel, das ihr die Kraft geraubt hatte und periodisch herausquoll. Immerhin war das Armband dick genug, um einen Vorratsspeicher darin zu verbergen. Nachdenklich kaute die Blonde auf ihrer Unterlippe herum. Dann hob sie jedoch entschlossen den Blick an und trat mit voller Wucht gegen die Käfigtür. Überrascht zuckte der Mann zusammen und lies seinen Laptop links liegen, als er sich zu ihr umwandte. „Was soll das werden? Ich denke, du bist lange genug wach, um begriffen zu haben, dass du aus diesem Käfig nicht raus kommst.“ Doch, anstatt ihn zu beachten, trat die Blonde einfach erneut gegen die Gitterstäbe. „Hey! Lass' das sein!“ Als er aufstand, zog der Braunhaarige einen Stab aus einer Gürteltasche. Ein Stab, der sich wie ein Teleskopstock auseinander ziehen lies. Nur kurz huschte Kiras Blick zu dem Stock, da erkannte sie auch schon, dass er kurz genug war, dass sie ihn erwischen konnte, wenn er an sie heran kommen wollte. Also tat sie so, also ignorierte sie ihn weiter und trat unbeirrt auf das Gitter ein. Nur noch ein kleines Stück... Und kaum war der Mann in Reichweite, zog die Blonde die Beine zurück und stürzte nach vorn, um ihm das Armband, mit den Nadeln voran, ins weiche Fleisch seines Unterarms zu drücken. Erschrocken keuchte der Braunhaarige auf und versuchte zurück zu weichen, doch hielt Kira ihn entschlossen fest. Ebenso hielt sie mit der anderen Hand seinen Stab, an dem wohl wieder ein Elektroschocker angebracht war, von sich fern.   Und dann ging alles recht schnell: Der Mann wankte, lies den Stab los und stürzte keuchend zu Boden, als ihn die Kraft verließ. Kira wiederum hielt ihn weiterhin fest, damit sie problemlos an seine Schlüssel heran kam, die er in seiner Hosentasche hatte. Kaum hatte sie diese in der Hand, lies sie ihn los und sperrte das Schloss auf. Und kaum war die Tür offen, sprang sie aus dem Käfig und eilte zu Nagi. Auch dieser Käfig war schnell entriegelt und sie hatte ihren kleinen Freund in den Armen. Er zitterte wie Espenlaub und seine Haut war eiskalt. Auch sein Atem ging noch immer sehr flach. Außerdem reagierte er nicht einmal darauf, dass sie ihn hochnahm. Panik stieg in der Blonden auf, während sie das graue Wesen an sich drückte, um es ein wenig zu wärmen. Das Armband hatte sie selbst beim Entfernen ziemlich hart getroffen, weshalb sie befürchtete, dass Nagi das Entfernen des Halsbandes womöglich umbringen könnte, wenn sein Zustand so blieb. Verzweifelt schaute sie sich auf dem Schreibtisch und der Werkbank daneben um. Irgendetwas musste es doch geben, um Nagi zu helfen. Da fiel ihr Blick auf den Laptop. Die Benutzeroberfläche leuchtete ihr ermutigend entgegen und so ergriff sie die externe Maus und öffnete den Ordner mit den Dokumenten. Kurz Überflog sie die Ordnernamen und entschied sich für den mit der Aufschrift „Gifte“. Eine Datei mit dem Namen „Halsbänder“ war auch schnell gefunden, doch dauerte das durchsuchen des mehrere hundert Seiten langen Dokumentes länger als erhofft. Sie verstand vieles nicht, anderes wiederum war mit ausführlichen Zeichnungen erklärt. Doch als sie schließlich gelesen hatte, was bei einer versehentlichen Selbstanwendung als Gegenmittel zu verwenden sei, um das Mittel zu neutralisieren, war sie auch schon wieder auf den Beinen. Während sie Nagi mit der einen Hand festhielt, öffnete sie mit der anderen die Schranktüren unter der Werkbank und entdeckte dort tatsächlich mehrere verschiedene Vorratsgläser voll Flüssigkeiten, die sich in Farbe und Konsistenz alle stark ähnelten. Glücklicherweise waren alle beschriftet und so fand sie auch das Gegenmittel sofort. Behutsam legte sie den Grauen nun auf die Werkbank. Doch als sie mit zitternden Fingern eine frische Spritze auspackte und diese mit der Flüssigkeit aufzog, stockte sie einen Moment lang und blickte auf das Fellbündel hinab. „Oh, Nagi... Es wird alles wieder gut...“, sprach sie sich selbst den Mut zu, den sie brauchte, ehe sie die Spritze in seinen Hinterlauf pikste und die Flüssigkeit dann behutsam leerte. Als sie damit fertig war, zog sie die Nadel heraus und lies sie einfach zu Boden fallen. „Oh, bitte, lass' das Zeug wirken...“ Zitternd legte die Blonde ihre Stirn an die des Grauen und streichelte mit der freien Hand sanft über seinen Rücken.   Es verging nicht viel Zeit, bis Nagi plötzlich zuckte. Überrascht hob Kira den Blick an und schaute in die müden, eisblauen Augen ihres Freundes. „Nagi...“, flüsterte sie liebevoll seinen Namen und streichelte seinen Kopf, der noch immer ein wenig benommen wankte. „Halt' still, ich mach' dir das Halsband ab. Keine Angst, dir kann nichts mehr passieren.“ Beruhigend gab die Blonde Nagi einen Kuss auf die Stirn, ehe sie eine Schere von einer Wandhalterung herunter nahm. Vorsichtig schob sie eine Klinge zwischen Haut und Halsband hindurch, was Nagi ergeben zu lies. Und mit einem Schnipp war das Band durchtrennt. Doch als Kira das Halsband nun von seinem Hals zog, wimmerte der Graue laut vor Schmerzen. „Tut mir Leid, Nagi... Es tut weh, aber das Zeug kann dir nichts mehr anhaben...“ Als es endlich vorbei war, lies sie das Band einfach zu Boden fallen, während sie eine Bandage aus dem Werkzeugschrank holte. Sachte legte sie ihm diese um und nahm das kleine Wesen danach behutsam auf den Arm, wo er sich auch sofort zitternd an sie drängte. Sanft gab sie ihm erneut einen Kuss auf die Stirn und wandte sich endlich der Tür zu. Ohne weiteres war der Riegel aufgesprungen und sie beide endlich wieder in Freiheit. Doch wollte Kira die zurückgewonnene Freiheit noch nicht genießen, da sie das Herannahen eines Fahrzeuges hörte. Also huschte sie um den Container herum und verschwand im Dunkeln der Nacht. Gerade rechtzeitig, sodass die eintreffenden Personen nichts von ihr zu Gesicht bekommen konnten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)