Fallen Angel von Plotchaser (Angels Project II) ================================================================================ Kapitel 5: Ohne Worte --------------------- Als Kira erwachte, schlief Nagi noch immer in ihren Armen zusammengerollt. Der Wald um sie herum war ruhig, nur vereinzelt fingen bereits ein paar Vögel zu zwitschern an. Als sie die Augen von dem grauen Fellbündel nahm und in den Himmel schaute, den sie zwischen den Baumkronen hindurch entdecken konnte, erkannte sie, dass die Sonne bald aufgehen würde. Langsam verfärbte sich das dunkle Nachtblau über lila Töne zu Rosa. Bald würde der Himmel in Orange und Gold getaucht werden und auch der Wald erwachen. Seufzend senkte sie wieder den Blick und schaute nun in zwei eisblaue Augen. Ein sanftes Lächeln legte sich auf Kiras Lippen. „Guten Morgen, Nagi“, wisperte sie leise, was seine Ohren zucken lies. Jedoch entgegnete er ihren Gruß nicht. Stattdessen bewegte sich seine Nase leicht, während er die Gerüche um sich herum zuordnete. Erst dann, als er sich wirklich sicher zu fühlen schien, kuschelte er sich tiefer in ihre Arme. Automatisch festigte die Blonde ihren Griff. „Wie geht es dir?“ Als Antwort bekam sie jedoch nur ein Nicken. Besorgt musterte sie das kleine Fellknäuel und blickte ihm tief in die Augen. „Es ist lange her, dass du nicht mehr mit mir geredet hast. Hat er dir solche Angst gemacht?“ Augenblicklich wich der Kleine ihrem Blick aus, was sie in ihrer Annahme bestätigte. Tröstend schmiegte Kira ihre Wange an Nagis Kopf. „Ich lass' nicht zu, dass so was noch einmal passiert, Nagi.“ Auch wenn sie sich sicher war, dass sie dieses Versprechen nicht zu hundert Prozent geben konnte, wollte sie es doch versuchen. Nagi hätte sonst-etwas passieren können und das nur, weil sie nicht aufgepasst hatte. Wer wusste schon, was beim nächsten Mal passieren würde. Würde sie ihn rechtzeitig finden? Oder würde sie zu spät kommen? Und, selbst wenn sie rechtzeitig kam, wie konnte sie nur davon ausgehen, dass sie beim nächsten Mal wieder so viel Glück haben würde? Dieser Kerl würde jetzt darauf gefasst sein. Er würde sich einen besseren Plan fürs nächste Mal überlegen. Etwas effektiveres.   Nagis Pfote schlug ihr zwar sanft aber so unerwartet ins Gesicht, dass Kira heftig zusammen zuckte und aus ihren Gedanken gerissen wurde. Nur, um von einem Augenpaar angestarrt zu werden, das sie ihrer Gedanken wegen strafen wollte. Diesen Blick zu deuten war etwas, dass sie schon automatisch konnte. So, als hätte sie dies ihr Leben lang getan. „Entschuldige. Ich denk' schon nicht mehr dran“, auf ihre Lippen legte sich ein ergebenes Lächeln, ehe sie Nagi einen Kuss auf die Nase hauchte. „Was hältst du von essen?“ Neugierig legte der Kleine den Kopf schief. „Du weißt, ich kann nicht jagen“, die Blonde betrachtete eine ihrer Hände, so als wäre diese nicht zu ihrem Körper gehörig. „Aber ich will dich nicht wieder der Gefahr aussetzen, dass dich jemand in die Finger bekommt.“ Augenblicklich senkte Nagi die Schnauze ein wenig und legte die Ohren an. „Ich weiß also nicht, wie ich das am besten anstellen soll. Soll ich in die Stadt und dich hier alleine lassen? Oder soll ich dich mitnehmen und dann dort vor dem Laden lassen? Mir gefällt beides nicht.“ Nagis leises Schnauben schloss sich ihrer Aussage an. „Also, mein Kleiner? Ich weiß, dass das jetzt recht ungünstig für dich ist, aber du musst das entscheiden“, während sie sprach, lies Kira den Grauen los und setzte sich auf. Erschrocken blickte dieser sie jedoch an und machte sich auf der Stelle klein. „Nagi, es hilft dir nichts, dich zu verstecken. Du musst das jetzt entscheiden. Ich lass' dir gerne noch Zeit, bis wir am Waldrand sind. Aber, dann will ich eine Entscheidung hören.“ Zitternd blickte er zu ihr auf, als die Blonde aufstand und sich streckte. Dann bückte sie sich jedoch noch einmal und nahm das Häufchen Elend auf den Arm, wo er sich direkt in ihre Halsbeuge schmiegte.   Kira war in der letzten Nacht weit in den Wald hinein gelaufen, um ungewollten Besuch zu entgehen, weshalb es eine gute Weile dauerte, bis sie endlich auf den Waldrand stieß. Mittlerweile müssten die üblichen Supermärkte bereits geöffnet haben, da war sie sich sicher. „So, mein Kleiner“ das Mädchen ging in die Hocke und setzte Nagi vor sich ab. „Wie hast du dich entschieden? Mitkommen oder hier bleiben?“ Ängstlich blickten die eisblauen Augen sie an, während er noch immer versuchte, sie zu einer Entscheidung zu bewegen. Jedoch zog die Blonde in diesem Moment misstrauisch die Augenbrauen zusammen und schaute zu einem Busch in ihrer Nähe. Als es dann im Dickicht raschelte, da etwas vor ihrem Blick floh, wollte Nagi sich panisch in ihre Arme flüchten. Doch war Kira zeitgleich mit ihm aufgesprungen. Etwas stimmte hier nicht... Knurrend lies sie den Blick wandern, doch war das, was sie eben noch beobachtet hatte, bereits außer Reichweite. Dennoch schnupperte sie aufmerksam in der Luft, um die Witterung auf zu nehmen. Der Geruch war wild und wölfisch und doch irgendwie anders. Nicht ganz so anders wie ihr eigener, aber doch anders als es für einen gewöhnlichen Wolfsgeruch sein sollte. Irritiert legte die Blonde den Kopf schief und suchte noch einmal mit Blicken ihre Umgebung ab. Dann schnaubte sie missbilligend und nahm ihren kleinen Begleiter wieder auf den Arm. „Du kommst mit mir“, beschloss sie kurzerhand und stapfte dann los, in Richtung Stadt.   An diesem Tag betrat Kira die Stadt von einer anderen Richtung aus. Ebenfalls ging sie nicht so tief hinein, als dass sie wieder in die Einkaufspassage gelangen würde. Sie hielt sich lieber in den Randbezirken auf, in denen sich auch die meisten größeren Geschäfte ansiedelten. Jedoch blieb sie mit skeptischem Blick vor einem Supermarkt stehen und lies den Blick über den Parkplatz wandern, ehe sie das Gesicht verzog. „Mist...“ Fragend hob Nagi den Blick an und zuckte mit den Ohren. „Ich hab' der Friseurin gestern – oder war das schon vorgestern? – mein ganzes Restgeld überlassen. Daran hab' ich noch gar nicht gedacht. Ich hab' gar kein Geld, um was zu kaufen.“ Unbehaglich schaute das Mädchen sich um und setzte sich dann seufzend auf einen großen, dekorativ hingelegten Felsbrocken. Doch stupste sie da Nagis Nase feucht und kalt ins Gesicht, ehe er von ihrem Schoß sprang und hinter sie tapste. Als er wieder vor ihr ankam, hatte er zwei große Blätter im Maul, die wohl von einem der umher stehenden Bäume abgefallen waren. Nun war es an Kira, fragend den Kopf schief zu legen. „Was willst du denn damit?“ Mit einem spöttischen Schnauben legte der Graue die Blätter auf den Boden und stellte eine Pfote darauf. Man konnte ihm ansehen, dass er sich anstrengte, doch was genau er tat, war für Kira nicht ersichtlich. Bis das Grün der Blätter sich verfärbte und die Form sich änderte. Und sie schlussendlich wie echte Geldscheine aussahen. Erschrocken riss die Blonde die Augen auf, blickte sich hastig um und dann wieder zurück zu Nagi. „Wie, zur Hölle, hast du das gemacht?“ Sein arroganter Blick zeigte ihr, dass sie die Antwort darauf wissen musste. Und so war es auch. „Du verwendest deine Magie für so etwas? Bist du verrückt? Du kannst doch nicht einfach mit deiner Magie Geld herstellen! So was ist illegal! Na ja... Glaub' ich zumindest...“ Ein wenig enttäuscht wich Nagi ihrem Blick aus, was Kira erneut seufzen lies. „Bleibt das Geld echtes Geld?“ Überrascht, ob ihrer Neugierde, wandte er seinen Blick wieder zu ihr. Doch schüttelte Nagi dann den Kopf. „Aber es hält eine Weile.“ Mit einem langsamen Nicken bestätigte er ihre Feststellung. „Woher weißt du das?“ Nagi verdrehte die Augen mit einem erneuten Anflug von Arroganz. „Du hast das schon öfter gemacht! Nagi! Wie kannst du nur!“ Als der Graue nun wieder in ihr Gesicht sah, konnte er ihr schiefes Grinsen sehen, was ihn dazu brachte, leicht zu wedeln. Erst dann glitt Kira von dem Stein und ging vor ihm in die Hocke, ehe sie den Kleinen auf ihren Schoß nahm und das Geld aufhob, bevor es wegwehen konnte. „Du kleiner Gauner. Manchmal frag' ich mich echt, wer dir solchen Unfug beigebracht hat. Ich war's jedenfalls nicht, da bin ich mir sicher.“ Kichernd stupste sie Nagi mit dem Finger auf die Nase und setzte ihn wieder auf den Boden. „Wartest du hier auf mich? Ich bin gleich zurück.“ Und mit diesen Worten schlenderte sie auch schon zur automatischen Eingangstür des Discounters. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)