Nimm mich ... von Vickie (wie ich bin!) ================================================================================ Kapitel 7 ― Ohne Regen kein Regenbogen -------------------------------------- Zwischen rostroten, gelben und grünen Seefrachtcontainern kauerten Tam und ihr Partner. Über ihnen schimmerte der Mond hinter einer Wolkendecke und unter ihnen reihten sich im Licht der Hafenbeleuchtung lange, flache Lagerhallen. Auf dem gegenüberliegenden Pier luden himmelhohe Portalkrane Waren auf ein Feederschiff. Die kühle Brise zerzauste Tam das Haar. Sie band es zu einem festen Zopf, damit keine lose Strähne sie bei der Arbeit störte, und atmete tief die Meeresluft ein, die trotz des fischigen Geruchs angenehmer als die flirrende Hitze in Arizona war.  Es war bereits das dritte Mal seit sie vor zwei Monaten in der Spezialeinheit aufgenommen wurde, dass die International Combat Support Corporation Ziel eines Angriffs geworden war. Als Militärfirma nahm die ICSC Aufträge an, um sowohl Staaten als auch privaten Organisationen, denen es an militärischen Kräften fehlte, zu unterstützen. Personenschutz, Geiselbefreiung, Kampf gegen Terrorismus oder organisierte Kriminalität und Arretieren von Verbrecherbanden gehörten zur Tagesordnung. Daher war ein Einsatz wie heute, bei dem die eigenen Leute angegriffen wurden, ein Verlustgeschäft für die Firma: keine zahlenden Auftraggeber, aber jede Menge Ausgaben. Zum Glück waren diesmal nur Güter abhandengekommen. »Meine süße Tee-Tee sieht richtig gefährlich aus«, neckte Nathan, der ihr diesen Spitznamen verpasst hatte, nachdem sie ihn immer wieder Nay-Nay genannt hatte. Tam positionierte ihr Scharfschützengewehr und legte sich breitbeinig dahinter. »Ich hab ja auch eine fette Waffe in der Hand, mit der ich dir aus fünf Kilometern Entfernung dein Hirn aus’m Schädel pusten kann.« Sie spürte durch ihre Handschuhe die Wärme ihrer Waffe, während sie sich vibrierend auflud. »Ich meinte deine Frisur.« Nathan kreiste auf seinem Display die Personen ein, die er geortet hatte, und schickte die Bilder auf ihres. »Normalerweise erkennt man unter dem ganzen blonden Gewuschel nicht, dass da alles wegrasiert ist – sehen wie normale Hafenarbeiter aus. Werde sie im Blick behalten.« Tam hörte die Schlagworte »blondes Gewuschel« und »wegrasiert« und fuhr hoch. Sie erinnerte sich an jeden Millimeter seines siegessicheren Grinsens, das sie gar nicht mehr so boshaft empfand – nun fand sie es sogar charmant? Es war nun zwei Wochen vergangen, dass er ihr erlaubt hatte, ihn beim Vornamen zu nennen, dennoch kam es ihr holprig über die Lippen, als sie seinen Namen flüsterte: »Ruben«. Der Wind frischte auf. Wolken rauschten über ihnen hinweg. »Was hast du gesagt?« »Sie sind da!«, lenkte Tam ab. Sie zeigte auf den von weitem anfahrenden Jeep und hoffte die Peinlichkeit übergehen zu können.  Dann stieg er aus. Obwohl er wie alle anderen Soldaten in dem schwarzen Kampfanzug steckte, erkannte sie ihn sofort an seiner Haltung und an seinem festen Schritt. Schnell zoomte Tam näher an sein Gesicht heran, bevor er sich den Helm aufsetzte. Sein harter Ausdruck, als er Befehle an seine Männer gab, ließ sie aufseufzen. »Tee-Tee!« »W-was?« Blut rauschte ihr in die Wangen. Ihr und Nathans Display waren miteinander verbunden, daher sah er ebenfalls, was sie sah. »Konzentriere dich!«, fuhr Nathan sie an. »Und stöhn nicht so. Onanieren kannst du, wenn wir wieder zurück sind.« »Ich bin ’ne Frau.« Ein Regentropfen fiel auf ihre Nase. Sie wischte ihn nicht weg, da ihre Hände fest das Gewehr umklammerten. »Macht es einen Unterschied? Mann, Frau, … wir sind alle Men–« »Hör auf zu sülzen!« Tam hatte keine Lust auf Diskussion über Liebe und Gleichberechtigung. Sie konzentrierte sich auf die Ausgänge des Zielobjektes, der Lagerhalle, in dem die gestohlene Warenladung geortet worden war. Gemeinsam mit Nathan und zwei weiteren Sniper-Teams war ihre Aufgabe, den Soldaten den Rücken zu decken, während diese die Halle stürmten und die Feinde festnahmen.  Hinter den Stahlwänden bewegte sich nichts, das sie mit dem Infrarot-Modus ihres Displays erfassen konnte. Die Feinde trugen wahrscheinlich wärmedämmende Kleidung, daher konnte Tam sich lediglich auf den Funk ihrer Kameraden und ihres Kommandeurs verlassen. Dicke Tropfen klatschten auf die Stahlcontainer und auf die Wege, hinterließen schwarze ausgefranste Punkte. Nathan fluchte: »Das stand nicht im Wetterbericht!« »Hast wohl vergessen von Arlington auf Keelung umzuschalten«, sagte Tam zynisch. »Ich meine es ernst!« Obwohl ihre Augen auf den Ausgang gerichtet waren, hörte sie an seinem Ton, dass er die Nase rümpfte. Das tat Nathan, wenn er wirklich angepisst war. Lieutenant Sanchez’ Kommando erklang über den Transducer direkt in ihr Ohr. In Dreiertrupps stürmten die Soldaten das Lagerhaus. Nathan fummelte an seinen Kopfhörern. »Ich hör nichts …« Dies war aber keine technische Störung. Es gab nichts zu hören: kein Knallen von explodierenden Geschossen, kein Krachen von harten Materialien, nicht einmal erschrockene Ausrufe. Tamias Herz pochte wild, sie erinnerte sich an den Zwischenfall in Chiang Mai. Damals hatten sich die Soldaten aufgeregt, ohne ersichtliche Aufgabe in Thailand stationiert worden zu sein. Tagaus, tagein hatten sie sich die Zeit im Lager totgeschlagen oder waren für ein kurzweiliges Vergnügen in die Stadt spaziert. Man hätte den Auftraggeber kontrollieren müssen, hatte man in den oberen Rängen der Militärfirma gesagt. Bis heute fühlte sich niemand dafür verantwortlich.  »Nichts!«, ertönte ein Kamerad durch den Funk. »Hier ist niemand.« Kalter Wind pfiff zwischen den Containern hindurch und kroch Tamia in den Kragen. Hagelkörner prasselten auf sie nieder. In ihren Erinnerungen gefangen, starrte sie auf die anschwellenden Fluten im Hafenbecken.  »Die Kisten sind leer.« – »Versteh ich nicht …« – »Verdammt, was soll das? Wurden wir etwa …?« Verwirrte Stimmen mischten sich mit dem peitschenden Sturzregen – in dem Aufruhr der Befehl zum Rückzug. Nun verstanden alle, dass sie in einen Hinterhalt gelockt worden waren. Im Nachhinein war man immer schlauer, gegebenenfalls tot. Harte Regentropfen schlugen ihr gegen das Gesicht. Tam spürte den warmen Rücken ihres Partners an ihrem, während sie erneut das Hafengelände nach feindlichen Einheiten kontrollierte. Es brauchte lediglich eine einzelne Person im Verborgenen stehen und mit einem Raketenwerfer auf die Lagerhalle schießen, in der ihre Kameraden herumwuselten – nein, es genügte eine einzige Sprengladung im Lager, um das gesamte Team auszulöschen.  »Weg hier!« Nathan packte Tamia am Handgelenk. Die Finger fest um das Gewehr geschlossen, stemmte sie sich gegen den heulenden Wind, der ihre Haare aus dem Zopf riss und gegen ihr Gesicht peitschte. Solange sie es vermochte, würde sie hier stehen bleiben und jedem Arschloch, das sich meuchlings an ihre Kameraden heranmachte, die Rübe wegblasen.  Nathan schnappte zornig mit dem Mund, doch der Sturm verschlang sein Gebrüll. Obwohl sie in seinem Griff zappelte und weiterhin die Stellung halten wollte, zerrte er sie mit sich. Als Tam die bedrohliche Lage verstand, als sie verstand, dass sie weggespült werden würde, gab sie nach und folgte ihrem Partner.  Sie sprangen auf den unteren Container, von dort aus auf den Boden und rannten über den Platz. Das Wasser spritzte bei jedem Schritt bis zu den Knien, der Regenschleier nahm ihnen die Sicht. Über den überfluteten Asphalt rutschten die Fahrzeuge, die zu nah am Kai geparkt hatten. Sirenen heulten, Schiffe tanzten ungestüm auf den Wellen. Die Soldaten rannten auf die Mannschaftstransporter zu, die mit laufenden Motor darauf warteten, bis alle Männer eingestiegen waren.  Lieutenant Ruben Sanchez stand neben der Heckklappe des Transporters. Er klappte das Visier hoch, um besser sehen zu können, was in diesem Hafen geschah. Während er dem Funk lauschte, legte sich sein Gesicht in Zornesfalten. »Die Güter haben das Lager nie verlassen und unser System wurde gehackt?«, brüllte er in den Transducer – aus Wut, oder um gegen die tosenden Fluten anzukommen.  »Einzelne Person oder kleine Gruppierung« und »umprogrammierte Wolkenimpfer«, hörte Tam die Schlagworte. Dieses Desaster war kein Zufall, es war eindeutig eine Kriegserklärung an die ICSC. Tam blieb neben Ruben stehen, als Nathan ins Innere des Transportflugzeugs flüchtete. Regen rann über Rubens Gesicht und spülte seine Verbitterung davon. Übrig blieb nur noch stille Resignation. Vorsichtig legte Tam ihre Hand auf seinen Unterarm, dann lief sie hinein. Sie glaubte, gesehen zu haben, dass seine müden Mundwinkel sich für einen winzigen Augenblick gehoben hatten. Ob es ein Versuch gewesen war, sie anzulächeln? Selbst wenn es nicht so war, hatte er sie zumindest wahrgenommen.   Der Tag nach einem Einsatz war dienstfrei. Da Tam trotzdem vom morgendlichen Weckruf um vier Uhr aus dem Bett geschmissen wurde und danach nicht mehr einschlafen konnte, machte sie sich einen gemütlichen Vormittag. Als Soldatin kam sie selten dazu, sich ausgiebig um ihr Aussehen zu kümmern, daher nutzte sie jede Gelegenheit, um dies nachzuholen. Nach der Körperpflege zog sie sich Zivilkleidung an und gerade als sie sich die Hände gewaschen hatte, um sich die Nägel zu lackieren, klopfte es an der Tür. Unweigerlich sprang Tam auf, fuhr mit den Fingern grob durch die Haare und zog ihre Jeans etwas tiefer, damit sie lässig auf den Hüften saß. »Herein!« Die Tür ging auf und ein weibliches Gesicht schaute ins Zimmer. »Ach, du bist es nur …« Tam ließ sich zurück ins Bett fallen. So illusorisch es auch war, sie hatte gehofft, dass Ruben käme. »Hast du schon gefrühstückt?«, erkundigte sich Yon. »Nope.«  »Schade. Ich wollte fragen, ob wir gemeinsam trainieren.« »Erstens: An einem freien Tag? Und zweitens: Mit dir?« Tamia hätte wissen müssen, dass Yon nicht vorhatte, mit ihr Essen zu gehen. Die Schwarze wollte sich bloß erkunden, ob Tam genug Kalorien zu sich nahm. Beim Sport machte sie neben Yon eine echt lächerliche Figur und das brauchte sie sich nicht geben.  Demonstrativ schnappte sich Tamia die Nagellackflasche vom Nachttisch und schüttelte sie. Tam liebte den regenbogenfarbenen Lack. Er schillerte je nach Lichteinfall in verschiedenen Nuancen. Yon zog einen Stuhl hervor, drehte ihn um und setzte sich rittlings an den Tisch. Die Gute ahnte wahrscheinlich, dass es länger dauern würde.  »Täte dir gut.« »Danke schön!«, zischte Tam. Die Aussage ihrer Freundin war gleichzusetzen mit »Du bist nicht in Form« und körperliche Fitness war für sie die Quintessenz des Lebens. Daraus ließe sich wiederum die Bedeutung »Du bist scheiße« ableiten. »Ich meinte ja nur, dass du ein bisschen aufbauen solltest …« »Ich weiß, die Männer machen mich im Training fertig, aber ich bin nun mal Scharfschütze, kein Nahkämpfer!«, empörte sich Tam. Dann huschte ein fieses Grinsen über ihr Gesicht. Sie öffnete den Nagellack und rührte gemütlich in der Farbe, streifte den Pinsel gründlich am Rand ab, bevor sie sich dem ersten Nagel widmete. Die Flasche verschloss sie nicht, da sie wusste, dass Yon den Geruch nicht leiden konnte. »Das machst du extra.«  »Du hast auch extra mich gefragt, obwohl du weißt, dass ich Boxen nicht sonderlich mag.« In der Tat verstand Tam nicht, wieso Yon das nicht verstehen wollte. Anscheinend genügte das gleiche Geschlecht nicht, um innerhalb von zweieinhalb Monaten zusammenzufinden. »Lackier mir die Nägel!« Die Schwarze hielt ihr die flachen Hände hin und funkelte mit tödlich schwarzen Augen.  Erschrocken wich Tam zurück, bis sie verstand, dass dies Yons Art war, Frieden zu schließen. Kichernd setzte Tamia sich an den Tisch. Während sie sorgfältig den regenbogenfarbenen Lack auftrug, rang sie mit sich selbst und schließlich brachte sie hervor: »Sag mal, … wie ist es eigentlich, mit einem Offizier zusammen zu sein?« »Warum fragst du?« Yon löste ihren konzentrierten Blick von den Fingernägeln. »Du meinst doch nicht, dass du …« »Dass ich was?«, hakte Tam nach, obwohl sie den Rest des Satzes erahnen konnte. »Du willst doch nicht mit …«  »Du darfst seinen Namen ruhig aussprechen. Er ist nicht Voldemort!« Beleidigt verschränkte Tam ihre Arme. »Beim letzten Mal klang es noch so, als würdest du mich unterstützen!«  »Sorry, ich kann diesen Kerl nicht leiden.« »Hast du nicht großspurig behauptet: Wer mich nicht so nimmt, wie ich bin, dem trittst du in die Fresse?« Zerknirscht nahm Yon das Fläschchen und versuchte mit der Zunge zwischen den Lippen, die restlichen drei Nägel ihrer rechten Hand zu bepinseln. Eine Weile sah Tamia ihr dabei zu, dann stand sie kopfschüttelnd auf und kramte in einer Schublade nach Nagellackentferner.  Während sie den Farbunfall auf Yons Fingern korrigierte, fing diese an zu erzählen: »Es fühlt sich so an, als wäre man gar kein Paar. Selbst wenn man ein Unteroffizier ist, geht man getrennte Wege im Alltag. Die Pausen sind kurz, außerdem hängen die Offiziere in deren Kasino ab und wir Mannschaften in unserer Kantine. Es bleibt nur das Wochenende … Und wenn nicht mal das geklappt hat, haben wir uns manchmal sogar vor dem Tagesdienst getroffen.« »Um vier Uhr in der Früh?«, stieß Tam erstaunt hervor. »Das ist ja der Overkill!« »Wenn man sich unbedingt sehen will, tut man so unvernünftiges Zeug.« Yon rieb sich mit dem Handrücken über die Augen und seufzte. »Es kam trotzdem vor, dass ich mitten beim Date sitzen gelassen wurde. Mir war klar, dass er als Captain der Kompanie immer springen musste, wenn was geschieht … trotzdem hat es wehgetan.«  Tam sah ihre Freundin, die auf ihre schillernden Nägel starrte, verwundert an. Die eiskalte Soldatin, die keine Gefühle an sich heranließ, war verletzlich. »Was soll ich tun?«, fragte Tam mehr sich selbst als ihre Freundin.  Yon zuckte mit den Schultern. »Ich stecke nicht in deiner Haut. Meine Lösung ist nicht deine.« »Du hast recht.« Entschlossen sprang Tam auf, und als Yon sie mit hochgezogenen Brauen ansah, wedelte Tam mit ihren gespreizten Fingern. »Musst so hier machen. Trocknet besser.« Dann ließ sie Yon sitzen.   Selbst ist die Frau! Zwei Wochen waren vergangen, nachdem sie Ruben mit weit aufgerissenen Augen an der Straße vor seiner Wohnung stehengelassen hatte, und in diesen zwei Wochen kam keine einzige Reaktion. Wie sollte sie erfahren, ob ihr eigenmächtiger Kuss eine Missetat gewesen war? Ganz einfach: Sie musste ihn fragen. Unschlüssig schlich Tam vor dem Offizierskasino herum und hoffte, dass sie ihn zufällig traf, und gleichzeitig wünschte sie sich das Gegenteil. Die Offiziere verließen die Kantine und kehrten in das Bürogebäude oder die Lehrräume zurück. Ruben war nicht unter ihnen. Dabei war sie sich sicher, dass dieses Arbeitstier auch an seinem freien Tag vor seinen Akten hockte.  Tam schaltete den Stalker-Modus ihres Displays an und blickte durch die Wände in sein Büro. Obwohl sie nur sein Wärmebild sah, war es unverkennbar seine Statur, sein Gang, seine Gestik. Ruben lief energisch auf und ab, wischte mit den Händen in der Luft – wahrscheinlich sah er sich Informationen an oder bearbeitete diese. Ruckartig blieb er stehen und schlug gegen die Wand. Dann fiel er in seinen Sessel zurück und stützte den Kopf in die Hände. Es tat ihr leid, ihn so zu sehen. Nicht nur wegen des verpatzten Einsatzes hatte er zusätzliche Arbeit mit der Nachbereitung, er schien auch persönlich davon getroffen zu sein, dass ein Fehler unterlaufen war. »Hey, Tam. Kommst du mit raus?« Nathan, der mit seinen Kameraden aus dem Speisesaal kam, legte einen Arm um ihre Schulter und zerzauste ihr die Haare. »Ich … ich habe noch gar nichts gegessen.« »Dann solltest du dich beeilen. Du hast noch zwei Minuten.« »Ach, verdammt!« Tam entfernte seine Hand aus ihrer Frisur. Wo war der ganze Vormittag hin und wieso waren nicht einmal ihre Nägel lackiert? »Ich hab keinen Bock, für ’n Frühstück in die Stadt zu laufen.« »So wie der da.« Jarrett Young, ein Soldat, den Tam von Anfang an nicht leiden konnte, wies durch die Glastür zum Innenhof, wo Ruben entlanghetzte.  »Hey Tee-Tee. Ich fahre dich.« Nathan forderte sie auf, ihm zum Parkplatz zu folgen. Da sie immer noch vor dem Eingang der Kantine standen, steuerte Ruben direkt auf sie zu. Tamia trat einen Schritt vor, wollte in ansprechen, aber er winkte sie energisch beiseite und verschwand hinter der Tür. Sie hörte ihn mit einer Mitarbeiterin diskutieren, die ihm stotternd verständlich machen wollte, dass er zu spät käme und die Küche bereits geschlossen war. »Haha, geschieht ihm recht!«, feixte Jarrett. »Er hat eben gearbeitet …« Tam schaute über die Schulter in die Richtung der Kantine, während Nathan seine Hand um ihre Hüfte legte, um sie hinauszuführen. »Selbst schuld, wenn er zu dumm ist, um den Einsatz ordentlich vorzubereiten.« »Er kann nichts dafür!«, fauchte sie. »Was bist du denn so zickig? Hast du deine Tage?« Der Soldat grinste breit. »Halt die Fresse!« Tamia flippte generell schnell aus – vor allem, wenn sie ohnehin schlecht gelaunt war. Jedoch gab es Themen, die sie selbst im ausgeglichenen Zustand in Rage brachten, und dazu gehörten die weiblichen Körperfunktionen. Jarrett prustete ein herablassendes Lachen aus. »Was bist du plötzlich auf seiner Seite? Bist du etwa in Sanchez verknallt?« Kreischend ging Tam auf ihn los, aber Nathan hielt sie fest und schleifte sie auf den Parkplatz. Die Hand an ihrem Nacken zog er sie an sich heran und drückte sie an seine Brust. »Was ist los? So kenne ich dich gar nicht.« »Sorry, ich bin furchtbar gereizt … er geht mir nicht aus dem Kopf.« Tag und Nacht drehten ihre Gedanken um eine einzige Person. Manchmal, wenn es still in ihrem Zimmer war, glaubte sie, seine zweisilbigen Befehle zu hören. »Nay-Nay, ich bin verknallt.« »Bist du dir sicher, dass du es nicht nur willst, weil er ein Bad Boy und schwer zu haben ist?«, grübelte ihr Partner. »Dann würde es mir doch reichen, ihn einmal gehabt zu haben, oder?« Tam schlang ihre Arme um seinen Rücken. »Ach, ich weiß es nicht … Jedes Mal, wenn ich ihn sehe, schreit mein ganzer Körper vor Sehnsucht. Ich will ihn. Mit allem Drum und Dran. Ich will in seinen Armen liegen. Ich will mit ihm Zärtlichkeiten austauschen. Ich will ihn lachen hören. Ich will sein Grübchen sehen.« Sie erinnerte sich, wie er auf dem überfluteten Hafengelände gestanden hatte und der dreckige Regen über sein Gesicht geronnen war. »Ich will ihm beiseite stehen. Ich will, dass er mich braucht.« Tam seufzte tief, als könnte sie damit ihre Sorgen wegpusten. Ein paar gemeinsame Stunden führten noch lange nicht zu einer Beziehung, darüber hinaus glaubte sie nicht, dass Ruben und sie eine gemeinsame Basis für eine Partnerschaft finden würden. »Könntest du nicht auf Frauen stehen? Dann hätte ich mich bestimmt in dich verliebt«, flüsterte sie in Nathans Hemd. Ihr Partner kicherte leise in sich hinein, bevor er sie auf den Scheitel küsste. »Lass dir einen Schwanz wachsen und wir können …« Er schaute auf.  Tam folgte seinem Blick und drehte sich um. Vor dem Eingang zur Kaserne stand Lieutenant Sanchez und beobachtete sie mit erhobenen Augenbrauen. Unangenehm berührt löste sie sich von Nathan. »Ruben …« Der Offizier öffnete seinen Wagen per Kopfdruck, die Scheinwerfer leuchteten auf und die Zentralverriegelung klackte, bevor er über den Parkplatz stolzierte. Vor Tamia machte er halt und durchbohrte sie mit seinen leuchtenden Augen. »Wir sprechen uns.« Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)