Trägt nicht alles, was uns begeistert, die Farbe der Nacht? von Miss_Keks ================================================================================ Kapitel 3: Ein neuer Verbündeter -------------------------------- „Nein, Naruto! DU machst kein Mikrowellenpopcorn!“, schrie Sakura und stürzte sich auf den Blonden. Der junge Mann verlor sein Gleichgewicht und fiel mitsamt dem Mädchen zu Boden. „Aber Saku! Wieso denn nicht!?“, wollte er in einem weinerlichen Tonfall wissen. „Vielleicht weil du beim letzten Mal die ganze Küche in Brand gesetzt hast?“, erwiderte Sasuke, welcher neben mir auf dem Bett saß und sich mit hinter dem Kopf verschränkten Armen an die Wand lehnte. „Als ob du da nicht mitgeholfen hättest!“, zischte die Rosahaarige und warf ihrem Freund einen bösen Blick zu. Mit einem Schmunzeln auf den Lippen verfolgte ich das Geschehen. „Saku... Wow, was ist denn hier los?“, fragte Kiba, als er mit mehreren Flaschen Bier das Zimmer betrat. „Dieser Baka will Popcorn machen!“ Der Braunhaarige lachte laut auf. „Lass ihn doch! Dann ist es wenigstens nicht mehr so langweilig und er kriegt am Schluss wieder einen auf den Deckel!“ „Träum weiter!“, zischte das Mädchen und setzte sich auf. „Naruto, ich warne dich! Fass die Mikrowelle auch nur mit einem Finger an und ich brech dir alle!“ Sie erhob sich und der Blonde sah sie schmollend an. „Aber ich darf daran denken und ich darf davon reden!“ Verständnislos blickten wir ihn an. „Halt warte, das bringt mir doch nichts!“, brummte er enttäuscht. „Wie kann man nur so dumm sein?“, murmelte Sasuke. „Will jemand?“, fragte Kiba und hielt das Bier in die Höhe. Alle nahmen sich eine Flasche. Nur ich starrte eingeschüchtert auf einen sich langsam vom Kissen lösenden Faden. „Mauerblümchen?“, ertönte erneut seine Stimme. Schnell schüttelte ich den Kopf und schloss die Augen. Nach wenigen Augenblicken hämmerten plötzlich die Töne eines Schlagzeugs durch den Raum, gefolgt von lauten Gitarrenriffen. Erschrocken zuckte ich zusammen und blickte auf. Sakura regulierte die Lautstärke an einem Lautsprecher der Stereoanlage und ließ sich dann wieder neben mich aufs Bett fallen. „Sag mal, hörst du so etwas wie Mozart?“, wollte sie von mir wissen und sah mir direkt in die Augen. Erneut erinnerte mich das Funkeln in ihren Seelenspiegeln und das feine Lächeln, das um ihre Mundwinkel tanzte, daran, dass sie etwas besaßen, was den restlichen Schülern fehlte. Aber mir war nicht bewusst, was es war. „N-nein“, antwortete ich und senkte de Blick. „Was dann?“ Nachdenklich biss ich mir auf die Unterlippe, dann deutete ich mit dem Kinn auf ihre Stereoanlage. „Soft-rock oder Pop-punk“, gestand ich. Dieses kleine Geheimnis hatte ich seit Jahren wohl gehütet, jedoch war es mir aufgrund einer unerklärlichen Tatsache wichtig, dass sie dies wussten. Jemand pfiff leise durch die Zähne. „Okay, Leute, wir müssen unser Opferprofil zu ihr neu anlegen!“, zerschnitt Sakuras Stimme die Stille. „O-o-opferprofil?“, stotterte ich verwirrt und sah auf. Das Mädchen lächelte mich listig an, bevor sie kurz mit den Augenbrauen wackelte. „Ja, Mauerblümchen.“ „Dachtest du wirklich, dass wir mit dir befreundet sein wollen? Du bist einfach nur so ein kleines Spielzeug, um die Zeit zu vertreiben“, murmelte Kiba in einem bedrohlichen Tonfall und ich rutschte verängstigt auf dem Bett zurück. Doch plötzlich stieß mein Rücken gegen eine harte Brust. Erschrocken schrie ich auf und zog meinen Ellenbogen ruckartig nach hinten. „Scheiße!“, zischte Sasuske und ich sprang auf. Auf dem Boden jedoch stolperte ich über Narutos Füße und fiel. „Hinata!“, rief Sakura besorgt und im selben Moment wurde ich von zwei starken Armen aufgefangen. Bevor ich auch nur ein Wort herauspressen konnte, schlängelte sich die sanfte Stimme des Blonden in mein Ohr. „Komm wieder runter, Hina. Wir haben nur einen Scherz gemacht. Es war nicht ernst gemeint.“ Langsam sah ich auf. Seine azurblauen Augen trafen auf meine und machten mir das Atmen schwer. „W-w-was?“, stotterte ich und verfluchte meine Schüchternheit. „Ja, sorry. Ich hätte nicht gedacht, dass du gleich so heftig reagierst“, meinte das Mädchen. Doch ich konnte meinen Blick nicht von Naruto lösen. Seine Seelenspiegel bohrten sich in meine und mir schien es, als würde ich in einem ewig weiten Ozean schwimmen. Die Wärme, welche seine Hände ausstrahlten, die mich noch immer festhielte, mir Halt gaben, sickerte langsam durch meine Kleidungsstücke. Eine Gänsehaut breitete sich aus und ein Schauer jagte über meinen Rücken. Wir waren uns zu nahe – viel zu nahe. „Das war ein dummer Scherz“, meinte ich schließlich und löste mich von dem Blonden. Doch in meinem Kopf schwebte noch immer der Klang meines Namens aus seinem Mund und auf meinen Armen konnte ich noch immer seinen Griff spüren. „Ich hab´s gemerkt“, brummte Sasuke, der sich wie als Beweis seine rechte Seite rieb. „Tut mir leid“, murmelte ich entschuldigend und stieß erneut meine Zeigefinger aufeinander. Doch nach wie vor war ich ein wenig sauer auf sie. Wie hatten sie es nur wagen können, mich so zu erschrecken? „Ach, komm schon, Mauerblümchen! Du hast dich doch super bewiesen! Außerdem jedes vierte Mädchen träumt davon, meinem Freund so richtig eine zu scheuern!“, meinte Sakura und ich konnte mir ein sanftes Lächeln nicht verkneifen. „Und der Rest träumt davon, mich ins Bett zu schleppen“, erwiderte dieser lediglich kühl und die Rosahaarige warf ihm einen bösen Blick zu. „Leute, bitte nicht! Holt euch doch einfach gleich ein Zimmer“, mischte sich Naruto in das Geschehen ein. „Wir haben nichts gemacht!“, verteidigte sie sich. „Noch nicht! Wenn ihr so anfangt, dann endet das immer darin, dass der Baka und ich aus dem Raum flüchten, weil ihr einen halben Porno in live zeigt!“, bekräftigte Kiba Narutos Worte. Zum ersten Mal sah ich das Mädchen rot werden. Sie blickte beschämt zu Boden. Die jungen Männer johlten auf. „Wow! Unsere Mafiabraut ist verlegen!“, schrie der Braunhaarige und hob wie zum Prost seine Bierflasche. Die anderen beiden schlugen mit ihren dagegen. „Haltet doch die Klappe!“, zischte sie und ich grinste. „S-sie sind do-doch nur eifersüchtig“, versuchte ich sie aufzumuntern und setzte mich neben sie. „Du sagst es!“, rief Sakura aus und zeigte mir ein strahlendes Lächeln. „Seht ihr? Mauerblümchen hat euch voll durchschaut!“ „Von wegen!“, lachte Kiba und wackelte mit den Augenbrauen. „Jetzt tu bloß nicht so, als hättest du eine Freundin oder wärst heiß begehrt“, erwiderte Naruto und schlug ihm spielerisch aufs Bein. „Aber du!“ Ein wenig ratlos verfolgte ich das Geschehen. Gerade waren sie doch noch gemeinsam gegen das Mädchen gestimmt gewesen, wieso zogen sie sich nun gegenseitig auf? „Alle lieben mich!“ „Träum weiter, Uzumaki!“, kicherte Sakura. „Muss ich dich an Kankuro erinnern?“, mischte sich Sasuke in das Geschehen ein und sie bewarf ihn mit einem Kissen. Bald schon flogen Worte, Namen, Beleidigungen, Geschichten, Plüschtiere und andere weiche Gegenstände durch das Zimmer. Es war das reinste Chaos. Da ich den Überblick schon vor einiger Zeit verloren hatte, lag ich lediglich auf dem Bett und hielt mir den vor lauter Lachen schmerzenden Bauch. Auf einmal klingelte mein Handy. Alle Blicke richtete sich auf meine Tasche, die in einer Ecke des Raumes stand. Im selben Moment, wie ich vom Bett kroch, hechtete Naruto hinüber. „Nein!“, rief ich panisch. Er würde nichts Gutes dem Anrufer sagen. Wenn es mein Vater und meine Mutter waren, dann war ich die längste Zeit an dieser Schule. Wie durch ein Wunder schaffte ich es zuerst, meine Tasche aufzureißen und das Handy an mich zu drücken. Enttäuscht sah mich der Blonde an. „K-könntet i-ihr bitte leise sei-sein?“, bat ich und sie nickten nach kurzem Überlegen. Ich nahm mit zitternder Hand ab. „Tenten?“ „Hinata Hyuuga!“, schrie sie mir entgegen, „Wo verdammt noch mal steckst du?!“ „Uhm... Ähm... Also, das...“ Verzweifelt versuchte ich, eine Entschuldigung, eine Antwort zu finden. „Sag mir bloß nicht, dass du mit den Freaks bist!“ Die Wut in ihrer Stimme schlängelte sich in mein Ohr und hinterließ Brandwunden. Alle Augen waren auf mich gerichtet und ich kaute wie verrückt auf meiner Unterlippe. Ich hatte das Gefühl, aus lauter Hilflosigkeit weinen zu müssen. Was sollte ich tun? Meine Freunde hintergehen und sie anlügen oder die Menschen, mit denen ich mich für ein paar Stunden frei gefühlt hatte, betrügen und fallen lassen? „Hinata!“, zischte Tenten bedrohlich, „Du weißt doch sicherlich, dass wir – ich – nur dein Bestes wollen, nicht wahr?“, Ihre Stimme wurde plötzlich weich und für einen kurzen Augenblick hörte ich darin wieder ihr altes, unbeschwertes, fürsorgliches Ich, das in den letzten Tagen und Wochen nur zu selten an die Oberfläche gekommen ist. „Deine Eltern würden es nicht wollen, dass du mit solchen wie...“ Ich spannte mich an. Mir war bewusst, dass wenn sie jetzt das falsche Wort benutzen würde, eine tickende Bombe in mir explodieren würde. Sie hatte mich schon einmal so weit gebracht. Würde sie es ein zweites Mal wagen? Oder wusste sie nicht, dass sie einer der gefährlichsten Auslöser war? „Diese respektlosen Freaks abhängst.“ Ein leiser, kaum hörbarer Knall war zu hören, der jedoch zerstörender war als man anfangs annahm. Ohne ein weiteres Wort legte ich auf, schaltete das Handy aus und ließ es wieder zurück in meine Tasche sinken. Stille herrschte in dem Raum. Bewegungslos stand ich da und starrte nachdenklich auf einen Fleck auf dem Boden. Was hatte ich damit ausgelöst? Wie groß und verheerend war die Katastrophe, die ich mit jedem Schritt, den ich in Richtung der vier machte, näher zum Punkt ihres Ausbruchs brachte? „Sicher, dass du nichts trinken willst?“, wollte Sakura plötzlich wissen und ich sah sie an. Entschlossen und doch langsam schüttelte ich den Kopf. „Nei-nein, da-danke.“ Sie nickte und zündete sich eine Zigarette an. „Wie lang willst du da noch rumstehen? Oder hast du vor, zu gehen?“, wollte Kiba wissen und ich spürte seinen stehenden Blick, der mich scheinbar bis auf die Knochen durchdrang, über meinen Körper fahren. Eine Gänsehaut durchzuckte mich. Hatte ich das? Noch hatte ich über diese Möglichkeit nicht nachgedacht. Zwei Stimmen stritten sich in meinem Kopf. Es waren nicht Engel und Teufel. Denn keine davon riet weder zum Guten noch zum Bösen. Es waren eher die Meinungen zweier komplett unterschiedlicher Welten – die eine chaotisch, neu und frei, die andere geordnet, vertraut und dominant. Dennoch setzte ich mich unerklärlicher Weise wieder zu den anderen aufs Bett. Es herrschte eine gedrückte Stille, die jedoch scheinbar keiner brechen wollte. So starrte auch ich still in die Luft. In diesem Moment fühlte ich mich ein wenig wie Hamlet. - Unentschlossen, selbstzweifelnd und mit Schwierigkeiten, meine Gefühle in Worte zu fassen. Jedoch musste ich nicht Rache an einem mordgierigen und machtsüchtigen Onkel nehmen. Melancholisch zeichnete ich mit meinem Zeigefinger Kreise auf die Decke, während die anderen rauchten. In meinem Kopf entwickelte ich ein Gespräch mit Shakespeare, der mir sagte, wie interessant diese jungen Geschöpfe doch seien und wie öde und versteift meine gewohnte Umgebung wurde. Jedoch bestätigte er auch meine Annahme, dass der weitere Umgang mit dieser Gruppe zu einer Katastrophe unvorhersehbarer Größe führen würde. Wie so oft wünschte ich mir, nicht ganz so verrückt zu sein, keine imaginären Gespräche mit längst verstorbenen Schriftstellern zu führen und nicht zu versuchen, die gesamte Welt mit den Werken des wohl unverständlichsten Genies der Literaturgeschichte zu vergleichen. Jedoch war mir auch klar, dass es sie nie funktionieren würde. Leise seufzend stütze ich den Kopf auf meine freie Hand und fuhr fort, Shakespeare auf der Decke zu zitieren. Plötzlich legte sich ein Arm um meine Schultern und ich zuckte erschrocken zusammen. Sakuras Parfüm stieg mir in die Nase. „Wieso so depressiv? Morgen bist du wieder du selbst und chillst mit deinem Panda und hast vielleicht noch Hausarrest oder so, aber sonst wird dich nichts weiter stören“, meinte sie und ich blickte sie fragend an. Bei dem Mädchen fiel es mir nicht mehr schwer, ihr in die Augen zu sehen oder mir ihr zu sprechen. Dazu war sie mir schon viel zu oft viel zu nahe gekommen. „W-was meinst du damit?“ Ein wenig traurig lächelte sie mich an. „Komm, hör auf, Mauerblümchen. War wirklich nett von dir, so zu tun, als ob du mit uns befreundet sein willst, aber wir sehen doch alle, dass das hier nichts für dich ist. Deine gesamte Persönlichkeit ist ein völliges Gegenteil zu uns und außerdem sind weder deine Freunde noch sonst wer ein großer Fan von deinem Kontakt mit uns. Mach es dir nicht unnötig schwer“, erklärte sie und nahm ihren Arm von meinen Schultern. Erst da wurde mir bewusst, was sie denken mussten, wie sie sich fühlen mussten. Wie konnte ich der Situation nur entfliehen, ohne eine Entscheidung treffen zu müssen? Wieso konnten nicht einfach meine Freunde mit ihnen auskommen und sie mit meinen Freunden? Das würde alles um Einiges einfacher machen. Seufzend ließ ich mich zurück fallen und versank in der weichen Matratze. Ich schloss die Augen. „Du hast Recht, sie sind keine Fans davon. Und ja, ich bin das komplette Gegenteil von euch. Wahrscheinlich werde ich einen Haufen von Problemen am Hals haben, wenn ich heute nach Hause komme und morgen in der Schule. Auch habe ich keine Ahnung, was ich von euch, eurem Verhalten und meiner heutigen Tat halten soll. Doch ehrlich gesagt, will ich nicht wie der Rest der Schule sein. Ich will euch nicht verurteilen, ohne euch zu kennen. Wenn ich es schon tun soll, dann will ich auch einen Grund dazu haben. Noch habe ich keinen. Nur weil ihr euch anders anzieht, laut seid, kein Blatt vor den Mund nehmt, manchmal ziemlich respektlos seid, raucht und trinkt heißt es nicht gleich, dass ihr schlechter seid als all die anderen. Wenn ihr nichts dagegen habt, dann will ich einen Grund finden, mich entweder von euch oder meinen Freunden fernzuhalten. Aber den will ich selbst finden und nicht von jemandem gesagt bekommen.“ Die Worte kamen mir leicht über die Lippen, weil sie die Wahrheit waren und weil ich niemandem ins Gesicht blicken musste. Ich stellte mir einfach vor, dass Shakespeare selbst sie mir in den Mund legte, weswegen es möglicherweise auch ein wenig dramatisch klang. Noch wusste ich nicht, wie ich mein Vorhaben in die Tat umsetzten sollte, aber ich war entschlossen, es zu tun. „Kannst du damit aufhören!“, rief Kiba plötzlich entrüstet aus und ich biss mir eingeschüchtert auf die Lippe. Hatte ich etwas falsch gemacht? „Wenn du so weiter machst, muss ich alle drei Sekunden unser Opferprofil für dich umschreiben, verdammt!“, erklärte er und ich setzte mich auf. Ein wenig verwirrt sah ich ihn an. „I-ich da-dachte d-d-das war ei-ein Scherz.“ Er kratzte sich verlegen am Kopf. „Die Sache mit dem Spielzeug, ja. Aber wir haben tatsächlich für einige ein Opferprofil. Weißt du, für die, die irgendwie auffallen oder uns besonders nerven“, erläuterte Sakura und um ihre Mundwinkel tanzte ein feines Lächeln. „Wie Tenten zum Beispiel“, setzte Naruto hinzu. Mir war bewusst, dass es nicht gut war, jedoch konnte ich mir ein leises Auflachen nicht verkneifen. Es war offensichtlich, dass diese Meinung auf Gegenseitigkeit beruhte. „Du hast also nicht vor, uns zu ignorieren?“, wollte Sasuke plötzlich wissen und bei der Ruhe in seiner Stimme stellten sich meine Nackenhaare auf. Langsam schüttelte ich den Kopf. „Aber auch nicht, bei allem mitzumachen und immer mit uns abzuhängen.“ Nickend stimmte ich zu. „Wie du immer alles im Detail wissen musst“, meinte Sakura und lehnte sich heute zum ersten Mal an ihren Freund. „Wissen...“ „Ist Macht“, unterbrach sie ihn, „Desto mehr Details du weißt, umso mehr Macht hast du. Ich weiß, Sasuke. Das hast du mir bereits oft genug gesagt!“ Er lächelte ein schiefes Grinsen. „Wenigstens hörst du mir zu.“ „Ja, im Vergleich zu dir.“ „Shit, wäre in unserer Gruppe noch ein Pärchen, würde ich verrückt werden!“, brummte Kiba plötzlich und öffnete erneut eine neue Flasche Bier. „Als ob du mit Akamaru anders wärst!“, erwiderte Naruto mit einem provozierendem Lächeln. „Sei still! Er ist ja kein dummes Weib! Der verlässt mich nicht für jemand anderen!“ Stirnrunzelnd verfolgte ich das Geschehen. Von wem sprachen sie? „Wer weiß! Nur weil er bis jetzt immer treu war, heißt es nicht, dass er nie gehen wird. Vielleicht gibt ihm jemand mehr zum Fressen.“ „Naruto!“, knurrte der Braunhaarige, „Halt die Klappe oder du kriegst eins ins Maul!“ „Als ob du treffen würdest!“ Im nächsten Moment rollten sie ringend über den Boden, wobei sie einander nicht schonten und mit aller Kraft zuschlugen. „Verdammt, fängt das schon wieder an?!“, zischte Sakura und setzte sich auf. „Hat Dope schon wieder den Köter angesprochen?“, wollte Sasuke wissen. „Wer ist wer?“, entgegnete ich verwirrt. Der Schwarzhaarige lachte leise auf. „Dope Naruto und der Köter Akamaru“, erklärte mir Sakura und ich nickte daraufhin. „Gott, dieser Idiot!“, brummte der Schwarzhaarige. „Sitz doch nicht so dumm rum! Trenn die beiden von einander, sonst machen sie noch irgendwas kaputt und ich will sie nicht schon wieder ins Krankenhaus bringen, nur weil ich sie verprügelt hab!“, befahl das Mädchen ihrem Freund, welcher seufzend aufstand und sich den beiden Kämpfenden näherte. „Wird er nicht mit rein gezogen?“, fragte ich leise und blickte skeptisch auf die drei jungen Männer. „Wird er schon überleben“, erwiderte sie lediglich und beobachtete das Geschehen mit einem amüsierten Lächeln. Im nächsten Moment hatte Sasuke Naruto und Kiba am Kragen gepackt und auseinandergezerrt. Es hatte erstaunlich gut funktioniert. „Ihr nervt!“, zischte er. „Teme, du Baka! Lass mich sofort los! Ich hab ihm diesen scheiß Zahn noch nicht ausgeschlagen!“ „Komm nur her und ich brech dir die Nase!“ „Träum weiter!“ Sie schrien sich Drohungen entgegen, während ich das Geschehen irritiert beobachtete. Wenn das für sie Alltag war, was passierte dann, wenn sie in einer Notsituation waren? Brachten sie sich dann um? Doch schon bald hatten sie sich beruhigt und wir verbrachten die restliche Zeit damit, einfach nur zu reden, zu lachen und der Musik zu lauschen. Jedoch musste ich nach einiger Zeit wieder los, da ich pünktlich an der Schule sein musste, damit meine Mutter mich wie gewohnt abholen konnte. „Was willst du ihr erzählen?“, fragte Kiba, während sie mich begleiteten. Zwar hatte ich versucht, es ihnen auszureden, doch aufgrund meiner Schüchternheit war mein Widerstand eher bescheiden ausgefallen. Ratlos zuckte ich mit den Schultern. In der kühlen Luft spürte ich meine brennenden Wangen umso deutlicher. Immer wieder stupste ich meine Zeigefinger aneinander. „Du könntest sagen, dass wir dich entführt haben“, meldete sich Naruto zu Wort. „Klar, damit sie dann noch mit Bodyguards in die Schule antanzen muss?“, schlug der Braunhaarige das Angebot nieder. „Dann ist ihrer Oma halt schlecht geworden und sie musste ins Krankenhaus!“ „Das ist ihre Mutter, du Baka!“, zischte Sakura. „Wieso beleidigst du mich eigentlich immer?!“ „Ich sage nur die Wahrheit!“ „Sie muss sich keine Ausrede einfallen lassen“, unterbrach Sasuke plötzlich den Streit und ich sah ihn überrascht an. „Mein Bruder hatte mal ein Verhältnis mit der Sekretärin. Der hat alles geregelt und weder deine Eltern noch die Schulleitung wurde informiert. Du musst morgen nur noch einen Abmeldezettel ausfüllen und sie wird sagen, dass du krank warst und deswegen nach Hause gegangen bist.“ Mit offenem Mund sah ich ihn an, bevor ich beschämt den Blick senkte. „D-d-danke!“ Die Wahrheit, dass Tenten meine Mutter wohl bereits wenige Minuten nach meinem Verschwinden informiert hatte, behielt ich für mich. Er sollte nicht denken, dass er all das umsonst getan hatte. „Siehst du? Mit ihm habe ich nicht nur einen heißen Freund, sondern auch überall Kontakte“, meinte Sakura unschuldig und entlockte uns somit einen weiteren Lachkrampf, da die anderen diesen vorgeworfenen Knochen nicht einfach liegen lassen konnten. Der Wagen meiner Mutter parkte bereits vor der Schule, als wir unschuldig das Gelände, auf welches wir durch den Hintereingang gelangt waren, verließen. Ich hatte nicht daran gedacht, die vier wegzuschicken, bevor ich durch das Tor schritt. „Also, Mauerblümchen, man sieht sich dann wohl morgen“, verabschiedete Kiba sich von mir und hielt mir meine Tasche, die er auf eigenes Drängen hin getragen hatte, hin. „Vielleicht ziehst du dann auch etwas mehr in unserem Stil an, damit du dich nicht ganz so wie ein Außenseiter fühlst, wenn wir nach der Schule um die Häuser ziehen“, meinte Sakura zwinkernd und ich schüttelte lächelnd den Kopf. „I-ich hab nichts in dem Stil“, murmelte ich und sah kurz auf ihre zerrissene, schwarze Hose und das weiße Shirt mit einem in Dornenranken gebetteten Peace-zeichen. „Dann besorgen wir dir nach der Schule etwas“, erwiderte sie. „Mo-morgen geht’s nicht. Meine Mutter will mit mir meine Tante besuchen fahren“, erklärte ich und erschrak selbst für einen kurzen Moment über meine Enttäuschung über diese Tatsache. Sie zog eine Schnute. „Na gut, dann bist du ausnahmsweise befreit, aber auch nur, weil der heutige Nachmittag dein Verdienst war!“ Sie umarmte mich kurz zum Abschied. Verwundert stand ich einfach nur da und ließ es geschehen. Sasuke nickte mir lediglich zu. Doch ich war sein Schweigen bereits gewohnt und wusste, dass er es nett meinte. „Grüß deine Mum von mir“, meinte Naruto breit grinsend und ich war mir sicher, dass wir beide in diesem Augenblick an das gestrige Ereignis dachten. „Machs gut!“, setzte er schließlich hinzu und berührte kurz meine Schulter. Erschrocken weiteten sich meine Augen und ein Blitz durchzuckte meine Venen. Wieso waren sie nur so unberechenbar? Schließlich löste ich mich lächelnd von der Gruppe und schritt mit gesenktem Kopf zum Auto. Wie sollte ich nur das selige Grinsen auf meinem Gesicht verstecken? „Hallo“, begrüßte ich meine Mutter, während ich die Autotüre schloss. „Wie war dein Tag?“, fragte sie als Antwort und ich schluckte schwer. Ein dicker Knoten hatte sich in meinem Hals gebildet und mein Magen verkrampfte sich. „G-gut“, erwiderte ich vorsichtig. „Gibt es etwas Neues in der Schule? Habt ihr irgendwelche Ergebnisse bekommen?“, wollte sie wissen. Ich runzelte die Stirn. „N-nein.“ Wieso stellte sie ihre üblichen Fragen? Weshalb hörte ich keinen provozierenden Unterton in ihrer Stimme? Etwas stimme nicht. „Seid ihr jetzt befreundet?“ Es traf mich wie einen Blitz. Dieses Gespräch war nicht zu umgehen. „Naja, so e-etwas i-in der Art. Vie-vielleicht“, antwortete ich und wappnete mich innerlich für die bevorstehende Standpauke. „Sie scheinen ganz anders als der Rest der Schüler zu sein oder irre ich mich?“ Überrascht und ungläubig fuhr mein Kopf herum und ich starrte meine Mutter mit großen Augen an. Diese jedoch sah nur schmunzelnd auf die Straße. „Was hast du erwartet, dass ich jetzt sage?“, wollte sie wissen und ich senkte schuldbewusst die Augen. „Dass sie kein Umgang für mich seien“, murmelte ich leise und hoffte, dass sie nicht zu ihrer früheren Gewohnheit gegriffen hatte. Ansonsten müsste ich erneut Wochen allein mit meinem Vater wohnen. Dieses Mal würde ich es wohl kaum aushalten. „Wieso?“ „Weil das a-alle anderen sa-sagen“, gestand ich. „Soll das heißen, deine Freunde kommen nicht mit ihnen klar?“ Traurig schüttelte ich den Kopf. Das würde einiges einfacher machen. Plötzlich lachte sie leise auf. „Ich hab schon immer gewusst, dass Tenten eine Spießerin ist! Aber glaub mir, sie kann sie nicht etwa wegen ihrer Andersartigkeit nicht leiden, sondern weil sie sie als Bedrohung sieht.“ Verwundert starrte ich die Frau neben mir an. „Jetzt schau doch nicht so! Nein, Schatz, ich bin nicht in mein altes Muster gefallen!“, versicherte sie mir und lachte erneut auf. „Ich weiß bloß noch zu genau, was Vorurteile alles anstellen können und ich hatte wirklich gehofft, dass ich wenigstens darin nicht versagt habe und euch darin richtig erzogen habe.“ Mein Blick wurde weich, als ich mich an all die schlechten Momente aus der Vergangenheit erinnerte. Doch all sie wurden von wundervollen Erlebnissen mit meiner Mutter überdeckt. „Du hast nichts falsch gemacht“, stellte ich klar, „Wir alle haben unsere Schwächen und du hattest deine. Doch jetzt hast du sie überwunden. Es ist vorbei.“ Ein gerührtes Lächeln trat auf ihre Lippen. „Danke, mein Schatz, danke. Darf ich dir einen Tipp geben?“, fragte sie vorsichtig. Ich nickte. Vielleicht konnte sie mir mit ihrer Vergangenheit tatsächlich helfen. „Die Welt, deine Freund und ja sogar dein Vater und ich werden dir unterschiedliche Meinungen zu deinem Leben sagen. Manche werden versuchen, dir ihre Entscheidungen aufzudrücken und dich zu etwas zu zwingen. Aber du sollst wissen, dass manche Menschen alle Opfer wert sind. Egal wie düster sie am Anfang erscheinen.“ Nachdenklich biss ich mir auf die Lippen. „A-aber wie soll ich wissen, wer es wert ist?“ Sie zuckte mit den Achseln. „Das könnte dir selbst der klügste Mann nicht sagen.“ „Du solltest dringen duschen gehen, bevor dein Vater nach Hause kommt! Du stinkst wie eine Kettenraucherin!“, kicherte sie dann und ich musste grinsen. „Danke, Mama.“ „Kein Problem! Aber weißt du, was mein Chef heute angestellt hat?!“ Fragend blickte ich sie an. Die restliche Fahrt erzählten wir uns gegenseitig Geschichten aus unserem Leben, anstatt wie sonst immer schweigend nebeneinander zu sitzen. Es war ein wunderbares Gefühl, sich meiner Mutter nach all den Monaten zum ersten Mal wieder so nahe zu fühlen. Als ich mich später frisch geduscht auf mein Bett sinken ließ, wurde mir bewusst, dass Tenten mich nicht verraten hatte und ich fragte mich, ob sie vielleicht wirklich nur versuchte, mich zu beschützen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)