War von Hinarika ================================================================================ Kapitel 6: Lies --------------- Der nächste Morgen und das Frühstück verlaufen wie am Tag zuvor: Laut und fröhlich, aber zur Abwechslung ohne brotreiche Wurfgeschosse. Man merkt keiner der drei Frauen an, dass es eine entscheidende Veränderung gegeben hat und dass keine von ihnen heute Nacht einen besonders erholsamen Schlaf gefunden hat. Sie mögen an erster Stelle Mutter sein, aber sie würden auch immer Kunoichis sein. Und überzeugendes Schauspielern gehört da nun mal zum vorrangigen Handwerk. . . . Als sie ihre Kinder vor dem Kindergarten absetzen, hält Sakura die beiden Jungen schnell am Kragen fest, bevor sie davon stürmen können. „Hört zu, nur weil wir gestern nicht sauer waren, ist das kein Freifahrtschein, verstanden? Ich will heute keine Klagen hören.“ Minato und Yoru wechseln einen Blick und beweisen dann ihre seltene, aber mögliche Einigkeit. „Versprochen.“ Sakura lässt sie mit einem verborgenen Augenrollen davon kommen und wendet sich erst ab, als die beiden hinter der Eingangstür verschwunden sind. Aber dann schüttelt sie grinsend den Kopf. „Verdammt, ich hör mich schon an wie meine eigene Mutter. Dabei habe ich schon mit Vier beschlossen niemals so spießig zu werden.“ Hinata zieht skeptisch eine Augenbraue nach oben. „Das weißt du noch?“ Sakura runzelt die Stirn. „Sicher, das war ein einschneidendes Erlebnis, so etwas vergisst man nicht. Die Freundinnen meiner Mutter aus Suna sind zu Besuch gekommen und ich musste Zuhause bleiben, obwohl ich mit Ino zum Spielen verabredet war. Und meine Mutter hat mich in dieses furchtbare lila Kleid gesteckt, das überall Spitzen und Rüschen hatte und sich entsetzlich mit meinen Haaren gebissen hat.“ In Tentens Stimme liegt hörbares Amüsement. „Gab es zu dem Outfit auch eine Krone?“ „Von wegen. Ich hab den Fetzen mit einer Schere verschönert und bin in einem günstigen Moment durch die Hintertür entwischt. Dann bin ich auf meine Schaukel geklettert, hab mein Kleid als Fahne gehisst und Ninja gespielt.“ Hinatas und Tentens Lachen verbergen glücklicherweise, dass auch Naruto wenig überzeugend hustet. Aber sogar Sasukes Mundwinkel erwecken den verdächtigen Eindruck eines Zuckens. „Meine Mutter hat fast einen Herzinfarkt erlitten, als sie mich gesehen hat. Entsetzter war sie wahrscheinlich nur, als ich ihr ein paar Jahre später eröffnet habe, dass ich zur Akademie gehen will.“ Hinata sieht wie der Schmerz Sakuras Augen verdunkelt und Tenten legt ihr in stummem Trost eine Hand auf die Schulter, geht aber nicht darauf ein. „Ich kann dich beruhigen: Es wird vermutlich auch in zwanzig Jahren noch niemand auf die Idee kommen uns spießig zu nennen, dafür widerlegen wir zu viele Klischees.“ Hinata lächelt, aber ihre Unbeschwertheit ist dennoch gezwungen. „Wir müssen los. Shinzo wird auf jeder Sekunde rum reiten, die wir zu spät kommen.“ Sakura steckt sich locker eine ihrer langen Haarsträhnen hinters Ohr. „Eine Woche Zusammenarbeit mit Kakashi und er wäre auch davon geheilt.“ Aber sie verschwinden dennoch schnell. ~ Der Sitzungssaal in der Dorfmitte ist deutlich besser gesichert, als die normalen Häuser, aber ansonsten wirkt das runde Gebäude beabsichtigt unscheinbar. Tenten wendet sich wie gewohnt versucht gleichgültig und doch mit leichtem Widerwillen an die drei ANBU. „Ihr habt hier keinen Zutritt. Tut was ihr wollt, solange es nicht auf uns zurückfällt.“ Naruto verwünscht seine beiden Kameraden mit ihrem überdimensionalen Stolz und ihrer nervenraubenden Schweigsamkeit. Instinktiv wendet er sich mit seinen Worten an Hinata. „Wir wollten euch noch etwas mitteilen.“ Obwohl sie ihrer Anwesenheit wahrscheinlich genauso wenig abgewinnen kann wie Tenten und Sakura, gibt sie sich mehr Mühe ihre Abneigung zu verbergen. Sie fordert Naruto wortlos auf fortzufahren. „Nach dem momentanen Stand unserer Ermittlungen befindet sich Konoha in der festen Annahme, einen Krieg verhindern zu können.“ Tenten kreuzt die Arme vor der Brust. „Konoha kann die Verschwörung von Iwa beweisen?“ Naruto zögert kurz, nickt dann aber. Die schneidende Stimme seiner besten Freundin beschert ihr die gesamte Aufmerksamkeit. „Warum seid ihr dann hier?“ Sasuke lässt sich doch noch dazu herab, sich in die Diskussion einzumischen. Wenn auch wahrscheinlich nur weil es Sakura ist, die gefragt hat. „Tsunade wollte lediglich, dass wir sicherheitshalber bis zu dem Tag, bevor sich die Kage in Konoha treffen, um die Lage zu klären, bei euch bleiben.“ Aber das Einzige, was er damit erntet, ist Sakuras Spott. „Sicherheitshalber, natürlich.“ „Ihr glaubt uns nicht?“ Nejis Stimme verrät, dass seiner Ansicht nach dieser Frevel einer offenen Beleidigung gleich kommt und provoziert damit auch Tenten. „Aber nein, wie kommt ihr denn darauf?“ Wieder ist Hinatas Stimme die Einzige, die nichts außer Leere widerspiegelt. „Danke, dass ihr uns das mitgeteilt habt.“ Aber auch sie misstraut ihnen – Naruto sieht es ihr an. Doch die Drei sind schon in dem grauen Gebäude verschwunden, bevor er noch etwas dazu sagen kann. Der Blondschopf vergräbt missmutig beide Hände in den Hosentaschen, wendet sich um und geht. Jetzt hilft nur noch Training. Sasuke und Neji folgen ihm wortlos. Welch eine Überraschung. . . . Als sie drei Stunden später in das Dorf zurückkommen, sind die drei Frauen ebenfalls längst beim Training. Ein Training, das alles was sie am Tag zuvor gesehen haben, wie Kindereien aussehen lässt. Sie haben ihnen wirklich nicht geglaubt. Und die Spannung, die in der Luft liegt, ist beinahe greifbar. ~ Sie sprechen erst wieder mit ihnen, nachdem sie die Kinder fast zwei Stunden früher als sonst ins Bett gebracht haben. Tenten lässt sich wortlos auf einen Stuhl am Esstisch fallen und überlässt es allein Hinata die Konversation mit ihren unerwünschten Gästen zu betreiben. Sakura ist ohne jegliche Erklärung in der Küche verschwunden. „Wir werden morgen in den frühen Morgenstunden nach Suna aufbrechen. Es reisen nur wir mit den Kindern und da wir davon ausgehen müssen, dass ihr uns begleiten werdet: Wir werden verdeckt reisen.“ Tenten entschließt sich spontan doch noch in das Gespräch miteinzusteigen, aber ihr Spott schrammt scharf an der Grenze einer Beleidigung vorbei. „Nur um sicher zu gehen: Das bedeutet, dass wir unter falschem Namen und mit verändertem Äußeren reisen werden. Wir erwarten, dass ihr euch ebenfalls möglichst unauffällig verhaltet. Ihr könnt eure ANBU-Ausrüstung hierlassen.“ Aber auch das klingt weder wie ein Vorschlag noch wie eine Bitte. Ihr Verhalten lässt bei Neji sämtliche Alarmglocken anspringen. Tenten ist meistens unnachgiebig, ausnahmslos stolz und dickköpfig zielstrebig. Den Wenigen, denen sie vertraut, zeigt sie sich humorvoll, zuweilen sarkastisch, durchweg loyal und manchmal auch sanft und verletzlich. Diese dreiste Herabwürdigung, die zur Schau gestellte Kaltblütigkeit und abschätzende Berechnung sind nichts, womit er sie beschreiben würde. Und genau dieses untypische Verhalten verrät ihm, was sie unbedingt verbergen will: Sie ist angespannt, nervös, übermüdet, gestresst und besorgt. Und vor allem hat sie Angst. Ihre Haltung verrät nichts davon; keine noch so kleine Geste und nicht einmal ihre Augen. Aber er weiß es. Nicht weil er dazu ausgebildet wurde, sondern weil er sie all die Jahre, die sie sich schon kennen, nicht nur beobachtet hat. Sie ist einer der wenigen Menschen, bei dem er sich je die Mühe gemacht hat sie richtig kennen zu lernen. Und sie hat ihm erlaubt ihr näher zu kommen, als je Jemand zuvor. Sie hat ihm ihr Vertrauen, ihre Nähe, ihre Zeit, ihre Zuneigung, ihren Stolz und ihre Liebe geschenkt. Ihre Liebe und eine Familie. Und irgendwie wird er sich dafür hoffentlich irgendwann revanchieren können... Sakura taucht lautlos im Türrahmen auf und bringt nicht nur ein wenig Spaß mit. Sie schwenkt die Flasche grinsend und lässt sich selten gut gelaunt damit auf ihren Stuhl fallen. Das Stöhnen von Hinata, übergeht sie dabei ebenso wie Narutos überraschten Ausruf. „Sake?!“ Das Wort ist ihm zu schnell über die Lippen gekommen und zu frei. Für einen Moment hat er vollkommen vergessen, dass er eine Rolle zu spielen hat. Von Sakura erhält er dafür nur einen spöttischen Blick, aber auch Hinata sieht zu ihm herüber. Und ihre wachsamen, minimal unruhig flackernden Augen warnen ihn, in Zukunft besser aufzupassen, was er sagt und wie er es sagt. Dann wendet sie sich jedoch wieder Sakura zu, die Tsunades Heiligstes gerade in drei Schälchen gießt. Sie reicht Tenten eine und auch Hinata nimmt sie, wenn auch sichtlich widerwillig. Sakura hebt ihre Schale grinsend. „Auf unsere als Sensei und Freundin geschätzte und als Hokage verfluchte Godaime zu ihrem wir-wüssten-alle-gern-wie-vielten Geburtstag. Cheers!“ Sie stoßen ihre Schalen sacht gegeneinander und leeren den Inhalt auf einmal. Die drei Männer wechseln einen Blick und werden sich stumm einig. Keiner von ihnen hat gewusst, dass Tsunade heute Geburtstag hat. Hinata schneidet eine angewiderte Grimasse und schiebt das Schälchen weit von sich. „Wie kann man das Zeug nur freiwillig trinken?“ Auch Tenten kräuselt die Nase. „Und dann auch noch jeden Tag.“ Sie wirft einen skeptischen Blick auf Sakura, die keine Miene verzogen hat. Aber die ehemalige Schülerin der Hokage zuckt nur mit den Schultern. „Sake-Trinken ist in der Ausbildung mit inbegriffen, wenn man Tsunade als Sensei hat.“ Tenten grinst. „Mittlerweile müsste sie doch schon mindestens 60 sein, oder?“ Sakura kippelt auf ihrem Stuhl. „Auf jeden Fall. Sie war ja schon über 50 als sie zur Godaime gewählt wurde und das ist jetzt immerhin schon zehn Jahre her.“ Tenten zieht ihre Haarklammern aus ihrer strengen Hochsteckfrisur und wirft sie achtlos auf den Tisch. „Also wenn ich jenseits der 60 noch so fit bin und so gut aussehe, habe ich kein Problem mit dem Älterwerden.“ Sakura füllt ihre Schale noch einmal. Aber das Grinsen auf ihren Lippen ist verschwunden. „Dafür ist sie unverheiratet und hat keine Kinder.“ Sie schluckt den Alkohol als wäre es Wasser. „Aber das mit dem unverheiratet könnte ich auch noch schaffen.“ Bevor Tenten etwas darauf sagen kann, mischt sich Hinata ein. Ernst, weil ihr der bittere Unterton in Sakuras Stimme nicht entgangen ist. „Saku.“ Sakura sieht alarmiert auf und begegnet Hinatas Blick. Und plötzlich ist die alte Hinata wieder da. Mit viel zu viel Gefühl in den hellen Augen. So viel, dass Sakura darin lesen kann. Sie lacht aufgekratzt. „Süße, egal was es ist, frag einfach.“ Hinata legt ihre Hand auf Sakuras und umschließt sie sanft. „Ich frage mich nur, wie du dir so sicher sein kannst. Dass ausgerechnet du aufgeben willst, will mir einfach nicht in den Kopf.“ Nun liegt in Sakuras Lächeln unverkennbar etwas bitteres. „Ich fange nur nach all den Jahren an, endlich realistisch zu werden. Er wird mich nie lieben.“ Hinata öffnet den Mund, aber Sakura fährt fort. „Selbst wenn er zurückkommen und genau das behaupten würde, könnte ich es ihm nicht glauben, vollkommen unabhängig davon was ich möchte. Aber jetzt werde ich nie mehr wissen, ob es ihm wirklich um mich geht oder ob er sich bloß verpflichtet fühlt, sich auch weiterhin von mir nerven zu lassen, weil ich dummerweise die Frau bin, die seinen Erben zur Welt gebracht hat. Ich bin was ihn angeht, zu lange dumm, naiv und unrealistisch gewesen. Und ja, es gab Zeiten, da hätte ich alles für ihn getan. Ich bereue auch nichts, was dazu geführt hat, dass ich unseren Sohn zur Welt bringen durfte. Yoru ist das Beste, was mir je passiert ist und definitiv auch das Beste, was sein Vater und ich je zusammen hinbekommen haben. Ich liebe sie beide über alles, aber ich bin mir zu schade, um die Legehenne für ihn zu spielen. Und ich kann nicht länger für uns beide lieben.“ Sie erhebt sich und verschwindet lautlos im Schlafzimmer. „Schlaft gut.“ Sie wirft keinen einzigen Blick auf die Anbu und auch Hinata und Tenten ignorieren ihre Anwesenheit geflissentlich. Glücklicherweise. Denn Sasuke hat seine Gesichtszüge zum ersten Mal seit Jahren nicht unter Kontrolle. Wiedergutzumachen was er Sakura angetan hat, wird womöglich das schwierigste Unterfangen seines Lebens, aber für sie wird er es versuchen. Tenten sieht mit gerunzelter Stirn auf die geschlossene Schlafzimmertür. „Was ist bloß los mit ihr? Es ist ja längst nichts neues mehr, dass sie jedes Jahr um diese Zeit ein wenig gereizt ist, das sind wir alle, aber ihr momentanes Verhalten ist schon beinahe besorgniserregend. Normalerweise ist Sakura die freudestrahlende Optimistin von uns.“ Hinata sieht aus dem Wohnzimmerfenster hinaus in die Dunkelheit. „Ich habe so etwas erwartet. Schlimmeres, um ehrlich zu sein.“ Aufmerksam geworden, mustert Tenten ihre beste Freundin verwirrt. „Warum?“ Die junge Clanerbin seufzt lautlos und dreht ihren Kopf zurück zu ihrer besten Freundin. „Ten. Es jährt sich dieses Jahr zum 5. Mal.“ Es dauert nur Milli-Sekunden, bis Tenten den Zusammenhang begreift und sich müde die Hand auf die Stirn legt. „Auch das noch.“ Hinata nimmt ihre Hand und zieht sie hoch. „Lass uns auch gehen. Wir müssen morgen früh raus.“ Und die brünette Waffenexpertin nickt lediglich zustimmend. Jetzt ist sie wirklich müde... Als die Tür hinter ihnen ins Schloss fällt, nimmt Narutos Miene einen selten aufgebrachten Ausdruck an. „Fantastisch, wirklich! Das haben wir ja mal wieder erstklassig hinbekommen!" . . . Es ist mitten in der Nacht und die Sonne wird sich noch stundenlang nicht zeigen, als Hinata aufhört den Schlaf zu suchen, den sie schon seit Stunden nicht findet. Sie schleicht lautlos aus dem Schlafzimmer und verlässt das Haus durch die Terrassentür. Ihre nächtlichen Ausflüge sind in den letzten fünf Jahren so zahlreich geworden, dass sie heute jeden Weg um ihr Haus herum in- und auswendig kennt. Sie klettert leichtfüßig auf das Dach ihres Hauses und lässt nur den Mond Zeuge werden, was von ihr übrig bleibt, wenn sie ihre Fassade vollständig fallen lässt. Die junge Clanerbin zieht ihre Knie eng an ihren Körper und lehnt ihre Stirn erschöpft dagegen. Die Angst hält sie in solchen Momenten gefangen wie ein endloser Albtraum. Angst, dass sie das Wichtigste in ihrem Leben nicht beschützen kann. Ihre Schwächen sind immer noch da. Sie hat nur gelernt, sie niemanden mehr sehen zu lassen. Aber sie zweifelt immer noch oft genug an sich selbst, verabscheut Kämpfe und fürchtet ihre Vergangenheit oft mehr als die ungewisse Zukunft. Sie lächelt bitter über die Erkenntnis, die sie nur sich selbst eingestehen kann: Sie ist immer noch das kleine, verschüchterte, schwächliche Mädchen, das sie früher gewesen ist. Bis Naruto Uzumaki ihr gestanden hat, dass er sie liebt und sie damit irgendwie zum Leben erweckt hat. Hinata fühlt beschämt, wie ihre Wangen heiß werden, als sie sich an die Nacht zurückerinnert, die ihr Leben verändert hat. Sie haben stundenlang in Narutos Bett gelegen und über alles gesprochen, was die Jahre zuvor unausgesprochen geblieben ist und dabei immer wieder zaghaft die Nähe des anderen gesucht. Die Sonne hat gerade ihre ersten Strahlen über den Nachthimmel geschickt, als ausgerechnet sie ihrer Sehnsucht nach seiner Nähe nachgegeben hat. Dass sie den Mut dazu aufgebracht hat, verdankt sie allein ihm. Mit ihm zusammen ist sie in dieser Nacht mutig, ehrlich und frei gewesen. Und ganz sie selbst. Und als sie Wochen später erfahren hat, dass er ihr noch ein viel größeres Geschenk gemacht hat, hat sie wieder dieselbe Geborgenheit gefühlt. Dank Naruto hat sie heute eine Familie für die sie lebt. Und die Erinnerung an ihn, lässt sie wieder einmal die Zuversicht gewinnen, dass sich alles zum Besten wenden wird. Und dass er sein Versprechen wie üblich halten und irgendwann zurückkommen wird... ~ Sie brechen noch im Morgengrauen auf, nachdem sie ihr Aussehen und das der Kinder täuschend echt verändert haben. Sakura und Tenten tragen ihre schlafenden Kinder in den Armen und auch Hinata trägt jeweils einen der Zwillinge an ihrer Hüfte. Sie bewegen sich mit enormer Geschwindigkeit, ihr Chakra perfekt verborgen und Hinata überwacht ihre Umgebung zusätzlich ununterbrochen. So brauchen gerade mal ein wenig mehr als zwei Stunden nach Suna, aber die Frauen machen keinerlei Anstalten sich den Wachen zu zeigen. Sakura seufzt. „Wer ist dieses Mal dran?“ Tenten grinst belustigt. „Immer die, die fragt.“ Sie nimmt Sakura den schlafenden Yoru ab und beobachtet, wie diese ihre Klammern aus den falschen, rückenlangen schwarzen Haaren zieht und sich den Wachen mit gezielt provokanten Bewegungen nähert. Verwirrt und mehr aus Gewohnheit gehorchen die drei ANBU Tentens barscher Aufforderung, ihnen zu folgen. Sakura ist anscheinend sehr erfolgreich darin die Wachen abzulenken, denn selbst mit den vier Kindern gelangen sie problemlos und ungesehen in das hochgesicherte Dorf. Zwei Minuten später steht Sakura vor ihnen. „Und einmal mehr unregistriert in Suna. Gaara verliert seine Wette schon wieder.“ Tenten reicht Sakura ihre Haarklammern. „Dann lasst ihm uns das mal unter die Nase reiben.“ Sie bewegen sich unauffällig und kaum gesehen durch das Dorf, dass nach der Nacht erst langsam zum Leben erwacht. Besonders Naruto kann der Versuchung nicht widerstehen sich genau umzusehen. Es ist so viele Jahre her, seit er zum letzten Mal hier gewesen ist. Im Schatten einer Mauer nahe des Kage-Turms bleiben die drei Frauen schließlich stehen. Je näher sie Gaaras Aufenthaltsort kommen, desto weniger Menschen begegnen ihnen. Man muss kein Ninja sein, um die aufwendigen Sicherheitsvorkehrungen zu erkennen, die den Kazekagen schützen sollen. Hinata sieht sich mit aktivierten Byakugan wachsam um und grinst plötzlich. „Wenn du dir zwei Punkte vornimmst, Ten, sollte das vollkommen reichen.“ Die Angesprochene nickt konzentriert und reicht ihre Tochter, die sich noch im Halbschlaf befindet, an Sakura weiter und verschwindet für wenige Sekunden. In dem Augenblick, in dem sie zurückkehrt und Neji gerade erst anfängt zu erahnen, was sie jetzt schon wieder angestellt hat, gehen östlich und nordwestlich von ihnen zwei Staubfontänen mit einem ohrenbetäubenden Krachen in die Luft. Sämtliche Wächter strömen aus allen Richtungen herbei, um der Ursache eines möglichen Anschlags so schnell wie möglich auf den Grund zu gehen und in dem ausbrechenden Chaos gelingt es den Konoha-nins problemlos unbemerkt in den Kageturm und zu Gaaras Büroräumen im dritten Stock vorzudringen. Sakura hält Yoru mit einem Arm an ihrer Hüfte und klopft mit ihrer freien Hand grinsend gegen die schwere Holztür. Gaaras Stimme ist unverkennbar, klingt aber hörbar angespannt und mürrisch. „Was zum Teufel ist da draußen los?“ Sakura scheint das als Einladung zu verstehen und stößt die Türen mit Schwung auf. Gaara sitzt hinter seinem Schreibtisch, erhebt sich bei ihrem Eintreten allerdings augenblicklich. Tenten schließt die Tür schnell hinter ihnen, bevor Gaara überhaupt die Gelegenheit bekommt etwas zu sagen und wendet sich fragend an Hinata. „Sicher?“ „Sicher“, bestätigt diese ruhig. Wie auf Kommando fallen ihre Tarnungen und die Kinder laufen geschlossen auf Gaara zu. „Onkel Gaara!“ Die Augen des Kazekagen weiten sich kurz und verraten wenige Sekunden lang seine Überraschung. Aber dann können die drei ANBU ein Phänomen beobachten, von dem sie niemals erwartet hätten Zeugen zu werden. Ein deutliches Grinsen huscht über die Lippen des Kazekagen, als er sich hinkniet, um mit den Vierjährigen auf einer Augenhöhe zu sein. „Na, ihr. Mit euch hätte ich als letztes gerechnet.“ „Ich hoffe doch sehr, dass du sonst niemanden kennst, der sich unbemerkt in dein Büro schleichen kann.“ Gaara erhebt sich und selbst er kommt wieder einmal nicht darum herum die außergewöhnliche Ausstrahlung seines Gegenübers zu bemerken. „Hinata.“ Nicht nur Naruto entgleisen beinahe die Gesichtszüge, als Hinata Gaara in eine feste Umarmung zieht... und dieser ihre Geste tatsächlich erwidert. Neji nimmt sogar das Risiko in Kauf, dass Hinata bemerkt wie er sein Bluterbe aktiviert, um sich zu versichern, dass sie wirklich den Kazekage vor sich haben. Und Sasuke fühlt, wie seine Hand automatisch nach seinem Katana zuckt, als Gaara Hinata los lässt und dafür ohne das geringste Zeichen von Widerwillen auch Sakuras stürmische Umarmung erwidert. „Dir ist klar, dass du deine Wette schon wieder verloren hast, oder?“ Gaara gibt Yorus und Minatos Gequengel nach und hebt die beiden schmunzelnd auf seine Arme. „Wie ihr es jedesmal schafft meine Wachen zu überlisten, ist mir wirklich ein Rätsel.“ Sakura zwinkert. „Wir fragen nur höflich.“ Der Suna-nin hätte dem noch so manches hinzufügen können, aber die Tür zu seinem Büro wird erneut heftig aufgestoßen und Temari stolpert in den Raum. „Gaara, bist du in-“ Den Rest ihres Satzes verschluckt ihre Überraschung, als sie erkennt in wessen Gesellschaft sich ihr Bruder befindet. Einen Wimpernschlag später schreit sie auf und fällt Tenten lachend um den Hals. Als Tenten die stürmische Umarmung Temaris mit einem ausgelassenen Lachen erwidert, entspannt sich Neji. Sie ist also noch da. Temari löst sich grinsend von Tenten. „Also steckt ihr hinter dem Chaos da draußen? Das hätte ich mir ja eigentlich denken können. Wenn halb Suna Kopf steht, könnt nur ihr dafür verantwortlich sein.“ Aber Tenten ignoriert diese Anschuldigung gänzlich und lässt ihren Blick aufmerksam an Temari hinabwandern. „Sag du mir lieber seit wann du schwanger bist und wie du deinen faulen Mann zu so viel Aktion motiviert hast.“ Die geborene Sabakuno grinst. „Seit fast sieben Monaten und das kommt davon, wenn ihr euch fast ein halbes Jahr lang nicht blicken lasst. Und gerade ihr solltet wissen, dass man Männer mit dem richtigen Druckmittel dazu bringen kann, alles zu tun. Schließlich haben unsere Wachen euch einmal mehr unregistriert einreisen lassen.“ Auch Hinata und Sakura umarmen Temari grüßend. „Vielleicht solltet ihr auch einfach mal eure Trainingsmethoden überdenken.“ Überraschenderweise greift Gaara Sakuras Provokation auf. „Soll das eine Herausforderung sein?“ Sakura grinst. „Jedenfalls suchen wir eine.“ Hinata gibt wie gewohnt die Stimme der Vernunft. „Später. Vorher haben wir ein paar Dinge zu besprechen, die nicht warten können.“ Gaara nickt in gewohntem Ernst und will gerade eine grundlegende Frage klären, als die Tür zu seinem Büro schon wieder auffliegt und der Kage sich mürrisch fragt, ob irgendwer ohne sein Wissen ein Schild an seine Tür gehängt hat, das zum Tag der offenen Tür einlädt. Als sein Schwager, sein Bruder und dessen Verlobte auch noch in den Raum treten, wird es sogar in dem geräumigen Büro des Kazekagen langsam eng. „Gaara, ist Temari bei dir?“ Shikamaru sieht ungewöhnlich gestresst aus und entspannt sich erst, als er seine Frau entdeckt. Alles andere ist ihm dann schon wieder egal. Das aufkommende Geschrei lässt allerdings sogar ihn zusammenzucken. Wie schon vor zehn Jahren, laufen Sakuras und Inos Begegnungen niemals ruhig ab. Und ihre Wiedersehensfreude nach über fünf Monaten Trennung entlädt sich mit einem Knall. Die beiden Freundinnen liegen sich lachend und schreiend in den Armen und bringen es sogar fertig beides gleichzeitig zu tun und sich darüber hinaus auch noch zu unterhalten. Nachdem alle anderen sich mehr oder weniger zivilisiert begrüßt haben, zieht Kankuro seine redselige Verlobte ein wenig zur Seite und nickt seinem Bruder zu. Gaara richtet seine Frage an Hinata. „Wer begleitet euch?“ Aber Sakura wirft ihre sarkastische Antwort zuerst ein. „Drei von Tsunades Schoßhündchen, die sie uns unerwünschter Weise aufgedrückt hat.“ Als die meisten Anwesenden nicht verstehend die Stirn runzeln, fügt Hinata erklärend hinzu: „Sie standen vor ein paar Tagen bei uns im Dorf und konnten beweisen, dass Tsunade sie zu uns geschickt hat. Da in Konoha also entweder nichts los ist oder Tsunade einmal mehr zu viel Sake in die Hände gefallen ist, wurden unsere Schatten durch Konoha-ANBU ersetzt.“ Hinatas nüchterner, beißender Humor lässt Temari, Ino und sogar Shikamaru und Gaara grinsen, aber Kankuro bricht in schallendes Gelächter aus. „Und das haben sie ernsthaft überlebt? Bei Sakuras Temperament?“ Die Genannte stößt ihm den Ellenbogen in die Rippen und knurrt ihre Antwort durch zusammengebissene Zähne. „Wie du sehen kannst, stehen sie lebendig hier.“ Der Sabakuno zieht spöttisch beide Augenbrauen in die Höhe und Naruto befindet grinsend, dass er gut zu Ino passt. „Und ich soll glauben, dass ihr, speziell du, sie mit offenen Armen begrüßt und kein einziges Mal handgreiflich geworden seid?“ „Das hab ich nie behauptet.“ Kankuro lacht amüsiert. „Das dachte ich mir.“ „Ich versteh überhaupt nicht, worüber ihr euch so aufregt, die Drei sind doch heiß.“ Während Tenten, Temari und Hinata über Inos Kommentar nur müde den Kopf schütteln, Gaara und Shikamaru so tun, als hätten sie nichts gehört, bedenkt Sakura ihrer beste Freundin mit einem mehr als giftigen Blick. „Schluck´s einfach runter, Ino, ja?“ Minato runzelt die Stirn und beschließt, dass Erwachsene einfach viel zu kompliziert sind. „Aber Tante Ino, in Suna ist es doch immer heiß.“ Während das Lachen aller Anwesenden die Stimmung wieder auflockert, beugt sich Gaara zu Hinata herüber. Er flüstert, damit nur sie seine Worte verstehen kann. „Er erinnert mich immer mehr an seinen Vater.“ Hinata beobachtet ihren Sohn lächelnd dabei, wie er einmal mehr einen Streit mit seinem besten Freund beginnt. „Ja. Es ist unglaublich, wie ähnlich sie sich sind, obwohl sie sich noch nie begegnet sind.“ Temari bückt sich und hebt Hana auf ihre Arme. „Wir passen eine Weile auf die Vier auf. Komm, Shikamaru.“ Der Nara schneidet eine leidende Grimasse. „Warum ich?“ „Du musst üben.“ Temaris Befehlston duldet wie immer keinen Widerspruch. Tenten zwinkert ihr zu. „Danke, Tema.“ Bevor Temari die Hand auf dem Türgriff hat, haben Sakura, Hinata und Tenten die Tarnung ihrer Kinder wieder errichtet. „Denkt ihr nicht, dass ihr es mit euren Vorsichtsmaßnahmen übertreibt?“ Zumindest wartet Ino mit weiteren unangebrachten Kommentaren, bis Temari und Shikamaru mit den vier Kindern aus dem Raum verschwunden sind. „Sie sehen ihren Vätern so ähnlich.“ Sakura knurrt schon beinahe. „Genau deswegen können wir gar nicht vorsichtig genug sein.“ „Was soll ihnen denn hier schon passieren?“ Tenten stellt stöhnend fest, dass Ino immer noch nicht verstanden hat, dass es Dinge gibt, die besser ungesagt bleiben. Und Sakura spürt eine vertraute Wut in sich aufsteigen, obwohl sie gegen Inos Sticheleien längst immun sein sollte. „Wie gut, dass es unsere Kinder sind und damit auch unsere Entscheidung.“ „Deiner Laune nach zu urteilen habt ihr immer noch nichts von ihnen gehört. Welche Mission dauert schon fünf Jahre?“ Hinatas beschwichtigendes „Sakura.“ kommt zu spät. Sie sehen nur noch wie sich ihre rosa Haare schwarz färben, bevor die Tür hinter ihr zuknallt. Nun ist es Tenten, die sich einen bissigen Kommentar nicht verkneifen kann. „Gratuliere, Ino, das hast du ja wieder grandios hinbekommen. Bist du nicht langsam alt genug, um gelernt zu haben, dass es manchmal besser ist die Klappe zu halten? Nicht jeder ist an jedem einzelnen Gedanken interessiert, der dir durch dein hübsches Köpfchen schießt.“ „Ach, jetzt ist es meine Schuld, dass Sakura so überempfindlich ist, was das Thema Sa-“ Aber Tenten unterbricht sie zornig. „Jetzt halt endlich den Mund und überleg nur ein einziges Mal, was du im Begriff bist zu sagen.“ Kankuro fasst Ino schnell am Arm. „Warum gehst du nicht und hilfst Temari und erlöst Shikamaru?“ Es beweist wie nahe sie sich stehen, dass Ino sich seinen Worten widerspruchslos fügt und den Raum verlässt. „Ich weiß, warum wir noch nie miteinander ausgekommen sind.“ Hinata legt Tenten beruhigend die Hand auf die Schulter, belässt es aber dabei und wendet sich an Gaara. „Wir sollten die neuesten Entwicklungen besprechen.“ Gaara nickt und wendet sich an seinen Bruder. „Kümmerst du dich mit Tenten um die Waffenbestellungen?“ Der Marionettenkünstler grinst und deutet eine Verbeugung an. „Mit Vergnügen.“ Nachdem auch die beiden den Raum verlassen haben, wirft Gaara einen kalten, musternden Blick auf die ANBU, stellt seine Frage aber Hinata. „Und du bist dir ihrer Loyalität und ihrer Absichten wirklich sicher?“ Hinata nickt gleichgültig und fischt gezielt eine der Karten aus dem Regal. „Wenn ich Zweifel hätte, hätte ich sie nie in die Nähe unserer Kinder gelassen.“ Sie breitet die Karte auf dem dafür vorgesehenen Tisch aus und Gaara tritt vertraut neben sie. „Natürlich. Wie geht es euch?“ „Das übliche Chaos und wir sind alle ein wenig angespannt, außerdem langweilen wir uns beim Training zu Tode und treiben Shinzo damit in den Wahnsinn.“ Wieder zupft der Ansatz eines Grinsens an den Lippen des Kazekagen. „Also mit eurem Trainingsproblem kann ich euch aushelfen.“ Hinata lächelt. „Darauf haben wir gehofft.“ Aber als sie sich über die Karte beugt, bringt der Ernst wieder jegliches Gefühl in ihren Augen zum erliegen. „Sie haben einige Truppen östlich von hier und ziehen Richtung Konoha. Ihre Aufteilung lässt vermuten, dass sie von verschiedenen Seiten angreifen wollen. Die Gruppe, die uns am nächsten ist, hat eine Stärke von 296 Mann, hauptsächlich Iwa-nin, die wir sowieso von Anfang an für die Drahtzieher gehalten haben. Sie sind nicht schwer bewaffnet, aber gut ausgebildet. Als ich sie das letzte Mal ausgemacht habe, befand sich ihr Standort hier, 69 Kilometer östlich von unserem Dorf.“ Sie tippt mit dem Stift auf einen Punkt in der Karte und Gaara nickt. „Ja, meine Späher haben mir ähnliches berichtet, wenn auch natürlich nicht so präzise. Es wird aber nicht zum Kampf kommen. Jedoch hast du Recht was Iwa betrifft: Ihr Kage hat diese Intrige gegen uns eingefädelt.“ Hinatas Augen huschen kurz zu den drei ANBU, die nach wie vor an der gegenüberliegenden Wand lehnen, bevor sie sich wieder Gaara zuwendet. „Du bist dir sicher, dass es nicht zu einem Kampf kommen wird?“ Gaara nickt. „Wir können beweisen, dass der Kage von Iwa bewusst gegen Konoha und Suna intigriert hat, um Kiri und Kumo gegen uns aufzuhetzen und eine kriegerische Auseinandersetzung zu provozieren. Bei der in zwei Wochen anstehenden Versammlung der Kage aller fünf Länder, werden wir Iwas Kagen wegen Korruption, Verschwörung, Bündnisbruchs, Verrats und Volksaufhetzung anklagen. Wenn er Glück hat verbringt er den Rest seines Lebens im Gefängnis. Du kannst also aufhören dir Sorgen zu machen.“ Hinata lehnt sich gegen den Tisch und seufzt. „Falsch, jetzt mache ich mir noch mehr Sorgen.“ Weil sie weiß, dass Gaara auf eine Erklärung wartet, schließt sie die Augen und beweist somit das Vertrauen, das sie dem Kazekagen entgegen bringt. „Wenn ihr Beweise für Iwas Verschwörung habt, sollten sie doch eigentlich längst zurück sein.“ Gaaras Blick wandert kurz zu den ANBU, aber Naruto ist zu sehr mit seinen Schuldgefühlen beschäftigt, um es zu bemerken. „Du solltest dir trotzdem nicht zu viele Sorgen machen. Schließlich reden wir hier von Naruto.“ Hinata lächelt und Naruto dröhnt das Pochen seines eigenen Herzens in den Ohren. „Das ist schon seit vier Jahren der einzige Gedanke, der mich davon abhält, vor Sorge verrückt zu werden.“ Sakura betritt den Raum ohne anzuklopfen. „Wo ist Tenten?“ „Hier.“ Lees ehemalige Teamkameradin betritt hinter ihrer Freundin den Raum und hat sich eine große Rolle auf den Rücken geschnallt. Neji würde seinen Rang darauf verwetten, dass sie darin zahlreiche Waffen versiegelt hat. Sakura, eindeutig immer noch schlecht gelaunt, aber nicht mehr offensichtlich zornig, wendet sich ungeduldig an Hinata. „Können wir jetzt endlich zu dem spaßigen Teil kommen und trainieren gehen? Bitte?“ Hinata und Tenten lachen über den flehenden Unterton, der in ihrer Stimme mitschwingt. Gaara rollt die Karte zusammen und wirft sie zurück in das Regal. „Gut, dann lasst uns in die Trainingshalle gehen.“ Kankuro schließt die Tür hinter ihnen. „Ich komme mit, den Spaß lasse ich mir nicht entgehen.“ ~ Obwohl die Trainingshalle gleich neben dem Kage-Turm liegt, haben die drei Frauen ihre Tarnung wieder aufgenommen. Und sie lassen sie erst wieder fallen, nachdem Hinata die Umgebung überprüft hat und Entwarnung signalisiert. Während Tenten ihre Schriftrolle ablegt und sich mit Sakura für das Training fertig macht, sieht Hinata belustigt zu Gaara. „Denk nicht einmal daran.“ Der Kazekage hebt skeptisch eine Augenbraue in die Höhe. „Ach, du kannst meine Gedanken lesen?“ Aber Hinata grinst. „Wenn du dich zurückhältst, wird Sakura dir den Kopf abreißen und ich werde sie nicht davon abhalten.“ Temaris jüngster Bruder seufzt lautlos. „Du weißt wie gerne ich mit euch trainiere, aber-“ „Aber?“ Nun ist es Hinata, die ihre Skepsis zum Ausdruck bringt, aber es ist der lockere Ton, den sie dem Kazekagen gegenüber anschlägt, der die ANBU über die Maßen erstaunt. Auf ihrem überholten Stand der Dinge kannten sich Hinata und Gaara kaum und jetzt spricht die Hyuuga so vertraut mit dem Kazekagen, wie kaum je mit einem Mann. „Komm schon, Gaara, spucks aus.“ Gaara schielt erneut kurz zu den drei ANBU, die wenig beachtet neben ihnen stehen. „Ich denke nur, dass Naruto mir den Hals umdrehen würde, wenn ich dir auch nur einen Kratzer zufüge.“ Hinata lacht, aber es erreicht ihre Augen nicht. „Dann werde ich dafür sorgen, dass du mir keinen Kratzer zufügst. Und selbst wenn“, sie grinst und gesellt sich zu Tenten und Sakura, „wer sollte es ihm sagen?“ Gaara wartet, bis sie außer Hörweite ist, bevor er sich dieses Mal direkt an die ANBU wendet. „Ja, wer sollte es ihm schon sagen?“ Er verdreht die Augen und lässt sie damit wissen, dass er längst weiß, wer sie sind. Er vergräbt beide Hände in den Taschen und begibt sich langsam in die Mitte der Trainingshalle. Er kommt kaum zum stehen, als Hinata, Sakura und Tenten anfangen aus drei Richtungen gegen ihn anzurennen. Sie stellen seine perfekte Verteidigung beinahe spielerisch auf die Probe, aber lange macht Sakuras Geduld ihre Aufwärmübungen nicht mit und sie wechselt in die Offensive. Sasuke beugt sich zischend zu Naruto und Neji vor, ohne seinen Blick eine Sekunde von dem Kampf zu nehmen. „Woher weiß er wer wir sind?“ Er kennt Naruto lange genug, um die gut verborgene Wut in seinen Augen sehen zu können. „Verdammt, woher soll ich das denn wissen?“ Aber Neji bleibt ruhig. Sein Missfallen darüber, dass Tenten gerade mit Gaara trainiert, spiegelt sich weder in seiner Gestik noch in seiner Mimik wieder. „Vielleicht hat Tsunade es ihm gesagt. Sie weiß bestimmt, dass die drei mit Gaara in Kontakt stehen.“ Aber Naruto schüttelt den Kopf. „Ich glaube, dass er selbst darauf gekommen ist.“ Sie müssen das Thema fallen lassen, weil Kankuro und Shikamaru, der es scheinbar nicht lange mit Ino und Temari auf einmal ausgehalten hat, sich neben sie gesellen, um den Kampf zu beobachten. Sasuke erkennt die Handzeichen, die Hinata schließt, während Sakura und Tenten Gaara von ihr fern halten, gerade noch rechtzeitig wieder, um die anderen zu warnen. „Schließt die Augen!“ Hinatas Jutsu trifft Gaara unvorbereitet. Als die Welt um ihn herum schwarz wird, beginnt er sofort mit seinem Sand seine Verteidigung aufzubauen. Aber für Sakura ist er zu langsam. Ihr Kunai schneidet ihn tief in die Wange, bevor sein Sand sie zurückwirft. Als Gaara spürt, wie das warme Blut seine Wange hinabläuft, fühlt er wie ihm seine Beherrschung beängstigend schnell durch die Finger gleitet. Langsam werden die Umrisse um ihn herum wieder scharf und er kann Tentens Faustschlag gerade noch ausweichen. Kankuro beobachtet das Ganze grinsend. „Sie haben es schon wieder geschafft. Wer hätte ihnen vor ein paar Jahren schon zugetraut, dass sie einmal so stark und durchtrieben sein würden.“ Sogar Shikamarus permanente Langeweile scheint sich für den Moment zu verflüchtigen. „Vor ein paar Jahren hat ihnen törichterweise niemand überhaupt irgendetwas zugetraut. Erst recht nicht, dass sie einmal gegen Gaara bestehen könnten. Aber gerissen waren sie schon immer.“ Sakura springt gerade noch rechtzeitig hoch, um einer Sandwelle zu entgehen, die sie mit Leichtigkeit unter sich begraben könnte und sammelt noch im Sprung eine Menge Chakra in ihrer rechten Hand. Als sie ihre Faust in den Boden schlägt, bebt die Halle unter ihren Füßen und Hinatas Schlag streift Gaaras rechten Rippenbogen. Kankuro zieht eine Augenbraue in die Höhe. „Wow. Das ist sogar noch eine Steigerung zu ihrer Leistung, als sie das letzte Mal hier waren. In dem Kaff, in dem sie wohnen, muss es echt langweilig sein.“ Er grinst anzüglich. „Oder die Männer alle hässlich.“ Shikamaru konzentriert sich mehr auf die Bewegungsabläufe der drei Frauen. „Ihre Bewegungen sind perfekt aufeinander abgestimmt, hinter jedem Angriff steckt eine ausgeklügelte Strategie und sie verlassen sich blind aufeinander. Ihre Zusammenarbeit ist das, was sie noch stärker macht. Zwei lenken Gaara ab, die Dritte greift an. Allein würde sich jede von ihnen schwer gegen Gaara tun, aber so dürfte dieses Training sogar Gaara ein wenig fordern.“ Auch Kankuros gesamte Aufmerksamkeit liegt auf dem Kampf. „Auf jeden Fall war es geplant, dass sie Gaara gleich am Anfang verletzt haben. Sie wissen, dass er jetzt so damit beschäftigt ist nicht die Beherrschung zu verlieren, dass er keine Rücksicht mehr darauf nehmen wird, ob eine der Drei sich bei einem seiner Angriffe vielleicht ein paar Rippen bricht.“ „Und das bereitet euch keine Sorgen?“ Neji hätte Tenten am liebsten eigenhändig aus der Halle gezerrt, aber natürlich sieht man ihm das nicht an. Kankuro wirft einen kurzen Blick auf den ANGU. „Warum sollte es? Die Drei können sich wunderbar wehren, wie man sieht. Außerdem ist das nicht ihr erstes Training mit Gaara und die ersten zwei, drei Mal waren sie danach alles andere als unversehrt. Trotzdem musste keiner von uns je in einen dieser Kämpfe eingreifen. Ganz davon abgesehen, dass den Dreien das alles andere als recht-“ In diesem Moment kracht Sakura wenige Meter neben ihnen mit voller Wucht in die Wand und Sasuke zuckt sichtbar zusammen, bevor ihr Doppelgänger verpufft. Sakura schließt Fingerzeichen für ein Jutsu, das keiner der Anwesenden kennt. Tenten lässt derweil einen Regenschauer aus Waffen auf Gaara niedergehen und als Hinata plötzlich hinter ihm steht, muss der Kazekage sogar auf Taijutsu zurückgreifen, um ihren Angriff abzuwehren. Sakuras Lippen murmeln den Namen eines Jutsus, aber niemand kann sie über den Lärm hinweg verstehen. Wind kommt auf und bläst unzählige, aus dem nichts erscheinende Kirschblütenblätter durch die Halle und Hinata und Tenten ziehen sich schlagartig zurück, als die Kirschblüten auf Sakuras Zeichen mit der Schärfe von Rasiermessern Gaara erneut in die Defensive drängen. Scheinbar lässt dieser Angriff den Kage jegliche Zurückhaltung vergessen, denn seine Angriffe fallen von diesem Zeitpunkt an noch stärker und skrupelloser aus. Tenten bekommt ernsthafte Schwierigkeiten seinen Attacken auszuweichen, obwohl Sakura und Hinata ihn gleichzeitig angreifen und kann die Fingerzeichen für das Jutsu des Tausches gerade noch rechtzeitig schließen, bevor seine Sandhand sich um ihren Körper schließt. Dass ausgerechnet Hinata Minuten später nicht mehr rechtzeitig ausweichen kann, lässt alle Anwesenden die Luft anhalten. Sasuke muss Naruto zurückhalten, weil dieser kopflos losstürmen will, als Gaaras Sand Hinata gegen die Wand drückt und sie hören können wie ihre Knochen dem Druck nachgeben und brechen. Naruto will Sasuke gerade anfahren, als Hinata Gaaras Sand sprengt, schwankend auf dem Boden aufkommt und eine Hand auf ihre rechte Rippe legt. Keine zwei Minuten später sind ihre Verletzungen geheilt und sie greift wieder aktiv in den Kampf ein... ~ Nach knappen drei Stunden haben Sakura, Hinata und Tenten alle die eine oder andere Blessur davongetragen und der Abstand, in der sich ihr Brustkorb hebt und senkt, liegt längst jenseits jeglicher Normalität. Aber auch Gaara erscheint ein wenig außer Atem. Wenn jemand an Gaaras Beherrschung gezweifelt hat, beweist er ihnen, dass sie falsch lagen, indem er das Training sofort beendet, als die Frauen ihm ein Zeichen geben. Während Sakura und Tenten ihre Blessuren verschwinden lassen, nimmt Gaara Hinata mürrisch zur Seite. „Was war das vorhin?“ Die hübsche Hyuga runzelt die Stirn über den Ernst in seiner Stimme. „Erklär mir was du meinst und ich beantworte dir deine Frage.“ Obwohl sie ahnt worauf er anspielt. „Du weißt, was ich meine, Hinata. Du hast dich vorhin absichtlich von mir treffen lassen. Warum?“ Aber sie erwidert seinen Blick, sieht kein einziges Mal zur Seite. „Du irrst dich. Ich war nur kurz abgelenkt. Mein Fehler, ich weiß.“ Aber Gaara bleibt misstrauisch. „Was hat dich abgelenkt?“ „Minato ist hingefallen und hat sich das Knie aufgeschlagen.“ Diese Erklärung schluckt er. Dafür tritt Unglauben in seine Augen, obwohl er es mittlerweile besser wissen sollte. „Willst du mir etwa sagen, dass du die Kinder die ganze Zeit über beobachtet und dich gleichzeitig noch auf das Training konzentriert hast?“ „Ich habe sie keine Sekunde aus den Augen gelassen, seit Temari mit ihnen dein Büro verlassen hat. Nichts für Ungut, das ist längst eine alte Angewohnheit. Ich sehe immer nach ihnen, sobald sie mein direktes Blickfeld verlassen.“ Der Kazekage schüttelt nur ungläubig den Kopf... ~ Sie treffen Ino und Temari mit den Kindern in Gaaras Büro und bleiben noch ein paar Stunden dort, um sich wie alte Freunde, die sich lange nicht gesehen haben, zu unterhalten. Erst als es daußen dämmert, beschließen die Frauen, dass es Zeit ist aufzubrechen. Sie umarmen Temari, Ino, Shikamaru, Kankuro und auch Gaara zum Abschied. „Seid ihr sicher, dass wir euch nicht noch bis zum Tor bringen sollen?“ Hinata lächelt Gaara gutmütig zu. „Du weißt, dass das viel zu auffällig wäre.“ Der Kage seufzt zustimmend. „Passt gut auf euch auf und Hinata“, er senkt seine Stimme, bis nur noch sie ihn verstehen kann. „Sie werden ganz bestimmt zurückkommen.“ Hinata nickt und hebt Hana und Minato auf ihre Arme. „Sieh du zu, dass du heil nach Konoha und zurück kommst. Wir kommen schon klar.“ Gaara zerzaust Minato lächelnd die Haare. „Ihr seid hier jederzeit willkommen.“ „Das wissen wir.“ Sakura hebt Yoru ebenfalls hoch und grinst. „Und du kannst dich darauf verlassen, dass wir wieder kommen. Den Spaß, den wir jedes Mal mit deinen Wachen haben, können wir uns schließlich nicht entgehen lassen.“ Sie nehmen ihre Tarnung wieder auf und verschwinden mit einem letzten Gruß. Aber als die Tür hinter ihnen zufällt, wendet sich Gaara fragend an seine Schwester. „Temari? Hat Minato sich heute das Knie aufgeschlagen?“ Die blonde Suna-nin sieht überrascht zu ihrem Bruder. „Nicht, während wir auf die Kinder aufgepasst haben. Wieso?“ „Weil es ein Test gewesen ist.“ . . . Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)