Melly oder wie zähme ich meinen Vampir von kateling ================================================================================ Kapitel 4: Kapitel 3 -------------------- Kapitel 3: „Verdammt, Cyr! Das meinst du doch nicht ernst oder?“ Ich sehe den Vampir entsetzt an. Als ich vor zwei Minuten das Krankenzimmer betreten habe, saß er auf der Bettkante und zieht sich an. Oder versucht es, trifft es wohl eher. Seine grauen Augen sehen mich aufs äußerste entschlossen an. Er will doch tatsächlich nach Hause. Alleine. Trotz der Verletzungen, die es ihm kaum erlaubten sich zu bewegen. „Hier bleibe ich bestimmt nicht!“ kurte er und greift nach seinem blutgetränkten Hemd. Ich nehme es aus seiner Reichweite und werfe es in den Mülleimer neben der Tür. Jetzt funkelt er mich wütend an, ich erwidere seinen Blick ernst. Als ob er die Klamotten von heute noch einmal hätte anziehen können. Aber nur in schwarzen Boxerbriefs und dem großflächigen Verband um seine Brust und die rechte Schulter kann ich ihn auch nicht herum laufen lassen. Denn es würde ihn definitiv nicht davon abhalten herum zu laufen. Fordernd strecke ich meine Hand aus. „Gib mir deinen Spindschlüssel! Ich hole dir Wechselklamotten!“ Fünf Minuten später sitzt er in Jogginghose und einem dunkelblauen T-Shirt vor mir. Ich habe gerade die letzte Schlinge seines Gilchrist-Verbands festgezogen, da springt er schon auf. Kurz verzieht er das Gesicht und verlässt dann wesentlich langsamer das Zimmer. Ich ihm direkt auf den Fersen. Vielleicht kann ich ihn doch noch irgendwie zur Vernunft bringen. Auf dem Flur begegnen wir Mirko. Seine dunklen Augen liegen tadelnd auf Cyr. „Du brauchst mich gar nicht so ansehen! Mit diesen Verletzung lasse ich dich bestimmt nicht alleine nach Hause.“ Ich sehe wie Cyr sich verkrampft und lege meine Hand behutsam auf seinen gesunden Arm. „Er kommt mit zu mir!“ Die Überzeugung im meiner Stimme… Ich habe keinen Plan woher die kommt. Cyr lässt sich ja sowie so nichts vorschreiben. Und ich habe bereits jetzt ein schlechtes Gewissen. Immerhin war das eine glatte Lüge. Cyr würde niemals mit mir mit kommen. Und eigentlich ist mir das ganz recht. Auch wenn er mich nicht gebissen hat, war das vorhin wirklich gruselig. Der Arzt sieht fragend zu meinem Partner. „Ist das die Wahrheit Cyr?“ Er will bestimmt widersprechen. Ich weiß es. Dann allerdings nickt er nur. Okay… Damit habe ich jetzt nicht gerechnet. Er hat sicher nur zugestimmt um ohne Diskussion an Mirko vorbei zu kommen! „Gut, aber Cyr… Kein Training, keine größere Belastung für deine rechte Schulter! Ich komme alle zwei Tage vorbei! Wenn du dich nicht an die Regeln hältst und dich nicht ausruhst bist du schneller wieder hier als du denkst!“ Das sind keine leeren Drohungen und Cyr weiß das. Er nickt zur Bestätigung. „Okay, dann hole ich dir schnell die Schmerzmedikamente und dann könnt ihr gehen!“ Kurz verschwindet der Arzt und kommt kurz darauf mit zwei Packungen Tabletten zurück. Cyr nimmt sie wortlos entgegen und stopft sie in seine Hosentasche. Auf dem Weg in die Tiefgarage sprechen wir kein Wort. Unten angekommen gehe ich entschlossen auf meinen Wagen zu. Ich spüre Cyrs durchdringenden Blick in meinem Rücken. „Fährst du mich nach Hause?“ Ich drehe mich zu ihm um und schüttele langsam den Kopf. „Nein Cyr! Ich habe das ernst gemeint! Du kommst mit zu mir!“ Einen Versuch ist es zumindest wert. Lange sieht er mich einfach nur an. Er ist blass, noch blasser als sonst. Und er wirkt erschöpft. Auffordernd öffne ich die Beifahrertür. Er zögert, steigt dann überraschenderweise ein. „Okay, aber ich brauche ein paar Dinge aus meiner Wohnung!“ Das macht mich sprachlos. Habe ich richtig gehört? Wie erstarrt stehe ich neben dem Wagen. „Kommst du jetzt oder muss ich es mir anders überlegen?“ Seine Worte reißen mich aus meiner Starre. Verwirrt gehe ich um das Auto herum. Was ist mit Cyr los? Er will wirklich mit zu mir kommen? Ich steige ein und sehe ihn musternd an. „Geht es dir wirklich gut genug?“ Sein Gesicht verfinstert sich und er legt die Hand irgendwie schützend auf seine rechte Seite. „Melly, ich sage es nur einmal! Ich hasse die Krankenzimmer da drin. Mir ist alles Recht um da raus zu kommen!“ Wortlos starte ich den Wagen und lenke ihn hinaus auf die Straße. Ich verstehe Cyr. Die sterilen unpersönlichen Krankenzimmer… Wirklich keine angenehme Atmosphäre um sich zu erholen. Und wir sind Partner. Auch wenn wir nicht wirklich Freunde sind und ich um ehrlich zu sein etwas Angst vor ihm habe, werde ich ihn unterstützen. Ich parke vor dem Mietshaus in dem Cyr seine Wohnung hat. Im siebten Stock, ohne Aufzug, wenn ich mich richtig erinnere. Ob das noch aktuell ist, keine Ahnung! Ich habe ihn nur einmal ganz am Anfang unserer Partnerschaft mal an der Wohnungstür abgeholt. Allerdings auch damals sein privates Reich nicht betreten. Cyr schnallt sich ab und stemmt sich sichtlich mühsam aus dem Wagen. Ich folge ihm langsam. Schon die zwei Stufen zur Haustüre scheinen ihm schwerzufallen. Ich nehme ihm seinen Hausschlüssel aus der Hand. „Warte im Auto. Mit den Wunden sind die sieben Stockwerke Treppen zu viel des guten. Ich rufe dich auf dem Handy an, wenn ich oben bin. Dann kannst du mir sagen, was du brauchst.“ Er beißt sich auf die Unterlippe und schließt für ein paar Millisekunden die Augen, dann gibt er nach. Erst jetzt wird mir so richtig bewusst, dass Cyrs Verletzungen schwerer sein mussten, als alle vorhergegangenen. Ich habe ihn noch nie so nachgiebig und fügsam erlebt. Vielleicht sollte ich ihn nicht zu lange alleine lassen. Fast schon im Dauerlauf erklimme ich die Stufen und komme nur minimal außer Atem in seiner Wohnung an. Ich muss sagen, das Training bringt doch etwas. Der Schlüssel klemmt etwas, dann betrete ich einen sauberen, aufgeräumten Flur. Aufgeräumt ist falsch. Leer, der Flur ist einfach nur leer. Keine Pflanzen, kein Foto, keine Dekor, nichts. Der einzige Gegenstand ist ein schwarzer Wintermantel an einem einzigen Haken. Ich ziehe mein Handy aus der Tasche und wähle Cyrs Nummer. Nach dem dritten Klingeln hebt er ab. „Okay, ich bin jetzt in deiner Wohnung!“ Naja nicht ganz, also trete ich über die Schwelle und schließe die Wohnungstür hinter mir. „Rechts ins Schlafzimmer!“ Ich folge seiner knappen Anweisung. Dunkles Holz, schwarze Laken. Bis auf Schrank und Bett ist das Zimmer leer. Er wirkt alles irgendwie…unbewohnt. „Oben auf dem Schrank ist eine Sporttasche. Such dir einfach ein paar Klamotten aus!“ Ich öffne die erste Tür. Schwarze Jeans, Jogginghosen und nur graue und schwarze T-Shirts. Ernsthaft hier gibt es nicht einen einzigen Farbkleks. Kopfschüttelnd klemme ich mein Handy zwischen Schulter und Ohr und packe genug für zwei Wochen ein. ich glaube kaum, dass Cyr so viel länger bleiben wird. Hinter der Doppeltüre finde ich Anzüge und Hemden. Ordentlich in Reih und Glied nach Farbnuance sortiert. Hier gibt es immerhin das ein oder andere dezente blau. Ich greife nach fünf Hemden in Weiß, grau und hellblau. Zumindest für die ersten Tage wird er sich mit dem anziehen so wesentlich leichter tun. Auf dem Bord darüber liegen Pullover und das einzige bunte Kleidungsstück in diesem Schrank. Ein grün-türkisfarbener Hoodie. Ich dachte nicht, dass er den behalten hätte. Ich habe ihn mal während einem Einsatz gekauft, Car hat mich total entsetzt angesehen. Aber er hat ihn immer noch. „Erinnere mich daran, dich niemals in meinen Schrank schauen zu lassen!“ murmele ich und packe noch weitere Pullover in die Tasche. Und das meine ich wirklich ernst. In meinem Kleiderschrank herrscht nämlich pures Chaos. Er ist vollgestopft und bunt. Zuletzt packe ich Cyrs schwarze Turnschuhe und Unterwäsche ein. Auch da kennt er nur eine Farbe. Schwarz! „Okay ich bin im Schlafzimmer fertig, und jetzt?“ Ich schultere die Sporttasche und trete zurück auf den Flur. „Bad gegenüber!“ Cyr ist echt kurz angebunden. „Zahnbürste, Zahnpasta, Rasierzeug und Duschgel!“ Ich tue wie geheißen und packe alles ein. „Mein Laptop und das Ladekabel vom Handy sind auf dem Küchentisch!“ Auch das sammle ich ein. Und öffne dann den Kühlschrank auf der Suche nach irgendwelchen verderblichen Lebensmitteln. Aber… Leere. Auch in den anderen Schränken ist nichts zu finden. Außer einer Blechdose mit rötlichem Pulver, dem Kunstblut. Und einer Flasche Whiskey. Auch das wandert in die Tasche und auf dem Weg aus der Wohnung schnappe ich mir noch den Mantel im Flur. Sorgsam schließe ich hinter mir ab und verlasse dann das Haus. Cyr steht an meinen Wagen gelehnt, die Schultern schützend gegen den schneidenden Wind hochgezogen. Ich krame den Schlüssel aus meiner Tasche und schlage mir innerlich die flache Hand gegen die Stirn. Ich schicke ihn zurück zum Auto, ohne Schlüssel! Wie blöd bin ich eigentlich? Es ist mitten im November und er trägt nicht mehr als ein T-Shirt. Das habe ich mal wieder toll hin bekommen! „Tut mir leid!“ Er brummt nur etwas Unverständliches und steigt ein. ich verstaue schnell seine Sachen im Kofferraum und tue es ihm dann gleich. Kurz mustere ich sein erschöpftes Gesicht. „Du gehörst ins Bett!“ Der Vampir schnaubt nur kurz und lehnt dann den Kopf an das Seitenfenster. Da will einer wohl nicht reden. Ich akzeptiere es und so verbringen wir die Fahrt zu meinem Haus schweigend. Ich liebe mein kleines, gemütliches Haus und verstehe nicht wie Cyr, trotz dem vielen Geld, das wir verdienen, in diesem Mietshaus wohnt. Ich schließe die Tür zu meinem Reich auf und streife mir die Schuhe von den Füßen um sie in das weiße Regal zu stellen. Cyr folgt meinem Beispiel und bleibt dann unsicher im Flur stehen. Er ist das erste Mal, so wie ich vorhin in seiner Wohnung. Was er wohl von den bunten Wänden, den vielen Kleinigkeiten und Bildern überall hält? Ich bin definitiv ein wenig kitschig und sentimental veranlagt. „Cyr das Schlafzimmer ist oben!“ Theoretisch habe ich auch noch ein Gästezimmer, aber bis jetzt habe ich noch nicht das passende Bett dazu gefunden! Cyr kneift die Augen zusammen. „Das Sofa reicht!“ Sein Ernst? Das ist doch… Er ist verletzt! Ich lasse ihn bestimmt nicht auf dem Sofa schlafen! „Cyr, wie oft haben wir jetzt schon zusammen in einem Bett geschlafen?“ Okay, das waren Hotelbetten, aber er hatte nie Probleme damit! „Es ist dein Bett!“ murmelt er und schiebt die Hand in seine Hosentasche. Seinen Einwand verstehe ich jetzt nicht, aber weiter darüber nachdenken kann ich auch nicht, denn ein braunes Fellbündel stürzt fast die Treppe hinunter. Dann springt Becca freudig kläffend an mir hoch. Ich hocke mich zu der Hündin hinunter und streiche ihr über das weiche Fell, während sie sich an mich schmiegt. „Hey Becca warst du schön brav?“ Ich weiß, dass sie mir nicht antworten kann, aber seit ich den Mischling vor sechs Monaten aus dem Tierheim geholt habe kann ich es einfach nicht lassen mit ihr zu reden. „Becca?“ Bei Cyrs leiser Stimme hört sie auf mit dem Schwanz zu wedeln und sieht ihn aufmerksam aus braunen Augen an. „Der Vorbesitzer hat sie Rebecca getauft, aber Becca scheint ihr besser zu gefallen.“ Zu meiner Überraschung kniet Cyr sich neben mir auf das Parkett und streckt Becca die Hand entgegen. Vorsichtig schnuppert die Hündin an seinen langen schlanken Fingern. Und lässt sich dann hinter den Ohren kraulen. „Na du Hübsche.“ Ich beobachte seine sanften Bewegungen. Becca scheint es zu genießen. Schließlich richtet er sich auf und sieht mich an. „Also wo ist das Sofa?“ Wortlos nehme ich seinen Arm und ziehe ihn die Treppe hoch und in mein Schlafzimmer. Becca läuft uns schwanzwedelnd nach. Mit einer resoluten Bewegung ziehe ich die bestickte Tagesdecke herunter und schlage das Bett auf. „Cyr, erspare uns einfach die Diskussion und leg dich hin!“ Er zögert noch immer, fühlt sich sichtlich unwohl in meinem Schlafzimmer. Er wirkt wie ein kalter dunkler Fremdkörper in meinem sonnengelbgestrichenen Zimmer mit dem verschnörkelten Bett und den vielen bunten Kissen. Irgendwann setzt er sich doch auf mein Bett und legt sich vorsichtig auf die linke Seite. Ich streiche ihm kurz übers Haar und decke ihn dann zu. Mein Blick fällt auf den Wecker. Sechsuhrzweiunddreißig. Ich seufze leise und schaue an mir hinunter. Ich trage immer noch das schwarze Kleid, habe vorhin einfach nur ein graues Sweatshirt drüber gezogen. Ich sollte duschen und später muss ich noch einkaufen. Meine Schränke sind fast so leer wie Cyrs vorhin. Aber nur fast. „Brauchst du noch etwas?“ Cyr schüttelt den Kopf. Ich lasse die Rollladen runter. „Ich lasse Becca raus, gehe dann duschen und einkaufen! Stört es dich, wenn Becca hier ins Zimmer kommt, während ich weg bin?“ Wieder nur ein Kopfschütteln. Okay dann werde ich die Schlafzimmertür nur anlehnen. „Das Bad ist genau gegenüber! Falls irgendetwas sein sollte, ruf mich an! Egal was ist!“ Ich lösche das Licht und verlasse nach kurzem Zögern das Zimmer. „Danke!“ Cyrs leise Stimme lässt mich noch einmal inne halten. Ich sehe zurück auf seine dunkel Gestalt im Bett. „Bitte!“ Dann ziehe ich die Tür zu und gehe ins Bad. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)