Das Rudel des Westens von GwathNaAranThranduil (- Erzählungen von Geistern und anderen Dämonen) ================================================================================ Kapitel 2: 2. Wolken vor dem Mond --------------------------------- „Sayumi-sama, können wir bald Rast machen? Meine Beine sind schon ganz schwer.“ Klang die Stimme des Menschenkindes durch den Nebel ihrer trüben Gedanken und sie vertrieb diese mit einem kurzen Blinzeln vollständig. Die Sonne begann nun bereits hinter den Bäumen zu verschwinden und die Dämonin wandte sich automatisch nach Westen, irgendwo dort am Ende dieses Waldes Lag der Palast des Westens, der Ort an den Tashomaru – der Inu no Taisho höchst persönlich – sie vor so vielen Jahrhunderten gebracht hatte, dieser Ort an dem ihr jetziger Herr, Tashomarus Sohn, Sesshomaru sich gerade aufhielt, um seine Mutter Kimi-sama über eine noch bessere Erweiterung seines Meido Zangetsuha auszufragen. Noch immer war der neue Herr der westlichen Länder der Meinung seinen Vater noch immer nicht an Stärke und Macht übertroffen zu haben. Noch immer trieb der Wunsch seinen Vater zu übertreffen Sesshomaru dazu durch die Lande zu streifen, obwohl er auch noch ein eigenes Reich zu führen hatte. Allein die Tatsache, dass er ein Menschenmädchen bei sich behielt, welche im ganz offensichtlich weitaus mehr bedeutete, als er es jemals zuzugeben bereit sein würde machte ihn ein wenig mehr wie seinen Vater, auch wenn er nur allzu viele negative Wesenszüge von seiner eiskalten Mutter übernommen hatte. Seufzend wandte Sayumi sich wieder an die kleine Rin und lächelte sanft, wie auch Tashomaru hatte sie ihren Lebtag niemals Groll gegen die Menschen empfunden, viel mehr waren sie immer ein Mysterium für sie gewesen. Wie konnte man so glücklich sein, wenn man sich seiner eigenen Schwäche und vor allem seiner eigenen Sterblichkeit doch so bewusst war? Wie konnte man sich nur so sehr auf sein eigenes Herz verlassen, wenn es doch oft genug bewies, wie sehr es seinen Besitzer auf die falschen Bahnen lenken konnte? Natürlich wusste die Inuyokai was Liebe war, zwar hatte sie niemals jemanden so sehr geliebt, wie ihr Herr die Menschenfrau mit der er einen Hanyou zeugte, um schließlich zum Schutz der beiden zu sterben und doch war sie sich durchaus darüber im Klaren, wie es sich anfühlte zu lieben. Gedankenverloren ließ sie ihre drei Begleiter in der Nähe des Waldrandes ihr Lager aufschlage und zog sich auf einen nahegelegenen Baum zurück, um die Umgebung im Auge zu behalten. Würde dem Menschenkind etwas zustoßen – und kami-sama wusste wie schnell einem so fragilen Lebewesen, wie einem Menschen etwas zustieß – würde Sesshomaru-sama sie, ohne auch nur ein einziges Mal über Gnade nachzudenken, umbringen. Kopfschüttelnd wandte sie ihren Blick von Rin ab, welche noch immer quietschvergnügt im Bach herum plantschte und dabei versuchte ein paar Fische für ihr Abendbrot zu fangen. Nein, sie würde diese Menschen ganz eindeutig nie verstehen, auch wenn ihr die Menschenfrau, welche ihr Herr als seine Gefährtin gewählt hatte ans Herz gewachsen war. Die Liebe zwischen den beiden war förmlich mit den Krallen zu greifen gewesen, auch wenn sie aus zwei vollkommen unterschiedlichen Welten stammten. Ihre Liebe war rein und ohne jegliche Vorurteile gewesen, auch wenn ihre Umwelt alles andere als positiv auf eben diese Verbindung reagiert hatte. Während Tashomarus Verbindung mit Kimi nichts anderes als eine politische – eine Vernunftsehe gewesen war, so war die Liebe zwischen ihm und Izayoi mehr als nur real. Seufzend lehnte sie den Kopf gegen den Stamm des hohen Baumes, auf welchem sie saß. Hätte der Krieg gegen die Katzen nicht so lange angedauert, hätte Tashomaru sich nicht auf ein Duell mit ihrem Anführer eingelassen, hätte Izayoi ihren Sohn nicht ausgerechnet in dieser Nacht zur Welt gebracht. Hätte – wäre – sollte – könnte. Ja er könnte noch am Leben sein, wäre er nicht losgeeilt, um seine Geliebte und seinen zweitgeborenen Sohn zu schützen. Ja er sollte noch am Leben sein, weil er es nicht verdient hatte zu sterben und auch weil sein Erstgeborener seine Führung und seinen Einfluss noch eine Weile gebraucht hätte. Es hätte alles anders kommen können. Aber es kam genau so, wie es am Ende wahrscheinlich kommen musste. Der große Ino no Taisho fiel, um seine menschliche Geliebte zu retten, um seinen Sohn zu retten. Ihr Beschützer, ihre Vaterfigur und ihr engster Freund hatten die junge Yokai verlassen und der Schmerz in ihrem Herzen war unermesslich. Er hatte ihr die Sicherheit und die Geborgenheit gegeben, die sie in jener Nacht verloren hatte, als die Nekoyokai sich ihren Körper nahmen und beinahe ihren Willen brachen. Er war ihr Fels in der Brandung gewesen und auch wenn es sein Recht gewesen wäre bestimmte Dienste von ihr zu fordern, so hatte er es doch nie getan. Ihr Rang als seine Konkubine war nichts anderes gewesen, als eine Formalität, denn ob Yokai oder Mensch, bestimmte Gesetze und Normen galten für alle Rassen. Eine Frau musste rein in die Ehe gehen und wenn sie dies nicht mehr gewährleisten konnte, so war sie unrein, beschmutzt und wertlos. Niemand heiratete eine solche Frau also blieben ihr nur zwei Möglichkeiten: in ein Freudenhaus zu gehen, oder das Glück zu haben von einem reichen Gönner als Konkubine angenommen zu werden. Nachdem sie genesen war hatten die anderen Yokai zu reden begonnen, auch ihr großer Fürst konnte es sich nicht leisten die Normen der Gesellschaft so sehr zu strapazieren. Auch er musste sich dem Druck seiner Untertanen beugen, also tat er das einzige, dass ihm einigermaßen entgegen kam: er nahm das zu diesem Zeitpunkt noch keine 800 Jahre alte Mädchen als seine Konkubine – ließ allerdings in aller Öffentlichkeit verlauten, dass er erst bei ihr liegen würde, wenn sie ein standesgemäßes Alter erreicht haben würde, also erst frühestens in 1300 Jahren. Allerdings wurde ihm diese Entscheidung, von der einige seiner Berater dachten sie wäre fatal, sogar als löblich angerechnet und das väterliche Verhältnis des Lords zu seinem Schützling blieb all die Jahre unangetastet. Als er starb hatte sie gerade ihren 2400. Geburtstag gefeiert – definitiv alt genug, um ihrem Herrn so zu dienen, wie es sich für eine Dame ihres Standes gehören würde – und dennoch hatte er niemals Hand an sie gelegt. Sie bedeutete ihm zu viel, als dass er sie auf irgendeine Art verletzt hätte und er wusste darum, wie tief der Schmerz über die Geschehnisse in ihrer Kindheit, in ihrer Seele saß. Heute – fast 600 Jahre nach seinem Tod wünschte sie sich manchmal, dass er damals bei ihr gelegen hätte. Wenn er sein Recht sie zu besitzen auch nur ein einziges Mal eingefordert hätte, wäre ihr so mancher Verlauf der Ereignisse erspart geblieben. Keine zwei Wochen nach seinem Tod war der Krieg mit den Nekoyokai endgültig beendet worden. Sesshomaru hatte den Platz seines Vaters als Herr der Hunde eingenommen und mit seinem Titel ging auch aller Besitz seines Vaters an ihn über. Unglücksseligerweise konnten die feinen Nasen von Hundedämonen sehr klar ausmachen, dass Sayumi nicht ein einziges Mal von ihrem Herrn berührt worden war, sodass auch in ihrem Falle eine Besitzregelung in Kraft trat. Ohne auf den Einspruch der jungen Yokai, oder ihres eigenen Sohnes zu hören hatte Kimi-sama den Befehl geäußert, Sesshomaru möge sich auch der Konkubine seines Vaters annehmen. Anfangs dachte die braunhaarige wirklich er würde ihr Leid zufügen, oder sie einfach bei der nächstbesten Gelegenheit kaltblütig ermorden, doch nichts dergleichen geschah. Monatelang ließ er sie in ihren privaten Gemächern um ihren eigentlichen Herrn trauern, während er sich um die Belange des Westens kümmerte und als schließlich die Forderungen Kimi-samas immer lauter wurden, er solle sie wirklich zu seinem Besitz machen und sie nicht einfach nur ein angenehmes Leben führen lassen, wie Tashomaru es getan hatte, so hatte er sie abgewiesen. Er wusste um ihre Vorgeschichte, so viel stand fest und ob er sich nun wirklich darum scherte, oder einfach nur nicht mit der Konkubine seines Vaters liegen wollte, war Sayumi eigentlich herzlich egal, solange alles nur so blieb wie es war. Nach einigen Monaten jedoch war er mitten in der Nacht in ihren Gemächern aufgetaucht und hatte sie zu Tode erschrocken, doch wieder hatte er sie nur vollkommen überrascht und an ihrem Bild des kaltherzigen Sohnes ihres Herrn zweifeln lassen. Natürlich hatte sie all das Gerede gehört, sie wusste, wie sehr er unter Druck geraten war. Druck seine Konkubine zu seinem rechtmäßigen Eigentum zu machen, Druck eine Gefährtin zu wählen und einen Nachkommen zu zeugen und vor allem der Druck ein noch besserer Herrscher, als sein Vater zu werden. Allerdings hätte sie niemals damit gerechnet, dass er sich dazu entschließen würde sie mit sich zu nehmen, als er loszog, um seine Stärke und seine Kampfkunst weiter zu trainieren. Wahrscheinlich hätte er es auch vorgezogen allein zu gehen, da er nie wirklich jemand gewesen war, der die Gesellschaft anderer schätzte und doch hatte er sie mit sich genommen, um sie nicht der Schande auszusetzen von ihrem Herrn verstoßen worden zu sein, um sie nicht dem – definitiv tödlichen – Urteil seiner Mutter zu unterwerfen, sollte er sie schutzlos zurücklassen. Erneut leise seufzend blickte sie hinauf in den Nachthimmel, eigentlich war Vollmond, wie auch damals als Tashomaru sie vor den Nekoyokai gerettet hatte, oder wie in jener Nacht als er starb, jedoch heute war der Mond hinter Wolken verborgen, lediglich ein Stück von seiner eigentlichen Pracht war am Himmel zu erkennen. Leicht überzog sie eine Gänsehaut, als sie erkannte, dass die sichtbare Mondsichel genau wie die von Sesshomaru-sama nach links hin geöffnet war. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)