Das Rudel des Westens von GwathNaAranThranduil (- Erzählungen von Geistern und anderen Dämonen) ================================================================================ Kapitel 1: 1. Vollmond voller Erinnerung ---------------------------------------- Knurrend stürzte sie sich auf den niederen Dämon welcher es gewagt hatte sich ihr in den Weg zu stellen und beobachtete diabolisch grinsend, wie er ungläubig drein blickend in sich zusammen fiel. „Niemand legt sich mit meiner Familie an.“ Knurrte sie leise und setzte anschließend beinahe schon unbeteiligt ihren Weg fort, während das leise Rascheln und das Trappeln von Kinderfüßen ihr verrieten, dass Rin sich aus ihrer Schockstarre gelöst hatte und nun wieder hinter ihr her rannte. „Sayumi-sama, wie lange wird Sesshomaru-sama weg sein?“ Erklang die Stimme des kleinen Mädchens zu ihrer Rechten und die Inuyokai schloss kurz die Augen, so oft wie Rin diese Frage in den letzten zwei Wochen gestellt hatte sollte man meinen sie würde die Antwort auswendig kennen und doch hing sie gespannt an den Lippen der braunhaarigen Yokai. „Ich habe es dir schon so oft gesagt, ich weiß es nicht. Wenn er all die Dinge mit seiner Mutter geklärt hat wird er uns finden, verlass dich darauf und nun komm.“ Leise seufzend senkte das Menschenmädchen den Kopf und trabte ergeben hinter ihrer Beschützerin her, welche mit ihren Gedanken mal wieder einige Jahrhunderte in die Vergangenheit schweifte, während ihre dämonischen Sinne die Umgebung nach möglichen Gefahren und gleichzeitig einem geeigneten Lagerplatz für die bald hereinbrechende Nacht absuchten. Das Gemecker des Krötendämons hinter sich nahm sie schon lange nicht mehr wahr, genauso wenig, wie den Gesang des Menschenkindes, oder das Stampfen von Ah-Uhn. Die Schreie der überrannten Wachposten am Dorfrand ließen sie aufhorchen und schon wenige Sekunden später konnte sie hören, wie die mordenden Nekoyokai ihren Blutrausch im Dorf auslebten. Verzweifelt klammerte sich das Mädchen an ihre Mutter, welche gequält die Augen schoss und die Krallen ihres Welpen aus ihrem Kimono löste. „Lauf Sayumi. Dein Bruder und ich werden sie aufhalten und dann kommen wir nach. Lauf jetzt und dreh dich nicht um, egal was du auch hören wirst.“ Gehorsam und dennoch vor Angst zitternd löste sie sich langsam von ihrer Mutter und blickte ehrfurchtsvoll zu ihrem kampfbereiten Bruder empor, welcher jetzt im Licht des Vollmondes noch mehr aussah, wie ihr Vater. Sanft strich er der jungen Yokai über den Kopf und zog anschließend sein Schwert, als er sich der kommenden Nekoyokai Horde in den Weg stellte. „Lauf!“ Knurrte er zwischen zusammengebissenen Zähnen und die Yokai mit den gezackten roten Streifen auf den Wangen machte auf dem Absatz kehrt und rannte in den Wald. Desto weiter sie sich vom Dorf entfernte desto leiser wurde der Lärm, den die Katzendämonen verursachten und dennoch drang ein Geräusch mehr als nur deutlich an die Ohren des Welpen: der Schrei ihrer Mutter ließ sie innehalten, kurz war sie versucht umzudrehen, ihrer Mutter und ihrem Bruder beizustehen, doch dann erinnerte sie sich an die Worte ihrer Mutter und auch wenn sie noch so jung war, so wusste sie, dass umzudrehen auch ihren Tod bedeutet hätte. Tief in ihrem Inneren wusste sie, dass weder ihre Mutter noch ihr Bruder je kommen würden, dass sie sich genauso für sie geopfert hatten, wie ihr Vater im Krieg gegen die Katzendämonen an der Seite des großen Inu no Taisho gefallen war. Der Abend an dem sie die Nachricht vom Tod ihres Vaters erreicht hatte war grausam gewesen, der Krieg war doch beinahe gewonnen, die Nekoyokai zurückgedrängt und doch war ihr Vater gefallen. Der Soldat welcher ihnen die Nachricht überbracht hatte sagte ihnen, dass sie stolz darauf sein sollten, dass er starb, um das Leben seines Fürsten zu schützen, aber weder für ihre Mutter noch für die beiden Kinder waren diese Worte auch nur der Ansatz eines Trostes gewesen. Wie sollten diese Worte sie auch trösten? Ihr Vater war Tod, gefallen um einen Mann zu schützen, der ihn erst in diesen Krieg geführt hatte, um einen Mann zu schützen, den ihr Vater zwar vergöttert hatte, den aber dennoch nie einer aus seiner Familie zu sehen bekommen hatte. Wie oft hatte Sayumi nachts wach gelegen, um ihren toten Vater geklagt und versucht sich vorzustellen, wie dieser Mann sein müsste, damit ihr Vater bereitwillig sein Leben für ihn gab und doch hatte sie niemals eine Antwort auf diese Frage gefunden. Niemals hatte sie sich ein Bild von diesem großen Fürsten machen können, welcher sich angeblich so sehr um das Wohlergehen seiner Untertanen sorgte, auch wenn das für das junge Mädchen keinen Sinn ergab. Wenn er sich so sehr sorgte, wieso waren sie dann in diesen Krieg gezogen? Hätte er nicht verhindern müssen, dass ihr Vater starb und dann auch noch, um ihn zu schützen? Schreiend kam sie zum Stehen, als wie aus dem Nichts drei der Katzendämonen vor ihr auftauchten. „Na was haben wir denn hier? Ein hübscher kleiner Welpe, der doch wirklich der Meinung war uns entkommen zu können.“ Ein bösartiges Grinsen breitete sich auf dem Gesicht des Anführers aus, während Sayumi begriff, dass sie von acht Katzen eingekreist worden war. Gerade als sie dazu ansetzte um Hilfe zu schreien schlug ihr einer der Dämonen die Krallen ins Gesicht und schleuderte sie rückwärts auf den harten Waldboden. „Niemand wird kommen kleiner Welpe, sie sind alle Tod.“ Fauchte ihr Anführer erneut und wandte sich anzüglich Grinsend an sein Gefolge. „Für einen Köter ist sie hübsch und vor allem so unschuldig. Ein kleiner Zeitvertreib bevor wir nach Hause zurückkehren wird nicht schaden.“ Auch wenn Sayumi noch nicht einmal im Ansatz verstand, was der Dämon damit meinte kroch eine eiskalte Gänsehaut über ihren Körper, als er sich auf sie stürzte und ihre Handgelenke mit eisernem Griff über ihrem Kopf verschränkt auf den Boden presste. Egal was er vorhatte, es würde eine Qual werden. ~ Zwar war sie mit ihren gerade mal 750 Jahren viel zu unerfahren, um zu verstehen, was genau diese Katzen mit ihr taten, aber über eine Sache war sie sich im Klaren: es tat weh, unendlich weh. Nicht nur ihr Körper schmerzte, als würde er in Flammen stehen, auch ihre Seele schien mit jedem neuen Gewaltakt mehr und mehr zu zerbrechen. Als der siebente Kater sich auf sie stürzte schloss sie die Augen und machte sich nicht länger die Mühe ihre Tränen zu verbergen, nachdem diese Bestien mit ihr fertig waren würde sie so oder so sterben, also war ihr Ende nun nicht mehr weit entfernt. Allerdings blieb der erwartete Schmerz dieses Mal aus, stattdessen schrie der Kater über ihr gepeinigt auf und kurz darauf war sein Gewicht von ihr gewichen. Nur langsam wagte sie es die Augen zu öffnen, jeder einzelne Kater war niedergemetzelt worden und direkt neben ihr stand ein hochgewachsener Inuyokai, dessen Augenfarbe nun langsam von Rot zurück zu flüssigem Gold wechselte. Seine langen silbernen Haare hatten sich zum größten Teil aus seinem ehemaligen, hochgebundenem Zopf gelöst und tanzten wild um seine Schultern, welche von schweren Rüstungsteilen geschützt waren, während sein zweischweifiges Mokomoko leicht im Wind flatterte. Die Dämonenmale auf seinen Wangen waren ebenso gezackt wie ihre, nur waren seine Blau, während ebenfalls blaue Streifen auf seinen Handgelenken begannen und sich mit großer Sicherheit über seinen ganzen Körper zogen – ein definitives Zeichen dafür, dass der Yokai vor ihr ein überaus mächtiger Daiyokai sein musste. Während nieder Dämonen rein gar keine Zeichnung trugen – was auch damit zusammen hing, dass sie noch nicht einmal in der Lage waren eine menschliche Form anzunehmen – trugen Yokai verschieden geartete Dämonenmale in ihren Gesichtern, nur die mächtigsten unter ihnen, die Daiyokai trugen diese Zeichnungen auch auf dem Rest ihres Körpers. Ängstlich blickte sie vorsichtig zu dem einschüchternden Dämon hinauf, während dieser noch immer die Umgebung nach möglichen Gefahren absuchte, dann blickte er langsam zu dem jungen Mädchen hinab. Als ihre Augen sich trafen zuckte Sayumi intuitiv zurück, zwar zeigte das Gold seiner Iriden nichts weiter als grenzenlose Güte und Mitleid und doch waren seine Augen von Jahrtausenden des Erlebens und Lebens geprägt. Der Dämon vor ihr musste unglaublich alt sein und seine Kräfte dementsprechend stark ausgeprägt, wahrscheinlich würde er noch nicht einmal seinen ganzen kleinen Finger benötigen, um ihr zierliches Leben mit einem Schlag auszulöschen. Sanft lächelnd ließ er sich neben ihr auf die Knie sinken und bedeckte ihre Blöße mit seinem Mokomoko während er ihr beruhigend über den Kopf strich. „Keine Angst kleiner Welpe. Ich lasse nicht zu, dass dir noch einmal jemand zu nahe kommt. Wie ist dein Name?“ Verwundert blickte sie ihn an und kuschelte sich unbewusst in die Wärme des ihr übergelegten Schulterfells, auf unerklärliche Art und Weise glaubte sie den Worten des Fremden und begann ihm zu vertrauen. „Ich – ich danke Euch, mein Herr. Mein Name ist Sayumi.“ Antwortete sie schüchtern und brachte den Daiyokai nur dazu noch ein wenig breiter zu Lächeln. „Kannst du aufstehen Sayumi? Ich werde dich mit auf mein Schloss nehmen, dort wirst du dich erholen können und vor allem wirst du dort sicher sein. Mein Name ist Tashomaru.“ Einladend hielt er ihr die Hand hin, welche die junge Yokai nach kurzem Zögern auch ergriff, allerdings gaben ihre Beine kaum das sie stand auch schon unter ihr nach und sie hätte mit großer Wahrscheinlichkeit unsanfte Bekanntschaft mit dem Boden gemacht, hätte der Yokai keine so ausgeprägten Reflexe gehabt. Ohne ein weiteres Wort zu sagen fing er sie ab, hob sie sanft auf den Arm und trug sie anschießend davon, wobei er sehr genau zu wissen schien wohin er sie zu tragen gedachte. „Schlaf ein wenig Sayumi, das wird helfen deine Wunden heilen zu lassen, wenn auch nur deine Körperlichen.“ Leicht nickend legte sie den Kopf gegen seine Brust und schloss die Augen, egal was er mit ihr vorhatte, es könnte nicht schlimmer werden, als ihre Begegnung mit den Katzendämonen. Nur seine Aussage darüber, dass er sie in sein Schloss bringen würde, verunsicherte sie – wer war er? Kapitel 2: 2. Wolken vor dem Mond --------------------------------- „Sayumi-sama, können wir bald Rast machen? Meine Beine sind schon ganz schwer.“ Klang die Stimme des Menschenkindes durch den Nebel ihrer trüben Gedanken und sie vertrieb diese mit einem kurzen Blinzeln vollständig. Die Sonne begann nun bereits hinter den Bäumen zu verschwinden und die Dämonin wandte sich automatisch nach Westen, irgendwo dort am Ende dieses Waldes Lag der Palast des Westens, der Ort an den Tashomaru – der Inu no Taisho höchst persönlich – sie vor so vielen Jahrhunderten gebracht hatte, dieser Ort an dem ihr jetziger Herr, Tashomarus Sohn, Sesshomaru sich gerade aufhielt, um seine Mutter Kimi-sama über eine noch bessere Erweiterung seines Meido Zangetsuha auszufragen. Noch immer war der neue Herr der westlichen Länder der Meinung seinen Vater noch immer nicht an Stärke und Macht übertroffen zu haben. Noch immer trieb der Wunsch seinen Vater zu übertreffen Sesshomaru dazu durch die Lande zu streifen, obwohl er auch noch ein eigenes Reich zu führen hatte. Allein die Tatsache, dass er ein Menschenmädchen bei sich behielt, welche im ganz offensichtlich weitaus mehr bedeutete, als er es jemals zuzugeben bereit sein würde machte ihn ein wenig mehr wie seinen Vater, auch wenn er nur allzu viele negative Wesenszüge von seiner eiskalten Mutter übernommen hatte. Seufzend wandte Sayumi sich wieder an die kleine Rin und lächelte sanft, wie auch Tashomaru hatte sie ihren Lebtag niemals Groll gegen die Menschen empfunden, viel mehr waren sie immer ein Mysterium für sie gewesen. Wie konnte man so glücklich sein, wenn man sich seiner eigenen Schwäche und vor allem seiner eigenen Sterblichkeit doch so bewusst war? Wie konnte man sich nur so sehr auf sein eigenes Herz verlassen, wenn es doch oft genug bewies, wie sehr es seinen Besitzer auf die falschen Bahnen lenken konnte? Natürlich wusste die Inuyokai was Liebe war, zwar hatte sie niemals jemanden so sehr geliebt, wie ihr Herr die Menschenfrau mit der er einen Hanyou zeugte, um schließlich zum Schutz der beiden zu sterben und doch war sie sich durchaus darüber im Klaren, wie es sich anfühlte zu lieben. Gedankenverloren ließ sie ihre drei Begleiter in der Nähe des Waldrandes ihr Lager aufschlage und zog sich auf einen nahegelegenen Baum zurück, um die Umgebung im Auge zu behalten. Würde dem Menschenkind etwas zustoßen – und kami-sama wusste wie schnell einem so fragilen Lebewesen, wie einem Menschen etwas zustieß – würde Sesshomaru-sama sie, ohne auch nur ein einziges Mal über Gnade nachzudenken, umbringen. Kopfschüttelnd wandte sie ihren Blick von Rin ab, welche noch immer quietschvergnügt im Bach herum plantschte und dabei versuchte ein paar Fische für ihr Abendbrot zu fangen. Nein, sie würde diese Menschen ganz eindeutig nie verstehen, auch wenn ihr die Menschenfrau, welche ihr Herr als seine Gefährtin gewählt hatte ans Herz gewachsen war. Die Liebe zwischen den beiden war förmlich mit den Krallen zu greifen gewesen, auch wenn sie aus zwei vollkommen unterschiedlichen Welten stammten. Ihre Liebe war rein und ohne jegliche Vorurteile gewesen, auch wenn ihre Umwelt alles andere als positiv auf eben diese Verbindung reagiert hatte. Während Tashomarus Verbindung mit Kimi nichts anderes als eine politische – eine Vernunftsehe gewesen war, so war die Liebe zwischen ihm und Izayoi mehr als nur real. Seufzend lehnte sie den Kopf gegen den Stamm des hohen Baumes, auf welchem sie saß. Hätte der Krieg gegen die Katzen nicht so lange angedauert, hätte Tashomaru sich nicht auf ein Duell mit ihrem Anführer eingelassen, hätte Izayoi ihren Sohn nicht ausgerechnet in dieser Nacht zur Welt gebracht. Hätte – wäre – sollte – könnte. Ja er könnte noch am Leben sein, wäre er nicht losgeeilt, um seine Geliebte und seinen zweitgeborenen Sohn zu schützen. Ja er sollte noch am Leben sein, weil er es nicht verdient hatte zu sterben und auch weil sein Erstgeborener seine Führung und seinen Einfluss noch eine Weile gebraucht hätte. Es hätte alles anders kommen können. Aber es kam genau so, wie es am Ende wahrscheinlich kommen musste. Der große Ino no Taisho fiel, um seine menschliche Geliebte zu retten, um seinen Sohn zu retten. Ihr Beschützer, ihre Vaterfigur und ihr engster Freund hatten die junge Yokai verlassen und der Schmerz in ihrem Herzen war unermesslich. Er hatte ihr die Sicherheit und die Geborgenheit gegeben, die sie in jener Nacht verloren hatte, als die Nekoyokai sich ihren Körper nahmen und beinahe ihren Willen brachen. Er war ihr Fels in der Brandung gewesen und auch wenn es sein Recht gewesen wäre bestimmte Dienste von ihr zu fordern, so hatte er es doch nie getan. Ihr Rang als seine Konkubine war nichts anderes gewesen, als eine Formalität, denn ob Yokai oder Mensch, bestimmte Gesetze und Normen galten für alle Rassen. Eine Frau musste rein in die Ehe gehen und wenn sie dies nicht mehr gewährleisten konnte, so war sie unrein, beschmutzt und wertlos. Niemand heiratete eine solche Frau also blieben ihr nur zwei Möglichkeiten: in ein Freudenhaus zu gehen, oder das Glück zu haben von einem reichen Gönner als Konkubine angenommen zu werden. Nachdem sie genesen war hatten die anderen Yokai zu reden begonnen, auch ihr großer Fürst konnte es sich nicht leisten die Normen der Gesellschaft so sehr zu strapazieren. Auch er musste sich dem Druck seiner Untertanen beugen, also tat er das einzige, dass ihm einigermaßen entgegen kam: er nahm das zu diesem Zeitpunkt noch keine 800 Jahre alte Mädchen als seine Konkubine – ließ allerdings in aller Öffentlichkeit verlauten, dass er erst bei ihr liegen würde, wenn sie ein standesgemäßes Alter erreicht haben würde, also erst frühestens in 1300 Jahren. Allerdings wurde ihm diese Entscheidung, von der einige seiner Berater dachten sie wäre fatal, sogar als löblich angerechnet und das väterliche Verhältnis des Lords zu seinem Schützling blieb all die Jahre unangetastet. Als er starb hatte sie gerade ihren 2400. Geburtstag gefeiert – definitiv alt genug, um ihrem Herrn so zu dienen, wie es sich für eine Dame ihres Standes gehören würde – und dennoch hatte er niemals Hand an sie gelegt. Sie bedeutete ihm zu viel, als dass er sie auf irgendeine Art verletzt hätte und er wusste darum, wie tief der Schmerz über die Geschehnisse in ihrer Kindheit, in ihrer Seele saß. Heute – fast 600 Jahre nach seinem Tod wünschte sie sich manchmal, dass er damals bei ihr gelegen hätte. Wenn er sein Recht sie zu besitzen auch nur ein einziges Mal eingefordert hätte, wäre ihr so mancher Verlauf der Ereignisse erspart geblieben. Keine zwei Wochen nach seinem Tod war der Krieg mit den Nekoyokai endgültig beendet worden. Sesshomaru hatte den Platz seines Vaters als Herr der Hunde eingenommen und mit seinem Titel ging auch aller Besitz seines Vaters an ihn über. Unglücksseligerweise konnten die feinen Nasen von Hundedämonen sehr klar ausmachen, dass Sayumi nicht ein einziges Mal von ihrem Herrn berührt worden war, sodass auch in ihrem Falle eine Besitzregelung in Kraft trat. Ohne auf den Einspruch der jungen Yokai, oder ihres eigenen Sohnes zu hören hatte Kimi-sama den Befehl geäußert, Sesshomaru möge sich auch der Konkubine seines Vaters annehmen. Anfangs dachte die braunhaarige wirklich er würde ihr Leid zufügen, oder sie einfach bei der nächstbesten Gelegenheit kaltblütig ermorden, doch nichts dergleichen geschah. Monatelang ließ er sie in ihren privaten Gemächern um ihren eigentlichen Herrn trauern, während er sich um die Belange des Westens kümmerte und als schließlich die Forderungen Kimi-samas immer lauter wurden, er solle sie wirklich zu seinem Besitz machen und sie nicht einfach nur ein angenehmes Leben führen lassen, wie Tashomaru es getan hatte, so hatte er sie abgewiesen. Er wusste um ihre Vorgeschichte, so viel stand fest und ob er sich nun wirklich darum scherte, oder einfach nur nicht mit der Konkubine seines Vaters liegen wollte, war Sayumi eigentlich herzlich egal, solange alles nur so blieb wie es war. Nach einigen Monaten jedoch war er mitten in der Nacht in ihren Gemächern aufgetaucht und hatte sie zu Tode erschrocken, doch wieder hatte er sie nur vollkommen überrascht und an ihrem Bild des kaltherzigen Sohnes ihres Herrn zweifeln lassen. Natürlich hatte sie all das Gerede gehört, sie wusste, wie sehr er unter Druck geraten war. Druck seine Konkubine zu seinem rechtmäßigen Eigentum zu machen, Druck eine Gefährtin zu wählen und einen Nachkommen zu zeugen und vor allem der Druck ein noch besserer Herrscher, als sein Vater zu werden. Allerdings hätte sie niemals damit gerechnet, dass er sich dazu entschließen würde sie mit sich zu nehmen, als er loszog, um seine Stärke und seine Kampfkunst weiter zu trainieren. Wahrscheinlich hätte er es auch vorgezogen allein zu gehen, da er nie wirklich jemand gewesen war, der die Gesellschaft anderer schätzte und doch hatte er sie mit sich genommen, um sie nicht der Schande auszusetzen von ihrem Herrn verstoßen worden zu sein, um sie nicht dem – definitiv tödlichen – Urteil seiner Mutter zu unterwerfen, sollte er sie schutzlos zurücklassen. Erneut leise seufzend blickte sie hinauf in den Nachthimmel, eigentlich war Vollmond, wie auch damals als Tashomaru sie vor den Nekoyokai gerettet hatte, oder wie in jener Nacht als er starb, jedoch heute war der Mond hinter Wolken verborgen, lediglich ein Stück von seiner eigentlichen Pracht war am Himmel zu erkennen. Leicht überzog sie eine Gänsehaut, als sie erkannte, dass die sichtbare Mondsichel genau wie die von Sesshomaru-sama nach links hin geöffnet war. Kapitel 3: 3. Das Blut des großen Fürsten ----------------------------------------- Nach weniger als einer Stunde war im Lager unter ihr vollkommene Stille eingekehrt, Rin schlief zusammengerollt an einer der Flanken des zweiköpfigen Drachens, während Jaken gegen einen Baum gelehnt leise schnarchte. Ein kurzes Lächeln huschte über das Gesicht der Dämonin, dann wandte sie sich wieder dem Wald zu. Diese drei dort unten – so nervig vor allem Jaken auch manchmal sein konnte – waren, zusammen mit Sesshomaru-sama, ihre Familie – ihr Rudel und wie jeder andere Inuyokai auch würde sie sterben um sie zu schützen. Egal ob sie es wollte oder nicht, es lag in der Natur des Hundes, dass diejenigen mit denen er immer zusammen war einen Platz in seinem Herzen bekamen und er für sie sterben würde. Auch wenn Sesshomaru die ersten vierhundert Jahre ihre gemeinsamen Reise der unnahbare Anführer gewesen war, der nicht nur einmal deutlich gezeigt hatte, wie wenig er sie mochte, so war er ihr Anführer, ihr Rudelführer und ihr Herr. Nicht nur einmal wäre sie den Giftklauen des mächtigen Daiyokai beinahe zum Opfer gefallen, nur weil sie eine unpassende Bemerkung gemacht hatte und doch hatte sie ihr Leben am Ende doch immer behalten. Schon damals als sie und der 800 Jahre ältere Dämon noch Kinder gewesen waren – auch wenn er schon beinahe erwachsen war – hatte er sie mehrere Male beinahe getötet. Allerdings war sie damals noch der Meinung gewesen, dass er sie wirklich hassen musste und einzig und allein die Tatsache, dass sein Vater seine schützenden Krallen über sie hielt, sie vor dem Tode bewahrte, heute jedoch war sie sich dessen nicht mehr so sicher. Sesshomaru hatte so viele Gelegenheiten sie zu töten, genauso wie er jedes Recht dazu gehabt hätte und dennoch hatte er es nie getan. Immer wieder war er in den ersten vierhundert Jahren ihrer Reise kurz davor gewesen, einige Male hatte sie ihn – nicht zuletzt dadurch, dass sie ihn niemals vollkommen als ihren Herrn akzeptieren konnte – so weit gereizt, dass sein Biest die Kontrolle übernommen hatte und doch hatte er sich jedes Mal rechtzeitig unter Kontrolle bekommen. Zwar war sie die paar Male in denen sein Biest sie angegriffen hatte schwer verwundet worden, jedoch war es ein Fakt, dass sie noch immer sehr lebendig auf diesem Baum saß und über ihr Rudel wachte. Nein, sie würde nicht nur die Menschen niemals verstehen, auch Sesshomaru-sama gab ihr unlösbare Rätsel auf. Gerade die Tatsache, dass er in den vergangenen zweihundert Jahren reifer geworden war machte ihr manchmal Angst. Er hatte begonnen sich trotz der Tatsache, dass er noch immer rastlos auf Reisen war um die Belange der westlichen Ländereien zu kümmern und er hatte begonnen sie als so etwas wie ein Rudelmitglied zu behandeln. Natürlich bewahrte sie das nicht davor noch immer von Zeit zu Zeit Bekanntschaft mit seinen Klauen zu machen, jedoch hatte die Rate dieser Übergriffe stark abgenommen. Der Herr der Inuyokai schien mehr und mehr an seiner Rolle als Fürst zu wachsen, mehr und mehr zu begreifen, was seine Aufgabe war und außerdem schien er durch das Menschenmädchen, welches er von den Toten zurückgeholt hatte, zumindest ein wenig mehr über seine Gefühle zu lernen – welche er dank seiner eiskalten Mutter doch immer perfekt zu verbergen gewusst hatte. Ja in letzter Zeit schien es manchmal so, als würde er sich wirklich Gedanken um jene machen, die ihm folgten wohin auch immer er ging. Rin stand über allen, Ah-Uhn war ein treuer Weggefährte, dem er den Schutz und den Transport des kleinen Mädchens anvertraute, Jaken war höchst wahrscheinlich genauso nützlich, wie nervig und sie? Ja sie war irgendetwas zwischen einem notwenigen Übel und beinahe schon einer Beraterin. Lange genug hatte sie an der Seite des großen Fürsten gelebt, um die Politik des Westens zum Teil besser zu verstehen, als sein eigener Sohn, der immer mehr darauf versessen gewesen war der stärkste und mächtigste aller Yokai zu werden. Nein, sie würde niemals schlau aus ihm werden, auch wenn sie sich eingestehen musste, dass es sie nicht sonderlich störte – nicht mehr störte zumindest. In letzter Zeit war Sesshomaru erstaunlich gesprächig mit ihr gewesen, hatte ihre Meinung zu politischen Fragen hören wollen, hatte ihr den Schutz des Menschenkindes anvertraut und ihr nicht wie sonst immer zugemutet ihn zu seiner Mutter zu begleiten. Er war beinahe schon sanft und besorgt gewesen, als sie sich vor einigen Wochen bei einem Kampf gegen einen Yokai verletzt hatte, auch wenn er diesen Wesenszug zum größten Teil hatte verbergen können, kannte sie ihn zu lange, als das er ihr vollkommen entgangen wäre. Und doch verstand sie nicht wieso er sich auf einmal so verhielt. Als der Wind plötzlich drehte bekam sie einen Geruch in die Nase, welcher sie dazu brachte beinahe vom Baum zu fallen. Noch einmal witterte sie und begann tief zu knurren. Sie wusste wer da draußen war, obwohl sie immer gedacht hätte diese beiden niemals wieder zu sehen. Wie war es überhaupt möglich, dass sie noch am Leben war? Sie war ein Mensch sie hätte vor hunderten von Jahren sterben sollen, aber dieser Geruch kam eindeutig von ihr, von Izayoi. Der zweite Duft war zur Hälfte der der Sterblichen und zur anderen Hälfte der schmerzhaft vertraute Geruch ihres Herrn. Einen langen Moment saß sie mit geschlossenen Augen da und witterte, zog die Essenz seines Duftes ein, wie sie es auch oft bei Sesshomaru tat, wenn er sie gerade nicht sehen konnte, dann weiteten sich ihre Augen plötzlich, da war noch ein anderer Geruch. Die Witterung des niederen Yokai bewegte sich rasend schnell auf den Ort zu, an dem Izayoi und der Welpe waren und noch bevor Sayumi reagieren konnte hallte der Schrei der Frau durch die Nacht. Mit einem letzten Blick auf ihr schlafendes Rudel sprang sie vom Baum und raste so schnell sie nur konnte in diese Richtung. Sie musste sie einfach rechtzeitig erreichen, sie hatte es ihrem Herren damals versprochen. Hatte ihm versprochen seine Familie zu beschützen und hätte Kimi-sama sie nicht gezwungen Sesshomaru zu dienen hätte sie dieses Versprechen auch halten können, so jedoch blieb ihr nur dieser eine Versuch und die beängstigende Chance dabei zu versagen. Noch einmal beschleunigte sie nun ihr Tempo und erreichte in wenigen Sekunden die Lichtung, auf welcher sich ein riesiger Dämon aufgerichtet hatte und die Klaue zum tödlichen Schlag erhob. Vor ihm kauerte eine verletzte Izayoi, welche sich schützend über ihren Welpen geworfen hatte, auch wenn sie wusste, dass sie ihn damit nicht schützen würde, wenn der Schlag des Dämons sie traf. Gerade als die Klaue des Monsters hinabrauschte nahm sie einen starken Luftzug wahr, dann hörte sie den Dämon schmerzverzerrt aufjaulen. Sayumi hatte ihm mit einem gezielten Hieb die Klaue abgeschlagen und landete nun kurz, um die Menschenfrau und ihr Junges hochzuheben und am Waldrand in Sicherheit zu bringen. In der Ferne konnte sie den Geruch des Fürsten ausmachen und innerlich bereitete sie sich bereits darauf vor den morgigen Tag nicht mehr zu erleben. Sie hatte ihr Rudel allein in der Nacht zurückgelassen um die Frau und das Kind zu retten, denen Sesshomaru die Schuld am Tod seines Vaters gab. Er würde sie definitiv umbringen. Seufzend wandte sie sich wieder an den Dämon und brachte ihn ohne größere Anstrengung zu Fall, schließlich fehlte ihrer eigenen dämonischen Kraft nicht allzu viel, um zur Daiyokai aufzusteigen. Bevor sie sich allerdings von dem zerstückelten Dämon abwenden konnte packte sie eine klauenbesetzte Hand und presste sie gegen den nächsten Baumstamm. Kalt und dennoch ausgesprochen zornig funkelte Sesshomaru sie an, während sich seine Krallen in ihren Hals bohrten und der geringe Anteil an Gift, welcher sich auch dann in ihnen befand, wenn er sein Youki nicht heraufbeschwor, ließ sie schmerzerfüllt jaulen. „Hatte ich mich nicht klar und deutlich ausgedrückt? Es war deine Aufgabe sie zu beschützen, während ich weg bin und was tust du? Lässt sie allein, um die Hure meines Vaters und ihr wertloses Halbblut zu retten?“ Zwar hatte seine Stimme kaum etwas von ihrer Emotionslosigkeit verloren und dennoch ließ sie Sayumi erzittern. „Bitte myLord, vergebt mir. Aber ich – ich musste ihnen helfen, ich – ich habe es Eurem Vater damals versprochen. Ich habe ihm geschworen sie zu schützen und auch wenn ich es nie konnte, so war ich doch in der Lage ihnen ein einziges Mal das Leben zu retten. Bitte myLord, er ist doch noch ein Welpe, eines Tages wird er keinen Schutz mehr benötigen, aber wenn er stirbt, dann war der Tod des großen Fürsten vollkommen umsonst.“ Beinahe bildete sie sich ein zu sehen, wie die Augen des Yokai sich bei ihren letzten Worten ein wenig weiteten, doch war es – wenn es überhaupt geschehen war – so schnell wieder vorbei, dass sie sich nicht hätte sicher sein können. „Dieses eine Mal schone ich dein Leben, da du im Wunsche meines Vaters gehandelt hast, sollte etwas derartiges allerdings noch einmal geschehen solltest du dir gewiss sein, dass ich dich töten werde.“ Bei seinen letzten Worten hatte er den Druck auf ihre Kehle noch einmal erhöht, sodass sie nun da er sie losließ röchelnd zu Boden fiel und der festen Überzeugung war, dass der Geruch den der Wind ihr zutrug nicht weiter als eine durch den Sauerstoffmangel hervorgerufene Halluzination war. Allerdings war das, was sie sah als sie aufblickte alles andere als beruhigend. Sesshomaru hatte sich knurrend vor ihr aufgebaut und blickte in die Richtung aus der auch diese Witterung kam. Konnte es sein? Nein es war nicht möglich. Es war Einbildung nichts weiter. Am anderen Ende der Lichtung löste sich nun eine Gestalt aus dem Schatten, welche in dem Moment, indem sein Blick auf Sesshomaru und Sayumi fiel wie vom Donner gerührt stehen blieb. Einen langen Augenblick lang schienen alle drei Yokai auf der Lichtung die Luft anzuhalten, Sesshomarus Muskeln waren zum Zerreißen gespannt, seine Augen schreckgeweitet und Sayumi hatte vor lauter Schock vergessen sich aus ihrer knienden Haltung hinter dem Inuyokai zu lösen. Nein, das war nicht möglich, er musste einfach eine Halluzination sein, er konnte nicht real sein. Die totenstille auf der Lichtung wurde von zwei zeitgleich eintretenden Ereignissen unterbrochen, welche es auch schafften die Yokai aus ihrer Starre zu holen. Zum Ersten bahnte sich Ah-Uhn, geführt von einem zeternden Jaken – der sich mal wieder beschwerte zurückgelassen worden zu sein – mit Rin auf dem Rücken einen Weg durch das Dickicht und zum Zweiten begann in diesem Moment der kleine Hanyou zu strahlen und in die Richtung des neu hinzugekommenen Yokai zu rennen, so schnell ihn seine kurzen Beine tragen konnten. Spätestens der erleichterte und von kindlicher Freude geprägte Ausruf brachte dann den Fluss der Zeit wieder in Gange. „Vater!“ Kapitel 4: 4. Todgesagte leben länger ------------------------------------- Langsam, beinahe wie in Trance, richtete sich Sayumi nun aus ihrer kauernden Haltung auf, jedoch schien ihr Verstand noch so viel damit zu tun zu haben, das Bild zu verarbeiten, welches sich vor ihr abspielte, als das noch genügend Konzentration für die Arbeit ihrer Muskeln übrig gewesen wäre. Sie hatte sich noch nicht vollständig auf ihre eigenen Füße gestellt, als sie auch schon den Halt verlor und stürzte, allerdings schlug sie nicht wie erwartet auf dem Boden auf, sondern fand sich von einer Sekunde auf die nächste in einer beschützenden Umarmung des Mokomoko des Yokai vor ihr wieder. Für den Bruchteil einer Sekunde schockierte sie diese fürsorgliche Aktion beinahe noch mehr, als die Tatsache, dass Tashomaru ganz offensichtlich nicht tot, sondern ziemlich lebendig war, dann schoss ihr der Gedanke durch den Kopf, dass es sie erleichterte, dass Sesshomaru zumindest in der Lage zu sein schien seinem Schulterfell einen gedanklichen Befehl zu geben, schließlich hatte sich der Daiyokai seit der Ankunft seines Vaters noch nicht aus seinem erstarrten Zustand gelöst, geschweige denn herausgefunden, wie man richtig atmete. Allerdings konnte sie diesen Gedanken nicht weiter verfolgen, als das Mokomoko sie auf einmal vom Boden hob nur um sie direkt neben dem silberhaarigen Yokai auf die Füße zu setzen, wo er sie mit einem Arm um ihrer Hüfte daran hinderte erneut zu fallen. Was um alles in der Welt löste der Schock in ihm aus? Wollte er nun seinen Besitz beschützen, oder brauchte auch er in diesem Moment nur einfach jemanden der da war und ihn dadurch spüren ließ, dass die Geschehnisse der letzten Minuten keine Halluzination waren? Inuyasha hatte in der Zwischenzeit seinen Vater erreicht und lachte vergnügt, als Tashomaru ihn sanft lächelnd auf den Arm hob, um ihn anschließend beim Loslaufen an sein Schulterfell zu hängen. Vorsichtig, so als würde er jeden Moment einen Angriff der beiden Yokai erwarten kam er auf sie zu und blieb wenige Schritte von ihnen entfernt stehen und musterte sie abwartend. Vorsichtig, da sie sich noch immer nicht sicher war, wie Sesshomaru reagieren würde löste sie sich von ihm und machte einen Schritt auf den ehemaligen Fürsten zu. Zu ihrem eigenen Erstaunen ließ der Yokai sie augenblicklich los und beobachtete nun um einiges gefasster, wie sie langsam auf ihren eigentlichen Herren zutrat. „Wie – wie ist das möglich?“ Mehr als ein heiseres Flüstern brachte sie nicht zustande, während sie merkte, wie die erste Tränen sich bereits den Weg über ihre Wangen bahnten, so lange hatte sie den Schmerz über seinen Verlust tief in ihrem Inneren begraben, war nach außen hin beinahe schon so kalt geworden, wie Sesshomaru selbst, aber jetzt brachen die Dämme. Im Bruchteil einer Sekunde hatte Tashomaru die Distanz zu ihr überbrückt und zog sie sanft an sich. „Ruhig mein Kind, alles ist in Ordnung. Ruhig. Ich erkläre es euch in aller Ruhe. Kommt, hier draußen sind für meinen Geschmack zu viele niedere Dämonen, um sich ruhig unterhalten zu können.“ Sanft ließ er sie los, nahm Izayoi an die Hand und lief ihnen voraus in die Richtung aus der er gekommen war. Sayumi folgte ihm einige Schritte, um dann stehen zu bleiben und einen Blick nach hinten zu werfen, ob Sesshomaru ihnen ebenfalls folgte. Tatsächlich war der Yokai bereits direkt hinter ihr, während ihre anderen drei Rudelmitglieder in einem gewissen Abstand folgten. Während Jaken vor Schreck in Ohnmacht gefallen war verstand Rin die Welt nicht mehr und Sayumi erschauderte ein wenig, als Sesshomaru sie nur mit einem noch kälteren Blick als sonst schon bedachte und sie damit dazu brachte ihren Weg fortzusetzen. Einige Kilometer von der Lichtung entfernt erreichten sie schließlich ein hübsches kleines, unglaublich gut verstecktes Haus, in welches Tashomaru sie nun bat. Als sie alle – außer Ah-Uhn natürlich – im Inneren der Hütte Platz genommen hatten kuschelte sich Inuyasha auf den Schoß seines Vaters und war bereits im Begriff einzuschlafen, noch bevor dieser wieder zu sprechen begonnen hatte. „Es tut mir Leid. Ich weiß, ich hätte zurück kommen müssen, nachdem meine Verletzungen verheilt waren, aber dieser Kampf zusammen mit dem Kampf gegen die Nekoyokai haben meinen Heilungsprozess weiter in die Länge gezogen, als ich es zuerst annahm. Wäre ich in diesem geschwächten Zustand in den Westen zurückgekehrt wäre ich getötet worden, lange bevor ich euch erreicht hätte, wenn nicht Kimi selbst mich für den Verrat an ihr getötet hätte.“ Kurz ließen alle Anwesenden diese Nachricht sacken, dann nickte Sesshomaru leicht. „Mutter war mehr, als nur außer sich, verehrter Vater. Sie hätte Euch ohne noch einmal zu überlegen in Stücke gerissen.“ Nickend legte der Daiyokai den Kopf in den Nacken und richtete seinen charakteristischen Zopf neu. „Ich war im Westen, vor nicht ganz drei Jahren, deine Mutter weiß also um den Umstand, dass ich am Leben bin, allerdings gehe ich davon aus, dass sie es nicht für nötig befunden hat es dir mitzuteilen.“ Sayumi biss sich auf die Lippen, als ihr eine Frage in den Kopf schoss, allerdings würde sie sich hüten, die Unterhaltung der beiden Daiyokai zu unterbrechen. „Nein, sie verlor nicht ein Wort darüber.“ Antwortete Sesshomaru nicht minder unterkühlt, als sonst auch und wandte sich dann – mit einem beinahe belustigten Funkeln in den Augen – an Sayumi. „Sprich, bevor du dich selbst auffrisst.“ Mit einem bösen Seitenblick auf ihren neuen Herrn wandte sie sich wieder an Tashomaru, was ihr allerdings nicht mehr, als einen kalten Blick von Sesshomaru einbrachte. „Wieso seid ihr jetzt zurückgekommen, Herr?“ Eine Welle der Zuneigung schlug um sie herum, als er sie sanft aus seinen goldenen Iriden ansah und ihr liebevoll durch das lange braune Haar fuhr. „Ich hatte kein Interesse daran die westlichen Ländereien wieder an mich zu nehmen, wenn das deine Angst sein sollte Sesshomaru, nein ich bin nicht mehr der Herr der Hunde und ich finde, dass du deine Aufgabe mehr als nur gut erfüllst. Ich kam zurück um Sayumi zu holen, aber als ich dort ankam war ich nicht in der Lage deine Witterung aufzunehmen. Ich wollte dich nicht bei Kimi im Palast lassen, ich weiß, dass sie dich von Anfang an gehasst hat, aber ich fand nicht wonach ich suchte. Stattdessen traf ich auf Kimi selbst, welche allerdings noch nicht einmal erstaunt darüber zu sein schien, dass ich noch immer am Leben bin, sie schien es schon vorher geahnt zu haben. Sie sagte mir, dass du nicht mehr am Leben seist, dass ich zu spät gekommen wäre, um dich zu retten.“ Mit einem schmerzerfüllten Blick brach Tashomaru ab und strich ihr sanft über ihre gezackten Dämonenmale. „Sie sagte Euch, dass ich nicht mehr am Leben wäre? Aber wieso?“ Neben ihr schien in diesem Moment die Eiszeit auszubrechen, als sich der Blick des Fürsten noch mehr verfinsterte, als sowieso schon. „Nicht nur, dass sie die Nachrichten zurückhält, dass diejenigen die wir für tot halten noch am Leben sind, nein sie verbreitet auch falsche Kunde über jene die noch leben?“ Beschwichtigend hob sein Vater die Hände und wandte sich wieder an Sayumi, als das Youki seines Sohnes ein wenig abschwoll. „Sie wollte offensichtlich verhindern, dass ich Sayumi wieder zu mir hole, da es ihr offensichtlich mehr als nur Freude bereitet haben muss euch beide zu zwingen miteinander zu leben. – Sie sagte mir du hättest Sayumi keine zwei Wochen nach meinem angeblichen Tod umgebracht.“ Fügte er leise in die Richtung seines Sohnes hinzu. „Ich gebe zu sie mehr als nur einmal dem Tode sehr nahe gebracht zu haben und dennoch hätte ich es niemals gewagt sie wirklich in die Unterwelt zu schicken – abgesehen davon, dass mir ihre Anwesenheit im Laufe der Jahre teuer geworden ist.“ Nach diesem Geständnis des sonst so Gefühlskalten Yokai legte sich Stille über die Hütte. Inuyasha und seine Mutter schliefen seelenruhig an Tashomaru gekuschelt, Jaken versuchte noch immer seine Stimme wieder zu finden und Rin betrachtete den fremden Yokai neugierig, während Sayumi versuchte aus den letzten Worten des Fürsten schlau zu werden. Er hatte sie gern in seiner Nähe? Sollte sie doch der Teufel holen, sie würde diesen Dämon einfach niemals verstehen. Gedankenverloren hatte sie begonnen die kleinen Knoten aus den Haaren des ehemaligen Fürsten zu lösen, wie sie es früher so oft getan hatte, während er irgendwelche Korrespondenzen und Bittschreiben beantwortet hatte, welche sich Meterhoch auf seinem Schreibtisch stapelten. Ein genießerischer Ton irgendwo zwischen einem Knurren und einem Schnurren ließ sie wieder in die Realität zurückkommen und was sie sah brachte sie zum Schmunzeln, wie auch damals schon saß der ehemalige Fürst mit geschlossenen Augen da und genoss ihre Liebkosungen, während Sayumi sich in diesem Moment noch nicht einmal mehr von dem durchdringenden Blick des jüngeren Yokai aus der Ruhe bringen ließ. Wieder an der Seite ihres eigentlichen Herren zu sein war das, was sie sich so viele Jahr gewünscht hatte, auch wenn sie zugeben musste, dass sie es nicht unbedingt begrüßen würde Sesshomaru allein mit ihrem Rudel weiter ziehen zu lassen. Allerdings würde auch diese Entscheidung bei dem Daiyokai liegen, welcher nun – nachdem Tashomaru noch einmal mehr als nur betont hatte, die westlichen Ländereien nicht wieder beanspruchen zu wollen - die alleinige Befehlsgewalt über ihr, in seinen Augen garantiert, nichtiges Leben innehielt. Kapitel 5: 5. Tag der schicksalshaften Entscheidungen ----------------------------------------------------- Dieses Mal war es Sesshomaru, welcher seine Stimme als Erster wieder fand und sich somit an seinen Vater wandte. „Verehrter Vater, verzeiht die Frage, aber wie ist es möglich, dass ihr überlebt habt? Eure Wunden nach dem Kampf mit den Nekoyokai, sowie die Tatsache, dass alles im Schloss der Menschenfrau darauf hinwies, dass ihr nicht mehr am Leben seid, haben uns perfekt in die Irre geführt.“ Murmelte er leise, während der ehemalige Inu no Taisho mit dem Ausdruck in seinem Gesicht ganz offenkundig zwischen Mitleid und Erheiterung schwankte. „Es war niemals so geplant, wie es gekommen ist mein Sohn. Ich hatte niemals vor euch wirklich glauben zu lassen, ich wäre gefallen und damit solch ein Leid herbeizuführen und dennoch muss ich gestehen, dass mir diese Annahme am Ende beinahe schon entgegen kam.“ Vorsichtig griff Tashomaru nach seinem Jüngeren und legte diesen zusammen mit dessen Mutter auf eines der Futons im anderen Teil der Hütte, sodass sie ungestört sein würden, während er erneut zum Sprechen ansetzte und dabei geflissentlich ignorierte, dass klein Rin inzwischen weitaus neugieriger, als ängstlich war. Wenn Sesshomaru-sama und Sayumi-sama in dem fremden Dämon keine Gefahr sahen dann würde er wohl auch keine sein und sie konnte es wagen ihn sich doch auch einmal aus der Nähe anzusehen, schließlich war seine Ähnlichkeit mit dem Dämon den sie über alles schätze unverwechselbar. Sesshomaru währenddessen wusste noch nicht so Recht, ob er das respektlose Verhalten des Kindes amüsant, oder beleidigend finden sollte und begnügte sich dementsprechend damit die neunjährige kurz warnend anzuknurren, was diese glücklicherweise zumindest insoweit zu verstehen schien, als dass sie es unterließ den fremden Dämon bei ihrer neugierigen Untersuchung anzufassen. Tashomaru jedoch war auch dadurch nicht aus der Ruhe zu bringen gewesen und hatte beinahe schon seelenruhig zu berichten begonnen, was sich in jener Nacht abgespielt hatte, während Rin gerade mit den kleinen Fingerchen in seinem Mokomoko versank und begeistert lachte. „Nachdem die Katzen beinahe vernichtend zurückgeschlagen waren habe ich mich auf den Weg zu Izayoi begeben, ich wusste, dass sie unseren Sohn in jener Nacht zur Welt bringen würde, ich habe ihr Blut über viele Meilen in der Nase gehabt, genauso wie ihre Schreie. Vielleicht lag es daran, dass ich nicht vollkommen konzentriert gegen diese Katzen antreten konnte, vielleicht lag es auch nur daran, dass mich die vergangenen Tage des unermüdlichen Kämpfens erschöpft hatten, ich weiß es nicht genau. Alles was ich weiß ist, dass ich unter allen Umständen zu Izayoi musste, nachdem ich mir dessen sicher war, dass die Nekoyokai sich von diesem vernichtenden Schlag gegen ihren Anführer nicht würden erholen können. Ich konnte mir dessen sicher sein, dass du deine Herrschaft über den Westen nicht mit einem Krieg würdest beginnen müssen, Sesshomaru, denn nach der schwere meiner Verletzungen zu urteilen und dem, was ich im Begriff war zu tun, rechnete ich an diesem Abend mit nichts anderem als dem Tod und das weißt du, mein Sohn.“ Leicht nickend dachten nun beide Dämonen an ihr aller letztes Zusammentreffen vor dem angeblichem Tod des großen Fürsten zurück und wenn man ganz genau hinsah, konnte man für den Bruchteil eines Augenblicks so etwas wie Bedauern und Reue in den goldenen Augen seines Sohnes sehen, ja vielleicht hatten ihn die letzten Jahre und der real empfundene – wenn auch sehr gut verborgen gehaltene – Schmerz über den Verlust seines Vaters, sein eiskaltes Herz doch ein wenig wärmer werden lassen. „Als ich das Menschenschloss erreicht stellten sich mir dessen Krieger, wie ich es erwartet hatte, in den Weg, auch wenn sie keine wirkliche Bedrohung für mich waren, so kosteten sie mich doch wertvolle Zeit, sodass ich diesen Kampf so kurz wie möglich hielt. Leider entging mir dadurch, dass der Mann, der für Izayois Tod verantwortlich war überlebte und in der Lage war mir zu folgen, nachdem er befohlen hatte den Palast in Brand zu setzten. Ich belebte Izayoi wieder und befahl ihr zusammen mit Inuyasha die Flucht, als Setsuna no Takemaru sich mir erneut in den Weg stellte. Dieser Mann schien fest entschlossen mich daran zu hindern zusammen mit meiner Familie zu verschwinden und so griff er mich an, auch wenn er sich darüber im Klaren gewesen sein musste, dass es sein Ende besiegelte. Einer Eingebung folgend und mit meinem Tod vor Augen wählte ich So’unga für diesen Kampf und ließ ihn ein allerletztes Mal all meine dämonische Kraft spüren, bevor auch ich merkte, dass meine Wunden mich zu Fall zu bringen drohten. Takemaru konnte der Kraft meines Schwertes keine halbe Minute wiederstehen und starb lange bevor die brennenden Überreste des Hauses über uns zusammen brachen, allerdings rechnete ich in diesem Moment nicht mehr damit, dass Tensaiga seine letzten verbliebenen Kräfte nutzen würde, um mein Leben zu bewahren. So’ungas Zerstörungswut hatte alles im Umkreis von vielen Meilen dem Erdboden gleich gemacht und doch schaffte es Tensaiga eine so starke Schutzbarriere zu errichten, um mich vor dieser Wucht zu bewahren.“ Erneut breitete sich das Schweigen der drei Dämonen in der Hütte aus, während Tashomaru Rin gestattete auf seinen Schoß zu klettern, damit sie die Chance hatte sich die Dämonenmale in seinem Gesicht genauer ansehen zu können und Sesshomaru nachdenklich auf das vererbte Schwert an seiner Hüfte hinabblickte. Leicht, als wolle es seine damalige Entscheidung als die einzig richtige bestätigen, pulsierte Tensaiga ein wenig und brachte Sesshomaru dazu die Hand an den Schwertgriff zu legen, was es schließlich zum Verstummen brachte. „Noch bevor die ersten Abgesandten aus dem Palast des Westens die Trümmer des Anwesens erreichen konnten hatte Izayoi sich dazu entschlossen meine Warnungen in den Wind zu schlagen und war auf das niedergebrannte Schlachtfeld zurückgekehrt. Sie fand mich und musste all ihre Kräfte aufbieten, um mich aus den Trümmern zu befreien und in sicheren Abstand zum Ort des Geschehens zu bringen, aber sie schaffte es. Dadurch, dass ich dem Tode in diesem Moment näher war als dem Leben war auch mein Youki beinahe gänzlich versiegt, also war es noch nicht einmal dir möglich herauszufinden, dass mein noch lebendiger Körper nicht mehr dort war, wo die Spur meiner Energie zu Ende ging, Sesshomaru. Für die eintreffenden Dämonen war die Sachlage klar, ich musste gefallen und mein Körper von den Flammen verschlungen worden sein. Izayoi schaffte es mit mir und Inuyasha ein nahe gelegenes Dorf zu erreichen in welchem eine alte, sehr starke Miko lebte, welche meiner Gefährtin ganz offensichtlich mehr als nur einen Gefallen schuldig war. Auch wenn es viele Jahre dauerte meine Wunden heilen zu lassen und auch nur einen Teil meines Youkis zu regenerieren, so schaffte es diese Miko doch mein schwindendes Leben zu bewahren. Ich hatte vor gehabt so schnell wie möglich in den Palast des Westens zurück zu kehren, als ich jedoch herausfand, wie schwach meine dämonischen Kräfte doch geworden waren musste ich diese Pläne fast 600 Jahre lang verschieben.“ Beinahe wären Sayumi erneut die Tränen in die Augen gestiegen, als sie begriff, was all das bedeutete: sie waren alle einem Irrtum aufgesessen. All die Trauer der letzten Jahrhunderte wäre nicht von Nöten gewesen, er war all die Jahre am Leben gewesen. Eine sanfte Berührung in ihrem Haar ließ sie wieder aufblicken und fühlte augenblicklich, wie eine klauenbesetzte Hand ihr die Tränen von den Wangen wischte. „Es ist in Ordnung Sayumi, nichts von all dem was geschehen ist hätte verhindert werden können, es sollte so kommen, wie es kam. Weine nicht um Dinge, die du nicht mehr ändern kannst.“ Flüsterte Tashomaru leise und eindringlich und brachte das Dämonenmädchen dazu schwach zu lächeln, dann legte sich eine tiefe Stille über die kleine Hütte, welche allerdings nichts mehr von der gespannten Atmosphäre in sich trug, welche noch, bevor der ehemalige Inu no Taisho die Umstände seines mysteriösen Überlebens berichtet hatte, geherrscht hatte. Für lange Minuten versanken alle drei Dämonen in ihrer eigenen kleinen Welt ihrer Gedanken, während Rin die Betrachtung des Dämonenfürsten ermüdete, sodass sie langsam aber sicher gegen sein Mokomoko sank und gegen die bleierne Müdigkeit anzukämpfen schien. Um die Stille in der Hütte schließlich noch einmal zu brechen und auch weil es ihr gerade jetzt erst wieder in den Sinn gekommen war stellte Sayumi schließlich die Frage, die sich schon in ihren Kopf gedrängt hatte, als sie den Geruch der Menschenfrau gewittert hatte. „Mein Herr, verzeiht die Frage, aber wie kann es sein, dass Izayoi noch am Leben ist?“ Leicht lächelnd wandte er sich seiner ehemaligen Konkubine zu und warf einen warmen Seitenblick auf seine gewählte Gefährtin. „Ich dachte schon ihr würdet über diesen Umstand durch den Schock meines Lebens am Ende einfach hinwegsehen, aber gut ich erkläre es euch. Als ich damals im Schloss ankam hatte sie Inuyasha bereits zur Welt gebracht, aber sie war nicht mehr am Leben, allerdings kam ich rechtzeitig um sie mithilfe von Tensaiga ins Leben zurück zu holen. Was allerdings immer mein kleines Geheimnis an diesem Schwert war ist die Tatsache, dass wenn derjenige aus aufrichtiger Liebe gerettet wurde – oder sich diese Liebe später zwischen dem Geretteten und dem Führer des Schwertes entwickelt – so verlängert die Macht des Schwertes das Leben des Geretteten solange, bis auch jener stirbt durch den er gerettet wurde. Sterbe ich, stirbt Izayoi, doch solange ich lebe wird auch sie leben. Allerdings kann sie natürlich durch andere Umstände getötet werden und sollte das der Fall sein, so wird Tensaiga sie nicht retten können, denn auch die Macht des Schwertes ist begrenzt und es ist ihm nur ein einziges Mal gestattet jemanden von den Toten zurück zu holen.“ Lange Minuten saßen sie schweigend da, während sie diese vollkommen neuen Informationen über den Fangzahn des Daiyokai verarbeiteten. Dann schoss der Blick des Fürsten auf einmal zu Rin hinüber, welche ihn ebenfalls mit großen Augen anstarrte. Sayumi wagte es sich schließlich die Frage zu stellen, welche den beiden ins Gesicht geschrieben stand. „Heißt dass, Rin wird doch für immer bei uns bleiben können?“ Überlegend wog Tashomaru den Kopf hin und her, bevor er ein wenig lächelte. „Du liebst sie, wie deinen eigenen Welpen, nicht wahr mein Sohn?“ Kurz schien es als wollte Sesshomaru seinem Vater allein für den Gedanken, er könnte Gefühle haben umbringen, dann verrauchte seine Wut so schnell wie sie gekommen war, als die Stimme des ehemaligen Fürsten erneut erklang. „Ich stelle dir dieselbe Frage, wie an jenem Tag vor 600 Jahre. Hast du jemanden, den du beschützen willst? – Und nein du musst nicht antworten, wenn sie es jedoch ist die dir in diesem Moment durch den Kopf geht, so lautet die Antwort ja. Ja, Tensaiga wird ihr Leben auf die Lebensspanne meines Sohnes anpassen. Und nun glaube ich, dass es genügend Aufregung für einen Tag war, legt euch schlafen, kein Feind dringt in diese Hütte.“ Kapitel 6: 6. Schatten der Vergangenheit ---------------------------------------- Nachdem die Ereignisse der Nacht doch mehr an allen Beteiligten genagt hatten als sie es zuzugeben bereit waren schliefen sie am nächsten Morgen lange und erst das amüsierte Lachen zweier Kinder riss die drei Dämonen schließlich aus dem Schlaf. Izayoi hatte bereits Tee gekocht und Rin spielte zusammen mit Inuyasha vor der Hütte mit Ah-Uhn, welcher sich den Schabernack der beiden Energiebündel gutmütig gefallen ließ. Sayumi begann unwillkürlich zu lächeln, als sie sah, wie ihr Herr sanft einen Arm um seine Gefährtin schlang um anschließend zu den beiden Kindern nach draußen zu gehen. Izayoi bedachte die Yokai mit einem vorsichtigen Lächeln und wandte sich dann zur Tür, um die Kinder zum Frühstück zu rufen. Sesshomaru allerdings zog sich nach draußen zurück und Sayumi blieb nur die Mutmaßung, dass es dem eigentlichen Einzelgänger einfach zu viel Trubel war, dennoch würde sie sich später darum kümmern, dass auch der Fürst etwas aß, schließlich lebte auch ein Daiyokai besser, wenn er etwas im Magen hatte. Kaum saßen alle zum Essen zusammen wandte sich Izayoi vorsichtig an ihren Gefährten. „Taro, wer dein Sohn ist, ist mir bewusst, aber wer ist sie?“ Mit einem Kopfnicken wies sie vorsichtig in die Richtung der ihr fremden Yokai und erntete ein leises Seufzen. „Das meine Liebste ist eine lange Geschichte, aber wenn du sie hören willst, so werde ich sie dir mit Sayumis Einverständnis erzählen.“ Abwartend sah er die junge Yokai an und wartete mit dem Sprechen bis sie ihm die Erlaubnis gegeben hatte, dann schaltete Sayumi vollkommen ab, während er Izayoi erklärte, wie ihr Vater – einer seiner besten und vertrautesten Generäle - an seiner Seite gefallen war, um sein Leben zu retten. Die Erinnerung an ihren Vater schmerzte sie noch immer, aber was sie weitaus mehr traf war seine kurze und auch sehr detaillose Beschreibung der Szene in welcher er sie vorgefunden hatte, als er nach der Schlacht eine kleine Gruppe entkommener Katzendämonen verfolgt hatte. Zwar war sein Bericht darüber kurz, aber dennoch kratzte er an Erinnerungen und Wunden, welche Sayumi lieber tief in ihrem Inneren verschlossen hielt. Gerade als sie der Meinung war es nicht mehr ertragen zu können, wie er über ihre zahllosen, teilweise lebensbedrohlichen Wunden und ihre panische Angst vor jedem männlichen Wesen, oder auch davor sich nur auf dem Rücken zu legen berichtete, legte sich von hinten ein weiches Mokomoko über ihre Schulter und der inzwischen unendlich vertraute Geruch des jüngeren Daiyokai hüllte sie ein, wie eine schützende Wolke. Beinahe unmerklich rutschte sie noch ein Stück näher an ihn heran, als er sich neben sie setzte und war erstaunt, als er sich seinerseits etwas in ihre Richtung lehnte, als wolle er sie vor dem Schmerz bewahren, den die Worte seines Vaters in ihr auslösten. Allerdings war dieser nun zu erfreulicheren Themen übergegangen, nachdem er Izayoi auch erklärt hatte, dass im Adelsstand der Yokai die gleichen Grundsätze galten, wie bei den Menschen, wobei der Umstand sie als seine Konkubine zu nehmen ihm den einzigen Ausweg bot, sie zu beschützen. Ein wenig erleichtert stellte die Yokai fest, dass Izayoi diese Maßnahme als mehr als nur gerechtfertigt ansah und ihm somit gestattete seine Erzählungen fortzusetzen. „Es ergab sich sehr schnell, dass egal wohin ich ging Sayumi mein Schatten war, ich war ihr sicherer Hafen, ich hatte sie schon einmal gerettet, ich würde es auch immer wieder tun. Ich wusste das, sie wusste es und ich denke jeder Yokai weit und breit war sich dessen auch bewusst, genauso wie eigentlich jeder wusste, dass sie immer mehr wie meine Tochter, als meine Geliebte war. Ich habe sie niemals unsittlich berührt und ich würde es auch nie tun. Ich weiß, dass ich ihr damit mehr Angst machen würde, als alles andere. Außerdem war es mehr als genug für meinen Seelenfrieden, dass sie immer bei mir war. Sie war da, wenn ich jemanden zum Reden brauchte, sie war da, wenn ich mit jemandem schweigen wollte und sie war da, als ich mich in dich verliebte und alle anderen gegen mich waren. Manchmal war sie eben die einzige, die mich verstanden hat, so wie sie manchmal auch die Einzige war, die ich überhaupt an mich heran gelassen habe. Wahrscheinlich hat Kimi sie genau deswegen auch so sehr gehasst, weil sie eine Freundschaft mit mir geführt hat und allein damit schon mehr mit mir gemein hatte, als die Frau, welche ich aus politischen Gründen zu meiner Gefährtin nehmen musste.“ Einen langen Moment versank der ehemalige Herrscher in tiefem Grübeln, dann Lächelte er unwillkürlich, als er sah, wie nahe sein Sohn bei jenem Mädchen saß über das er eben noch gesprochen hatte. „Am Anfang hat auch Sesshomaru sie gehasst und in den ersten Jahren war ich ständig in Alarmbereitschaft, wenn die beiden einander zufällig in den Gärten über den Weg liefen. Er hat keine einzige Gelegenheit ausgelassen sie zu attackieren und am Anfang war ich mir sicher, dass er sie töten würde, wenn er nur einmal die Chance dazu erhalten würde. Wahrscheinlich war er ihr gegenüber so unendlich kalt, da seine Mutter ihm den Hass gegen das kleine Mädchen beigebracht hatte, aber später – später griff er sie noch immer an, aber irgendetwas hatte sich verändert.“ Überlegend sah er seinen älteren Sohn an, welcher den Kopf ein wenig schief legte und auf die laute Äußerung der Gedanken seines Vaters wartete. „Ich glaube irgendwann hat er, soweit es für sein Wesen zulässig ist, Zuneigung für sie entwickelt. Von heute auf morgen änderten sich seine Angriffstaktiken, er war nicht mehr darauf aus sie zu töten und auch wenn er es niemals zugegeben hätte, so begann er doch wenige Jahre nachdem ich sie mitbrachte damit sie zu trainieren.“ Einen langen Moment schien es als wolle Sesshomaru seine Ehre und die Nichtexistenz seiner Gefühle jeglicher Art verteidigen, dann schloss er den Mund allerdings wieder, als sein Vater ein Argument einbrachte, dass er nicht entkräften konnte. „Du hättest sie mit Leichtigkeit töten können, stattdessen hast du sie niemals mit deiner vollen Stärke angegriffen, auch dann nicht, wenn ich nicht rechtzeitig da gewesen wäre, um sie vor dir zu retten und zum anderen – und ich finde diesen Fakt viel bemerkenswerter – hast du sie niemals unterworfen. Jeden anderen Gegner, der dir ein Dorn im Auge war, hättest du als aller erstes mit brachialer Gewalt rückwärts auf den Boden geschleudert und ihn genau dort gehalten, bis er sich dir unterworfen hätte, es ist die Natur des Hundes eben genau das zu tun. Aber sie hast du niemals auf den Rücken geworfen, an ihrem ersten Abend bei uns habe ich es euch erzählt, ich habe euch gesagt, welch große Angst sie davor hat auf dem Rücken liegend auf den Boden gepresst zu werden und ich glaube, dass du dir genau das gemerkt hast, du wolltest ihr niemals wirklich ein Leid zufügen Sesshomaru. Und wenn du es doch getan hast, dann nur, damit dein eiskalter Mantel, welcher deine Gefühle umgibt, intakt bleibt.“ Höchst wahrscheinlich konnte jeder der Anwesenden in diesem Moment hören, wie bei Sayumi der Groschen fiel. Beinahe schon entsetzt über ihre Feststellung, dass die Worte ihres Herren einen Sinn ergaben starrte sie den Daiyokai neben sich an, welcher es allerdings mehr als nur penibel vermied sie anzusehen. Ja wahrscheinlich hatte sein Vater recht und ja wahrscheinlich hatte er eben dieses Verhalten schon lange verstanden und durchschaut, noch bevor Sesshomaru selbst sich darüber im Klaren war, dass er wirklich tief in seinem Innersten den Wunsch hatte die zierliche Yokai zu beschützen, nachdem sie schon so viel Leid in ihrem jungen Leben hatte erfahren müssen. Genau deswegen hatte er sie damals mitgenommen, als er das Schloss des Westens verlassen hatte, auch wenn ihm von vornherein klar gewesen war, dass sie ihm vor allem in den ersten Jahren ihrer Reise zur Last fallen würde, da sie in ihrem ganzen bisherigen Leben noch nie wirklich auf Wanderschaft gewesen war. Allerdings schien er es – mal wieder – vorzuziehen keinen dieser Gedanken in Worte zu fassen und begnügte sich damit seinen Vater kalt wie eh und je zu mustern. Tashomaru jedoch Lächelte nur ein wenig in sich hinein, schon seit geraumer Zeit konnte er den kalten Blick seines Sohnes durchschauen, wenn dieser nichts weiter als eine Fassade war, um seinen Selbstschutz aufrecht zu erhalten. Während der Yokai gesprochen hatte war es den beiden Kindern offensichtlich zu langweilig geworden die ganze Zeit über in der Hütte zu sitzen und zu schweigen, sodass sie sich heimlich still und leise nach draußen geschlichen hatten und nun wieder ausgelassen um Ah-Uhn herum sprangen, welcher nur gelangweilt schnaubte. Izayoi währenddessen schien mit den Erklärungen ihres Gefährten zufrieden zu sein, auch wenn dieser sich selbst eingestand eher seinem Sohn und seiner Konkubine einiges erklärt zu haben, als seiner Gefährtin. Als diese jedoch vorsichtig die Distanz zu den beiden Yokai auf der anderen Seite der Feuerstelle überbrückte, um – die vollkommen verdattert drein blickende – Sayumi sanft in die Arme zu schließen und sie in der Familie willkommen zu heißen konnte er nicht anders, als für mehrere Minuten mehr als glücklich vor sich hin zu lächeln, auch wenn sein Sohn von dem Angebot mit der Familie ganz offensichtlich nicht sonderlich begeistert war. Allerdings hätte es den Inuyokai auch gewundert, wenn sein Sohn seine Meinung über die Schwäche und Wertlosigkeit der Menschen so schnell geändert hätte, auch wenn das Menschenkind, welches er wie seinen eigenen Welpen behandelte, doch durchaus ein Schritt in die richtige Richtung war. Gerade als sie sich darauf geeinigt hatten noch einmal nach den Kindern zu sehen erklang ein schriller Schrei gefolgt von einem panischen: „Sesshomaru-sama!“, während Ah-Uhn zu brüllen begann. Kapitel 7: 7. Überrachungsangriff --------------------------------- Schneller als jeder andere der Anwesenden hätte blinzeln können war Sesshomaru aufgesprungen und in die Richtung gestürzt, aus welcher Rins panischer Schrei gekommen war. Augenblicklich folgten Tashomaru und Sayumi, während letzterem die Angst um seinen Sohn ins Gesicht geschrieben stand. Vor der Tür angekommen bot sich ihnen ein Anblick den auch erfahrene Yokai nur selten zu Gesicht bekamen. „Nekoyokai!“ Zischte Sayumi bitter und stürzte sich dann – ihre eigene Furcht vor diesen Bestien ignorierend – auf den nächstbesten Gegner. Ganz offensichtlich waren die Katzen nach all den Jahren des Friedens mal wieder der Meinung ihre eigenen Grenzen auf Kosten der Inuyokai vergrößern zu müssen, auch wenn sie mit einem solchen Anliegen noch kein einziges Mal Erfolg gehabt hatten. Ein Schrei zu ihrer Rechten riss Sayumi für den Bruchteil einer Sekunde aus ihrer Konzentration und ihr Gegner wusste diese Lücke zu nutzen, erbarmungslos traf sein Schwert den Arm der Yokai und brachte sie dazu gepeinigt aufzujaulen, allerdings schaffte sie es noch den Kater zu enthaupten, ehe sie nach rechts sprang, dem nächsten Yokai die Klauen ihrer unverletzten Hand in den Arm zu jagen und ihm somit den kleinen Inuyasha zu entwenden, welchen sie sofortig in die Sicherheit des Hauses schaffte, wo sie zu ihrer Beruhigung auch bereits Rin vorfand, welche nur ein paar kleinere Kratzer hatte, welche Izayoi gerade verband. Kurz lächelte sie die Frau dankbar an, dann wandte sie sich um und sprang wieder aus der Hütte, um den beiden Daiyokai im Kampf gegen den doch relativ großen Klan der Yokai zu helfen. Mindestens drei der Katzen waren Daiyokai, sodass Sayumi für den Moment zumindest versuchte diese als Gegner zu meiden, was allerdings schwieriger war, als zuerst angenommen, denn auch die Katzen waren nicht auf den Kopf gefallen. Sehr schnell hatten sie die weibliche Inuyokai als das verletzlichste Ziel der Gruppe ausgemacht und begannen sie systematisch zurückzudrängen und von den anderen beiden abzuschneiden, ohne das auch nur einer von ihnen es bemerkt hätte, da sie viel zu sehr damit beschäftigt waren sich nicht selbst von den Krallen der Katzen dekorieren zu lassen. Sayumi allerdings war auch viel zu Stolz, als dass sie um Hilfe gerufen hätte, noch war sie der Meinung den Katzen allein gewachsen zu sein und höchst wahrscheinlich wäre sie das auch gewesen, wären da nicht einige Dinge, die man nun einmal weder Planen noch vorausahnen konnte. Gerade als sie dabei war zum Gegenschlag gegen einen der Kater auszuholen wurde sie von der Seite her von den Füßen gerissen und stürzte unsanft zu Boden. Sofort witterte der zweite Kater seine Chance und stürzte sich blutrünstig auf sie, was sie dazu brachte – nicht zuletzt wegen ihres alten Traumas – verängstigt aufzuschreien. Hätte man sie vorher gefragt, was in diesem Moment geschehen würde, hätte sie viele Antworten gegeben, eine davon wäre ihr eigener Tod gewesen, aber mit dem was geschah hätte sie wohl nie gerechnet. Mit einem wutverzerrten Knurren zerriss Sesshomaru drei der Katzen einfach in der Luft und stürzte – förmlich kopflos – in Richtung der jungen Yokai, sein Youki explodierte förmlich um ihn herum und sein inneres Biest sprengte für einen kurzen Moment seine Ketten. Seine Augen färbten sich blutrot und für einen langen Moment musste er kämpfen, um sein Biest zurück zu drängen, da es ansonsten in seiner grenzenlosen Mordlust wahrscheinlich absolut jedes Lebewesen im Umkreis von Kilometern getötet hätte. Tashomaru erstarrte in seiner Bewegung, noch nie in seinem Leben hatte sein Sohn die Beherrschung über sein Biest verloren, im Allgemeinen verlor ein Yokai der von klein auf in dessen Kontrolle ausgebildet wurde so gut wie nie die Kontrolle, wenn es doch geschah, dann hatte dies eigentlich immer tiefgreifende emotionale Gründe. Doch bevor der Daiyokai darüber nachdenken konnte, was diesen Ausbruch seines Sohnes verursachte wurde dessen kurze Unachtsamkeit in dem Moment indem er auf sein Biest konzentriert war zu seinem Verhängnis: einer der Neko-Daiyokai stürzte sich auf ihn und stieß sein Schwert bis über die Hälfte in die Brust des unvorbereiteten Hundedämons. Ohne auch nur einen Laut von sich zu geben sackte Sesshomaru an Ort und Stelle in sich zusammen und blieb regungslos liegen. Für Sayumi schien in diesem Moment die Welt still zu stehen, wie ferngesteuert schleuderte sie den Yokai von sich, während sich ihr Blick nicht ein einziges Mal von dem silberhaarigen Daiyokai löste, welcher wenige Meter von ihr entfernt in seinem eigenen Blut lag und sie aus langsam stumpf werdenden Augen ansah. Der zweite Kater sprang noch einmal in ihre Richtung, aber wieder wehrte sie ihn ab, ohne auch nur einmal den Blick von Sesshomaru zu nehmen. Ohne ihr eigenes Zutun spürte sie, wie sich der Schmerz und ein unbändiges Gefühl der Angst in ihrer Brust ausbreiteten. Nein, das durfte nicht passieren. Nicht jetzt, nicht hier – niemals. Das verzweifelte Jaulen, welches aus ihrer Kehle drang schwoll zu einem mordlustigen Knurren an, während ihre Augen blutrot wurden. Ihre Zähne wurden spitzer, ihr Gesicht länger. Noch bevor sie darüber nachdenken konnte, was sie da gerade im Begriff war zu tun, hatte sie das erste Mal in ihrem Leben ihre natürliche Form angenommen. Mindestens drei Mal so groß, wie die Hütte unter ihrem Bauch stand sie drohend vor den Nekoyokai, welche zum größten Teil fauchend die Flucht ergriffen, nur der eine Daiyokai, welcher Sesshomaru so feige aus dem Hinterhalt attackiert hatte, war dreist genug seine natürliche Form anzunehmen und sich der Inuyokai im Kampf zu stellen – wobei die Katze in ihrer ausgewachsenen Form allerdings noch immer mindestens einen Kopf kleiner war, als die braune Hündin. Mit ihren Pfoten zermalmte sie jeden einzelnen feindlichen Yokai, den sie noch erreichen konnte, dann schmetterte sie den Kater vor sich einige Meter zurück, um den noch immer regungslos am Boden liegenden Sesshomaru aus der Gefahrenzone zu schaffen. Erneut bahnte sich eine Welle der Panik und des Schmerzes ihren Weg durch die Brust der Yokai, ihr Jaulen war Kilometerweit – mit sehr großer Sicherheit, bis in die Feste des Westens – zu hören, aber all das interessierte sie in diesem Moment nicht mehr. Alles was sie wollte war Rache für diesen feigen Angriff, Rache und den kleinen Hoffnungsschimmer, dass der Daiyokai dort unten auf der Wiese stark genug sein würde diese Verletzungen zu überstehen. Ohne noch ein einziges Mal zu zögern stürzte sie sich auf den Kater und schnappte nach seiner Schulter, dass dieser seine Krallen in ihre Flanken schlug, während sie ihn an der Schulter schüttelte bekam sie nur noch am Rande mit. Während sie noch fester zubiss kämpfte sie um ihren Verstand, wie oft hatte Tashomaru sie damals gewarnt, ihr Biest war versucht die Kontrolle über sie zu übernehmen, sollte sie sich in ihrer natürlichen Gestalt befinden und wenn das erst einmal der Fall wäre, könnte sie nicht mehr denken, alles was ihr Biest interessierte war zu töten, ganz gleich wen und wie. Selbst eigene lebensbedrohliche Verletzungen würde sie nicht mehr bemerken, da ihr Biest neben seinem Blutrausch keinen wirklichen Selbsterhaltungstrieb hatte. Zwar wollte es nicht verletzt werden, aber wenn es Verletzungen in Kauf nehmen musste, um angreifen zu können, dann würde es das tun. Als sie von dem Kater abließ schüttelte sie kurz den Kopf und hätte beinahe triumphierend gelacht, als sie den Schmerz in ihrer Flanke zu spüren begann, sie war wirklich in der Lage ihr Biest in Schach zu halten und das auch noch beim aller ersten Mal, allerdings verflog ihre Euphorie schnell wieder, als ihr bewusst wurde, wieso sie sich eigentlich in ihrer natürlichen Form befand. Ein kurzer Blick über die Schulter verriet ihr sowohl, dass Tashomaru die wenigen verbliebenen Yokai von seinem Sohn fernhielt, als auch dass dieser noch immer regungslos, aber immerhin noch atmend auf dem Boden lag. Ein Fauchen ließ sie sich wieder auf den Kampf konzentrieren und noch bevor die graue Katze vollständig abgesprungen war hatte Sayumi sich auch schon gedreht und ihr den langen Schweif vor den Brustkorb geschlagen, was den Kater erneut einige Meter zurückschleuderte. Was den Satz betraf, dass Katzen immer auf ihren Füßen landeten hatte die Hündin nun auch einen Gegenbeweis vor Augen, als sie sah, wie der Yokai mit dem Rücken voran gegen die ersten Bäume des Waldes knallte und einen langen Moment benommen liegen blieb. Knurrend nutze Sayumi ihre Chance und überdrückte die Distanz in wenigen, kraftvollen Sprüngen. Noch bevor der Kater sich von seinem letzten Schleudertrauma erholte, stellte die Yokai eine ihrer Vorderpfoten in seine Flanken und sah im kurz in die Augen. „Niemand legt sich mit meiner Familie an!“ Knurrte sie leise, dann schossen ihre todbringenden Zähne auch schon nach vorn und schlugen sich in die entblößte Kehle der Katze. Nach einem letzten gequälten Gurgeln war es vorbei und Sayumi nahm die Pfote vom noch immer zuckenden Körper des Nekoyokai. Kopfschüttelnd machte sie auf den Hinterläufen kehrt, spuckte noch einmal Katzenblut – welches nun wirklich nicht appetitlich war – und rannte zurück zu Sesshomaru. Da es Konzentration bedurfte, welche sie gerade nicht besaß, um sich zurück zu verwandeln, setzte sie sich in ihrer größeren Ausgabe neben den silberhaarigen und begann ihn vorsichtig mit der Nase anzustupsen, während in regelmäßigen Abständen winselnde Laute aus ihrer Kehle drangen. Nur äußerst mühevoll öffnete der schwer atmende Daiyokai die Augen und blickt die Hündin an. „Du h-hast mich gerächt...“ Murmelte er schwach und hob kraftlos die Hand, um ihr über die Nase zu streichen, während sie sich neben ihn legte und mit ihrem Körper ein Schutzschild um ihn herum errichtete. Seinen Kopf bettet sie vorsichtig auf einer ihrer Vorderpfoten und mit ihrem Schweif deckte sie ihn zu. Den Kopf hielt sie wachsam erhoben und begann zu knurren, als Izayoi sich ihr nährte. Gerade noch rechtzeitig, bevor sie die Menschenfrau in Stücke riss hielt Tashomaru sie davon ab. Nichts und Niemand würde sich Sesshomaru nähren dürfen, dafür würde sie sorgen. Kapitel 8: 8. Mein Biest wählte Dich ------------------------------------ Inzwischen war die Nacht herein gebrochen, während ein sanfter Regen das Blut von der Wiese spülte. Sayumi lag noch immer in der Form des riesigen Hundes schützend um Sesshomaru und wachte über den inzwischen eingetretenen Heilschlaf des Inuyokai. Auch wenn dieser Schlaf noch lange keine Gewissheit zuließ, so war er doch ein gutes Zeichen, immerhin waren die Wunden nicht so schlimm, dass er ihnen sofort erlegen war, noch bestand ein winziger Hoffnungsschimmer für die verzweifelte Hündin an seiner Seite. Immer wieder senkte sie kurz den Kopf, legte ihre Nase gegen seine Brust und überprüfte so, ob er noch atmete. Immer wieder begann sie leise zu winseln, wenn ihr dabei der Geruch seines Blutes in die Nase stieg, während er beinahe schon friedlich zu schlafen schien. Izayoi saß währenddessen verwirrt neben ihrem Gefährten im Eingang der Hütte. Die Kinder schliefen, nachdem sie auch die kleine Rin endlich davon überzeugt hatten, dass Sayumi momentan auch sie nicht zu ihrem Ziehvater lassen würde, sondern sie eher in Stücke zu reißen gedachte, sollte sie sich ihm nähren. „Wieso reagiert sie so aggressiv? Wir sind nicht ihre Feinde.“ Murmelte sie leise und Tashomaru seufzte erschöpft auf. „Ich habe schon einmal versucht dir zu erklären, dass jedem starken Dämon sozusagen zwei Seelen innewohnen. Die eine die uns rational denken lässt, uns fühlen lässt und uns Werte und Normen lernen und verinnerlichen lässt und die andere Seite, die aus nichts anderem besteht, als unseren dämonischen, animalischen Grundprinzipien. Diese Seite in uns ist unser Biest und wenn wir es nicht kontrollieren können wird es blutrünstige, moral – und ehrlose Bestien aus uns machen die alles und jeden töten, der sich uns in den Weg stellt. Aber unser Biest hat noch eine weitere, eine sehr wichtige Aufgabe: es wählt unseren Gefährten aus und zwar diesen einen Gefährten mit dem ein Dämon den Rest seines Daseins verbringen will und wird. Wenn unser Biest einmal wählt tut es das für immer und meist tut es das unbewusst, ohne dass wir es überhaupt bemerken. Vorhin auf dem Schlachtfeld habe ich mich kurz gefragt, was den Ausbruch von Sesshomaru herbeigeführt hat, aber jetzt ist es mir klar, sein Biest hörte sie schreien und wollte sie beschützen und genau so war es auch anders herum, sie nahm ihre natürliche Gestalt an, um ihn zu beschützen und zu rächen. Deswegen lässt sie auch nun niemanden mehr an ihn heran, solange er in Lebensgefahr schwebt ist ihr Biest der aktivere Teil ihres Bewusstseins, auch wenn sie ihn bis zu einem gewissen Grad kontrollieren kann. Egal wer, jeder ist momentan eine Bedrohung für sein Leben und genau das wird sie verteidigen, koste es was es wolle.“ Während Izayoi mit dieser Erklärung mehr als zufrieden zu sein schien wandte Sayumi langsam den Kopf in die Richtung ihres Herren, das erste Mal, seit sie sich schützend um Sesshomaru gelegt hatte dachte sie darüber nach, wieso sie es eigentlich getan hatte und doch konnte sie immer wieder nur ein und dieselbe Antwort finden: weil er leben muss, weil es das einzig richtige war, weil ich ohne ihn nicht leben kann. Noch einmal leise winselnd legte sie den Kopf neben dem des Daiyokai ab und schloss die Augen, zumindest ihrem verletzten Körper musste sie ein wenig Ruhe gönnen, auch wenn ihr Geist rastlos die Umgebung absuchte, um Sesshomaru im Falle eines Falles schnell genug beschützen zu können. Der nächste Tag verlief sehr zur Frustration der braunen Hündin nicht anders als die vergangene Nacht, noch immer schlief Sesshomaru tief und fest, während sie zwar deutlich weniger, für ihren Geschmack allerdings noch immer viel zu viel Blut auf seiner Brust riechen konnte. Noch immer knurrte sie alles und jeden an, der es auch nur wagte den schlafenden Daiyokai zu lange anzusehen, während sie eigentlich tief in ihrem Inneren um Hilfe schrie, auch wenn sie wusste, dass niemand ihm würde helfen können. Diesen Kampf musste er allein gewinnen und alles was sie dabei tun konnte, war ihm durch ihre Nähe zumindest das Gefühl zu geben nicht allein zu sein und alle potenziell schädlichen Faktoren der Außenwelt von ihm fern zu halten. Er musste es einfach schaffen, er musste! In ihrem Kopf wiederholte sich dieser eine Satz immer und immer wieder wie ein Mantra. Immer wieder begann in ihrem Kopf der Satz: „Aber wenn er es nicht schafft…“ Ja, was wenn er es nicht schaffte? Wenn er es nicht schaffen sollte, so würde sie Jaken und Ah-Uhn zurück in den Palast schicken und ihren Herren gleichzeitig darum bitten sie freizustellen und Rin bei sich aufzunehmen und dann? Sie würde fortgehen, an irgendeinen Ort an dem sie nichts an ihn erinnerte, oder wahrscheinlich doch eher an einen Ort an dem sie alles an ihn erinnerte und dort würde sie ihr Dasein fristen, bis endlich ein Gegner kommen würde, der stark genug wäre sie zu töten. Auch die folgende Nacht verlief ruhig, während Sayumi tief in der Welt ihrer eigenen Gedanken versank. An diesem Tag war ihr bewusst geworden, wie ihr Leben ohne Sesshomaru aussehen würde, aber wie würde es aussehen, wenn er diese Verletzungen überstehen würde? Voller Selbstzweifel blickte sie in sein ruhig wirkendes Gesicht herab und zog seinen beruhigenden Duft ein. Er war ein Fürst, sie nichts weiter als eine ehrlose Konkubine, selbst wenn sie es sich noch so sehr wünschte, sie konnte keinen Weg für sich und ihn sehen. Beinahe war sie froh, dass sie in ihrer natürlichen Form nicht in der Lage war zu weinen, denn diese Blöße wollte sie sich auch dann nicht geben, wenn niemand da war, der ihre Tränen sehen könnte. „Schau nicht so betrübt, so schnell kannst du dich meiner nicht entledigen.“ Seine Stimme war schwach und voller Anstrengung, aber dennoch war sie da. Ungläubig blickte die Hündin an sich herab und wirklich der verletzte Daiyokai hatte die Augen geöffnet und lächelte leicht zu ihr hinauf. Noch bevor sie sich darüber bewusst war, was sie tat, oder darüber nachdenken konnte, wie unangebracht ihr Verhalten dahingehend war, dass er ihr Fürst war hatte sie sich auch schon herunter gebeugt und ihn vor Freude winselnd und schwanzwedelnd von oben bis unten und von unten nach oben abgeleckt. Schwach lachend wehrte er ihre riesige Zunge ab und sah sie dann bittend an. „Verwandele dich zurück, du bist mir etwas zu groß, um sich mit dir zu unterhalten.“ Kaum hatte er seinen Satz beendet kam auch schon ein starker Wind auf und im Bruchteil einer Sekunde saß Sayumi wieder in ihrer menschlichen Gestalt neben ihm und sah ihn mit einer seltsamen Mischung aus unbändiger Freude, Erleichterung, aber auch Angst vor dem was nun kommen würde an. Unter aller größter Kraftanstrengung schaffte es der Daiyokai sich aufzurichten und sah nun wieder ein wenig von oben auf sie herab. Seine Augen waren wieder so kalt, wie sie es immer gewesen waren, aber wenn Sayumi genau hinsah konnte sie die Wäre sehen, welche er dahinter versteckte. Auch seine Stimme war nicht mehr ganz so kalt, wie sie es früher immer gewesen war, auch wenn er seine Sätze wie immer vollkommen unbeteiligt und mit so wenig Gefühl in ihnen wie eben möglich formulierte. „Werde meine Gefährtin, Sayumi.“ Für einen langen Moment starrte sie ihn mit halb offenem Mund an, nicht zuletzt, weil sie sich nicht ganz sicher war, ob diese Aussage nun eine Bitte, oder ein Befehl gewesen war, aber Vordergründig einfach aus dem Grund, dass sie doch selbst noch zu dem Entschluss gekommen war, dass eine derartige Verbindung zwischen ihnen unmöglich war. „Aber das geht nicht, myLord, ihr könnt mich nicht als Eure Gefährtin nehmen, ich …“ Weiter kam sie jedoch gar nicht erst, da er ihr etwas ruppiger, als beabsichtigt das Wort abschnitt. „Sesshomaru, nicht myLord. Bitte Sayumi werde meine Gefährtin, mein Biest hat dich erwählt und ich kann sehen, dass deines mich gewählt hat, was kümmert mich dein Stand, was kümmert mich der meine, was kümmert es mich ob du rein bist oder nicht? Es interessiert mich nicht, alles was ich wissen muss weiß ich, mein Biest hat dich gewählt und ich werde dich nicht mit solch fadenscheinigen Ausreden gehen lassen.“ Perplex starrte Sayumi zu dem silberhaarigen hinauf, so viel hatte er soweit sie sich erinnern konnte auf ihrer ganzen gemeinsamen Reise nicht zu ihr gesagt und jetzt sprach er auch noch über seine Gefühle. Noch bevor sie nachdenken konnte begann ihr eigenes Biest in ihrer Brust zu grollen und zu frohlocken. „Er hat uns gewählt, wir werden seine Gefährtin.“ Über ihre Lippen drang währenddessen nur ein leises Schurren und Sesshomaru lächelte siegessicher. „Ich wusste, dass du diesen Kampf gegen dein Biest verlieren würdest.“ Schnurrte er zufrieden und zog sie beinahe schon sanft an sich, um ihre Lippen – welche sie gerade zu einer Erwiderung geöffnet hatte – mit seinen eigenen zu verschließen. In diesem Moment schien es als würden sich all ihre Zweifel einfach in Schall und Rauch verflüchtigen, jeder Gedanke machte sich aus dem Staub und alles was noch zählte waren seine Lippen auf ihren. Ihr Biest schnurrte in vollkommener Ekstase und auch das letzte bisschen Verstand in ihrem Kopf musste sich eingestehen, dass ein Yokai nichts, aber auch gar nichts gegen die Wahl seines Biestes ausrichten konnte, ob niedere Yokai, oder mächtiger Daiyokai sie waren beide machtlos gegen den Willen ihres inneren Biestes. Kapitel 9: 9. Allianzen unter Feinden ------------------------------------- Viel weiter im Westen war die Stimmung weitaus weniger Friedvoll. Nach außen hin vollkommen eiskalt und unbewegt saß Kimi würdevoll auf dem großen Doppelthron, welchen sie nun schon seit Jahrhunderten als ihren alleinigen betrachtete. Einige Schritte von ihr entfernt kauerte ein deutlich verletzter Nekoyokai und erstatte leise Bericht von den, erst zwei Tage zurückliegenden, Ereignissen. Als er zum Ende kam konnte die sonst so beherrschte Fürstin ein frustriertes Knurren nicht mehr zurückhalten. So war das alles nicht geplant gewesen. Hätte sie gewusst, dass ihr Sohn und diese ehrlose Hündin ihren verräterischen Gemahl gefunden hatten, so hätte sie sich einen besseren Plan einfallen lassen. Allerdings war das Geschehene nun nicht mehr zu ändern und ein hinterhältiges Grinsen zierte ihre Lippen, als sie ihre Chance zwischen den Ereignissen hervorblitzen sah. Vielleicht konnte sie sich mehr als nur einem einzigen Problem entledigen, wenn sie es nur clever genug anstellen würde. Nun musste sie schnell handeln, nach allem, was der Kater ihr berichtet hatte war Sesshomaru doch wirklich allen Ernstes im Begriff, diesen Köter als seine Gefährtin zu wählen. Sollte er die Chance erhalten seine Kräfte zurückzuerlangen, bevor sie den nächsten Schlag ausführte, würde er das Bindungsritual mit dieser Konkubine vollziehen und diese Tatsache würde die Dinge mehr als nur ein wenig verkomplizieren: ein Teil seiner Stärke würde durch die Verbindung ihrer Blutlinien auf sie übergehen und so wenig es Kimi auch wahr haben wollte, so würde diese Stärke ausreichen, um aus der einfachen Yokai eine Daiyokai werden zu lassen. Drei Daiyokai auf einem Fleck, die nach dem letzten Zwischenfall unter allen Umständen auf der Hut sein würden, waren eine Kräftevereinigung, welche von absolut niemandem auf die leichte Schulter genommen wurde, erst Recht nicht, wenn zumindest zwei der Yokai dem Geschlecht des großen Fürsten angehörten. Mit einer ungeduldigen Handbewegung scheuchte sie den Nekoyokai aus dem Raum und rief nach dem zweiten Hauptmann ihrer Wache, da dieser ihr treu ergeben war, während der erste Hauptmann von ihren Machenschaften niemals etwas erfahren durfte, seine Treue zu Tashomaru und ihrem Sohn war ungebrochen und kein einziger Versuch ihn auf ihre Seite zu ziehen hatte Früchte getragen. Mit einem eleganten Kniefall huldigte der schwarzhaarige seiner Herrin und blickte dann abwartend zu ihr auf, während sich die Gedanken der Hundefürstin noch immer im Kreis drehten, sie musste sofort reagieren! Noch waren sie schwach und dennoch musste ihr Plan hinterhältig und akribisch genug sein, damit ihr Sohn sie nicht als den Drahtzieher all dieser Ereignisse würde erkennen können. Denn auch wenn sie stark war, ihr Sohn übertraf ihre Stärke bei weitem und sie war sich dessen gewiss, dass er nicht eine Sekunde zögern würde sie zur Rechenschaft zu ziehen, sollte er wittern, welche Pläne der Hundefürstin in den Sinn standen. Unbarmherzig wurde Sayumi von den ersten frechen Strahlen der Sonne geweckt, obwohl sie noch einmal versuchte sich in der kuscheligen Wärme des Mokomoko zu verbergen, auf welchem sie lag, dann begann ihr noch immer vom Schlaf vernebelter Verstand jedoch langsam zu arbeiten und brachte die Erinnerungen an die vergangenen Tage zu ihr zurück. Langsam und zögerlich öffnete sie die Augen und fand sich in einer fesselnden Umarmung des weißen Schulterfelles wieder, während von dessen Besitzer allerdings weit und breit keine Spur zu sehen war. Vorsichtig richtete sie sich auf und blickte –noch immer ein wenig verschlafen – auf der Lichtung umher. Der Regen hatte die letzten Spuren des Kampfes hinfort gespült, lediglich die, wie Streichhölzer, umgeknickten Bäume und einige tiefe Pfoten abdrücke zeugten noch von dem Kampf der hier gewütet hatte. In einigen Metern Entfernung fand sie schließlich wonach sie gesucht hatte und musste unwillkürlich ein wenig Lächeln. Sesshomaru hatte seinen zerrissenen und blutbesudelten Kimono gegen einen seines Vaters getauscht und saß entspannt mit dem Rücken gegen einen Baum gelehnt in der Nähe der Hütte und beobachte aus den Augenwinkeln, wie Rin einige der unbeschadeten Blumen pflückte und versuchte Inuyashas Ohren mit eben diesen zu dekorieren, was der Hanyou natürlich nicht als sonderlich erquickend empfand. Tashomaru schien die Kampfschäden an der Hütte in Augenschein zu nehmen, während Izayoi vorsichtige Versuche machte Freundschaft mit dem zweiköpfigen Drachen zu schließen, welcher dieser Idee zumindest mit einem seiner Köpfe nicht abgeneigt zu sein schien, während der andere Kopf abwartend jede Reaktion seines Herren beobachtete, welcher nun da er sah, dass Sayumi sich erhoben hatte allerdings keine Beachtung mehr für sein Reittier übrig zu haben schien. „Sayumi!“ Erleichtert über die Ablenkung durch die braunhaarige Yokai suchte Inuyasha sofort das Weite, während es Rin nicht sonderlich interessierte, dass ihr bisheriger Spielgefährte sich lieber bei seinem Vater versteckte, als sich weiterhin von ihr dekorieren zu lassen. So schnell ihre kurzen Beine das Menschenmädchen tragen konnten war sie aufgesprungen und in Richtung der näherkommenden gerannt, wobei sie allerdings Jaken übersah, welcher sich gerade ein schattiges Plätzchen suchte, an welchem er sein Nickerchen halten konnte. Mit einem lauten Schmerzensschrei stürzte Rin der Länge lang über den Krötendämon, welcher Augenblicklich zu zetern begann, dass das Menschenkind doch gefälligst besser aufpassen sollte, wohin sie lief. „Jaken!“ Sesshomarus Stimme hatte ihre altbekannte Stärke und Schärfe zurückgewonnen und der Kröterich begnügte sich nun damit leise vor sich hin zu murmeln, wie ungerecht Sesshomaru-sama doch war und das es dieses Mal wirklich die Schuld des ungeschickten Menschenkindes gewesen war. Izayoi konnte sich ein leises Glucksen nicht verkneifen, während Tashomaru nur amüsiert den Kopf schüttelte. Rin hatte sich unterdessen wieder aufgerappelt und schmiegte sich vertrauensvoll gegen das Mokomoko des Fürsten, welches Sayumi noch immer von der Schulter herab hing, während sie in die Hocke ging, um sich die Wunde am Knie des Kindes anzusehen. „Sayumi, du bist wieder wach! Ich dachte schon du willst gar nicht mehr aufwachen, du hast drei Tage geschlafen und dabei hast du immer gesagt, dass Yokai eigentlich gar keinen Schlaf brauchen!“ Der anklagende Unterton der kleineren brachte Sayumi verhalten zum Grinsen während sie ihr geduldig zu erklären versuchte, dass verletzte Yokai doch mehr Schlaf benötigten als normalerweise, was von dem Energiebündel allerdings sofort wieder in Frage gestellt wurde. „Sesshomaru-sama war doch aber schwerer Verletzt als du und der hat auch nur zwei Tage geschlafen.“ Hätte Sayumi keine so gute Erziehung genossen hätte sie sich in diesem Moment wahrscheinlich, in Erklärungsnot geraten, die Hand vor die Stirn geschlagen. „Sesshomaru-sama ist – ähm …“ „Mein Sohn ist ein Daiyokai, sein Heilungsprozess geht schneller vonstatten, als der eines normalen Yokai, außerdem hat Sayumi das erste Mal in ihrem Leben ihre natürliche Form angenommen, was zusätzlich zu ihren Verletzungen sehr viel von ihrem Youki verbraucht hat – und du darfst nicht vergessen, dass sie zwei Nächte lang unermüdlich an seiner Seite gewacht hat.“ Dankbar lächelte Sayumi zu ihrem Herrn empor, als dieser neben sie trat und mit seinen Erklärungen zu ihrer Rettung ansetzte. Kurz blickte Rin überlegend zu dem Daiyokai hinüber und begann dann zu lachen. Erleichtert legte Sayumi den Kopf in den Nacken, ganz offensichtlich waren Rins Fragen zu ihrer Zufriedenheit beantwortet worden und die Yokai somit aus ihrer Befragung entlassen, auch wenn sie lange geschlafen hatte fühlte sie sich noch immer schwach und erschöpft. Gerade als sie dazu ansetzen wollte Tashomaru zu Fragen, ob er eine Vorstellung davon hatte woher die Nekoyokai gewusst haben konnten, wo er zu finden war, zog eine andere, leise Stimme ihre Aufmerksamkeit auf sich. „Sayumi. Komm her.“ Leicht biss sie sich vor schlecht unterdrückter Nervosität auf die Lippen und zwang sich dazu auf die Beine zu kommen und die kurze Distanz zu dem Fürsten unter dem Baum zu überbrücken. Langsam ließ sie sich neben ihm auf die Knie sinken und senkte den Kopf, während sie vorsichtig sein Schulterfell von ihrem Arm löste, um es ihm zurückzugeben. Allerdings hielt er sie noch bevor sie ihr Vorhaben beenden konnte davon ab und schob sein Mokomoko wieder auf ihrer Schulter zurecht. „Du bist noch nicht wieder bei Kräften, es wird dich warm halten.“ Meinte er leise, ließ ihren Arm wieder los und richtete seinen Blick nachdenklich auf einen imaginären Punkt hinter ihrer Schulter. Erneut drängten sich tausende und abertausende Fragen in den Kopf der Yokai, allen voran die Frage danach, ob er das was er in der Nacht in der er das Bewusstsein wieder erlangt hatte gesagt hatte wirklich ernst gemeint hatte, oder ob auch diese Reaktion lediglich seiner Nahtoderfahrung zuzusprechen war. Allerdings hatte sie in den letzten Jahrhunderten in erster Linie auf die schmerzhafte Art gelernt, wann es besser war den Daiyokai nicht in seinen Gedankengängen zu stören und ihn mit Fragen zu belästigen. Schweigend saß sie eine Weile regungslos neben ihm und beobachte mit wachsender Faszination, wie der Wind mit seinem langen Haar spielte und das gespiegelte Sonnenlicht in seinen goldenen Iriden eine beinahe schon unheimliche Intensität annahm. Beinahe schon ein wenig belustigt nahm sie am Rande wahr, dass Tashomaru und Izayoi es scheinbar vorzogen die momentane Situation zu ignorieren und die Kinder zu beschäftigen, damit diese den Daiyokai nicht aus seinen Überlegungen reißen würden und ihm somit die Chance nahmen vielleicht doch noch seine Stimme wieder zu finden, bevor die Nacht sich des Himmels bemächtigte. Die Versuche die neugierige Rin abzulenken nahmen nach einigen Minuten so lächerliche Ausmaße an, dass Tashomaru – der stolze, unbeugsame Hundefürst – sich sogar dazu hinreißen ließ sich Blumen in die silberne Mähne flechten zu lassen. Wäre Sayumi selbst im Inneren nicht so angespannt gewesen hätte sie, trotz ihres Respekts vor ihrem Herrn, wahrscheinlich lauthals zu lachen begonnen, so nahm sie diese Situation allerdings nur am Rande wahr und zuckte zusammen, als Sesshomaru schließlich zu sprechen begann. „Du solltest dich noch ein wenig ausruhen, deine Wunden waren tief, auch wenn du es nicht bemerkt hast. Schlaf noch ein wenig – aber bleib hier bei mir.“ Der letzte Teil seines Satzes war so leise gewesen, dass Sayumi beinahe geglaubt hätte sich verhört zu haben, allerdings wurde sie eines besseren belehrt, als der Fürst sie einfach ohne ein weiteres Wort mit einer Hand nach unten zog und sie somit dazu brachte mit dem Kopf auf seinem ausgestreckten Bein zum Liegen zu kommen. Leise seufzend schloss sie die Augen und genoss die Ruhe. Irgendetwas – eine leise Stimme in ihrem Inneren – sagte ihr, dass dieser Frieden bei weitem nicht so lange anhalten würde, wie sie es sich wünschen würden. Hosted by Animexx e.V. 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