War of Survivers von see_you ================================================================================ Kapitel 8: Ein neuer Captain America ------------------------------------ „Es wäre einfacher, wenn Cho uns helfen würde“, knurrte Bucky nach der Untersuchung. Er und Bobbi Morse saßen auf einer Bank mit direktem Blick auf den Leichnam, den sie wieder verhüllt hatten. Ein Plobben verriet, dass Bobbi endlich die Weinflasche geöffnet hatte. „Ich mag sie nicht“, sagte sie und stieß ihn mit dem Ellbogen an. „Hol mal ein paar Gläser.“ „Ich sehe hier nur Bechergläser für die Chemikalien.“ „Die gehen auch. Sie sind neu.“ „Wenn du meinst.“ Er gab ihr zwei der Gläser und sie begutachtete sie, ehe sie schließlich achselzuckend den Wein eingoss. „Um wieder auf Cho zurückzukommen....“ „Ich mag sie nicht“, wiederholte Bobbi. „Wenn wir nach Sympathien gehen würden, wäre ich noch nicht einmal hier.“ „Du brichst mir das Herz, Liebling.“ Bobbi gab ihm eines der Gläser. „Hier.“ „Danke. Worauf stoßen wir an?“ „Freundschaft, Liebe, Tod den Sentinels...“ „Mir gefällt `Tod den Sentinels´.“ Die beiden stießen miteinander an und Bucky leerte sein Glas mit einem Zug. Bobbi sah ihn schräg an. „Du bist ein Säufer.“ „Macht die Aussicht.“ Er deutete mit dem Becher auf die Leiche vor ihnen. „Irgendwie ist das pietätlos.“ „Wir machen Fortschritte, das ist alles, was zählt.“ Gedankenverloren ließ sie ihren Wein im Glas wirbeln. „Glaubst du wirklich, dass er tot ist oder hoffst du es nur, um dein Bild von ihm nicht zu zerstören?“, fragte sie schließlich. „Steve hätte sich niemals versteckt. Ich kenne ihn seit wir Kinder waren. Also seit 1924. Das ist eine lange Zeit“, sagte er leicht schmunzelnd. „Menschen ändern sich“, sagte Bobbi. „Du erklärst mir selbst ständig, dass du nicht mehr derselbe Bucky bist. Du bist jetzt der Wintersoldier.“ „Und Steve ist Captain America. Captain America versteckt sich nicht, wenn er andere beschützen sollte.“ Mit leeren Blick starrte er auf die Leiche. „Steve ist tot, das spüre ich.“ „Also brauchen wir eine neue Identifikationsfigur“, bemerkte Bobbi und als Bucky sie verwirrt musterte, erklärte sie: „Na, für unseren Kampf. Wir brauchen ein Thema. Ein Bild, das die Leute inspiriert und ihnen sagt, dass sie sich endlich einmal bewegen sollen. Jemanden mit Identifikationspotenzial.“ Bucky schüttelte den Kopf. „Vergiss es, ich werde nicht deine Marionette.“ „Bleib locker, dich meinte ich doch gar nicht. Du machst den Leuten Angst mit deinem finsteren Blick. Wir brauchen einen Sonnenschein.“ „Du bist auch kein Sonnenschein.“ „Ich sehe mich auch eher als Marionettenspieler.“ Bobbi hob eine Hand und tat, als würde sie eine Puppe bewegen. „Aber ich habe schon eine Idee, wen wir nehmen könnten.“ Ihm schwante übles. „Das ist nicht dein Ernst.“ „Doch. Als Hommage an Captain America brauchen wir ebenfalls einen Captain. Allerdings diesmal auch mal einen, der die Laufbahn tatsächlich hinter sich hat.“ Bobbi drückte auf die Lautsprecheranlage und säuselte: „Carol, Schätzchen, kommst du mal bitte in die Leichenhalle?“ Bucky starrte sie an. „Wenn du mich so rufen würdest, würde ich sofort das Land verlassen und mich den Sentinels zum Fraß vorwerfen.“ Bobbi zuckte nicht mit der Wimper. „Das wär mal eine interessante Obduktion.“ „Hast du alles, was wir brauchen?“, fragte Jane gestresst und griff hastig nach den Taschen. „Wir müssen uns beeilen.“ „Ja doch.“ Darcy zerrte sich den Rucksack auf den Rücken und nahm zwei weitere Taschen in die Arme. Sie strauchelte etwas, dann hatte sie ihr Gleichgewicht wieder gefunden. „Ich komme mir vor, wie ein Packesel.“ Jane lächelte nicht und tatsächlich fragte Darcy kurz, wann sie ihre beste Freundin das letzte Mal lachen gehört hatte. Auf jeden Fall war Thor dabei gewesen. „Komm schon“, sagte sie nur und lugte vorsichtig aus dem einen Fenster. „Gerade sieht alles sicher aus.“ „Juhu“, bemerkte Darcy trocken, dann versuchte sie, die Tür zu öffnen, ohne eine der Taschen mit Lebensmitteln fallen zu lassen. Weder sie noch Jane störten sich noch daran, dass sie stahlen. Es war für einen guten Zweck. Irgendwie mussten die Mutanten und die anderen gefährdeten Menschen ja überleben und die Besitzer dieses Ladens schienen einigermaßen sicher zu sein. Und solche Leute brauchten sich über die derzeitige Lage nun wirklich nicht zu beschweren. Jane trug ihre Taschen vorsichtig aus dem Laden und sah dann nach links und rechts, um nach Passanten oder Autos zu gucken. Aber niemand war auf der Straße. Alle blieben lieber in ihren Häusern, voller Angst, wer als nächstes sterben würde. Darcy folgte ihr und eilig legten sie den Weg zu ihrem Wagen, den sie drei Querstraßen weiter geparkt hatten, zurück. Die Lebensmittel wanderten in den Kofferraum und Darcy setzte sich an das Lenkrad und fuhr los. „Ich hätte nie gedacht, dass ich mal Raubzüge planen würde“, sagte sie, um die Stimmung aufzulockern. Jane sah nur mit unbeteiligtem Gesicht aus dem Fenster. Es war unschwer zu erraten, an wen sie dachte und Darcy gab sich einen Ruck. „Hey, er wacht schon wieder auf. Er ist ein Ase, solche Typen sind schwer zu töten. Ich meine, sein Bruder lebt auch noch und wie oft haben alle versucht, ihn umzubringen?“, fragte Darcy fröhlich. „Loki hat sogar den Hulk überlebt. Wenn er eine Band hätte, hätte er tausende Fans. Die Mädels stehen auf die Bad Boys.“ „Er ist schwer verletzt“, sagte Jane langsam. „Und wir wissen nicht, wie wir ihn behandeln sollen. Erik sagt, dass er die Medikamente verdammt schnell verbrennt.“ „Na ja, er ist der Gott des Donners.“ „Das ist nicht wichtig.“ Jane seufzte. „Es tut mir Leid. Ich lasse meinen ganzen Frust an dir raus und du willst mich nur aufmuntern.“ Darcy erwiderte nichts darauf, einfach, weil sie nicht wusste, was sie hätte sagen können. Sie wussten beide, dass die derzeitige Lage kaum zu ertragen war, aber welche andere Wahl hatten sie schon? Das einzige, was sie tun konnten, war, irgendwie zu überleben und zu warten, bis das Bündnis rund um die Avengers, X-Men und Fantastic Four die Sentinels endlich besiegt hatten. Hoffentlich dauerte der Kampf nicht mehr allzu lange. Die Menschen in den Bunkern bekamen allmählich einen Lagerkoller und der Grund, warum Darcy und Jane immer wieder die Gefahr auf sich nahmen, um die Lebensmittel zu besorgen, war, dass sie es in den Bunkern nicht lange aushielten. Es war dunkel, eng und wenn zu viele Menschen aufeinander hockten, brach unweigerlich Panik und Streit aus. Da nutzten sie es lieber aus, zumindest einige Minuten außerhalb des Bunkers zu sein. Darcy war es noch nie aufgefallen, aber der Sternenhimmel war wunderschön und sie konnte sich an den Sternen und dem Mond nicht sattsehen. Er erinnerte sie daran, wie klein die Erde im Vergleich zu den anderen Planeten des Sternensystems war. Er war für sie ein Symbol der Freiheit geworden. „Halt an“, sagte Jane plötzlich scharf und ohne nachzudenken folgte Darcy sofort ihrem Befehl. Jane hatte das gesehen, was Darcy nicht bemerkt hatte, da sie mit ihren Gedanken wo anders gewesen war. Vor ihnen war dichter Qualm und ein rotes Leuchten brach durch die Bäume. „Ein Feuer!“ Jane hastete aus dem Wagen und Darcy folgte ihr fluchend. „Das ist keine gute Idee!“, rief sie ihr hinterher. „Wir müssen weg, sie könnten noch in der Nähe sein. Jane!“ Doch sie hörte nicht, stolperte durch das Gestrüpp und dann standen die beiden Frauen vor einem Haus, das lichterloh in Flammen stand. Vor dem Haus lagen dunkle Schatten und als sie näherkamen, sahen sie, dass es Menschen waren. Menschen, die allesamt mit leeren Augen in den Sternenhimmel blickten, als würden sie wie Darcy die Freiheit in diesem Anblick genießen. Darcy stand vor der Leiche eines kleines Mädchens. Sie war dürr und hatte rabenschwarze Haare. Haare, die ihr fast das Gesicht verdeckten, aber nur fast. Sie konnte unmöglich älter als fünfzehn Jahre sein und das Gesicht war voller Blut. Auch ihr Kleid, das früher einmal hell gewesen sein mochte, war nun schwarz, doch am schlimmsten waren die kleinen, hellen Fingern, die einen Teddybären umklammerten, als ob das Mädchen, das sonst wohl zu stolz für so ein Kinderspielzeug gewesen war, sich im Moment ihres Todes an eine Erinnerung geklammert hatte. An eine Erinnerung, in der sie glücklich mit diesem Bären gespielt hatte. Die Nägel des Mädchens waren dezent pink lackiert, ebenso wie Darcys. Sie stolperte zu einem der Bäume und übergab sich, spürte kaum Janes Finger, die sie an der Schulter berührte. Sie dachte nur an die Finger, die den Teddybären festhielten und ihn nie wieder loslassen würden. „Darcy!“ Sie riss die Augen auf und starrte in Tonys Gesicht, hinter ihm standen FitzSimmons, May, Steve und Bruce. Dann stieß sie Tony zur Seite, stolperte in das Badezimmer und übergab sich. Sie spürte Finger an ihrer Schulter, zarte Finger, die die Erinnerung an den Traum nur realer machten und brüllte: „Verschwinde!“ Sie wusste nicht, wer es war, ob Simmons oder May, aber derjenige ging tatsächlich und stattdessen strich ihr eine kräftige Hand über den Rücken, um sie zu beruhigen. „Du bist in Cleveland“, murmelte Thor leise. „Wir haben England verlassen. War es das Feuer?“ Darcy nickte schluchzend. Sie hatte einen ähnlichen Teddybären gehabt. Hatte denselben Nagellack gehabt, den sie danach weggeworfen hatte. Der Nagellack, den tausende hatten und den sie nun mit dem Tod verband. Ihr kam das Mittagessen wieder hoch. „Alles okay“, sagte Thor zu jemand anderen, aber es war nicht okay, nicht nach Darcys Empfinden. „Lasst ihr etwas Ruhe. Seht euch die Karte an, ich habe schon einmal alles, was ich wusste, eingetragen.“ Darcy hörte, wie sich alle entfernten, aber es war ihr egal. „Überall Feuer, überall Blut“, weinte sie. Ihr Hals brannte wie damals durch den ganzen Rauch und fast konnte sie sagen, dass sie sogar Verbranntes roch. Sie würgte, aber ihr Magen war leer und Thor wiegte sie und summte ein Lied, von dem er ihr einmal erzählt hatte, dass es seine Mutter ihm und Loki vorgesungen hatte, nachdem einer der beiden einen Alptraum gehabt hatte. Und langsam, ganz langsam, wurde das Bild von dem brennenden Haus und des toten Mädchens, das Bild von dem Teddybären, dunkler und löste sich auf. Carol Danvers salutierte mit schiefen Grinsen, als sie in die Leichenhalle kam.  „Was gibt´s?“, fragte sie, als würde sie die zugedeckte Leiche nicht sehen. Bobbi warf Bucky einen Blick zu. „Siehst du?“, erkundigte sie sich. „Ein Sonnenschein. Und ein Captain.“ „Sie ist zu jung“, knurrte Bucky. „Nicht jeder kann 101 Jahre alt sein und wie ein Dreißigjähriger aussehen“, konterte sie. „Nebenbei, solltest du sterben, kann ich deine Leiche obduzieren und mit deinen Genen eine Anti-Age-Creme herstellen?“ Der Wintersoldier sah Bobbi so mordlüstern an, dass Carol sich räusperte. „Wenn ich euch nur zusehen soll, wie ihr euch gegenseitig angiftet, kann ich ja wiedergehen. Mal ehrlich, wir essen immer zusammen und das hier ist nichts neues. Außerdem bin ich gerade dabei, die Spuren von-“ „Herzlichen Glückwunsch, du bist der neue Captain America“, strahlte Bobbi und stieß Bucky ihren Ellbogen in die Seite, ehe er etwas sagen konnte. Carol blinzelte, sicher, dass sie sich verhört hatte. „Bitte?“ „Du bist der neue Captain America. Na ja, du kannst dir gerne einen neuen Namen aussuchen, aber wir brauchen jemanden, der in der ersten Reihe steht und für die Masse lächelt.“ „Und als erstes abgeschossen wird“, ergänzte Bucky fröhlich. „Wenn, dann solltest du ihr auch das Kleingedruckte geben, Morse.“ Bobbi wank ab. „Nah, das Kleingedruckte interessiert eh niemanden. Oder hast du es jemals gelesen?“ „Ich würde gerne noch einmal den Part über das Sterben und meine Rolle allgemein ansprechen“, bemerkte Carol. „Ist mein Ableben sicher? Denn dann könnt ihr euch einen neuen Captain-America-Ersatz suchen.“ „Ziemlich sicher“, antwortete Bucky, während Bobbi sagte: „Na ja, fifty-fifty.“ „Manchmal denke ich, dass ihr beiden nicht mehr richtig tickt“, sagte Carol. „Dann kommen solche Situationen und ich weiß es ganz sicher.“ „Beruhige dich, er übertreibt nur etwas“, beschwichtigte Bobbi sie. „Was glaubst du eigentlich, was wir hier unten machen?“ „Ehrlich gesagt glaubt jeder, dass ihr nach einem Weg sucht, um die nicht vorhanden Mutanten zu schützen.“ Carol deutete auf die zugedeckte Leiche. „Ich dagegen denke, dass ihr zu viele Filme gesehen habt und nun `Doktor Frankenstein´ spielen wollt.“ „Ganz falsch, meine Liebe“, sagte Bobbi ernst. „An der Wiederbelebung hat sich schon S.H.I.E.L.D. die Finger geschnitten und wir haben im Gegensatz zu ihnen kein Alien im Haus.“ „Jammerschade“, bemerkte Bucky. „Jedenfalls versuchen wir, keine Mutanten zu schützen, sondern euch. Es gibt sowieso keine Mutanten mehr, die sind alle tot.“ „Was wir vorhaben, ist eine Art Supersoldatenserum 2.0“, sagte Bobbi mit leuchtenden Augen. „Und du bist unser Steve Rogers.“ Bucky grummelte etwas vor sich her. „Jaja, unser Wunsch-Versuchskaninchen.“ „Mir gefällt die Richtung nicht, in die das Gespräch hier läuft“, gestand Carol vorsichtig. „Das klingt mir ein bisschen zu sehr nach Menschenexperiment.“ „Klar, ist es ja auch.“ Bobbi zuckte mit den Achseln. „Aber es ist auch die beste Idee, die wir bisher hatten.“ „Und...was soll dieses Serum 2.0 alles so können?“ „Da sind wir noch gerade dabei. Die Klassiker wie übermenschliche Stärke, Geschwindigkeit und Reflexe sind auf jeden Fall dabei, du bist schließlich unser neuer Supersoldat. Das andere kannst du dir aussuchen.“ Bobbi stand auf und ging zu den Schränken, hinter denen die obduzierten Leichen aufgebahrt wurden. Sie klopfte auf eine der Türen. „Hier, deine Auswahl.“ Carol wurde kreidebleich. „Ihr habt die Mutanten, die wir für euch ausbuddeln sollten, obduziert, um an die Gene heranzukommen? Seid ihr wahnsinnig? Was habt ihr euch dabei gedacht?“ „Das Leben unter einer freien Gesellschaft“, sagte Bucky. „Keiner will mehr unter dem Joch der Setinels leben. Bobbi und ich sind bereit, alles in unserer Macht stehende zu tun, um diese verdammten Roboter zu zerstören. Danach haben wir keine Probleme damit, wenn ihr uns vor ein Gericht stellt. Aber bis dahin tun wir alles menschenmögliche.“ Bucky stand ebenfalls auf und ging zu Carol, sodass sie sich direkt gegenüber standen. „Steve- Captain America- war dazu gedacht, die Menschen zu befreien und er wurde zum Supersoldaten, um den Zweiten Weltkrieg zu beenden. Das hier kann man ebenfalls als Weltkrieg bezeichnen, einen Krieg gegen Sentinels.“ Er fixierte sie. „Und nun frage ich dich, Danvers, was bist du bereit, zu tun?“ Sie zögerte nicht. „Alles. Ich habe ab der ersten Minute gegen die Sentinels gekämpft und jetzt höre ich nicht auf.“ Sie strafte ihre Schultern und sah zu Bobbi. „Ich will eine Liste aller Möglichkeiten.“ Bobbi nickte lächelnd. „Kriegst du.“ „Noch eine Frage.“ Carol deutete auf die zugedeckte Leiche. „Wer ist das? Er oder sie ist schließlich schon die ganze Zeit hier. Ist es... ein Bekannter?“ „Ich glaube nicht, dass du ihn gekannt hast“, sagte Bobbi. „Das war mein Namensvetter. Ein Mutant. Er hieß Bobbie Drake alias Iceman.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)