War of Survivers von see_you ================================================================================ Prolog: -------- Sie starb. So viele Kämpfe, so viele Pistolenkugeln, denen sie so knapp ausgewichen war. Und nun starb sie an einer einzigen Wunde, die zunächst nur wie ein kleiner Schnitt ausgesehen hatte. Seit Wochen schon quälte sie sich mit ihrer Verwundung und nun forderte die Anstrengung ihren Tribut. Sie konnte schon lange nicht mehr stehen ohne Schmerzen zu haben und die letzten Stunden hatte sie nur überstanden, weil sie ihr genug Schmerzmittel gegeben hatten. Die beiden Kinder schliefen, vollkommen erschöpft von der Angst und der Trauer. Er saß neben ihr, legte ihr immer wieder einen nassen Lappen auf die Stirn und gab ihr Wasser. Die wenigen Ähnlichkeiten, die er einmal mit seinem Bruder hatte, waren nun unter einer dicken Schicht Schmutz verborgen, die Haare waren lang und filzig, der Ausdruck in seinem Gesicht verhärmt. Sie sah vermutlich nicht besser aus. „Pass auf die Kleinen auf“, flüsterte sie. Die Kinder mussten nicht unbedingt aufwachen und ihr beim Sterben zusehen. So war es ihr lieber, auch wenn sie lieber in einer anderen Gesellschaft gestorben wäre. „Denn wenn nicht... komme ich als Geist wieder und mach dir das Leben zur Hölle.“ Er lächelte bitter. „Es ist nicht dein Geist, den ich fürchte“, antwortete er leiser. „Du ahnst nicht, wie oft ich mir wünsche, dass ich tot wäre und jemand anders dafür leben würde.“ „Sie haben keinen anderen mehr als dich“, murmelte sie. Seine Dämonen waren ihr egal, die Kleinen zählten. Von ihr würde er keine Absolution erhalten. „Rede nicht vom Tod, halte sie am Leben. Pass auf, dass sie in Sicherheit sind.“ Die kleine Kerze, die sie brennen ließen, um nicht in völliger Dunkelheit leben zu müssen, flackerte und kurz dachte sie, ein anderes Gesicht vor sich zu haben. Ein etwas runderes, weniger ernstes Gesicht. Mit dunklen Augen, die sie scheu ansahen. Ein unsicheres Lächeln. „Ich versuche es. Aber ich bin nicht dafür geschaffen. Ich kann so etwas nicht“, sagte er verzweifelt mit einer falschen Stimme. Diese Stimme gehörte nicht zu ihm, sondern zu einem anderen, einem Mann, den sie nicht mochte und wohl niemals mögen würde. Wie kam er bloß zu dieser Stimme? Wieso hatte er nicht seine eigentliche Stimme? War das nicht eigentlich egal? Er war wieder hier, bei ihr. Er war bei ihr, wenn sie starb. Sie lächelte. „Du brauchtest lange, um nachhause zu kommen“, sagte sie mit zitternder Stimme. Er sah sie irritiert an und fühlte ihre Stirn. „Du hast Fieber. Vermutlich Halluzinationen. Hier, nimm noch eine Tablette, dann geht es dir bestimmt bald wieder besser. Komm, die Kleinen brauchen dich.“ „Du kommst zu einem ziemlich schlechten Zeitpunkt. Wir hätten deine Hilfe brauchen können“, flüsterte sie und bereute sofort den Vorwurf. „Ich bin dir nicht böse, ich bin mir sicher, du hattest deine Gründe. Aber du hättest früher kommen können und dann wäre es vielleicht anders gekommen. Es sind so viele gestorben.“ „Wir müssen dein Fieber runter kriegen, wir müssen-“ „War ich der Grund?“ Ihre Stimme erstarb fast. „Bist du deswegen gegangen? Wegen mir?“ Vor ihren Augen verschwamm alles. Er ließ die Hand mit dem Wasserglas sinken und beobachtete, wie sich ihre Augen mit Tränen füllten. „Nein“, sagte er schließlich sanft. „Du warst nicht der Grund. Du wärst... der einzige Grund gewesen, warum ich geblieben wäre. Aber ich musste gehen.“ „Ich war also nicht genug.“ „Doch, natürlich. Ich bin schließlich wieder hier, oder? Ich habe nur einen kleinen Umweg gemacht. Darum hat es so gedauert“, sagte er hastig. „Ich bin wieder hier, bei dir, hörst du? Ich musste gehen, aber ich bin wieder gekommen, weil ich bei dir sein wollte.“ Sie lächelte schläfrig. Sie war so müde, so unendlich müde, aber das musste sie ihm noch unbedingt sagen. Etwas, an das sie die letzte Zeit immer häufiger hatte denken müssen und sie hatte es bereut, es ihm nie gesagt zu haben. Doch sie hatte eine zweite Chance erhalten, er war wieder zu ihr zurückgekommen. Diese Chance musste sie nutzen. „Ich habe dich vermisst“, hauchte sie und er beugte sich vor, um sie besser verstehen zu können. „Ich habe dich so sehr vermisst. Ich liebe dich.“ Er machte einen gequälten Laut. „Ich liebe dich auch. Deswegen bin ich hier bei dir“, flüsterte er, aber sie hörte die Worte nicht mehr. Ihre Augen sahen bereits blicklos in die Dunkelheit. Er versuchte, die Schmerzenslaute zu unterdrücken, dass wusste sie und deswegen bemühte sie sich noch viel mehr, ihn möglichst vorsichtig durch den Gang zu ziehen. Aber er war einfach zu schwer verletzt und vor allem zu schwer, als dass sie ihn komfortabel hätte tragen können. „Warte, warte einen kleinen Moment“, keuchte er. Er war kreidebleich, die wenigen Haare klebten auf seiner Stirn. Schwer stützte er sich an der Wand ab und sank langsam auf den Boden. „Ich bleibe hier. Du holst FitzSimmons, vor allem Simmons. Hast du das verstanden?“ „Ich lasse Sie nicht hier“, sagte sie mit fester Stimme. Dass er sie geduzt anstatt wie üblich gesiezt hatte, zeigte ihr nur, wie schlecht es ihm wirklich ging. „Kommen Sie, wir sind gleich da, dann sind Sie in Sicherheit.“ Er schüttelte den Kopf und lächelte leicht. „Wir kommen zu langsam voran. Ich bin dir im Moment eine zu große Last. Ohne mich bist du schneller. Du musst die anderen warnen.“ „Ich muss gar nichts“, entgegnete sie trotzig. „Sie mögen zwar mein Boss sein, aber ich-“ „Ich war schon einmal in einer solchen Situation“, unterbrach er sie. „Deshalb weiß ich, dass mein Körper nicht mehr lange durchhalten wird. Und diesmal wird es keine Wiederbelebung geben.“ „Sie werden auch nicht sterben“, sagte sie heftig und ignorierte den Kloß in ihrem Hals. Er war ihr Boss, ja, aber vor allem war er für sie eine Vaterfigur. Jemand, zu dem sie immer kommen konnte, egal was war. Jemand, der ihr vertraute und das schon seit den ersten Minuten. Der sie zum Lachen bringen konnte, wenn sie das Gefühl hatte, dass alles furchtbar war. „Das ist ein Befehl. Geh und warne den Rest des Teams. Ich verschaffe euch etwas Zeit“, meinte er, als hätte er ihr nicht zugehört. Er griff nach seiner Pistole und lächelte sie dann reuevoll an. „Es tut mir leid, ich bin unhöflich. Sehen Sie es als eine meiner letzten Fehltritte an.“ Sie schüttelte den Kopf und kämpfte mit den Tränen. „Ich lasse Sie nicht hier sterben. Wir kommen hier beide raus, das verspreche ich und Sie werden dann-“ „Ich sagte, es ist ein Befehl. Jetzt gehen Sie endlich. Lassen Sie mir die Gelegenheit, noch einmal jemand zu sein, der sein Leben aufs Spiel setzt, um andere zu retten.“ Erstarrt sah sie ihn an und stand langsam auf. Ihr Funkgerät piepte leise und Mack erklärte, dass sie gleich kommen würden. Nur noch wenige Meter trennten sie. Ein weiteres Geräusch am anderen Ende des Flurs zeigte an, dass ihnen nicht mehr viel Zeit blieb. Die Roboter näherten sich. „Ich kann Ihnen maximal zwei Minuten geben“, sagte er mit schleppender Stimme. „Sie müssen schnell sein.“ Er lächelte ein wenig breiter. „Noch etwas. Ich bin sehr stolz darauf, Ihr Vorgesetzter gewesen zu sein. Und ich bin stolz, dass ich Sie kennenlernen durfte.“ Jetzt konnte sie sich nicht mehr zusammenreißen und sie wimmerte auf. Sie weinte nicht um ihn, sondern weil sie ihren Entschluss schon längst gefasst hatte. Und er ihr den niemals verzeihen würde. „Es tut mir leid“, stammelte sie deshalb nur und stieß ihn wieder auf den Boden zurück, als er sich gerade wieder aufgerichtet hatte. Dann sprintete sie zum Flurende, dort, wo sich die Sentinels immer weiter näherten. Er brüllte ihren Namen, aber das blendete sie aus. Sie blendete alles aus. Ihre Ängste, ihre Trauer, ihre Schmerzen. All das war nicht mehr wichtig. Wichtig war nur, die Menschen zu schützen, die ihr wichtig waren und die Sentinels zumindest etwas aufzuhalten. Sie hatte keine Pistole, aber die hätte auch keinen Sinn gemacht. Sie hatte ihre eigenen Waffen. Und ein Erdbeben war auch viel wirkungsvoller als ein paar Pistolenkugeln. Sie wartete, bis die Roboter nah und er weit genug entfernt waren. Dann erschütterte das Erdbeben den Flur und ließ die Decke über sie und die Roboter zusammenkrachen. Das letzte, was sie hörte, war sein Ruf. „Skye!“ „Pepper, ich bin gleich da“, rief er entsetzt und düste auf das Stark-Anwesen in Malibu zu. Noch zwanzig Sekunden, dann wäre er bei Pepper und Happy und würde diese verdammten Sentinels zerbomben. „F.R.I.D.A.Y., wie sieht es mit dem Abwehrsystem aus?“ „Es wurde vollkommen zerstört, Sir“, antwortete die kühle Frauenstimme und er fluchte. „Versuch mich noch einmal, mit Pepper zu verbinden!“, forderte er. Die KI gehorchte und er konnte seine Freundin hören. Im Hintergrund explodierte etwas und sie schrie auf. „Was war das? Schatz, red´ mit mir!“ „Happy, er ist, er ist…“, schluchzte sie. „Oh Gott, Tony, das Abwehrsystem funktioniert nicht mehr, sie haben die ersten oberen Etagen zerstört. Ich bin im Keller und ich- nein, Dummy, du bleibst hier!“ Obwohl es unangemessen war, musste er lachen, als er ihre schrille Stimme hörte. „Ich komme sofort“, versicherte er ihr. „Noch zehn Sekunden, dann bin ich bei dir und hole dich da raus und ich schwöre, ich werde diese Dinger-“ Plötzlich explodierte wieder etwas und die Verbindung brach mit einem knackenden Geräusch aus. „F.R.I.D.A.Y., sofort verbinden!“, schrie er. „F.R.I.D.A.Y.!“ „Sir, ich-“, weiter kam die KI nicht mehr, denn am Horizont tauchten die Umrisse von seinem Anwesen auf, das er neu aufgebaut hatte, nachdem Aldrich Killian es zerstört hatte. Das Anwesen, in das er sich zurückzog, wenn die Avengers und das Weltretten ihm eine Pause abverlangten. Das Anwesen, indem sie auf ihm immer wartete. Und das nun in lodernden Flammen stand. „Pepper sagte, sie ist im Keller, such mir den besten Weg dahin“, sagte er hastig und versuchte, das Gefühl im Mageninnere zu ignorieren. „Sir, laut der Wärmebildkamera ist die Temperatur zu hoch.“ „Der Anzug hält das durch, jetzt mach schon.“ „Der Anzug hält die Temperatur aus. Der menschliche Körper nicht.“ Die KI verstummte kurz. „Es tut mir leid, Sir, aber ein Überleben in diesem Brand ist absolut unmöglich.“ Und als ob das Anwesen die Worte der KI unterstützen wollte, implodierte es vor seinen Augen. Er ließ seinen Bogen in dem Moment sinken, indem die Sentinels ihn umzingelt hatten und ihre Geschütze aufleuchteten. Er konnte nicht mehr entkommen und in wenigen Sekunden würde er tot sein, das wusste er nur zu gut. Seltsam ruhig sah er an einem der Roboter vorbei, erkannte fünf Gestalten, die von ihm und den Robotern wegstolperten. Gut. Er hatte ihnen so viel Zeit verschafft, wie er konnte, das war der einzige Zweck seines Kampfes gewesen. Er hatte sich nie sonderlich viele Hoffnungen gemacht, die Begegnung mit den Sentinels zu überleben, aber er hatte gekämpft, um zumindest fünf Menschen die Chance zu geben, zu überleben. Er hatte sein Versprechen nicht ganz halten können, stattdessen musste er hoffen, dass die beiden es schaffen würden, die anderen drei zu schützen. Sie mussten sich zusammenraufen, damit es funktionieren würde. Sie mussten ein Team sein. Er hätte niemals gedacht, dass er ihm vertrauen würde und er hätte auch niemals gedacht, dass er sie überleben würde. Aber in diesen Zeiten musste er die Situation nehmen wie sie war und gerade war er wohl die beste Wahl, um die drei zu schützen. Er konnte es nicht mehr, er würde sein Opfer mit dem Tod büßen. Er sah vor seinem inneren Auge noch einmal all die Gesichter, die er liebte und denen er ein längeres Leben als seines wünschte. Und dann sah er das Gesicht, dem er sein ganzes Glück, das Beste, was er in diesem Leben getan hatte, anvertraut hatte und er schrie, kurz bevor die Roboter ihn mit ihren Geschützen töteten: „Denk an dein Versprechen!“ Über ihnen donnerte es wieder und alle zuckten zusammen. Ian war kreidebleich im Gesicht und zitterte, während Erik wenigstens versuchte, zuversichtlich zu wirken. „Das ist ein Schutzbunker aus dem Zweiten Weltkrieg“, sagte er in einem lockeren Tonfall, als würde er über das Wetter reden. „Der hat bislang noch jede Bombe überlebt.“ „Was ist mit Robotern?“, fragte Ian erschüttert und Erik warf ihm einen wütenden Blick zu. „Hast du etwa ein besseres Versteck als dieses hier?“, fuhr er ihn an. „Hört auf euch zu streiten“, mischte sie sich ein. Sie hielt noch immer Thor im Arm, der von einem der Roboter schwer verletzt worden und noch immer ohnmächtig war. „Das hilft uns jetzt auch nicht weiter.“ „Natürlich hilft es uns nicht. Wir werden hier sterben, Jane“, sagte Ian bitter. „Wir werden sterben. Darcy ist bestimmt auch schon tot.“ „Da können wir uns nicht sicher sein, sie könnte auch Schutz gesucht haben“, hielt Erik dagegen. „Sie ist clever, bestimmt geht es ihr gut.“ Ian setzte wieder an, etwas zu sagen, aber sie versuchte ihn zu ignorieren und legte ihre Stirn an Thors. „Bitte wach auf“, flüsterte sie. „Ich flehe dich an. Ohne dich können wir das alles nicht schaffen. Bitte wach wieder auf, Thor.“ „Schnell, beeilt euch“, rief sie den Schülern des Instituts für begabe Jugendliche zu. Angespannt sah sie in den Himmel, indem jedem Augenblick die nächsten Sentinels auftauchen würden. Warparth hatte ihnen vor wenigen Momenten mitgeteilt, dass weitere auftauchen würden, deshalb waren sie gerade dabei, die Schule zu evakuieren. Einige der X-Men jedoch, zum Beispiel Logan, Beast und Bishop, würden hierbleiben und kämpfen, um allen genügend Zeit zu geben. Natürlich hatten sich auch andere freiwillig gemeldet, aber niemand hatte es ihnen erlaubt. Sie schnaubte. Als ob sie es zulassen würde, dass nur ein einziger Schüler in den Kampf gegen die Sentinels zog. Der Schutz der Schüler war die Aufgabe der Lehrer und daran würde sich Storms Meinung nach nichts ändern. „Hört auf zu trödeln“, schimpfte sie, als sie Kitty, Bobby, Rogue und Colossus unschlüssig vor der Schule stehen sah. Storm deutete auf eines der pinken Portale, die Blink in aller Eile erschaffen hatte. „Beeilt euch, das hier ist nicht euer Kampf. Kämpft, wenn der Zeitpunkt gekommen ist.“ „Was ist mit euch, Storm?“, fragte Rogue und stemmte die Hände in die Hüfte. „Wir haben noch keinen Weg gefunden, die Sentinels zu zerstören. Wo ist der Professor?“ Ihre Worten machten deutlich, dass sie nicht gehen würde. „Das ist jetzt nebensächlich, bringt euch in Sicherheit.“ Sie sah Bobby flehend an. Logan und er waren meist die einzigen, die die Mutantin zur Besinnung bringen konnten. „Jetzt komm, Storm hat Recht“, sagte Bobby auch behutsam, bis Colossus hinter ihm nur schnaubte. „Das ist Zeitverschwendung“, bemerkte er und verwandelte sich in seine Metallform, bevor er Rogue über die Schulter warf und mit ihr durch eines der Portale sprang. Sie konnte Rogue noch wütend brüllen hören, doch sie lächelte nur zufrieden und bedeutete Kitty und Bobby, ihren Freunden zu folgen. „Ich bleib hier“, sagte Bobby mit fester Stimme und Kitty nickte. „Wir müssen einen Plan aufstellen. Was wäre, wenn ich-“ In dem Moment wurden die beiden Mutanten nach vorne in ihre Richtung gestoßen und sie fing Kitty geistesgegenwärtig auf. Dort, wo die zwei eben gerade noch gestanden hatten, war nun Beast und er schaffte es noch, sie gequält anzulächeln, kurz bevor er in Flammen aufging. Kitty schrie auf, als plötzlich mehrere Sentinels vor ihnen landete und sie stieß das Mädchen zu Bobby, bevor sie aufstand, um zumindest einige Roboter mit ihren Blitzen zu zerstören. Aus den Augenwinkeln sah sie, wie ihre Schüler hastig durch eines der Portale sprangen und sie hörte Logans wütendes Brüllen, als er den Kampf begann, um seinen eben verstorbenen Freund zu rächen. „Es ist nun einmal die Aufgabe der Lehrer, ihre Schüler zu schützen“, dachte sie noch, dann schickte sie einen Blitz durch das Portal, als Zeichen für Blink, es zu schließen. Das war ihr Kampf. Er stolperte über das Schlachtfeld, über das er gestern, als es noch als der Central Parks zu erkennen gewesen war, mit Sharon spaziert war. Doch nun war es vollkommen zerbombt; die Bäume waren ausgerissen, die sorgfältig gelegten Beete zerstört, Trümmerteile von den Gebäuden in der Nähe lagen überall verstreut. Und neben all dem das, was allgemein ein Schlachtfeld auszeichnete: Verletzte und Tote, beständige Schreie, Blut und Tränen. Einige sahen ihn an, schienen ihn zu erkennen, obwohl er seine Uniform nicht trug, sondern in zivil war. Andere saßen nur völlig verstört da. Er wusste, dass er ihnen helfen musste, dass es seine Pflicht war, aber er konnte nicht. Er konnte nur in jedes Gesicht sehen, egal ob tot oder lebendig und mit dem Gesicht abgleichen, das er suchte. Sharon. Wo war sie bloß? Es würde nichts bringen, wenn er rufen würde, es war einfach zu laut hier. Sie würde ihn ja doch nicht hören. Konnte sie ihn überhaupt hören? Vielleicht war sie ohnmächtig und rief deshalb nicht nach ihm. „Vielleicht ist sie auch tot“, flüsterte eine Stimme in ihm. „Eine weitere Carter, die tot ist. Vielleicht wurde sie von diesen Laserstrahlen gegrillt. Vielleicht wurde sie von den Trümmerteilen erschlagen. Vielleicht haben die Roboter sie aufgeschlitzt. Vielleicht wurde sie-“ Er schüttelte den Kopf, versuchte, diese Gedanken auszutreiben. Dann, endlich, ein leises „Steve...“ Er folgte der Stimme und sank neben der halb ohnmächtigen Sharon nieder. Einige Steinbrocken lagen halb auf ihren Beinen, sie hatte mehrere Platzwunden, vielleicht auch Knochenbrüche und sie würde vermutlich viele blaue Flecken davontragen, aber sie lebte noch und das zählte für ihn. Vorsichtig hob er sie in seine Arme und strich ihr die Haare aus dem Gesicht. Ihre Augen flatterten und sie atmete schwer, als sie sagte: „Wie viele...?“ „Ich weiß es nicht“, murmelte er und sah mit ausdruckslosem Gesicht auf die Zerstörung um sich herum. „Ich weiß nicht, wer alles tot ist.“ Kapitel 1: Der Beginn einer neuen Zeit -------------------------------------- 3. September 2006: Nachdem der Kampf um das Heilmittel gegen das X-Gen durch die Mutantin Jean Grey so viele Menschenleben gefordert hatte, wurde von der US-Regierung und mit besonderer Unterstützung von Senator Stern beschlossen, gegen feindlich gesinnte Mutanten vorzugehen. In diesen Tagen entdecken sie einige Entwürfe für Roboter, die bereits in den 70ern gebaut, dann jedoch fallen gelassen worden waren. Die US-Regierung beginnt mit der Verbesserung der Roboter und unter der Leitung von Justin Hammer startet das Projekt unter dem Namen „Sentinel“. Vor der Öffentlichkeit wird dieses Projekt geheim gehalten. 15. Mai 2008: Justin Hammer wird wegen seiner Kooperation mit Ivan Vanko und der Gefährdung zahlreicher Menschenleben verhaftet. Das Projekt „Sentinel“ wird der Firma „Centipede“ übergeben. 23. August 2012: Die Welt wird von einer Alienrasse bedroht und bestärkt den Glauben der US-Regierung, die Roboter weiterzuentwickeln. Nach dem Kampf in New York erhalten sie außerdem die volle Unterstützung der anderen Regierungen, obwohl die Avengers die Krise abwenden konnten. 10. Dezember 2013: Trotz anhaltenden Vermutungen, dass Centipede möglicherweise von einer feindlich gesinnten Organisation aus dem Zweiten Weltkrieg geleitet wird, bricht Senator Stern das Projekt „Sentinel“ nicht ab, sondern bestärkt die unterstützenden Regierungen weiterhin. Die Öffentlichkeit und besonders die Avengers und das Institut für begabte Jugendliche werden nicht in Kenntnis gesetzt. 5. März 2014: Senator Stern wird vom FBI wegen seiner Hydra-Mitgliedschaft verhaftet, das Projekt wird dennoch von Centipede unter dem ausdrücklichen Wunsch von Senator Ward weitergeführt. Um öffentliche Proteste zu vermeiden, werden alle Unterlagen, die die bisher verhafteten involvierten Personen besaßen, vernichtet. 7. April 2015: Nach dem plötzlichen Tod von Senator Ward fällt das Projekt „Sentinel“ endgültig in die Hände von Centipede. 20. Juli 2015: Sokovia und andere Teile der Welt werden durch den Kampf zwischen den Avengers und dem Roboter Ultron zerstört. Erste Stimmen werden laut, das Projekt „Sentinel“ zu stoppen, doch es wird mit dem Hinweis auf die Zerstörungen des Hulk weitergeführt. Der Aufenthaltsort des Hulk oder auch Dr. Bruce Banner ist den Avengers nicht näher bekannt und die Gruppe beginnt, sich neu zu formieren. Statt dem Hulk, Tony „Ironman“ Stark, Clint „Hawkeye“ Barton und Thor befinden sich nun Wanda „Scarlet Witch“ Maximoff, Vision, Sam „Falcon“ Wilson und Leutnant James „War Machine“ Rhodes im Team. Ende des Jahres folgt Peter „Spiderman“ Parker. 9. September 2017: Die Öffentlichkeit wird erstmals von dem Projekt „Sentinel“ informiert und es werden die ersten Prototypen vorgestellt. Die Mutanten des Instituts für begabte Jugendliche reagieren entsetzt und fordern den Abbruch. Die Avengers unter Steve Rogers alias Captain America unterstützen sie, mit besonderem Augenmerk auf ihre Mitglieder, die ebenfalls unter das Muster der Mutanten fallen könnten, Peter Parker und Wanda Maximoff. Die Meinung der Öffentlichkeit ist gemischt; während einige das Projekt befürworten, demonstrieren andere für den Schutz der Mutanten. 2. Oktober 2017: Eine Liste mit den meist gefürchtetsten und gefährlichsten Menschen wird veröffentlicht und stellt die Meinung der Öffentlichkeit dar, von wem sie annehmen, dass dieser der Menschheit am bedrohlichsten werden könnte. Der Hulk, Logan „Wolverine“ Howlett, Erik „Magneto“ Lehnsherr, Vision und Wanda Maximoff belegen die ersten fünf Plätze. Erst auf dem zwanzigsten Platz befindet sich ein Mensch ohne ein X-Gen oder anderweitigen Fähigkeiten. Auf welche Basis sich diese Liste stützt, kann von Tony Stark nicht ermittelt werden. 31. Oktober 2017: Die Spannungen zwischen den mutantenfreundlichen und -feindlichen Gruppen verstärken sich, als ein Kind von einer Gruppe Teenager lebensgefährlich verletzt wird. Es hatte sich als Beast verkleidet. Tony Stark, Clint Barton und Thor kehren offiziell zu den Avengers zurück. 5. November 2017: Raven Darkholme alias Mystique befürchtet das Schlimmste um die Zukunft der Mutanten und beginnt zu handeln, obwohl Charles „Professor X“ Xavier ihr davon abrät und sie bittet, die Diplomatie zu wahren, um die Öffentlichkeit nicht gegen sich zu wenden. Raven Darkholme, die durch das Heilmittel gegen das X-Gen mehrere Jahre ohne ihre Mutation leben musste, ignoriert ihn und bricht bei Centipede ein, um die Pläne der Roboter zu erhalten. Dabei tötet sie die Centipede-Angestellten, die den Kampf eröffnet hatten und muss flüchten. Trotz der Unterstützung der X-Men und der Avengers muss Raven Darkholme sich vor Gericht verantworten und erfährt, dass sie als Massenmörderin gilt. Keiner der Geschworenen glaubt ihr, dass sie sich nur verteidigt hatten und es werden Videos abgespielt, die die Angestellten ohne irgendwelche Waffen zeigen. Obwohl nicht nur Tony Stark, sondern auch Reed „Mr. Fantastic“ Richards und Hank „Antman“ Pym die Videos als Fälschung entlarven, wird Raven Darkholme zu lebensjahrer Haft verurteilt. Hank „Beast“ McCoy verliert seinen Posten in der Abteilung für Mutantenangelegenheiten, da er sich für Raven Darkholme ausgesprochen hatte. Sie wird am 10. November nach Alcatraz verlegt, kommt aber nie dort an. Nachforschungen bezüglich ihres Aufenthaltsortes verlaufen ins Nichts. 15. November 2017: Da niemand weiß, wo Raven Darkholme sich befindet und auch Cerebro keine weiteren Anhaltspunkte liefert, beschließen Logan Howlett und Charles Xavier, den X-Men und Avengers von einer anderen Gegenwart zu berichten, in der die Sentinels es schaffen, alle Mutanten auszulöschen. Laut den beiden wurde diese Zukunft nur verhindert, da Logan Howlett mithilfe von Kitty „Shadowcat“ Pryde in die Vergangenheit reiste. Da beide davon ausgingen, dass die Roboter keine Gefahr für sie darstellen, solange Raven Darkholme noch lebt, wurde die andere Gegenwart geheim gehalten. Die Anwesenden geraten in Streit, da sie sich nicht sicher sind, was sie tun sollen: Logan Howlett erneut in die Vergangenheit schicken oder aber einsehen, dass sein Einmischen keine weiteren Ergebnisse hatte. Die Fantastic Four bilden von nun an mit den Avengers und den X-Men ein Bündnis und setzen sich besonders für die Evakuierungen ein. 16. November 2017: Sentinels nehmen das Institut für begabte Jugendliche unter Beschuss, um auf diese Weise die meisten Mutanten auf der Liste töten zu können. Kein einziger Mutant wird verletzt, da Charles Xavier mit Hilfe der Avengers für ein sicheres Versteck gesorgt hatte. Die Öffentlichkeit ist empört, dass Kinder getötet werden sollten und protestieren. Die US-Regierung redet sich heraus, dass es Programmierfehler gibt. 3. März 2018: Trotz langanhaltender Proteste präsentiert Centipede die Sentinels erneut und erklärt, alle Programmfehler behoben zu haben. An diesem Tag zerschießen die Roboter den Central Park und töten alle darin befindenden Mutanten. Unmengen an Passanten werden verletzt. Unter den toten Mutanten befinden sich Kurt „Nightcrawler“ Wagner, Remy „Gambit“ LeBeau und Warren „Angel“ Warrington II. Erik Lehnsherr fordert öffentlich den Abbruch der Roboter und bietet, auf Bitte von Charles Xavier, Centipede eine Frist von zehn Tagen, bevor er selbst eingreift. 8.März 2018: Der Unterschlupft für die Schüler und Lehrer des Instituts für begabte Jugendliche wird von den Sentinels angegriffen. Dabei werden Hank „Beast“ McCoy, Lucas „Bishop“ Bishop und Ororo „Storm“ Munroe getötet. Der Überlebende Logan Howlett berichtet, dass sich die Sentinels an die Fähigkeiten anpassen konnten und bestätigt so, dass Raven Darkholme zu Forschungszwecken missbraucht wurde. 9. März 2018: Die Sentinels töten eine nicht registrierte, dreifache Mutter ohne einem X-Gen oder anderen Fähigkeiten. Auch die Obduktion bietet keine Erklärung für den Tod und Tony Stark äußert die These, dass die Roboter auch dann jemanden töten, wenn bei ihm die Wahrscheinlichkeit hoch sei, dass dieser irgendwann einmal Mutanten in der Familie haben könnte. Clint Barton und Natasha „Black Widow“ Romanoff befürchten den Wahrheitsgehalt dieser These, trennen sich von den Avengers, um die Kinder der Frau zu schützen und brechen jeglichen Kontakt ab. Die Öffentlichkeit reagiert panisch auf den Tod der Frau, da man nun befürchten muss, selbst getötet zu werden. 11. März 2018: Alarmiert von diesen Ereignissen wird beschlossen, Logan Howlett erneut in die Vergangenheit zu schicken und Kitty Prydes Kräfte dafür zu nutzen. Da sie, James „Warparth“ Proudstar und Clarice „Blink“ Ferguson jedoch beständig für die Sicherheit der Mutanten sorgen, wird festgelegt, dass sie zuerst ein sicheres Versteck suchen sollen, indem sie lange genug bleiben können, um Logan Howlett in der Vergangenheit mehr Zeit zu geben. 13. März 2018: Tony Stark, Hank Pym und Reed Richards forschen mit Hochdruck an eine Möglichkeit, die Sentinels auszuschalten und geraten damit selbst in das Visier der Roboter. Die Zerstörung des Avenger-Towers fordert keine neuen Opfer, da die Zivilisten alle rechtzeitig evakuiert worden waren. Die Frist von Erik Lehnsherr endet und er erklärt öffentlich, dass er nun dafür sorgen wird, dass kein weiterer Mutant mehr sterben wird. Charles Xavier und Nick Fury schließen ein Bündnis, um so viele Menschen, Mutant oder nicht, zu retten. In London wird mit der Hilfe von Dr. Eric Selvig, Dr. Jane Forster, Darcy Lewis, Ian Boothby und Thor ein System von mehreren Schutzbunkern angelegt und Clarice Ferguson beginnt, mithilfe von Wanda Maximoff und Vision die Mutanten überzusiedeln. Die Suche nach dem Hulk läuft auf Hochtouren. 20. März 2018: Die Sentinels greifen die Schutzbunker in London an. Die Hälfte der dort anwesenden Menschen sterben, darunter Dr. Jane Forster, Dr. Eric Selvig und Ian Boothby. Der Aufenthaltsort von Darcy Lewis und Thor ist unbekannt. Steve Rogers, Sam Wilson und James Rhodes finden den Hulk in Wakanda, wo er mithilfe des Königs T`Challa „Black Panther“ mehrere Mutanten schützt. Als die Sentinels auftauchen, überleben nur die vier Avengers, die zurück nach New York kehren, um sich dort neu zu formatieren. 2. April 2018: Tony Stark, Hank Pym, Reed Richards und Bruce Banner gelten immer mehr als gefährdet, da sie, um die Öffentlichkeit zu beruhigen, bekannt geben, das Problem „Sentinel“ fast gelöst zu haben. Das Baxter Building wird unter Beschuss genommen, ebenso wie das Stark Anwesen in Malibu. Unter den Opfern befinden sich Reed und Susan „Invisible Woman“ Richards, Johnny „Human Torch“ Storm, Ben „Das Ding“ Grimm, Harold Joseph „Happy“ Hogan und Virginia „Pepper“ Potts. 5. April 2018: Die Sentinels töten Peter Parker und seine Tante, May Parker, löst eine Entsetzenswelle in der Bevölkerung aus, als sie dessen wahren Alter bekannt gibt. Nun ist die komplette Öffentlichkeit gegen die Sentinels und die Regierungen bieten den X-Men und den Avengers sämtliche Unterstützungen an, unter anderem Schutzbunker. 10. April 2018: Es wird beschlossen, dass Kitty Pryde Logan Howlett in die Vergangenheit zurückschickt, während die Avengers und X-Men versuchen, die Sentinels genügend abzulenken, um ihnen Zeit zu geben. Sämtliche Zivilisten wurden vorher von Nick Fury und Phil Coulson in Sicherheit gebracht. Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen wird das Versteck von den Sentinels entdeckt und unter Beschuss genommen, sodass Kitty Pryde mit dem Vorgang nicht beginnen kann. Bei dem Kampf sterben Marie „Rouge“ D`Arcanto, Peter „Colossus“ Rasputin, James Proudstar, Lance Hunter, Maria Hill und Sharon Carter. 12. April 2018: Einer Gruppe S.H.I.E.L.D.-Agenten unter der Leitung von Phil Coulson gelingt es, bei Centipede einzubrechen, um die Sentinels auszuschalten. Doch Centipede hat längst nicht mehr die Kontrolle über die Sentinels, die nun eigenständig handeln. Die Agenten finden nicht nur Aufzeichnungen über Raven Darkholme, die ihren Tod bestätigen, sondern auch Berichte über Ultron, die vermuten lassen, dass Centipede in den Sentinels eine künstliche Intelligenz eingearbeitet hatte. Sentinels versuchen, das Hauptquartier von Centipede zu zerstören. Bevor sie jedoch zu viele Menschen töten können, opfert sich Daisy „Skye“ Johnson und vernichtet die Roboter mit einem von ihr herbeigeführten Erdbeben. Sie ist der einzige Mensch, der auf dem Gelände von Centipede ihr Leben lässt. 15. April 2018: Tony Stark und Steve Rogers entdecken unweit von Mexico City ein Massengrab voller Mutanten, sowie in der Nähe von diesem zwei einzelne Gräber. Der Zahnabdruckabgleich bestätigt die Befürchtung der beiden, dass es sich bei den verbrannten Leichen um die Überreste von Clint Barton und dessen Sohn Nathaniel Pietro Barton handeln. Der Todeszeitpunkt wird auf Ende März, Anfang April geschätzt. Der Aufenthaltsort von Natasha Romanoff sowie Cooper und Lila Barton ist weiterhin unbekannt. 18. April 2018: Kitty Pryde und Logan Howlett sollen um Mitternacht die Zeitreise wiederholen und werden von den Avengers, den Mutanten und den S.H.I.E.L.D.- Agenten unter der Leitung von Phil Coulson und Nick Fury nach Kanada in einen Schutzraum gebracht, der nur den S.H.I.E.L.D.-Agenten bekannt ist. Der ehemalige S.H.I.E.L.D.-Agent Grant Ward findet jedoch die Gruppe und fordert Erklärung bezüglich des Todes von Daisy „Skye“ Johnson. Er beschließt, trotz Proteste, einen Kamikaze-Angriff gegen die Sentinels, um Kitty Pryde und Logan Howlett genug Zeit zu geben, sowie um die verstorbene Agentin zu rächen. Jemma Simmons und Leo Fitz beginnen gemeinsam mit Tony Stark, Bruce Banner und Hank Pyme nach einer Vernichtungsmöglichkeit der Sentinels zu forschen. Alphonso Mackenzie und Bobbi „Mockingbird“ Morse trauen dem Frieden nicht, da die Sentinels seit sechs Tagen keinen Mutanten mehr angegriffen haben und machen sich heimlich auf dem Weg in eine der Centipede-Fabriken, um den Bau der Roboter zu stoppen. Sowohl Grant Ward als auch Alphonso Mackenzie und Bobbi Morse werden nach ihrem Aufbruch nicht wiedergesehen, doch spätere Leichenfunde deuten auf ihren Tod hin. 19. April 2018: Sentinels gelangen in den Schutzraum und greifen gezielt Kitty Pryde und Logan Howlett an. Bei dem Kampf sterben Sam Wilson, James Rhodes, Nick Fury, Roberto „Sunspot“ da Costa und Charles Xavier, während Kitty Pryde schwer verletzt wird. 22. April 2018: Kitty Pryde erliegt ihren Verletzungen und stirbt im Beisammen von Bobby „Iceman“ Drake, Logan Howlett und Erik Lehnsherr, den letzten Mutanten, die offiziell gegen die Sentinels kämpfen und sich nicht im Untergrund verstecken. Bis zu ihrem Tode hatte sie nicht genug Kraft, um Logan Howlett in die Vergangenheit zu schicken. Währenddessen werden in Florida Hank Pym und Janet „Wasp“ van Dyne von Sentinels getötet, als sie versuchen, eine Familie, die möglicherweise das X-Gen in einem ihrer Nachfahren hervorbringen wird, zu evakuieren. 25. April 2018: Phil Coulson und Melinda May beschließen, den Plan von Alphonso Mackenzie und Bobbi Morse durchzuführen und überreden die verbleibenden Avengers und Mutanten, die Fabriken von Centipede zu zerstören, während Tony Stark, Jimma Simmons, Leo Fitz und Bruce Banner weiterhin versuchen, einen Weg zu finden, die Sentinels zu stoppen. 3. Juni 2018: Phil Coulson stirbt während der Zerstörung der fünften Fabrik und vermacht Melinda May die Aufsicht über die noch übrig gebliebenen S.H.I.E.L.D.-Agenten. Die restliche Gruppe kann sich durch ein Portal von Clarice Ferguson retten, weigert sich jedoch, sich an den gleichen Ort zurückzuziehen, wo auch die Mutanten und Zivilisten versteckt werden. Steve Rogers befielt Wanda Maximoff, weiterhin bei der Gruppe rund um Clarice Fergurson zu bleiben, um diese im Notfall zu beschützen. Vision, von dem sie hoffen, dass die Sentinels ihn als Androiden nicht sofort im Visier haben werden, stößt zu ihnen. 5. Juni 2018: Steve Rogers, Vision, Bobby Drake und Logan Howlett brechen zu einer Erkundigungsmission auf, um die noch verbliebende Anzahl der Zivilisten zu kontrollieren und diese zu evakuieren. Bobby Drake kehrt als Einziger nicht zurück und wird neben Kitty Pryde, Marie d`Arcanto, Charles Xavier, Ororo Munroe und den anderen Opfern der Sentinels beerdigt. Steve Rogers veranlasst Clarice Fergurson und Wanda Maximoff, ihnen keine weiteren Verstecke zu verraten und nur noch den Kontakt zu ihnen aufzubauen, wenn sie Hilfe benötigen, um zumindest einige Menschen schützen zu können. Tony Stark, Bruce Banner, Jemma Simmons und Leo Fitz müssen offiziell bekannt geben, dass sie keine Lösung finden können. Die verschwundenen Avengers-Mitglieder Natasha Romanoff und Thor bleiben vermisst und auch die Verbündeten von Asgard mischen sich in den Kampf zwischen den Sentinels und den Menschen nicht ein. Natasha Romanoff, Cooper Barton, Lila Barton, Darcy Lewis und Thor werden für tot erklärt. Eine genaue Registrierung der Todeszahlen ist nicht bekannt. Kapitel 2: Jeder trifft seine eigene Entscheidungen --------------------------------------------------- „Du weißt, dass May uns gesagt hat, dass wir uns das nicht ständig angucken sollen“, sagte Fitz vorsichtig und Simmons zuckte zusammen. „Tut mir leid, ich wollte dich nicht... erschrecken“, ruderte er sofort zurück. Er stand unsicher im Türrahmen, als würde er sich nicht wirklich trauen, in den Raum zu gehen. Oder sich ihr überhaupt zu nähern. Simmons zwang sich zu lächeln und die Erinnerungen an den alten Fitz, der, der er war, bevor Ward sie beide aus dem Bus gestoßen hatte, zu ignorieren und sich endlich an den neuen, in ihrer Nähe unsicheren Fitz zu gewöhnen. „Ich weiß. Ich will sie nur nicht vergessen. Wie sagt man doch? `Erst, wenn man vergessen wird, stirbt man wirklich.´“ Sie sah von einem Bild zum anderen. Logan hatte diesen Raum zynisch „die Toten-Gallery“ getauft und das war er auch. Überall hingen Fotos an den Wänden, erinnerten an die Menschen, die sie verloren hatten. Es waren nicht nur Porträtaufnahmen. Dort war ein Bild von Ward und Fitz, die zusammen Poker spielten, während Coluson und Skye im Hintergrund ein Gespräch führten. Simmons erinnerte sich an diesen Tag, sie selbst hatte das Foto geschossen und wenn sie sich richtig erinnerte, war es kurz nach Peru gewesen. Auf einem anderen Bild standen Bobby, Marie und Kitty auf dem Eis, wobei die letztere von den anderen beiden festgehalten wurde, weil sie es nie geschafft hatte, mehr als einige Sekunden auf dem Eis zu laufen. Auf dem nächsten Foto waren Natasha und Clint an einer Bar zu sehen, wie sie miteinander anstießen. Irgendjemand hatte „Budapest“ darunter geschrieben. Es gab Gruppenbilder der Mutanten, der Avengers, von S.H.I.E.L.D. . Es gab Partybilder, auf denen Steve und Thor ein Wetttrinken machten und ein Unentschieden beschlossen wurde, weil sie Tonys kompletten Alkoholvorrat ausgetrunken hatten. Pepper und Tony lächelten eng umschlungen von einem Bild herunter, während Jane, Eric und Ian hochkonzentriert eine Apparatur aufbauten und Darcy währenddessen gemütlich in einem Sessel saß und Popcorn aß. Logan und Beast gingen plaudern durch einen Flur, aufgenommen von Storm, die das Foto als Selfie getarnt hatte. Die Frauen rund um den Avengers, Pepper, Natasha, Sharon, Jane und Laura, saßen gemeinsam auf dem Sofa und lachten. Reed und Susan heirateten in Japan, neben ihnen standen Ben und Johnny. Die erst zehnjährigen Charles und Raven lächelten schüchtern und dort war auch ein Bild von Nick und Phil, die sich die Hände schüttelten. Die gesamte Anlage, die sie nun bewohnten, war ein deprimierender Ort, weil sie unterirdisch war und dem Abflusssystem ähnelte, aber dieser Raum war der schlimmste von allen. Simmons hatte nicht einmal die Hälfte der Menschen in diesem Raum gekannt, aber wenn sie die Bilder sah, auf denen alle lächelten und glücklich waren und vor allem lebten... dann musste sie die Tränen zurückhalten und sich anstrengen, nicht die Fassung zu verlieren. Fitz hatte Recht, es war nicht gut, dass sie hier war. Aber manchmal musste sie der Wahrheit ins Auge sehen. „Wir haben versagt, Fitz“, flüsterte sie. „Wir haben unsere Freunde im Stich gelassen. Skye hat sich geopfert, um uns alle zu retten, genau wie Coulson, Bobbi und Mack. Sie sind alle tot und wir leben noch. Das ist nicht gerecht.“ „Nichts auf dieser Welt ist gerecht, Schätzchen“, tönte Tony trocken und ging an Fitz vorbei in den Raum. Er sah kurz auf das Foto von Pepper und ihm, dann wandte er sich wieder Simmons zu. „Wir sollten den Raum vielleicht abschließen. Bringt nur Depressionen.“ Mit leerem Blick drehte er sich im Kreis, sah von einem Foto zum anderen, vom boxenden Happy zum dreijährigen Nathaniel Pietro und dann wieder zu Pepper, die beschäftigt am Schreibtisch saß und telefonierte. Genau wie die anderen war er durch den mangelnden Sonnenschein bleich, wodurch die Augenringe noch deutlicher hervortraten. Seit Peppers Tod und der seiner anderen Freunde hatte er wieder mit dem exzessiven Trinken angefangen und Steve und Bruce, die einzigen, auf die er in diesem Bezug hörte, hatten schon bald keine Energie mehr gehabt, das zu unterbinden. Sie waren selber erschöpft und von der Trauer zermürbt. „Jetzt kommt. Cap will anscheinend eine Rede halten. Keine Ahnung, worüber. Das weiß er vermutlich selbst nicht.“ Er deutete mit dem Kopf auf den Flur und ging voran. Simmons warf Fitz einen Blick zu, dann folgten sie ihm langsam. Sie wusste nicht, wofür die Anlage genutzt worden war, bevor die Sentinels aufgetaucht waren, aber nun bewohnten sie sie nun beinahe schon zwei Jahre. Zwei Jahre, in denen sie immer wieder versucht hatten, einen neuen Plan zu entwickeln, es aber nie geschafft hatten. Es waren nicht mehr viele übrig geblieben und das wurde immer wieder deutlich, wenn sie alle in der kleinen Halle waren, die sie als Versammlungsraum nutzten. Von den Mutanten waren nur noch Logan, Erik und Blick übrig, die letztere war aber gemeinsam mit Wanda an einem ihnen unbekannten Ort. Steve, Tony, Bruce und Vision bildeten als Avengers die größte Gruppe, von S.H.I.E.L.D. waren nur noch Fitz, May und Simmons übrig. Es war eine traurige Gruppe und die Stimmung sank mit jedem weiterer Woche, die verging. „Da nun alle hier sind“, sagte Steve, als Tony und FitzSimmons eintraten. „Ich weiß, es ist für uns alle eine schwierige Situation. Von Blink und Wanda haben wir auch schon seit zwei Jahren nichts mehr gehört und niemand von uns weiß, ob es ihnen gut geht oder die Sentinels sie gefunden haben. Jedes Mal, wenn wir an der Oberfläche waren, war die Zerstörung der Sentinels furchtbar, aber soweit wir wissen, sind sie im Moment ruhig.“ „Kein Wunder“, knurrte Logan verbittert. „Sind ja auch nicht mehr so viele Mutanten übrig, dass sie viel Arbeit hätten.“ Steve schloss kurz die Augen, als müsse er sich sammeln, dann verschränkte er die Arme vor der Brust. Nach all der Zeit bemühte er sich immer noch, standhaft auszusehen. „Diejenigen, die keine Mutation in sich tragen oder die Möglichkeit und auch nicht die Sentinels angreifen, leben anscheinend an der Oberfläche ein ganz normales Leben. Keiner von ihnen würde sich uns anschließen, wenn er dafür mit dem Leben bezahlen müsste. Wir sind also auf uns allein gestellt.“ „Wenn wir allerdings weiterhin versuchen, die Sentinels zu zerstören, damit wir wieder ein einigermaßen normales Leben leben können, werden wieder Unschuldige sterben“, murmelte Bruce mutlos. „Das ist das Problem“, stimmte Steve zu. „Wir haben im Moment allerdings noch ein anderes. Tony?“ Der Angesprochene schnippte mit den Fingern. „P.E.P.P.E.R., eine Zusammenfassung bitte.“ Steve warf Tony einen scharfen Blick zu, als er den Namen hörte. Kein einziger von ihnen fühlte sich wohl dabei, dass er eine KI nach seiner verstorbenen Feundin benannt hatte. „Sehr gerne, Tony“, sagte die KI bereits mit Peppers Stimme. „Die Nahrungsmittel beanspruchen zwar einen großen Teil der gesamten Anlage, ist aber endlich. Dasselbe gilt für die Laufzeit der Akkus, aber diese werden noch für einige Jahre halten. Der mangelnde Aufbau des Vitamin D macht sich ebenfalls bemerkbar. Die Wartung der Generatoren wird viel Zeit und Energie verbrauchen.“ „Mit anderen Worten“, sagte Tony laut. „Wir laufen auf Grundeis. Unsere Ressourcen verabschieden sich.“ „Der Mensch ist nicht dafür gemacht, im Dunkeln zu leben“, warf Simmons vorsichtig ein. „Wir koppeln zwar unsere Strom- und Wasserversorgung an das des Stadtsystems, aber das können wir nicht ewig machen“, meinte Bruce. „Es wundert mich bereits, dass es noch niemandem aufgefallen ist, dass die Stadt mehr verbraucht als sie eigentlich sollte.“ „Tolle Bedingungen“, bemerkte Erik düster. „Wir müssen also wieder zurück an die Oberfläche und einen Krieg anfangen.“ „Hier unten sterben wir“, fasste May zusammen. „Und oben ist unser Leben auch nicht sicher.“ Steve fuhr sich müde durch das Gesicht. „Ich bin für Vorschläge offen. Aber unsere Situation lässt uns keine Wahl.“ „Die über uns haben eine verdammt große Stadt aufgebaut“ sagte Tony und deutete an die Decke. „Das ist kein afrikanisches Kuhdorf mehr, sondern eine Metropole. P.E.P.P.E.R. hat sich die Daten angesehen. Das Ganze macht dem alten New York ernsthafte Konkurrenz.“ „Ziemlich viele Leben, die wir dadurch gefährden“, seufzte Bruce. „Entweder sie oder wir.“ „Wenn wir sterben, können wir auch Blick und Wanda nicht mehr helfen“, erinnerte sie Vision. „Leben sie denn noch?“, fragte Tony gereizt. „Mal ehrlich, wir haben hier unten doch auch keine Ahnung mehr, wer alles noch lebt. Wir wissen nur, wer von unseren Freunden tot ist und das sind eine Menge.“ „Vielleicht kommt ja noch Unterstützung aus Asgard“, meinte Fitz hoffnungsvoll, aber Tony schnaubte nur. „Klar, und was haben sie die letzten drei Jahre gemacht? Kleiner, es kommt niemand mehr. Wir sind erledigt.“ „Ich weiß, ihr wollt das alles nicht hören“, tönte Logan finster. „Aber die alte Vergangenheit sah besser aus. Da haben wir zumindest bis 2023 überlebt.“ „Drei Jahre machen den Braten auch nicht fett“, knurrte Tony. „Und wenn unser Genie hier in der Runde eine super Idee hat, sollte es mal damit rausrücken.“ „Ich habe mich nie als Genie bezeichnet“, fauchte Logan. „Aber was ist mit euch vieren? Geltet ihr nicht als hoffnungsvolle Träger auf euren Gebieten?“ „Vielleicht im alten 2023“, konterte Tony. „Und ohne Ressourcen können wir auch nichts machen! Mein letzter Ironman-Anzug wurde dafür verwendet, den einen verdammten Generator zu reparieren. Vielleicht willst du uns etwas von dem Metall in deinem Körper abtreten?“ „Hört auf zu streiten“, sagte Steve scharf. „Ihr macht die Situation auch nicht besser.“ „Wir haben keine andere Wahl, als an die Oberfläche zurückzukehren“, sagte Erik laut. „Wir müssen den Kampf gegen die Sentinels wieder aufnehmen, egal, wie viele Menschenleben wir gefährden.“ „Hörst du dir eigentlich zu?“, fragte Bruce empört. „Wir reden hier von Menschen, die alles versuchen, ein normales Leben zu führen.“ „Unter einer Diktatur gibt es kein normales Leben.“ Erik stand auf und richtete sich zu seiner vollen Größe auf. „Wir alle haben Menschen verloren, die wir geliebt haben. Partner, Freunde, Schüler. Sie alle sind tot, wir sind die einzigen, die noch leben. Ich werde nach oben gehen und gegen die Sentinels kämpfen, genau, wie sie es gemacht haben. Wir alle haben in der Vergangenheit Fehler gemacht und wenn es uns nicht gegeben hätte, würde die Zukunft vielleicht anders aussehen. Aber wir können unsere Geburt nicht ändern und müssen mit dem leben, was passiert ist. Ich werde das Andenken von Charles, Raven und all den anderen nicht verraten, indem ich mich hier weiterhin versteckt halte und schließlich hier unten sterbe. Ich werde im Kampf sterben, für meine Ideale und für meine Überzeugen. Wenn es jemand ähnlich sieht wie ich, steht es demjenigen frei, mir zu folgen. Aber demjenigen sollte auch bewusst sein, dass diese Entscheidung endgültig ist. Sobald wir oben sind, gibt es kein Zurück mehr.“ Er sah jedem einzelnen ins Gesicht, dann drehte er sich um und rief, ehe er die Halle verließ: „Ihr habt eine Stunde, euch zu entscheiden.“ „Ich hasse es, es zu sagen, aber hat Recht“, sagte Tony bitter, als er gemeinsam mit Bruce, Vision und Steve in der Küche stand und zusah, wie Bruce seinen Instantkaffee anrührte. Er rümpfte die Nase, wandte sich dann aber wieder Steve zu, der nachdenklich an der Wand lehnte. „Klar, wir können weiterhin versuchen, unsere Nahrungsmittel in der Stadt zu klauen und dabei die Leute mit unserer Anwesenheit gefährden, aber jeder weiß, dass es unserer Gesundheit im Moment nicht besonders bestens geht. Ein Fitnessstudio und passende Ernährung kann nicht über Sonnenmangel hinwegtäuschen.“ „Wenn wir hier unten sterben, ist die Wahrscheinlichkeit aber gering, dass die Leute wegen uns von den Sentinels getötet werden“, bemerkte Bruce düster. Tony seufzte. „Ich bin mir sicher, deiner Laune würde ein wenig Sonnenlicht auch nicht schaden. Dann könnte auch mal wieder der Große raus.“ „Dem geht es gut. Ich brauchte ein paar Jahre, aber jetzt endlich habe ich es endlich geschafft, ihn zu kontrollieren“, sagte er mit so viel Verbitterung in der Stimme, dass Tony beschloss, ihn zu ignorieren. Steve schien es ähnlich zu sehen, während Vision einen unbeteiligten Gesichtsausdruck aufgesetzt hatte. „Wir sind gerade nicht wirklich in Form, wir werden, wenn wir oben sind, eine gewisse Zeit brauchen, um uns wieder an alles zu gewöhnen. In dieser Zeit könnten wir Probleme mit den Sentinels bekommen. Außerdem sind wir wenige. Mehr Verluste können wir uns nicht mehr leisten.“ „Eine Möglichkeit wären die Mutanten, die sich im Moment verstecken“, meinte Vision ruhig. „Wanda und Blick nahmen zwanzig junge Mutanten mit sich. Sie müssten nun alt und stark genug sein, um uns im Kampf zu unterstützen.“ „Die letzte Rettung der Erde“, spottete Bruce schlecht gelaunt. „Teenager.“ „Zumindest etwas“, sagte Tony. „Und ich bin mir sicher, sie sind hilfreicher als du, Brucie. Mal ehrlich, wenn du hierbleiben willst, dann bleib hier. Jeder trifft seine Wahl selbst.“ „Ich wollte noch nicht einmal hier sein!“ „Nein, du wolltest in der Weltgeschichte herumgeistern und sie suchen“, fauchte Tony. „Obwohl jeder wusste, dass es sinnlos war.“ „Wir konnten ihre Leiche nicht finden, ihr habt sie einfach so für tot erklärt“, schimpfte Bruce. „Wir hätten sie suchen sollen, anstatt uns einfach so zu verstecken.“ „Na bitte, warum willst du dann nicht gleich wieder damit anfangen?“ Bruce sah ihn wütend an. „Wenn Natasha damals noch nicht tot war, dann ist sie es jetzt. Die Sentinels haben die Weltbevölkerung fast um die Hälfte dezimiert. Sie war ein Avenger und gegen die Sentinels, herrgott, sie war mit Kindern unterwegs, deren Nachfahren vielleicht einmal das X-Gen haben werden! Sie ist tot, sie kann nicht mehr leben.“ Er beugte sich wieder über seinen Kaffee und ignorierte sie ab dann nur noch. Tony warf Vision und Steve einen vorsichtigen Blick zu. „War ich auch so schlimm, als Pepper starb?“ „Du trinkst mehr als es gesund ist“, war Visions hilfreicher Kommentar und Steve fügte hinzu: „Du hast deine KI nach ihr benannt. Und benutzt sogar ihre Stimme.“ Er hob die Hände. „Ist ja schon gut“, sagte er. „Aber was machen wir jetzt? Oberfläche, ja, nein?“ Die drei sahen sich stumm an, dann richteten sie ihre Blicke auf Bruce. Sie alle drei würden gehen, das wusste Tony. Steve und Vision würden versuchen, die Welt zu schützen und Tony würde ihnen folgen, weil er im Moment einfach keine bessere Alternative als den etwas späteren Tod durch die Sentinels hatte. Aber Bruce... Tony wollte ihn nicht hierlassen. Nicht hier, wo dieser die ganze Zeit an Natasha dachte. Erik hatte Recht gehabt. Sie alle hatten Fehler gemacht und Bruce bereute einen seiner Fehler bereits seit fünf Jahren. Seit er den Avengers und damit auch Natasha in Sokovia den Rücken gekehrt hatte. Damals hatte er sie das letzte Mal gesehen. „Seit wann spielst du Schach?“, fragte Erik, als er Logan mit einer Figur herumspielen sah. Dieser sah auf. „Noch nie. Ich habe es schon immer langweilig gefunden“, sagte er. „Ich musste nur gerade an den Professor denken.“ „Charles. Natürlich.“ Erik lächelte leicht, dann ließ er sich gegenüber von Logan auf den Stuhl fallen. „Es ist lange her, seit wir zusammen gespielt haben.“ „Tja. Nun ist er tot.“ „Das ist wahr“, sagte Erik bedächtig. „So viele von uns sind gestorben. Für dich ist es sogar das zweite Mal.“ „Manchmal frage ich mich, ob es nicht besser gewesen wäre, wenn ich damals nicht in Vergangenheit gereist wäre. Und dann überlege ich, warum es an der Gesamtsituation nichts geändert hat, ja, dass uns sogar drei Jahre genommen worden sind.“ Logan stellte die Schachfigur wieder zurück auf das Brett. Es hatte Staub angesetzt und er wusste, dass Erik nicht mehr spielte. Er hatte es nur hier aus nostalgischen Gründen. „Hank hatte mal eine Theorie. Egal, wo man einen Stein ins Wasser wirft, er kommt am gleichen Ort an. Oder so ähnlich.“ „Ich weiß, was du meinst. Du glaubst, wir können kämpfen, soviel wir wollen. Selbst wenn wir dich wieder in die Vergangenheit schicken könnten, würden wir gegen die Sentinels kämpfen müssen. Oder gegen jemanden anderen.“ Erik nickte und griff nach einem Bauer. „Ich wusste, dass die Menschen uns vernichtet sehen wollen. Aber sie haben eine Waffe gebaut, die sie ebenfalls umbringt und nun bereuen einige von ihnen diese Waffe. Wegen uns sind viele Menschen gestorben, aber es sind noch mehr in dem Krieg gestorben, den sie angefangen haben.“ Logan zuckte mit den Achseln. „Tja, vielleicht hätten wir zulassen sollen, dass du alle Menschen in Mutanten oder so verwandelst. Dann wäre es anders gekommen.“ „War das nicht auch das Ziel deiner Zeitreise, Wolverine? Die Situation ändern? Wie hat es bei dir funktioniert?“ Er grinste freudlos. „Nicht gut. Sind alle tot. Nur wir beide sind noch übrig. Und eine Gruppe Schulkinder.“ „Unsere Zukunft. Die einzige, die wir noch haben.“ „Ja, falls sie noch leben.“ Logan überlegte kurz, dann zuckte er mit den Achseln. „Wir beide sind wohl einfach nicht tot zu kriegen. Selbst wenn wir uns angestrengt haben, haben wir es nie geschafft, den anderen umzubringen.“ „Einige Pläne waren vielleicht ausbaufähig“, gab Erik zu. „Aber wir haben immer unser bestes gegeben.“ „Ich werde übrigens auch an die Oberfläche gehen“, sagte Logan locker, als wäre nichts dabei. „Ich sterbe nicht unter der Erde, sondern im Kampf. Das bin ich meinen Freunden schuldig.“ „Das habe ich mir schon gedacht.“ „Die anderen werden vermutlich auch mitkommen. Auf jeden Fall die Avengers. Einer von ihnen lebt ja vielleicht noch, diese Fast-Mutantin. Bei den Agenten wird es schwierig. Die beiden Kleinen sind ängstlich, die andere will für ihre Sicherheit sorgen. Und wenn wir ehrlich sind, können normale Menschen vermutlich ja doch nichts gegen die Sentinels ausrichten.“ „Ironman wird seinen Anzug brauchen.“ „Du glaubst ihm doch nicht wirklich, dass er keinen einzigen hier unten versteckt hat?“ Erik lächelte amüsiert. „Also bitte. Ich glaube niemandem ohne Beweise. Und seine Anzüge sehen für mich alle gleich aus.“ „Gilt das nicht auch für deine Sicht auf Menschen? Denkst du nicht, dass es nur eine Sorte von Menschen gibt?“ „Nun, vielleicht gibt zwei Sorten.“ „Coulson hat mir die Verantwortung für euch gegeben“, sagte May und verschränkte die Arme vor der Brust. „Wir sind die letzten Agenten, die S.H.I.E.L.D. noch hat. Tatsächlich besteht S.H.I.E.L.D. nur noch aus uns.“ „Es ist unsere Aufgabe, die Menschen zu schützen“, meinte Simmons vorsichtig. „Deswegen sind wir doch zu S.H.I.E.L.D. gegangen, oder Fitz?“ „Und wegen dem Raketenanzug, den sie mir angeboten haben“, murmelte Fitz einen schwachen Versuch, einen Witz zu erzählen. „Ich werde alles in meiner Macht stehende tun, um euch zu schützen“, sagte May lauter. „Und nicht nur, weil Coulson mich darum gebeten hat. Wir sind ein Team. Aber wir sind auch S.H.I.E.L.D.-Agenten, die geschworen haben, ihr Leben dafür einzusetzen, um die Welt zu schützen. Wenn wir hier unten bleiben, verraten wir unsere Ansichten, schänden das Ansehen von S.H.I.E.L.D. und machen den Tod unserer Kameraden sinnlos.“ „Du willst also, dass wir nach oben gehen“, mutmaßte Fitz. „Dass wir gemeinsam mit den Avengers und den Mutanten einen Kampf gegen Roboter beginnen, obwohl wir nichts mehr haben. Keine Waffen, keine nennenswerten Informationen.“ „Das ist eine Kamikaze-Aktion“, sagte Simmons unbehaglich. „Wir sind die schwächsten hier und wenn wir gegen die Roboter kämpfen, werden wir wohl als erstes sterben.“ „Was die Informationen betrifft, so sind wir auf dem gleichen Stand wie die anderen, da gibt es keinen Unterschied“, bemerkte May scharf. „Und was die Waffen angeht... wir haben noch eine gute Dreiviertelstunde und wir alle wissen, dass ihr beide das ändern könnt. Wir benötigen die Anlage und damit auch die Generatoren und die anderen Apparaturen nicht mehr. Benutzt also, was immer ihr braucht und verbessert unsere Ausgangssituation. Ich werde zum Captain gehen und einen Plan ausdenken. Und ihr denkt euch etwas aus.“ „Eine Dreiviertelstunde, um uns auszustatten?“, fragte Fitz entsetzt. May lächelte breit. „Als ob ihr diese Herausforderung nicht schaffen würdet.“ „Hey, schöne Frau, darf ich dir einen ausgeben?“, fragte der Mann und sie lächelte schief. „Danke, aber nein. Ich bin mit meinem Freund verabredet“, sagte sie fröhlich. Der Mann verzog bekümmert das Gesicht, wandte sich aber wieder sofort seiner Zeitung zu. Auf der Titelseite prangte das Bild von irgendeinem Politiker, der die gegenwärtige Situation als sehr „friedlich“ bezeichnete. Sie rollte mit den Augen und verließ das Café. „Sehr friedlich“, dass sie nicht lachte! Alle Avengers, Mutaten und Fantastic Four waren tot, S.H.I.E.L.D. war nur noch eine ausgestorbene Organisation. Riesige Roboter töteten immer wieder Familien, aber jeder sah weg, damit er selbst überlebte. Sie ballte die Fäuste. Sie hatte schon so lange genug, nicht nur, seit ihre Freunde gestorben waren. Sie wollte Rache, aber sie war nicht dumm. Allein konnte sie es nicht schaffen. Sie nahm ihr Handy heraus und wählte eine Nummer. „Lass uns das Projekt früher starten. Ich habe so das Gefühl, dass die Menschen die Einsicht benötigen, dass sie nicht alleine sind“, sagte sie scharf und ohne sich um die irritierten Blicke ihrer Umgebung zu kümmern. Sie alle hatten sich ihren Respekt verloren, als sie sich den Sentinels untergeordnet hatte. Sie hatte das niemals getan, sie hatte nur warten müssen. Zwei Jahre, in denen sie sich nie sicher war, ob sie den nächsten Tag überleben würde. Zwei Jahre, in denen sie hatte einsehen müssen, dass es keine Hilfe gab. Wieso, das wusste sie nicht. Sie wusste nur, dass sie mit ihrem Problem allein fertig werden mussten. Und das würden sie. „In Ordnung“, sagte die Stimme. „Ich bin dafür. Lassen wir die Sentinels wissen, dass wir noch nicht besiegt worden sind.“ Sie lächelte. „Genau das, was ich von dir hören wollte“, meinte sie. „Und zur Feier des Tages besorge ich für uns beide Shawarma.“ Er überprüfte die Atmung des kleinen Mädchens, dann wandte er sich an den Mann. „Ich will mich nicht mehr verstecken“, sagte er mit fester Stimme. „Meine Familie ist nicht gestorben, damit ich mich verstecke.“ „Sie ist gestorben, damit ihr lebt“, knurrte dieser. „Ich habe versprochen, euch zu beschützen und das werde ich auch machen.“ „Wenn du willst, dass wir uns verstecken, warum trainierst du uns?“, fragte er listig. „Für den Ernstfall. Wenn ich sterbe.“ Der Mann zündete sich eine Zigarette an und pustete den Rauch gereizt aus. „Dann ist es nämlich deine Aufgabe, sie zu beschützen.“ „Eine tolle Aussicht. Wir sterben im Untergrund ohne etwas zu machen. Was passiert, wenn wir alle drei tot sind? Dann gibt es unsere Familie nicht mehr.“ „Wäre nicht die erste, die in den letzten Jahren gestorben ist.“ Wütend stand er auf. „Was ist, wenn die anderen noch kämpfen? Und was ist, wenn sie auch noch glauben, dass wir leben und bereit für den Kampf sind?“ „Kleiner, die Todeszahlen der Sentinels-Feinde sind unbekannt. Wir selbst wissen ja auch nur eine Handvoll sicher.“ „Aber es sind die Avengers und die Mutanten. Irgendjemand muss doch leben!“, beharrte er. „Ich setze nicht euer Leben aufs Spiel wegen einer lächerlichen Hoffnung“, fauchte der Mann und drückte die Zigarette, auch wenn sie längst noch nicht aufgeraucht war, aus. „Ihr werdet in diesem Krieg nicht sterben, solange ich noch lebe. Das ist mein letztes Wort. Schlaf endlich.“ Er presste die Lippen auf einander und ballte die Fäuste zusammen. Der Mann erwiderte seinen Blick ohne zu zucken und schließlich gab er auf und legte sich hin. Er konnte hören, wie auch der Mann sich hinlegte und die Kerze löschte. Er hasste es, wenn die Kerze aus war, aber es war zu gefährlich, sie an zulassen. Wenn sie umkippte, konnte sie alles verbrennen, was sie noch hatten. Es war nicht viel, aber sie brauchten es, um zu überleben. Er war noch nicht eingeschlafen und er war sich nicht sicher, ob der Mann ebenfalls noch wach war, als er sagte: „Es gibt keinen Krieg, wenn niemand kämpft.“ Der Mann war kurz still, dann sagte er langsam: „Kriege kann man aussitzen. Man kann warten, bis es Zeit ist zu kämpfen. Aber bis dahin muss man überleben.“ Sie stand am Grab ihres alten Freundes. Es war ein schöner Ort, mitten in einem Wald auf einer hellen Lichtung. Als sie ihn gesehen hatte, hatte sie sofort gewusst, dass es der perfekte Platz für ein Grab war. Er war so tief im Wald, dass man das Grab nicht zufällig finden würde. Man würde es nur finden, wenn man wusste, wo es war und wenn man es unbedingt sehen wollte. Man würde nur wegen ihm hier sein. Dieser Gedanke hatte ihr gefallen und auch, wenn sie nicht wusste, ob es in seinem Interesse gelegen hatte, hatte sie ihn hier begraben. Sie beide hatten nie über den Tod gesprochen, obwohl sie immer an ihn dachten mussten. Deshalb hatte sie auch nicht gewusst, was sein letzter Wille war, aber sie hoffte, dass sie ihn hiermit erfüllt hatte. Und sie wünschte sich, dass, im Falle ihres Todes, sie auch jemand an einem solchen Ort begraben würde. Natürlich wäre es auch schön, wenn man sie neben ihren verstorbenen Freunde und Kameraden begraben würde, aber dieser Ort war etwas, was sie in ihrem Leben kaum gekannt hatte. Er war friedlich. Sie verabschiedete sich von dem Grab und drehte sich um. Sie hatte zu tun, musste ihr gemeinsames Vorhaben in die Tat umsetzen. Er hätte es bestimmt auch so gewollt. Zwei Jahre war es nun her und sie hatten die Zeit gebraucht, um sich im Untergrund zu formieren und Informationen zu sammeln. Natürlich hatte es Rückschläge gegeben, allen voran das Verschwinden der letzten Avengers und Mutanten. Niemand wusste, wo sie waren. Wenn man sie fragte, waren sie tot. Sie gestattete sich keine optimistischen Gedanken, vor allem nicht in Zeiten wie diesen. Man musste mit allem rechnen und vielleicht hatte sie auch deshalb im Gegensatz zu so vielen anderen überlebt. Sie wusste auch nicht, ob sie positiv von ihrem Vorhaben denken konnte, aber sie war entschlossen, alles zu tun. Sie würde kämpfen, im Gedenken an all die Verstorbenen. Wenn sie aufgeben würde, würde sie alles und jeden verraten, den sie jemals geliebt, vertraut und geglaubt hatte. Und wenn sie sterben würde, würde sie es in dem Wissen tun, alles ihr Mögliche getan zu haben, was sie konnte. Sie war kein Avenger oder Mutant, genau wie die anderen. Aber sie würden gegen die Sentinels kämpfen und ihnen beweisen, dass es ein Fehler gewesen war, die normalen Leute zu unterschätzen. Obwohl sie es nicht wollte, blieb sie noch einmal stehen und rief über ihre Schulter: „Dein Tod wird nicht umsonst sein. Sie werden uns nicht vergessen, großer Bruder.“ Kapitel 3: Rückkehr ------------------- Erik nickte zufrieden, als er nach Ablauf seiner Frist in die Halle kam und alle Bewohner der Anlage sah. Alle Avengers und S.H.I.E.L.D.-Agenten, sowie Logan und er. Die letzten Überlebenden. Sie alle würden kämpfen und wenn nötig, ihr Leben im Kampf lassen, genau, wie es auch all ihre Kameraden getan hatten. „Ich sehe, wir sind uns aller einer Meinung“, sagte er und beschloss, es niemandem zu erzählen, dass sowohl er als auch Logan Zweifel bezüglich der S.H.I.E.L.D.-Agenten gehabt hatten. Aber auch sie waren da, obwohl die beiden jüngeren -Simmons und Fitz- nicht halb so entschlossen wirkten wie ihre Kollegin, die mit geradem Rücken und zusammengefalteten Händen das Musterbild eines einsatzbereiten Agenten zeigte. „Ich habe noch eine Frage, Metallmann“, bemerkte Tony und Erik seufzte. Er hätte sich gewundert, wenn der Mann die Klappe gehalten hätte. „Was passiert deiner Meinung nach, wenn wir erst einmal oben sind? Wir brauchen ein sicheres Versteck, damit wir genug Zeit haben, uns vorzubereiten.“ „Und auch, wenn ich damit einem meinem früheren Befehle widerspreche“, meldete sich Steve zu Wort. „Würde ich gerne jemanden schicken, der Wanda und Blink sucht. Am besten du, Vision. Wir müssen wissen, mit welcher Kampfkraft wir den Kampf beginnen können.“ Der Androide nickte leicht, als Zeichen, dass er verstanden hatte. „Eine Werkstatt wäre gut“, meinte Fitz fahrig und Simmons fügte hoffnungsvoll hinzu: „Wir brauchen Materialien, um euch auszustatten. Keiner von euch ist im Moment für einen Kampf bereit.“ „Noch Extrawünsche?“, fragte Erik sarkastisch und erwartete eigentlich keine Antwort. „Eine letzte Zigarre vor meinem Tod.“ Logan hatte noch nie Sarkasmus verstanden. „Laut P.E.P.P.E.R. hat mein Sicherungssystem funktioniert und mein Konto eingefriert. Ich bin der einzige, der es wieder entsperren kann und somit Zugriff hat.“ Tony grinste überheblich. Bruce warf ihm einen Seitenblick zu. „Wieso hast du so ein Sicherungssystem?“ „Schon einmal von wütenden Exfreundinnen gehört? Außerdem glaube ich, dass Barton und Romanoff etwas abgezweigt haben, um einzukaufen. Oder hast du ernsthaft geglaubt, Romanoff hat sich ihren Wagen von ihrem eigenen Geld gekauft? Und Barton seinen verdammten Quinjet?“ Bruces Gesicht verdüsterte sich und Steve beschloss, einzugreifen. „Das Geldproblem ist also gelöst. Gut. Kannst du dafür sorgen, dass niemand eine Geldspur auf dich zurückverfolgen kann?“ „Darin bin ich seit meinem fünften Lebensjahr Profi“, ließ er ihn wissen. „Auf welchem Kontinent soll ich ein Haus kaufen, Cap?“ „Am besten dort, wo uns niemand vermutet und die Sentinels uns nicht so schnell finden. Hat jemand einen Vorschlag?“ „Bermuda-Dreieck?“, „Irgendwas mit Affen...“, „Der Mond?“ waren die trockenen Kommentare und Tonys war der lauteste: „Cleveland!“ Steve und Erik waren verwirrt. „Wieso Cleveland?“, fragte Erik, während Steve die Augen schloss und betete, dass Tony einen wirklich guten Grund hatte. „Niemand will nach Cleveland. Das ist das komplette Ödland, es ist unglaublich langweilig, überall sind nur Idioten und die Frauen kann man auch vergessen“, war stattdessen seine Antwort und von Steve kam ein gequälter Laut. „Außerdem kam Happy von da und besaß auch ein kleines Häuschen“, sagte er lauter. „Wir brauchen das Geld nicht für ein Haus, weil wir eines haben. Happy hat es an mich verloren, als wir Poker gespielt haben.“ „Du hast einem Mann sein Haus abgenommen?“, fragte Bruce entsetzt. „Tony, du bist reich!“ „Ich war genauso voll wie Happy“, verteidigte er sich. „Und er hat ja sowieso im Tower gewohnt und das Haus wollte er auch verkaufen.“ „Du bist ein schlechter Mensch“, bemerkte Logan trocken. „Aber wir haben einen Unterschlupf, oder?“, sagte May. „Also dürfen wir keine Zeit verlieren. Macht euch bereit. Stark, kauf am besten ein paar Flugplätze nach Cleveland. Um die Tarnung kümmern wir uns.“ „Oh ja“, sagte Simmons begeistert. „Es gehört zur Grundausbildung eines S.H.I.E.L.D.-Agenten, sich so zu verkleiden, dass nicht einmal die Gesichtserkennung mehr helfen kann.“ „Ich bin zweimal durchgefallen“, kommentierte Fitz. „Kam nur weiter, weil ich zu dem Zeitpunkt der jüngste Raketenwissenschaftler war. Und es immer noch bin.“ „Ich möchte euren Optimismus ja nicht stören“, sagte Logan und fuhr seine Krallen aus. „Aber was ist mit denen hier? Ich komme durch keinen einzigen Metalldetektor.“ „Nun, ich könnte dich nach Cleveland fliegen“, antwortete Vision unsicher. „Aber die Wahrscheinlichkeit wäre höher, dass wir von den Sentinels erwischt werden.“ „Viel zu kompliziert gedacht. P.E.P.P.E.R. hackt sich in das Sicherheitssystem des Flughafens und legt die Metalldetektoren lahm. Ist ein Kinderspiel.“ Tony klatschte mit den Händen und sah erwartungsvoll von einem zum anderen. „Also tun wir es wirklich? Wir hauen ab und rennen unserem sicheren Tod entgegen?“ „Klingt lustig“, zwang Bruce sich zu sagen. „Besser als das Fernsehprogramm.“ „Nun gut. Dann beginnen wir mit der Tarnung. Vision, für dich werden wir wohl am längsten brauchen.“ May warf Jemma einen Blick zu. „Hol deinen Schminkkoffer. Den großen.“ „Mein Bart juckt“, sagte Tony und May schloss die Augen und betete in ihren Gedanken langsam ein Kindergedicht herunter. Das tat sie immer, wenn sie genervt war, um wieder ruhig zu werden. Normalerweise wirkte es auch, aber Tony Stark hatte anscheinend keine wirkliche Menschenkenntnis, da er nicht einmal erkannte, dass er alle in seiner Umgebung fürchterlich nervte. „Und ich sehe wie ein Penner aus“, bekräftigte er, während er sich im Spiegel betrachtete. „Wie ein äußerst gutaussehender Penner, aber trotzdem wie ein Penner.“ „Man wird dich nicht erkennen“, sagte Simmons freundlich lächelnd. „Wir haben dein Gesicht so modelliert, dass man deine wahren Gesichtszüge nicht erkennt.“ „Das ändert auch nichts daran, dass ich einen kratzenden Bart habe.“ Simmons warf May einen hilfesuchenden Blick zu, doch diese sah stur geradeaus. Sie hatten vor etwa einer halben Stunde die unterirdische Anlage durch das Abwassersystem verlassen und zwei Autos geknackt, die groß genug waren, um alle mitzunehmen. May hatte, ohne abzuwarten, sich sofort an das Steuer gesetzt. Sie würde fahren und das war ihr letztes Wort. Coulson hatte sie auch erst mit der fadenscheinigen Begründung in sein Team aufgenommen, dass er jemanden brauchte, der den Bus steuerte. Sie hatte es ihm natürlich nicht abgekauft, aber es war nun einmal notwendig gewesen, so zu tun, als würde sie es ihm glauben. Und selbst wenn Fury ihr nicht den Auftrag gegeben hätte, Coulson zu überwachen, hätte sie zugestimmt. Zum einen, weil es Coulson gewesen war, der sie darum gebeten hatte und zum anderen... es war ein schöner Bus gewesen. Sie hatte ihre Ruhe darin gehabt, weil sie jeder in ihrer Pilotenkajüte alleingelassen hatte. Coulson war der einzige gewesen, der ab und zu vorbeigekommen war und später vielleicht Trip, der sich als Copilot getätigt hatte. Aber auch er war nur gekommen, wenn May es ihm gesagt hatte. Sonst war sie allein gewesen und sie hatte die Ruhe gemocht. Die Ruhe, die sie in diesem verdammten, zu kleinen Wagen nicht hatte, weil Tony sich unbedingt auf den Beifahrersitz hatte quetschen müssen. Leider hatte der Mann auch jahrelang mit Natasha Romanoff und Nick Fury zusammengearbeitet- es war ihm schlichtweg egal, wenn ihm jemand einen unheilverkündenden Blick zuwarf, nein, er erwiderte ihn auch noch unbeeindruckt. Er machte sie rasend und vielleicht war das auch der Grund für eine etwas abrupte Bremsung an einer Ampel. Es funktionierte zumindest und Tony prallte gegen das Armaturenbrett. May gestattete sich ein leichtes Lächeln, wischte es sich aber sofort wieder aus dem Gesicht. „Straßenverkehrsordnung ist dir bekannt?“, fragte er und hielt sich das Gesicht. Von der Rückbank kam höfliches Schweigen. „Normalerweise fliege ich ein Flugzeug“, antwortete May trocken und schlug ihm auf die Hand, als er das Radio anschalten wollte. „Wir hören den Funk. Nicht mehr und nicht weniger.“ „Tut mir leid, dass ich ein wenig die Stimmung hier drin aufheitern und wissen wollte, was die Kids heutzutage hören.“ Tony klang beleidigt. „Ich fahre.“ „Oh, vermutlich wird das kein großer Unterschied bei der Musik sein“, bemerkte Simmons, bemüht, einen aufkommenden Streit zu verhindern. „Natürlich flüchten sich viele Menschen in Ausnahmesituationen in die Künste, aber ich denke, dass man zuerst bestrebt war, alles andere wieder aufzubauen.“ „Außerdem ist der Funk wichtig“, meinte Steve. „So können wir zumindest durch die Polizei darauf schließen, wo etwas merkwürdig ist.“ „Das könnten wir auch durch die Nachrichten, die zwischen der Musik eingeschalten werden, erfahren“, beharrte Tony. „Ich fahre“, presste May zwischen zusammengebissenen Zähnen heraus. Ihre Fingerknöchel wurden weiß, als sie das Lenkrad fester packte und vielleicht schien auch Tony das zu sehen, denn er beschloss, still zu sein. Vielleicht wünschte er sich auch, sich zu Logan, Bruce, Vision und Erik in das Auto gesetzt zu haben. Aber eigentlich waren May seine Gedanken egal, solange er still war, während sie fuhr. Wenn es etwas gab, dass sie hasste, dann war es sinnloses Gerede beim Fahren. Fitz und Simmons, die sich zusammen mit Steve die Rückbank teilten, wussten das und sahen deshalb wie Steve in einvernehmlichem Schweigen aus dem Fenster. Sie runzelten die Stirn, als sie die Umgebung sahen und May konnte sie verstehen. Wenn man nicht wusste, was alles innerhalb von fünf Jahren passiert war... dann würde man es nicht glauben. Es wirkte, als wären sie durch die Zeit gereist, in eine Zeit, in der es noch keine Sentinels gegeben hatte und die Menschen noch fröhlich lebten. Es gab keine Zerstörungen, keine verstörten Gesichter. May sah sogar drei Kinder lachend spielen, während eine Frau Wäsche aufhängte und mit dem Kopf wippte, als würde sie leise vor sich hin summen. Es war surreal. Es schien keinen mehr zu interessieren, wie viele Menschen durch die Roboter starben oder gestorben waren. „Wetten, Magneto kriegt gerade einen noch größeren Hass auf Menschen als er ihn vorher schon gehabt hatte?“, bemerkte Tony trocken. „Ich muss zugeben, so ganz sympathisch sind sie mir gerade auch nicht.“ „Wir sollten in der Tat einen guten Blick auf Erik und Logan haben“, sagte Steve und musterte die Insassen unruhig. „Als wäre alles in Ordnung“, murmelte Fitz. Er klang fasziniert, ehe er sich an May wandte. „Schalt das Radio mal doch an. Vielleicht sind wir ja wirklich durch die Zeit gereist und hören gleich Michael Jackson live.“ „Fitz“, seufzte Simmons und schloss die Augen. „Wir sind nicht in die Vergangenheit gereist.“ „Aber die Menschen-“ „Leben, als wäre nichts passiert, ja, ich weiß. Aber so sind die Menschen nun einmal. Denk doch nur an den Geschichtsunterricht“, belehrte sie ihn. „Bei jeder Katastrophe in der Geschichte brauchten die Menschen nicht lange, um die Verbrechen und Situationen zu verneinen und so zu tun, als wäre nichts passiert. Der Mensch flüchtet sich in Extremsituationen in den Alltag, in etwas, das er kennt und dem er vertraut. Es ist gar nicht einmal so überraschend, dass alle außer uns ein ganz normales Leben leben.“ „Es ist trotzdem keine Entschuldigung“, sagte Tony bitter. „Sie sind alle tot und diesen Idioten ist es total egal. Wollen wir wetten, dass jeder so tut, als wäre die CEO von Stark Industries eines natürlichen Todes gestorben? Oder dass ihr Haus einfach so in die Luft gegangen ist?“ May richtete den Rückspiegel und warf Fitz einen scharfen Blick zu, der bisher den Mund geöffnet hatte, um Tony daran zu erinnern, dass Hausbrände durch defekte Kabel oder Geräte sogar ziemlich häufig vorkamen. Der Junge schloss gehorsam seinen Mund sah und starr aus dem Fenster. Zufrieden achtete May wieder auf die Straße. Sie näherten sich dem Flughafen, hinter ihnen fuhr Bruce den zweiten Wagen. Nicht mehr lange, dann wären sie in Cleveland. Vision würde sich bereits bei der Ankunft auf dem amerikanischen Boden auf die Suche nach Wanda und Blink machen, während sich der Rest von ihnen in Happys ehemaligem und Tonys jetzigem Haus ausruhen würden. Und dann würden sie mit dem Planen eines neuen Kampfes beginnen. Vor ihrem inneren Augen sah sie Coulson, Fury, Skye, Morse, Mack und sogar Ward, obwohl sie ihn für seinen Verrat immer noch am liebsten erschlagen würde. Sie machte sich auch keine Hoffnung, dass er sich für sie geopfert hatte. Es war nur eine kurze Affäre gewesen und eigentlich hatte er Skye seit ihrem ersten Treffen geliebt. Er war gestorben, weil er sich an den Sentinels rächen wollte und weil er sentimental genug war, um nicht leben zu wollen, wenn Skye es auch nicht tat. Ward war ein Idiot gewesen, dass er tatsächlich so gedacht hatte und wenn sie ehrlich war, tat ihr sein Tod am wenigsten leid. Coulson, Skye und all die anderen, die hatten sich geopfert. Ward hatte einfach aufgegeben. Es war ihm sogar egal gewesen, dass Skye ihn für seine vergangenen Taten verurteilt und gehasst hatte. Für ihn hatte es nur Skye gegeben und als sie gestorben war, wollte er ebenfalls nicht mehr leben. Einen solchen Idioten lernte man wirklich nur einmal im Leben kennen. `Vielleicht auch zweimal´, korrigierte sich May, als sie im Rückspiegel sah, wie Fitz Simmons etwas neben der Fahrbahn zeigte. Sie seufzte. `Phil, du hast mir mehr Arbeit aufgehalst, als du vielleicht selbst gedacht hast...´ Wanda hasste Paris. Es war laut, es war dreckig und wenn sie noch einmal „c´est l´amour“ hörte, würde sie jemanden erwürgen. Blink war derselben Meinung, hatte aber auch schon oft angemerkt, dass sie sich vielleicht einen anderen Standort für ihr „Mutantenversteck“, wie es Wanda liebenswürdig nannte, hätten suchen sollen. Aber das war nun nebensächlich. Alles war nun nebensächlich geworden; das Mutantenversteck, das verhasste Paris. Das, was nun zählte, lag vor Wanda und sie wusste noch nicht, was passieren würde. Aber etwas musste passieren und deshalb war sie gegangen und hatte das Mutantenversteck, dieses furchtbar deprimierende Versteck und die klaustrophobischen Zustände dort verlassen. Sie stand vor dem Eiffelturm. Zumindest einmal wollte sie das Symbol Frankreichs in echt sehen und nicht nur auf Bildern oder im Fernsehen und sie musste sagen, dass sie enttäuscht war. Es war ihrer Meinung nach ein ganz normales, einfaches, hässliches Gebäude und sie fragte sich, warum es immer die schönen Anwesen waren, die zuallererst zerbombt wurden und nicht solche fürchterlichen. Wanda schulterte ihren Rucksack und schloss sich einer russischen Touristengruppe an, die sich von dem Eiffelturm entfernten. So, wie es Wanda von den Leuten in der Truppe mitbekam, kannten sie sich allesamt nicht und einige waren auch erst in Frankreich dazu gestoßen, ehe es wieder zurück in die Heimat ging. Sie lächelte leicht. Perfekt. Sie würde tun, als würde sie zu der Truppe gehören, allein durch ihre Muttersprache war sie für die Reisenden ein Teil ihrer Gruppe in diesem fremden Land. In Russland würden sie sich wieder trennen; die Gruppen würden nach St. Petersburg fahren und Wanda würde sich nach Sokovia aufmachen. Sie hatte sich in den letzten Jahren nicht getraut, darüber nachzudenken, was die Sentinels wohl mit ihrer Heimatstadt gemacht hatten, weil sie es sowieso nicht mit ihren Augen hätte überprüfen können, doch nun ließ es ihr keine Ruhe. Gab es die Stadt überhaupt noch? Und, das wichtigste, was war mit dem Friedhof? Was war mit den Gräbern ihrer Familie, waren sie geschändet? Hatte jemand die Särge ihrer Eltern und von Pietro, den sie nach seinem Tod gemeinsam mit den Avengers dort beerdigt hatte, geöffnet, in der Hoffnung, Wertgegenstände zu finden? Sollten die Gräber aufgebrochen worden sein... würde Wanda den Verantwortlichen jagen. Sie würde die Sentinels für einen kurzen Moment vergessen und den Grabräuber umbringen. Niemand störte ungestraft die letzte Ruhe ihrer Familie. Die Reisegruppe redete über den Aufenthalt, der anscheinend eine Woche angedauert hatte und Wanda dachte gelangweilt an die Avengers, die sie erst vor fünf Jahren kennengelernt hatte. Sie war selbst zu einem Avenger geworden, am gleichen Tag, als auch ihr Bruder gestorben war, aber sie war nicht lange bei den Avengers geblieben. Steve hatte sie darum gebeten, nein, er hatte ihr befohlen, bei Blink und den Mutanten zu bleiben. Sie hatte nicht kämpfen dürfen, obwohl sie zu den stärksten Avengers gehört hatte. Nein, sie hatte babysitten und zusehen müssen, wie einer nach dem anderen einen mutigen und vermutlich sinnlosen Tod gestorben war. Natürlich war ihre Aufgabe wichtig gewesen und niemand, Steve am allerwenigsten, hätte wohl damit rechnen können, dass so viele von ihnen starben, dass sogar normale Menschen in das Visier der Sentinels geraten waren. Wanda hatte kein Recht, wütend auf Steve zu sein, zumindest versuchte sie das. Aber es brachte nichts, einem Toten Vorwürfe zu machen, das hatte sie bei Pietros Tod verstanden. In den ersten Tagen hatte sie ihn gehasst, dass er nicht einfach weggesehen hatte, als Ultron Clint und den Jungen beschossen hatte. Er hätte weglaufen können, er war so schnell, dass ihn niemand bemerkt und deshalb auch niemand ihm Vorwürfe hätte machen können. Niemand außer ihm. Wanda hatte sich auch dafür gehasst, dass sie ihn weggeschickt hatte, weil sie zu diesem Zeitpunkt gedacht hatte, dass es bei ihr nicht sicher genug für ihn gewesen war. `Ironie des Schicksals´, dachte sie bitter. `Alle Menschen, die ich liebte und zu denen ich gehörte, sind tot. Ich bleibe immer am Leben, ob ich will oder nicht.´ `Und was willst du jetzt machen?´, fragte sie eine innere Stimme, die sie irgendwie an Pietro erinnerte. Kurz stellte sie sich vor, er würde neben ihr gehen, mit seinem typischen selbstbewussten Grinsen und dem Wissen, dass sie beide immer beieinander sein würden. `Willst du dich verstecken? Dann kannst du auch in Paris bleiben und Rogers letzten Wunsch erfüllen. Oder willst du dir einen neuen Namen zulegen und ein neues Leben beginnen? Wie willst du dich nennen? Am besten bist du weiterhin Russin, wir beide hatten schon immer einen starken Akzent. Wie wäre es mit Katharina, Nastasja, Anastasia? Oh, oder du nennst dich Petra oder Petruschka, nach mir. Das wäre mir eine wirkliche Ehre, Schwester.´ Wanda musste leicht grinsen. Pietro hatte selbst dann diesen nervigen Charakterzug, wenn sie sich einfach nur vorstellte, mit ihm zu reden. `Was willst du denn jetzt machen, Wanda? Wenn du nichts machen willst, bleib im Mutantenversteck, da bist du einigermaßen sicher. Aber wenn du etwas tun willst...´ `Ich weiß es noch nicht´, dachte sie bei sich. `Ich habe es da drin nur nicht mehr ausgehalten. All die Zeit... und alle sind tot...´ `Bist du dir sicher?´ Sie stellte sich vor, wie er sie belustigt angrinste. `Oder glaubst du nur mal wieder? Ich an deiner Stelle würden einen Beweis vor Augen haben wollen.´ `Natürlich willst du das. Du hast nie etwas geglaubt, ohne es zu sehen.´ Wanda war kurz versucht, die Augen zu verdrehen, aber sie wollte die Truppe um sich herum nicht irritieren. Schließlich hatte sie das Gespräch gerade nur im Kopf. `Hör auf mich zu nerven. Ich muss mich konzentrieren, nicht aufzufallen.´ `Hey, gib mir nicht die Schuld. Ich bin eine Projektion deines Unterbewusstseins, oder? Ich sage dir nur das, was du schon längst weißt.´ Er streckte kurz seine Hand aus, als wolle er sie an der Schulter berühren, hielt sich aber im letzten Moment davon ab. `Hör mal, Wanda, du glaubst doch nicht wirklich dran, dass du der letzte Avenger bist. Du hoffst es, denn dann hättest du keine Verantwortung mehr. Du könntest einfach tun und lassen, was du willst, weil ja sowieso niemand mehr am Leben wäre. Aber du bist dir nicht sicher und deshalb rate ich dir, oder du dir, such die Avengers. Vielleicht leben sie ja noch, dann fühlst du dich besser, weil du sie gefunden und vor Blink eine gute Ausrede für deine Flucht hast. Oder aber du findest ihre Leichen, dann kannst du wieder zurück nach Paris und den kleinen Mutanten sagen, dass sie bald sterben, weil es ja doch keine Hoffnung mehr für sie gibt. Deine Entscheidung, kleine Schwester.´ Wanda blieb abrupt stehen und ballte die Fäuste. Hinter ihr rempelte sie einer der Touristen an und meckerte wütend, aber sie beachtete ihn nicht. Sie wandte sich um, sah zu dem Eifelturm, den sie zwischen einigen Häusern sah. Dieser furchtbare Turm. Dieses furchtbare Versteck. Diese furchtbaren Jahre, in denen sie nur abgewartet hatte. Sie sollte gehen, diesem Land den Rücken zukehren und ein normales Leben führen. Vielleicht würde sie sogar einen netten Mann finden und Kinder kriegen. Kinder, die eines Tages getötet werden könnten. Wanda sah immer noch Pietro neben sich stehen. „Ich hasse es, wenn du Recht hast“, knurrte sie. Kapitel 4: Coming Home ---------------------- Vision versuchte im Flugzeug möglichst unbeteiligt zu gucken, um nicht weiteraufzufallen. Normalerweise wurde er von den Menschen angestarrt und wenn er ehrlich zu sich war, dann war es ihm auch gleichgültig. Tony hatte einmal gesagt, dass das wohl einer der Vorteile war, keine Gefühle zu kennen und in den letzten Jahren hatte Vision bemerkt, dass es durchaus stimmte. Er hatte zugesehen, wie seine Kameraden durch ihren Verlust trauerten, verzweifelten und nicht wenige wurden von diesen negativen Gefühlen zu lebensgefährlichen Situationen hingerissen. Hatte Grant Ward sich nicht geopfert, weil er nicht mehr ohne dieses Mädchens, Skye, hatte leben wollen? Hatte Tony seine Trauer um Pepper nicht dadurch Ausdruck verliehen, dass er ihre Stimme für eine KI benutzte und damit seine Trauer immer wieder verdeutlichte? Ging Steve nicht jede Nacht, wenn er glaubte, nicht beobachtet zu werden, in die „Toten Gallerie“ und sah sich das Foto von ihm und Sharon an? Und hatte dieser junge Mutant, Bobby, nach dem Tode seiner Freunde Marie und Kitty nicht immer seine Beherrschung verloren und seine Umgebung mit einer dicken Eisschicht überzogen? Vision konnte sich noch gut an diese beiden Momente erinnern, weil er es gerade so geschafft hatte, Steve davor zu bewahren, nicht ein weiteres Mal einzufrieren. Er und der Captain hatten mehrere Meter über dem Boden geschwebt und so hatten sie das komplette Ausmaß von Bobbys Trauer sehen können. Überall waren Eis und Schnee gewesen und Logan, der stur stehen geblieben war, weil sich sein Körper sowieso sofort regenerierte und er die Erfrierungen wohl als Strafe angesehen hatte, dass es ihm nicht gelungen war, die Sentinels bei seinem Zeitsprung dauerhaft aufhalten zu können, hatten sie später aus dem Schnee ausgraben müssen. Dieser Zeitpunkt war in Visions Kopf als Beispiel für die menschliche Trauer eingespeichert und er dachte, dass es wirklich das passendste Bild gewesen war. In diesem Moment war Vision froh gewesen, dass er keine Gefühle hatte, weil er nicht einmal ansatzweise so sehr trauern wollte, wie es Bobby und Logan in diesem Moment getan hatten. Gleichzeitig war er aber auch neidisch gewesen. Jemand, der so trauerte, liebte wahrhaftig und ebenso wie die Trauer oder auch der Hass für Vision fremd war, war es für ihn auch Liebe. Vision war ein Androide, ein Roboter in Menschengestalt. Äußerlich konnte er dem Menschen gleichen. Innerlich konnte er es niemals. Neben ihm setzte sich Logan, der noch immer ganz verwundert schien, dass sie wegen seinen Krallen nicht am Metalldetektor aufgehalten worden waren. Tatsächlich hatten Tony und P.E.P.P.E.R. nicht lange für diese Manipulation gebraucht und sie hatten währenddessen in einem Café Kaffee und Kuchen getrunken. Offiziell war es zur Tarnung gedacht. Inoffiziell beinhaltete ein solcher Besuch eine Normalität, die sie alle nicht mehr kannten und nachdem ihnen Logan und May auf eine illegale Weise, die Steve ganz und gar nicht zugesagt hatte, genügend Geld besorgt hatten, konnten sie dieser Versuchung nicht mehr widerstehen. Hinter ihm diskutierten Steve und May immer noch darüber, aber sie taten, als würde es um das Geldleihen gehen, um die anderen Passagiere nicht misstrauisch zu machen. „Ich versteh einfach nicht, warum wir uns das Geld nicht einfach Tony hätten…leihen können“, sagte er hartnäckig. „Wir sind schon genug auf Tony angewiesen und wir wollen doch nicht, dass er wegen uns in Schwierigkeiten gerät, weil er zu viel Geld von seinem Konto abholt?“, bemerkte May, die entspannt in einem Werbeprospekt blätterte. Im Gegensatz zu Steve schien sie keinerlei Probleme zu haben, ihre derzeitige Tarnung als Ehepaar aufrecht zu erhalten. „Er hat uns doch auch die Flugtickets besorgt“, spielte Steve ihr kleines Spielchen weiter. Tony, der neben ihm saß, nippte gedankenverloren an seinem Wasser, da ihm Steve jeglichen Alkohol untersagt hatte. „Das bisschen Geld wäre nun auch wieder nicht aufgefallen.“ „Doch, da er nämlich jahrelang für den Collegeaufenthalt seiner Tochter gespart hat. Jeder hätte bemerkt, wenn zu viel von dem Konto verschwunden wäre.“ May deutete lässig auf Simmons, die, ähnlich wie Fitz, nervös auf ihrem Platz verharrte und anscheinend hoffte, nicht aufzufallen. Erik, der zwischen ihnen saß, stieß ihnen unauffällig in die Seiten, um ihnen zu verdeutlichen, lockerer zu werden. „Ich liebe ja diese Airlines, in denen man rauchen und Alkohol trinken kann, wie man will“, wechselte Logan das Thema und Tony beugte sich vor. „Wenn ich wieder gefahrlos auf mein Konto zugreifen oder du und May etwas mehr Geld abzwackt. Und wenn ich nicht darf, dann du erst recht nicht. Übrigens, der gottesdienstliche Gebetsschal ist ein Tallit“, bemerkte er zu Bruce, der nun genervt sein Kreuzworträtsel zusammenfaltete. „Danke, Tony.“ Unterdessen eilte eine breitlächelnde Stewardess zu Simmons und Fitz, im festen Glauben, die beiden hätten Flugangst. „Machen Sie sich keine Sorgen. Wir starten gleich und dann landen wir auch bald in Cleveland.“ „Tolle Aussichten“, stammelte Simmons und lächelte zittrig, während Fitz die Augen schloss und anscheinend betete. Vision wusste nicht, ob er es tatsächlich tat oder es für die Stewardess machte, damit sie ihnen die Flugangst glaubte, aber nichtsdestotrotz war er beeindruckt von seiner Reaktionsfähigkeit. „Ich kümmere mich schon um die beiden hier“, erklärte Erik freundlich lächelnd. „Aber ich denke, es wäre gut, wenn sie uns etwas Wasser und vielleicht etwas Schokolade bringen würden, für die Nerven. Ich bezweifle, dass ihnen Alkohol in einer solchen Situation gut tun würde.“ „Ich wünschte, ich wäre ein Affe“, brach es plötzlich aus Fitz heraus. Er war kreidebleich und stierte Simmons mit glasigen Augen an. May verdrehte die Augen und schüttelte genervt den Kopf. „Wenn ich ein Affe wäre, würde ich überleben.“ „Sir, ich bin mir sicher, Sie werden auch diesen Flug überleben“, sagte die Stewardess und warf Erik einen Blick zu, als wollte sie sagen: `Einverstanden. Bloß keinen Alkohol für den Jungen. ´ Sie stöckelte eilig davon. „Genau, du brauchst kein Affe zu sein“, zischte Simmons. „Und du hörst jetzt sofort auf, von Affen zu reden. Du bist kein Affe und du wirst keinen Affen bekommen. Niemals!“ „Was der Junge nur immer mit Affen hat“, murmelte Tony unschuldig, während Steve ihm einen scharfen Blick zuwarf. „Was? Ich habe nichts gemacht.“ „Tatsächlich?“, flüsterte Steve so leise, dass keiner der anderen Passagiere sie hören konnte. „Du hast also nichts gemacht?“ „Na hör mal, der Kleine war total fertig mit den Nerven. Er hat nicht einmal erwartet, dass wir überhaupt lebend ins Flugzeug kommen. Er musste sich beruhigen und zufällig… hatte ich noch einen kleinen Vorrat.“ May beugte sich vor, um Tony wütend anzusehen. „Wenn wir in Cleveland sind, werden wir beide trainieren. Und ich mache beim Training immer ernst, verstanden?“ Logan drehte sich zu Tony um. „Du gibst dem Kleinen deinen letzten Alkohol? Und ich dachte, wir wären Freunde.“ „War kein Alkohol.“ Entsetzt sahen nun auch die anderen Tony an. „Bist du bescheuert?“, fauchte Steve im immer noch leisen Ton. „Du hast Fitz Drogen gegeben?!“ „Wieso wundert mich das nicht?“, überlegte Bruce laut und verbarg sein Gesicht in den Händen. „Und dann hast du noch nicht einmal den Anstand, dich neben ihn zu setzen?“, fragte Erik, dem das wohl als größter Kritikpunkt erschien. Misstrauisch beäugte er Fitz, der sie alle nur breit angrinste. „Ich fass es nicht, dass du so etwas verantwortungsloses getan hast“, schimpfte Simmons und wandte sich an Fitz. „Keine Sorgen, alles wird gut. Hast du irgendwelche Halluzinationen? Ist dir schlecht?“ „Ausgerechnet jetzt, was hast du dir dabei gedacht?“, knurrte May. Logan hatte dagegen ein anderes Problem und schüttelte enttäuscht den Kopf. „Du bist echt der schlechteste Freund, den ich kenne.“ „Ich bezweifle, dass das gut durchdacht war“, bemerkte Vision, der das Gefühl hatte, zumindest etwas zu der ganzen Sache beitragen zu müssen. „Was war es? Und woher hattest du das überhaupt?“, wollte Steve wissen und Tony rollte mit den Augen. „Leute, ihr übertreibt, ja? Ich habe ihm einfach ein paar Tabletten gegeben, die beruhigend sind und zugegebenermaßen, naja, bewusstseinsverändernde Zustände hervorbringen können, wenn man etwas empfindlich ist. Mir helfen die Dinger beim Einschlafen, ich konnte doch nicht wissen, dass er so überreagiert. Ich dachte, der schläft jetzt bis Cleveland durch, so habe ich nämlich die Dosierung gesetzt.“ „Ich hasse dich“, grummelte Erik verachtend. „Lass uns die Plätze tauschen!“ Steve blinzelte. „Du machst mich fertig“, sagte er langsam, als wäre er sich noch nicht wirklich sicher. „Wirklich, Tony, du macht mich fertig. Jede Mal, wenn ich denke, du würdest dich entsprechend verhalten…“ „Was bitte ist an Schlaftabletten schlimm?“, brauste Tony auf. „Na? Erklär mir das!“ „Die Tabletten sind genau auf dich abgestimmt“, begründete Bruce ruhig. „Ich weiß das, ich habe sie dir gemacht. Und deshalb weiß ich auch noch ganz genau, dass ich dich gewarnt habe, dass sie bei anderen Leuten andere Reaktionen auslösen können.“ „Ist ja schon gut“, brummte Tony. „Ich entschuldige mich nachher bei dem Kleinen und dann ist alles wieder super, ja?“ Alle setzten sich wieder entspannt hin, im Bewusstsein, dass sie nun sowieso nichts machen konnten und dass es auch nichts brachte, Tony weiterhin anzuschreien. Sie würden auf diese Weise nur zu viel Aufmerksamkeit erregen und das war etwas, was sie unter keinen Umständen tun wollten. Die Stewardess kam und brachte FitzSimmons Wasser, sowie für beide einen Schokoladenmuffin, als wäre sie überzeugt, dass ein normaler Riegel nicht ausreichen würde. Sie beäugte Fitz misstrauisch, der immer noch mit befremdlichen Grinsen aus dem Fenster sah, aber Erik und Simmons erklärten ihr, dass sie ihm Reisetabletten gegeben hatten und die Stewardess war mit dieser Erklärung zufrieden. Erik trat, als das Flugzeug abhob, gegen Tonys Sitz, der bei seiner Erklärung angefangen hatte, leise zu lachen. „Ich will trotzdem, dass wir die Plätze tauschen.“ Erstarrt sah sie ihn an, die Reste ihres Shawarmas standen noch vor ihnen. „Sag das noch einmal“, brachte sie hervor. „Ich wurde von meinem Vater nach Asgard abkommandiert“, erklärte er ruhiger Stimme. „Die neun Welten befinden sich im Krieg und es wäre meine Pflicht, für Asgard in der vordersten Reihe zu kämpfen.“ Ihr wurde schlecht. „Unsere ganzen Pläne und Vorbereitungen... waren dafür ausgemacht, dass du hier auf der Erde bist! Du bist unsere Geheimwaffe. Und ich dachte, Asgard würde den Krieg auch ohne dich schaffen? Was ist mit diesen Guardians, von denen du mir erzählt hast? Können die das nicht machen? Und wenn sie fertig sind, auf die Erde kommen und einige Sentinels erschlagen?“ „Wenn die Guardians of the Galaxy auf die Erde kommen würden, würden die Sentinels sie sofort angreifen. Ich denke, Außerirdische, die noch dazu so auffällig sind wie diese Gruppe, stehen bei den Sentinels direkt unter Mutanten.“ „Was für fleißige-“ „Beruhige dich. Ich habe dem Thron entsagt.“ Sie verschluckte sich an ihrer Cola. „Bitte was?“ „Ich habe dem Thron entsagt und wurde verbannt.“ Er musste lächeln. „Du...scheinst dich irgendwie darüber zu freuen?“ „Mein Vater kennt mich. Er wusste, dass Midgard für mich immer die wichtigste Erde sein würde, auch, wenn Jane und fast alle meine Freunde tot sind. Aber das ist die Welt, in der sie alle gelebt haben und die mich an sie erinnert. Ich werde nicht zulassen, dass die Menschen noch länger in dieser Angst leben müssen. Mein Vater hat mir einen Gefallen getan, als er mich verbannt hat und er wusste es. Er hat es getan, weil ich auf diese Weise von niemanden in den Krieg der neun Welten gezogen werden kann. Er hat mir eine Chance gegeben, diese Welt zu schützen. Und diese Chance sollten wir nutzen.“ „Ich habe noch nie jemanden so fröhlich von seiner Verbannung reden gehört.“ „Das Beste hast du noch gar nicht gehört.“ Seine Augen leuchteten auf und er griff nach ihrer Schulter. „Die Hoffnung ist noch nicht verloren. Heimdall hat mir ein kleines Abschiedsgeschenk gemacht.“ „Eine Superwaffe gegen die Sentinenls?“, fragte sie hoffnungsvoll. Er lachte laut auf. So hatte er schon lange nicht mehr gelacht und sie war gespannt, was Heimdall ihm erzählt hatte, dass er eine so gute Laune hatte. „Nein, leider nicht. Aber da ich verbannt wurde, sagte Heimdall, wäre es nicht schlimm, wenn er dem Befehl meines Vaters nicht ganz entsprechen würde. Der Befehl wäre gewesen, dass er dem Prinzen von Asgard nicht die Wahrheit sagte. Aber ich bin kein Prinz mehr und deswegen hat er es mir erzählt. All die Zeit, in der wir beide dachten, dass alles wäre verloren wäre... Sie leben noch, Darcy. Tony, Steve, Vision, Bruce. Logan und Erik. May, Simmons und Fitz. Und sie sind nicht die einzigen. Heimdall hat mir erzählt, wo sie alle sind. Wir sind weitaus mehr, als wir dachten. Sie alle haben sich versteckt, um Kräfte zu sammeln und jetzt sind sie bereit zu kämpfen. Für Midgard, für unsere Freunde.“ Ihre Gedanken rasten. „Wir müssen zu ihnen, wir müssen uns sammeln. Wo sind sie jetzt?“ „Die meisten sind auf dem Weg nach Cleveland, zu einem Ort, an dem sie sicher sind. Dank Heimdall weiß ich, wohin sie wollen.“ „Worauf warten wir noch?“ Sie hastete zu ihrem Computer und rief die Seite einer Fluggesellschaft auf. „Wir müssen los, ich buche den nächsten Flug nach Cleveland. Pack ein paar Sachen, ruf Randolph an! Sag ihm bloß nicht, dass du nicht mehr der Prinz von Asgard bist, sonst hört er vielleicht nicht mehr auf dich. Seine Angst vor dir ist das beste, was wir haben.“ „Mit dem Berserker komme ich schon zurecht“, prahlte er. „Wenn nötig, benutze ich Mjölnir.“ „Mag sein, aber dann wissen auch die Sentinels, wo wir sind und ein Mädchen wie ich steht auf seine Privatsphäre.“ Sie grinste ihn über ihrem Bildschirm an. „Wir haben drei Stunden. Heute Abend sind wir in Cleveland. Weißt du, was das heißt?“ „Natürlich.“ Er lächelte sanft. „Das Verstecken hört auf.“ Tony war hundemüde, als er sein Wohnzimmer betrat und sich völlig erledigt in sein Sofa fallen ließ. Er lockerte seine Krawatte und schloss die Augen. Eigentlich hatte er vorgehabt, noch etwas an seinen Anzügen herumzubasteln, aber war einfach zu müde. Das einzige, was er nun noch wollte, war, in sein Bett zu gehen und eine Woche lang durchzuschlafen. Das und- „Ein Drink?“, fragte Pepper und als er ein Auge öffnete, stand sie vor ihm, in einem schwarzen Kostüm, ein leichtes Lächeln im Gesicht und einen Scotch in der Hand. „Du bist ein Engel“, sagte Tony und streckte den Arm aus, als sie den Scotch in ein Glas schüttete. „Dich hat wirklich der Himmel zu mir geschickt.“ „Vielleicht auch das Jobcenter“, bemerkte Pepper trocken. Sie setzte sich zu ihm, lehnte ihren Kopf an seine Schulter und stieß mit ihm an. „Harter Tag?“ „Ein wenig. Die Presse hatte heute anscheinend die Idee, Steve vor der ganzen Welt zu zerfleischen. Ich musste ihm helfen, daraufhin haben sie sich auf mich eingeschossen. Aber egal, ich komme mit einem Shitstorm besser zurecht als Cap.“ Er nippte an seinem Glas. „Wie war dein Tag?“ „Ich musste Happy sagen, dass er mit seinen `Sicherheitsmaßnahmen´ alle Mitarbeiter nervt“, meinte Pepper und seufzte. „Und das war heute noch der spaßige Teil. Die Aktien sind ein wenig eingebrochen, aber das kriegen wir schon wieder hin. Aber es wäre gut, wenn die Avengers in der nächsten Zeit nicht dadurch Schlagzeilen machen, weil sie ein Weltkulturerbe zerstören.“ „Ich rede mit Cap, aber versprechen kann ich nichts.“ „Das habe ich mir schon gedacht.“ Es wurde still, man konnte nur hören, wie Regen einsetzte und leicht gegen die Fenster klopfte. Keiner von ihnen hatte die Lampen angemacht und auch F.R.I.D.A.Y. tat nichts, als es langsam dunkler wurde. Sie saßen einfach nur auf der Couch und jeder hing seinen Gedanken nach. „Schläfst du, Peps?“, fragte Tony schließlich. „Nein. Jedenfalls noch nicht ganz.“ Sie unterdrückte ein Gähnen. „Wann musst du morgen in New York sein?“ „Steve hatte irgendeine fixe Idee von wegen `Morgenmeeting´. Ich denke, ich mache morgen blau. Und du?“ „Ich nicht. Ich habe eine Firma zu leiten. Deine Firma, Liebling.“ Tony grinste und küsste ihr leicht auf die Stirn. „Was würde ich nur ohne dich machen?“ „Tony?“ Er schreckte auf, als jemand ihn wachrüttelte. Kurz sah er sich orientierungslos um, dann erinnerte er sich, dass er mit den letzten Überlebenden ihrer Gruppe im Flugzeug nach Cleveland saß. Steve neben ihn hatte ihn wachgerüttelt. „Bin wach“, sagte Tony und fuhr sich kurz durch das Gesicht. „Wir landen gleich.“ Tony nickte und sah, wie die Stewardessen durch die Gänge gingen, um jeden zu ermahnen, die Sicherheitsgurte wieder anzulegen. Vision, Bruce und Logan waren still, während sich Simmons und Fitz über Erik hinweg leise unterhielten. „Der Kleine scheint wieder in Ordnung zu sein.“ Steve warf ihm einen scharfen Blick zu, sagte aber nichts und Tony hatte auch nichts erwartet. Er sah aus dem Fenster. Sie waren im Landeanflug und er konnte bereits grüne Wiesen sehen. Er war bisher nur einmal in Cleveland gewesen, als Happy Pepper, Rhodey und ihn eingeladen hatten. Sie hatten dort einmal Weihnachten verbracht, weil sie keine Lust gehabt hatten, dass sie von der Presse zu sehr belagert wurden. Es war ein schönes Fest gewesen und am Ende hatte sie das Pokerspiel gespielt, an dessen Ende Happy sein Haus an Tony verloren hatte. Pepper... Happy... Rhodey... Seine alten Freunde waren nur noch irgendwelche Namen und kaum jemand erinnerte sich noch an sie. Irgendwann würde es auch Tony so ergehen. Sie alle würden irgendwann vergessen werden. Tonys Blick schweifte zu den Passagieren. Sie alle konnten sich vermutlich längst nicht mehr an die Namen seiner Freunde erinnern. Ihr Tod hatte sie nicht interessiert. Diese drei, die jahrelang an seiner Seite gestanden hatten, als er noch kein Superheld gewesen war, sondern ein Mechaniker und später auch Waffenhersteller. Diese drei waren tot und den Menschen in diesem Flugzeug war es egal. Aber das machte nichts. Ihr Tod wäre Tony auch egal. Kapitel 5: Ein Eindringling bei den Sentinels --------------------------------------------- Happys Haus stellte sich als eine kleine Farm vor, ähnlich der Farm der Familie Barton und Steve fragte sich gedankenverloren, was aus dieser passiert war, nun, da die Familie nicht mehr dort wohnte. Diente sie als Unterschlupf oder Zuhause einer anderen Familie? War ihnen bewusst, dass es das ehemalige Zuhause eines Avengers war? Interessierte es sie überhaupt oder nahmen sie es hin, so wie es anscheinend so viele machten? Es war für Steve nicht das erste Mal, dass er aus dem Exil auftauchte und eine Welt vorfand, die ganz anders war als in seinen Erwartungen. Das erste Mal war er siebzig Jahre später aufgewacht und hatte festgestellt, dass fast alle seine Freunde gestorben waren. Nun war er nach nur zwei Jahren wieder aufgetaucht und statt Zerstörung und Angst fand er nur... Steve wusste nicht, wie er die Menschen beschreiben sollten. Hatten sie innerlich Panik und schafften es nur, es sich nach außen hin nicht anzumerken? Lächelten sie, während sie im Inneren weinten und schrien? Was ging in ihren Köpfen vor? Hatten sie tatsächlich nach einigen Monaten all die Menschen vergessen, die sich für sie geopfert hatten? War ihnen das Schicksal der Avengers, Fantastic Four, der X-Men und S.H.I.E.L.D. egal, obwohl sie diese vor einigen Jahren noch bejubelt und gefeiert hatten? Steve musste an ihre Feier im Avengers-Tower denken, kurz, nachdem sie Lokis Zepter aus den Händen Hydras gerissen hatten. Der Tower war voller Menschen gewesen, von denen Steve nur eine Handvoll gekannt hatte, der Rest waren Bekannte von den anderen gewesen. Doch er erinnerte sich noch ganz deutlich, dass ihn jedes einzelne Gesicht angestrahlt hatte. Er, Captain America, war ihr Held gewesen und obwohl Steve nie ein Held werden wollte, sondern nur für seine Überzeugen kämpfen wollte, hatte es ihm gefallen. Es hatte ihm geholfen, dass er fast all seine alten Freunde verloren hatten, denn jeder einzelne Gast auf dieser Party hatte ihm das Gefühl gegeben, dass sie froh waren, dass er in ihrer Zeit war und nicht vor siebzig Jahren verstorben war. Und es hatte gut getan und die Trauer um sein verlorenes, mögliches Leben und das seiner Freunde geschmälert. Nun war er in einer ähnlichen Situation, doch irgendwie hatte es ihm die Fahrt zu Happys Farm noch deutlicher gemacht, dass die Menschen ihr Leben weiter gelebt hatten, ohne ihn und die anderen. Dieses Mal gaben sie ihm nicht das Gefühl, willkommen zu sein, nein, er war für sie nur ein Relikt aus einer vergangenen Zeit, das noch nicht einmal erwünscht war. Die Menschen wollten nicht mehr kämpfen, sie wollten leben und dafür nahmen sie auch die Angst vor den Sentinels in den Kauf. Jeder, der kein Mutant oder ein Feind war, war vor ihnen sicher. Diejenigen, die in Gefahr lebten, waren vermutlich bereits alle tot und vielleicht hatten sich deshalb die Sentinels auch eine Pause genommen. Natürlich, es waren Roboter, aber hatte Ultron nicht auch eine gewisse Menschlichkeit bewiesen, indem er Natasha entführte, damit er in der letzten Phase seines Planes nicht allein war? Damit jemand da war, der ihm zusah, mit dem er sprechen konnte? Ultron war das Vorbild jener künstlichen Intelligenz, die Centipede den Sentinels eingepflanzt war und auch wenn er über einen solchen Prozess noch nicht einmal die Hälfte verstand, wie es Tony und Bruce taten, so war er sich sicher, dass es einfältig war, zu glauben, die Sentinels würden gedankenlos handeln. Sie folgten längst keinem Plan mehr, ebenso wie Vision. Tatsächlich verglich Steve die Sentinels lieber mit seinem Avenger-Kollegen, allerdings sagte er es ihm nicht. Wenn er jedoch davon ausging, dass Vision und die Sentinels über einen ähnlichen Handlungsspielraum verfügten, hatte er die Hoffnung, dass er sie nicht unterschätzen und vielleicht eines Tages besiegen konnte. Zumindest war das sein Plan vor drei Jahren gewesen, aber er hatte längst einsehen müssen, dass er trotz diesen Vorhabens seine Freunde verloren hatte. Es war kein gutes Gefühl und noch weniger ein guter Gedanke. Deshalb bemühte Steve sich, wenigstens vor den anderen als unerschüttlich und kampfbereit zu gelten. Es würde niemandem etwas bringen, wenn bekannt wurde, dass Steve genau wie die anderen müde war, dass die Trauer um seine Freunde ihn zermürbte. „Hübsch“, sagte schließlich Simmons, im Bemühen, die trübe Stimmung aufzulockern. Sie hatten wieder zwei Autos geknackt und Vision genügend Geld gegeben, damit er Wanda und Blink suchen konnte. „Natürlich, es ist schließlich meins“, bemerkte Tony trocken und trat beherzt einen Schritt auf das Farmhaus zu. Steve fragte sich, ob Tony jemals ohne Happy hier gewesen war. Vermutlich nicht. Die Farm entsprach eher nicht Tonys Geschmack. „Hoffentlich habe ich seit neuestem keine Mieter bekommen.“ „Tja, dann werden sie wohl gleich den Schreck ihres Lebens bekommen“, bemerkte Logan belustigt und hob seine Fäuste. Er war allerdings klug genug, seine Krallen nicht in der Öffentlichkeit zu zeigen. Zwar war das Grundstück von einem Wald umrandet und das nächste Dorf eine halbe Stunde Autofahrt entfernt, aber es wäre unklug, jetzt unvorsichtig zu werden. Steve sagte nichts zu den Witzeleien der Gruppe. Sie waren besser als die depressive Stimmung, in der sie mehrere Monate lang gefangen gewesen waren. Steve hatte dabei versucht, einen Gruppenkollaps zu vermeiden und hatte angeboten, mit ihnen über alles zu sprechen, über das sie reden wollten. Immerhin kannte er das Gefühl, wenn alle Freunde gestorben waren. Peggy, Howard, Abraham Erskin, Chester Phillips... Sharons Tod hatte er kaum verkraftet. Es waren zu viele Parallelen zu Peggy gewesen und Steve hatte sich gewünscht, dass zumindest sie nicht starb. Es war eine andere Zeit als 1943, es hatte kein Krieg geherrscht. Es war eine friedliche Zeit gewesen und Steve hatte den naiven Glauben gehabt, dass er nun endlich angekommen war, dass er endlich glücklich werden konnte. Er war nicht mehr der schmächtige Steve, der von einer heilen Familie und einer glücklichen Zukunft geträumt hatte. Aber er hatte gehofft, dass er gemeinsam mit Sharon ein neues Leben, außerhalb seines Lebens als Captain America, aufbauen könnte. So, wie es Tony, Thor und Clint hatten. Oder `gehabt hatten´, berichtete Steve sich, als er sich an seine toten Kameraden erinnerte. Er schüttelte den Kopf, um seine Gedanken zu vertreiben. Er wollte nicht an all die Toten denken und er wollte auch nicht an die Zukunft denken, die Sharon und er vielleicht hätten haben können. Die anderen waren bereits vorgegangen, nur Logan und May standen neben ihm, vermutlich, um dafür zu sorgen, dass die anderen ihm nicht seine vorübergehende Hoffnungslosigkeit anmerkten. Steve hatte schon vor Monaten herausgefunden, dass die beiden, sowie Erik, diesbezüglich eine schnelle Reaktion zeigten. Ihnen war bewusst, dass Steve als Anführer der Avengers gleichzeitig auch ihr Anführer war und dass es unklug war, dass man ihm seine Schwäche ansah. Während May dies bereits durch ihre S.H.I.E.L.D.-Ausbildung verinnerlicht hatte, halfen ihm Logan und Erik vermutlich aus anderen Gründen. Logan erlebte den Kampf gegen die Sentinels bereits zum zweiten Mal und anscheinend war diese Zeit auch schlimmer als die vergangene. Ein schwächelnder Anführer war das letzte, was die Gruppe brauchte. Erik sah das wahrscheinlich genauso, da er momentan Tony und die anderen ablenkten, indem er nörgelnd ausrief, dass sich seiner Meinung nach zu wenig Metall auf der Farm befand. „Geht es?“, wollte Logan wissen und zündete sich umständlich eine Zigarre an, die sie ihm am Flughafen gekauft hatten. Beziehungsweise, die er sich selbst besorgt hatte, indem er sie aus dem Behälter am Zoll gezogen hatte. Während Steve wütend geworden war, war Tony begeistert gewesen: es waren kubanische Zigarren. „Ja. Danke“, murmelte Steve leise. „Lasst uns reingehen.“ May bewegte sich ohne ein weiteres Wort und weder Logan noch Steve waren sonderlich überrascht deswegen. Das Farmhaus war klein, aber gemütlich und für ihre Zwecke perfekt. Überall war Staub und in den Ecken wuselten so viele Insekten, dass Simmons ganz begeistert war. „So lange können sie hier noch gar nicht leben“, erzählte sie denen, die zu höflich waren, um sie zu ignorieren- Bruce, Steve und Fitz. „Ich könnte herausfinden, wie alt sie sind und mit der Menge an Staub dann bestimmen, wann das letzte Mal Leute hier waren und ob wir hier einigermaßen sicher sind und-“ „Das Teil ist eine Bruchbude“, knurrte Logan. „Niemand wohnt hier freiwillig.“ Simmons schürzte beleidigt die Lippen. „Okay, und was machen wir jetzt? Das Haus wohnlicher machen? Was ist mit den Lebensmitteln?“ Steve bemerkte, dass ihn alle ansahen und er räusperte sich. „May und Tony, ihr macht eine Liste, was wir alles brauchen und besorgt diese auch. Achtet aber darauf, nicht zu sehr aufzufallen. Der Rest von uns putzt das Haus. Noch jemand Fragen?“ Niemand äußerte sich, außer Fitz, der laut nieste. „Ich glaub, ich hab eine Stauballergie“, meinte er. „Ich fahre dann besser mit zum Einkaufen...“ „Du hast doch nur Angst vor Insekten“, hielt Simmons dagegen. „Das ist völlig unangebracht, sie tun dir doch nichts.“ Fitz wollte etwas erwidern, aber Steve unterbrach ihn. „Wir dürfen nicht zu viele mitnehmen“, erklärte er. „Tony bezahlt und May sorgt dafür, dass nur das gekauft wird, was wir unbedingt brauchen, verstanden?“ Er sah Tony scharf an, der ergeben nickte. „Okay. Dann fangt an.“ Das Foto ihres alten Freundes hing an der Wand, neben all den anderen. Es war eine Totengallerie geworden, aber sie weigerte sich, diese Fotos abzunehmen. Sie sorgten für die Motivation des Teams, die Sentinels möglichst schnell zu vernichten. Sie hatte die Fotos aufgeteilt. An der linken Wand hingen die Bilder derer, von denen sie sich sicher war, dass sie tot waren. Rechts waren die Fotos, bei denen es zwar wahrscheinlich, aber nicht bewiesen war und vor einem der Fotos stand er. Sie nahm ihr Klemmbrett und stellte sich neben ihn, tat so, als würde sie sich die Fotos ansehen und nicht ihn. Er war blass geworden, genau wie die anderen, aber er war noch immer stark. Sie achtete darauf, dass jeder in Form blieb. Faulheit war ein Luxus, den sie sich alle nicht mehr leisten konnten. Er trug seine Haare wieder kurz, so, wie er sich vor Jahrzenten bei der Armee beworben hatte, der Metallarm war unter der Lederjacke und einem Handschuh verborgen, damit er unsichtbarer blieb und nicht so schnell entdeckt wurde. „Glaubst du, er ist tot?“, fragte er mit hohler Stimme. Er brauchte nicht auf das Foto zu deuten, damit sie wusste, wen er meinte. „Ich weiß es nicht“, sagte sie. Ihr wurde immer vorgehalten, sie wäre eine Lügnerin, ein Höllenbiest. Seit ihr Ex gestorben war, bemühte sie sich um die Wahrheit, obwohl diese vor allem gegenwärtig nur unbequem war. „Entweder ist er tot und seine Leiche modert in einem Wald vor sich hin oder aber er lebt und hat sich versteckt.“ Er warf ihr einen Blick zu. „Du bist taktlos.“ „Ich habe mein Mitgefühl vor Jahren schon verloren“, antwortete sie nur trocken. „Außerdem weißt du, dass ich Recht habe.“ „Steve hätte sich niemals versteckt. Das passt nicht zu ihm. Er läuft nicht weg.“ Er schmunzelte bitter. „Für ihn könnte es den ganzen Tag so weitergehen.“ „Deine Einschätzung ist rührend, aber in diesen Zeiten zeigen wir alle Charaktereigenschaften, die wir uns niemals zugetraut hätten“, sagte sie. „Und jetzt komm, wir haben zu arbeiten.“ Er nickte, folgte ihr in den nächsten Raum und zog sich die Jacke und den Handschuh aus. Hier war niemand der, bei dem es wichtig gewesen wäre, dass man seinen Arm nicht sah. Es war im Raum kühl, aber er hasste es, seinen Arm verstecken zu müssen. Sie hatte sich einen weißen Kittel angezogen und blätterte nun in ihrer Akte. Auf dem Tisch vor ihnen lag ein schwarzer Leichensack. „Objekt ist männlich, 20-25 Jahre alt“, sagte sie. „Wieso bist du dir nicht sicher?“, unterbrach er sie und sie runzelte die Stirn. „Weil alle Akten über ihn vernichtet worden sind. Du weißt doch: einfach so tun, als hätte es die Toten nie gegeben. Na ja, jedenfalls wurde er zum Glück erstochen.“ „Er sieht es bestimmt anders“, sagte er trocken. „Er hätte auch verbrannt werden können und dann wäre er nutzlos für uns gewesen“, konterte sie und schlug ihm ihr Klemmbrett leicht gegen die Brust. „Los, fangen wir an.“ Nun schlüpfte auch er in einen weißen Kittel, um seine Sachen nicht schmutzig zu machen und zog sich Latexhandschuhe an. „Weißt du, als ich meinen Erste-Hilfe-Schein für den Führerschein gemacht habe“, bemerkte er. „Hätte ich nie gedacht, dass ich mal Leichenschänder werde.“ Sie grinste breit. „Ich bitte dich. Als wäre das das schlimmste, was du je gemacht hast, Soldat.“ Er öffnete den Leichensack, rümpfte die Nase ob des Geruches und beugte sich über das Gesicht, um eine mögliche Identifizierung vorzunehmen. „Ich glaube, ich kenne ihn nicht“, sagte er, nachdem er alle Gesichter auf der Wand vor seinem inneren Augen durchgegangen war. „Die Verwesung hat auch schon eingesetzt.“ „Wenn wir fertig sind, werden wir es schon wissen.“ Sie zog sich die Handschuhe ebenfalls an und zog das Latex etwas in die Breite. Es klatschte laut und unangemessen, als das Latex auf ihre Haut klatschte. Sie verzog das Gesicht nicht. „Okay. Lass uns ein wenig Dr. Frankenstein spielen.“ Die Sentinels waren gewissenlose Roboter, aber Brock Rumlow konnte dennoch nicht genau sagen, ob sie auch die schlimmsten Arbeitgeber waren, die er je hatte. Er hatte für Alexander Pierce gearbeitet, der ihn mit seinen Reden gelangweilt hatte und eine Zeit war er, auch wenn es nur alibi-mäßig gewesen war, Nick Furys Untergebener gewesen. Beim letzteren hatten ihn vor allem dessen grenzenlose Naivität und vor allem seine Verbündete genervt. Besonders Steve Rogers alias Captain America hatten auf Brocks Abschussliste gestanden, gefolgt von Natasha Romanoff, Sam Wilson, Maria Hill, Nick Fury und der Rest der Avengers und S.H.I.E.L.D.-Agenten. Die Sentinels dagegen waren dumm, kompromisslos und hatten auch keine furchtbaren Untergebenen. Sie zahlten auch einen besseren Lohn als andere Arbeitgeber. Kein Geld, sondern das Überleben und Rumlow gehörte zu denen, die keinerlei Probleme hatten, dafür andere Menschen auszuliefern. Bevor er zu Hydra gegangen war, war er Söldner gewesen und eigentlich war er das auch geblieben. Da Hydra jedoch mutmaßliche Überläufer hassten, die verschwanden, sobald der bessere Geldbetrag in Aussicht war, hatte Rumlow sich als fanatischer Anhänger der Organisation ausgegeben und es hatte auch funktioniert. Die Sentinels interessierten sich nicht für Ideologien, sie folgten nur ihrer Programmierung, die ihnen vorgab, sämtliche Mutanten und Feinde zu töten. Und da Rumlow mit ihnen arbeitete und anscheinend auch nicht irgendwann für kleine Mutanten sorgen würde, war er sicher. Damit das blieb, arbeitete er für sie, suchte nach Auffälligkeiten und gab die Daten weiter. Es waren dadurch schon viele indirekt durch seine Hand gestorben und wenn Rumlow religiös wäre, würde er vielleicht nach seinem Tode die Hölle fürchten. Aber er war es nicht und es war nicht das erste Mal, dass Leute durch ihn starben. Er konnte nachts schlafen und würde überleben, das war das einzige, was ihn interessierte. Es gab nur etwas, was ihm die Arbeit für die Sentinels vermieste und das war das einfache Wissen, dass sie bereits alle umgebracht hatten, die eigentlich auf Rumlows Liste gestanden hatten. Rogers, Romanoff, Wilson, Fury, Hill, Carter und all die anderen. Rumlow hatte vorgehabt, nach all den Jahren, die er undercover bei S.H.I.E.L.D. verbracht hatte, all jene umzubringen, die ihn jemals genervt hatten und vor allem Rogers, Fury und Romanoff waren auf den ersten Plätzen gewesen. Sie alle waren allerdings vermutlich tot. Rumlow hatte keine Leiche von ihnen gesehen, da die Sentinels sich nicht für diese interessierten, aber er hatte auch schon seit Jahren kein Lebenszeichen mehr von ihnen gesehen und vor allem Rogers und Fury waren zu dumm, um sich vor den Sentinels zu verstecken. Solche Gutmenschen wie sie starben immer als erstes, das wusste Rumlow aus Erfahrung. Dennoch ärgerte es ihn, dass er sich nicht für seine Verbrennungen bei ihnen revanchieren konnte. Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätten sie alle leiden müssen. Sie alle hätten ihn angefleht, sie zu töten, aber diesen Gefallen hätte er ihnen nicht getan. Rumlow war es gewohnt, seine Zielpersonen sofort zu töten- bei seinen persönlichen Feinden war er allerdings sadistisch. Rumlow blinzelte, als ihn ein leuchtender Knopf aus den Gedanken riss. Er setzt sich auf und warf einen Blick auf die Männer und Frauen in seiner Umgebung, die genau wie er nach Mutanten suchten. Die meisten waren von Hydra, die sich den Sentinels angeschlossen hatten, um Hydras Erzfeind Nr.1, Captain America, zu töten. Niemand achtete auf Rumlow und er widmete sich wieder seinem Bildschirm. Es war kein Mutant, das bezweifelte er. Welcher Mutant wäre so dämlich, in das Hauptquartier der Sentinels einzubrechen? Davon abgesehen, dass das Quartier geheim war, konnte Rumlow auch keinerlei Aktivitäten der Sentinels sehen und diese wären sofort ausgerückt, wenn ein Mutant in ihrer Nähe gewesen wären. Sie brauchten Rumlow und die anderen nur, um die komplette Welt zu bewachen. Die Intelligenz, die Centipede ihnen eingepflanzt hatten, war nur eine billige Kopie von Ultron gewesen und sie war so eingeschränkt, dass sie, anders als das angebliche Friedensprogramm von Stark, keinen Zugriff auf das Internet hatte. Sie verband nur die Roboter untereinander und koordinierte die Angriffe, aber zu mehr war sie auch nicht in der Lage. Nachdenklich tippte Rumlow auf seinen Hals, ein Tick, den er sich noch nie hatte abgewöhnen können. Wer war da in das Hauptquartier eingebrochen? Wer war gleichzeitig clever genug, um es zu finden, als auch so dumm, sich mit den Sentinels und Hydra einzulassen? Vielleicht einer der Avengers? Hatte doch noch einer von ihnen überlebt? Aber selbst dann hätten die Roboter Alarm geschlagen und soweit Rumlow das auf seinem Bildschirm sah, waren sie noch alle im Stand-by. Wieder sah Rumlow sich um. Sollte er jemandem Bescheid sagen und die Daten an die Sentinels weitergeben? Oder sah er alleine nach und hatte vielleicht sogar mal wieder die Chance auf einen ordentlichen Kampf? Rumlow war Söldner, ihm war in Friedenszeiten langweilig. Und die Arbeit für die Sentinels war eintönig und nicht für jemanden wie ihn gemacht. Ohne weiter darüber nachzudenken, verließ er seinen Platz und verließ mit geradem Rücken den Saal, indem sie alle saßen. Einige blickten gelangweilt auf, aber niemand hinderte ihn am Gehen. Er wusste genau, aus welchem Raum das Signal gekommen war und er wusste, dass normalerweise niemand in diesem Raum war. Das Gebäude, indem sie arbeiteten, war einst das Hauptquartier der Avengers gewesen und Rumlow hatte gegrinst, als er den ersten Schritt hineingetan hatte. Das hatten die Avengers wahrscheinlich nie bedacht. Dass das Gebäude, indem sie lebten, trainierten und ihre Kämpfe koordinierten, einmal ihre Feinde beherbergen würden. Zu gerne würde er Rogers dummes Gesicht sehen, aber das war ihm ja leider nicht vergönnt. Der Raum, zu dem er unterwegs war, war einer der leeren Kellerräume. Rumlow wusste nicht, was die Avengers dort gelagert hatten, denn er hatte keine Aufzeichnungen gefunden, aber die Sentinels und HYdra benutzten diese Räume ebenfalls nicht. Niemand von ihnen lebten hier und den Sentinels war es egal, wo sie standen. Rumlow hatte keine Waffe dabei, da er normalerweise auch schlicht nicht brauchte. In diesem Moment war es ihm auch egal. Wer glaubte, dass er unbewaffnet keine Gefahr darstellte, war ein Idiot. Er brauchte keine Waffen und er wollte gerade auch keine. Er wollte nur endlich mal wieder einen ordentlichen Kampf. Der Flur zu den Kellerräumen war kaum beleuchtet, da bereits viele Lampen kaputt waren, aber niemand einsah, diese zu reparieren. Soweit er das sehen konnte, war niemand im Gang und er war auch niemandem begegnet. Derjenige, der also in dem Raum war, war auch noch drin und Rumlow öffnete die Tür. Er blinzelte. Unzählige Lichter waren eingeschalten, sowie mehrere Bildschirme, die an den Wänden hingen. Der Boden war mit einem roten Teppich bedeckt und als Rumlow in den Raum trat, drehte sich ganz langsam der schwarze Lehnsessel zu ihm um. Rumlow nickte beeindruckt. „Na sowas“, sagte er. „Ich dachte, du wärst tot.“ Kapitel 6: Fragen über Fragen ----------------------------- „Das ist eine dumme Idee“, sagte Elliott Randolph und Darcy hatte das Bedürfnis, ihren Kopf gegen das Lenkrad zu schlagen. „Was ist jetzt schon wieder?“, knurrte sie. Den ganzen Flug über hatte er sie mit seinem Pessimismus genervt und sie fragte sich, wie Thor ihn nur einigermaßen aushalten konnte. Vielleicht war er einfach nervenstärker als er. Sein tiefer Schlaf schien nur zu helfen, denn sie hatten es gerade so geschafft, ihn im Flugzeug zu wecken, als sie endlich gelandet waren. Sobald Darcy ein Mietauto organisiert hatte, war er auch sofort eingeschlafen und sie fragte sich ernsthaft, ob die Reise über die Regenbogenbrücke tatsächlich so anstrengend war oder ob Thor einfach keine Lust hatte, Randolph im wachen Zustand zu ertragen. Letzteres konnte Darcy durchaus verstehen und sie wünschte, sie könnte ebenso schnell einschlafen wie Thor, aber da sie das nicht konnte, nervte Randolph schon seitdem sie England verlassen hatten. Darcy war mit den Nerven am Ende. „Ich dachte, das wäre offensichtlich“, sagte Randolp herablassend und Darcy packte das Lenkrad fester. „Zwei Götter fahren zu einem Haus, indem ein Haufen Mutanten herumsitzt. Wir sollten sofort umdrehen und wiederzurückfliegen.“ „Wir sind pleite“, erinnerte sie ihn. „Unsere letzten Ersparnisse sind für das Auto hier draufgegangen.“ „Eine weitere dumme Idee, jetzt haben sie deine Adresse und können dich zurückverfolgen. Ich sollte mich sobald wie möglich absetzen. Warum habe ich das bloß noch nicht gemacht?“ „Weil Thor dich erschlagen würde“, zischte Darcy. „Und du ein Feigling bist, der sich ständig versteckt, wenn etwas ist und an seinem Leben hängt.“ Randolph warf ihr einen angesäuerten Blick zu. „Du bist wirklich unhöflich. Wie sprichst du mit einem Asen?“ „Einem bereits vor Jahrtausenden verbannten Asen, an den sich halb Asgard nicht mehr erinnert.“ „Das war unnötig“, meinte er beleidigt. „Mit meinem Stab bin ich immer noch mächtig genug, um ganze Landstriche zu zerstören.“ Darcy atmete gereizt aus. „Nur leider hast du den Berserker-Stab S.H.I.E.L.D. gegeben, Hydra hat ihn eingesteckt und jetzt ist er weg.“ „Er ist nicht weg, ich kann ihn immer noch spüren“, sagte Randolph. „Ich habe ihn bisher bloß nicht geholt, weil das mit zu viel Gefahr verbunden ist. Ich habe nicht alle Weltkriege überlebt, um jetzt zu sterben.“ „Tu, was Darcy sagt“, kam es von der Rückbank und Darcy grinste erleichtert. Thor war also wach und hatte sich nur schlafend gestellt. „Wir besprechen mit den anderen erst einmal, was wir tun und dann suchst du deinen Stab, Berserker. Hast du verstanden?“ „Wenn ich es tue, werden die Sentinels auf mich aufmerksam“, schnappte Randolph. „Der Stab ist der einzige Grund, warum ich dich im Schlaf noch nicht erstochen habe“, knurrte Darcy genervt. „Und jetzt halt gottverdammt noch einmal deine Klappe. Wir kommen gleich an und du machst keinen guten ersten Eindruck.“ Randolph grummelte vor sich, hielt aber ansonsten die Klappe und Darcy sah in den Rückspiegel Thor aufmunternd lächeln. `Bald´, sagte sein Lächeln. `Bald ist alles vorbei. Und dann haben wir endlich unsere Freunde gerächt.´ Darcy lächelte vorsichtig und nickte. Ja, nicht mehr lange, dann wäre alles vorbei. Dann wären sie entweder tot oder aber hätten über die Sentinels gesiegt. Und vielleicht würden dann auch endlich Darcys Alpträume aufhören. Blink ließ ein Messer um ihr Handgelenk wirbeln, während sie ins Nichts sah. Die meisten Schüler schliefen, andere wiederum saßen zusammen im Kreis und redeten miteinander. Normalerweise setzten sie sich zu ihr, aber sie brauchte im Moment ihre Ruhe um nachzudenken und die Jugendlichen akzeptierten es. Blink war als Älteste die Anführerin, sie war die einzige der X-Men, die noch da war. Wanda hatte mit ihr den Posten geteilt, aber das Mädchen war vor zwei Tagen aufgebrochen, um die anderen zu suchen. Zumindest hatte sie das gesagt. Blink glaubte eher, dass Wanda es in den französischen Katakomben nicht mehr ausgehalten hatte. Sie war keine Mutantin, sie hatte die Möglichkeit, an der Oberfläche zu überleben. Blink und die anderen hatten diese Chance nicht. Sie sollte wütend auf Wanda sein, aber sie verstand das Mädchen. Wenn ihre Rollen und Fähigkeiten vertauscht wären, wäre sie vermutlich auch gegangen. Oder wäre sie geblieben? Blink wollte lieber nicht darüber nachdenken. Sie hatte auch wichtigeres zu tun. Sollten sie den Ort wechseln? Sie waren schon lange hier. Aber Blink müsste die Jugendlichen allein lassen und ein neues Versteck auskundschaften. Das bedeutete sowohl für Blink als auch für die letzten Schüler des Instituts eine große Gefahr. Wenn die Jugendlichen getötet werden würden, während Blink nicht da war- konnte sie sich das verzeihen? Seufzend ließ Blink ihren Kopf gegen die Wand sinken. Wie oft hatte sie sich schon gewünscht, dass sie nicht diejenige wäre, die die Entscheidungen traf. Zu gerne hätte sie jemanden an ihrer Seite, jemand, der die Befehle gab, nach denen Blink sich richten konnte. Jemand, der die Verantwortung für alles übernahm und Blink von dieser Last befreite. Die Last, für fünfundzwanzig Mutanten zu sorgen.  Wie oft war sie schon gerade so vor den Sentinels entkommen, als sie Nahrungsmittel für alle besorgen musste? Blink fiel allein schon durch ihr Aussehen auf, aber einen der Schüler wollte sie auch nicht hochschicken. Darüber hinaus teleportierte Blink immer in andere Länder, damit nicht auffiel, wo sie sich versteckten. Sie bezweifelte, dass es noch lange funktionieren würde, aber hatten sie eine andere Wahl? Das vermisste Blink vermutlich am meisten. Die Wahl zu haben. Sie hatte diese Möglichkeit in dem Moment verloren, als Captain America ihr befohlen hatte, die Kinder zu schützen. Blink vergrub ihr Gesicht in den Händen. Sie konnte nicht mehr, sie wollte nicht mehr. Fast wünschte sie sich, dass die Sentinels auftauchten und alles ein für allemal beendeten. „Was glaubt ihr, wie lange wird Vision wohl weg bleiben?“, fragte Bruce nachdenklich. Es war morgens und sie saßen alle im Wohnzimmer. Sie hatten den einzigen Damen in ihrer Gruppe das Sofa überlassen und die Männer versuchten, es sich auf dem Boden einigermaßen bequem zu machen, während sie frühstückten. Simmons und May hatten Mitleid mit ihnen bekommen, waren zusammengerückt und nun saß Fitz, der schmalste und kleinste von ihnen, eingequetscht zwischen ihnen. Bruce bezweifelte, dass es sonderlich bequem war, aber die S.H.I.E.L.D.-Agenten beschwerten sich nicht. Tony zuckte mit den Achseln und beschmierte sich ein Brötchen. „Blink und Wanda hatten Monate, um ihre Spuren zu verwischen und die Welt ist groß. Solange die beiden nicht mit einem riesigen Neonschild herumrennen, wird er nicht innerhalb von zwei Tagen wieder da sein.“ „Und dann könnte es sein, dass wir in den Zeitungen über seinen Tod lesen“, sagte Erik pessimistisch. „Magneto, der Garant für jede gute Partystimmung“, sagte Tony fröhlich und Erik warf ihm einen bösen Blick zu. „Auf jeden Fall müssen wir spätestens zu seiner Rückkehr absolut fit sein“, meinte Steve, der einfach nicht aus seiner Rolle als Vorbild ausbrechen konnte und Simmons angehalten hatte, einen Obstsalat zu machen. Er hatte jedem einzelnen von ihnen ein Schälchen hingestellt und bedachte gerade Logan und Tony mit einem vielsagenden Blick, da beide ihr Obst noch nicht einmal angerührt hatten. Als Beweis, dass der Obstsalat schmeckte, hatte er bereits seine zweite Portion genommen. „Das bedeutet, dass wir einen Fitness- und Ernährungsplan aufstellen werden, um die Monate in dem Versteck wieder gutzumachen. Simmons und Bruce, ihr kümmert euch um die Ernährung, May und ich uns um den Sportplan. Bis heute Mittag müssen die Pläne fertig sein, damit wir möglichst früh anfangen können. Um das Mittagsessen kümmern sich...“ Steve zögerte. Bislang hatte sich Simmons als einzige als Köchin freiwillig gemeldet, aber diese hatte er nun für den Plan eingeteilt. „Wer von euch anderen kann kochen?“ Tony zuckte mit den Achseln. „Was glaubst du, warum in meinem Kopf hunderte Telefonnummern von Lieferservicen gespeichert sind?“ „Dito, ich koche doch nicht“, meinte Logan entrüstet. „Ich bin ein Mann!“ „Also wirklich!“, empörte sich Simmons sofort. „Das Geschlecht hat keinerlei Einfluss auf die Fähigkeit zum Kochen! Fitz kann zum Beispiel kochen.“ „Okay, er kocht“, wies Erik an. „Tony, Logan und ich kümmern uns dann darum, dass die Farm einigermaßen sicher ist.“ „Ich dachte, sie ist sicher?“, fragte May scharf, während Fitz Simmons leise fragte, ob Sandwiches als Mittagessen geeignet waren.  „Deswegen sind wir doch hier, oder? Weil sie sicher ist?“ „Natürlich ist sie sicher, Happy war ein Kontrollfreak. Er hat hier überall Videokameras angebracht und normalerweise wären wir hier nur hereingekommen, wenn wir uns identifiziert hätten“, antwortete Tony. „Erik meinte nur, dass wir hier überall Sprengfallen und so verstecken, für den Fall, dass hier einige Roboter auftauchen. Dann könnten wir sie in die Luft sprengen und hätten vielleicht sogar noch eins, zwei Minuten, um uns über sie kaputtzulachen, ehe sie uns niederschießen.“ „Lieber zwei als eine“, bemerkte Logan sonnig. „Ich lache gerne über meine Feinde.“ Steve massierte sich die Schläfen. „Wie wollt ihr ohne Ausrüstung unauffällig Sprengladungen legen?“ „Ich dachte, wir benutzen unseren persönlichen Metalldetektor“, erwiderte Tony und deutete auf Erik, dessen Blick noch frostiger wurde. „Hier in der Nähe ist wohl ein alter Militärplatz, zumindest meinte Rhodey das mal. Und er sagte, dass die Leute wohl aus Vorsichtsmaßnahme Bomben versteckt hatten, um sie fern zu zünden, sollte der Militärplatz eingenommen werden. Mit ein bisschen Glück war das nicht nur eine Geschichte von einem betrunkenen Soldaten, sondern auch wahr und wir finden ein paar kleine Schätzchen.“ „Was ist, wenn die Sentinels auftauchen?“, fragte Bruce. „Ich meine, falls Erik entdeckt wird, wie er Bomben durch die Luft wirbeln lässt. So etwas fällt meistens auf.“ „Das müssen wir riskieren“, sagte Erik. „Ich wundere mich schon, warum die Sentinels uns nicht schon längst ausgelöscht haben.“ „Das stimmt“, meldete sich Fitz zu Wort. „Ich weiß, wir haben es nie ganz feststellen können, wie die Sentinels so schnell die Aufenthaltsorte der Mutanten festlegen konnten, aber wir hatten die Theorie, dass sie, ähnlich wie einst Ultron, das Internet dazu nutzten. Am Flughafen waren überall Kameras, die uns aufgenommen haben und wenn es stimmt, dass die Sentinels Zugriff auf jede Datenbank haben, wie wir es uns gedacht haben, frage ich mich, warum wir noch leben. Es ist unlogisch. Die Sentinels werden vermutlich auch nicht aufgehört haben, uns zu jagen. Einige ziemlich bekannte Mutanten sind noch am Leben. Erik, Logan, Wanda, obwohl sie ja eigentlich kein richtiger Mutant ist. Und wir anderen gelten als Feinde der Sentinels und diese wurden ebenfalls verjagt. Wir wissen nicht, wer alles tot ist, aber ich denke, die Sentinels wissen es oder aber sie wissen, wer bereits alles tot ist. Aber seit wir wieder auf der Oberfläche sind, ist es als ob...“ Seine Stimme verlor sich und er sah in die Leere. Simmons neben ihm half ihm aus. „Es ist, als würde es die Sentinels nicht mehr geben, als hätten sie sich ab geschalten. Aber das ist unlogisch, das widerspricht ihrer Programmierung.“ „Es gibt also einen Grund, warum wir noch leben“, sagte Tony und schnipste mit den Fingern, um Fitz´ Konzentration wieder auf sich zu lenken. „Halleluja, lobet den Herrn. Stellt euch zwei mögliche Szenarien vor: erstens, die Sentinels sind allesamt in die Rente gegangen. Geil für uns, aber unwahrscheinlich. Mal ehrlich, wann hatten wir jemals so ein Glück? Zweitens: die Sentinels arbeiten nicht ganz so selbstständig wie gedacht und irgendjemand kontrolliert sie, beziehungsweise, gibt ihnen die richtigen Informationen, mit denen sie die Mutanten jagen. Und hier wirds spannend: wer ist es und vor allem, wo ist er?“ „Wir kämpfen also nicht nur gegen Roboter, sondern auch gegen eine uns noch unbekannte Person“, fasste Logan zusammen. „Verdammt, ich vermisse die alte Gegenwart.“ „Zweite Frage, auf die wir seit Monaten keine Antwort finden: was ist diesmal anders gelaufen?“, wollte Bruce wissen. „Ich verstehe ja, dass die Ausgangssituation nicht dieselbe ist, aber die war in der alten Gegenwart schlimmer. Ich meine, die Sentinels wurden in der alten Gegenwart jahrzehntelang entwickelt. In dieser Gegenwart waren es nur ein paar Jahre, dennoch sind jetzt viel mehr Leute tot und wir haben noch nicht einmal das Jahr erreicht, in dem Logan in der alten Gegenwart zurückgekehrt ist.“ „Na ja, es ist alles gleich abgelaufen“, sagte Logan nachdenklich. „Nur dass sie in der alten Gegenwart nicht auf die Idee gekommen sind, Ultron in die Sentinels einzubauen.“ „Aber der Ultron, den sie eingebaut haben, war ein kümmerlicher Wicht im Vergleich zu meinen“, korrigierte ihn Tony. Steve sah ihn böse an. „Genau, erinner uns noch einmal alle daran, was für einen irren Killerroboter du uns auf dem Hals gesetzt hast“, knurrte er. „Es war für einen guten Zweck. Wie... Autowaschen...“ „Du vergleichst einen Killerroboter mit Autowaschen?“, fragte Steve verblüfft. May räusperte sich vernehmlich und Steve schien zu beschließen, das Thema zu wechseln. „Wir denken alle noch einmal über das Problem `Sentinels´ nach“, sagte er. „Und bis zum Mittagessen haben wir alle unsere Aufgaben erledigt.“ Es war nicht das erste Mal für Bruce, auf der Flucht zu sein und vielleicht war das auch der Grund, warum er als erster alarmiert zum Fenster sah, eine Zehntelsekunde früher als May, Steve und Logan. Es war nur ein Gefühl gewesen, eine Befürchtung, dass da etwas war und tatsächlich hielt ein schwarzer Wagen auf die Farm zu. „Sieht so aus, als kriegen wir Besuch“, sagte Tony gedämpft, der, durch die Reaktionen seiner Kameraden, sich neben das Fenster gestellt hatte. „Sagt bloß, ihr macht für mich eine Überraschungsparty und das da sind die Caterer?“ May ruckte mit dem Kopf und sofort hasteten Simmons und Fitz in die Küche. Bruce hörte, wie sie mehrere Schubladen aufrissen, ehe sie mit mehreren Messern wieder in das Wohnzimmer kamen. Es waren die einzigen Waffen, die sie momentan hatten und Bruce wurde mulmig, als Fitz ihm ein Hackebeil in die Hand drückte. Er gab es sofort an Tony weiter. „Ich warte auf Code `grün´“, murmelte er und sein Kumpel nickte leicht. Bruce beobachtete, wie May zwei Messer geschickt um ihre Hände wirbelte, während Logan seine Krallen ausfuhr. Steve nahm sich ebenfalls einige Messer und Erik ließ mehrere Messer um seinen Kopf schweben. „Bleibt hinter uns“, sagte May und meinte vermutlich Fitzsimmons, die über kaum Kampferfahrung verfügten, aber Bruce gesellte sich zu ihnen. Um sein Selbstbewusstsein zu stärken, stellte er sich allerdings zwischen May und den beiden jüngeren, als ob er sie im Ernstfall beschützen würde. Bruce machte sich nichts vor; hinter May war der wahrscheinlich sicherste Ort im gesamten Haus und das wusste eigentlich jeder. Trotzdem strahlte Simmons ihn dankbar an, im festen Glauben, dass er auf sie aufpassen würde und das reichte ihm eigentlich. Fitz nickte ihm ernst zu und stellte sich, zweifelsohne, um seine langjährige Partnerin zu beeindrucken, vor Simmons. „Drei Leute“, sagte Tony vom Fenster aus zu. „Vermutlich zwei Männer und eine Frau. Alle drei in dunklen Sachen, jeder hat eine Kapuze auf. Ich kann nichts genaueres sehen, aber ich glaube, einer der Männer wird gezwungen. Zumindest hält ihn der andere fest und die Frau geht vorneweg. Vorschläge?“ „Abwarten, was sie machen und dementsprechend reagieren“, meinte Captain America. „Nicht warten und gleich fertigmachen“, war Wolverines Antwort. „Du kannst nicht jeden töten, der dir entgegenkommt“, stellte Steve klar und Logan schnaubte. „Ich bitte dich, in diesen Zeiten ist das das Beste, was mir machen können. Mal ehrlich, die Kleine da meinte, dass hier seit Jahren niemand mehr war und jetzt kommen sie plötzlich? Das einzige, was sich verändert hat, ist unsere Anwesenheit, die sind also ganz klar wegen uns hier!“ „Vielleicht sollen sie überprüfen, ob hier Mutanten sind“, sagte Fitz blass. „Auf diese Weise erfahren die Sentinels also, wo die Mutanten sind.“ „Ruhig bleiben, wir können keine Zivilisten niedermetzeln“, knurrte May. „Sie haben Metall bei sich.“ Erik hatte die Augen geschlossen, um sich zu konzentrieren. „Pistolen, Messer und ein... Hammer?“ Steve, Tony und Bruce warfen sich einen Blick zu, dann ließen sie alle Vorsicht über Bord fallen und stürzten zur Haustür. Als Tony die Tür aufriss, erstarrten die drei Gestalten und Bruce sah zu der Frau, die etwa zwanzig Meter von ihm entfernt stand. Wenn er Recht hatte mit seiner Vermutung... die Größe stimmte, die Figur auch... wenn er überlebt hatte, dann vielleicht auch...? Thor riss die Kapuze von seinem Kopf und breitete seine Arme aus. „Meine Freunde!“, donnerte er. „Es war eine lange Zeit, doch nun wird sich alles ändern!“ Er sagte nichts über die klägliche Aufmachung der drei Avengers, noch, dass Steve und Tony Messer in ihren Händen hatte. Oder dass zwei Mutanten und drei S.H.I.E.L.D.-Agenten die Gesichter an die Fensterscheibe gedrückt hatten. Aber Bruce interessierte sich nicht für Thor oder für den schmächtigen Mann, der den Eindruck machte, als wolle er am liebsten verschwinden. Er sah nur zu der Frau, erwartete und fürchtete den Moment, indem sie die Kapuze zurückschlug. Sie tat es und statt roter Locken kamen kurze und braune zum Vorschein, statt grüner Augen graue und statt Natasha war es Darcy, die vor ihnen stand und leicht lächelte. Und Bruce, der seit Monaten ihren Tod akzeptiert hatte, wurde bewusst, dass doch noch eine kleine Hoffnung in ihm gewesen war. Die klitzekleine Hoffnung, dass Natasha noch immer lebte. Kapitel 7: Gute Nachrichten --------------------------- „Okay, wieso lebt ihr noch?“, fragte Erik barsch. „Ich dachte, ihr zwei wärt tot. Und wer ist der da?“ Er deutete auf den schmächtigen Mann, der ihn empört anfunkelte. „Ich bin der mächtige Berserker“, sagte der Mann unheilvoll. „Ich gehöre zu den mächtigsten Asen, die Asgard je hervorgebracht hat!“ Alle sahen zu Thor, der nur den Kopf schüttelte. „Elliott Randolph“, meinte May unbeeindruckt. „Wir hatten schon einmal das Vergnügen. Er ist vor Jahrtausenden auf die Erde geflüchtet, weil er Sorgen hatte, dass er während eines Kampfes der Asen sterben würde. Bis vor einigen Jahren hat er als Professor in Greenwich gearbeitet und galt als Asgard-Experte.“ „Dreimal dürft ihr raten, warum“, bemerkte Fitz und Simmons fügte hinzu: „Er hatte seinen Stab in drei Teile gebrochen, weil die Macht zu groß war und hatte sie versteckt. Während einer Mission wurde der Stab von uns zusammengesetzt und in einer S.H.I.E.L.D.-Einrichtung gelagert. Hydra hat diese Einrichtung allerdings eingenommen und der Stab ist somit verschollen.“ „Ganz genau“, nickte Darcy und hob einen Zeigefinger. „Randolph sagt allerdings, er könnte herausfinden, wo der Stab ist. Er ist noch immer mit ihm verbunden, so wie Thor mit Mjölnir. Die Teile liegen seiner Meinung nach sogar eng beieinander. Bis jetzt war er allerdings zu feige, um ihn sich wieder zurückzuholen.“ „Ihr wisst, dass ich neben euch stehe?“, knurrte Randolph. „Davon abgesehen, haben wir bereits das Gebiet eingegrenzt, wo sich der Stab aufhalten könnte“, erzählte Darcy weiter, als hätte Randolph nichts gesagt. „Mit Betonung auf `könnte´, ich vermute, dass der Stab dort ist. Randolph versucht seit Monaten, mich von diesem Gebiet fernzuhalten, mit anderen Worten, dort ist es seiner Meinung nach zu gefährlich und deshalb glaube ich, dass der Stab dort ist.“ „Ihr seid alle selbstmordgefährdet“, fiel Randolph ein. „Und was ist das für ein Gebiet, von dem du sagst, dass der Stab dort ist?“, fragte Tony. „Das wird euch Jungs nicht gefallen“, meinte Darcy fröhlich. „Laut meiner Theorie sind da nämlich die Sentinels. Also, das Gebiet befindet sich in der Nähe von New York, ist eine ziemlich große Anlage und auf dem Postkasten stehen alle eure Namen.“ Kurz wurde es still, dann knurrte Tony: „Mein Hauptquartier wurde schon wieder eingenommen?“ „Das war unser Hauptquartier“, korrigierte ihn Steve mechanisch. „Und ich dachte, das wäre absolut sicher?“ „War es auch. Die Elektroschocks, die ich unter dem Rasen versteckt habe, hätten jeden Eindringlich töten sollen. Aber wer rechnet schon mit fliegenden Robotern?“ „Vielleicht der Mann, der eine Horde fliegender Roboter mit einer KI kontrolliert?“, antwortete Logan bissig, ehe er sich zu Thor, Darcy und Randolph wandte. „Woher wusstet ihr eigentlich, dass wir hier sind?“ „Heimdall“, war Thors Antwort, als würde das alles erklären. „Der Wächter von Asgard, der alles sieht“, erklärte Bruce und Logan grummelte in seinen Bart: „Ich kann mir die ganzen Asen einfach nicht merken...“ „Heimdall erzählte mir, dass ihr hierherkommen würdet“, sagte Thor und schielte kurz zu Randolph, ehe er vorfuhr: „Ich war die ganze Zeit über in Asgard, da mein Vater meine Hilfe benötigte und mir nicht erlaubte, zurückzukehren. Glaubt mir, meine Freunde, nichts habe ich mehr bereut und ihr ahnt nicht, wie sehr ich meinen Vater bat, auf Midgard zurückzukehren, um euch zu helfen und unsere Freunde zu rächen. Endlich erlaubte er es mir und hier bin ich, bereit zu kämpfen. Und ich bringe gute Nachrichten: Heimdall erzählte mir nicht nur, wo ihr seid, sondern auch, dass viel mehr von uns überlebt haben, als wir gedacht haben!“ Erik hörte auf. „Wie bitte? Weiß er etwa auch, wo Blink und die Mutanten sind?“ „Ja, als ich mit ihm sprach, befanden sie sich in einer italienischen Geisterstadt, doch sie machten sich bereit, den Ort zu wechseln, deshalb weiß ich nun nicht, ob sie noch da sind oder nicht mehr.“ „Wer lebt noch?“, fragte Simmons begierig. „Heimdall sagte mir, dass der Wintersoldier gemeinsam mit Verbündeten von S.H.I.E.L.D. und der Armee nach einer Methode sucht, um die Sentinels zu zerstören.“ Steve riss die Augen auf. „Bucky lebt?“, wiederholte er hoffnungsvoll und Thor lächelte sanft. „Ja, er lebt und Heimdall nannte mir die Namen seiner Verbündeten, doch die einzigen, die ich mir leider merken konnte, waren Barbara Morse und Alphonso Mackenzie-“ „Bobbi lebt!“, rief Simmons und warf sich freudestrahlend in Fitz´ Arme. „Bobbi und Mack leben, Fitz, hast du das gehört?“ Fitz konnte nur nicken, während May leicht lächelte. „Und noch etwas.“ Thor suchte Bruce´ Blick. „Natasha lebt ebenfalls.“ Bruce nickte stumm, unfähig, etwas zu sagen und Tony klopfte ihm auf die Schultern. „Danke“, sagte er schwach. „Ja, laut Heimdall versteckt sie sich mit Clints Kindern und einem Verbündeten in einem Wald in Texas.“ „Die Kinder leben auch noch“, sagte Tony erleichtert. Vor seinem Auge sah er das Familienfoto der Bartons in der „Toten-Gallery“, sah, wie Laura Nathaniel in den Armen trug und Clint Cooper und Lila umschlungen hatte. Lila und Cooper lebten noch, die letzten ihrer Familie. Niemand von ihnen hatte sich der Illusion ergeben, dass die beiden überlebt hatten, aber irgendwie hatte Natasha es geschafft und ihr Versprechen gegenüber Laura eingehalten. Sie hatte Lauras Kinder beschützt. Er sah zu Bruce, der wie paralysiert in dem Sessel saß und seinem Blick begegnete. Bruce lächelte vorsichtig, unglaublich glücklich, dass er doch noch die Chance erhielt, Natasha nach all den Jahren wiederzusehen. „Wie viele der Mutanten leben noch?“, wollte Erik wissen. „Sind noch alle Schüler unversehrt?“ „Die Umstände waren schwierig“, sagte Thor entschuldigend. „Drei Schüler sind verstorben, weil die Sentinels immer auf der Suche nach ihnen sind. Aber Heimdall sagte, dass Blink und Wanda noch dreißig Schüler um sich versammelt haben.“ „Dreißig Mutanten“, fasste Logan zusammen. „Dazu wir, der Wintersoldier, Morse, Mack und Natasha... Leute, ich bin Pessimist aus Überzeugung, aber ich glaube, so schlecht stehen wir gerade nicht einmal da.“ „Beschrei´s nicht“, murmelte Tony. „Sie leben noch“, wiederholte Steve wie in Trance. „Sie haben sich versteckt, um zu überleben und sie leben tatsächlich noch...“ „Nicht ganz, Captain“, widersprach ihm Thor. „Der Wintersoldier und seine Verbündeten kämpfen im Untergrund und sammeln Kämpfer um sich. Ihre Gruppe ist groß und stark und sie sind dabei, sie noch zu stärken. Doch auch unsere Feinde ruhen nicht.“ „Was machen die Sentinels?“ „Nun, laut Thor, der die Infos von Heimdall hat“, bemerkte Darcy, deutete zuerst auf Thor, dann in den Himmel. „Sind die Sentinels vergleichbar mit Tonys Robotergruppen. Ihr wisst schon, ein gemeinsames Hirn, dass alle kontrolliert. Allerdings ein menschliches Hirn, das so tut, als es würde es nicht mehr existieren und das im Hintergrund die Fäden zieht. Anscheinend hat halb Hydra bei denen einen Arbeitsvertrag unterschrieben. Darunter ist übrigens auch Brock Rumlow.“ „Ach verdammt“, sagte Tony lahm. „Die Sentinels und Hydra. Logan, du warst zu früh mit deinem Optimismus.“ „Jedenfalls sagte Heimdall, dass ein Mensch die Sentinels kontrolliert, aber er konnte mir nicht mehr Informationen geben“, sagte Thor. „Na ja, jemand, der die Sentinels kontrollieren kann, benötigt ein gewisses Hintergrundwissen“, beeilte sich Bruce zu sagen und putzte seine Brille. „Außerdem muss er dafür sorgen, dass die Hydra-Agenten ihn nicht verraten. Dem kann er am besten entgegenwirken, indem er nur diejenigen nimmt, die er bereits kennt und von denen er weiß, dass sie auf ihm hören, weil es nicht das erste Mal ist, dass er mit ihnen arbeitet. Ich denke, es ist ein ehemaliger Mitarbeiter von Centipede oder jemand, der mit ihnen in Verbindung stand und dadurch Hydra kennt.“ „Wir sollten die Verdächtigen eingrenzen können“, meinte May. „Wir, also Coulsons Team, haben seinerseits eine Liste aller Centipede-Mitarbeiter oder Kontakte zusammengestellt. Die Liste ist zwar zerstört worden, aber ich denke, ich kann mich noch an alle Namen erinnern. Wir gleichen sie mit Todesanzeigen ab und dann wissen wir, wer vermutlich die Sentinels kontrolliert.“ „Kümmere dich darum“, wies Steve sie an. „Wenn du Hilfe brauchst, nimm sie dir.“ May nickte. „Tony und FitzSimmons. Ihr müsstet reichen. Falls einige Namen fehlen, erinnern sich vielleicht noch FitzSimmons.“ Die Beiden nickten gleichzeitig und Darcy hob eine Augenbraue. „Wow“, sagte sie. „Ein Name, zwei Leute. Verheiratet oder Geschwister?“ „Ach ja, ihr kennt die Agenten ja noch nicht“, fiel es Steve ein. „Ihr seid verschwunden, als sie zu uns gestoßen sind. Darf ich vorstellen? Melinda May, Jemma Simmons und Leo Fitz, Agenten von S.H.I.E.L.D. . Thor kennt ihr bereits und das ist Darcy Lewis, die Praktikantin von Jane Foster.“ „Eine Astrophysikerin?“, fragte Fitz gespannt. „Politikwissenschaft“, erklärte Darcy. „Eigentlich brauchte ich nur ein paar Punkte für die Uni...“ „Fitz hier ist Raketenwissenschaftler, Simmons Biochemikerin“, stellte Bruce vor und Tony ergänzte:  „Jeder nennt sie nur zusammen, gewöhn dich dran.“ FitzSimmons zuckten mit den Achseln. „Da sich nun jeder hier vorgestellt hat, sollten wir uns an die Arbeit machen“, sagte Erik. „Vision macht sich bereits auf die Suche nach Blink und Wanda und ich denke, wir sollten eurem alten Hauptquartier einen kleinen Besuch abstatten.“ „Allein schon wegen dem Berserker-Stab“, bemerkte Darcy und deutete über die Schulter auf Randolph, der auffällig dicht an der Tür stand. Thor räusperte sich vernehmlich und mit einem verkniffenen Gesichtsausdruck stellte sich Randolph neben ihm. „Aber sorry, Leute, wenn ich euch jetzt verletze, aber niemand von euch sieht so aus, als könnte er einen längeren Kampf aushalten. Selbst Randolph sieht kräftiger aus. Habt ihr keine Waffen?“ „Wir sind dabei“, verteidigte Tony sie umgehend. „In der Nähe ist ein alter Militärplatz, den rauben wir gleich aus. Wird lustig, willst du mitkommen?“ „Ich habe einen siebenstündigen Flug hinter mir und eine Stunde Autofahrt mit Randolph als direkten Sitznachbar“, meinte sie. „Danke, aber ich nehme die Couch und schlafe erst einmal.“ „Okay, wir gehen jetzt also folgendermaßen vor: May, Tony und FitzSimmons kümmern sich um die Liste und engen den Kreis der Verdächtigen ein“, sagte Steve. „Bruce kümmert sich um den Ernährungsplan, ich um den Fitnessplan. Erik, Randolph  und Logan kümmern sich um den Militärplatz. Es mag gefährlich sein, aber wir müssen aktiv werden. Thor, hat Heimdall dir genau gesagt, wo die anderen sind? Ich gebe dir eine Karte und du zeichnest es auf. Habt ihr alle verstanden?“ „Passt bloß auf Randolph auf“, riet Darcy. „Er ist beim Laufen echt schnell.“ Randolph warf ihr einen giftigen Blick zu, sagte aber ansonsten nicht. Steve sah von einem zum anderen. „Unsere Freunde kämpfen seit Jahren“, sagte er schließlich. „Wird Zeit, dass wir uns ihnen anschließen.“ Vor zwei Jahren Lila und Cooper schliefen auf der Rückbank, Nathaniel in ihren Armen. Natasha hatte sich oft gefragt, wie es sich wohl anfühlen würde, eine Mutter zu sein, doch nun, wo sie zumindest inoffiziell in die mütterliche Rolle gefallen war, war ihr schlecht. Sie hatte Laura versprochen, auf ihre Kinder aufzupassen und Natasha konnte sich nicht das Gefühl verwehren, dass sie dieses Versprechen niemals hätte geben dürfen. Sie hatte die Verantwortung für drei Kinder und auch wenn Clint, der Vater, neben ihr das Auto steuerte und in erster Linie für seine Kinder sorgen würde, musste auch sie die drei schützen. Drei Kinder, nun Halbwaisen, die versuchten, ihre Trauer zu verarbeiten und ausgerechnet Natasha musste für sie da sein und ihnen helfen. Es war nicht das erste Mal, dass Clint und sie jemanden beschützen mussten. Aber es waren zum ersten Mal Bekannte und vor allem waren es Clints Kinder. Die Kinder, die Natasha hatte aufwachsen sehen. „Bist du dir sicher, dass wir zu ihm fahren sollten?“, fragte sie Clint leise. „Vertraust du ihm wirklich?“ „Nein“, antwortete er schlicht. Seine Knöchel waren weiß, das Gesicht ausdruckslos und hart. Vor den Kindern durfte er seine Trauer nicht zeigen und es war auch die falsche Zeit, um die Vorsicht fallen zu lassen und um Laura zu weinen. Clint war schon immer geschickt darin gewesen, seine Gefühle zu verbergen, aber Natasha konnte sehen, wie er litt. Er hatte Laura nicht retten können und das würde er sich niemals verzeihen können. „Ich bin mir nicht sicher, ob es klug ist“, sagte er. „Ich traue ihm nicht, aber wir haben keine andere Wahl. Natasha, wir sind zu fünft und haben drei Kinder dabei. Allein können wir das nicht schaffen und so, wie ich ihn kenne, hat er mindestens drei sichere Verstecke. Jemand, der immer auf der Flucht ist, weiß, wo er sich verstecken kann, das wissen wir beide. Und auch, wenn ich bezweifle, dass er mir helfen würde... für die Kinder tut er es vielleicht. Er muss  ihnen helfen.“ Er packte das Lenkrad noch fester. „Ich weiß nur das, was Laura und du mir über ihm gesagt habt“, meinte Natasha und wiegte Nathaniel sanft in ihren Armen. „In seiner Nähe werde ich immer bewaffnet sein. Ich traue ihm nicht.“ „Ich auch nicht.“ Clint zögerte, dann legte er seine Hand auf ihren Arm und drückte ihn kurz. „Wenn er uns verrät, dann...“ „Erschieße ich ihn ohne mit der Wimper zu zucken.“ „Das wollte ich hören.“ Clint schmunzelte bitter. „Ich könnte es vermutlich nicht. Deswegen muss ich hoffen, dass er uns hilft und dass im Notfall du da bist.“ „Das werde ich“, sagte Natasha. „Und sollte er die Kinder nur einmal schief angucken...“ „Das wird er hoffentlich nicht. Ich hoffe, er hilft uns.“ Clint setzte den Blinker und bog ab, folgte dem  schmalen Waldweg. „In diesen Zeiten sollte die Familie schließlich zusammenhalten.“ Kapitel 8: Ein neuer Captain America ------------------------------------ „Es wäre einfacher, wenn Cho uns helfen würde“, knurrte Bucky nach der Untersuchung. Er und Bobbi Morse saßen auf einer Bank mit direktem Blick auf den Leichnam, den sie wieder verhüllt hatten. Ein Plobben verriet, dass Bobbi endlich die Weinflasche geöffnet hatte. „Ich mag sie nicht“, sagte sie und stieß ihn mit dem Ellbogen an. „Hol mal ein paar Gläser.“ „Ich sehe hier nur Bechergläser für die Chemikalien.“ „Die gehen auch. Sie sind neu.“ „Wenn du meinst.“ Er gab ihr zwei der Gläser und sie begutachtete sie, ehe sie schließlich achselzuckend den Wein eingoss. „Um wieder auf Cho zurückzukommen....“ „Ich mag sie nicht“, wiederholte Bobbi. „Wenn wir nach Sympathien gehen würden, wäre ich noch nicht einmal hier.“ „Du brichst mir das Herz, Liebling.“ Bobbi gab ihm eines der Gläser. „Hier.“ „Danke. Worauf stoßen wir an?“ „Freundschaft, Liebe, Tod den Sentinels...“ „Mir gefällt `Tod den Sentinels´.“ Die beiden stießen miteinander an und Bucky leerte sein Glas mit einem Zug. Bobbi sah ihn schräg an. „Du bist ein Säufer.“ „Macht die Aussicht.“ Er deutete mit dem Becher auf die Leiche vor ihnen. „Irgendwie ist das pietätlos.“ „Wir machen Fortschritte, das ist alles, was zählt.“ Gedankenverloren ließ sie ihren Wein im Glas wirbeln. „Glaubst du wirklich, dass er tot ist oder hoffst du es nur, um dein Bild von ihm nicht zu zerstören?“, fragte sie schließlich. „Steve hätte sich niemals versteckt. Ich kenne ihn seit wir Kinder waren. Also seit 1924. Das ist eine lange Zeit“, sagte er leicht schmunzelnd. „Menschen ändern sich“, sagte Bobbi. „Du erklärst mir selbst ständig, dass du nicht mehr derselbe Bucky bist. Du bist jetzt der Wintersoldier.“ „Und Steve ist Captain America. Captain America versteckt sich nicht, wenn er andere beschützen sollte.“ Mit leeren Blick starrte er auf die Leiche. „Steve ist tot, das spüre ich.“ „Also brauchen wir eine neue Identifikationsfigur“, bemerkte Bobbi und als Bucky sie verwirrt musterte, erklärte sie: „Na, für unseren Kampf. Wir brauchen ein Thema. Ein Bild, das die Leute inspiriert und ihnen sagt, dass sie sich endlich einmal bewegen sollen. Jemanden mit Identifikationspotenzial.“ Bucky schüttelte den Kopf. „Vergiss es, ich werde nicht deine Marionette.“ „Bleib locker, dich meinte ich doch gar nicht. Du machst den Leuten Angst mit deinem finsteren Blick. Wir brauchen einen Sonnenschein.“ „Du bist auch kein Sonnenschein.“ „Ich sehe mich auch eher als Marionettenspieler.“ Bobbi hob eine Hand und tat, als würde sie eine Puppe bewegen. „Aber ich habe schon eine Idee, wen wir nehmen könnten.“ Ihm schwante übles. „Das ist nicht dein Ernst.“ „Doch. Als Hommage an Captain America brauchen wir ebenfalls einen Captain. Allerdings diesmal auch mal einen, der die Laufbahn tatsächlich hinter sich hat.“ Bobbi drückte auf die Lautsprecheranlage und säuselte: „Carol, Schätzchen, kommst du mal bitte in die Leichenhalle?“ Bucky starrte sie an. „Wenn du mich so rufen würdest, würde ich sofort das Land verlassen und mich den Sentinels zum Fraß vorwerfen.“ Bobbi zuckte nicht mit der Wimper. „Das wär mal eine interessante Obduktion.“ „Hast du alles, was wir brauchen?“, fragte Jane gestresst und griff hastig nach den Taschen. „Wir müssen uns beeilen.“ „Ja doch.“ Darcy zerrte sich den Rucksack auf den Rücken und nahm zwei weitere Taschen in die Arme. Sie strauchelte etwas, dann hatte sie ihr Gleichgewicht wieder gefunden. „Ich komme mir vor, wie ein Packesel.“ Jane lächelte nicht und tatsächlich fragte Darcy kurz, wann sie ihre beste Freundin das letzte Mal lachen gehört hatte. Auf jeden Fall war Thor dabei gewesen. „Komm schon“, sagte sie nur und lugte vorsichtig aus dem einen Fenster. „Gerade sieht alles sicher aus.“ „Juhu“, bemerkte Darcy trocken, dann versuchte sie, die Tür zu öffnen, ohne eine der Taschen mit Lebensmitteln fallen zu lassen. Weder sie noch Jane störten sich noch daran, dass sie stahlen. Es war für einen guten Zweck. Irgendwie mussten die Mutanten und die anderen gefährdeten Menschen ja überleben und die Besitzer dieses Ladens schienen einigermaßen sicher zu sein. Und solche Leute brauchten sich über die derzeitige Lage nun wirklich nicht zu beschweren. Jane trug ihre Taschen vorsichtig aus dem Laden und sah dann nach links und rechts, um nach Passanten oder Autos zu gucken. Aber niemand war auf der Straße. Alle blieben lieber in ihren Häusern, voller Angst, wer als nächstes sterben würde. Darcy folgte ihr und eilig legten sie den Weg zu ihrem Wagen, den sie drei Querstraßen weiter geparkt hatten, zurück. Die Lebensmittel wanderten in den Kofferraum und Darcy setzte sich an das Lenkrad und fuhr los. „Ich hätte nie gedacht, dass ich mal Raubzüge planen würde“, sagte sie, um die Stimmung aufzulockern. Jane sah nur mit unbeteiligtem Gesicht aus dem Fenster. Es war unschwer zu erraten, an wen sie dachte und Darcy gab sich einen Ruck. „Hey, er wacht schon wieder auf. Er ist ein Ase, solche Typen sind schwer zu töten. Ich meine, sein Bruder lebt auch noch und wie oft haben alle versucht, ihn umzubringen?“, fragte Darcy fröhlich. „Loki hat sogar den Hulk überlebt. Wenn er eine Band hätte, hätte er tausende Fans. Die Mädels stehen auf die Bad Boys.“ „Er ist schwer verletzt“, sagte Jane langsam. „Und wir wissen nicht, wie wir ihn behandeln sollen. Erik sagt, dass er die Medikamente verdammt schnell verbrennt.“ „Na ja, er ist der Gott des Donners.“ „Das ist nicht wichtig.“ Jane seufzte. „Es tut mir Leid. Ich lasse meinen ganzen Frust an dir raus und du willst mich nur aufmuntern.“ Darcy erwiderte nichts darauf, einfach, weil sie nicht wusste, was sie hätte sagen können. Sie wussten beide, dass die derzeitige Lage kaum zu ertragen war, aber welche andere Wahl hatten sie schon? Das einzige, was sie tun konnten, war, irgendwie zu überleben und zu warten, bis das Bündnis rund um die Avengers, X-Men und Fantastic Four die Sentinels endlich besiegt hatten. Hoffentlich dauerte der Kampf nicht mehr allzu lange. Die Menschen in den Bunkern bekamen allmählich einen Lagerkoller und der Grund, warum Darcy und Jane immer wieder die Gefahr auf sich nahmen, um die Lebensmittel zu besorgen, war, dass sie es in den Bunkern nicht lange aushielten. Es war dunkel, eng und wenn zu viele Menschen aufeinander hockten, brach unweigerlich Panik und Streit aus. Da nutzten sie es lieber aus, zumindest einige Minuten außerhalb des Bunkers zu sein. Darcy war es noch nie aufgefallen, aber der Sternenhimmel war wunderschön und sie konnte sich an den Sternen und dem Mond nicht sattsehen. Er erinnerte sie daran, wie klein die Erde im Vergleich zu den anderen Planeten des Sternensystems war. Er war für sie ein Symbol der Freiheit geworden. „Halt an“, sagte Jane plötzlich scharf und ohne nachzudenken folgte Darcy sofort ihrem Befehl. Jane hatte das gesehen, was Darcy nicht bemerkt hatte, da sie mit ihren Gedanken wo anders gewesen war. Vor ihnen war dichter Qualm und ein rotes Leuchten brach durch die Bäume. „Ein Feuer!“ Jane hastete aus dem Wagen und Darcy folgte ihr fluchend. „Das ist keine gute Idee!“, rief sie ihr hinterher. „Wir müssen weg, sie könnten noch in der Nähe sein. Jane!“ Doch sie hörte nicht, stolperte durch das Gestrüpp und dann standen die beiden Frauen vor einem Haus, das lichterloh in Flammen stand. Vor dem Haus lagen dunkle Schatten und als sie näherkamen, sahen sie, dass es Menschen waren. Menschen, die allesamt mit leeren Augen in den Sternenhimmel blickten, als würden sie wie Darcy die Freiheit in diesem Anblick genießen. Darcy stand vor der Leiche eines kleines Mädchens. Sie war dürr und hatte rabenschwarze Haare. Haare, die ihr fast das Gesicht verdeckten, aber nur fast. Sie konnte unmöglich älter als fünfzehn Jahre sein und das Gesicht war voller Blut. Auch ihr Kleid, das früher einmal hell gewesen sein mochte, war nun schwarz, doch am schlimmsten waren die kleinen, hellen Fingern, die einen Teddybären umklammerten, als ob das Mädchen, das sonst wohl zu stolz für so ein Kinderspielzeug gewesen war, sich im Moment ihres Todes an eine Erinnerung geklammert hatte. An eine Erinnerung, in der sie glücklich mit diesem Bären gespielt hatte. Die Nägel des Mädchens waren dezent pink lackiert, ebenso wie Darcys. Sie stolperte zu einem der Bäume und übergab sich, spürte kaum Janes Finger, die sie an der Schulter berührte. Sie dachte nur an die Finger, die den Teddybären festhielten und ihn nie wieder loslassen würden. „Darcy!“ Sie riss die Augen auf und starrte in Tonys Gesicht, hinter ihm standen FitzSimmons, May, Steve und Bruce. Dann stieß sie Tony zur Seite, stolperte in das Badezimmer und übergab sich. Sie spürte Finger an ihrer Schulter, zarte Finger, die die Erinnerung an den Traum nur realer machten und brüllte: „Verschwinde!“ Sie wusste nicht, wer es war, ob Simmons oder May, aber derjenige ging tatsächlich und stattdessen strich ihr eine kräftige Hand über den Rücken, um sie zu beruhigen. „Du bist in Cleveland“, murmelte Thor leise. „Wir haben England verlassen. War es das Feuer?“ Darcy nickte schluchzend. Sie hatte einen ähnlichen Teddybären gehabt. Hatte denselben Nagellack gehabt, den sie danach weggeworfen hatte. Der Nagellack, den tausende hatten und den sie nun mit dem Tod verband. Ihr kam das Mittagessen wieder hoch. „Alles okay“, sagte Thor zu jemand anderen, aber es war nicht okay, nicht nach Darcys Empfinden. „Lasst ihr etwas Ruhe. Seht euch die Karte an, ich habe schon einmal alles, was ich wusste, eingetragen.“ Darcy hörte, wie sich alle entfernten, aber es war ihr egal. „Überall Feuer, überall Blut“, weinte sie. Ihr Hals brannte wie damals durch den ganzen Rauch und fast konnte sie sagen, dass sie sogar Verbranntes roch. Sie würgte, aber ihr Magen war leer und Thor wiegte sie und summte ein Lied, von dem er ihr einmal erzählt hatte, dass es seine Mutter ihm und Loki vorgesungen hatte, nachdem einer der beiden einen Alptraum gehabt hatte. Und langsam, ganz langsam, wurde das Bild von dem brennenden Haus und des toten Mädchens, das Bild von dem Teddybären, dunkler und löste sich auf. Carol Danvers salutierte mit schiefen Grinsen, als sie in die Leichenhalle kam.  „Was gibt´s?“, fragte sie, als würde sie die zugedeckte Leiche nicht sehen. Bobbi warf Bucky einen Blick zu. „Siehst du?“, erkundigte sie sich. „Ein Sonnenschein. Und ein Captain.“ „Sie ist zu jung“, knurrte Bucky. „Nicht jeder kann 101 Jahre alt sein und wie ein Dreißigjähriger aussehen“, konterte sie. „Nebenbei, solltest du sterben, kann ich deine Leiche obduzieren und mit deinen Genen eine Anti-Age-Creme herstellen?“ Der Wintersoldier sah Bobbi so mordlüstern an, dass Carol sich räusperte. „Wenn ich euch nur zusehen soll, wie ihr euch gegenseitig angiftet, kann ich ja wiedergehen. Mal ehrlich, wir essen immer zusammen und das hier ist nichts neues. Außerdem bin ich gerade dabei, die Spuren von-“ „Herzlichen Glückwunsch, du bist der neue Captain America“, strahlte Bobbi und stieß Bucky ihren Ellbogen in die Seite, ehe er etwas sagen konnte. Carol blinzelte, sicher, dass sie sich verhört hatte. „Bitte?“ „Du bist der neue Captain America. Na ja, du kannst dir gerne einen neuen Namen aussuchen, aber wir brauchen jemanden, der in der ersten Reihe steht und für die Masse lächelt.“ „Und als erstes abgeschossen wird“, ergänzte Bucky fröhlich. „Wenn, dann solltest du ihr auch das Kleingedruckte geben, Morse.“ Bobbi wank ab. „Nah, das Kleingedruckte interessiert eh niemanden. Oder hast du es jemals gelesen?“ „Ich würde gerne noch einmal den Part über das Sterben und meine Rolle allgemein ansprechen“, bemerkte Carol. „Ist mein Ableben sicher? Denn dann könnt ihr euch einen neuen Captain-America-Ersatz suchen.“ „Ziemlich sicher“, antwortete Bucky, während Bobbi sagte: „Na ja, fifty-fifty.“ „Manchmal denke ich, dass ihr beiden nicht mehr richtig tickt“, sagte Carol. „Dann kommen solche Situationen und ich weiß es ganz sicher.“ „Beruhige dich, er übertreibt nur etwas“, beschwichtigte Bobbi sie. „Was glaubst du eigentlich, was wir hier unten machen?“ „Ehrlich gesagt glaubt jeder, dass ihr nach einem Weg sucht, um die nicht vorhanden Mutanten zu schützen.“ Carol deutete auf die zugedeckte Leiche. „Ich dagegen denke, dass ihr zu viele Filme gesehen habt und nun `Doktor Frankenstein´ spielen wollt.“ „Ganz falsch, meine Liebe“, sagte Bobbi ernst. „An der Wiederbelebung hat sich schon S.H.I.E.L.D. die Finger geschnitten und wir haben im Gegensatz zu ihnen kein Alien im Haus.“ „Jammerschade“, bemerkte Bucky. „Jedenfalls versuchen wir, keine Mutanten zu schützen, sondern euch. Es gibt sowieso keine Mutanten mehr, die sind alle tot.“ „Was wir vorhaben, ist eine Art Supersoldatenserum 2.0“, sagte Bobbi mit leuchtenden Augen. „Und du bist unser Steve Rogers.“ Bucky grummelte etwas vor sich her. „Jaja, unser Wunsch-Versuchskaninchen.“ „Mir gefällt die Richtung nicht, in die das Gespräch hier läuft“, gestand Carol vorsichtig. „Das klingt mir ein bisschen zu sehr nach Menschenexperiment.“ „Klar, ist es ja auch.“ Bobbi zuckte mit den Achseln. „Aber es ist auch die beste Idee, die wir bisher hatten.“ „Und...was soll dieses Serum 2.0 alles so können?“ „Da sind wir noch gerade dabei. Die Klassiker wie übermenschliche Stärke, Geschwindigkeit und Reflexe sind auf jeden Fall dabei, du bist schließlich unser neuer Supersoldat. Das andere kannst du dir aussuchen.“ Bobbi stand auf und ging zu den Schränken, hinter denen die obduzierten Leichen aufgebahrt wurden. Sie klopfte auf eine der Türen. „Hier, deine Auswahl.“ Carol wurde kreidebleich. „Ihr habt die Mutanten, die wir für euch ausbuddeln sollten, obduziert, um an die Gene heranzukommen? Seid ihr wahnsinnig? Was habt ihr euch dabei gedacht?“ „Das Leben unter einer freien Gesellschaft“, sagte Bucky. „Keiner will mehr unter dem Joch der Setinels leben. Bobbi und ich sind bereit, alles in unserer Macht stehende zu tun, um diese verdammten Roboter zu zerstören. Danach haben wir keine Probleme damit, wenn ihr uns vor ein Gericht stellt. Aber bis dahin tun wir alles menschenmögliche.“ Bucky stand ebenfalls auf und ging zu Carol, sodass sie sich direkt gegenüber standen. „Steve- Captain America- war dazu gedacht, die Menschen zu befreien und er wurde zum Supersoldaten, um den Zweiten Weltkrieg zu beenden. Das hier kann man ebenfalls als Weltkrieg bezeichnen, einen Krieg gegen Sentinels.“ Er fixierte sie. „Und nun frage ich dich, Danvers, was bist du bereit, zu tun?“ Sie zögerte nicht. „Alles. Ich habe ab der ersten Minute gegen die Sentinels gekämpft und jetzt höre ich nicht auf.“ Sie strafte ihre Schultern und sah zu Bobbi. „Ich will eine Liste aller Möglichkeiten.“ Bobbi nickte lächelnd. „Kriegst du.“ „Noch eine Frage.“ Carol deutete auf die zugedeckte Leiche. „Wer ist das? Er oder sie ist schließlich schon die ganze Zeit hier. Ist es... ein Bekannter?“ „Ich glaube nicht, dass du ihn gekannt hast“, sagte Bobbi. „Das war mein Namensvetter. Ein Mutant. Er hieß Bobbie Drake alias Iceman.“ Kapitel 9: Wanda und Vision (und Pietro) ---------------------------------------- Carol sah auf, als Bucky und Bobbi in ihr Quartier kamen. Es war nur ein kleines Zimmer, es gab gerade einmal genug Platz für ein Bett und eine kleine Kommode, in der Carol die wenigen Sachen aufbewahrte, von denen sie sich weigerte, sich zu trennen. Sie saß im Schneidersitz auf dem Bett und hatte einige Akten über die Mutanten und die jeweiligen Fähigkeiten neben sich liegen. „Ich komme mir wie beim Teleshoppen vor“, begrüßte sie die beiden. „Na ja, bestellen über Katalog. Welches T-Shirt passt zu welcher Hose und soll ich die Bluse auch noch nehmen? Krieg ich vielleicht einen Mengenrabatt? So ungefähr.“ Buckys Gesicht verriet wie üblich nichts. „Zu meiner Zeit hatten wir wichtigere Probleme.“ „Du bist ein Mann“, bemerkte Bobbi trocken. „Von solchen Problemen hast du keine Ahnung.“ Sie setzte sich zu Carol und sortierte einige Akten aus. „Über die Klassiker haben wir schon gesprochen. Schnelligkeit, Reflexe, Stärke. Sei dir aber bitte bewusst, dass du den eigentlichen Mutanten nicht nachkommen wirst. Du wirst zum Beispiel nie im Leben so schnell sein wie der Maximoff-Junge, sondern nur schneller als wir Normalos.“ „Wenn bei mir alles funktioniert, welche Fähigkeiten wollt ihr dann haben?“, fragte Carol neugierig. „Ich bin der Wintersoldier“, sagte Bucky, als wäre das Antwort genug. Bobbi zuckte mit den Achseln. „Ich komme als Mensch gut klar. Außerdem muss ja jemand die Kontrolle während den Experimenten haben und da traue ich unserem Mann fürs Grobe nicht alles zu.“ Sie deutete lässig auf Bucky. „Wenn bei dir alles klappt und dein Zustand stabil bleibt, beginnen wir mit den anderen. Der, der will, kriegt ein wenig Extra-Power, wer nicht, dann eben nicht. Hier hat jeder die Wahl.“ „Und wenn das Experiment schief läuft, bin ich tot“, vergewisserte Carol sich. „Nein, nicht sofort“, bemerkte Bucky. „Die Sentinels werden sich nur freuen, dass sie mit dir ein neues Angriffsziel haben.“ „Ist das nicht klar? Ich meine, ihr implantiert mir die Gene von Mutanten. Damit werde ich auch ein Mutant, oder?“ „Nicht ganz. Das ist auch der Grund, warum deine Fähigkeiten nicht gegen die der Mutanten ankommen werden“, erklärte Bobbi. „Wir, das heißt ich, haben die Gene ein wenig verändert und ich glaube, dass die Sentinels dich auch nach dem Experiment nicht als Mutant ansehen werden. Bleiben wir mal bei dem Beispiel mit der Schnelligkeit: es gibt Leute, die können verdammt schnell rennen und dann gibt es Leute, die ziemlich langsam sind, stimmst? Nun, die schnellen Leute werden nicht als Mutanten angesehen, weil sie schlicht keine sind. Genauso ist es mit den Reflexen: diejenigen, die sehr schnell reagieren, sind nicht automatisch Mutanten, sondern können auch ganz normale Menschen sein. Ich habe die Gene der Mutanten so geändert, dass du kein wirklicher Mutant bist. Wir werden dich, so wie vor Jahren Captain America, der ja auch nicht als Mutant gilt,`optimieren´ und zwar mithilfe von mutierten Genen, die sich mit deinen verbinden und so Teil deines Körpers werden. Dabei ähneln sie deinen normalen Genen und du wirst auch vermutlich keine Mutantenbabys auf die Welt bringen. Ich sage vermutlich, du bist unser erstes Experiment und es ist nicht getestet. Also klag mich bitte nicht an, wenn dein Baby hässlich wird.“ Bucky sah aus, als wolle er etwas über `hässliche Babys´ sagen, aber Carol unterbrach ihn. „Okay, soweit habe ich das verstanden. Aber sagen wir einmal, ich will fliegen können. Ist das nicht etwas für Mutanten als für normale Menschen?“ „Du willst fliegen?“ „Natürlich will ich fliegen, ich bin Pilotin bei der Armee!“ Carol zuckte mit den Achseln. „Na ja, ich war es. Ich glaube, die Armee hat mich gefeuert, weil ich euch unterstütze.“ „Das Fliegen ist kein Problem.“ Bobbi durchsuchte die Akten, ehe sie die von Ororo Munroe alias Storm fand. „Hier. Die Dame konnte auch fliegen und hatte keine Flügel oder sonst irgendetwas auffälliges. Sie hat die Luftströmungen benutzt, um zu fliegen.“ „Cool, das will ich auch“, sagte Carol begeistert. „Ich werde also nach dem Experiment aufwachen und fliegen können.“ „Du wirst trainieren müssen“, bemerkte Bucky. „Dein Körper wird sich danach verändert haben.“ „Genau.“ Bobbi nickte. „Und? Hast du dich schon entschieden?“ „Ja.“ Carol legte mehrere Akten nebeneinander. „Die Schnelligkeit von Quicksilver. Stärke, Reflexe, schnelle Heilung und Agilität von Spiderman. Fliegen von Storm. Energie absorbieren von Rouge. Und ich würde gerne die Energie abfeuern, so wie es Havok oder auch Cyclops gemacht haben.“ Sie sah vorsichtig zu Bobbi und Bucky. „Geht das? Oder bin ich zu gierig?“ Die beiden warfen sich einen Blick zu, dann fing Bucky an zu grinsen. „Du bist nicht zu gierig“, sagte er und Bobbi ergänzte: „Du wirst den Sentinels nur das Fürchten lehren.“ Wanda rührte in ihrem Kaffee, während sie die Ankunftszeiten der Flugzeuge beobachtete. Sie hatte sich dafür entschieden, zunächst nach New York zu fliegen, von dort würde sie weitersehen. In New York hatte der erste Avengers-Tower gestanden und in New York hatte Steve ihr den Befehl gegeben, bei Blink und den Mutanten zu bleiben. Er würde vermutlich wütend sein, dass sie seinen Befehl einfach so gebrochen hatte, aber sie musste es tun und vor allem musste sie es wissen. Sie musste wissen, ob tatsächlich alle tot waren. Sie fühlte sich so gut wie schon lange nicht mehr. Sie hatte ein Ziel, zwar ein vages, aber es zumindest etwas anderes als in der Dunkelheit zu sitzen und zu warten. Um sie herum waren Menschen, es war laut und hektisch und Wanda genoss die Aufbruchsstimmung eines Flughafens. Sie war lebendig. `Eine echte Verbesserung der Aussicht´, sagte Pietro, der ihr gegenüber saß und zum Nachbartisch rüber sah, wo eine üppige Blondine mit einem tiefen Ausschnitt saß. `Ich liebe St. Petersburg.´ Wanda lächelte kurz, dann massierte sie sich die Schläfen. War es eigentlich normal, seinen Bruder zu sehen, der bereits seit fünf Jahren tot war? Sie hatte nie mit jemanden darüber gesprochen und sie fragte sich, ob es Blink und all den anderen Mutanten ähnlich ging. Oder wurde Wanda einfach nur verrückt? Sollte sie, anstatt nach Amerika zu fahren, sich lieber gleich einweisen? `Bloß nicht´, sagte Pietro. `Die Zwangsjacke würde nicht mit deinen Augen harmonieren, kleine Schwester.´ Wandas Antwort bestand darin, einen Schluck ihres Kaffees zu nehmen. `Obwohl ich dir natürlich zustimmen muss, dass es wirklich nicht normal ist, dass du mich siehst´, räumte er ein. `Ein wenig besorgniserregend.´ „Danke“, knurrte Wanda und die Blondine vom Nachbartisch sah sie irritiert an. `Ich bin eine Manifestation deines Unterbewusstseins´, erklärte Pietro breit grinsend. `Ich sage dir nur das, was du selbst weiß und glaubst. Die Unterhaltung hatten wir schon in Paris.´ Wenn Wanda noch ein Handy hätte, würde sie es Tarnung benutzen, aber sowohl sie, als auch Blink und die anderen Mutanten hatten ihre Handys zerstören müssen, um sicherzugehen, dass sie entdeckt wurden. Deshalb blieb ihr nichts anderes übrig, als Pietro finster anzusehen. `Hey, guck mal, da will dich ein Typ anmachen.´ Pietro deutete auf einen dunkelhäutigen Mann mit schwarzen Haaren, der auf sie zusteuerte. `Soll ich ihm sagen, er soll verschwinden?´ „Als ob er dich hören würde“, nuschelte Wanda in ihre Tasse. „Schon vergessen? Unterbewusstsein.“ Die Blondine warf ihr wieder einen Blick zu, dann klappte sie ihr Buch zu und ging an einen Tisch, der weiter von Wanda entfernt war. Wenn Wanda ehrlich zu sich war, konnte sie die Handlung der Frau durchaus nachvollziehen. Der Mann blieb dicht vor ihrem Tisch stehen und sah sie erwartungsvoll an. Wanda schob mit ihrem Fuß den Stuhl, auf dem Pietro vorher gesessen hatte, näher an den Tisch ran. „Besetzt“, sagte sie. „Such dir einen anderen.“ „Du erkennst mich also nicht“, sagte der Mann mit einer seltsam monotonen Stimme, als wäre es für ihn schwierig, die Stimmhöhen zu ändern. Er hatte einen britischen Akzent, der zudem leicht amüsiert klang. „Ich bin es, Wanda. Und ich freue mich, dich wiederzusehen.“ Pietro sah verblüfft von Wanda und dem Mann. `Ist das etwa Vision?´ Wanda bemühte sich, nicht zu direkt zu Pietro zu sehen und hob leicht die Schultern. `Teste ihn! Es könnte eine Falle sein. Los, frag ihn etwas, was nur Vision weiß!´, riet Pietro hastig und Wanda überlegte eilig. `Weißt du noch? Vertraue niemanden, wir wissen nicht, wer zu den Sentinels gehört. Wir brauchen einen Beweis, um ihm zu trauen!´ „Wer bist du?“, fragte sie schließlich nervös. „Ein Freund?“ Der Mann lächelte. „Ich bin, der ich bin“, antwortete er genau wie bei seiner Erschaffung, als er gefragt worden war, ob er einer von Ultron sei. Wanda lächelte zittrig. „Du lebst?“, flüsterte sie. „Nicht nur ich. Darf ich mich setzen?“ Hastig ließ Wanda den Stuhl los und Vision setzte sich. „Ich freue mich, dich zu sehen.“ „Ich auch. Ich habe gedacht, ihr wärt alle tot. Vision, wo sind-“ Er hob eine Hand. „Nenn mich Victor. Das steht zumindest auf meinem Pass. Victor Shade. Mein eigentlicher Name ist zu auffällig.“ `Frag ihn, wer ihn so getarnt hat´, flüsterte Pietro. `Bei seiner roten Haut muss das ein Profi sein. Und kannst du ihm mal sagen, dass er von meinem Stuhl herunterkommen soll?´ Wanda ignorierte ihren Bruder. „Wie meinst du das, nicht nur du lebst. Die anderen etwa auch?“ „Nicht alle. Tony, Steve und Bruce. Logan und Erik. May und FitzSimmons.“ Vision sah sich um, dann murmelte er: „Wo sind die anderen, mit denen du dich versteckt hast?“ „In Paris, zumindest, als ich noch da war.“ Sie bekam ein schlechtes Gewissen. „Ich habe mich von ihnen getrennt, um euch zu suchen. Wir wussten nicht, ob ihr noch lebt oder nicht.“ „Ist das der einzige Grund?“, fragte Vision ruhig. In seiner Stimme klang nichts mit, weder Vorwürfe noch Mitleid. Wanda biss sich auf die Lippen. „Wir waren die ganze Zeit über in der Dunkelheit, immer auf der Flucht. Wir wussten nie, ob wir den nächsten Tag überleben würden oder ob es sich überhaupt noch lohnt, am Leben zu bleiben. Kannst du dir vorstellen, wie es ist, auf engstem Raum in der Dunkelheit zu sein und nur auf den Tod zu warten? Mehrere von uns sind durch die Strapazen gestorben.“ Ihre Stimme brach. „Reibereien waren natürlich vorprogrammiert. Als zwei der Schüler angefangen haben, sich zu streiten, hat der andere ein Erdbeben verursacht. Du hast es vielleicht gehört, das Erdbeben in Chile. Das waren wir. Beide Schüler sind gestorben, sie haben sich umgebracht, Victor. Blink und ich haben die anderen geschnappt, ehe die Sentinels uns geschnappt haben. Dabei ist eine Schülerin abgehauen, wir wissen nicht, ob sie noch lebt, wir konnten sie nicht mehr finden.“ „Kenne ich sie?“ Sie schnaubte. „Vermutlich nicht, wenn du nicht alle Namen auswendig gelernt hast. Ihr Name war Vanessa Carlysle, eine Gestaltwanderin. Wie Mystique, nur nicht so mächtig. Carlysle brauchte immer direkten Kontakt.“ „Vielleicht lebt sie ja noch.“ „Glaub ich nicht.“ Wanda leerte ihren Kaffee. „Wo sind die anderen jetzt?“ „In Cleveland.“ „Cleveland? Wie kamt ihr denn auf Cleveland?“ `Niemand will nach Cleveland´, bemerkte Pietro achselzuckend. `Es ist Cleveland.´ „Tony gehört dort ein Grundstück“, antwortete Vision schlicht. „Du weißt also nicht, wo die anderen sind, die sich versteckt haben?“ „Nein, ich habe mich vor ein paar Tagen abgesetzt. Da hatte Blink schon überlegt, das Versteck wieder zu ändern.“ Wanda zuckte mit den Achseln. „Sie können wieder überall sein. Mit der Zeit bekommt so ein Ortswechsel eine gewisse Routine. Und finden wirst du sie sowieso nicht können. Blink ist schnell und auch die Schüler verlangsamen nicht ihr Tempo.“ „Ich verstehe. Wenn das so ist...“ Vision sah auf die Anzeigentafel. „Ich hatte die Hoffnung, durch dich die Schüler zu finden, aber wenn du es selbst nicht weiß.“ `Also wollt ihr jetzt beide aufgeben?´, fragte Pietro plötzlich. `Wanda, ich fand Blink und die kleinen Mutantenbabys ja auch nervig, aber denkst du nicht auch, dass die vielleicht das gleiche denken wie du? Dass die kurz davor sind, ihr jämmerliches Leben aufzugeben? Wenn ihr beide jetzt zurück nach Cleveland fliegt, habt ihr möglicherweise Mutantenblut an euren Händen, weil ihr einfach aufgegeben habt.´ Wanda fuhr mit ihrem Finger über den Rand ihrer Kaffeetasse und Pietro hockte sich neben sie und legte ihr eine Hand auf die Schulter. Die Berührung fühlte sich fast real an. `Du weißt, dass ich Recht habe, Schwester. Außerdem bin ich der Ältere, du solltest auf meine Weisheit hören. Wir wissen beide, dass wir die Mutanten finden können. Wir wissen, wie Blink und der Rest ticken, weil wir genauso ticken. Wir beide sind die einzigen, die sie finden können. Vision ist nur der nette Anhang, den der Captain uns anscheinend geschickt hat. Und willst du wirklich zwei seiner Befehle ignorieren?´ Wanda sah ihn leicht schmunzelnd an und berührte Pietros Hand an ihrer Schulter. Im Augenwinkel bemerkte sie, wie Vision die Stirn runzelte und sie ließ ihre Hand sinken und sah ihm fest in die Augen.  „Wir fliegen zurück nach Paris. Und wir fliegen erst zu den anderen, wenn wir Blink und die Schüler gefunden haben.“ „Tust du mir einen Gefallen?“ Verblüfft sah Bucky von den Zeitungen auf. Er hatte es sich zur Angewohnheit gemacht, jeden Tag mehrere von ihnen zu lesen, auf Englisch, Russisch, Deutsch, Japanisch und Französisch. Er beherrschte zwar nur einige französische Vokabeln, aber für seine Suche nach Auffälligkeiten bezüglich der Sentinels reichte es allemal. „Du willst, dass ich dir helfe?“, fragte er Bobbi, die am Türrahmen seines Quartiers lehnte. Sie rollte mit den Augen und schloss die Tür hinter sich. „Ich weiß, dass es selten ist, aber es ist wichtig“, erklärte sie und Bucky fragte sich, ob es Verlegenheit war, die er aus ihrer Stimme heraushörte. „Es geht auch nicht um mich, sondern um Carol.“ „Ihr geht es gut, oder? Sie ist ziemlich aufgeregt.“ „Genau das ist der Punkt. Geh bitte zu ihr und beruhige sie. Sie überlegt vermutlich, was ist, wenn das Experiment morgen in die Hose geht.“ Ohne irgendeine Aufforderung setzte Bobbi sich auf sein Bett. Bucky runzelte die Stirn. „Warum gehst du nicht? Wieso kommst du damit zu mir?“ Bobbi druckste etwas herum. „Mir wird von manchen gesagt, dass ich etwas... unsensibel bin.“ „Ich weiß.“ „Du hättest es auch verneinen können“, sagte Bobbi etwas eingeschnappt. „Ich wurde zur Ehrlichkeit erzogen.“ „Und zur Lüge trainiert. Schon vergessen? Du bist ein Spion.“ Er seufzte. „Was willst du wirklich?“ „Beruhige Carol. Ich glaube, sie kriegt gerade das große Nervenflatter. Ich werde sie nicht beruhigen können, weil vor allem ich diejenige bin, die das Experiment durchführen wird. Dich könnte man allerdings auch als Experiment bezeichnen.“ Bobbi starrte auf die Decke, um ihn nicht anzusehen. „Trainier mit ihr, quatsch mit ihr, mach mit ihr rum, ist mir egal. Aber bring sie auf andere Gedanken.“ „Sie ist nicht mein Typ.“ „Herrgott, Barnes! Stell dir vor, sie wäre Rogers und tu was, bevor unser Experiment in die Hose geht“, fauchte Bobbi. Er musterte sie ruhig. „Geht es dir gerade wirklich nur um dein Experiment?“, fragte er scharf. „Oder auch um Carol?“ Sie erwiderte seinen Blick. „Das Experiment ist der beste Weg, um diese verdammten Roboter endlich loszuwerden“, knurrte sie. „Es muss durchgezogen werden.“ „Nicht, wenn dabei noch mehr von unserer Seite sterben.“ Bucky verschränkte die Arme. „Oder hast du etwa schon die Stepford Cuckoos vergessen?“ „Das biege ich wieder hin.“ „Die sind vollkommen durchgeknallt. Wir müssen sie im Keller einsperren, damit niemand was von ihnen mitbekommt“, fauchte Bucky. „Was willst du mir damit sagen?“, knirschte Bobbi mit den Zähnen. „Das wir nicht noch eine fünfte Stepford Cuckoo brauchen. Bau morgen keinen Mist.“ Bobbi sprang auf. „Das werde ich nicht. Allerdings hat unser Versuchskaninchen auch was damit zu tun. Wenn sie zu aufgedreht ist, wird es so ähnlich ablaufen. Ich mach meine Arbeit, du deine.“ Bucky starrte sie finster an. „Wir werden nach der ganzen Sache auf dem elektrischen Stuhl landen.“ „Sieh es positiv, sagte Bobbi auf dem Weg zu der Tür. „Wenn wir beide verurteilt werden, können wir einander die Hände halten.“ Steve bemühte sich, nicht zu Darcy zu gucken, die mit bleichem Gesicht neben Thor saß und anscheinend immer noch durch den Wind war. Er fragte sich, wovon ihr Traum gehandelt hatte, dass sie so ausgerastet war, aber Thor hatte ihm und den anderen nahegelegt, Darcy nicht darauf anzusprechen und Steve respektierte das. Jeder von ihnen hatte Alpträume und Darcy hatte bereits den ersten Schritt getan, in dem sie Thor anscheinend in ihr Vertrauen gezogen hatte. „Die schlechte Nachricht ist, dass alle, die unser Team zu Centipede oder Hydra zugeordnet hatte, bereits tot sind“, sagte May. „Der letzte unserer Bekannten war Ian Quinn, der schon seit fünf Jahren tot ist.“ „Also habt ihr nichts“, fasste Logan zusammen und Tony, May und FitzSimmons warfen ihm einen wütenden Blick zu. Er zuckte mit den Achseln. „Kommt mit der Wahrheit klar.“ Steve seufzte. „Okay. Was hat die Gruppe vom Militärplatz?“ „Viel Material“, meinte Erik. „Die Kleinen können sofort anfangen.“ Er deutete mit dem Kinn auf FitzSimmons. „Gut. Thor hat mir die Karte gegeben, wo Heimdall all die anderen gesehen hat. Ich bin mir im Klaren darüber, dass wir sofort aufbrechen sollten, aber wir sind alle nicht in Form.“ „Was ist, wenn sie wieder weg sind, bevor wir fit sind? Dann ist niemandem geholfen“, bemerkte Tony, während Bruce auf die Karte linste, wo Thor Natasha Namen  an einem Gebirge in Texas geschrieben hatte. „Das ist natürlich das Risiko. Ich habe mir deshalb folgendes überlegt.“ Steve befeuchtete seine Lippen. „Wir teilen uns auf. Wenn wir es nicht tun, könnte es sein, dass wir jemanden verlieren.“ „Und was ist, wenn wir uns verlieren?“, fragte Simmons nervös. „Und was ist mit Vision?“ „Es werden einige hierbleiben. Und mit diesen meine ich Darcy, Thor, Randolph und FitzSimmons. Ihr werdet trainieren und Waffen bauen. Thor und Randolph bleiben als euer Schutz hier.“ May öffnete den Mund, um zu protestieren, aber Steve würgte sie ab. „Ich weiß, dass du Coulson geschworen hast, auf die beiden aufzupassen, aber wir werden dich brauchen, um die anderen S.H.I.E.L.D.-Agenten zu finden. Sie kennen dich, aber du bist nicht so bekannt wie ich. Bei mir werden sie möglicherweise denken, dass ich nur ein Nachahmer bin. Bei dir nicht.“ Er wandte sich an Bruce und Tony. „Ihr beide, sowie Logan, werdet nach Natasha und den Kindern suchen. Tony, es wäre zwar besser, wenn du hier bleiben würdest, aber-“ „Der Hulk würde Logan nur als Herausforderung sehen, während Tony ihn aufhalten könnte“, bemerkte Bruce. „Vielleicht.“ „Genau. FitzSimmons und du baut eine Waffe für dich, damit du nicht ganz so schutzlos bist.“ „Nett von dir, Cap“, meinte Tony sonnig. „Erik, May und ich werden nach Los Angeles und die anderen Agenten und Bucky suchen.“ Steve wartete kurz. „Hat noch jemand Anmerkungen oder will diese Aufteilung verändern?“ Er bemühte sich, nicht zu May zu sehen, die die Lippen zusammengekniffen hatte und einen Seitenblick auf FitzSimmons warf.„Egal, was passiert, ich möchte, dass wir in spätestens zwei Wochen alle wieder hier sind. Diese Zeit wird jeder ausnutzen, um zu trainieren. Ich habe einen Fitnessplan aufgestellt, den ihr auch in der freien Natur machen könnt. Wir werden alle morgen Abend losgehen. Bis dahin habt ihr, FitzSimmons und Tony, hoffentlich schon einige Waffen für uns gebaut.“ Steve sah von einem zum anderen. „Ruht euch jetzt aus. Die nächsten Tage werden anstrengend für uns werden.“ Kapitel 10: Captain Marvel -------------------------- Bucky fand Carol im Fitnessraum, umringt von einer Gruppe Neugieriger, die sie mit Fragen über den bevorstehenden Eingriff bestürmten. Carol schien gestresst, während sie den Boxsack malträtierte und Bucky fragte sich, wieso so viele von dem Experiment wussten. Er verschränkte die Arme vor der Brust und räusperte sich vernehmlich. Die Gruppe um Carol drehte sich zu ihm um und Carol selbst lehnte ihre schweißnasse Stirn an den Boxsack. „Alle raus hier“, sagte er finster. „Sofort. Danvers, hierbleiben.“ Obwohl ihre Gruppe mittlerweile stark angewachsen war, konnte Bucky den Gesichtern, von denen ihn einige böse ansahen, Namen zuordnen. Jennifer Walters, Carl Lucas, Jubilation Lee, Elektra Natchios, Matt Murdock, Kate Bishop. Das waren zumindest diejenigen, die am häufigsten auffielen. Bobbi konnte vermutlich auch die Leute benennen, die sich an die Wände drückten und hofften, von Bucky nicht entdeckt zu werden, aber er hatte auch nicht ihr Gedächtnis. „Ich sagte raus.“ Carl Lucas baute sich vor Bucky auf. „Ich finde, wir haben ein Recht darauf, zu erfahren, was hier alles gespielt wird.“ „Ein Experiment, habe ich doch schon gesagt“, sagte Carol erschöpft. „Und warum sie und nicht einer von uns?“ Bucky sah ihn unbeeindruckt zu ihm hoch. „Ihr seid die nächsten. Dass Carol das erste Versuchskaninchen ist, hat nicht zu bedeuten, dass ihr schlechter seid. Bobbi und ich haben gewürfelt.“ Das entsprach nicht ganz der Wahrheit, aber zumindest einige schienen wieder ruhig. „Ich habe gehört, ihr wollt den Leuten etwas Extra-Power geben“, sagte Jubilation. „Stimmt das?“ „Kommt darauf an, ob ihr das wollt“, sagte Bucky ausweichend. “, sagte Bucky ausweichend. „Aber wir brauchen jemanden, der das Ganze als erstes durchspielt und das macht Danvers.“ Lucas war anscheinend noch nicht fertig. „Ihr hättet auch fragen können, wer das machen würde. Warum zum Teufel kommen Bobbi und du eigentlich auf die Idee, ihr wärt die Chefs des Ladens?“ „Wir haben ihn aufgebaut und im Gegensatz zu euch haben wir einen Plan.“ Bucky sah von einem zum anderen. „Mal davon abgesehen, dass Bobbi und ich es waren, die jedem einzelnen von euch den Hintern gerettet haben. Oder muss ich dich dran erinnern, dass ich dich aus dem brennenden Auto gezogen habe, Lucas? Elektra, was ist mit den Hydra-Agenten, die es auf dich abgesehen hatten? Oder auf dich, Jennifer, weil du mit Banner verwandt bist? Jubilation, Kate, wer hat euch von der Straße aufgelesen? Matt, von dir will ich gar nicht anfangen zu reden, sowie mit dem Rest dahinten. Keiner von euch wird gezwungen, hier zu bleiben, klar? Ihr seid alle freie Leute, die mit ihrem Leben anfangen können, was immer sie wollen. Ihr seid ihr hiergeblieben, weil ihr unter Bobbis und meinem Kommando die Sentinels zerstören wollt, also hört auf, wie kleine Kinder zu heulen und eine Meuterei anzuzetteln. Ihr müsst nicht hier bleiben. Und jetzt will ich mit Danvers allein reden.“ Der Widerstand bröckelte langsam in den Gesichtern und Schuldbewusstsein und Scham wurden sichtbar. Bucky zeigte seine Zufriedenheit nicht, als alle die Halle verließen. „Super Rede“, lobte Carol ihn. „Allerdings glaube ich, dass die Neuzugänge jetzt abhauen werden.“ „Tun sie nicht, da draußen überleben sie keine Minute.“ Bucky setzte sich auf eine der Bänke. „Aufgeregt?“ Carol grinste leicht. „Bobbi schickt dich, oder?“ „Ja. Sie will sichergehen, dass morgen alles funktioniert.“ „Mir geht´s gut“, log Carol wenig überzeugend und Bucky hob eine Augenbraue. „Das sehe ich. Nutz die Zeit besser und überleg dir, wie du dich nennen willst. Bobbi meinte ja, dass du dir einen Namen aussuchen sollst.“ Er zuckte mit den Achseln. Er war einfach nicht gut darin, jemanden zu beruhigen. „Habe ich eine Vorgabe?“ „Du sollst `Captain´ benutzen.“ Carol seufzte. „Wenn ich verspreche, dass ich mir was überlegen werde, können wir dann mit dem Reden aufhören und stattdessen etwas boxen?“ „Gute Idee“, sagte Bucky erleichtert. Wenigstens etwas, was er konnte. Nach der Meinung von Jessica Drew war sie eine wahre Patriotin. Sie tat alles für die Sicherheit ihres Landes und als sie das Angebot von Brock Rumlow bekam, für Hydra und damit für die Sentinels zu arbeiten, hatte sie sofort zugesagt. Natürlich machte sie sich nichts vor. Sie wusste ganz genau, dass Hydra eine Terrororganisation war und die Sentinels einen Haufen Menschen getötet hatten. Allerdings brachte es ihrer Meinung nach nichts, so dumm zu sein und zu versuchen, die Roboter zu zerstören. Dass das nichts brachten, hatten bereits die Avengers und Mutanten gezeigt. Jessica war nicht eingebildet genug, um tatsächlich zu glauben, dass sie etwas schaffen könnte, was die anderen nicht vermocht hatten. Da war es besser, direkt für die Bösewichte zu arbeiten und auf diese Weise zu versuchen, zumindest einige Menschenleben zu retten. Jessica wusste, dass es grausam war, den Tod einiger hunderter Menschen in den Kauf zu nehmen, um dafür millionen zu schützen, aber so war es nun einmal. Sie zeigte den Gefängniswärtern ihren Ausweis und wartete, bis ihre Identität bestätigt wurde. Es war eine reine Formalität- Jessica kam seit zwei Wochen jeden Tag ins Gefängnis und mittlerweile kannte sie jeden einzelnen Wärter mit Gesicht, Namen und sogar Familiengeschichte. Trotzdem musste sie immer noch warten, bis ihre Anwesenheit bestätigt wurde und sie hatte sich bereits bei Rumlow darüber beschwert. Seit neuestem war er befördert gewesen und war nun offiziell das Gesicht von Hydra- eine Stellung, die Jessica auszunutzen beabsichtigte, um sich mit den ganzen Idioten nicht mehr länger beschäftigen zu müssen. Nur leider hatte er kein Interesse daran, seine neue Situation zu nutzen, um den Tagesablauf irgendwie zu erleichtern oder zu beschleunigen, weshalb Jessica immer noch fünf Minuten in eine Kamera grinsen musste, um überhaupt rein gelassen zu werden. Einer der jüngeren Wärter führte sie in das Verhandlungszimmer, obwohl sie den Umriss des Gefängnisses bereits auswendig kannte. „Schön, Sie wiederzusehen, Miss Drew“, sagte der Jungspross. Er machte kein Geheimnis daraus, dass er Hydra für die ideale Organisation hielt und diese seiner Meinung nach die halbe Welt in die Luft bomben sollte, um jeglichen Widerstand zu zerstören. Dass es längst keinen Widerstand mehr gab, war ihm egal und Jessica musste sich bemühen, ihm nicht das Genick zu brechen. In diesem Fall würde sie ebenfalls als Gegnerin gelten und sie kannte eine bessere Freizeitaktivität, als von mehreren Robotern zerschossen zu werden. „Ich werde heute wieder mit Parker reden. Holen Sie sich in der Zwischenzeit einen Kaffee, die Dame ist zäh“, sagte Jessica und bedeutete ihm damit höflich, dass sie keinen Wert auf seine Nähe hatte. Das Behandlungszimmer war kahl eingerichtet und entsprach damit jedem bekannten Klischee. Graue Wände, ein Tisch, zwei Stühle. Der Innenarchitekt hatte zweifelsohne zu einem der fantasielosesten Menschen gehört. „Guten Tag, meine Liebe, wie geht es Ihnen heute?“, fragte Jessica bemüht fröhlich, als sie sich an den Tisch setzte. Ihr Gegenüber sah sie finster an. May Parker war in den letzten Jahren sichtlich gealtert. Tiefe Falten hatten sich in ihr Gesicht vergraben, ihre schlohweißen Haare hingen ihr schlaff in das Gesicht. Sie war mager und die Haut spannte sich über ihre Knochen. Wenn da dieses Funkeln in den Augen nicht gewesen wäre, hätte Jessica gedacht, dass sie einem Geist gegenübersitzen würde.  „Heute ist der 5. April“, sagte May, als wäre dieser Satz Antwort genug. „Der Todestag ihres Neffen. Tut mir Leid, habe ich vergessen.“ May lachte bitter auf. „Als ob Sie sich je für Peter interessiert hätten.“ „Für Peter nicht, für Spiderman schon.“ „Er war Spiderman“, zischte May. „Ein guter Junge, der seinen Mitmenschen helfen wollte. Er hat sein Leben für euch geopfert und ihr tut, als wäre er unbedeutend gewesen!“ „Mrs. Parker, mein Beileid, aber-“ „Ich interessiere mich nicht für ihr geheucheltes Mitleid“, fauchte May. „Jeden Tag kommen Sie her, um mich zu quälen! Ich bin alt, lassen Sie mich endlich in Ruhe sterben.“ Ihre Stimme brach. Jessica schloss die Augen und öffnete sie dann mit einem ruhigen Lächeln. „Mrs. Parker, Sie wissen, warum ich hier bin. Ich versuche, diese Welt zu einem besseren Ort zu machen und deshalb benötige ich auch Ihre Hilfe. Wir müssen die Unruhestifter finden, die versuchen, die Welt zu zerstören. Sie verstecken sich irgendwo und ich bin mir sicher, Sie wissen, wo. Peter hat Ihnen bestimmt einmal von einigen Verstecken erzählt. Wenn Sie mir sagen, wo diese sind, lasse ich Sie auch in Ruhe.“ May presste die Lippen zusammen, dann murmelte sie leise: „Sie haben keine Familie, oder?“ „Nein.“ „Dann wissen Sie auch nicht, dass, wenn man alle Menschen verloren hat, die man geliebt hat, man alles tut, um ihr Gedächtnis zu wahren. Ich werde nichts tun, was irgendwie dafür sorgen konnte, dass man glaubt, Peter ein schlechter Mensch gewesen wäre. Denn das war er nicht.“ „Gut.“ Jessica schlüpfte aus ihrer Anzugjacke und legte ihre Akten vom Tisch herunter. Es war Zeit, anders vor zu gehen.„Ich habe Zeit. Erzählen Sie mir von Peter. Überzeugen Sie mich, dass er ein guter Mensch war und nicht versucht hat, die Ordnung dieser Welt zu zerstören.“ „Warum sollte ich Ihnen trauen?“, fragte May misstrauisch. „Weil ich der einzige Mensch bin, der Ihnen noch zuhört, May. Ich bin die einzige Person, die Sie noch von Peters Gutherzigkeit überzeugen können.“ Langsam nickte May. „Gut. Aber sagen Sie ihre Termine ab. Peter war zwanzig, als er starb und er war bis dahin bereits seit vier Jahren Spiderman. Es gibt eine Menge zu erzählen.“ Melinda May lehnte an der Wand neben der Küchentür. Jeder von ihnen bereitete sich auf seine eigene Art vor. Erik hatte vor einer Stunde sämtliches Metall aus dem Boden des Militärplatzes geborgen und Tony und FitzSimmons berieten sich nun in der Küche, wie sie aus diesem Vorrat am besten Waffen bauten. Steve ließ sich von Thor zum vermutlich hundertsten Mal erklären, wo sich die einzelnen Gruppen versteckten, während Darcy an Thors Schulter immer wieder einnickte und wieder hochschreckte. Erik und Randolph spielten gegeneinander Schach und Bruce und Logan lümmelten in den Sesseln, jeder in seinen eigenen Gedanken versunken. Steve wollte am nächsten Tag mit Erik und ihr um sieben aufbrechen und Logan, Bruce und Tony würden kurz darauf nach Texas aufbrechen. Und FitzSimmons würden alleine hierbleiben, mit einer Frau mit PTBS, einem flüchtenden und feigen Gott und einem zweiten, der um einiges zurechnungsfähiger war. May wusste, dass Steves Aufteilung die beste und erfolgversprechendste war. Aber er hatte Coulson auch nicht versprochen, auf sein Team aufzupassen und es zu schützen. Er war nicht dabei gewesen, als Coulson zusehen musste, wie nach und nach fast alle Mitglieder seines Teams, seiner Familie, gestorben waren. Skye war wie eine Tochter für ihn gewesen, Ward derjenige, den er unter allen Umständen als Schwiegersohn-in-Spe ausgeschlossen hätte. Mack und Bobbi waren die unliebsamen Tanten und Onkel gewesen, die stets ihr eigenes Spiel spielten und Hunter schließlich der, der irgendwie dazugehörte, aber es nicht wahrhaben wollte. May wusste nicht, welche Rolle sie in dieser kleinen Familie gespielt hatte, aber FitzSimmons wären vermutlich die Cousins gewesen; die, auf die man aufpasste und dennoch oft genug um Hilfe bat. Sie waren die letzten, die noch übrig geblieben war und als Coulson gewusst hatte, dass er sterben würde, hatte er May das anvertraut, was ihm stets am wichtigsten gewesen war: sein Team, seine Familie. Und Steve wollte, dass sie die letzten Mitglieder dieser Familie in Ohio zurückließ, während sie selbst nach Los Angeles zog. Natürlich, Bobbi und Mack hatten wie durch ein Wunder überlebt, aber die beiden konnten sich verteidigen. FitzSimmons hatten nie das Niveau eines Feldagenten erreicht. Sie waren Wissenschaftler, wenn jemand sie angriff, waren sie verloren. Und Thor hatte mit seiner Freundin und Randolphs wirklich genug zu tun. Wenn ein Angriff erfolgte, wen würde Thor als erstes beschützen? Auf wen würde er besonders achtgeben? Jemandem aus der Heimat? Zwei Wissenschaftlern, die er nicht kannte? Oder der besten Freundin seiner toten Freundin? May musste nicht sehen, wie Thor Darcy beruhigend eine Hand auf die Schulter legte, sie hätte die Antwort sowieso gewusst. „May?“, fragte Fitz hinter ihr zögerlich. Er lächelte scheu, als sie eine Augenbraue hob, als Zeichen, dass sie ihm zuhörte. „Ähm, wenn ihr die anderen gefunden habt... Grüßt du Mack von mir?“ Sie lächelte leicht. Sie hätte fast vergessen, wie gut die beiden sich angefreundet hatten. In der kurzen Zeit, in der Simmons nicht bei ihnen gewesen war, war Mack zu einer Stütze für Fitz geworden. Der, der auf ihn aufgepasst und ihm geholfen hatte, als er nach Wards Verrat einen Teil seiner Gehirnkapazitäten eingebüßt hatte. Selbst Simmons war in seiner Nähe verzweifelt, während Mack ruhig geblieben war. Fitz´ Zustand hatte sich tatsächlich verbessert; er hatte weniger Wortfindungsprobleme und nach Mays Einschätzung hatte er keine Schwierigkeiten mehr, mit wissenschaftlichen Begriffen zu jonglieren. Nur manchmal verlor sich sein Blick in die Ferne und es schien, als wäre er mit seinen Gedanken weg. Es war nicht mehr so häufig wie früher, aber es war noch da und erinnerte daran, wie Ward FitzSimmons in einer Kapsel auf dem Meeresboden zum Sterben zurückließ und wie Fitz Simmons rettete, indem er ihr den verbliebenden Sauerstoff gab. May wusste, dass Bobbi es sich zur Aufgabe gemacht hatte, zu versuchen, Simmons von den Schuldgefühlen zu befreien, aber sie ahnte, dass es nicht ganz geholfen hatte. Sie merkte es an dem vorsichtigen Blick, den Simmons Fitz zuwarf, wenn sie glaubte, dass er es nicht bemerkte. „Mach ich“, versprach May. „Ich grüß ihn von dir.“ „Und Bobbi“, sagte Fitz hastig. „Ich dachte, sie wären tot... Coulson würde sich freuen, oder? Dass es mehr Überlebende gibt?“ May dachte daran, wie Coulson gestorben war und dann erinnerte sie sich, wie sie ihn kennengelernt hatte, an ihrem ersten Tag an der S.H.I.E.L.D.-Akademie. „Ja, er hätte sich gefreut.“ Sie verschränkte die Arme vor der Brust, richtete den Rücken gerade und sah ihn mit festem Blick an. „Wir werden uns jetzt maximal zwei Wochen nicht sehen. Ich erwarte von euch, dass, wenn ich wiederkomme, ihr ordentlich gearbeitet habt. Das hier ist kein Urlaub und ihr seid nicht zum Faulenzen hier.“ Fitz nickte wild. „Wir überlegen uns was.“ „Gut. Wenn wir wiederkommen, werden wir nämlich um einiges mehr sein und dann werden wir Munition brauchen.“ „Wir werden uns darum kümmern.“ „Gut.“ May zögerte. „Und pass auf Simmons auf.“ Etwas änderte sich in Fitz Blick und Entschlossenheit tauchte auf, verscheuchte den letzten Anflug von Unsicherheit. „Das mache ich“, sagte er fest. „Ich beschütze sie mit meinem Leben.“ Carol war kreidebleich, als sie am nächsten Tag im Operationssaal auftauchte. Sie lächelte zittrig, als sie Bobbi und Bucky sah.  „Morgen. Keine weiteren Helfershelfer? Nur ihr zwei?“ „In diesen Zeiten ist es etwas schwierig, gutes Personal zu finden“, witzelte Bobbi. „Deshalb muss ich mich auch mit ihm zufrieden geben. Aber mach dir keine Sorgen, wir zwei sind genug.“ „Leg dich auf die Bahre. Wir erklären dir jetzt erst einmal, was genau passieren wird, okay?“ Bucky wartete, bis sie sich hingelegt hatte, dann nickte er. „Okay. Wie gesagt, das Ganze ist so ähnlich wie das Experiment mit dem Super-Soldatenserum. Wir werden dich allerdings nicht mit Energie beschießen, weil, nun ja...“ „Wir einfach keine Energie haben“, beendete Bobbi für ihn. „Wir könnten natürlich das örtliche Stromnetz anzapfen, aber dann könnten wir den Sentinels auch gleich eine Nachricht schicken. Ich habe mir eine Formel ausgedacht, die so ähnlich wirkt, also dafür sorgt, dass die Gene auch dort ankommen, wo sie hinsollen. Dir zu erklären, wie es genau funktioniert, würdest du vermutlich nicht richtig verstehen, also erzähle ich dir das ganze so, wie ich es auch unserem Soldaten erzählt habe: wir geben dir einige Spritzen, in denen die Gene versteckt sind, möglichst dort, wo sie auch wirken sollen. Damit du also schnell laufen kannst, setzen wir die Spritzen mit Quicksilvers Genen auch an deinen Beinen an. Meine kleinen Mikroben geben ihnen ordentlich Power und kleben sie an deinen Genen, damit es auch funktioniert. Sie spalten deine DNA auf und setzen Quicksilvers DNA-Strang daran. Durch Reproduktionen wird dieser dann kopiert, so, wie es auch mit deinen eigenen Genen passiert. Kapiert?“ „Ungefähr“, sagte Carol mit wackliger Stimme. „Los, fangt an, sonst überlege ich es mir noch anders.“ Sie holte tief Luft und schloss die Augen. Ihre geballten Fäuste waren weiß. Bobbi warf Bucky einen scharfen Blick zu und ruckte mit ihrem Kinn zu Carol. `Solltest du sie nicht beruhigen?´, bedeutete sie ihm mit ihren Augen. Bucky hob seine Schulter. `Ich komm mit heulenden Frauen nicht klar!´ Er räusperte sich und berührte Carol an der Hand. Sie riss die Augen weit auf. „Du, ähm, weißt, dass du das nicht machen muss? Du kannst immer noch gehen. Es ist deine Wahl. Wenn du willst, kann ich auch Bobbi festhalten, während du ihr die Spritzen gibst.“ „Hey!“, knurrte Bobbi, aber Carol grinste leicht. „Schon gut. Ich bin nur etwas aufgeregt. Aber ich werde es tun, dagegen werdet ihr nichts machen können“, sagte Carol und Bucky nickte leicht und wandte sich an Bobbi. Carol richtete sich hastig auf und ihre Augen funkelten. „Ich habe jetzt übrigens einen Namen“, verkündete sie. „Captain Marvel. Wie findet ihr?“ Bobbi zuckte mit den Achseln. „Du wirst die erste mit Mutantengenen sein, ohne selbst eine Mutantin zu sein. Ich finde, es passt. Und `Captain´ ist drin.“ „Na denn.“ Bucky salutierte vor Carol. „Können wir anfangen, Captain?“ „Jawohl, Sergeant Barnes.“ „Zu viele Soldaten in einem Raum.“ Bobbi hob eine Spritze. „Aber hier drin habe ich das Kommando. Wir beginnen.“ „Hey.“ Tony setzte sich zu Bruce in den Sessel. Es war spät geworden und Steve hatte alle angewiesen, ins Bett zu gehen. Da es zu wenige Betten in dem Haus gab, hatte man ohne nachzudenken den wenigen Frauen den Vorzug gegeben und die Männer hatten sich einfach improvisierte Betten gebastelt. Vor allem die Sessel und die Couch waren begehrt gewesen und nach einer kleinen Diskussion hatten Tony, Bruce und Erik diese für sich beansprucht. Erik hatte argumentiert, dass er nach Steve der Älteste von ihnen wäre und am nächsten Morgen wohl Rückenschmerzen hätte, wenn er auf dem Boden liegen würde. Und ein Magneto mit Rückenschmerzen wäre ein unleidlicher Magneto gewesen, zumindest waren das seine Worte gewesen. Thor wollte in Darcys Nähe bleiben, da sie vermutlich sowieso nicht durchschlafen würde und er hatte Randolph an sich gekettet, da er vermutete, dass der Ase sonst abhauen würde. Steve und Logan hatten sich ohne zu Murren auf den Boden gelegt und waren sofort eingeschlafen, währen May ihren Platz im Bett an Fitz abgetreten hatte. Ebenso wie Logan und Steve brauchte sie kein weiches Bett um zu schlafen und war durch ihre zahllosen Missionen daran gewöhnt, auf dem Boden zu schlafen. Bruce selbst hatte sich nicht wirklich um den Sessel gestritten, Tony hatte das für ihn übernommen. Der Wissenschaftler war den ganzen Abend über unglaublich still gewesen und jeder wusste, worüber er nachdachte. „Ist bestimmt schön zu wissen, dass sie noch lebt, oder?“, fragte Tony und versuchte, nicht allzu neidisch zu klingen. Wenn er erfahren würde, dass Pepper noch immer lebte... Bruce lächelte vorsichtig. „Ich weiß nicht, wie sie es geschafft hat. Einfach so mit zwei Kindern zu überleben.“ „Romanoff ist eine Überlebenskünstlerin, das war für sie vermutlich ein Klacks“, bemerkte Tony. „Sie ist an Extremsituationen gewöhnt und ich bin mir sicher, die Kinder waren ein weiterer Grund, warum sie unbedingt überleben wollte. Und du.“ Er zuckte zusammen. „Ich denke, es waren mehr Clints Kinder. Natasha dürfte ziemlich wütend auf mich sein. Ich bin einfach so gegangen, ohne mich bei ihr zu melden.“ „Könnte sein. Du weißt, ich habe bei ihr nie richtig durchgeschaut. Aber ich glaube, dass, wenn sie erfährt, dass du all die Jahre überlebt hast... wird ihr die Vergangenheit egal sein.“ Tony klopfte ihm auf die Schultern. „Und jetzt komm, sonst kommt gleich Cap runter und beschwert sich bei uns, dass wegen uns die Leute hier nicht schlafen können.“ Tony legte die Füße auf dem Tisch und versuchte, sich etwas gemütlicher hinzusetzen. Erik neben ihm schnarchte leise auf dem Couch und Tony wünschte sich, er hätte auch so einen tiefen Schlaf. Er hatte gerade die Augen gemocht, als Bruce wieder zu sprechen anfing. „Ich wünschte, sie würde auch noch leben“, sagte er leise. „Ich habe Pepper gemocht.“ Tony öffnete wieder die Augen und sah zu Bruce. „Ja“, murmelte er. „Ich habe sie auch gemocht.“ Kapitel 11: Hoffnung -------------------- „Glaubst du, es wird wieder funktionieren?“, fragte Erik. Gemeinsam mit Charles sahen sie zu, wie Kitty und Logan sich nervös im Raum bewegten, während die anderen sich um die letzten Schutzmaßnahmen kümmerten. Die Avengers und die X-Men würden die Anlage vor allem außerhalb schützen, nur einige würden bei Kitty und Logan bleiben. Bobby zum Beispiel weigerte sich, seine letzte Freundin allein zu lassen und versuchte, sie aufzumuntern und zu beruhigen. Auch Charles und Erik würden hierbleiben; Charles würde in Logans Kopf hineinsehen, um zu überprüfen, wie sich die Vergangenheit ändern würde. Da der gesamte Bunker aus Metall bestand, würde es auch für Erik einfacher sein, die Gruppe von innen aus zu schützen. Nick Fury, Melinda May und Philip Coulson würden ebenfalls drinnen bleiben, während der Rest draußen versuchen würde, die Sentinels lange genug aufzuhalten. Sie konnten nur hoffen, dass sie Kitty und Logan genug Zeit verschaffen würden. „Ja“, sagte Charles langsam. „Es hat schon einmal funktioniert, auch, wenn du dich nicht mehr daran erinnern kannst. Logan muss nur dafür sorgen, dass die Pläne von Trasks vernichtet werden. Das müsste reichen. Ohne Pläne können sie keine Sentinels bauen.“ „Was ist mit Ultron?“ „Nun, darum kümmern wir uns, sobald die Sentinels verschwunden sind“, sagte Charles optimistisch. „Einen Schritt nach dem anderen.“ „Ich habe diesen Spruch schon immer von dir gehasst. Er ist zu naiv.“ Erik verschränkte die Arme vor der Brust. „Die Menschen werden sich immer was neues ausdenken, um uns auszurotten.“ Charles sah ihn lächelnd an. „Du vergisst, dass es im Moment vor allem Menschen sind, die versuchen, uns zu helfen. Und sie tun es von Anfang an. Irgendwann werden sie nicht mehr die einzigen sein.“ „Das hast du schon in den Sechzigern gesagt. Ich sehe noch keine Veränderung.“ „Sie wird kommen“, sagte Charles bestimmt. „Dessen bin ich mir sicher. Es wird nicht mehr lange dauern, Erik. Dann werden auch wir Mutanten in Frieden leben.“ Erik sah zu, wie sich alle nach und nach voneinander verabschiedeten. May gab FitzSimmons die letzten Anweisungen, während Steve sich mit Thor, Tony, Darcy, Randolph und Bruce unterhielt. Logan lehnte an der Wand und rauchte eine Zigarre, genau wie Erik nicht in der Stimmung, sich voneinander rührselig zu verabschieden. Sie waren jahrelang Feinde gewesen und die letzten Monate, in denen sie zusammengekämpft hatten, hatten sich merkwürdig angefühlt. Es war ohnehin ein seltsames Gefühl gewesen, mit jemanden zusammen zu kämpfen, den man vor gar nicht allzu langer Zeit versucht hatte, umzubringen. Aber sie hatten keine andere Wahl gehabt. Nach Kittys und Bobbys Tod waren Logan und er die letzten Mutanten der Gruppe gewesen; Blink und die Schüler nicht mit einberechnet. Die letzten Mutanten unter einer Gruppe von Menschen. Erik musste an Charles Worte kurz vor dessen Tod denken. Bis zum Schluss hatte er geglaubt, dass Logan die Vergangenheit ein weiteres Mal verändern konnte. Dass Kitty die Verbindung nicht einmal mehr hatte aufbauen können, hatte er nicht mehr mitbekommen. Er war der erste gewesen, der von den Sentinels getötet worden war. Erik fragte sich, ob Charles letzter Wunsch sich überhaupt jemals erfüllen würde. Oder ob er es überhaupt jemals mitbekommen würde. „Hey, Lehnsherr“, sagte Logan und riss Erik so aus seinen düsteren Gedanken. Der Mutant baute sich vor ihm auf. „Lass dich von den S.H.I.E.L.D.-Agenten nicht umbringen, wir sind so schon ziemlich wenig.“ Erik musste leicht grinsen. „Du bist mit dem Hulk unterwegs. Von uns beiden musst du aufpassen.“ Logan zuckte mit den Achseln und zog an der Zigarre. „Ich mache mir sowieso keine Gedanken um uns beide. Wir sind einfach nicht tot zu kriegen.“ „Stimmt.“ Eriks Grinsen wurde breiter. „So war es schon immer. Habe ich mich eigentlich jemals dafür entschuldigt, dass ich dich in den Sechzigern in den Potomac River geworfen habe?“ „Nein, aber ich habe sie auch nie wirklich erwartet. Du warst schon immer ein Mistkerl.“ Logan zögerte kurz, dann bemerkte er: „Um den Traum des Professors zu verwirklichen muss zumindest ein Mutant überleben.“ „Du hast die besseren Chancen“, meinte Erik leichthin. „Du bist fast doppelt so alt wie ich. Also streng dich an, Wolverine. Charles hat immer große Stücke auf dich gehalten.“ „Charles hat immer zu vielen Leuten vertraut.“ „Ich weiß.“ Er grinste leicht. „Aber vielleicht hatte er bei einigen Leuten auch Recht damit.“ Wanda war der Verzweiflung nahe. Sie waren weg. Blink, die Mutantenschüler... sie waren alle weg. Nur zwei verdammte Tage. Wanda war nur zwei Tage weggewesen und in dieser Zeit hatte Blink ein neues Versteck gefunden und die Pariser Katakomben verlassen. Vision neben ihr sah stumm die steinernen Wände an. „Sie sind weg“, flüsterte sie. „Was habe ich getan? Ich hätte sie niemals verlassen dürfen. Ich hätte ihnen sagen müssen, dass sie hier bleiben sollen. Nur zwei Tage...sie hätten nur zwei Tage länger warten müssen, dann hätten sie erfahren, dass mehr von uns überlebt haben. Dass wir noch eine Chance haben...“ „Vermutlich dachten sie, dass es sicherer wäre“, murmelte Vision. „Es hätte sein können, dass du gefangengenommen wurdest und ihren Aufenthaltsort verraten hättest. Sie mussten verschwinden.“ `Stimmt´, sagte Pietro neben ihr unbehaglich. `Die Sentinels denken wahrscheinlich, dass sie alle Mutanten und Avegers besiegt haben. Und wenn sie dich gefunden hätten... hätten sie herausfinden wollen, ob es noch mehr gibt.´ Wanda wankte zu einer Wand und ließ sich an ihr herunterrutschen. Sie verbarg ihr Gesicht in den Händen. „Ich hatte nur eine Aufgabe“, flüsterte sie fassungslos. „Der Captain hat mir nur eine Aufgabe gegeben und die war es, die Mutanten zu schützen. Und ich? Dank mir sind sie wieder verschwunden und niemand weiß, wo sie jetzt sind.“ Sie spürte, wie Pietro seine Hände auf ihre Schultern legte. „Vielleicht weißt du es ja doch“, sagte Visions Stimme überraschend nahe und als Wanda aufsah, war es nicht Pietro, der vor ihr stand, sondern Vision. „Habt ihr über ein weiteres Versteck geredet? Vielleicht sogar ein altes Versteck, wo ihr euch als nächstes verstecken wolltet?“ Wanda ließ ihren Blick schweifen, auf der Suche nach Pietro. Wo war er? War er verschwunden? War sie nicht mehr verrückt. Aber da beugte er sich bereits über Visions Schulter und sah sie vorsichtig an. Also war sie immer noch geisteskrank. Sie stellte sich immer noch vor, dass ihr Bruder, der vor fünf Jahren verstorben war, noch immer bei ihr war. Irgendwie war Wanda erleichtert. „Ich weiß es nicht“, murmelte sie. „Ich weiß nicht, wo sie sein könnten.“ Tony schnaufte und überlegte, ob es nicht besser gewesen wäre, wenn er gemeinsam mit FitzSimmons, Thor, Darcy und Randolph auf der Farm geblieben wäre. Happys Farm. Er hatte sich die ganze Zeit darum bemüht, nicht an die Zeit zu denken, die er mit seinen verstorbenen Freunden dort verbracht hatte. Sie waren Mittags in Houstan mit dem Flugzeug angekommen und hatten sich zuerst einen Mietwagen genommen, um möglichst nahe an den Ort, den Thor ihnen gezeigt hatte, zu kommen. Nur leider hatte sich herausgestellt, dass sie mit dem Wagen nicht sonderlich weit gekommen waren und so hatten sie ihn am Waldesrand abgestellt und waren nun zu Fuß unterwegs. Weder Logan noch Bruce hatten sich beschwert- Logan mochte die Wildnis, während Bruce es einfach nicht erwarten konnte, Natasha wiederzusehen. Aber Tony war daran gewöhnt, dass um ihn herum Technologien waren, die nur dafür programmiert waren, dass sie ihm ihr Leben erleichterten. Zwar hatte er bereits in den letzten Monaten auf sie verzichten müssen, aber er war zumindest drinnen gewesen und nicht in der freien Natur, wo es nur so wimmelte und darauf wartete, ihn endlich beißen zu können. Davon abgesehen marschierten sie seit einer Stunde einen Berg hoch. Laut Thor versteckte sich Natasha mit den Kindern irgendwo hinter diesem Berg in einem Tal. Er musste zugeben, dass es ein gutes Versteck war; nur Idioten versuchten, diesen Berg zu erklommen. Idioten, sowie ein Mutant, ein Hulk und Tony selbst, der nur dabei war, um Bruce im Notfall zu beruhigen. Tony wünschte sich, dass der nächste Ausraster wartete, bis Natasha wieder bei ihnen war, damit sie sich darum kümmern konnte. „Was glaubt ihr? Wie lange brauchen wir noch?“,fragte er. Logan, der vor ihnen ging, sah nicht über die Schulter, als er antwortete: „Heute Abend müssten wir ankommen. Je nachdem, wie lange es dann noch zur Dämmerung ist, sollten wir dann entweder ein Nachtlager bauen oder weitersuchen.“ „Und hoffen, dass Natasha sich nicht in einem Kaninchenbau versteckt und uns dadurch nicht hört.“ „Das wird schon werden“, sagte Bruce. Wie Tony war er nass geschwitzt, aber er ging immer noch motiviert und grinste breit über das Gesicht. „Wir werden es schaffen. Und vermutlich wird Natasha uns eher finden als wir sie.“ Hope van Dyme kaute nachdenklich an dem Bügel ihrer Sonnenbrille, während sie die Bilder der Überwachungskameras durchsah. Es war eine langweilige Arbeit, allerdings auch eine, die getan werden musste und an diesem Abend hatte Hope Schicht. So hatten zumindest Scott Lang und sie die Einteilung der Arbeit genannt und irgendwie stimmte sie auch. Sie seufzte und sah auf die Uhr neben den ganzen Bildschirmen. Scott war bei seiner Tochter, seiner Exfrau und deren Mann Abendessen und Hope erwartete ihn nicht sonderlich früh wieder zurück. Er fungierte für die beiden Erwachsenen als eine Sprechrohr für die aktuellsten Begebenheiten der Rebellengruppe. Hope war die einzige, die wusste, dass er die Pläne der Rebellen an Zivilisten weitergab, aber sie wusste, dass Maggie und Jim Paxton dicht hielten und dass Scott es allein wegen seiner Tochter Cassie tun musste. Es war wichtig, dass seine Familie in Sicherheit war. Hope, die ihre gesamte Familie wegen den Sentinels verloren hatte, konnte Scotts Handlungen nur nachvollziehen und deshalb würde sie ihn niemals verraten. Hope nahm einen Schluck ihres Kaffees. Die Schicht würde lange werden, da sie nur zu zweit waren. Sie hatten schon oft genug um Verstärkung gebeten, aber der Vorschlag wurde abgelehnt, da es anscheinend zu wenige Leute gab. Hope schnaubte. Es gab genug Leute für Experimente, aber nicht genug, um die Kameras an Flughäfen und Straßen zu kontrollieren, um die Sicherheit ihres Hauptquartiers zu garantieren. Nur zwei Leute für den Schutz... es war ein Witz. Seit Monaten schon hielten Scott und sie sich nur dank Koffein über Wasser und es war schon vorher schwierig genug, um unerkannt vor den Sentinels zu arbeiten und überhaupt zu leben. Sie hatte eigentlich gedacht, dass sie eine der ersten gewesen wäre, die auf der Liste stehen würde, aber vermutlich wirkte sie nicht gefährlich genug und auch, wenn es ein wenig seltsam wirkte, so fand sie diese Einschätzung beleidigend. Sie mochte jung sein, aber sie übte seit ihrem sechsten Lebensjahr Karate aus und ihre Eltern waren immerhin Ant-Man und Wasp gewesen. Hope hatte sogar einen Anzug, da ihre Eltern gewollt hatten, dass sie sich verteidigen konnte, vor allem, nachdem die ersten Sentinels aufgetaucht waren. Sie konnte alles, was ihre Eltern gekonnt hatten, nur mit dem Unterschied, dass sie offiziell harmlos war und nur wenige von ihr wussten. Sogar den Avengers hatten ihre Eltern nichts von ihr erzählt, etwas, wobei sie anscheinend nicht die einzigen gewesen waren. Und nachdem die Sentinels ihre Eltern umgebracht hatten... hatte Hope nach Rache verlangt und sie verlangte sie noch heute. In ihren ehemaligen Schulfreund Scott hatte sie einen Verbündeten gefunden. Er war seit Jahren in Hopes Elternhaus ein und ausgegangen, gehörte zur Familie. War für Hank Pym der Sohn gewesen, den er nie gehabt hatte. Die Gesichtserkennungs-Software schlug Alarm und Hope setzte sich auf. Die Gesichter, die auffällig geworden waren, wurden vergrößert und mit anderen Fotos abgeglichen. Hope erstarrte, als sie die drei Gesichter erkannten. Sie hatten sich verändert, sowohl durch den Zahn der Zeit als auch durch Kosmetik, aber Hope konnte sie dennoch den Namen zuordnen. Ihre Hände zitterten, als sie Scott anrief. „Komm sofort her!“, flüsterte sie heiser. „Beeil dich, ich habe drei Untote auf dem Schirm!“ Noch ehe er etwas sagen konnte, hatte sie bereits aufgelegt und die nächste Nummer angerufen. „Hm?“, fragte eine weibliche Stimme gelangweilt. „Bobbi ist gerade beschäftigt, ruf nachher an.“ „Hol sie mir sofort ans Telefon, Kate“, zischte Hope. „Entweder sie oder Bucky!“ „Gott, Hope, hast du das Memo nicht gelesen?“, fragte Kate Bishop. „Die machen gerade irgend so ein Wahnsinnsexperiment mit Carol. Du hättest mal Carl sehen sollen, der ist fast ausgetickt, weil sie ihn nicht genommen haben.“ Sie kicherte. Hope trommelte wütend mit den Fingernägeln auf die Tischplatte. „Das ist kein Spaß, Kate. Ich habe sie hier auf dem Schirm, verstehst du? Sie sind auf dem Weg nach Los Angeles. Verdammt noch einmal, Kate, Captain America lebt!“ Kapitel 12: Alte Bekannte ------------------------- Bobbi pfiff vor sich her, während sie sich daran machte, die Geheimtür zum Keller aufzuhebeln. Carol war noch immer in der Narkose und erst, wenn sie aufwachte, würde man feststellen können, ob das Experiment geklappt und sie nun `Captain Marvel´ war. Aber nach ihrer Meinung war alles gut verlaufen und so hatte sie sich zur Feier des Tages entschlossen, den Essensdienst mit Bucky zu tauschen und sich selbst um die Stepford Cuckoos zu kümmern. Die Stepford-Schwestern waren die ersten gewesen, die sich Bobbi und Bucky angeschlossen hatten und sie waren es auch gewesen, die sich für das erste Experiment freiwillig gemeldet hatten. Außer Bucky und Bobbi hatte nur noch Jennifer Waters von den Schwestern gewusst und der hatten Bucky und sie eingeredet, die fünf wären unvorsichtig geworden und wären von den Sentinels getötet worden. Sie hatten sogar eine kleine Trauerfeier für die fünf abgehalten und Bobbi hatte eine bewegende Rede gehalten, in der sie die Gruppe, der sich nach dem Experiment Carol Danvers, Carl Lukas und Matt Murdock angeschlossen hatten, ermahnt hatte, stets an das Überleben zu denken und solche Heldentaten zu vermeiden. Die ganze Zeit über hatte Bucky sie wütend fixiert. Er gab ihr die Schuld für das Malheur und Bobbi war ehrlich genug zu sich selbst, um sich einzugestehen, dass er Recht hatte. Es war eine Panne gewesen, die Bobbi hätte vermeiden können, wenn sie nicht zu sehr auf das Experiment und das Serum an sich gedacht hätte. Emma Frost war bereits in den Sechzigern Jahren den Sentinels zum Opfer gefallen, genauer gesagt, Bolivar Trask, dem Erfinder der Roboter. Er hatte sie seziert, um so seine Schöpfung zu stärken. Emma war eine Mutantin mit telepathischen Fähigkeiten und konnte ihre Haut in einen Diamantzustand versetzen. Ein steinharter Körper und Gedankenlesen. Bobbi hatte schon lange den Verdacht gehabt, dass die Sentinels von jemanden gesteuert wurden und so hatte sie alle Hoffnungen daran gesetzt, dass Gedankenleser diese Person finden konnten. Leider war Emma seit Jahrzehnten tot, doch zu dieser Zeit war Bobbi noch davon überzeugt gewesen, ihre Fähigkeiten künstlich herzustellen. Alles, was sie wollte, waren die telepathischen Fähigkeiten. Die Diamanthaut war zwar auch praktisch, aber Bobbi brauchte jemanden, der den Anführer fand. Und die Schwestern hatten ihr zugestimmt. Dank Trasks ausführlichen Beobachtungen war es Bobbi und den Schwestern bald gelungen, ein Serum herzustellen, von dem sie überzeugt waren, dass sie durch diesem Emma Frosts Fähigkeiten erhalten würden. Bucky war gegen das Experiment gewesen, aber da die Schwestern sich freiwillig meldeten, konnte er nichts dagegen tun. Das Experiment war vor allem eine Operation gewesen. Die Schwestern kamen der Reihe nach und die anderen halfen Bobbi. Zuerst bekam Esme, das Nesthäkchen der Stepfords, das Serum. Dann Celeste, Irma, Phoebe und schließlich Sophie.  Das Serum sorgte dafür, dass die Schwester ein und dasselbe Gesicht erhielten: das von Emma Frost. Und noch etwas tat es: es löschte die Persönlichkeiten der Mädchen aus. Bobbi hatte nicht daran gedacht, dass das Experiment vielleicht einen Schockzustand des Körpers hervorrufen könnte. Und so wurden aus den Stepford-Schwestern, die untereinander kaum Ähnlichkeiten hatten, die Stepford Cuckoos, fünf identisch aussehende Mädchen mit dem Gesicht von Emma Frost. Sobald sie aufgewacht waren, hatten Bobbi und Bucky das wahre Ausmaß erkannt: die Schwestern redeten und handelten synchron, als wären sie nur noch eine Person. Sie bekamen keine Diamanthaut, aber sie konnten die Gedanken von Bobbi und Bucky lesen. Und sie waren verrückt geworden. Dadurch, dass ihre jeweiligen Persönlichkeiten ausgelöscht worden waren und sie wie eine Person wirkten, fuhr es Bobbi und Bucky jedes Mal kalt den Rücken herunter, wenn sie in den Keller gingen, den sie sorgsam versteckt hatten. Niemand von den anderen sollte hineingehen und die Schwestern sehen. Sie hatten schon überlegt, ob es nicht sicherer war, die Schwestern umzubringen, aber sie hatten noch die Hoffnung, dass Bobbi es schaffte, den Mädchen zumindest etwas Menschlichkeit zurückzugeben. Im Moment ähnelten die Fünf Robotern. Bobbi stieg vorsichtig die Treppe hinunter, in ihrer Hand ein Suppentopf. Im Keller befand sich ein kleines Verlies, indem nun die Stepford Cockoos hockten, die synchron aufsahen, als sie Bobbi hörten. „Hallo, wie geht´s denn so?“, fragte Bobbi betont munter. „Ich habe euch Suppe mitgebracht. Sophie, du liebst doch Hühnersuppe, nicht wahr?“ Sie wusste nicht, wer von den Mädchen Sophie war und es bewegte sich auch keine von ihnen, als würde sie den Namen erkennen.  Alle trugen das blasse Gesicht mit denselben blauen Augen und demselben blonden Haar. Es war einfach nur gruselig, fünfmal dasselbe Gesicht zu sehen. Vor allem, wenn man wusste, dass es vorher nicht so wahr. „Ein weiteres Experiment“, hauchten die Mädchen gleichzeitig. „Diesmal auf der Basis von Genen, die einst lebendig waren.“ „Ja, ich bin mir sicher, sobald die Forschung ausgereifter ist, kann ich sie auch nutzen, um euch zu helfen“, sagte Bobbi tapfer. „Das wäre schön, oder? Dann seid ihr wieder ihr selbst.“ `Oder so gut wie´, setzte sie gedanklich fort und verfluchte sich sofort, als ihr einfiel, dass sie vor fünf Telepathen stand. Bucky hatte einen metallenen Helm gebaut, damit sie sich vor ihnen schützen konnten, aber Bobbi hatte ihn nie benutzt. Selbstverständlich hatte sie es ihm nie gesagt, aber sie war der Meinung, dass sie die Letzte war, die sich schützen sollte. Immerhin war das Resultat ihre Schuld. „Du glaubst, es funktioniert?“, rissen die Stepford Cuckoos sie aus den Gedanken. „Du glaubst, dass du die Menschheit retten kannst, indem du ihnen neue Superhelden verschaffst? Dass Superhelden machtlos sind, hast du bereits gesehen. Ihr versucht, eine Situation herbeizuführen, die es schon einmal gab, weil ihr hofft, dass ihr so gewinnen könnt. So sind die meisten von euch gestorben. Weil sie dachten, es funktioniert ein weiteres Mal, jemanden in die Vergangenheit zu schicken. Deshalb sind sie alle tot.“ „Wir versuchen nur, möglichst stark zu werden“, presste Bobbi zwischen ihren Zähnen heraus. „Wenn wir weiterhin schwach bleiben, sterben wir.“ „So wie die anderen“, sagten die Schwestern leicht lächelnd und eine, nur eine, flüsterte: „So wie Hunter.“ Bobbi wurde kreidebleich, als der Name ihres Exmannes fiel. „Halt die Klappe“, fauchte sie. Abrupt schob sie den Schwestern den Suppentopf in die Zelle und wandte sich um, flüchtete aus dem Keller. Weg von den Stepford Cuckoos, die `Lance Hunter´ vor sich her sangen. Sie brauchte die fünf nicht, um sich an ihn zu erinnern. Das tat sie jeden Tag. Er und all ihre anderen verstorbenen Freunde und Kollegen. Sie waren der Grund, warum Bobbi keine Probleme damit hatte, langsam zu einem Monster zu werden. Sie hatte gerade die Tür zum Keller versteckt, als sie Schritte hörte. Eilig tat sie so, als würde sie ihre Pistole begutachten. „Bobbi!“, rief Kate Bishop von weitem. Sie wirkte abgekämpft, als wäre sie durch die komplette Anlage gelaufen. „Was machst du hier?“, fragte Bobbi scharf. „Du solltest im Kontrollzentrum sitzen. Was ist, wenn Hope und Scott anrufen?“ „Das haben sie doch schon gemacht“, keuchte Kate und strich sich durch die schwarzen Haare. „Hope hat Captain America gesehen, Bobbi. Ihn und Magneto und Melinda May. Sie leben.“ Bobbi starrte sie an, unfähig, etwas zu sagen. Dann würgte sie hervor: „Weiß Bucky schon davon?“ „Carl wollte es ihm gerade sagen.“ „Verdammt! Such Carl und halt ihn davon ab! Ich kümmere mich um Bucky“, brüllte Bobbi und rannte los. Bucky wollte bei Carol bleiben, bis sie wieder wach war, um sich von Anfang an zu überzeugen, dass sie nicht wie eine der Stepford-Schwestern war. In ihrem Kopf hallten all ihre Gespräche in den letzten Monaten nach, in denen Bucky überzeugt war, dass Steve Rogers tot war. Dass er kein Feigling war und sich versteckt hatte. So, wie es anscheinend gewesen war. „Gibst du mir bitte einmal den Schraubenschlüssel?“, fragte Fitz konzentriert und hielt Simmons seine offene Handfläche entgegen. Sie arbeiteten gerade an mehreren Entwürfen für Waffen und hatten sich die Küche, dank den Theken und dem Tisch der Raum mit dem größten Platz, als ihre Werkstatt auserkoren. Simmons reichte ihn das Werkzeug, ohne das Wohnzimmer aus den Augen zu lassen. Darcy schlief auf dem Sofa, runzelte die Stirn und war vermutlich kurz davor, wieder schreiend aufzuwachen. Simmons wusste selbst nicht, wann sie das letzte Mal eine Nacht durch geschlafen hatte, ohne dass sie von Darcys Schreien geweckt worden war. Nicht zum ersten Mal fragte sie sich, was das für Alpträume waren, die Darcy und das restliche Haus nicht mehr schlafen ließen. Aber eigentlich hatte jeder von ihnen genug schlechte Erinnerungen. Thor stand neben dem Sofa, mit einem Auge auf Darcy, mit dem anderen auf Randolph, der versuchte, möglichst unbeteiligt und vor allem von Thor unbeobachtet, die Tür zu erreichen. „Fitz, was hältst du von Thor?“, fragte Simmons leise und hoffte, dass Asgardier über kein stärkeres Gehör verfügten als Menschen. Von Fitz kam ein leisen Aufstöhnen. „Bitte kein Gespräch darüber, wie toll alle Thor finden“, flehte er. „Mir hat es schon gereicht, als wir in Greenwich die Überreste seines Kampfes gegen die Dunkelelfen entsorgt haben und May, Skye und du euch über seine Muskeln unterhalten habt.“ Simmons hieb ihm leicht gegen die Schultern. „Doch nicht so laut“, zischte sie mit hochrotem Kopf. „Außerdem meine ich das nicht! Ich habe mich nur gefragt... wie sie London überlebt haben.“ „London?“, wiederholte Fitz. „Du meinst, als die Sentinels die Schutzbunker...?“ „Angegriffen haben, genau.“ Simmons nickte und verschränkte die Arme. „In dem Bunker waren neben Darcy und Thor auch Dr. Selvig, Dr. Foster und dieser Praktikant, Ian Boothby.“ „Und du fragst dich jetzt, wie sie alle sterben konnten, Darcy und Thor aber überlebt haben.“ „Vor allem Darcy.“ Simmons lugte zu Thor, der gerade ein Gespräch mit Randolph angefangen hatte. „Dr. Foster war Thors Freundin, richtig? Wieso hat sie nicht überlebt, dafür aber ihre Praktikantin? Hätte er nicht eigentlich auf seine Freundin achten müssen? Und täusche ich mich, oder hat er ihren Namen bisher noch nicht einmal von sich gegeben?“ Fitz zuckte mit den Achseln. „Jeder trauert auf seine Weise“, sagte er. „Und er lebt seit Jahrhunderten. Vielleicht ist Dr. Foster nicht seine einzige Freundin gewesen, die er überlebt hat?“ „Nehmen wir einmal an, du verbringst deine Tage in einem Bunker mit anderen Leuten. Du bist mit allen befreundet, vertraust ihnen und sie vertrauen dir. Eine von denen ist allerdings deine Freundin oder einfach jemanden, den du liebst. Was würdest du tun?“, fragte Simmons. Fitz zögerte, dann holte er tief Luft und fixierte Simmons. „Ich würde alles tun, um sie zu beschützen“, sagte er leise. „Und wenn ich dabei sterben würde.“ „Genau.“ Sie nickte wild. „Und selbst wenn sie durch irgendeine Fügung sterben würde, würdest du trauern, richtig? Ich meine, Tony und die anderen trauern auch noch um ihre jeweiligen Partner und wir um unsere Freunde. Aber außer Darcys Alpträumen... ich weiß nicht.“ „Sie sind bemerkenswert ruhig“, führte Fitz ihre Gedanken aus. „So, als hätten sie niemanden verloren. Entweder weil ihnen ihre Freunde nie etwas bedeutet haben oder...“ Er beendete seinen Satz nicht, weil er nicht wusste, was die Konsequenz war. Simmons lächelte ihn leicht an und drückte ihm die Schulter. „Ich weiß auch nicht, was das alles bedeuten soll.“ Sie hatten das Tal erreicht, noch ehe die Sonne unterging und Tony war dankbar, als Logan und Bruce vorschlugen, ein Nachtlager zu errichten. Vielleicht hatte Steve Recht gehabt, dass sie alle eine furchtbar schlechte Kondition erreicht hatten und Tony nahm sich vor, daran zu arbeiten. Rhodey und Happy hatten ihn auch immer ermahnt, sich sportlich mehr zu betätigen. Sie hatten zuerst geplant, notgedrungen unter freiem Himmel zu schlafen, aber Logan hatte zum Glück beim Holz sammeln eine leere Höhle gefunden. Zumindest hoffte Tony, dass die Höhle leer war, aber andererseits hatte er einen Hulk und Wolverine dabei, für die es ein Kinderspiel wäre, sich um Bären zu kümmern. „Was machen wir jetzt eigentlich?“, fragte Tony, als sie vor der Höhle am Lagerfeuer saßen und das Brot aßen, dass sie mitgenommen hatten. Es war längst dunkel geworden und überall waren Mücken, angelockt vom Feuer und der Anwesenheit dreier Menschen.  „Ich meine, rennen wir jetzt rum und rufen nach Natasha? Hat irgendeiner eine Idee?“ Bruce zuckte mit den Achseln. „Wie gesagt, ich glaube, dass Natasha vielmehr uns finden wird. Nehmt es mir nicht übel, aber wir drei machen einen Lärm, der in dieser Gegend vermutlich eher selten ist.“ „Trotzdem würde ich sagen, dass wir noch einen Plan B in petto haben“, bemerkte Logan, den die Mücken seltsamerweise in Ruhe ließen. Tony rätselte, um Mutantenblut schlechter schmeckte als Menschenblut. Und ob er es überhaupt wissen wollte. „Sie hatte genug Zeit, um ihr Versteck zu tarnen. Weiß jemand, wie sie sich am liebsten versteckt? Höhle, Erde oder eine Laube?“ „Barton wusste das vermutlich als einziger“, gab Tony zu. „Soweit ich weiß, waren unsere Verstecke meistens in irgendwelchen Hotels, die ich bezahlt habe. Hast du eigentlich auch erweiterte Sinne?“ „Wieso?“ „Na ja, hast du vielleicht eine gute Nase? Kannst du sie nicht erschnüffeln?“ Logan sah ihn finster an. „Ich bin kein Hund“, knurrte er. Tony hob die Handflächen. „Ist ja schon gut. Aber wenigstens überlege ich.“ „Tony“, sagte Bruce mahnend. „Hey, wir können nicht ewig warten, bis wir hier gefunden werden“, verteidigte Tony sich. „Sonst könnten wir von jemanden gefunden werden, vor dem wir uns lieber verstecken wollen.“ „Tony, sei still“, schimpfte Bruce. Seine Augen fixierten das Dickicht um sie herum. „Habt ihr das gerade gehört?“  Tony wollte gerade fragen, was los war, dann hörte er es auch. Ein leises Knacken aus dem Dickicht. Logan und Tony wechselten einen Blick, dann stand Logan auf, in seiner Hand ein Ast, den er solange ins Feuer hielt, bis er zu brennen anfing. Er ging einige Schritte und hob die Fackel, um ihre Sichtweite zu erweitern. „Wer auch immer da ist“, knurrte Logan. „Der kommt jetzt sofort raus. Oder wir ballern euch die Schädel weg.“ „Mit welcher Munition?“, fragte Tony leise und Bruce stieß ihn an. „Zeig dich!“, brüllte Logan und stürzte etwas aus den Ästen über ihn hinab. Logan schrie auf, als ihn das Gewicht umwarf und die Gestalt rollte sich in dem Moment von ihm herab, als die Metallkrallen aus Logans Handrücken brachen. Ehe Tony und Bruce sich bewegen konnten oder Logan sich auf die Gestalt werfen konnte, bohrte sich ein Pfeil neben Logans Fuß. Die drei sahen vom Pfeil in die Dunkelheit, aus der sich nun ebenfalls eine dunkle Gestalt formte, größer und breiter als die andere. „Weg von dem Jungen“, knurrte eine tiefe Stimme. „Aber sofort.“ Tony kannte den Mann nicht. Von dem Leben in der Wildnis war er mager, hatte dunkelbraune Haare, die ihm etwa bis zur Schulter gingen und trug einen Bart. Über der Schulter hing ein Köcher mit Pfeilen und mit seiner Armbrust zielte er auf Logan, der nun langsam seine Krallen wieder einfuhr.  Tony sah zu der anderen Gestalt, die nun ebenfalls einen Pfeil auf sie gerichtet hatte. Allerdings nutzte sie keine Armbrust, sondern ein Bogen. Tony brauchte zwei Sekunden, in denen er sich fühlte, als wäre er in der Zeit zurückgereist. Clint Barton. Clint Barton alias Hawkeye stand vor ihnen. Erst beim zweiten Blick erinnerte Tony sich daran, wie Steve und er Clints Überreste gefunden hatten und dass der Mann vor ihm eigentlich noch ein Junge war, ein Teenager. Sie hatten Cooper gefunden, Clints ältesten Sohn. Ein Busch raschelte laut, genau vor Logan, und heraus kam ein Mädchen, vielleicht zwölf oder dreizehn und so, wie Cooper Clints Ebenbild war, so war Lila Lauras. „Das sind Menschen, Onkel Barney“, sagte sie mit großen Augen, während sie begeistert zu Tony und Bruce sah. „Onkel Barney, Cooper, das sind Onkel Tony und Onkel Bruce! Das sind die Avengers!“ Kapitel 13: Natasha ------------------- Die Miene des Mannes, den Lila `Onkel Barney´ genannt hatte, veränderte sich, als er mit der Armbrust zu Bruce herüber schwank, als wäre sie keine Waffe sondern ein Zeigestock. „Du bist Bruce Banner?“ „Ähm, ja“, murmelte er unbehaglich und er hob beide Handflächen. „Könnten Sie vielleicht... die Waffen herunternehmen?“ „Auf deinen Befehl, Onkel Barney“, sagte Cooper konzentriert und ohne Logan aus den Augen zu lassen. „Schon gut, Junge, runter mit den Waffen.“ Der Mann stellte die Armbrust neben sich ab und ruckte mit dem Kinn in Logans Richtung. „Mutant, hm?“ „Ja.“ „Und ich dachte, es wären schon alle tot.“ „Ehrlich gesagt, haben wir das auch von den Kindern gedacht“, bemerkte Tony. „Dürfen wir vielleicht auch erfahren, wer Sie sind?“ „Barney. Barney Barton“, antwortete der Mann und er zögerte kurz, ehe er hinzufügte: „Clint war mein jüngerer Bruder.“ Als Bobbi im Aufwachraum ankam, indem Carol lag, sah sie auf dem ersten Blick, dass sie zu spät war und Carl Lukas Bucky bereits von Captain America erzählt hatte. Er hatte die Schränke durchwühlt, bis er endlich den Wodka hinter den Putzmitteln entdeckte, die Bobbi dort versteckt hatte. Es war ein typisches und vorhersehbares Versteck gewesen, aber sie hatte auch keine Ambitionen gehabt, den Alkohol hinter ihren giftigen Substanzen zu stellen. „Du weißt es also auch schon“, sagte Bucky mit neutraler Stimme, als er Bobbi hereinstürzen sah. Er öffnete die Flasche, nahm eines der Bechergläser und schien zu überlegen, ob er das Risiko eingehen und daraus trinken sollte. Dann zuckte er mit den Achseln und goss den Wodka hinein. „Auch ein Schluck zur Feier des Tages?“ „Ja, aber ich nehme die Flasche. Du hast dir gerade das einzige Glas hier genommen, in dem noch keine Bakterien herumgeschwommen sind.“  Sie nahm ihm die Flasche aus den Händen und stieß mit ihm an. Bucky starrte in sein Glas und leerte es in einem Schluck. Er hielt Bobbi das Glas wieder hin und sie füllte es ihm. „Ich fass es nicht, dass er noch lebt.“ „Muss ein ziemlicher Schock sein.“ Bobbi nickte in Carols Richtung und hoffte, dass der erhoffte Themenwechsel kam und nicht zu plump wirkte. „Was meinst du, wann wacht sie wieder auf?“ „Du bist die Intelligenzbestie hier“, knurrte Bucky. „Was glaubst du, wann er und sein Anhang hier auftauchen?“ „Ich habe mir überlegt, dass Kate und Carl sie abholen könnten oder... nein, Jennifer ist eine gute Wahl. Sie ist die Cousine vom Hulk, ihr werden sie wohl am meisten vertrauen.“ „Du willst nicht mich schicken?“ „Du würdest Rogers erschlagen.“ Bobbi nahm einen Schluck aus der Flasche. „Habe ich Recht?“ Bucky antwortete nicht, sondern starrte an die Wand, ehe er sein Glas wieder exte. „Ich habe tatsächlich gedacht, dass er tot ist. Ich habe es mir sogar gewünscht. Ich bin ein schlechter Mensch.“ „Du hast nur gehofft, dass deine Meinung über Rogers wahr ist und dass er lieber sterben würde als sich zu verstecken.“ „Und warum freue ich mich dann irgendwie nicht, dass er noch lebt?“, fragte Bucky missmutig. „Oh, Captain America ist tot“, meinte Bobbi. „Zumindest dein Bild von ihm. Und das ist eigentlich so dasselbe. Jeder ändert sich, Barnes, und vor allem in den letzten Monaten. Freu dich lieber, dass dein Kumpel noch lebt, auch wenn deine Achtung vor ihm gesunken ist. Manche von uns würden gerne mit dir tauschen.“ Bucky zuckte zusammen. „Tut mir Leid, du hast Recht, Bobbi. Ich bin mir sicher, du würdest dir auch wünschen, dass-“ „Jeder würde gerne mit Captain America befreundet sein“, unterbrach sie ihn, weil sie nicht über das Thema reden wollte. „Er ist einfach heiß.“ „Bobbi...“ „Ja?“ Bucky grinste. „Für das Gespräch brauch ich mehr Wodka.“ „Ich auch.“ Darcy kaute gelangweilt Kaugummi, während sie FitzSimmons von der Küchentür aus zusah, wie sie ihrer Meinung nach wahllos irgendwelche Kabel verdrahteten und Teile zusammenfügten. Am Morgen hatten mehrere Haufen Müll auf dem Küchenboden und auf dem Tisch gelegen- unter den Fingern der beiden S.H.I.E.L.D.-Agenten wurden daraus Waffen, die aussahen, als würden sie aus dem nächsten Hightech-Labor kommen. Tony würde begeistert werden, wenn er wiederkam. Eine leichte Berührung an der Schulter ließ sie zu Thor sehen. Er lächelte leicht und nahm die Hand von ihrer Schulter. „Ich sehe mich etwas um. Gehe noch einmal zum Militärplatz, vielleicht finde ich ja noch etwas oder sogar Informationen über neue Sentinel-Angriffe. Möchtest du mitkommen?“, fragte er. Sie überlegte kurz, dann schüttelte sie den Kopf. „Ich wäre dir keine große Hilfe, wenn wir angegriffen werden. In London kenne ich mich aus, da kann ich sofort ins nächste Abflussrohr verschwinden. Aber hier? Da werde ich beten müssen, dass sie mich nicht sofort grillen. Willst du Randolph mitnehmen?“ Sie hob die Stimme, damit der Berserker endlich aufhörte, nervös auf der Couch herumzurutschen und auch FitzSimmons hoben kurz die Köpfe, bevor sie sie wieder zusammensteckten und auf ihre nervöse Art miteinander redeten. Zumindest fand Darcy sie nervös; Fitz fing den Satz an und Simmons beendete ihn, als könnten sie die Gedanken des jeweiligen anderen lesen. Auf dieselbe Art arbeiteten sie auch. Es war beinahe lustig, ihnen beim Arbeiten zuzusehen. Thors Blick verdüsterte sich, als er sah, dass Randolph seiner Meinung nach zu nah an der Tür saß. „Nein, da draußen haut er mir nur ab. Rede mit ihm. Sorg dafür, dass wir uns nicht mehr ständig nach ihm umsehen müssen.“ Darcy hob einen Zeigefinger und berührte ihre Stirn, als wären sie im Wilden Westen und sie Cowboys. Vermutlich würde Thor die Anspielung nicht verstehen, aber er verstand zumindest, dass sie ihm zustimmte. Er beugte sich zu den Agenten, um ihnen zu sagen, dass er für einen Moment weg wäre, während Darcy sich entschloss, sich zu Randolph zu setzen. „Ich hoffe doch, es ist nicht besetzt?“, fragte sie. Elliot Randolph machte ein saures Gesicht, als hätte er in eine Zitrone gebissen. „Sehr witzig“, knurrte er. „Je länger ich hier bin, desto überzeugter bin ich, dass ich nicht mehr lange leben werde.“ Darcy rollte mit den Augen und spähte zu FitzSimmons und Thor, die ihr Gespräch vermutlich nicht mithören konnten. „Und warum findest du es hier nicht ganz so sicher wie in London?“, fragte sie. „Weil wir auf dem gleichen Kontinent sind wie die, die die Sentinels kontrollieren?“ „Ein wenig“, gab er zu. „Aber ich hatte nun die Gelegenheit, mir unsere Verbündeten anzusehen und ich muss sagen, ich bin enttäuscht. Es haben nicht die überlebt, von denen ich es gehofft hatte. Und die, die es getan haben, sind geschwächt und haben keine Waffen. Zum Beispiel die beiden da, die uns hiergelassen wurden.“ Randolph deutete auf FitzSimmons. „Bei einem Angriff sind sie nutzlos. Sogar du bist stärker. Zumindest wenn du etwas mehr als zwei Stunden durchgeschlafen hast.“ „Danke, ich versuche es, nicht ganz so persönlich zu nehmen“, knurrte Darcy. Sie hasste es, wenn man auf ihre PTBS zu sprechen kam und Randolph wusste das. „Das sind S.H.I.E.L.D.-Agenten. Sie wurden zum Kampf ausgebildet.“ „Sie sind wie der Hulk, kurz bevor er... zum Hulk wurde“, ätzte Randolph. „Es sind Wissenschaftler, sie sind nicht zum Kämpfen gemacht. Hör auf, dir etwas einzureden. Deine Wissenschaftler-Freunde konnten auch nicht kämpfen, oder?“ „Thor bringt dich um, wenn du das in seiner Gegenwart sagst.“ „Deshalb tue ich es auch nicht. Aber du weißt, dass es die Wahrheit ist“, sagte Randolph locker. „Es ist etwas, was du dir selbst eingestanden hast. Genauso wie du weißt, dass es in dieser Gruppe hier genau drei Schwachpunkte gibt. Und das seid ihr Menschen. Du, weil du immer übermüdig bist und sie... weil sie anscheinend noch nicht einmal auf die Idee gekommen sind, zu trainieren und zu kämpfen. Alles, was sie können, ist, Waffen zusammenzubauen. Wenn sie kämpfen könnten, wären sie nicht hier. Tony Stark wurde schließlich auch mitgenommen, oder? Weil er außerhalb dieses Geländes nützlicher ist. Und weil er gegen die Sentinels eine höhere Überlebenschance hat.“ Sie ließ den Asgardier nicht aus den Augen. „Komm zum Punkt“, murmelte sie leise. „Worauf willst du hinaus?“ „Selbst wenn ich es vorsichtig ausdrücke, muss ich sagen, dass ich dich ganz gut leiden kann, Mädchen“, meinte Randolph. „Meiner Meinung nach bist du lebensmüde, aber von euch Menschen bin ich es bereits gewohnt. Ich weiß, dass Thor dich niemals hier zurücklassen würde und auch ich hätte dabei ein schlechtes Gewissen. Ich hätte es allerdings nicht, die Agenten hierzulassen. Sie sind mehr eine Gefahr für uns, als wenn wir von hier verschwinden würden. Du glaubst doch nicht wirklich, dass wir hier sicher sind, solange sie von dem Militärplatz immer mehr Nachschub benötigen oder ihre Waffen ausprobieren, oder? Sie sind zu auffällig. Ich weiß das, du weißt das und auch Thor dürfte es wissen. Aber ihr habt es im Gegensatz zu mir noch nicht ausgesprochen, weil eure Freunde euch darum gebeten habt, auf die beiden hier aufzupassen. Aber wer sagt, dass sie zurückkommen? Dass sie überhaupt noch leben?“ Randolph setzte sich auf. „Ich mache mir nichts vor. Weder du noch Thor wollt kampflos aufgeben und ich gebe zu, dass ich es allmählich müde werde, mir mit euch ein Versteck nach dem anderen zu suchen. Ohne die Sentinels war mein Leben um einiges stressfreier. Eine kleine Gruppe ist unauffälliger. Wir wissen, wo die Sentinels kontrolliert werden. Warum nehmen wir das Ganze nicht selbst in die Hand?“ „Du willst zum Hauptquartier der Sentinels, deinen Stab holen und die Leute besiegen, die die Sentinels kontrollieren?“, vergewisserte sie sich. In ihrem Kopf drehte sich alles. „Dafür brauchen wir jemanden, der die geballte Aufmerksamkeit auf sich lenkt und besonders auffällig ist. Ich denke, wir stimmen darin überein, dass Thor diese Aufgabe übernehmen sollte. Dann brauchen wir jemanden, der sich einschleichen kann, weil er praktisch unbekannt ist. Das wärst du. Du bringst mir den Stab oder führst mich hin. Wir töten diejenigen, die die Sentinels auf uns hetzen und besiegen so die Sentinels und stillen eure Rachegelüste.“ Randolphs Augen funkelten. „Dafür benötigen wir Waffen. Aber wir brauchen keine Kinder, die nicht auf sich selbst aufpassen können. Die Agenten sind uns im Weg. Das wissen wir beide. Und wir wissen beide, dass Thor auf dich hört und ich auf ihn. Es ist also deine Entscheidung, was wir nun tun, Miss Lewis.“ „Clint und Natasha sind zu mir gekommen, nachdem Laura gestorben ist“, erzählte Barney, während er Tony, Bruce und Logan durch den Wald führte. Lila und Cooper gingen einige Schritte vor ihnen und schienen über irgendetwas zu streiten. Obwohl es mittlerweile dunkel war, führten sie die Gruppe, als wäre es Tag und Tony fragte sich, wie sie das machten. Sie schienen sich nur an den Sternen zu orientieren. Sonst hatten sie kein Licht, noch nicht einmal eine Fackel oder ähnliches. Tony war bereits mehr als einmal über eine Wurzel gestolpert. „Sie meinten, sie bräuchten meine Hilfe, um die Kids zu schützen. Wirklich geklappt hat das aber auch nicht.“ Seine Miene wurde düster. „Alles lief vier Wochen lang einigermaßen gut, dann wurden wir von Sentinels eingekesselt. Wir haben uns bemüht, uns irgendwie den Weg freizuschießen, aber gegen diese fliegende Monster konnten wir nicht wirklich was tun. Durch eine Explosion wurde schließlich Clint von uns getrennt und er hat dann die Aufgabe übernommen, die Sentinels abzulenken, während Natasha und ich uns die Kids geschnappt haben und gerannt sind. Nate hat sich bei der Explosion verletzt, aber das haben wir zu spät mitbekommen. Der Kleine ist einige Stunden später gestorben und als die Sentinels abgezogen waren, haben wir Clint und Nate begraben. Da war noch ein Haufen Mutanten, die diese Roboter anscheinend vor uns getötet haben, also wurde daraus gleich ein Massengrab. Natasha und mir war das allerdings eine Lehre und wir sind abgehauen. Vorher hatten wir gedacht, dass wir in Mexiko etwas sicherer sind. Dort laufen ein Haufen Leute herum, die versuchen allesamt, entweder über die Grenze zu kommen oder ihr zu entfliehen. Wir hatten den Plan, in der Menge zu verschwinden, aber dann kamen die Sentinels. Nach der ganzen Katastrophe sind wir dann hierher gekommen. Keine Menschen, keine Technologie und im Allgemeinen so langweilig, dass sich niemand hierfür interessiert. Clint und ich haben früher die ganzen Sommer gebracht, also war es für mich Heimvorteil. Und tatsächlich hatten wir die letzten Monaten Ruhe. Hey, Kiddies“, rief er laut und Lila und Cooper drehten sich um. „Rennt schon einmal vor und macht es bei uns etwas gemütlicher, wir haben Gäste. Lasst euch nicht aus den Augen und vermeidet Lichtungen, wo euch die Bäume nicht verdecken, kapiert?“ „Klar, Onkel Barney“, sagte Cooper und spannte seinen Bogen. „Komm, Lila.“ Die beiden Kinder stürmten in das Dickicht und einen Augenblick später war es so still wie vorher. „Wenn man länger im Wald lebt, lernt man, lautlos zu laufen“, meinte Barney achselzuckend, als er Tonys verblüfften Blick bemerkte. „Deshalb haben wir euch auch vorher gehört. Ihr seid herum getrampelt, als wärt ihr eine Horde Elefanten. Wir dachten, wir könnten euch ein paar Lebensmittel abluchsen und wir waren auch neugierig, wer uns hier in unserem Tal besucht.“ „Ich möchte nicht unhöflich sein“,  sagte Bruce vorsichtig. „Aber wo ist Natasha?“ „Was glaubst du denn, wohin wir gerade gehen?“, fragte Barney. „Wenn ihr nicht so langsam wärt, wären wir schon längst da. Allerdings will ich euch auch alles erzählen, ehe wir ankommen.“ „Bist du nicht schon fertig?“, wollte Logan wissen. „Nach Mexiko seid ihr hierher, oder?“ „Ja. Wir haben den Kids ein bisschen beigebracht. Für den Fall, dass wir beide abkratzen und sie dann für sich sorgen müssen. Schießen, jagen, kämpfen und so. Das Standartprogramm. Ihr dürftet mitbekommen haben, dass Coop ein Fan von seinem Bogen ist.“ „Oh ja“, stimmte Tony ihm zu. „Ein zweiter Hawkeye.“ „Es ist der erste Bogen, den er selbst gemacht hat und der auch funktioniert. Na ja. Die erste Zeit war natürlich schwierig. Die Kids waren es nicht gewohnt, unter freiem Himmel zu schlafen oder Feuer zu zünden oder Fleisch zu essen, von dem sie wussten, dass es vor ein paar Sekunden noch gelebt hat. Einige Sachen braucht man einfach, die die Natur einem nicht geben kann. Also sind Natasha und ich immer mal wieder los, um ein paar Besorgungen zu machen. Kleidung, zum Beispiel. Clint hätte es mir nie verziehen, wenn seine Kinder wie Tarzan halbnackt durch die Wälder gerannt wären. Einige Stunden Fußmarsch von hier entfernt ist eine Stadt, durch die müsstet ihr auch gekommen sein. Da haben wir uns meistens bedient und natürlich auch darauf geachtet, dass man uns nicht bemerkt. Hat auch eigentlich fast geklappt. Hier müssen wir abbiegen.“ „Die Kinder sind in die andere Richtung“, bemerkte Logan. „Wir machen einen kleinen Umweg.“ Barney führte sie noch einige Schritte weiter, dann machte er ihnen ein Zeichen, dass sie stehen bleiben sollten. Er hockte sich hin, griff nach einem Ast und Steinen und entfachte geschickt ein kleines Feuer. Mit der Fackel erhob er sich wieder und ruckte mit dem Kopf. Nun, da es etwas heller war, konnte Tony auch besser sehen und als er Barney ins Gesicht sah, fielen ihm auch die Ähnlichkeiten zwischen ihm und Clint auf. Die gleichen grauen Augen, der gleiche, etwas zynische Mund. Vermutlich würde man Barney und Cooper auch als Vater und Sohn einschätzen können, wenn man die Wahrheit nicht wüsste. „Hier lang die Herren. Und jetzt bitte etwas Ruhe und nicht so laut trampeln. Das gehört sich nicht.“ Tony öffnete bereits den Mund, um zu fragen, wohin sie gingen, als Bruce ihm schon in die Seite stach und den Kopf schüttelte, ihm bedeutete, dass sie auf Barney hören sollten. Der Mann lebte seit Monaten hier und war anscheinend hier aufgewachsen, schenkte man seinen Worten Glauben. Ohne ihn würden sie sich hier vermutlich nicht einmal zurecht finden. Barney hielt die Fackel so, dass er nicht aus Versehen etwas anzündete und einen Waldbrand provozierte. Die letzten Meter legten sie schweigend zurück, bis er wieder die Hand hob, als Zeichen, dass sie stehen bleiben sollten. Er hob die Fackel, sodass der Lichtschein etwas größer wurde und Tony wurde kalt, als ihm bewusst wurde, was er da sah. Nach den Gesichtern von Logan und Bruce zu urteilen, wussten sie auch, was es bedeutete. Die Fackel beleuchtete ein kleines, selbstgebautes Holzkreuz, dass vor einem Baum in der Erde steckte. „Natasha“, murmelte Barney schlicht. Kapitel 14: Wiedersehen mit alten Freunden ------------------------------------------ Der Name riss Bruce die Beine weg und er sackte auf den Boden. Tony nahm Barney die Fackel aus der Hand und leuchtete Bruce ins Gesicht, überprüfte die Farbe seiner Augen. Braun, nicht grün. Die Pupillen waren geweitet, Bruce war kalkbleich und zitterte, aber es war kein Ausbruch des Hulk. Es war die Trauer um Natasha. Logan fuhr seine Krallen auf und richtete sie auf Clints Bruder, der ihn nur ungerührt ansah. „Das ist eine Lüge“, grollte er. „Wir wissen genau, dass sie lebt! Wo ist wirklich?“ „Du kannst gerne das Grab ausbutteln“, sagte Barney. „Nur werde ich dir dann die Hände abhacken. Die Toten verdienen es, in Ruhe gelassen zu werden.“ „Heimdall hat... Heimdall hat gesagt, dass sie lebt“, brach es aus Bruce heraus. Seine Augen füllten sich mit Tränen. „Er sagte, sie wäre hier... Thor hat uns das Tal gezeigt...“ „Es tut mir Leid“, sagte Barney und Tony glaubte, in seiner Stimme Mitleid und Zögern herauszuhören. „Es waren alte Infos, die ihr bekommen habt. Natasha ist seit zwei Wochen tot.“ „Wie ist es passiert?“, fragte Bruce fordernd. „Ich habe euch doch erzählt, dass wir ab und zu in die nächste Stadt gezogen sind, um ein paar Sachen zu besorgen. Immer einer von uns, damit die Kinder nicht allein sind. Das letzte Mal war Natasha dran. Sie bekam ein Messer in den Bauch und erst sah es aus, als ob alles gutgehen würde, aber dann...“ Er sah zu dem Kreuz. „Mit ´ner Blutvergiftung ist nicht zu spaßen, noch nicht einmal, wenn man ein Krankenhaus in der Nähe hat. Wir hatten nur Schmerztabletten und Wasser.“ Logan sah vorsichtig zu Bruce und Tony und fuhr dann seine Krallen wieder ein. „Was ist, wenn das andere auch nicht mehr stimmt?“, fragte er leise. „Wenn Cap und die anderen in eine Falle laufen?“ Tony nickte bedächtig. „Wir sollten sie suchen und warnen. Am besten, wir nehmen die Kinder mit und lassen sie bei Thor. Ich glaube, alle außer Randolph können gut mit Kindern.“ „Vergesst es“, fauchte Barney scharf. Er hatte eine Hand auf seine Armbrust gelegt, die er den ganzen Weg über auf seinem Rücken getragen hatte und sah sie wütend an. „Coop und Lila bleiben hier. Ich habe Clint und Natasha geschworen, auf sie aufzupassen und sehe jetzt nicht zu, wie ihr sie in Gefahr bringt. Der einzige Grund, warum ich euch nicht gleich abgeschossen habe, war der Doktor hier, aber wenn ihr versucht, mir meine Familie wegzunehmen, werde ich euch töten. Auch dich mit deinen Krallen.“ „Ruhig bleiben, Kumpel“, meinte Logan. „Du glaubst doch nicht allen Ernstes, dass die Kinder hier im Wald sicherer sind als bei einem Haufen, der aus Avengers, Mutanten und S.H.I.E.L.D.-Agenten besteht.“ „Mein Bruder und Natasha müssen es geglaubt haben, sonst wären sie nicht gegangen“, konterte Barney. „Die Sentinels folgen euch, auch wenn die meisten Menschen glauben, dass ihr alle tot wärt. Aber es wird nicht mehr lange dauern, dann werden diese verdammten Roboter euch suchen und euch braten. Clint hat mir die Kinder überlassen, damit ich sie schütze, nicht, damit sie wegen euch sterben können.“ Mit einer schnellen Bewegung hatte er die Armbrust von seinem Rücken gerissen und einen Pfeil gespannt, den er auf Logan richtete. „Ihr Idioten vergesst eines: die Sentinels haben Laura getötet, eine ganz normale Frau, wenn man nicht daran denkt, dass sie offiziell nicht existierte. Und warum haben sie sie getötet? Weil die Wahrscheinlichkeit hoch war, dass irgendwann einer ihrer Nachkommen das Mutantengen erhält. Lila und Coop sind gute Kandidaten und glaubt mir, ich lass nicht zu, dass die Sentinels herausfinden, ob beide oder nur einer von ihnen ein Mutant ist oder ein Mutantenbaby bekommen wird.“ „Glaubst du etwa, wir wollen das?“, schimpfte Tony. „Verdammt, nichts gegen dich, aber wir haben eine Farm mit einem Halbgott, einem richtigen Gott, zwei S.H.I.E.L.D.-Agenten und einer...Politikstudentin mit Praxiserfahrungen in Astrophysik. Die können besser auf Kinder aufpassen als ein bogenschießender Idiot wie du.“ „Trotzdem habe ich es geschafft, mehrere Jahre lang auf sie aufzupassen, in denen ihnen ihr was gemacht habt? Euch in einem irgendeinen Bunker oder so versteckt? Im Wald? Während alle anderen gestorben sind. Jetzt taucht ihr plötzlich auf und wollt wieder die großen Helden spielen.“ Barney ließ seine Armbrust sinken und deutete auf den Horizont. „Keine Ahnung, wie lange ihr bereits in der Welt seid, in der euch alle sehen können, aber lasst mich euch eines verraten: die Welt hat sich verändert. Wir wollen keine Helden mehr, die uns vor Robotern, Aliens oder anderen Gangstern schützt. Wir wollen eine Welt, in der wir nicht mehr befürchten müssen, dass unser Zuhause zerstört wird, weil irgendeiner Streit mit Mutanten und euch Avengers angefangen hat. Es gab seit Monaten keine Bewegung mehr seitens der Sentinels und wisst ihr auch, warum? Weil ihr nicht mehr da wart! Weil ihr von der Oberfläche verschwunden seid und seitdem ist niemand mehr durch diese Dinger gestorben. Aber jetzt, wo ihr wieder da sein, wird der Krieg wieder von neuem anfangen und ihr wollt auch noch, dass man sich darüber freut?“ Er spuckte verächtlich aus. „Ihr habt entweder keine Ahnung von Menschen oder aber ihr seid zu selbstverliebt, um es zu merken. Verschwindet wieder dorthin, wo ihr hergekommen seid. Glaubt mir, damit ist allen besser gedient. Bis morgen früh könnt ihr hier bleiben, aber dann verschwindet ihr wieder. Ich mochte Natasha, aber sie wäre derselben Meinung wie ich. Ihr gefährdet nur die Kinder meines kleinen Bruders.“ Der Flug war anstrengend gewesen, aber Steve musste wirklich sagen, dass für ihn die Flugstunden noch nie so schnell vorbeigegangen waren. Auch May und Erik waren ruhig gewesen und so war Steve allein mit seinen Gedanken gewesen. Nicht mehr lange und er würde seinen alten Freund wiedersehen. Bucky. Der einzige seiner Freunde, die er noch aus seiner wirklichen Zeit kannte, damals, als er noch nicht Captain America gewesen war, sondern der ganz normale Steve Rogers, der einfach nur seinen Weg finden wollte. All die Zeit im Bunker hatte Steve geglaubt, dass Bucky tot wäre, dass seine Leiche irgendwo in irgendeiner Gasse liegen würde, aber das war nicht passiert. Bucky lebte und Steve konnte es nicht erwarten, ihn endlich zu sehen. May musste genauso denken. Sowohl Bobbi Morse als auch Alphonso Mackenzie hatten zu Phil Coulsons Team gehört. Sie hatten mehrere Missionen miteinander absolviert, hatten sich ihr Leben anvertraut. Solche Banden waren schwer zu trennen, niemand wusste das besser als Steve. Er hatte noch nicht einmal Bucky vergessen können, als dieser unter einer Gehirnwäsche und unter dem Namen `Wintersoldier´ Leute im Auftrag von Hydra getötet hatte. Es war noch immer Bucky gewesen und Steve hätte ihn noch nicht einmal töten können, wenn Bucky es angelegt hätte. Seine Laune war großartig. Thor, Bucky, Natasha und noch so viele andere lebten. Ihre Lage war besser denn je. Als sie aus dem Bunker gestiegen waren, hatten sie mit Zerstörung und ihrem baldigen Tode gerechnet, doch nun sah es gut aus. Sie würden genug Kampfkraft haben, um die Sentinels zu vernichten. Endlich würde die Welt wieder so werden, wie sie einst war. Steve, May und Erik durchquerten die Wartehalle. Sie würden ein Taxi nehmen und dann die Stelle aufsuchen, die Thor ihnen markiert hatte. Es war ein Lagerhaus am Ende der Stadt; abgeschieden genug und doch schnell erreichbar mit Bus und Bahn. Ein perfektes Versteck. Eine brünette Frau eilte auf sie zu. Sie trug ein teuer aussehendes Kostüm und Steve hatte noch nie, niemals, eine Frau mit solch hohen Absätzen so schnell laufen sehen. Noch nicht einmal Natasha oder Pepper. „Verzeihung, Grant, ich dachte, du würdest später kommen“, sagte sie hastig und dann küsste sie Steve auf einmal. Steve war zu perplex, um sie irgendwie von sich zu schieben. May hob eine Augenbraue, während Erik die Frau irritiert ansah. Bislang hatten sie es so gehandhabt, dass May und Steve ein paar waren, während Erik Steves Vater imitieren würde. Der wichtigste Punkt für diese Idee war Eriks Alter gewesen, sowie Mays Bemerkung, dass Erik nicht ihr Typ wäre. Steve hatte zu diesem Zeitpunkt beschlossen, nicht weiter darüber nachzudenken, aber irgendwie schoss ihm die Erinnerung an dieses Gespräch ins Gehirn, als die Frau ihn küsste. „Komm Liebling, lass uns nachhause fahren. Daddy, Cousinchen, meint ihr nicht auch?“, fragte die Frau breit lächeln. Steve fragte sich, wie viel Make-up May ihm und Erik in das Gesicht geklatscht hatte, dass die Frau anscheinend glaubte, dass sie irgendwelche Bekannte waren. Oder aber sie war eine Hydra-Agentin, die sie gefangen nehmen wollte. Aber warum so kompliziert? Steve, May und Erik hätten sie sofort töten können und soweit Steve wusste, waren die Hydra-Agenten nicht halb so dumm wie zu seiner Zeit. Wer war also diese Frau. Eriks Blick rettete sie. „Daddy, ich weiß, wir haben uns schon lange nicht mehr gesehen, aber sag bloß, du hast schon wieder meinen Namen vergessen“, schimpfte die Frau. Nun fiel Steve auch auf, dass ihm irgendetwas an ihr bekannt vorkam. Die Form der Augen, die Grübchen. „Oh je, deine Demenz ist wirklich weit fortgeschritten, zum Glück haben Melinda und Grant auf dich aufgepasst, was?“ Magneto sah die Frau immer noch an, als wäre sie eine Geistesverrückte und als würde er sie nicht kennen. Was auch eigentlich der Wahrheit entsprach. Die Frau blies sich eine Strähne aus den Augen. „Dad, ich bin es, Jennifer“, sagte sie überdeutlich. „Ich bin deine Tochter. Das hier ist mein Mann Grant und meine Cousine Melinda. Ihr habt meinen Cousin Bruce besucht. Du kennst Bruce, ja? Ihr wolltet ihn wegen seinem kleinen Aggressionsproblem helfen...“ Steve blinzelte. Bruce. Aggressionsproblem. Cousin. Bruce hatte in der Tat schon einmal von seiner Cousine geredet, einer erfolgreichen Anwältin, die Bruce verteidigt hatte, als er fast Harlem zerstört hatte. Tony hatte sogar ihre Telefonnummer von Bruce bekommen, falls er mal wieder Ärger bekommen sollte. Melinda trat Erik beherzt gegen das Knie.„Jennifer... meine Tochter... “,stammelte er lahm und die Frau umarmte ihn fest, ehe sie Steves Arm ergriff, sich bei ihm unterhakte und mit sich zog. „Walters, Jennifer“, sagte die Frau hastig  und leise zu Steve. „Entschuldigen Sie bitte das Theater, aber man kann heutzutage nie vorsichtig genug sein. Keine weitere Fragen. Ich bringe Sie jetzt zu Bucky und den anderen. Falls uns jemand fragt, halten Sie entweder den Mund oder erzählen von unserer glücklichen Ehe, verstanden? Auf jeden Fall heißen Sie nicht Steve, sondern Grant, ja? Ich dachte mir, dass Sie eher auf ihren zweiten Vornamen hören würden als auf einen anderen.“ Steve konnte nur nickten, während hinter ihm Erik nörgelte: „Als ob ich alt genug bin, um als dement zu gelten...“ Deprimiert starrte Wanda an die Decke. Nachdem sie festgestellt hatten, dass Blink und die anderen Mutanten verschwunden waren, hatten Vision und sie sich ein Hotelzimmer gemietet. Zum Glück hatten die anderen daran gedacht, Vision etwas von ihrem Gesparten, mit anderen Worten Tonys Vermögen, mitzugeben, damit er nicht in Geldschwierigkeiten geriet. Gerade war er unterwegs, um  ein wenig Proviant zu kaufen, während Wanda sich hingelegt hatte. Sie hatte alles falsch gemacht, was man nur falsch machen konnte. Hätte sie nur einige Tage gewartet, hätte Vision sie gefunden und die Mutanten wären in Sicherheit. Aber sie musste gehen und alles verderben. Wanda hatte den Avengers und den Mutanten die Chance genommen, die Sentinels zu besiegen, da Vision anscheinend nur sie finden konnte, aber nicht Blink. Diese wechselte sowieso zu schnell den Ort. `Schöne Aussicht´, versuchte Pietro sie von ihren düsteren Gedanken abzulenken. `Wenn man bedenkt, wie viel das Zimmer hier gekostet hat. Ich würde trotzdem sagen, dass wir nachts nicht das Hotel verlassen. Die Typen da sehen gruselig aus. Aber andererseits können wir uns ja wehren, nicht wahr, kleine Schwester?´ „Halt den Mund, Pietro“, seufzte Wanda und drehte sich von ihm weg. „Du nervst. Kannst du nicht endlich verschwinden?“ `Wie soll dein Unterbewusstsein denn bitte verschwinden?´, fragte Pietro skeptisch. `Außerdem würde ich auch nicht gehen, wenn es mich wirklich geben würde. Ich bleibe mir also selbst treu. Beziehungsweise, dein Unterbewusstsein bleibt mir treu. Glaubst du, wir sollten dich zu einem Psychologen oder so schicken?´ Wandas Antwort war ebenso einfach wie verzweifelt. Sie legte sich ein Kissen über das Gesicht und hoffte, so die Worte auszublenden. Trotzdem konnte sie hören, wie Pietro zu summen anfing. Es war das Lied, das ihre Mutter ihnen immer abends vorgesungen hatte, wenn sie ins Bett gehen sollten. Bevor Wanda und Pietro zu Waisen wurden. Irgendwann legte sie das Kissen weg. „Warum bist du noch hier?“, fragte sie und unterbrach Pietros Summen. „Versteh mich nicht falsch, du fehlst mir und ich wünschte, du würdest noch leben. Aber warum bilde ich mir noch immer ein, dass du mit mir sprichst?“ `Keine Ahnung´, antwortete Pietro und setzte sich zu ihr ins Bett. `Ich glaube, ich, also dein Unterbewusstsein, versucht, dir etwas zu sagen.´ „Ich habe nach dem Tod unserer Eltern auch nie mit ihnen gesprochen oder mir eingebildet, sie sehen zu können. Nur dich sehe ich. Warum? Weil wir Zwillinge sind?“ Pietro runzelte die Stirn. `Ich bezweifle, dass das der wirkliche Grund ist. Vielleicht erleichtert das die Sache, aber ich glaube, es gibt eine andere Ursache. Vielleicht nutzt dein Unterbewusstsein aus, dass ich die einzige Person bin, zu der du immer ehrlich warst. Oder es ist etwas anderes.´ „Wenn du mein Unterbewusstsein bist, müsstest du wissen, was du mir sagen willst“, sagte Wanda hartnäckig. `Ja, aber ich weiß nur, was du weißt´, schoss Pietro zurück. `Ich bin kein Hellseher wie du Wanda. Ich bin nicht mit dem Universum verbunden.´ In dem Moment öffnete sich die Tür und Vision kam herein. Er sah Wanda nachdenklich an. „Mit wem hast du gesprochen?“, fragte er vorsichtig. Wanda starrte zu der Stelle, an der Pietro, für Vision unsichtbar, saß und sie anlächelte. „Mit niemandem“, wisperte sie. „Nur mit mir selbst.“ Steve sah zu der glatten Hausfassade empor, die neben der riesigen Holztür nur ein kleines Schild aufzuweisen hatte. Derek Bishop. Steve kannte dank Pepper und Tony genug Journalisten und wusste daher, dass Derek Bishop der Inhaber einer Zeitschrift war, die sich besonders auf Tonys Eskapaden versteift hatte. „Und... was machen wir jetzt hier?“, fragte er vorsichtig und sah zu Jennifer Walters, die ihn amüsiert ansah. Sie öffnete die Tür und verbeugte sich. „Bitte eintreten die Herrschaften.“ Erik blieb, wo er war. „Wir wollten zu den anderen“, sagte er möglichst leise. „Und wir wissen, dass sie in einer Lagerhalle und nicht in einem Medienunternehmen hocken.“ „Die Zeitung hat vor Monaten dicht gemacht und uns wurde das Unternehmen vor einigen Tagen überlassen“, antwortete Jennifer, während sie alle nach der Reihe in das Haus schob. „Jetzt ist sie unser Hauptquartier. Hier fallen wir weniger auf und offiziell ist das hier ein Biochemie-Labor. Aber kommen wir nun zu der Frage, die mich am meisten interessiert.“ Jennifer sah zu Steve. „Geht es Bruce gut? Lebt er noch? Ich habe die ganze Zeit nach dem Hulk gesucht, aber nichts gefunden. Offiziell gilt er als tot, wie Sie alle auch, aber ich dachte... na ja, ich hatte die dumme Idee, dass die Sentinels den Hulk nicht töten könnten und dass Bruce so...noch lebt.“ Ihre Stimme klang hoffnungsvoll. „Er lebt“, bestätigte er ihr. „Er sucht gerade mit anderen nach Natasha.“ „Oh Gott sei Dank“, flüsterte sie zittrig. „Glauben Sie mir, wir dachten, dass Sie alle tot sind und jetzt, wo wir wissen, dass wir nicht allein sind und noch einige leben... das ist so schön.“ Jennifer wischte sich die Tränen aus den Augen. „Wie viele sind Sie? Oh, kommen Sie erst einmal mit, begrüßen wir die anderen. Es sind schon alle so aufgeregt.“ Jennifer führte sie den Flur entlang, bis sie in einer großen Halle waren, in dem früher wohl die Schreibtische der Journalisten gestanden hatten. Doch nun war sie gefüllt mit Gesichtern, die sie begierig ansahen, als hätten sie schon lange auf Steve, May und Erik gewartet. An den Wänden hingen Fotos und als Steve genauer hinsah, erkannte er an der einen Wand nur verstorbene Gesichter. Phil Coulson, Maria Hill, Sharon Carter, Nick Fury waren nur einige von ihnen. Manche Gesichter kannte Steve nicht, bei anderen schnappte May neben ihm nach Luft und auch Erik sah sich die Bilder düster an. Es war still in der Halle; bevor sie hereingekommen waren, war es laut gewesen und nun vibrierte die Luft vor Spannung. In diesem Moment räusperte sich jemand und als Steve aufsah, sah er Bucky und Bobbi Morse nebeneinander an einer Treppe stehen, die die Dreiergruppe ausdruckslos ansahen. Buckys Haare waren wieder so kurz wie zur Zeit des Zweiten Weltkrieges und sein Metallarm glänzte in dem kalten Licht. Steve sah ihn erleichtert an, aber Bucky ließ seinen Blick weiter zu Melinda und Erik gleiten, als wäre es ihm gleichgültig, dass Steve noch lebte. „Freunde“, sagte er laut und seine Stimme hallte von den Wänden. „Wir haben heute Gäste, von denen wir alle glaubten, dass sie längst tot sind. Wir dachten, dass die Sentinels sie getötet hätten wie so viele andere auch. Erschossen, erschlagen, erstochen, verbrannt und was weiß ich noch alles. Aber nein, sie leben und wir sind jetzt stärker als jemals zuvor. Carl Lucas, Matt Murdock und Jubilation Lee haben sich freiwillig gemeldet, die nächste Stufe wie Carol Danvers zu begehen. Unsere Zeit ist gekommen, Freunde, unsere Zeit der Rache. Denken wir an all die Freunde, die wir verloren haben. An all die Menschen, die wir nicht schützen konnten. Denken wir an alle Verstorbenen, wenn wir die Sentinels zerstören und uns unsere Welt zurückholen. Damit wir endlich wieder frei sind.“ Seine letzten Worten wurden mit begeisternden Rufen begleitet und als Steve sich umsah, konnte er diese Begeisterung, diesen Kampfeswillen auch in ihren Gesichtern sehen. Diese Menschen waren bereit, gegen die Sentinels zu kämpfen, als ob die letzten Jahre nicht gewesen wären. Sie waren bereits, in diesem Kampf sogar zu sterben. Steve fühlte Hoffnung in sich aufsteigen. Bucky hatte eine Gruppe um sich versammelt, die kämpfen würde und noch nicht aufgegeben hatte. Mit diesen Leuten um sich herum war es tatsächlich möglich, die Sentinels zu besiegen. Zusammen mit den Mutanten und Wanda, die Vision mitbringen würde, sowie Natasha, war ihre Gruppe endlich stark genug. Auch Bucky und Bobbi nickten zufrieden, als sie ihre Leute sahen, dann wandte sich Bucky plötzlich um und stieg die Treppe hinauf. Steve runzelte die Stirn, dann stürzte er ihm hinterher, quetschte sich durch ihm unbekannte Leute und hatte endlich die Treppe erreicht. Bucky war bereits am Treppenabsatz angekommen und verschwand hinter einer Tür, hinter ihm folgte Bobbi. Steve wusste nicht, wo Erik und May waren, aber ihn interessierte im Moment nur Bucky. Bucky, sein alter Freund, der ihm nun den Rücken kehrte, als würden sie sich nicht kennen. „Bucky!“, rief Steve, als er oben angelangt war und lief Bucky hinterher, der mit Bobbi wohl etwas zu bereden hatte. „Bucky, ich dachte-“ Im nächsten Moment wirbelte Bucky herum und verpasste Steve einen Kinnhaken, der Steve gegen die Wand und dann auf dem Boden prallen ließ. Verwirrt sah er zu ihm hoch, unfähig, etwas zu sagen. Buckys Augen funkelten und man konnte seinen Gesichtsausdruck nur als mörderisch bezeichnen. „Um unserer alten Freundschaft Willen, Steve“, sagte er mit vor Wut bebender Stimme. „Glaub bloß nicht, dass du einfach abhauen und dann wieder auftauchen kannst und alles wieder gut ist. Komm nicht in meine Nähe, wenn du am Leben bleiben willst, Rogers.“ Damit drehte sich Bucky um und verschwand hinter der nächsten Tür. Bobbi Morse seufzte, dann klopfte sie Steve auf die Schulter. „Wäre vielleicht besser gewesen, wenn du tot geblieben wärst, Cap“, sagte sie, bevor sie Bucky folgte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)