Kleine Augenblicke von Goetterspeise (Eine Geschichte über Aufzüge) ================================================================================ Epilog: Eine Geschichte über meine kleinen Augenblicke ------------------------------------------------------ Ich glaube fest daran, dass es für jeden Menschen einen Ort gibt, in dem ihm viele Dinge passieren. Für die einen ist es das Auto, die anderen erleben alles mögliche in ihrem Garten oder auf einer Parkbank. Es ist ihnen aber wahrscheinlich nicht einmal bewusst. Mir schon. Ich frage mich jedes Mal, wenn ich einen Aufzug betrete, was wohl heute geschehen wird. Werde ich wieder in einen Menschen hineinrollen? Oder sehe ich eine Frau, die sich wütend die Lippen schminkt, nur um sie ein paar Wochen später mit einem Mann zu erwischen? Möglich wäre auch, eine Fahrt mit einem Menschen, der Aufzüge eigentlich hasst und kurz vor einem Nervenzusammenbruch steht. Jemanden, den ich trösten muss oder verarzten. Oder aber nichts von alledem. Und wir schweigen. Die komplette Fahrt über. Ich bekomme schwitzige Hände und beiße mir nervös auf der Unterlippe herum, ohne genau benennen zu können, wieso überhaupt. Was mich übrigens zu der wohl emotionalsten Aufzugfahrt meines Lebens bringt, die ich mit Sasuke und einem alten Mann verbringen musste – und ich hoffe sehr, dass es das einzige Mal war. Also nicht mit Sasuke, aber mit einem Menschen, der einen Herzinfarkt erleidet. Denn ich weiß zwar nicht, was das zwischen mir und Sasuke jetzt genau ist, aber es gefällt mir. Wir sind kein typisches Paar. Ich weiß nicht einmal, ob wir ein untypisches Paar sind. Oder was wir überhaupt sind. Manchmal sitzen wir den ganzen Abend schweigend vor dem Fernseher, bis wir einschlafen. Oder haben drei Tage lang keinen Kontakt, obwohl wir nur eine Tür voneinander entfernt wohnen. Geküsst haben wir uns auch noch nicht wieder. Dafür strahle ich ihn jetzt jedes Mal an, wenn wir zufällig zur gleichen Zeit, den Aufzug nutzen wollen und auch er bekommt mittlerweile so etwas wie ein Schmunzeln zustande. Es ist seine Nähe, die mir innere Zufriedenheit gibt und das Wissen, dass es mir jederzeit frei steht, an seine Tür zu klopfen und ihn nach einer Fahrt im Aufzug zu fragen – wofür ich keinen täglichen Kontakt brauche. Und wer weiß. Vielleicht macht er mir in diesem – oder einem anderen – Aufzug irgendwann einen Heiratsantrag (sobald das zwischen uns wirklich etwas wird). Oder wir machen Schluss (gleiche Bedingung). Streiten uns, haben Sex, einer von uns muss sich übergeben. Was eben so alles passieren kann. Und genau darauf bin ich sehr gespannt. Zum Schluss interessiert mich tatsächlich aber nur noch eins: Und was ist euer persönlicher Aufzug? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)