Der Schatten des Doktors von Tamy-kitsune ================================================================================ Kapitel 11: Das Aufdecken erster Karten --------------------------------------- „Oh, Mann!“ Rose verdrehte die Augen und lehnte ihre Stirn gegen das Lenkrad. In diesem Moment unterdrückte sie das innige Bedürfnis in das Gummi beißen zu wollen, nur um nicht laut loszuschreien und so ihre Wut los zu werden. Dann aber besann sie sich eines besseren und richtete sich wieder auf, nur um sich zu versichern, dass sie keiner Halluzination aufgesessen war. Sie seufzte. 'Echt, das kann doch nicht wirklich wahr sein, oder?' Mit allem anderen hatte sie gerechnet – einer Polizeikontrolle, ihren Verfolgern, irgendwelchen Außerirdischen, aber nicht einer solchen Situation. Trotzdem war sie dem Doktor dankbar, dass er sie gewarnt hatte. Auch wenn der Verursacher der Situation sicherlich verdient hätte, einfach über den Haufen gefahren zu werden. Ihr Blick wurde finster. Ungefähr fünf Meter vor ihnen, mitten auf dem asphaltierten Weg, den man an dieser Stelle kaum noch eine richtige Straße nennen konnte, saß ein Hund und erledigte in aller Seelenruhe sein Geschäft. Er trug zwar ein Halsband, aber keine Leine. Treudoof hechelnd sah er nun zu seinem Herrchen hin, einem Mann mit buschigem Schnurrbart, dichten Augenbrauen und sauber gescheitelten Haaren in einem Anzug, der schon in den Fünfzigern aus der Mode gewesen sein musste. Der klemmte sich hastig seinen Spazierstock unter den Arm und eilte zu seinem Tier hin, um die Leine einzuhaken und es dann mit sanfter Gewalt dazu zu bringen, wieder aufzustehen und aus dem Weg zu gehen. Doch so gemächlich, wie er sich erleichtert hatte, trottete der Hund dann mit aller Ruhe zum Wegesrand und schnüffelte dort am Laub, so als interessiere ihn nicht, was eben passiert war. Weder von dem Wagen noch von ihnen nahm er überhaupt Notiz. „Ist alles in Ordnung mit Ihnen und dem Tier?“ Der Doktor hatte inzwischen das Fenster ganz hinunterfahren lassen und blickte freundlich zu dem Spaziergänger hin. „Das war ja ein ganz schöner Schrecken für uns alle!“ Rose sah ihren Begleiter irritiert an. Wie bitte, wollte er sich jetzt etwa auch noch bei dem Typen entschuldigen? Der verdiente eher eine ordentliche Predigt als Verständnis für sein Verhalten! Gerade auf solchen Wegen war es üblich, die Tiere an der Leine zu lassen, vor allem, wenn sie auch noch so drauf waren, wie dieses Viech … Der Hundebesitzer setzte den Stock wieder ab und klopfte unwillig damit auf den Asphalt, starrte er sie beide einem Moment eher ausdruckslos an, während er sie sie scheinbar einer strengen Musterung unterzog, um abzuwägen, ob sich eine Antwort lohnte. Im nächsten Moment wandte er sich mit einem verächtlichen Schnauben und gerümpfter Nase ab und ließ sie beide, hinter sich zurück, um dann zwischen den Bäumen auf einen normalen Waldweg zu zu stapfen. „Was für ein Idiot!“, machte Rose nun endlich dem angestauten Ärger Luft. Sie startete den Motor der durch die ganze Aktion ausgegangen war, wieder neu. Langsam fuhr sie an und vermied es das Häufchen mit irgend einem der Reifen zu treffen. „Ach lassen Sie ihn. Der weiß sehr genau, dass er einen Fehler gemacht hat, aber das möchte ein ehemaliger Offizier und Beamter im Staatsdienst, natürlich uns gegenüber nicht zugeben“, erklärte der Doktor entspannt. „Ich glaube er ist genau so froh wie wir, dass nichts passiert ist, denn ich denke, er liebt sein Tier über alles, ist es doch mit ihm in Würden gealtert! „Woher wissen Sie das schon wieder? Sind sie Sherlock Holmes?“ „Nein, aber ich habe die beiden Ehrennadeln am Revers seiner Jacke gesehen, die einen recht militärischen Schnitt hatte. Und es war ebenfalls nicht zu übersehen, dass der Hund schon ein gesegnetes Alter erreicht hat. Er muss so gut wie blind und taub sein.“ „Stimmt, jetzt wo Sie es sagen …“ Rose grinste schief. „Aber egal. Ich hoffe nur, der Typ hat uns schon wieder vergessen. Nun aber doch zu etwas anderem: Eben habe ich Ihnen eine Frage gestellt, wissen sie noch?“ „Natürlich, das habe ich nicht vergessen“, erklärte der Lockenkopf mit einem in sich gekehrten Lächeln. „Dort wo ich mich in den letzten Jahren aufgehalten habe, habe ich tatsächlich überhaupt nichts von dem mitbekommen, was hier vor sich ging. Um genau zu sein hat mich eine Suche in den Bann geschlagen, die mich schon lange beschäftigt hat, vor allem weil sich bisher kein anderer an die damit verbundenen Herausforderungen gewagt hat.“ Ein Schatten huschte über sein Gesicht. „Ja, ich war erfolgreich und habe lange verborgene Dinge wiedergefunden, die schon lange verschwunden waren … aber das hat mir nicht nur ziemlichen Ärger eingebracht, weil das einigen mächtigen Leuten nicht gepasst hat … sondern auch mir noch ein paar Überraschungen beschert, die mich jetzt immer noch beschäftigen … “ Seine Augen blitzten auf, dann ging ein Ruck durch seinen Körper, als merke er erst jetzt, dass er eigentlich viel zu vertrauensselig zu einer Fremden sprach. „... aber die für jemanden, der nichts damit zu tun hat, eher langweilig sind.“ Er wechselte hastig das Thema. „Sprechen wir nicht von mir und meiner Vergangenheit, sondern was ist und uns beide hier und jetzt betrifft. Diese Torchwood – Leute, wie hartnäckig sind die?“ „Die können ziemlich lästig sein, befürchte ich. Wir sind sie jetzt bestimmt noch nicht los“, meinte Rose. „Und das bringt mich zu einem anderen Problem. Torchwood ist mit einem Luftschiff unterwegs. Klar sie können hier im Waldgebiet nicht runtergehen, aber was ist auf der anderen Seite des Tunnels, den sie erwähnt haben?“ „Da haben Sie recht. Dahinter ist wieder freies Feld …“ Er rieb sich an der Nase. „Ich arbeite jedenfalls an einer Lösung für unser Problem … Ich denke aber, mir wird schon was einfallen, wenn es so weit ist.“ Rose verkniff sich erneut mit Mühe ein Grinsen. Oh, ja, diese Antwort war so typisch für den Doktor, dass ihr Herz einen freudigen Satz machte. Sie fühlte sich für einen Moment wieder in alte Zeiten versetzt. Aber nur einen kurzen Augenblick … dann musste sie wieder an John denken, was ihr einen Stich ins Herz versetzte. Schließlich war sie unterwegs, um ihm zu helfen, und nicht, um sich wieder in etwas zu verlieren, was schon einmal nur ein Traum gewesen war … Die Straße führte nach einer weiteren Abzweigung - so wie er angekündigt hatte, noch tiefer in den Wald und wurde wieder holpriger. Sie schaltete den Gang erneut herunter und verringerte die Geschwindigkeit weiter. Jetzt kam es ohnehin nicht mehr darauf an, dass sie schnell waren, sonder eher, dass sie unauffällig blieben. Denn auf einem Parkplatz standen ein paar Autos und zwischen den Bäumen entdeckte sie mehrere Jogger in greller Sportkleidung. „Ich kenne immer noch nicht Ihren Namen“, schreckte der Mann an seiner Seite sie dann irgendwann aus ihren Gedanken. Er schien die Funkstille zwischen ihnen nicht lange ertragen zu können. „Ach so, ja, Rose Tyler, … nennen sie mich einfach Rose. Und Sie?“ „Nun, das ist wirklich ein poetischer Name. Er passt zu einer so klugen und entschlossenen Frau wie Ihnen“, machte er ihr ein Kompliment, konterte dann aber mit einer Gegenfrage, ohne auf ihre Neugier einzugehen. „Und ich denke deshalb auch, dass Sie nicht nur ein romantisches Treffen in die alte Fabrik gelockt hat Was wollten Sie wirklich dort?“ Natürlich - was hätte sie anders erwarten sollen? Er würde ihr mit Sicherheit nicht mehr erzählen, als er bereits getan hatte. Rose überlegte angestrengt. Warum sollte sie ihn nicht wenigstens ein bisschen einweihen, jetzt, wo sie beide Ärger mit Torchwood hatten und damit am gleichen Strang zogen. Vielleicht konnte er ihr ja wirklich helfen, John zu finden und zu retten. Mit ihm hatte sie mehr Möglichkeiten, ihn und seinen Entführer aufzuspüren, das war sicher. Außerdem musste sie sich ja auch nicht gleich komplett anvertrauen und schien zudem auf einem guten Weg zu sein, auch ihm mehr Informationen aus der Nase zu ziehen, die endlich verrieten, was er eigentlich an diesem Ort eigentlich getrieben hatte. Sie wusste, er war irgend etwas oder jemandem auf der Spur … „Mein Freund ist vor ein paar Tagen spurlos verschwunden und ich gehe jedem noch so kleinen Hinweis nach, um ihn wiederzufinden. Ich mache mir um ihn Sorgen, denn ein paar Dinge, die damit zu tun haben, passen einfach nicht zusammen.“ Dann sah sie den Doktor herausfordernd an. „Und was ist mit Ihnen? Sie waren doch auch nicht nur an den Ruinen interessiert, sondern mehr an dem, was dort gefunden wurde, oder?“ „Das Gebäude selbst hat mich tatsächlich nicht interessiert“, gab er ruhig zu. „Mir ist bei meinem eigenen Recherchen in Cambridge zufällig eine kleine Zeitungsnotiz über einen ausgebrannten Wagen ins Auge gefallen, und da ich ungewöhnliche Vorfälle liebe, wollte ich der ganzen Sache einmal auf den Grund gehen. Na ja, scheinbar habe ich damit in ein Wespennest gestochen.“ „Torchwood wurde gegründet, um außerirdische Bedrohungen aufzuhalten, ehe sie der Erde gefährlich werden könnten. Dafür nimmt man natürlich auch die erbeutete Technik in Augenschein, um sie im Notfall nutzen zu können und versucht Besucher von den Sternen aus dem Verkehr zu ziehen, bevor sie überhaupt etwas anstellen können. Selbst wenn sie gute Absichten haben“, ließ Rose weiter Andeutungen auf ihr Wissen fallen und wartete gespannt auf die Reaktion ihres Beifahrers. „Ach, ist das so?“ Der Doktor faltete nur die Hände vor dem Bauch und starrte einen Moment nach draußen. „Sie wissen erstaunlich viel, von dem, was außerhalb der Erde passiert … gehören Sie zufällig auch zu diesem Torchwood und wollen mich nun in die Falle locken?“ Rose verzog das Gesicht. „Nein, ganz bestimmt nicht, das kann ich Ihnen versichern …“, wiegelte sie ab. „Aber ich gehörte zum inneren Kreis der Widerstandsbewegung die gegen John Lumic und Cybus Industries kämpfte, die für die Cybermen-Krise auf der Erde verantwortlich waren. Und da lernt man sehr schnell, über den Tellerrand zu blicken und zu den Sternen zu schauen, das Unmögliche für Möglich zu halten.“ Sie hielt einen Moment inne und wagte dann einen direkten Vorstoß: „Ich schätze mal, genau so etwas tun Sie auch, wenn Sie nicht sogar jemand sind, der von einer anderen Welt als der Erde stammt.“ „Das war gut gekontert und kombiniert!“ Der Doktor wirkte sichtlich amüsiert über ihre Schlussfolgerungen, wurde dann jedoch schlagartig wieder ernst. „Sie sind ehrlich und offen, das schätze ich Rose. Würde es Ihnen etwas ausmachen, wenn zugebe, dass ich tatsächlich nicht von dieser Welt stamme?“ „Kommt darauf an, was Sie für Absichten haben, Doktor. Sie haben eigentlich immer noch nicht meine Frage beantwortet“, bluffte Rose, jetzt wo sie ihn am Haken zu haben glaubte. „Was glaubten Sie, in der alten Halle zu finden, auch wenn nichts mehr da war? Und was waren das für Geräte, mit denen Sie herumhantiert haben?“, bohrte sie energisch weiter und verriet damit, wie viel sie beobachtet hatte. Er schwieg eine Weile und schien zu überlegen, was er ihr jetzt genau verraten sollte. „Es war nicht „Nichts“ da. Die Spuren reichten für meine Geräte nämlich noch aus. Genau genommen habe ich nach speziellen Energiesignaturen gescannt, weil ich mich vorher mit einem der Jungs, die das Wrack entdeckten, unterhalten und dabei ein paar interessante Dinge erfahren habe. Na ja, seiner Beschreibung nach kann nur eine Sache die Wagen so zugerichtet haben, dass er nicht mehr identifizierbar ist …“ Er holte tief Luft. „Das bestätigte mir leider auch, dass jemand sehr gründlich sein wollte. Er hat seine Spuren für euch Menschen gut genug verwischt, aber genau die Hinweise zurücklassen, die nur jemand wie ich finden und deuten kann.“ Seine Stimme wurde ernst. „Das heißt, wenn es sich um diese ganz bestimmte Person handelt, dann wird es sehr gefährlich. Gerade deshalb will ich Sie nicht mit in die ganze Sache hinein ziehen, denn das könnte Sie Ihr Leben kosten. Die Person, von der ich gerade spreche, geht über Leichen, wenn sie ein ganz bestimmtes Ziel vor Augen hat.“ „Ach, das bin ich gewohnt.“ Rose lachte spöttisch auf „Ich glaube, es ist ohnehin zu spät, mich aus der Sache heraushalten zu wollen, denn ich stecke mit Sicherheit schon voll mittendrin. Denn Ihr Kumpel hat übersehen, dass der Wagentyp des Wracks gerade noch erkennbar war.“ Sie holte tief Luft und sah den Doktor herausfordernd an. „Genau so einen Wagen hat mein Freund gefahren, und der ist genau zwei Tage vor der Fund verschwunden. Verstehen Sie jetzt, was ich in der alten Fabrik gesucht habe?“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)