Der Schatten des Doktors von Tamy-kitsune ================================================================================ Kapitel 15: Zweifelhafte Wahrheiten ----------------------------------- „Beweisen Sie es mir!“, giftete John noch immer aufgebracht zurück. Seine Augen tränten, so sehr wühlte ihn die Projektion auf. „Beweisen Sie mir, dass dies hier echt ist!“ „Mit Vergnügen … “ Ein unangenehm zufriedenes Lächeln umspielte die Lippen des Masters, während er einen Code in die Projektion einblendete. „Als Mitarbeiter von Torchwood müsste dir die Kodierung der Aufzeichnung ja durchaus vertraut sein.“ John zuckte mit den Schultern und heuchelte Skepsis vor. Natürlich konnte er mit den Zahlenkolonnen absolut nichts anfangen. Sie stimmten nicht mit dem Code überein, den er für Peter Tyler erst vor ein paar Monaten entwickelt hatte, aber diese Tatsache musste der Master ja auch nicht wissen. Und warum redete der jetzt und hier überhaupt von Torchwood? Denn die Leute die Roses Vater unterstanden traten normalerweise nicht so paramilitärisch auf, es sei denn, er meinte eine der Splittergruppen, über die sein Fast-Schwiegervater gelegentlich geflucht hatte. Bewusst mimte er weiter den Zweifler, um, weitere Informationen aus dem Master heraus zu kitzeln. „Auch das kann ein Fake sein!“, konterte er frech. „Wie bitteschön wollen Sie denn überhaupt an diese Aufnahmen gekommen sein?“ Der Master lachte spöttisch. „Also bitte … John“, erwiderte er tadelnd. „Kannst du dir das wirklich nicht denken? Ich verfüge über Technik, die du dir mit deinem beschränkten halb menschlichen Verstand vermutlich nicht einmal besonders vorstellen kannst und die Erdlinge vermutlich noch weniger. Nun, da sollte es mir doch ein leichtes sein, solche Übertragungen an eure Zentrale abzufangen und zu entschlüsseln, oder?“ John atmete tief ein und aus. Da sagte der Mann etwas Wahres. Aber dennoch blieb er bei seinem Spiel: „Dann können sie das natürlich auch mit ihrer Technik verändert haben.“ „Warum sollte ich?“ Der Master zuckte mit den Schultern. „Das ist in diesem Fall auch gar nicht nötig, denn manchmal ist die Wahrheit eine viel stärkere Waffe als jede noch so ausgefeilte Lüge, mein Junge, findest du nicht?“ John presste die Lippen aufeinander. Seine Gefühle rasten wild durcheinander. Ein Teil von ihm sträubte sich energisch dagegen, zu glauben, dass das, was er da sah wirklich echt war, ein anderer Teil war leider nur all zu bereit dazu, es anzunehmen. Wut und Verzweiflung machten es ihm schwer, klar zu denken und vor allem ruhig zu bleiben. „Was wollen Sie eigentlich bezwecken, indem sie mir diese Bilder zeigen?“, presste er zwischen seinen Zähnen hervor. „Nun, ich wollte dich nur darauf aufmerksam machen, dass sich jemand wohl ziemliche Sorgen um dich macht und dabei leider auf sehr glattes Eis geraten ist“, antwortete der Master mit einem lauernden Klang in der Stimme. „Ich denke, du musst mir nicht erklären, wie du und Miss Tyler zueinander stehen. Dein Mobiltelefon hat mir ausreichend Auskunft über ihre Identität und eure nette kleine Beziehung gegeben, die ja ganz offensichtlich noch nicht so vorbei ist, wie ihr beide dachtet, nicht wahr?“ Er machte eine bedeutungsschwere Pause. „Ich muss sagen, die junge Dame hat einen guten Instinkt für verborgene Gefahren und den Mut, sich ihnen selbst zu stellen. Zunächst hat sie übrigens nur einen Detektiv beauftragt, sich nach dir umzusehen, und nun, da gewisse Dinge publik geworden sind, hat sie sich persönlich auf den Weg gemacht, um vor Ort zu sein … Allerdings hatte sie das Pech, dabei in schlechte Gesellschaft zu geraten, wie du hier sehr deutlich sehen kannst … “ „Ja, und? Wer ist der Kerl?“, fragte John spitz, obwohl er es nur zu genau wusste. Aber das wollte er jetzt aus dem Mund seines Peinigers selbst hören. „Dieser 'Kerl', wie du ihn nennst“, erklärte der schwarzhaarige Mann süffisant, „ist auf Gallifrey als Dieb und notorischer Unruhestifter bekannt, der seine Nase immer genau in die Dinge zu stecken pflegt, die ihm an wenigsten angehen sollten. Der Hohe Rat hat den Bann über ihn verhängt, nachdem er zum wiederholten Male gegen die Regeln verstoßen hat. Er nennt sich zwar selbst „Der Doktor“ ist aber in Wahrheit ein skrupelloser Renegat, ein überaus gefährlicher Krimineller, der vor Nichts und Niemandem halt macht, wenn er etwas in seine Hände bekommen will!“ 'Das brauchst du mir nicht zu sagen. Ich weiß nur zu gut, wie 'Der Doktor' drauf ist!', dachte John mit einem bitteren Geschmack im Mund. 'Aber das kann in diesem Universum natürlich ganz anders gelaufen sein … auch wenn ich das irgendwie nicht so wirklich glaube. Das Verhalten von Rose ist viel zu positiv. Und wenn sie ihm so sehr zu vertrauen scheint, dass sie …' Er hielt inne. Ihm schwirrte der Kopf, von dem Chaos an Gedanken und Gefühlen. Jetzt wünschte er sich in Ruhe gelassen zu werden, damit er wieder Ordnung in seinen Geist und seine Seele bringen konnte, aber der Master ließ ihm natürlich nicht die Zeit, die letzten Enthüllungen zu verdauen. Stattdessen drückte der Schwarzhaarige wieder ein paar Knöpfe auf seinem Abspielgerät. „Ach ja, das hier sind übrigens Aufzeichnungen, die von einer Sonde stammen, welche ich persönlich losgeschickt habe, um die beiden im Auge zu behalten. Sie sind gerade einmal zwei Stunden alt … und ich versichere dir, genau so echt wie die von Torchwood.“ Das Bild wechselte zu einem anderen Szenario. Zwei Gestalten hetzten in der hereinbrechenden Dämmerung durch das Dickicht, immer wieder verdeckt von Büschen und Bäumen. Also waren sie immer noch auf der Flucht. Diese Aufnahmen waren trotz der deutlich schlechteren Lichtverhältnisse viel heller und vor allem schärfer als die der Torchwood-Aufzeichnungsgeräte. So konnte John alle Details klar sehen, besonders gut die Gesichter der beiden Flüchtlinge. Rose rannte hinter dem braunhaarigen Lockenkopf durch den Wald, wenngleich auch sie mehr Mühe hatte, sich über den unebenen Boden zu bewegen. Dann verschwand sie plötzlich hinter einem Busch. Der Mann vor ihr drehte sich blitzschnell um und sprang einen Schritt zurück. „Hoppla! Vorsicht!“, erklang seine warme Stimme. Sie war klar und deutlich im Raum zu vernehmen, auch wenn er nicht wusste, wo sich die Lautsprecher befanden. John suchte nicht danach – er starrte weiter auf die sich bewegenden Bilder. Die blonde Frau und ihr Begleiter tauchten jetzt wieder im Sichtfeld der Sonde auf, und der Anblick versetzte ihm einen erneuten Stich ins Herz. Rose schmiegte sich eng und vertrauensvoll an den Doktor, den Kopf an seine Schulter gelehnt, und mit einem verträumten, glücklichen Gesichtsausdruck, der John schwer schlucken ließ. Der Braunhaarige schien die vertrauensvolle Geste regelrecht zu genießen, denn er stellte sie jetzt nicht einfach auf die Beine und ließ sie los, sondern hielt sie weiterhin liebevoll in seinen Armen. Dann blickte er auch noch besorgt zu ihr hinunter und säuselte mit sanfter Stimme. „Ist alles mit Ihnen in in Ordnung?“ Das blonde Mädchen seufzte tief und hob den Kopf, um tief in seine Augen zu blicken. „Ja“, murmelte sie kaum verständlich aber in einem fast schon zärtlichen Tonfall. „Ja, das ist es.“ John unterdrückte einen Fluch. Jetzt fehlte nur noch, dass die beiden einander küssten, dann war es perfekt. Anstatt Rose jetzt wenigstens endlich los zu lassen, drückte der Doktor sie plötzlich fester an sich, stellte sich schützend vor sie und blickte mit zusammengekniffenen Augen nun genau in die Kamera, so als sei er des heimlichen Beobachters gewahr geworden. Im nächsten Moment hob er den Schallschraubenzieher, der irgendwie in seiner Hand aufgetaucht war, ein Sirren erklang und die Projektion fror erneut ein, so dass John auch weiterhin den Anblick ertragen musste, der sich ihm bot … Rose im Arm des Doktors. Zärtlich gehalten und beschützt von ihm. Und offensichtlich war sie selbst ganz eingenommen von dessen Charme. Was sonst … was hätte er sonst anderes erwarten sollen! Mit mahlenden Kiefern starrte John auf die eingefrorene Szene und fuhr in einem einem plötzlich aufflammenden Anfall von Wut mit der Hand durch die Projektion des Braunhaarigen, die sich für einen Moment verwischte, dann aber wieder sauber anordnete, damit er das Gesicht seines Rivalen auch weiterhin deutlich vor Augen hatte … „Ah … das nenne ich doch eine wirklich sehr aufschlussreiche Reaktion … “ Ein kalter Schauder durchfuhr John bei diesem Kommentar und holte ihn auf den Boden der Tatsachen zurück. Jetzt wusste er, dass er dem Master viel mehr verraten hatte, als ihm lieb war, auch wenn er nicht einschätzen konnte, was der aus diesem Moment offen gezeigter Eifersucht wirklich lesen konnte. 'Verdammt! Wie konnte ich nur so blöd sein!' Er ballte die Fäuste und biss sich auf die Lippen. Dennoch konnte er seinen Blick nicht von dem eingefrorenen Holo-Bild abwenden, das Rose und den Doktor in einer engen Umarmung zeigte, wenngleich letzterer auch jetzt recht ernst und misstrauisch dreinblickte. Dafür war Rose um so … John hatte das Gefühl, als drehe sich die Messerklinge, die ohnehin bereits in seinem Herzen steckte noch einmal um sich selbst. Und auch wenn er die damit verbundenen Emotionen, so gut er eben konnte, unterdrückte, was blieb, waren die brennende Eifersucht und wachsende Unsicherheit. Die nagenden Zweifel darüber, ob Rose ihn wirklich jemals wirklich ihn und nicht nur den Doktor geliebt hatte und noch immer liebte. Erbittert kämpfte er mit dem Chaos in seinem Kopf, kam einfach nicht zur Ruhe, weil sich nun auch noch etwas anderes einmischte. Oh ja, er war wütend auf sich selbst, über seine Eifersucht, seine Dummheit, seine … und zornig darauf, dass er jetzt und hier mit offenen Augen ein weiteres Mal in die Falle des Masters gerannt war und nun vermutlich mit den Konsequenzen würde leben musste. Wie auch immer die aussehen würden … Dann gab er sich einen Ruck und sah nach einem tiefen Atemzug herausfordernd zum Master. „Und, wollen Sie aus meiner Reaktion jetzt schließen?“ „Rose Tyler und du, ihr wart ein Paar. Ein recht verliebtes Paar, wie mir scheinen will, auch wenn das von ihrer Seite her abgeflaut zu sein scheint.“ Der Schwarzgekleidete erwiderte kalt seinen Blick. „Und du bist ihr ganz offensichtlich immer noch sehr zugetan, während sie dich offensichtlich schon längst vergessen hat. Aber das ist auch kein Wunder, will ich meinen, hat der Doktor, doch in dieser Inkarnation ein sehr charmantes, einnehmendes Wesen und wickelt gerade die weiblichen Erdl-“ Das war eine Stichelei zu viel! Es reichte! „Was zwischen mir und Rose ist, geht Sie nichts an!“, fauchte John. Die Kontrolle über sich erneut verlierend sprang er auf den Master zu, um ihm den Mund zu verbieten, ihn zu maßregeln oder vielleicht zu schlagen. Denn verdammt noch mal - irgendwo musste er mit seiner Wut auf den vermaledeiten jetzt hin! In dem Moment, in dem mit dem rechten Arm Schwung nahm und ausholte, fuhr ein brennender Schmerz vom Handgelenk aus nach oben und machte diesen taub. „Aaargh!“ John schrie erstickt auf und blieb abrupt stehen, während das Glied bewegungsunfähig an die Seite zurückfiel. Er rieb sich den kaum spürbaren Arm mit der noch funktionstüchtigen Linken und funkelte den Master an. Die Lust, diesen zu schlagen, war ihm aber schlagartig vergangen. „Nun gut, dann haben wir ja diese Sache jetzt geklärt und du kennst so ganz nebenbei die Auswirkung meiner kleinen Rückversicherung. Aber ich glaube, ich beende erst einmal die Aufzeichnung, damit sie dich nicht noch weiter aufregt.“ Der Master schaltete gelassen die Projektion ab, überkreuzte dann die Arme und musterte ihn von Kopf bis Fuß. Sein Gesichtsausdruck schwankte irgendwo zwischen Amüsement und dem Lauern einer Schlange. „Ich hoffe, ich kann jetzt in Ruhe weiter reden. Natürlich habe ich nachgeforscht und mir angesehen, was du bisher eigentlich auf dieser Welt getrieben hast,mit wem du enger zu tun hattest und bin dabei auf ein paar interessante Dinge gestoßen … aber dazu kommen wir, denke ich, später.“ John starrte finster zurück und rieb sich weiter über den Arm. Wenigstens kehrte das Gefühl langsam wieder zurück. „Lassen Sie Rose Tyler und ihre Familie in Ruhe“, knurrte er giftig. „Oh, das hätte ich, denn diese Erdlinge waren bisher für mich nicht von Belang. Aber ich befürchte, das könnte sich jetzt geändert haben. Jetzt wo das Mädchen mit dem Doktor ganz offensichtlich gemeinsame Sache macht, weiß ich nicht, ob ich sie verschonen kann. Es sei denn, du gibst mir Grund dazu, ein Auge zuzudrücken und sie nicht als Kollateralschaden anzusehen, wenn ich ihn stellen werde.“ „Ich helfe ihnen – bei was immer Sie auch wollen, wenn Sie Rose in Ruhe lassen!“, platzte es aus John heraus, bevor er darüber nachdenken konnte, was er sagte. Er mochte das vielleicht eines Tages bereuen, aber das war ihm egal. Denn trotz aller Zweifel und Ängste – er fühlte immer noch genug für sie, um sie jetzt und hier zu beschützen und alles für sie zu geben, auch wenn er sich jetzt damit ganz und gar dem Master auslieferte … Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)