Der Schatten des Doktors von Tamy-kitsune ================================================================================ Kapitel 25: Einige Wahrheiten über Ulysses ------------------------------------------ „ … also machen Sie endlich den Mund auf und sagen sie mir, was es mit diesem Ulysses auf sich hat, und warum Sie dem Mann so erbittert hinterher jagen!“ John spannte sich unwillkürlich an,denn für einen Moment sah es so aus, als würde ihn der Master für seine dreiste Forderung erneut bestrafen. Mit schmalen Augen musterte er ihn und zischte: „Nicht so frech, mein Junge, den Kurs bestimme immer noch ich.“ Doch danach geschah nicht.Stattdessen ließ der Timelord seine Arme wieder sinken und stützte sich dann auf seine Konsole, während er sein Gegenüber nachdenklich musterte. „Also gut … dann höre mir einmal ganz genau zu“, meinte er kalt. John nickte. „Das werde ich ganz bestimmt.“ „Ulysses aus dem Haus Lungbarrow war … oder ist … einer der bedeutenden Timelords seit den Tagen Rassilons. Ein großer Forscher, Erkunder und Entdecker, denn er wagte sich in Bereiche vor, die vor ihm noch kein anderer Gallifreyan betreten hatte. Dabei durchbrach er immer wieder die Grenzen von Raum und Zeit,die unüberwindbar schienen und erweiterte damit für uns alle den Horizont und das Wissen um das Universum. Sein unerschrockenes Beispiel ermunterte mit mit den Jahre auch andere junge Absolventen der Akademie, entschlossen in seine Fußstapfen zu treten und so seinem Beispiel zu folgen. Damit hat er dazu beigetragen unsere Zivilisation zur heutigen Blüte und Größe zu führen“, erzählte er mit sichtlichen Stolz in der Stimme. „Als Ulysses zur Ruhe kam, ließ er sich wieder auf Gallifrey nieder und gab seine Erfahrungen als Lehrmeister in der Akademie weiter, nun um vor allem die junge Generation zu inspirieren und auf den rechten Weg zu führen und dabei doch immer wieder daran zu erinnern, welche Aufgabe uns zukommt. Aus diesen Gründen bewunderten ihn viele Angehörige meines Volkes. Selbst der Hohe Rat sah in ihm schließlich einen würdigen Nachfolger des Gründers unserer Zivilisation … einen wahren Erben Rassilons und boten ihm mehrfach dessen Insignien und das Amt des Lord Präsidenten an, damit er uns führen solle.“ Schatten huschten über das Gesicht des Masters, seine Worte besaßen nun einen bitteren, fast wütenden Unterton. „Ich habe allerdings nicht verstanden, warum er diese Bitte gleich mehrfach abschlug, ja nicht einmal zulassen wollte, dass man ihn zum Kardinal des Patrex-Kapitels ernannte und damit wenigstens seine Leistungen durch einen Sitz im Rat würdigen wollte. Immer wieder bat er darum, dass man ihn doch das bleiben lassen würde, was er war, ein einfacher Lehrer und Forscher.“ 'Ich kann es mir vorstellen', dachte John und rieb sich die Stirn, als die Schatten einer Erinnerung des Doktors durch seinen Geist huschten, begleitet von stechenden Kopfschmerzen. 'Da scheint noch jemand seine persönliche Freiheit und die Chance, das tun und lassen zu können, was er will, dem Ruhm und der Ehre vorgezogen zu haben, von nun an und bis an das Ende seiner Tage, dem Hohen Rat zu dienen, und für immer zwischen den verstaubten und verknöcherten Holzköpfen zu sitzen!' Diese Gedanken minderten das Pochen in seinem Kopf wenigstens ein bisschen. John biss sich auf die Lippen, um sein Lächeln zu unterdrücken, damit der Master nicht wieder auf dumme Gedanken kam. Doch dieser Ulysses wurde ihm immer sympathischer. Ein Mann der zu seinen eigenen Prinzipien stand und das schätzte, auf was es wirklich ankam. Der bärtige Timelord schien seine Reaktion glücklicherweise nicht bemerkt zu haben, sondern sprach ungerührt weiter. Ein säuerlicher Ausdruck erschien auf seinem Gesicht. „Ulysses geriet darüber in einen heftigen Streit mit seinem Vater, Kanzler Borusa, der ihn zornig an seine Pflichten als Nachkomme Rassilons erinnerte. Schließlich brach er mit den Prinzipien des Hauses Lungbarrow und selbst denen seiner engsten Familie. Danach verließ er stillschweigend Gallifrey und sorgte dafür, dass ihm niemand folgen konnte, indem er seine Spuren auf eine Art verwischte, wie es sonst nur Verbrecher taten …“ „Und das war alles?“, fragte John vorsichtig, während er in seinem Inneren anderes dachte. „Ich meine, ein Amt abzulehnen, ist doch kein Verbrechen auf Gallifrey, oder? Wenn er er sich in so einem Amt nicht wohl fühlt, warum sollte er sich dann dazu zwingen? Das bringt dann doch nichts …“, er zuckte mit den Schultern. „Nur verstehe ich immer noch nicht, warum Sie dann trotzdem auf der Suche nach ihm sind.“ Der Master nickte. „Ja, John, mehrfach eine hohe Ehre zurückzuweisen ist vielleicht keine Straftat, aber ein beschämendes Verhalten für jemanden seines Ranges und Namens, zumal der Schatten dieser Weigerung auch über sein Haus gefallen ist.“ 'Sein … oder vielleicht auch dein Haus?' John dämmerte langsam eine gewisse Erkenntnis, die, auch wenn der Timelord noch kein Wort darüber verloren hatte, doch inzwischen irgendwie auf der Hand lag. Diesmal konnte er im Gesicht des anderen wie in einem offenen Buch lesen. 'Verdammt noch mal, wie eng bist du eigentlich mit diesem Ulysses verwandt, wenn dich das so beschäftigt und auch ärgert?' Sein Peiniger sprach ungerührt weiter. „Allerdings hat sich vor kurzem heraus gestellt, dass Ulysses vor und nach seinem Weggang mehrere schwerwiegende Verbrechen an Gallifrey begangen hat. Dabei mag noch am geringsten wiegen, dass er sich mit einer Erdenfrau eingelassen und einen Mischling gezeugt hat … “ Er warf John einen verächtlichen Blick zu. „Schwerer wiegt jedoch die Tatsache, dass er einiges von seinem Wissen und vermutlich auch Technologie an ein anderes Volk weiter gegeben hat, das es nicht verdiente … und, dass er eine der Hohen Insignien von Gallifrey hat mitgehen lassen.“ John hielt den Atem überrascht an. Was, eine der hohen Insignien? Waren das nicht die Schärpe, die Krone und der Stab? Alles Artefakte, die Rassilon selbst in seiner Schmiede geschaffen und in den Jahren seiner Herrschaft getragen hatte und die seither zum Amt des Lord-Präsidenten gehörten, weil sie ihm Macht über das „Auge der Harmonie“ und die Bewohner Gallifreys gaben? Er – nein der Doktor - hatte deren Kräfte in seiner vierten Inkarnation schon einmal zu spüren bekommen und wäre fast dabei zu Grunde gegangen. Ja, diese Gegenstände waren verdammt mächtig und für den Schutz der alten Zivilisation überlebenswichtig. So ein Diebstahl rechtfertigte die Suche nach ihm … auf der anderen Seite … warum hatten sie dann nur den Master losgeschickt … hätte dann nicht die Erde von Timelords und Agenten der CIA wimmeln müssen? Und wie wäre das überhaupt möglich, wenn doch die drei Insignien in einer Zeremonie an seinen Träger gebunden wurden und ihm bis zu seinem Tod begleiteten? 'Irgendwas an der Sache ist doch einfach nur oberfaul. Der Master erzählt mir vermutlich wieder einmal nur die halbe Wahrheit! Oder in diesem Universum sind ein paar Sachen doch anders als ich dachte.' John schluckte schwer und beschäftigte sich jetzt erst einmal damit, auf die Beine zu kommen, obwohl ihm von der letzten Bestrafung her immer noch ein wenig schwindlig war. Deshalb lehnte er sich gegen die Wand und wartete auf das, was als nächstes kommen würde. Glücklicherweise beschäftigte sich der Master gerade wieder mit der Konsole, weil dort ein paar Lichter aufblinkten und schien so seine letzten Reaktionen nicht gesehen zu haben. Statt dessen ließ der Timelord seine Finger mit gerunzelter Stirn über die Kontrollfelder gleiten. Ihm schien das jetzt wichtiger zu sein, als seinem unfreiwilligen Gast noch mehr über die Vergangenheit zu erzählen. Auf dem Bildschirm flammten nun bewegte Bilder auf und löschten die statischen Fotos und Textdateien ab, in denen es um Ulysses und seine Spuren auf der Erde gegangen war. John erkannte sofort, um was es sich handelte – nämlich die Live-Übertragungen der Sonde, mit der sie auch schon die Gefangennahme von Rose und dem Doktor beobachtet hatte. Wie er bereits angedeutet hatte, schien der Master dafür gesorgt zu haben, dass sie dem Luftschiff gefolgt, sich vermutlich irgendwo an die Hülle geheftet hatte, um weitere Informationen über den Verbleib der beiden zu liefern. Die Umgebung war in dem bläulichen Licht allerdings nur undeutlich zu erkennen – gerade einmal ein paar tanzende Linien, die alles sein konnten – Mauern, Streben oder auch Berge, aber das war es auch nicht was zählte – sondern viel mehr die Mündungsfeuer der Maschinenpistolen, die immer wieder im Sichtfeld der kleinen Kamera erschienen. „Uh, die sind aber gut!“, stellte John mit Hochachtung für Torchwood Schottland fest. „Scheint so, als hätten sie den kleinen Spion tatsächlich entdeckt! Das hätte ich nicht gedacht.“ „Das Glück der Dummen!“, wimmelte der Bärtige ab. Diesmal ignorierte er den Spott in Johns Stimme völlig.„Dennoch kommen sie damit zu spät, so wie auch damals in Southhampton, als ich mich dort im Archiv umgesehen habe! Und auch jetzt weiß ich schon längst, wo sich ihr Stützpunkt befindet und mit was für einer Bewaffnung ich rechnen muss,“ meinte er dann mit einem abfälligen Schnauben. „Die ist lachhaft! Und die Erdlinge da werden auch nicht mehr viel von ihrem kleinen Triumph ha-“ Dann aber verstummte er urplötzlich, denn die Bildschirme wurden schwarz und jeder Versuch, die Sonde noch einmal zum Leben zum Erwecken misslang, auch die Kontrollfelder auf der Konsole der Tardis reagierten nicht mehr. John registrierte das mit Genugtuung, sagte aber bewusst nichts. 'Es scheint, als seien die Leute von Torchwood doch nicht so unfähig, wie du gedacht hast. Und ich kann mir jetzt besser zusammenreimen, warum du dich hier herumtreibst, auch wenn ich immer noch nur die Hälfte weiß.“ Wieder fühlte er einen Stich im Herzen, als er an Rose dachte, die jetzt gerade an der Seite eines anderen weilte, doch die Eifersucht war seltsamerweise nicht mehr so groß wie zuvor, ein anderes Gefühl war an diese Stelle getreten: Sorge. 'Ich werde das Gefühl einfach nicht los, dass auch der Doktor nicht nur zufällig in die Sache gestolpert ist, sondern ganz genau weiß, warum er sich hier herum treibt.' Sein Herz schlug plötzlich schneller. 'Bedeutet das, die beiden sind wieder einmal Rivalen, im Kampf um etwas, das das Universum oder zumindest einen kleinen Teil davon erschüttern könnte? Oh verdammt … und Rose, wie auch ich stehen genau zwischen den Fronten und wie das enden kann, weiß ich nur zu gut … ' Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)