Vis-à-Vis von FraeuleinUnruh ================================================================================ Kapitel 28: Gefahrenzone ------------------------ ''Und jetzt...'' Cloud legte die Unterarme auf den Knien ab und musterte ihn mit durchdringendem Blick. ''Sagst du mir was los ist.'' Er würde nicht locker lassen, oder? Vincent seufzte nur schwach, rieb sich ein letztes Mal über die schmerzende Wange und setzte sich dem Jüngeren gegenüber, die Ellbogen auf den Knien abgestützt, die Hände locker herabhängend. Das Zittern war noch immer nicht ganz verschwunden, ebenso die allgemeine Anspannung. Es war wie es war. Nur ein kurzer Zeitaufschub. Definitiv nicht genug um ihm das hier zu erklären. Davon ganz abgesehen, dass er keinen Sinn darin sah das zu tun. Sicher, er hatte ihm von seiner Zeit in Nibelheim erzählt. Hojo und die Experimente. Doch er hatte ihm nicht gesagt, was das Endresultat war. Und er würde es auch nicht tun. Um keinen Preis. Die Zeit die ihm mit der Gruppe blieb war ohnehin nur geborgt und wer weiß schon, was nach Midgar sein würde. Da musste er die anderen nicht damit verschrecken, dass er war, was er war. Obwohl... wäre das nicht die sinnvollere Alternative? Einfach zu gehen? Es wäre für alle das Sicherste. Zugegeben... es lagen einige Jahren zwischen seinem letzten Aufenthalt in Midgar und heute und es würde ihn nicht wundern, wenn sich so einiges in der Stadt getan hätte, doch er würde den Weg sicherlich auch allein finden. Dazu bräuchte er die Hilfe der anderen nicht. Doch noch waren sie in Junon. Richtig. Und ohne die Highwind bräuchte er vermutlich ewig um nach Midgar zu gelangen. Außer er würde... nein. Nein! Das stand absolut außer Frage. ~''Du vermisst es. Gib es zu.''~ Er war immer noch präsent. Deutlich und viel zu nah. ''Ich warte.'' Cloud. Seine blauen Augen blickten ihm mit weit mehr Verständnis entgegen, als er für ihn übrig haben dürfte. Vincent seufzte schwer, ließ für einen Moment den Kopf sinken und wischte sich dann Stirn und Wangen an seinem Hemdsärmel ab. Er war vollkommen durchnässt. ''Ich kann nicht.'' Cloud sah kurz zur Seite, ehe er den Kopf leicht schüttelte und wieder zu ihm herüber sah. ''Hör zu. Ich sage das nur ungern, vor allem dir gegenüber, aber wir werden ohne dich fliegen, wenn du jetzt nicht mit mir sprichst.'' Vincent ließ den Kopf auf seinem Oberarm ruhen und kniff die Augen leicht zusammen. ''Hör auf das Messer tiefer in meinen Rücken zu treiben.'' ''Ich hätte kein Problem damit es wirklich zu tun wenn du nicht zur Besinnung kommst.'' Schwarze Haarsträhnen und Schweißtropfen glitten an seinem Hals entlang, als er seinem Gegenüber das Gesicht zuwandte. ''Ich bin mehr bei Sinnen als mir lieb ist.'' Er wusste, Cloud würde diesen Hinweis nicht verstehen, aber das tat nichts zur Sache. ''Vincent.'' Allerdings war der fürsorglich-belehrende Unterton in seiner Stimme zu einer echten Qual geworden. Cloud hatte einfach nicht die leiseste Ahnung und schien nicht zu begreifen, dass er keine Absicht hegte das zu ändern. ''Ich werde nicht mit dir darüber sprechen.'' ''Dann trennen sich hier unsere Wege.'' Schwungvoll erhob sich der Jüngere aus seiner Position und Vincent folgte ihm mit seinem Blick. Er wusste, dass er das nicht wirklich ernst meinte und doch lösten die Worte wieder ein unangenehmes Ziehen in seiner Brust aus. Nicht nur, dass er auf die Highwind angewiesen war... er wollte die Gruppe nicht verlassen. Er wollte Cloud nicht... ~''Was?''~ Ein finsteres Lachen tönte in ihm auf. ~''Du bist so töricht. Du weißt, dass du ihn nicht ewig von mir fernhalten kannst. Ich will ihn. Jetzt.''~ Scharfe Krallen rissen an seinen Eingeweiden und mit einem heißen Brodeln schoss das Blut durch seine Adern. Er versuchte es wieder. Versuchte die Kontrolle zu erlangen. Schmerzerfüllt krümmte Vincent sich zusammen. Das konnte doch nicht wahr sein. Es war mehr als offensichtlich, dass hier etwas nicht stimmte und sein Freund hatte nichts besseres zu tun, als sich darüber auszuschweigen. Unmut keimte in Cloud auf, als er sich wieder auf die Knie fallen ließ und Vincent an den Schultern packte. Wie konnte er nur so stur sein? Was zum Teufel konnte so schlimm sein, dass er nicht einfach den Mund aufmachte? ''Vincent. Vincent!'' Er spürte wie sich die Muskeln des anderen unter seinen Händen anspannten und der feuchte Stoff des Hemdes an ihm kleben blieb. Er schien für einen Moment völlig entrückt und kämpfte offensichtlich gegen Schmerzen an. ''Cloud... geh.'' ''Ich bleibe.'' Ein kaum hörbares, verzweifeltes Wimmern entwich dem Älteren, als er ihn fester an den Schultern packte und den gekrümmten Körper aufrichtete. Der Schmerz spiegelte sich auf dem schmalen Gesicht wider. ''Was zur Hölle ist los mit dir?'' Kalte, schweißnasse Hände umklammerten seine Unterarme. ''Du musst gehen. Bitte.'' ''Rede!'' Er versetzte dem Schützen einen kurzen, kräftigen Ruck und blickte ihm starr und unnachgiebig entgegen. Der fiebrige Ausdruck vom Anfang war zurückgekehrt und er wirkte nervös und angespannt. ''Ich kann nicht.'' ''Du kannst. Und wenn ich die Worte aus dir rausprügeln muss.'' Ein weiterer Ruck an den unnatürlich warmen Schultern des Mannes. ''Cloud... bitte.'' ''Rede, verdammt!'' Noch ein Ruck. Der Griff um seine Arme verstärkte sich, als der andere kurz ins Wanken geriet. Er hatte sich die anderen Male doch auch nicht so lange bitten lassen. Warum wich er ihm bei diesem Thema immer und immer wieder aus? Warum schickte er ihn weg? Was, nur was ging in ihm vor? ''Cloud!'' Vincents bisher verhältnismäßig leise Stimme erhob sich und ließ ihn kurz irritiert zusammenzucken. ''Verlass das verdammte Zimmer. Geh weg von mir. Geh!'' Blasse Finger rutschten zu seinen Handgelenken, versuchten den festen Griff der Hände an seinen Schultern zu lösen und bohrten sich vergeblich in das dicke Leder der Handschuhe. ''Warum sollte ich? Hm? Was ist dann? Was passiert wenn ich bleibe?'' Ein weiteres, leises Wimmern entwischte den schmalen Lippen, als er von den Schultern abließ und stattdessen nach dem Kragen des Hemdes packte um ihn erneut zu schütteln. Der Stoff knirschte verhalten unter seinem Griff und verlor ein paar Tropfen, als er sie aus ihm herauswrang. ''Ich will dich nicht verletzen.'' Vincents Worten schwang ein leichter Hauch Verzweiflung mit. ''Das kenne ich schon. Neuer Versuch.'' ''Ich mein's ernst.'' ''Ich auch.'' Er riss ihn am Kragen ein Stück zu sich um ihm direkt in die Augen blicken zu können und sicherzustellen, dass ihm nicht viele Ausweichmöglichkeiten blieben. ''Vincent, verdammt nochmal, rede! Es wäre nicht das erste Mal, dass du mich verletzt und es wäre nicht das erste Mal, dass es mich nicht kümmert.'' Das stimmte nur zum Teil, aber zumindest im Moment würde er es billigend in Kauf nehmen, wenn er nur endlich aus seinem Freund herausbekommen würde, was hier mit ihm vor sich ging. ''Ich kann nicht.'' Er konnte selbst durch das Leder seiner Handschuhe eine der Nähte im zum Zerreißen gespannten Stoff platzen spüren, als er den Kragen bis zum Anschlag in seine Finger wickelte. Vincents Hals ruhte zwischen seinen geballten Fäusten und er konnte den rasenden Pulsschlag unter der nassen, bleichen Haut sehen. Das war alles, aber definitiv nicht normal. ''Du kannst, da bin ich mir sicher.'' Cloud presste die Worte ungeduldig zwischen den Zähnen hervor. Er war es langsam leid. Entweder er redete, oder er würde seinen Worten Taten folgen lassen. Es war zum verrückt werden. Wie sollte er Cloud nur den Ernst der Lage begreiflich machen? Er machte hier keine Späße und würde auch nicht mehr all zu lange überhaupt in der Lage dafür sein. Sein Blut kochte, in ihm tobte ein ihm nur allzu bekannter Sturm und es kostete ihn seine letzte Kraft, das Monster in Gegenwart des anderen unter Verschluss zu halten. ''Nein. Ich will dir nicht weh tun.'' ''So ein Unsinn!'' Cloud war aufgebracht. So hatte er den Jüngeren selten erlebt. Eigentlich noch fast nie. Es musste ein unheimliches Bild abgeben, als seine eigenen, tiefroten Augen sich mit dem grün fluoreszierenden Blick des anderen kreuzte. Grün? Dieses Detail brachte ihn für einen Moment aus dem Konzept. Das Mako, das durch Clouds Körper floss, spiegelte sich in seinen Augen wider und verlieh ihm einen ähnlich unheilvollen Anblick, wie es bei ihm selbst der Fall sein musste. ''Ich will dich nicht hier lassen, hörst du?'' Sie wussten beide, dass er das nicht tun würde, aber Vincent verstand schon, was er damit ausdrücken wollte. ''Wenn du's mir jetzt nicht sagst, dann sorge ich dafür, dass du's tust.'' Ein weiterer Ruck am Kragen ließ den nassen Stoff schmerzhaft über seine Nackenwirbel scheuern. Zumindest schien er es damit wirklich ernst zu meinen. Was für ein Ausweg blieb ihm noch? Er schaffte es nicht, Cloud aus der Gefahrenzone zu bringen und die Zeit drängte. Es waren nur noch Momente, Augenblicke. Er spürte den Dämon in ihm toben und es trieb ihn in den Wahnsinn. ''Cloud... ich-'' ''Sag's mir!'' Die Fäuste ließen von seinem Kragen ab, nur um kurz darauf sein Gesicht mit festem Griff zu umklammern. ''Ich-'' ''Sag's mir!'' Täuschte er sich, oder schwamm zwischen all dem aufgewühlten Mako auch ein Hauch Verzweiflung im Blick des Jüngeren mit? ''Ich...'' ''Vincent.'' Sein Herz setzte für einen Moment aus, als sich warme Lippen auf seine eigenen pressten und zwei Hände seinen Kopf erbarmungslos festhielten. Das Chaos in ihm erfuhr einen Umschwung und geriet vollkommen durcheinander. ''Ich mache mir einfach nur scheiß Gedanken, klar?'' Clouds Stimme war leise, aber deutlich und er konnte den warmen Atem auf seinen eigenen Lippen spüren. Es war wirklich ungewohnt ihn so zu erleben. So aufgebracht, so impulsiv. ''Ich...'' Vincent erwiderte den starren Blick der grünen Augen, als ihn kurz darauf ein weiterer Kuss einnahm. Sie waren ihm so nah, dass er das Mako wie grüne Schlieren über die sonst so stahlblaue Iris wabern sah. Es war ein berauschender Anblick. Sein Herz hämmerte gegen seinen Brustkorb, angetrieben von dem Versuch des Monsters auszubrechen und der plötzlich aufkeimenden Erregung. Der eigentümliche und ihm doch mittlerweile nur allzu gut bekannte Geruch des anderen umfing ihn, als er sich selbst dichter gegen die weichen Lippen drängte. Die Hände die sich von den Wangen in seinen Nacken schoben und die warme Zungenspitze die neckisch über seine eigene Unterlippe leckte boten eine willkommene Ablenkung. Es hatte seine Vor- und Nachteile, dass er in diesem Zustand so leicht empfänglich für alle anderen Einflüsse war, doch auch wenn die plötzliche Zerstreuung dabei half den Dämonen in den Hintergrund zu drängen, so musste er vorsichtig bleiben. Aufpassen, nicht wieder die Kontrolle verlieren... Vincents Hände griffen nach den Schultern des Blonden, als er sich auf die Knie begab und von sich aus ihren Kuss erneuerte. Er würde wirklich wachsam bleiben müssen, die Bewegungen des Monsters nicht außer Acht lassen, das aufgewühlte Chaos in ihm nicht unterschätzen... doch die Hände, die an seinem Hals hinabgewandert waren und sich nun ungeduldig an den Knöpfen des völlig zerknitterten, nassen Hemdes zu schaffen machten forderten seine ungeteilte Beachtung. Und sie sollten sie erhalten. Eilig bugsierte er den Jüngeren über den harten Teppich. Wenn schon ein durchaus akzeptables, bequemes Bett in unmittelbarer Nähe war, würde er es nicht wieder auf dem Fußboden tun. Soviel stand fest. Denn in einer Sache musste er dem Monster in ihm zustimmen. Er wollte ihn. Jetzt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)