Zwischen Fieber und Stolz von Shizana (ZdW-Jubiläumsspecial) ================================================================================ Kapitel 1: Fieber vs. Hitze --------------------------- Mir ist kalt, ich schwitze. Mein Schädel dröhnt. Gott, ich hasse es, krank zu sein. Blinzelnd öffne ich die Augen. Das Gewicht der Decken, in die ich zweilagig gewickelt liege, scheinen mich zu erdrücken. Ich will sie am liebsten von mir stoßen, stattdessen ziehe ich sie enger um mich und verkrieche tiefer in sie hinein. Ich verfluche es stumm. Mir ist so verdammt kalt, trotz dicker Wintersocken und der Wärmflasche an meinem Bauch. Wann geht das endlich vorbei? „Bist du wach?“ Ich schlage alarmiert die Augen auf, die ich gerade wieder geschlossen hatte. Selbst durch mein gedämpftes Hörvermögen erkenne ich diese Stimme. Ihr weicher Klang, die Sänfte darin … Ich würde sie immer erkennen. Aber Gott, wieso jetzt? Mühsam winde ich mich unter den Deckenlagen, um einen Blick über meine Schulter erhaschen zu können. Instant fühlen sich meine Wangen heiß an und mein Herz springt im Galopp. Mit meinem Fieber hat das beileibe wenig zu tun. „Ikki?“, kommt es krächzend aus meiner Kehle. Ich erschrecke selbst bei dem ungewohnten Klang. Ist das wirklich meine Stimme? Peinlich berührt schlucke ich. Versuche, Gaumen und Kehle zu befeuchten. In meinem Mund herrscht Trockenwüste, es ist eklig. Boah, wieso jetzt? „Was machst du hier?“, versuche ich es leiser. Gott, was macht er hier? „Du klingst nicht gut“, stellt er fest und besieht mich mitfühlend. Ich will ihm diesen leidigen Ausdruck am liebsten aus dem Gesicht wischen, hätte ich die Kraft dazu. Aber vermutlich, selbst wenn ich sie hätte, täte ich es nicht. „Das erübrigt meine Frage nach deinem Befinden. Dich hat es ja richtig erwischt.“ „Das beantwortet meine Frage nicht“, protestiere ich und kämpfe mich in eine aufrecht sitzende Haltung. Ich schaffe es lediglich bis in die Beuge, bevor ich merke, wie sehr mich allein diese Bewegung anstrengt. Schwindelig wird mir obendrein. „Überanstreng dich nicht“, höre ich ihn sagen. Zeitgleich spüre ich, wie er eine Hand an meine Schulter legt. Die Berührung ist kühl, was wohl seinem glatten Handschuh zu verdanken ist, und doch  brennt sie auf meiner erhitzten Haut. Ich weiß nicht, ob ich es als angenehm empfinden soll oder nicht. „Magst du etwas trinken?“ „Nein“, sage ich und schüttle den Kopf. Der Gedanke an Flüssigkeit feiert meine Mundsahara, macht sie mir umso bewusster. Blöd, wenn man erst spricht und dann denkt. „Du solltest aber etwas trinken“, argumentiert er, zu meiner Entlastung. „Du hast Fieber, da braucht dein Körper umso mehr Flüssigkeit.“ Dieses Mal nicke ich und lasse mir anstandslos das Wasser reichen. Das Glas leere ich in wenigen Zügen, akzeptiere Nachschub, schaffe aber nur die Hälfte davon. „Was machst du hier?“, wiederhole ich meine Frage, nachdem ich das Glas zurückgegeben habe. Ich gebe mich stark, während der Kreisel in meinem Kopf zunimmt. Was auch immer da oben gerade abgeht, ein Tassenkarussell ist ein Witz dagegen. Vielmehr liegt mein Hirn in einer Wäschetrommel und wird dort fröhlich rundherum geschleudert. Was für ein Scheißgefühl. Am liebsten will ich mich zurück unter die Decken mummeln, wäre da nicht das leise Stimmchen, dass mir droht: ‚Wehe dir, Mädel! Keine Schwäche vor Ikki, auf gar keinen Fall!‘ „Ich wollte nach dir sehen“, spricht er sanft. Sein Lächeln, wie von Engeln gemeißelt, macht es gewiss: Ich bin im Himmel. Jetzt ganz bestimmt. „Du warst nicht im Meido und ich habe mir Sorgen gemacht. Waka-san meinte, dass du dich krank gemeldet hast.“ „Mhm.“ Ich weiche ihm zur Seite aus. Mein Gesicht glüht unangenehm. Ob es vom Fieber oder durch ihn kommt, keine Ahnung. „Es hat mich plötzlich erwischt. Es war nicht ge… –“ Ein Hustenanfall lässt mich meinen Satz nicht beenden. Ikki streichelt mir besänftigend über den Rücken, was einerseits schön ist. Andererseits fühlt es sich falsch an und erregt die Wut in mir. Ich will diese mitleidigen Gesten nicht. Wenn es anders wäre, wenn es andere Gründe hätte … Aber das hier ist einfach nur …! „Schon gut. Kurier dich erst einmal aus. Jeder kann sehen, dass es dir nicht gut geht.“ Ja, genau. Als ob ich will, dass man das auch noch sieht! „Du hättest nicht kommen sollen …“ „Wieso? Stört es dich? Ich dachte, es würde dich ein wenig aufmuntern.“ „Nein“, krächze ich heiser. Missmutig verstimmt wickle ich die Decken enger um meine Schultern und versenke das Kinn darin. „Es stört mich nicht. Ich freue mich, ganz ehrlich. Aber ich will nicht, dass du mich so siehst. Ich sehe bestimmt schrecklich aus, und meine Stimme ist auch im Eimer. Du kannst mich in diesem Zustand echt in die Tonne treten.“ Ikki neben mir lacht ausgelassen. Ich spüre, wie die Matratze unter seinem Ausbruch ruckelt. Vielleicht hätte er sich besser auf einen Stuhl gesetzt, aber nein, es musste ja das Bett sein. Wieso nur, gottverdammt? „Sag das nicht. Glaub mir, du bist selbst jetzt noch hinreißend“, sagt er, was mein Herz verräterisch hüpfen lässt. „Die Wangen gerötet, die Haare zerzaust, dazu diese heisere Stimme und ein fiebriger Blick … Ich gebe zu, das hat durchaus seinen Reiz. Es regt alle möglichen Fantasien in mir an. Du solltest in diesem Zustand besser keinen Mann in deine Nähe lassen.“ „Und wieso bist du dann hier?“, brumme ich. Wieder lacht er. „Eine gute Frage. Bist du beunruhigt?“ „Sagen wir, ich werde gerade ein wenig nervös …“ „Hmm, wirklich? Wenn es weiter nichts ist“, grinst er verschmitzt. „Dann darf ich gewiss noch eine Weile bleiben. Oder ist dir meine Anwesenheit unangenehm?“ „Nicht wirklich“, murmle ich hilflos und ziehe die Decke ein Stück höher. Gott, ich werde sterben, wenn das so weitergeht. Das kann ich unmöglich zugeben! „Aber du wirst dich anstecken.“ „Hm, das stört mich nicht.“ Wa…? Im nächsten Moment spüre ich, wie die Decke nach unten gedrückt wird. Fragend drehe ich den Kopf und glaube, mir springt das Herz aus der Brust, als ich Ikkis Gesicht genau vor mir sehe. Unwillkürlich halte ich die Luft an, während ich in seinen blauen Augen versinke. Zu spät kommt mir die Frage, wieso der Kerl seine verflixte Sonnenbrille nicht trägt. Ausgerechnet wenn er so nah ist! Will er es darauf anlegen? Ein sanfter Halt legt sich auf beide meiner Schulter. Ich spüre, wie ich ein Stück nach hinten gedrückt werde. Keine Ahnung, was hier passiert. Ich komme nicht mehr mit. Mein Verstand hat sich stillschweigend verabschiedet. Ich erahne ein Lächeln auf Ikkis weichen Gesichtszügen, als es sich mir langsam nähert. Er ist so schön mit den silbernen Strähnen, die ihm lose in die Stirn fallen. Ich will ihn berühren, diesen Mann als leibhaftig identifizieren. Will meine Hand auf seine Wange legen, seine Wärme spüren. Ich will … Ich hisse die Flagge und schließe die Augen. Die Gedanken verstummen in meinem Kopf. Unter all der Hitze und dem Schwindel singt mein Herz euphorisch, dass dieser peinigende Moment nie vergehen möge. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)