Zwischen Fieber und Stolz von Shizana (ZdW-Jubiläumsspecial) ================================================================================ Kapitel 3: Sorge vs. Stolz -------------------------- Nach dem gemeinsamen Frühstück mit Ukyo kehre ich auf mein Zimmer zurück. Toma hatte mir eine Nachricht geschrieben, erinnere ich mich, und ich will ihn anrufen. Inzwischen ist es nach neun, er dürfte also hoffentlich wach sein. Kurzerhand angle ich mein Handy von der hölzernen Schrankablage und lasse mich sitzend auf dem Bett nieder. Der richtige Eintrag in meinen gespeicherten Kontakten ist schnell gefunden. Es tutet ein paarmal, bis auf der anderen Seite angenommen wird: „Ja, hallo? Toma am Apparat.“ „Guten Morgen, Toma. Hier ist Shizana“, grüße ich fröhlich. „Ah, guten Morgen. Mit dir habe ich nicht gerechnet.“ „Störe ich?“, frage ich vorsichtig. Er klingt gehetzt, habe ich das Gefühl. Vielleicht ist es gerade ungünstig. „Nein, schon gut. Ich mache mich nur gerade für die Uni fertig“, beschwichtigt er. „Ach so. Na dann will ich dich gar nicht lange aufhalten.“ Ich sammle meine Gedanken und was ich ihm sagen will. Rastlos erhebe ich mich von der Matratze und spaziere in meinem Zimmer auf und ab. „Ich habe deine Nachricht gelesen. Sorry, dass ich erst jetzt antworte. Ich hatte geschlafen.“ „Das dachte ich mir“, antwortet er am anderen Ende. Es klingt nicht, als hege er einen Vorwurf. „Gut so. Du hast gestern wirklich schlecht ausgesehen. Geht es dir inzwischen besser?“ „Mh. Ich habe Medizin bekommen und bin dann sofort ins Bett. Das Fieber ist mittlerweile gesunken.“ „Das freut mich zu hören. Du klingst aber noch etwas heiser.“ „Mh.“ Da kann ich ihm nicht widersprechen. „Ich huste noch ab und an, aber es geht einigermaßen. Wenigstens ist mir nicht mehr so schwindlig.“ „Lass es langsam angehen“, redet er gutmeinend auf mich ein. „Wir wollen nicht, dass du rückfällig wirst. Nimmst du dir von der Arbeit frei?“ „Ich schätze schon … Ich muss noch mit Waka-san reden und ihn über meinen Zustand in Kenntnis setzen.“ Mir graut es vor diesem Gedanken, aber es muss sein. Wird schon schiefgehen. „Du erreichst ihn auf Arbeit. Da fällt mir ein, du hast deine Tasche im Café vergessen. Soll ich sie dir später vorbeibringen?“ „Echt?“ Daran habe ich noch gar nicht gedacht. Doch jetzt, da er es sagt … Ein prüfender Blick durch mein Zimmer bestätigt mir, dass sie nicht auf den gewohnten Plätzen liegt. Das ist schlecht. In der Tasche befinden sich mein Portemonnaie und mein Schlüssel. Die brauche ich früher oder später, und zwar dringend. „Da hat wohl niemand dran gedacht. Kann ja passieren. Ich hole sie nachher ab.“ „Du willst ins Café kommen? Bleib lieber zu Hause“, klingt er besorgt, gleichzeitig tadelnd. „Das ist sicherer für dich. Nur weil das Fieber gesunken ist, bist du nicht gleich wieder fit. Ich bringe sie dir später vorbei.“ „Schon okay“, beteuere ich. Es kitzelt verdächtig in meinem Hals, doch ich kämpfe den Hustenreiz hinunter. „Du hast Uni und ich habe dir gestern schon genug Ärger bereitet. Die kurze Strecke schaffe ich, wenn ich mit der Bahn fahre. Ich muss auch mal raus, frische Luft schnappen und so. Das Immunsystem stärken, du weißt schon.“ Toma seufzt am anderen Ende der Leitung. „Was mache ich nur mit euch? Ihr könnt es einfach nicht ruhig angehen lassen und euch die Auszeit gönnen. Hanna ist da genauso … Na schön“, gibt er bei, „aber lass dich begleiten. Wenn dir auf dem Weg etwas passiert und keiner ist da, kann das böse ausgehen. Ich werde Waka-san in Kenntnis setzen.“ „Ja, gut“, lenke ich ein. Dass er Waka vorwarnen möchte, will mir nicht gefallen. „Übrigens“, regt er an. „Wenn wir gerade reden. Wegen neulich …“ „Hm?“, setze ich nach, als er nach Sekunden immer noch schweigt. Ich erhalte keine Antwort. „Ach nein, schon gut. Ist nicht so wichtig.“ „Toma?“ „Wirklich. Erhol dich erst einmal, das ist wichtiger. Mach dir keine Gedanken.“ Ja, toll. Als ob ich das jetzt noch könnte. „Toma“, mahne ich streng. „Fang bitte kein Thema an, das du dann nicht beendest. Wenn es etwas gibt, dann sag es.“ „Ein andermal, in Ordnung? Ruh dich erst einmal aus.“ Ich stöhne genervt. Wie ich solche Andeutungen hasse. Insbesondere dann, wenn ich den Sinn dahinter nicht kapiere. „Ich muss jetzt los. Gib mir Bescheid, solltest du etwas brauchen. Du kannst mich jederzeit erreichen, wenn etwas ist.“ „Danke, das ist lieb von dir. Aber ich werde versuchen, davon abzusehen. Du hast genug um die Ohren.“ „Das ist schon in Ordnung“, versichert er. „Ich stelle nichts in Aussicht, was ich nicht einhalten kann.“ „Danke“, sage ich erneut und lächle. „Ich weiß das zu schätzen. Und auch für gestern danke, dass du so schnell reagiert hast. Es ist beruhigend zu wissen, dass man sich auf dich verlassen kann.“ „Na, nun machst du mich aber verlegen. Das war doch selbstverständlich.“ Ich lächle nur und sage nichts. „Du, ich muss jetzt Schluss machen. Danke, dass du dich gemeldet hast.“ „Selbstverständlich.“ „Ich bin froh, dass es dir besser geht. Kurier dich gut und werd bald gesund. Wir warten auf dich im Meido.“ „Danke, das freut mich. Ich werde mir Mühe geben. Dir viel Erfolg in der Uni.“ „Das kann ich brauchen. Also, bis dann.“ „Bis dann.“ Nachdem wir das Telefonat beendet haben, lasse ich mich rücklings aufs Bett fallen. Das Lächeln will mir nicht vom Gesicht weichen, während ich über das Gespräch nachdenke. Tomas Worte haben ein gutes Gefühl in mir hinterlassen. Ich fühle mich bestärkt. „Na dann werden wir mal schnell gesund!“ Beine voraus schwinge ich mich vom Bett. Ich fühle mich gut und bin hochmotiviert! … Wäre da nur nicht der Schwindel, der mir meinen Elan strafend quittiert. Ich taumle für kurz und stütze mich ab. Mein Atem geht stockend und schwer, ein Hustenschwall folgt. ‚Ruhig Blut, immer schön langsam‘, denke ich still. Jetzt bloß nichts überstürzen. Ich schaffe das! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)