Mister Liar von yamimaru ================================================================================ Kapitel 5: ~ Marry you ~ ------------------------ Müde saß Yukke am Tisch in der Küche seines Elternhauses und nippte hin und wieder an der Tasse Kaffee, die mittlerweile nur noch lauwarm war. Um ihn herum herrschte aufgeregter Trubel, während nach und nach all die Verwandten eintrudelten, die zur Hochzeit eingeladen waren. Wenn er ehrlich war, war er sogar froh darum, die Nacht über so miserabel geschlafen zu haben, sonst würde er nun sicherlich wie ein aufgeschrecktes Huhn von A nach B rennen, wie all die anderen. So jedoch hielt ihn die Lethargie seiner Übermüdung fest in ihrem Griff und ließ für den Moment noch keine wirkliche Nervosität zu. Aber sie würde kommen, das wusste er nur zu gut. Ein kleiner Prozentsatz dessen, was ihm noch bevorstehen würde, begann sich in seinem Magen zu sammeln, und sorgte dort für ein flaues, dezent unruhiges Gefühl. Langsam erhob er sich, die weite schwarze Hakama, die er zusammen mit einem weißen Shirt trug, wisperte um seine Beine, als er die wenigen Schritte zum Spülbecken zurücklegte und den Rest seines Kaffees in den Ausguss schüttete. Die Uhr über der Tür zeigte bereits kurz vor zehn an. In knapp zwei Stunden musste er am Schrein sein. In knapp zwei Stunden würde er Tatsuro wiedersehen, nachdem sie die letzten beiden Tage ganz der Tradition seiner Familie entsprechend voneinander getrennt verbracht hatten. Er hätte es um ehrlich zu sein nicht für möglich gehalten, aber er hatte Tatsuro tatsächlich vermisst. Yukke lächelte versonnen. In knapp zwei Stunden würde er tatsächlich diesen unmöglichen Kerl heiraten. Noch vor einem Monat hätte er jeden ausgelacht, der ihm davon erzählt hätte und nun? Nun blieben ihm nur noch zwei Stunden in Freiheit, wie es Miya gestern noch so nett ausgedrückt hatte. Zwei Stunden … und weg war die Lethargie und hatte Platz gemacht für Tausende von nervös hin und her fliegenden Schmetterlingen, die seinen Magen in Aufruhr versetzten. Yukke schnappte nach Luft, als ihm die Tasse beinahe aus seinen nun schwitzigen Fingern geglitten wäre, und stellte sie auf die Arbeitsplatte. Himmel, er musste noch so viel erledigen! Und wie sah er überhaupt aus? Aber zu aller erst brauchte er eine Zigarette, dringend.    „Moin, Yukke!“, trällerte es da vom Flur her und Satochis grinsendes Gesicht schob sich in sein Blickfeld. Der, wie Yukke fand, viel zu quirlige Drummer betrat die Küche, musterte ihn einmal kurz von oben bis unten und grinste gleich noch breiter. „Na, da können wir ja von Glück reden, dass dein Junggesellenabschied schon letzte Woche war, sonst würden deine Augenringe bestimmt noch schlimmer aussehen.“ Hach ja, wenn man solche Freunde wie Satochi hatte, brauchte man eindeutig keine Feinde mehr.   „Dir auch einen schönen, guten Morgen Sato“, erwiderte er augenrollend, schnappte sich seine Zigarettenschachtel vom Küchentisch und trat durch den Hintereingang auf die kleine, überdachte Holzveranda hinaus. „Was machst du eigentlich hier? Ich hatte mit Miya gerechnet.“   „Unser Leader meinte, er sorgt lieber dafür, dass Tatsuro nicht wieder irgendeinen Blödsinn anstellt. Also musst du mit mir als seelische Unterstützung vorliebnehmen.“   Yukke sah auf und schaute Satochi skeptisch ins Gesicht. War das nun nur so dahergeredet oder war doch wieder etwas vorgefallen? Himmel, er wurde hier noch paranoid, aber schließlich sprachen sie gerade von Tatsuro. Da brauchte man sich doch auch nicht mehr zu wundern, oder?   „Ist das nur eine von Miyas grundsätzlichen Vorsichtsmaßnahmen oder gibt es Grund zur Sorge?“, erkundigte er sich nuschelnd, die Zigarette im Mundwinkel, während er versuchte, das Feuerzeug in seinen nervös zitternden Fingern so lange ruhig zu halten, bis der Tabak Feuer fangen konnte.   „Gibt es bei Tatsuro nicht immer Grund zur Sorge?“   „Auch wieder wahr.“ Yukke lächelte dünn, nachdem er an seiner endlich brennenden Zigarette gezogen hatte, und lehnte sich gegen das Geländer aus lackiertem Walnussholz, welches die Veranda umspannte. Hatte er sich vorhin eigentlich noch darüber gefreut, dass sich seine Nervosität den Umständen entsprechend noch im Rahmen hielt? Ja? Schön. Jetzt war sie nämlich endgültig aufgewacht. Erneut inhalierte er den bitteren Rauch und tippte einen unruhigen Takt mit dem nackten Fuß auf dem Holzboden der Veranda.   „Nervös?“   „Nein, wie kommst du denn darauf?“ Yukke grinste, als Satochis Blick auf eindeutige Weise zu seinem Fuß ging und ihn damit Lügen strafte. Tja, einen Versuch wars wert gewesen. „Du siehst gut aus“, merkte er an, als ihm schließlich die Kleidung seines Gegenübers ins Auge fiel. Und Sato hatte sich echt in Schale geworfen, musste man schon sagen. Der graue, modisch geschnittene Anzug kombiniert mit einem dunkelblauen Hemd sah an Satochis trainierter Form wirklich sehr ansprechend aus. Yukkes Lächeln weitete sich, als er den Phantomschmerz einer von Tatsuros berühmten Kopfnüssen spürte. Aber hey, nur weil er in wenigen Stunden verheiratet sein würde, hieß das nicht, dass er nicht mehr gucken durfte, oder? Satochi schien gänzlich unbedarft nichts von seiner Musterung bemerkt zu haben, hatte stattdessen neugierig den Blick ins Innere des kleinen Häuschens gerichtet und wandte sich erst jetzt wieder ihm zu.   „Na, wenn du schon glaubst, dass ich gut aussehe, warte erst mal ab, mit was für einem Prachtstück ich hierher gefahren bin.“ Yukke hob neugierig eine Augenbraue, aber noch bevor er nachhaken konnte, rief seine Mutter nach ihm. „Uh, jetzt wirds ernst.“   Satochi freute sich sichtlich darüber, dass es für ihn nun aus sein würde mit Bequemlichkeit. Zugegeben sein Gewand – und anders konnte man die Kombination aus Hose, Kimono und passender Jacke nun wirklich nicht nennen – sah beeindruckend aus, dementsprechend schwer und warm waren die vielen Lagen Stoff jedoch auch. Gut nur, dass Tatsuro mit seinem Antrag bis zum Spätsommer gewartet hatte, sonst wäre er vermutlich schon zerflossen, bevor er heute Ja sagen konnte. Ein paar wertvolle Augenblicke gönnte er sich, zog noch einige Male an seiner Zigarette, um sich wenigstens ein bisschen zu beruhigen, bevor seine Mutter wild gestikulierend und ihn ins Haus zitierend im Rahmen der Hintertür erschien.   „Bin schon unterwegs“, murmelte er, drückte die Kippe im Aschenbecher aus und küsste seine Mutter im Vorbeigehen auf die Wange. „Mach mich bitte nicht noch nervöser als ich sowieso schon bin.“   ~*~   „Sehr schön.“   Seine Mutter lächelte ihn an, und täuschte er sich, oder schimmerten ihre Augen vor Rührung verdächtig feucht? Auch er lächelte, während sie ihm erneut über den Kragen seines dunkelblauen Kimonos strich, um imaginäre Falten von dort zu vertreiben. Selbst er musste zugeben, dass er gut aussah. Und ja, trotz den fast zwei Dekaden, die er mit den anderen Dreien nun schon auf der Bühne stand und sich von Fans bejubeln ließ, kam es nicht oft vor, dass er sich wirklich und wahrhaftig als attraktiv bezeichnen würde. Doch jetzt, wo er seinen Blick so über das gleiten ließ, was sich in dem mannshohen Spiegel vor ihm präsentierte, war es nicht abzustreiten. Die dunklen Farben schmeichelten seinem leicht gebräunten Teint und die feinen silbernen Fäden, die das Gewebe des Kimonos durchzogen, lockerten die Strenge auf, die das Gewand sonst ausstrahlen würde. Seine derzeit kurzen, dunkelbraunen Haare hatte er in durchaus gewollte Unordnung versetzt und selbst seine Augenringe waren dank einer Schicht Concealer nicht mehr zu sehen. Ja, doch, so konnte er sich vor seinem zukünftigen Ehemann durchaus blicken lassen. Bei diesem Gedanken zog sich erneut ein flaues Gefühl durch seinen Magen, das sich nicht entscheiden konnte, ob es nun freudig erregt oder schrecklich nervös sein wollte. Vermutlich war es ohnehin eine Mischung aus beidem; und je mehr er über seine Zukunft nachdachte, die sich heute noch auf so einschneidende Weise verändern würde, desto schlimmer wurde es. Seine Mutter hatte den Anflug von Aufgewühltheit bemerkt – natürlich hatte sie das – und zog ihn ein Stück zu sich herunter und in eine kurze, aber feste Umarmung. Auch er legte seine Arme um die zierliche Frau und atmete ein paar Mal tief durch, versuchte, sich wieder zu beruhigen.   Als sie ihn einige Augenblicke später von sich schob, war er sich sicher, diesmal wirklich den Schimmer von Tränen in ihren dunklen Augen erkennen zu können.   „Doch, so kann ich dich gehen lassen“, sprach sie halblaut und nickte, bevor sie sich eilig umdrehte, und bemüht unauffällig etwas unter ihrem Auge wegwischte. „Satoshi-kun, sei so gut und hilf Yusuke mit der Haori, ich hab da was im Auge.“ Etwas wirr in der Luft wedelnd – eine Angewohnheit, die auch bei ihm selbst immer dann zutage trat, wenn er verlegen war – verließ sie den Raum.   „Na, aber klar doch.“ Yukke hatte gar nicht bemerkt, wann Satochi den Raum betreten hatte, aber dafür fiel ihm nun das kleine Tablett auf, welches der Drummer in Händen hielt. Über den Spiegel hinweg grinste er Satochi an, der diese Geste nicht minder breit erwiderte und auf ihn zukam. „So, bevor ich dich in noch eine Lage Stoff wickele, trinken wir erst einmal ein Gläschen. Du siehst so aus, als würde dir das guttun.“   „Wüsste ich es nicht besser, würde ich behaupten, dich schickt der Himmel. Aber so hab ich das wohl eher Paps zu verdanken, was?“   „Exakt.“ Satochi stellte seine Mitbringsel auf die hüfthohe Kommode aus rötlichem Buchenholz gleich neben der Tür ab, goss die beiden Gläser knapp bis unter den Rand voll und reichte ihm eines davon. „Na, denn, prost.“   Die kleinen Gläser klirrten leise, als sie sie aneinanderstießen, und der Hochprozentige brannte in seiner Kehle, sorgte nun auch noch in seinem Magen für Hitze. Yukke keuchte, aber auch Sato blinzelte überrascht, als sich der Alkohol einen brennenden Pfad ihre Kehlen hinab suchte. Der Obstbrand seines Vaters hatte es wirklich in sich.   „Das tötet echt alles ab“, japste er und fächelte sich Luft zu. Inklusive seiner nervös flatternden Schmetterlinge im Bauch … zumindest für den Augenblick. „Jetzt ist mir noch heißer als zuvor“, murrte er, als Satochi ihm das Glas entwunden hatte und nun mit der schwarzen Haori auffordernd hinter ihm stand. „Und du willst mich jetzt auch noch in diese Jacke stecken.“   „Ganz genau, wer schön sein will, muss leiden.“   ~*~   Die silberfarbene Limousine, mit der Satochi ihn abholen gekommen war, war wirklich ein Prachtstück. Obwohl die Zeit schon ein wenig drängte, hatte er nicht anders gekonnt, als das Gefährt gebührlich zu bestaunen. Und auch wenn das Interieur keine Wünsche offenließ, hatte er es bevorzugt, nicht auf der luxuriösen Rückbank Platz zunehmen, sondern sich neben Satochi nach vorne zu setzen. Denn eines hatten der Drummer und sein zukünftiger gemein, wenn sie in der richtigen Stimmung waren, konnten sie auch eine Stunde über nichts reden und schafften es damit zielsicher, ihre Umgebung zu unterhalten. Natürlich kam ihm dieser Umstand ganz gelegen, denn so hatte er sich prima vom Grübeln abhalten können, sodass sich die Fahrt nach Mito sehr kurzweilig gestaltet hatte.   Erst jetzt, da sie ein Schild mit der Aufschrift Mito City willkommen hieß, kehrte die Unruhe und Nervosität schlagartig zurück. Wenn er ehrlich war, konnte er es noch immer nicht fassen, dass er kurz davor stand, Tatsuro zu heiraten. Natürlich hatte diese Verbindung vor den Augen der japanischen Obrigkeit keinerlei Bedeutung, denn was in ihrem Land nicht der Norm entsprach, wurde einfach wegignoriert, aber für Tatsuro und ihn, genau wie für ihre Bekannten, Verwandten und Freunde, würde diese Verbindung etwas Besonderes sein.   „He, du wirst auf die letzten Meter doch kein Muffensausen bekommen?“ Sato blickte kurz in seine Richtung, grinste ihn an, bevor er sich wieder der Straße zuwandte.   „Nein, natürlich nicht.“   Yukke lächelte schmal, schloss die Augen und zwang sich zur Ruhe. Natürlich würde er nun keinen Rückzieher machen. Selbst wenn er sich nicht schon von der Sekunde an, in der Tatsuro ihm den Antrag gemacht hatte, sicher gewesen wäre, dass er ihn aus vollster Überzeugung heiraten wollte, hätte ihm dies spätestens die letzte Woche klargemacht. Nicht, dass ihn Tatsuro plötzlich auf Händen getragen und es die Tage über keine kleineren Spannungen zwischen ihnen gegeben hätte. Bei dem Pensum an Aufgaben, die sie trotz Tatsues Vorbereitungen noch zu erledigen hatten, damit heute alles hoffentlich reibungslos vonstattengehen konnte, hätte er sich auch gefragt, ob man seinen Freund durch einen Klon ausgetauscht hatte, wäre dem so gewesen. Aber immer wenn sich sein Verlobter unbeobachtet gefühlt hatte, hatte er den Ausdruck von Wunder und Unglaube auf seinem Gesicht ausmachen können. Im Prinzip war Tatsuro ebenso überwältigt und unsicher wie er selbst, nur überspielte sein stolzer Sänger das deutlich besser als er dazu in der Lage war. Dennoch hatte es Momente gegeben, die ihn verraten hatten. Innige Küsse, die ihm so viel mehr mitgeteilt hatten, als es Worte je konnten. Flüchtige Berührungen in aller Öffentlichkeit, die es früher nie gegeben hätte. Und Nächte voller Leidenschaft, die ihm noch immer einen wohligen Schauer über den Rücken schickten, wenn er sich an sie erinnerte.   „Wir sind da.“   Satos amüsierte Stimme riss ihn aus seinen Gedanken und Yukke blinzelte gegen das helle Sonnenlicht, welches ihm mitten ins Gesicht schien. Er brauchte erst einmal ein paar Momente, bis er sich wieder gesammelt hatte, aber dann schnallte er sich ab, tat es Satochi nach und stieg aus dem Wagen aus. Am Fuß des Schreins, der auf einer Anhöhe direkt am Ortseingang von Mito lag, hatten sich auf dem Parkplatz bereits zahlreiche Autos eingefunden und ihm nur allzu bekannte Gesichter standen in mal kleineren, mal größeren Grüppchen zusammen und unterhielten sich. Alle schienen nur auf ihn gewartet zu haben, denn kaum war er ausgestiegen, drehte sich gefühlt ein jeder der Anwesenden in seine Richtung und lächelte oder winkte. Etwas verschämt hob er die Hand und lächelte zurück. Es schien, als wäre Tatsuro noch nicht eingetroffen, zumindest konnte er ihn gerade nicht entdecken. Dafür stach ihm Zero ins Auge, und verwundert ging er zu ihm hinüber, ließ sich in eine kurze, aber herzliche Umarmung ziehen.   „Was machst du denn schon hier?“, erkundigte er sich freudestrahlend. „Ich dachte, du kommst erst später, weil ihr noch einen Interviewtermin habt.“   „Shun war so nett, mich zu vertreten. Wenn mein kleiner Bruder schon heiratet, muss ich doch dabei sein.“ Zero grinste und schaute für einen Sekundenbruchteil über seine Schulter, als sich Karyus lange Arme um seine Mitte legten.   „Hallo, Yukke. Na, noch alles gut, oder hat dich die Aufregung schon fest in ihrem Griff?“   Der schlaksige Gitarrist lehnte seinen Kopf seitlich gegen den Zeros und schaute ihn aus seinen großen Augen mit so viel kindlich anmutender Neugierde an, dass sich trotz seiner Anspannung erneut ein kleines Lächeln auf seine Lippen legte.   „Um ehrlich zu sein, sterbe ich vor Nervosität.“ Leidend zog er seine Mundwinkel nach unten, was nun beide zum Grinsen brachte. Schön, dass wenigstens die zwei ihren Spaß hatten. „Habt ihr Tatsuro schon gesehen?“   „Ja, soweit ich weiß, wartet er oben auf dich. Wir haben zumindest von Miya die Anweisung erhalten, dass wir erst nach dir zum Schrein hochgehen sollen“, erklärte Karyu und zog Zero noch ein Stück näher an sich, worauf der Bassist leicht die Augen verdrehte, aber gegen das liebevolle Lächeln nichts ausrichten konnte, welches sein Gesicht daraufhin zierte.   Die beiden passten echt perfekt zusammen, musste Yukke neidlos zugeben. Wie oft hatte er sich in der Vergangenheit gewünscht, dass Tatsuro und er auch irgendwann eine so enge Bindung haben würden. Und nun?  Nun würde ihre Beziehung zumindest in ihren Augen bald mehr Bedeutung haben, als er sich je erhofft hatte. Für einen Augenblick ging sein Blick in die Ferne, betrachtete er die an manchen Stellen schon rötlich oder gelblich verfärbten Blätter der Bäume, die sich im sachten Wind hin und her bewegten. Er konnte es noch immer nicht fassen.   „Hey, Yukke, da bist du ja. Du solltest doch schon lange oben bei Tatsuro sein, damit wir die anderen Gäste auch mal raufschicken können. „Mit schnellen Schritten kam Miya auf ihre kleine Gruppe zu, begrüßte Zero und Karyu kurz und schaute ihn dann abwartend an. „Na worauf wartest du denn noch?“ Nun legte sich auf das sonst so ernste Gesicht des Leaders ein kleines Lächeln, als er ihm leicht gegen den Oberarm schlug. „Oder kommt nun doch dein Überlebensinstinkt durch und du machst einen Rückzieher?“   „Pfff, nie im Leben.“ Yukke grinste noch mal in die Runde und drehte sich zum Gehen. „Wir sehen uns später!“, rief er noch über die Schulter und winkte, bevor er zur Treppe hinüberging, die zum Tempel hinaufführte.   So schnell, wie von Miya geplant, konnte er sich jedoch nicht auf den Weg nach oben machen, denn der Leader hatte nicht mit dem Mitteilungsbedarf der vielen Gäste gerechnet, die ihn allesamt wenigstens kurz begrüßen wollten. Er konnte sich beim besten Willen nicht mehr daran erinnern, dass sie so viele Leute eingeladen hatten, was aber nicht hieß, dass er sich nicht über jeden Einzelnen freute. Als er endlich den Fuß auf die erste von über einhundert Stufen setzte, die ihn noch von seinem Liebsten trennten, war ein Blick nach oben genug, um die Schmetterlinge in seinem Bauch aufs Neue aufzuscheuchen. Himmel, er war für so viel Stress und Aufregung einfach nicht gemacht.   Die Stimmen der vielen Anwesenden verstummten abrupt, als er sich einige Meter vom Parkplatz entfernt hatte, wo die Treppe eine Biegung nach rechts machte und in einer nur seicht ansteigenden Serpentine weiter nach oben führte. Nun umgab ihn nur noch das leise Rauschen des Windes und sanftes Vogelgezwitscher. Wenn er sich anstrengte, glaubte er beinahe, schon den hellen Klang der kleinen Glöckchen hören zu können, die – so wusste er aus früheren Besuchen – das große hölzerne Tor schmückten, welches den Eingang zum Tempelgelände darstellte.   Stufe um Stufe brachte er hinter sich, bis er schließlich durch das Tor schritt und den Schrein vor sich sah. Hier oben strahlten die uralten Ahornbäume in sattem Dunkelrot und bildeten einen wunderschönen Kontrast zum Weiß des Tempelkomplexes. Aber sie waren es nicht, die ihm für einen Augenblick den Atem stocken ließen. Nein, dafür war eindeutig die Gestalt verantwortlich, die vor den großen Portalen aus dunklem Holz stand und in den Himmel blickte.   „Tatsue“, wisperte er, während sein Blick bedächtig über die Form seines Freundes glitt. Als hätte er ihn gehört, senkte Tatsuro in diesem Moment den Kopf und schaute direkt in seine Richtung. Unwillkürlich legte sich ein liebevolles Lächeln auf Yukkes Lippen, während er sich wieder in Bewegung setzte. Ungläubig schüttelte er sacht den Kopf. Tatsuro hatte tatsächlich ernst gemacht, was sein Hochzeitsgewand anging; zumindest teilweise. Seine Haori und das Oberteil des Kimonos strahlten in reinstem Weiß, bis es vom Rot eines breiten Stoffgürtels unterbrochen wurde. Danach wurde der Kimono schlagartig dunkler, floss in eleganten Grauabstufungen nach unten und endete in einer schwarzen Hakama, wie auch er sie trug. Eine ungewöhnliche, aber doch sehr ansprechende Kombination, wie Yukke fand, und so typisch für seinen Freund, dass sich sein Lächeln nur noch weitete.   „Du hast mich ganz schön warten lassen“, begrüßte Tatsuro ihn und ließ seinen Blick wohlwollend über ihn gleiten.   „Und du weißt mal wieder nur zu gut, wie du dich in Szene setzen kannst.“ Noch immer lächelnd hob Yukke seine rechte Hand und strich eine lange Strähne des schwarzen, glatten Haars zur Seite, die der Wind soeben frech in Tatsuros Gesicht geweht hatte.   „Ich weiß doch, dass du eine Schwäche dafür hast.“   „Mh, das kann ich nicht leugnen.“   Tatsuros Hand legte sich an seine Seite und zog ihn nahe an sich, ganz so, als hätte auch er ihn über die zwei Tage, in denen sie sich nicht sehen konnten, vermisst.   „Du gefällst mir“, murmelte er mit einem verschmitzten Lächeln und drückte ihm einen sanften Kuss auf die Lippen.   „Das kann ich nur zurückgeben.“ Yukke schloss für einen Moment die Augen und genoss Tatsues Nähe, die ihn wenigstens ein bisschen zu beruhigen wusste. „Bist du gar nicht aufgeregt?“ Sein Verlobter wirkte stoisch wie immer, wenn er es darauf ansetzte, ganz im Gegensatz zu ihm selbst, dem man seine Nervosität aus hundert Metern Entfernung ansehen konnte. Eine Gabe, für die ihn Yukke schon mehr als einmal beneidet hatte. Tatsuro antwortete ihm nicht, lächelte nur schief und ergriff seine Hand. Die Finger seines Zukünftigen waren eiskalt. Yukkes Augenbraue wanderte nach oben und ein breites Grinsen legte sich auf seine Lippen. Dann ging die ganze Sache also doch nicht so spurlos an Tatsuro vorbei, wie er ihm weismachen wollte. „Du bekommst mir hier aber keine kalten Füße? Wenn schon deine Finger so eiskalt sind.“   „Für wen hältst du mich? Als würde ich so kurz vorm Ziel noch umkehren wollen.“   Vermutlich war Tatsuro gar nicht bewusst, welch einen Ansturm von Gefühlen diese wenigen Worte gerade in ihm auslösten. Oder es war ihm nur zu bewusst und er hatte sie mit Absicht gewählt, was das kecke Lächeln auf seinen Lippen vermuten ließ.   „Du bist unmöglich.“   „Darum liebst du mich doch.“   Gemeinerweise konnte Yukke das nicht leugnen, aber dezent die Augen verdrehen ging ganz gut. Gerade als er sich also vorbeugen wollte, um diesen viel zu selbstsicheren Ausdruck von Tatsues Lippen zu küssen, ertönte ein lauter und durchdringender Gongschlag, das Zeichen, dass der Priester im Schrein eingetroffen war. Keine Sekunde später knarrten die hölzernen Portale, als sie langsam von zwei Tempeldienern aufgezogen wurden. Tatsuro und er drehten sich herum, den Blick auf das Innere des Schreins gerichtet, das langsam vor ihnen sichtbar wurde. Durch die kleinen Fenster gelangte das Sonnenlicht nur bedingt bis in den Zeremoniensaal, aber es reichte aus, um gepaart mit dem Schein zahlloser Kerzen dessen Inneres in behaglich goldgelbe Helligkeit zu tauchen. Der schwere Duft von Räucherwerk und Blumen kitzelte seine Nase, und unwillkürlich drückte er Tatsuros Hand fester, als nun auch die Stimmen der Hochzeitsgesellschaft an seine Ohren drangen.   „Jetzt wirds ernst.“ Er spürte Tatsues Lippen für einen Sekundenbruchteil an seiner Schläfe, dann setzten sie sich bedächtig in Bewegung und durchschritten das Portal.   ~*~    Während der nächsten Minuten fühlte er sich wie in einem seiner Tagträume, so unwirklich erschien ihm alles. Langsam gingen sie an den Stuhlreihen links und rechts von ihnen vorbei, bis sie sich, vor dem Priester angekommen, tief verbeugten und sich auf dicke Polster vor ihn niederknieten. Immer wieder erklang der dumpfe Gong, vibrierte durch seinen Körper, während sich der Zeremoniensaal nach und nach füllte. Als sich der Raum schließlich ein stückweit verdunkelte, nachdem die Portale wieder zugezogen worden waren, kroch eine gefühlt meterdicke Gänsehaut seinen Rücken hinab und ließ ihn sacht erschauern. Der Priester erhob seine Stimme, begrüßte erst Tatsuro und ihn, dann alle Anwesenden. Yukke hörte nur mit einem halben Ohr hin, viel zu viele Gedanken schwirrten durch seinen Kopf und ließen ihn beinahe schwindeln.   Stille trat ein, ein letzter Gongschlag dröhnte durch den Saal, und noch bevor die Schwingungen verklungen waren, setzte das rhythmische Schlagen von Klanghölzern ein, die den Takt für den klagend anmutenden Singsang bildeten, mit dem der Priester zu beten begann. Aus dem Augenwinkel sah er immer wieder kurz zu Tatsuro hinüber, dem jedoch erneut absolut nichts anzumerken war. Nur die Tatsache, dass er seine Hand beinahe schmerzhaft umschlossen hielt, verriet ihn. Yukke drückte kurz zu und schaute ihn nun offen an, ein sachtes Lächeln auf den Lippen, das so viel sagen sollte wie, „Ich brauch meine Finger noch.“ Tatsues Mundwinkel zuckten, und fast augenblicklich verringerte er den Druck seiner Hand, streichelte stattdessen sanft mit dem Daumen über seine Knöchel.   ~*~   Zero lächelte, als er den kurzen und wortlosen Austausch zwischen Yukke und Tatsuro bemerkte. Es kam wirklich nicht oft vor, dass der so von sich überzeugte Sänger Nerven zeigte. Umso mehr freute er sich für seinen kleinen Bruder, dass dies gerade wirklich der Fall zu sein schien.   „Yukke wirkt echt überglücklich“, flüsterte er und drehte seinen Kopf in Karyus Richtung, lehnte sich gegen seine Schulter. „Da bekommt man ja beinahe Lust darauf, selbst zu heiraten.“ Zero grinste, auf eine Reaktion wartend, die aber seltsamerweise ausblieb. Erneut drehte er den Kopf leicht, um seinem Freund ins Gesicht sehen zu können. Karyus Augen waren kugelrund und sein Mund stand etwas offen, was es ihm nicht leicht machte, nicht loszulachen. Mit spitzem Zeigefinger drückte er gegen Karyus Kinn und wisperte neckend: „Mund zu, bevor noch was reinfliegt.“ Zeros Grinsen weitete sich. Für solche Reaktionen musste man seine zu groß geratene Torfnase doch einfach lieben, oder?   ~*~   „He, Miya, nicht schlafen, du verpasst ja alles.“ Leise flüsternd rempelte Satochi den Leader an, der merklich in seinem Stuhl zusammengesunken war und die Augen geschlossen hielt. Nun brummte er und blinzelte ihn aus schmalen Augen an.   „Den Vormittag über auf Tatsuro aufzupassen, war anstrengender als Flöhe zu hüten“, nuschelte er und schloss die Augen wieder.   „Glaub ich dir ja, aber jetzt kommen gleich die Schwüre, das ist das Beste an der ganzen Zeremonie.“ Satochi setzte sich gerader hin, um auch ja keine Reaktion seiner beiden Freunde zu verpassen, als der Singsang seines Großonkels schlussendlich verstummte. Kurz trat gebannte Stille ein, dann erhoben sich Yukke und Tatsuro gleichzeitig, verneigten sich erneut tief vor dem ältlichen Mann, bevor sie sich einander zuwandten.   „Yukke …“, erklang Tatsuros klare Stimme.   „Das ist unser Stichwort“, wisperte Sato, stieß Miya erneut in die Seite, damit dieser endlich in die Pötte kommen würde, und erhob sich, um durch die Reihen langsam nach vorne zu gehen. Während Tatsuro nach Yukkes Hand gegriffen hatte und mit bedächtigen Worten seinen Schwur rezitierte, stellte sich Satochi schräg hinter ihn, ebenso wie es Miya an Yukkes Seite tat, und hielt die Schmuckschatulle mit dem Ring bereit.   ~*~   Yukkes Hand zitterte, als Tatsuro sie erneut umfasste. Obwohl er die traditionellen Worte ihres Schwurs während der letzten zehn Tage verinnerlicht hatte, bewegten sie ihn, als er sie nun aus dem Mund seines baldigen Ehemanns hörte. In Gedanken sprach er die Worte mit, das Versprechen von Treue und einem gemeinsamen Leben.   „Yukke …“, erneut erklang sein Name und er erwiderte Tatsuros festen Blick, das sachte Lächeln. „Ich hätte nie gedacht, dass es jemals einen Menschen für mich geben wird, mit dem ich den Rest meines Lebens verbringen möchte. Doch als ich dich vor zehn Tagen gefragt habe, ob du mich heiraten willst, ist mir das erstaunlich leicht gefallen. Heute, vor den Augen unserer Familien und Freunde frage ich mich, woher ich den Mut genommen habe.“ Tatsuro hielt für einen Augenblick inne, und Yukke atmete unwillkürlich ein, während ihm das Herz bis zum Hals schlug. „Wenn jemand ein Happy End verdient hat, dann bist du es, allerdings bin ich mir sicher, dir dieses nicht bieten zu können.“ Unruhiges Gemurmel wurde im Saal laut und er spürte selbst, wie sich seine Stirn in Falten legte, sich seine Verwirrung nur allzu deutlich auf seinem Gesicht widerspiegelte. Was hatte Tatsuro vor? Das hörte sich fast danach an, als würde er … „Aber ich verspreche dir, dass ich es mit dir, als meinem besten Freund, meinem Vertrauten und Partner an meiner Seite versuchen werde, einem Happy End für dich, für uns zumindest nahe zu kommen.“   Yukke konnte nicht anders, als leise zu Lachen, als die Anspannung, die in den letzten Sekunden erneut von ihm Besitz ergriffen hatte, von ihm abfiel.   „Das hast du doch mit Absicht gemacht“, wisperte er so leise, dass nur Tatsuro ihn hören konnte und das Grinsen, welches daraufhin für einen Augenblick über sein Gesicht huschte, war ihm Antwort genug. Aber bevor er noch etwas darauf sagen konnte, trat Satochi vor, hielt die Schmuckschatulle geöffnet nach oben und Tatsuro ergriff den breiten Ring aus Weißgold.   „Ich könnte nun sagen, ich schenke dir mein Herz. Allerdings kann ich dir nichts geben, was du schon längst besitzt. Darum nimm stattdessen diesen Ring von mir, als sichtbares Zeichen dafür, dass ich dich liebe und den Rest meines Lebens mit dir verbringen möchte.“   Langsam glitt das kühle Metall über seinen Ringfinger und Yukke musste erneut einige Male schlucken, um nicht hier und jetzt seinen Emotionen zu erliegen. Dennoch brannten seine Augen verräterisch, als es nun an ihm war, die traditionellen Sätze zu sprechen. Je näher er dem Moment kam, an dem die einstudierten Worte ihn verlassen und er mit seinem eigenen Schwur fortfahren würde, desto nervöser wurde er. Und dann war es soweit, seine Unterlippe bebte vor Anspannung, als der Name seines Liebsten über sie perlte.   „Tatsuro. Ich … bin nicht gut mit Worten, nicht wie du, was ich übrigens ziemlich unfair finde.“ Leises Lachen der Gäste drang an seine Ohren und auch Tatsue schmunzelte belustigt, was ihn ermunterte, weiterzusprechen. „Ich hab lange überlegt, was ich sagen könnte, und bin zum Schluss gekommen, dass die Wahrheit noch immer das Einfachste ist.“ Tief atmete er durch, sammelte sich und sah Tatsuro erneut direkt in die Augen. „Unsere Beziehung konnte man noch nie als unkompliziert bezeichnen, und es gab in den letzten Jahren mehr als einen Moment, in dem ich mich gefragt habe, ob sie das alles wirklich wert ist.“ Yukke lächelte, als sich, wie auch schon bei Tatsuros Worten vorhin, Unruhe unter den Versammelten ausbreitete. „Aber ich kann nur sagen, ja. Ja, sie ist es wert. Denn für jedes Mal, wo du mich an den Rand der Verzweiflung getrieben hast, hat es wieder einen Augenblick gegeben, indem du mich einfach nur über die Maßen glücklich gemacht hast.“   Nun war es an Miya, vorzutreten, und nach etwas Mühe gelang es Yukke schließlich auch, den Ring aus seiner Schatulle zu ziehen. Tatsuros Ring aus Weißgold war zusätzlich an beiden Rändern mit kleinen, schwarzen Steinen aus Onyx verziert, was das Schmuckstück deutlich extravaganter wirken ließ, als das seine.   „Ich will nie wieder auf dieses Glück und auf ein Leben mit dir verzichten müssen. Darum nimm diesen Ring, als sichtbares Zeichen meiner Liebe. Lass mich dein bester Freund, Partner und Vertrauter sein …“ Yukke lächelte, als er sich Tatsuros Worte ausborgte, um seinen Gefühlen Ausdruck zu verleihen. „Damit wir uns gemeinsam unser Happy End erschaffen können.“ Bedächtig schob er den Ring über Tatsuros schmalen Finger und spürte das feine Zittern, das durch den Körper seines jetzt Ehemanns fuhr.   Wie auch schon vor zehn Tagen im Sanji’s erhob sich spontaner Applaus, obwohl das in dieser Umgebung ein wenig unangemessen war. Grinsend drehte Yukke seinen Kopf, blickte in die Runde der anwesenden und fühlte endlich, wie die ganze Nervosität und Anspannung von ihm abzufallen begann. Tatsuros Hand legte sich an seine Wange, veranlasste ihn dazu, ihm wieder ins Gesicht zu sehen.   „Mein Mann“, wisperte er und verschloss seine Lippen für einen liebevollen Kuss, der Yukkes Herz höherschlagen ließ.   In dem Augenblick ertönte der Gong erneut und die Klanghölzchen nahmen ihren hypnotischen Takt wieder auf. Fast schon etwas widerwillig, so kam es ihm zumindest vor, ließ Tatsuro von ihm ab, ergriff seine Hände und verschränkte ihre Finger miteinander. Die mit Altersflecken und Runzeln übersäte Hand des Priesters legte sich über die ihren, während er noch einmal zum Gebet ansetzte, um ihre Verbindung vor den Augen der Götter zu segnen.   ~*~   Das strahlende Lächeln würde er heute vermutlich den ganzen Tag nicht mehr loswerden. Ihm tat schon der Kiefer weh, aber wirklich etwas dagegen machen, konnte und wollte er nicht. Tatsuro an seiner Seite wirkte über die Maßen glücklich, als er gerade Yumikos stürmische Umarmung erwiderte. Natürlich war Tatsues Cousine eingeladen, immerhin war sie maßgeblich am Heiratsantragskomplott beteiligt gewesen und daher auch mehr oder weniger daran schuld, dass ihr Cousin nun unter der Haube steckte. Yukkes Mundwinkel schoben sich nur noch höher bei diesem Gedanken, bis sich Tatsuro auf einmal versteifte. Fragend schaute er zu ihm auf und folgte seinem Blick. Mit einem leicht flauen Gefühl in der Magengegend erkannte er, was ihn so hatte reagieren lassen. Tatsuros Vater bahnte sich einen Weg durch die versammelten Hochzeitsgäste, bis er schließlich vor ihnen zum Stehen kam. Für einen langen Moment sahen sich Vater und Sohn nur regungslos an, dann drehte sich der ältere Herr, ohne etwas gesagt zu haben, zu ihm um. Yukke schluckte. Bislang war Iwakami Senior ausnahmslos höflich zu ihm gewesen, auch nachdem sie ihm von ihrer Beziehung erzählt hatten. Aber nun?   „Yusuke.“   „Ja?“ Bildete er sich das nur ein oder konnte man aus diesem winzigen Wort tatsächlich all die Unsicherheit raushören, die er gerade empfand?   „Herzlich willkommen in der Familie.“   Kräftige Arme legten sich um seine Schultern und zogen ihn ein Stück nach unten, bis ihn der kleinere Mann einmal kurz, aber herzlich an sich gezogen hatte. Vollkommen überrumpelt erwiderte er die Umarmung und schaute dann dabei zu, wie auch Tatsuro die gleiche Behandlung zu Teil wurde. Nachdem sich sein Schwiegervater wieder zu den anderen Gästen gesellt hatte, lehnte sich Yukke gegen seinen etwas perplex wirkenden Mann und stippte ihm grinsend in den Bauch.   „Ich glaube, ich weiß jetzt, wo du deine Unberechenbarkeit her hast.“     „Na, also bitte, so schlimm bin ich definitiv nicht.“   „Nein, du bist schlimmer.“ Yukke lachte und küsste die Schnute, die Tatsue gerade zum Besten gab. „Aber siehst du, ich hab dir doch gesagt, dass er es irgendwann akzeptieren wird.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)