Last Friday Night von irish_shamrock (What happened yesterday? [#Malec] SW 2o17) ================================================================================ Kapitel 1: Last Friday Night ----------------------------   Last Friday Night  What happende yesterday? Rasch hob er das Glas an die Lippen und stürzte den süßlichen Inhalt hinab. So hübsch und bunt der Drink auch sein mochte, für ihn war es ein Alptraum! Und selbst die leichte Säure der Limette und das Scheibchen dieser, die man zu dekorativen Zwecken an den Glasrand drapiert hatte, konnten ihn nicht milde stimmen. Ein Kichern, das neben ihm erklang, ließ ihn den Kopf drehen. Auf dem Barhocker zu seiner Linken hatte sich eine Fee gleiten lassen. Unter Umständen war diese sogar recht hübsch, wenn man jene verteufelten Wesen als solches bezeichnen konnte. Jace verdrehte die Augen. Nicht noch eine Botschaft der Elbenkönigin! Genügte es nicht, dass man Clary und ihn vorgeführt und blamiert hatte? Doch die Königin des Lichten Volkes bezog aus der Pein ihrer Gefangenen Genuss. Labte sich an dem Leid, das Menschen einander zufügten. »Meine … Königin wünscht ...«, hob die Fee an, doch der Schattenjäger gab sich nicht einmal Mühe, seine Abneigung zu verbergen. »Interessiert mich nicht, was sie zu sagen hat.« Das Knurren seinerseits ließ sich nicht unterdrücken. Nicht in jenem Moment, nicht bei dieser Gesellschaft. »Ihr … Seelie ...« »Jace.« Dunkel drang die Stimme Alecs zu ihm. Und auch wenn es der junge Mann nicht zugab, war er seinem Parabatai dankbar, dass er ihn vor seinen eigenen, unangebrachten Worten rettete. Die warme, kräftige Hand seines Freundes bewegte Jace dazu, nicht nur der Bar den Rücken zu kehren, sondern auch das Feenwesen unangehört stehenzulassen. »Nicht, dass dir die Zunge abfällt«, zischte Alec und lotste ihn in eine der Nischen, die es an jenem Ort zu Hauf zugeben schien. »Du weißt doch besser, als jeder andere, wie gefährlich die Feenwesen sind.« »Willst du mich belehren?«, spöttisch holperten Jace jene Worte über die Zunge. »Nein, ich rette dich nur vor dir selbst«, erklärte Alec schlicht und fuhr sich mit beiden Händen übers Gesicht. »Warum wolltest du eigentlich unbedingt hierher?« »Abstand«, war die knappe Antwort. »Abstand? So einfach?« Offenbar gab sich der hochgewachsene Schattenjäger nicht damit zufrieden. »Du nicht?«, entgegnete Jace. »Nach allem, was geschehen ist?« Doch Alec wandte sich kurz von ihm ab. Er spürte, wie sich ihm die Nackenhaare aufstellten, bemerkte, wie die Welle an purer Energie auf ihn zukam. Jaces Lippen zierte ein Grinsen, während das Flirren und Flackern um sie herum an Intensität gewann. »Warum tust du mir das an?«, verlangte Alec zu wissen. »Abstand, weißt du noch?« Mit einer raschen Bewegung stieß Jace seinen Kameraden geradewegs in das Funkeln, dessen Ursprung nur einer Person entstammte. »Kinder der Nephilim.« Wie das Klingeln vieler Glöckchen wehte die sanfte Stimme des obersten Hexenmeisters Brooklyns zu ihnen herüber. »Welch eine … freudige Überraschung. Was treibt euch zu mir, nach dem … Debakel mit eurem … seltsamen Freund?« »Zerstreuung«, amüsiert zuckten Jaces Mundwinkel. »Zerstreuung?« Verblüffung zierte Magnus Banes Gesicht. Ein Funkeln glomm in den katzenhaften, grün-gelben Augen des Magiers. »Nun, dann … hoffe ich, euch bei eurer … Mission behilflich sein zu können.« Alecs Wangen färbten sich, sobald er Magnus' Angebot vernahm. Er wollte den Kopf schütteln, doch etwas hinderte ihn, seinem Vorhaben nachzukommen. Das Blut wand sich nicht nur vom Halse aufwärts, sondern schien es ebenso sein Sprachzentrum zu lähmen. »So sprachlos?« Die Lippen des Hexenmeisters kräuselten sich nicht minder erheitert. »Nun, sei es, wie es sei. Kommt, amüsiert euch. Suchet und findet Zerstreuung!« In ausschweifender Gestik lud der egozentrische Hausherr zum Gelage. Mit einem Gemisch aus Wut und Entsetzen im Blick, begegnete Alec seinem Kameraden. Jace jedoch strich sich lässig die blonden Strähnen aus der Stirn, ließ es beiläufig erscheinen, so, als tue er es ständig, und entkam so dem Unmut des engsten Vertrauten. Sein selbstbewusstes, oft arrogant wirkendes Auftreten hatte Alec schon immer imponiert. Der Schattenjäger spürte das ihm bekannte Kribbeln in seinen Fingerspitzen. Es überfiel ihn beinahe ständig, doch seit geraumer Zeit hatte Alec begreifen und sich eingestehen müssen, dass das Herz seines Freundes nicht für ihn, sondern für Clary schlug. Clary, allein beim Klang ihres Namen hatte es ihm gegraut. Klein, rothaarig, aufmüpfig, doch das Mädchen hatte sich im Kampf gegen ihr eigenes Blut bewährt. Ein schwacher Trost für sein leidendes Herz. Eifersüchtig war er, unbestreitbar. Und Eifersucht war ein hässliches Monstrum, geschaffen aus Naivität, Trotz und kindischem Verhalten. Jemand wollte, was er begehrte, liebte, was ihm gehörte. Doch Ansprüche auf Jaces Gefühle durfte er nicht stellen. Und seitdem Clary in sein Leben getreten war, musste sich Alec nicht nur vor seinen eigenen Worten hüten, auch musste er sich mit Jaces Loyalität und der tiefen, innigen Freundschaft beider, zufrieden geben. Beide standen sie an verschiedenen Ufern des selben Sees, der so unüberbrückbar schien. Leben und Gefühle … Nicht einmal Nephilim waren vor solch emotionalen, menschlichen Reaktionen gefeit. Bei jenem Gedanken innehaltend, schnaubte Alec und schüttelte den Kopf. »Was belustigt dich, Alexander?« Alec fuhr kaum merklich zusammen, als er die samtigen Laute Magnus' dicht an seinem Ohr vernahm. »Alec«, keuchte der Schattenjäger knapp und hoffte, dass Jace von diesem Spektakel nichts bemerken würde. Er räusperte sich vernehmlich und versuchte, sich nicht von Magnus' Zauber einlullen zu lassen. »Nur Alec« »Das weiß ich doch.« Warm und wohlig waren die gehauchten Worte des Hexenmeisters. Alec verfluchte sich für das Zittern, ausgelöst allein durch die Nähe zu diesem … fabelhaften Wesen. Magnus legte den Kopf schräg. »Du scheinst mir verwirrt ...« Die dunklen Augenbrauen des jungen Mannes schoben sich zusammen, doch er bemühte sich, den Kopf verneinend zu wenden. »Natürlich bist du das, mein Freund.« Achtlos zuckte Magnus Bane die Schultern und wandte sich zum Gehen, nicht ohne jedoch flink nach der Hand Alecs zu haschen. Wie selbstverständlich stolzierte der Magier durch sein Heiligtum, nickte seinen Gästen zur Begrüßung und zog den verblüfften, vor Scham und Angst im Boden zu versinken wollenden Alec mit sich. Ihr Weg führte sie durch die Räumlichkeiten des Etablissements, weit ab von dem bunten Treiben, den mystischen und wunderlichen Figuren, die die Menschheit als Ammenmärchen abtat. Menschen … sie waren so leichtgläubig, dumm gar, so blind … und doch so voller Gefühl, dass Alec abermals das eigenartige Kribbeln bemerkte. Es zog sich von den Fingerspitzen in die Hand hinauf, die Magnus noch immer umklammert hielt, schlängelte sich genüsslich, ihn quälend, erst in höhere, dann in tiefere Gefilde. Nervosität war ein seltsames Konstrukt, ein eigenwilliges Wort, doch nichts anderes konnte jene Regung in ihm wohl besser zum Ausdruck bringen, als jenes Gebilde aus Silben, das ihn so durcheinander brachte. In einer Welt, die andere, nicht magische Wesen, als Legenden, Sagen, Mythen beschrieben, war kein Platz für emotionalen Aufruhr. Jedoch sah sich der Schattenjäger inmitten dieser Schlacht stehen, allein, ohne Beistand, waffenlos. Eh er es sich versah, hatte Magnus ihn in ein separates Zimmer geführt, fernab von all der Musik, dem Lärm und Lauten. »Erzähl mir, Freund, was bedrückt dich?« Magnus tat eine wedelnde Handbewegung und bedeutete ihm, sich zu setzen. Argwöhnisch hüpfte die dunkle Augenbraue empor, als sich Alec in dem Raum umsah. Dunkle Farben, Lila und Blautöne, hin und wieder etwas Weinrotes, das ihm ins Auge fiel. Sessel, Kissen … Es herrschte eine gewisse unordentliche Ordnung vor. »Was …?«, entkam es krächzend seiner Kehle. Jenes Geräusch ließ den Magier aufhorchen. »Was führen Feenwesen in … « »Das ist deine Sorge, das bedrückt dich?« Ohne auf Alecs Ausführung Acht zu geben, fiel Magnus darin ein. »Ich bin nur ein Hexenmeister, magische Wesen sind meine besten Kunden. Ich muss jedem von ihnen wohlgesonnen sein, auch wenn ich es bei einigen lieber nicht wäre.« Knapp schüttelte Alec den Kopf. »Du … bist der oberste Hex- ...« Wieder wedelte Magnus mit der Hand. Eine scheuchende, vertreibende Geste, die den Schattenjäger verstummen ließ. Das Flackern von Kerzen, die in allen Spektren des Lichtes schimmerten, tauchten das Gesicht des Mannes in ein Wechselspiel der mimischen Kunst. Regenbogenartig flossen die Farben ineinander, verschmolzen mit dem Rest der Umgebung. »Du … bist gut.« Seine Worte stolperten ihm über die Zunge, noch eh Alec wusste, was er von sich gab. »Und du ein miserabler Lügner, Alexander« Das Kichern, welches Magnus von den Lippen wich, war nicht halb so amüsiert, wie es den Anschein hatte. »Gut, dann … bist du genial, der größte und mächtigste ...«, fuhr Alec unbeirrt fort. »Was soll das, Schattenjäger? Wird das ein Loblied auf mein Dasein?«, schnaubte Magnus. »Warum bist du hier? Warum … seid ihr hier? Macht euch der kleine, rothaarige Wildfang Ärger? Soll ich sie mit einem Liebeszauber ...« »Nein!«, rief Alec sofort dazwischen. Peinlich genug, dass er sich in eine ausweglose Situation gebracht hatte, schlimmer noch: Magnus Bane nahm an, ihr Besuch sei Clary geschuldet! »Nun, wie du meinst.« Der Hexenmeister zuckte mit den Schultern. »Darf ich dir etwas anbieten? Einen Drink vielleicht?« Kurz zog Alec das Angebot in Erwägung, dann schüttelte er ablehnend den Kopf. »Auch gut.« Mit einem Fingerschnipp hielt Magnus einen Tumbler in der Hand. Bernsteinfarbene Flüssigkeit schillerte darin. »Verzeih' wolltest du doch etwas?« Alecs Augen wurden schmal. Noch immer wusste er weder, was er sagen sollte, noch wie er sich in Gegenwart des Mannes am geeignetsten verhielt. Abermals verneinte er dankend. »Brauchst du einen Liebeszauber?«, gelangweilt entkam die Frage Magnus' Lippen. »Euer Interesse an dem … Goldlöckchen ist nicht zu übersehen.« »Euer?«, echote Alec. »Dein Interesse, Clarys Interesse, das Interesse der Seelie-Königin … und einiger anderen Kreaturen ...«, fuhr Magnus gedehnt fort. »Wer?« Noch ehe er sich dessen gewahr wurde, polterte ihm das kleine Wörtchen von der Zunge. »Na nu, so forsch, Alexander? Ich denke nicht, dass es ratsam wäre, wenn ich dir davon berichte. Es liegt nicht in meiner Hand ...«, abwehrend hob der Hexenmeister jene empor. »Aber in deinen Fähigkeiten!« Wieder bedachte ihn der Schattenjäger mit prüfendem Blick. »Möglicherweise, dennoch … ich darf nicht eingreifen.« Doch mit dieser Aussage gab sich ein Alec Lightwood nicht zufrieden. »Du hast Clarys Geist manipuliert!«, spie er pfeilschnell aus. »Jocelyn bat mich damals darum, das ist korrekt«, fuhr Magnus seelenruhig fort. »Doch mir scheint, dass deine Sorge um Jace nur ein Vorwand ist. Wie sieht's aus, habe ich Recht?« Alec versuchte der glühenden Wangen Herr zu werden und hoffte, dass jenes Brennen bald erlosch. Doch mit jedem weiteren Wort wurde ihm das Gespräch schier zu einer Tortur. Ihm war nicht daran gelegen, über Jace oder Clary zu sprechen, geschweige denn über ihre unsterbliche Liebe, die mystische, vorherbestimmte Verbindung. »Ich hätte doch gern einen Drink«, hastig entkam ihm die Bitte. Schweigend wurde Alec das Glas gereicht, doch dieser zögerte. »Nun nimm schon, ich habe noch nicht einmal daran genippt. Es sei denn, du wünschst es dir« Das Grinsen auf den Lippen des Mannes ähnelte nun mehr den je das einer Katze. So sanft die Färbung auch gewesen sein mochte, die Kraft hinter dem Bourbon brannte sich seine Kehle hinab. Heiß, feurig, brodelnd, betäubend. »Gut, hm?« Magnus' Grinsen wurde, wenn dem möglich war, noch breiter. Alec jedoch schüttelte den Kopf. »Also nicht? Schade.« Betrübt sankt dem Hexenmeister die Stimme. »Nun, ich … hätte auch noch ein paar andere ...« Das erneute Schütteln des rabenschwarzen Hauptes ließ den Magier inne halten. »Das war doch nicht dein erstes Mal, oder, Alexander?« »Dir scheint es ja eine Menge Spaß zu machen, dich am Leid anderer zu ergötzen«, kroch es Alec krächzend über die Lippen. »Nicht mehr als anderen, Engelskind«, spottete Magnus und ließ das Glas erneut befüllen. Er trat auf den jungen Mann zu, nahm ihm das Glas aus der Hand und stürzte den Inhalt hinunter. Nicht einmal mit der Wimper zuckte er, hielt sein Gegenüber fest im Blick. »Das … ist nicht fair«, gab Alec kleinlaut zum Besten. »Was ist nicht fair, Schattenjäger?«, verlangte der Herr des Hauses zu wissen. »Du … bist geübt«, nuschelte Alec leise, doch dem Hexenmeister entkam nur ein schnaubender Laut, der in einem kehligen Lachen mündete. »Was ist daran so witzig?«, blaffte Alec ungerührt. Sofort verebbten die heiteren Töne. »Gar nichts. Und nun möchtest du, dass ich mit dir das Trinken trainiere?« Der Hohn und Spott in Magnus' Worten sollten ihn nicht verletzen, doch zu Alecs Leidwesen kümmerte es ihn mehr, als er sich eingestand. Leichter Schwindel erfasste ihn, doch Alec bemühte sich, seinem Gastgeber nicht zu zeigen, dass er weder gekränkt, noch leicht benebelt war. Magnus schnalzte amüsiert die Zunge. »Alec, Alec, Alec ...« Der Name entkam ihm wie ein Flötenspiel. Sanft und zart, dennoch fuhr der Schattenjäger kaum merklich zusammen. »Wo willst du hin?«, erklang Magnus' Stimme und schien wie flüssiger Honig, süß, klebrig, golden schimmernd von seinen Lippen zu tropfen. Alec schüttelte den Kopf. Dafür, dass Jace ihn hierher geführt hatte, würde der Goldjunge büßen! »Du hegst Rachegedanken, hm, mein lieber Freund?« Ein leises Kichern folgte, dann stand Magnus bei ihm. Seine Finger umfassten Alecs Kinn, somit zwang Magnus ihn, ihm in die Augen zu sehen. »Du solltest ihm dankbar sein, statt ihm Leid zufügen zu wollen, Alexander. Auch wenn du bisher ebensolchen Schmerz erlitten hast, so rechtfertigt dies doch keine Rache, oder?« Seine Augen verengten sich, doch bis auf das Öffnen der Lippen, versagte sich Alec weiteres Handeln. »Geh, wenn du es möchtest, und quäle dich weiter mit dem Gedanken herum, jemanden haben zu wollen, den du nicht bekommen kannst. Doch bleibst du, stehen dir alle Möglichkeiten offen.« Magnus gab ihn frei, überließ ihm die Entscheidung. »Die da wären?« Es gelang dem Schattenjäger nicht, das Knurren zu unterdrücken, das seine Worte begleitete. »Dich zu amüsieren, dich auszuleben ...«, pries der Hexenmeister und gebot ihm abermals mit ausschweifender Gestik, sich umzusehen. Als Alec keinerlei Anstalten machte, die Flucht zu ergreifen, nahm Magnus dies zum Anlass und bat ihn, sich zu setzen. Ungewohnt folgsam kam der Schattenjäger jener Einladung nach und ließ sich auf einem Kissen nieder. »Nein, nicht dort«, seufzte Magnus auf. »Und … wo dann?«, unsicher musterte Alec sein Gegenüber. Der Hexenmeister tat eine scheuchende Bewegung mit der Hand und deutete auf das pompöse Bett, nicht unweit der Kissenschar entfernt. Alec schluckte unweigerlich die Anspannung herunter, die ihn überfiel. »Nervös, mein Freund?« Wieder stellten sich ihm beim Klang der lieblichen Stimme die Nackenhaare auf, doch Alec ließ ein tapferes Kopfschütteln blicken. Erstaunt hüpfte die perfekt gezupfte Augenbraue Magnus' empor, während sich seine Lippen mehr als erheiternd kräuselten. Alec war sehr bemüht darum, dass der Magier ihm nicht anmerkte, welch Anspannung sein Nervenkostüm tatsächlich erfüllte. Doch als er den musternden Blick auf sich spürte, wusste Alec, dass dem Hexenmeister nichts verborgen blieb. Starr und mechanisch überbrückte er die wenigen Schritte in Richtung Schlafstätte und ließ sich auf dem schimmernden, rutschigen Untergrund nieder. »Satin ist nicht jedermanns Sache, doch mir gefällt es, wie es glänzt«, erklärte Magnus beiläufig und hielt mit einem Male gleich zwei bauchige Gläser in der Hand. Eines davon reichte er dem jungen Gast, der zu ihm auflinste, knapp, aber dankend, nickte und dann seinem Blick auswich. »Es ist gar nicht so leicht, dir die Sprache zu entlocken, Alexander«, sagte der Hexenmeister und nippte an der goldgelben Flüssigkeit. Alecs Finger umfassten den Tumbler mit solch einer Kraft, dass der Drink gefährlich schwappte. Mit emporgezogener Augenbraue besah sich Magnus das Schauspiel. »Du bist unsicher, und weißt nicht, wohin mit dir ...« Alec zuckte zusammen, lockerte den Griff um das Glas und horchte auf, als er das Schnippen von Fingern bemerkte. »Da du dir den Genuss eines so edlen Tropfens zu versagen scheinst, so, wie einiger, anderer schöner Dinge auch ...«, spie Magnus aus und legte eine unnahbare Haltung an, ähnlich einer Rüstung. »Wollen wir doch mal sehen, nach welcher Art von Vergnügen dir dennoch der Sinn steht.« Vor Alecs Augen reihte sich Glas an Glas, bauchig, phiolenartig, schmal, breit, ausladend, spitz, kelchig … Vom Inhalt der Gefäße ganz zu schweigen: Von tiefstem Rot, über durchsichtig, giftgrün schimmernd, bläulich leuchtend, gelblich trüb und nächtlicher Schwärze. Die dunklen Augenbrauen schoben sich fragend zusammen. »Das trinke ich nicht!«, fauchte Alec und war bereits im Versuch, sich zu erheben. Ruhig beobachtete Magnus den unwirschen, jungen Mann. Mit einem erneuten Schnippen verschwanden die dargebotenen Getränke. »Willst du dich über mich lustig machen?!« Alecs Stimme schwoll zu einem bedrohlichen Knurren. Magnus jedoch legte den Kopf schief und betrachtete den rasenden Wüterich vor sich. »Warum sollte ich das tun?« Magnus' Worte hallten durch den Raum, ließen die Flammen der Kerzen zucken. Schatten scheuchten einander über die Wände, rannen über Kissen, Decken und Mobiliar, erreichten das Gesicht des Hexenmeisters und ließen seine Miene vor Wut glimmen. »Komm wieder, wenn du dir deiner Gefühle Herr bist, Alexander. Ansonsten kann ich nichts für dich tun!« Ein Ruck ging durch den Jungen. Wer war er, den obersten Hexenmeister Brooklyns so zu verunglimpfen? Seine Gastfreundlichkeit und Hilfe so zu verraten? Betreten senkte Alec sein Haupt. Es war ihm zu wider, den Zorn und Unmut Magnus auf sich zu ziehen. »Es wäre besser, wenn ...«, erhob dieser das Wort, doch Alec verneinte hastig. »Nein, bitte, es … es tut mir leid.« »Es tut dir leid?« Wieder legte der Magier den Kopf schief. »Nun, dann … können wir also fortfahren?« Ein knappes Nicken war die Antwort. »Schön«, entgegnete Magnus und die Lichter beruhigten sich, seinem Gemütszustand folgend. »Was … waren das für … für … «, es fiel ihm ungeahnt schwer, nach jener so aufreibenden Situation, das Wort an Magnus zu richten. »Stellst du etwa meine Braukunst infrage?«, bedrohlich flackerten die Silben auf, doch Magnus Mimik strafte seine Wut Lüge. Eiligst schüttelte Alec den Kopf. »Du hast gut daran getan, mir mit Argwohn zu begegnen, Schattenjäger. Nicht jeder bleibt in meiner Gegenwart so gefasst und … misstrauisch, wie du. Viele lassen sich nur allzu gern von dem ganzen Schimmer, dem Schein und dem Glamour blenden.« Abermals schnippte Magnus mit den Fingern, und wieder erschien eine ganze Reihe von Drinks vor Alecs Augen. »Keine Angst, Freund … diese sind, bis ein paar wenige Ausnahmen, völlig … ungefährlich. Dennoch solltest du dich nicht von dem harmlosen Äußeren täuschen lassen«, riet Magnus ihm und reichte ihm das erste Glas. Schwer rang Alec nach Luft. Ihm war, als drehe sich alles, nicht nur das Inventar des hiesigen Zimmers. Nach dem dritten Drink hatte er Gefallen an dem Vorhaben gefunden, doch bereits beim fünften Glas war das dumpfe und diffuse Gefühl über ihn herein gebrochen. Und nun, nach dem siebten, unscheinbar rötlich erscheinendem Shot, den Magnus ihm reichte, war der Schwindel wieder bei ihm, wenn auch nicht willkommen. Wie viel Zeit verstrichen war, wusste er nicht zu sagen. Minuten, Stunden? Tage vielleicht? Doch dann schüttelte Alec den Kopf. Jace wäre längst hier aufgetaucht und hätte ihn mit sich genommen. Etwas an dem Gedanken wärmte ihm das Herz und zerschlug es sogleich in tausend Stücke. Was, wenn sich Jace seine Zeit mit Clary vertrieb und ihn hier einfach vergessen hatte? »Alec? Alec!« Fremd klang der Name in seinen Ohren. Mit jedem weiteren Wort wurde sein Geist klarer. »Du bist hier, um dich davon zu lösen, nicht, um darin zu versinken ...« Tief sah ihm der Hexenmeister in die Augen. Gelb und grün mischten sich zu einer Farbe, die Alec nicht zu benennen wusste. »Gelb … grün ...«, sinnierte er leise. »Was murmelst du da vor dich hin?« Magnus' Worte waren nicht von Bosheit oder Hohn durchtränkt, eher erschienen sie ihm wie ein helles Glockenspiel. Ihm sank das Kinn auf die Brust. Heiß wand sich das Blut in seinen Adern, ihm war, als stünden ihm die Fingerspitzen in Flammen. Ungefragt tastete Alec nach dem Gesicht vor sich. »Du bist so … unfassbar faszinierend.« Sanft ließ er seine Finger über Magnus' Antlitz wandern. »Wie gemalt … gemeißelt … bunt, wie ...« »Bunt?«, schnaubte Magnus. »Das höre ich zum ersten Mal.« »Nein«, schüttelte Alec benommen den Kopf. »Nicht … bunt … eher schillernd …« Amüsiert zuckten dem Magier die Mundwinkel. Als dieser jedoch bemerkte, wie sich die Finger Alecs in Richtung Lippen bewegten, sog er zischend die Luft ein. Der Schattenjäger legte den Kopf schief, rückte näher zu ihm heran, bis sich die Nasenspitzen beider beinahe berührten. »Du bewegst dich auf dünnem Eis«, spie Magnus aus, doch das hielt den jungen Mann nicht davon ab, vorsichtig die geschwungenen Linien mit den Fingerspitzen entlang zu fahren. »Ich bin nicht zum Trost gedacht.« »Ach nein? Und warum sollte ich bleiben?«, hakte Alec nach und strich mit dem Daumen über die Unterlippe seines Gegenübers. Erschrocken keuchte Alec auf, als er den leichten Schmerz verspürte, den der Biss des Hexenmeisters hinterließ. »Du hast mich gebissen!«, bemerkte Alec das Offensichtliche und spürte, wie ihn jene Regung in die Nüchternheit zurückzerrte. Rasch war Magnus' Zunge, als jene über den malträtierten Daumen fuhr. »So viel Verstand ist dir also noch geblieben«, murrte der Magier, dann entwich ihm ein seufzender Laut. »Schade ...« »Als wenn ich zu benebelt wäre, um zu merken, wann mir jemand in den Finger beißt!«, knurrte Alec und zog sämtliche Finger von ihm fort. »Daumen, mein Freund, es war der Daumen. Und ich glaube nicht, dass ich dich nicht gewarnt hatte.« Gedankenverloren betrachtete Magnus seine manikürten Krallen. »Aber wenn du es wünschst, dann beiße ich gern noch einmal zu, dann vielleicht an derer Stelle?!« Alec hatte Mühe, die Worte des Mannes in Einklang zu bringen. Mutig, eine Handlungsweise, die er dem Alkohol zuschrieb, wagte er einen verbalen Schritt nach vorn. »Und … wo würdest du mich beißen?« »Ich warne dich noch einmal, Freund.« Magnus war um Ruhe bemüht, als er dem Jungen auf diese Art entgegenkam. Er unterzog Alecs Miene einem musternden Blick. Das dunkle Blau seiner Augen erschien ihm wie ein tiefer, schwarzer See bei Nacht. »Jetzt … sind deine Augen grün«, ließ Alec verlauten. »Mit … goldenen Punkten ...« Doch noch ehe der Schattenjäger weitersprach, zog Magnus ihn zu sich und presste ihm die Lippen auf den Mund. Der erschrockene Laut, der sich aus seiner Kehle empor quälte, wurde jäh erstickt, als sich Alec gewahr wurde, was soeben geschah. Sanft, und doch kraftvoll spürte er Magnus Lippen, die ihm weitere Worten versagten. Nie hätte Alec auch nur geahnt, wie es sein würde, jemandem auf diese Art und Weise zu begegnen. In seinen Wünschen und Gedanken waren solche Szenarien heimisch, doch jenen Gefühlen leibhaftig beizuwohnen, überstieg den kümmerlichen Rest des ihm noch gebliebenen Denkens. Ein Zittern wallte in ihm auf, doch keines, das von Kälte geprägt schien. Hitze, so unerträglich, ballte sich in ihm zusammen. Aus dem kleinen Flämmchen, das er hütete und es vor allem zu schützen versucht hatte, entstieg ein Feuer, das alles in ihm in Aufruhr versetzte. Ihm kochte das Blut, versengte ihm das Herz. Sowie er etwas Feuchtes, Warmes an seinem Mundwinkel spürte, das sich über die geschwungenen Linien schob, war es um ihn geschehen. Bereitwillig öffnete er die Lippen. Instinktiv, gierig, schmachtend und verzehrend gebot er Magnus, sich zu nehmen, wonach dieser verlangte. Alec war seinem Zauber erlegen, war in den Bann des Magiers geraten und sah keinerlei Ausweg mehr. Als ihm Magnus sanft mit der Zunge entgegenkam, und ihn zu locken versuchte, entrann ihm ein keuchender Laut. Alec schwanden die Sinne, bis alles um ihn herum plötzlich schwarz wurde. Verdutzt und irritiert blinzelte Magnus. »Verflixt!«, murrte er. »Und dabei haben wir noch nicht einmal richtig angefangen!« Tief seufzte er auf und bugsierte den Jungen in das große Bett. Er würde warten, bis sich dieser von dem Gelage erholt hatte. Mit hinter dem Kopf verschränkten Armen, lehnte Magnus Bane am eisernen Kopfende des Bettes. Die langen Beine ausgestreckt und den Schattenjäger neben sich betrachtend, horchte er auf, als lautes Poltern seine Aufmerksamkeit erregte. Draußen, vor den Toren der Stadt New Yorks, streckte der Morgen bereits seine Fühler aus. Das sanfte Licht der Morgenröte scheuchte das letzte Dunkel der Nacht davon. »Ah, Jace Wayland«, höhnte er und löste seine Haltung, als der ungebetene Gast den Raum betrat. »Lightwood«, knurrte Jace und hielt auf ihn zu. »Was auch immer ...«, leichtfertig zuckte Magnus die Schultern. »Was beschert mir dein rüdes Eindringen in meine Privatgemächer?« Jace verengte die Augen, als sein Blick auf Alec fiel. Mit einem stummen Nicken deutete er auf seinen Parabatai, der sich nicht rührte. »Was hast du mit ihm gemacht?«, verlangte Jace zu wissen. »Verzaubert?«, riet Magnus amüsiert kichernd. »Möchtest du auch?« »Ich bin nicht dein Typ«, entgegnete der Schattenjäger kühl. »Wie Recht du hast, Jace Wayland«, seufzte Magnus gedehnt. »Du kannst ihn mitnehmen. Ich glaube, dass er vorerst genug von all dem hier haben wird.« Abermals wallte ein Knurren in ihm auf, ehe Jace auf die Schlafstätte zutrat und seinen Freund am Arm rüttelte. Sofort schlug Alec die Augen auf, doch nach dem ersten Schrecken, begannen ihm die Lider zu flattern. »Was hast du mit ihm gemacht?!«, fauchte Jace ungerührt und ungeachtet der unpassenden Lautstärke. Alec zuckte zusammen und setzte sich auf. Ihm drehte sich alles, bis er blinzelnd zu Jace aufsah, dann jedoch wandte er unter glühenden Wangen den Blick ab. »Ihr solltet gehen, sofort!«, befahl Magnus und sah, wie der junge Schattenjäger beim Klang seiner Stimme zusammenfuhr. »Wir sehen uns wieder, Magnus Bane!«, spie Jace jovial aus, langte nach Alec und zog ihn aus dem Schlafgemach. »Das hoffe ich doch, Schattenjäger ...«, kicherte der Hexenmeister und sah, wie Alec, noch halb benommen, zu ihm umwandte, ehe die Tür ins Schloss fiel. »Immerhin ... war es deine Idee.« Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)