Dschungelfieber von Chimi-mimi ================================================================================ Kapitel 1: Erwachen ------------------- Detective Daniel Williams hatte das untrügliche Gefühl, dass dies nicht sein Bett war, in dem er gerade aufwachte. In der Regel war seine Matratze deutlich weicher und sein Apartment… ruhiger. Abgesehen von dem Hupen der Autos zumindest. Zwar war er noch nicht ganz wach, aber diese Geräusche klangen ganz eindeutig nicht nach Autos. Eher nach Vögeln. Es klang… nach Dschungel. Noch immer war der Jersey-Cop nicht bereit, seine Augen zu öffnen. Stattdessen überlegte er sich, warum Dschungelgeräusche ihn gerade aufweckte. War er mit Steve, diesem Oger von SEAL, etwa campen gegangen? Nein. Warum sollte er campen gehen? Er, Danny Williams, hatte definitiv KEINEN Grund in diesem verfluchten Grün einen gemütlichen Camping-Ausflug zu machen, selbst nicht für einen verrückt gewordenen Ex-SEAL, der sich als sein Freund bezeichnete. Gut, das war also nicht der Grund, warum ein Stein in seinen Rücken drückte, während ein Vogel mit seinem ach so lieblichen Gesang seinen Kopf zum Hämmern brachte. Gut. Zeit für eine Bestandsaufnahme. Zögerlich öffnete Danny ein Auge – gefolgt vom zweiten, auch wenn er eher das Bedürfnis hatte, die Augen sofort wieder zu schließen, vielleicht wäre das ja doch ein Traum. Eine leichte Bewegung zeigte ihm jedoch deutlich, dass dies kein Traum war. Ein scharfer Schmerz raubte Danny für einen Moment den Atem. Er zischte leise ein paar Flüche, bevor dieser nervtötende Schmerz wieder etwas nachließ. „Typisch, dass das ausgerechnet mich erwischt. Wenn dieser nervige Amy-SEAL hier wäre, wäre er vermutlich schon längst wieder zurück in der Zivilisation, aber nein! Ich hasse den Dschungel. Ich hasse diese verdammte Insel.“ Navy, Danny, Navy. Nicht Army. „Na toll, nicht mal, wenn er nicht da ist, habe ich meine Ruhe vor diesem Neandertaler.“ Danny seufzte ergeben und beschloss dann, noch einmal eine Bestandsaufnahme seines Körpers zu versuchen. Dieses Mal ohne die Ursache des Schmerzes zu bewegen, denn so viel hatte er schon ausgemacht: Es war ganz eindeutig seiner rechter Arm. Gut, dass er Linkshänder war… Moment mal, das war er natürlich nicht. Daniel Williams war Rechtshänder und das nervte ihn in diesem Augenblick gewaltig. Vorsichtig ging er seinen Körper von unten nach oben durch: Zehen war dran und funktionierten, de Füße schienen auch halbwegs intakt, seine alte Knieverletzung hingegen schien den Ausflug in den Dschungel genauso wenig genießen wie der Rest von ihm. Das Knie war wieder geschwollen und Danny wusste genau, jede Bewegung würde schmerzen. Traumhaft. Genau das, was man brauchen konnte, wenn man IRGENDWO in diesem verdammten Dschungel auf dieser verdammten Insel war. Und im Gegensatz zu so manchem SEAL, den Danny kannte – Steve, um genau zu sein -, würde er sich nicht anhand von dem Himmel und irgendwelchen Pflanzen rausnavigieren können. Obwohl… erstmal müsste er sich erst aus dieser unbequemen Lage rausnavigieren. Also setzte Danny seine Bestandsaufnahme fort. Hüften: check, Oberkörper: ein paar Prellungen, aber nicht dramatisch. Linker Arm vollkommen intakt und funktionstüchtig. Sein Nacken schmerzte etwas, aber hey, auf einem Stein schlafen, war nur in seiner Sache förderlich: Verspannungen. Im Gesicht konnte er eine aufgeplatzte Augenbraue ertasten und dankte dem Herrn für seinen Dickschädel. Auch ein Sturkopf wie deiner hat Vorteile, Danno. „Halt die Klappe, Steven. Und hör gefälligst auf, mich selbst in meinen eigenen Gedanken Danno zu nennen. Es heißt Danny. Kapiert, du Neandertaler? Danny. D. A. N. N. Y.“, beschwerte sich Danny, nur um dann den Kopf zu schütteln. Vielleicht hatte sein Kopf ja doch etwas abbekommen – immerhin stritt er sich gerade mitten im Dschungel mit seinem Partner, der nicht mal da war. „Also gut. Das ist nur die Situation. Alles ist gut. Ich höre jetzt auf mit nicht anwesenden Personen zu reden und rede lieber mit mir selbst. Nicht dass das besser wäre.“ Wieder einmal seufzte Danny in die Leere des Waldes. „Aber bevor ich noch richtig wahnsinnig werde, stehe ich jetzt ganz langsam auf. Wie würde der Oger sagen, erstmal die Lage checken, dann mit einem Plan aufkommen.“ Das klingt nach einem guten Plan, Danny. Aber mach langsam, klar? „Gut. Das war jetzt der endgültige Hinweis, dass ich durchdrehe. Steven J. McGarrett würde niemals, NIE in seinem Leben und bei all seinen Army-Schwüren sagen, dass ich langsam machen soll. Langsam. Das Wort kennt dieser Oger ja nicht mal.“ Navy, Danny, Navy. Und mit deiner Armverletzung solltest du langsamer machen. Sonst kommst du hier gar nicht mehr raus, Buddy. Dieses Mal versuchte Danny, seinen inneren Steve zu ignorieren. Vorsichtig rückte er sich so zurecht, dass er sich mit seinem linken Arm langsam an dem Busch neben ihm hochziehen konnte, bis er endlich aufrecht saß. Gut gemacht, Danno. Vergiss nicht zu atmen, ich weiß, dass das schmerzt. Und wie es schmerzte. In seinem Kopf ging Danny sämtliche Flüche durch, die er kannte – und das waren dank seiner Polizistenlaufbahn so einige. Aber keiner schien ihm stark genug, um auszudrücken, was er gerade empfand. „Verdammt… was für ein verdammter Zitronenfalter“, presste er mit schmerzverzogenem Gesicht heraus. Zitronenfalter? Ernsthaft, Danny? Das ist alles, was dir dazu einfällt? Steves Stimme in Dannys Kopf hatte doch ernsthaft die Frechheit amüsiert zu klingen. Er sah Steve und sein dämliches Grinsen direkt vor sich. „Ja, verdammter Zitronenfalter. Das ist ein verdammt guter Fluch. Und jetzt halt die Klappe, du Oger. Ich muss mich konzentrieren.“ Tatsächlich verstummte seine innere Stimme und Danny konzentrierte sich wieder voll auf seinen Arm. Er hatte zwar keine Medizin studiert, aber ihm war auch so klar, dass ein Am nicht so aussehen sollte. Shit, Danno, du musst das stabilisieren, okay Buddy? Und du weißt, das wird weh tun… Danny konnte seinem inneren Steve nichts entgegensetzen. Das würde weh tun, aber es würde noch mehr weh tun, wenn er nichts tat. „Jetzt wünschte ich mir doch tatsächlich, dass du mit deinen dämlichen Cargohosen hier wärst. Da wäre zumindest ein Verband drin.“ Jetzt auf einmal, ja? Selbst schuld, Danny, wenn du dich immer wie ein Cop aus ein schlechter Serie anziehst, mit Hemd und Krawatte. Das war es! Die Krawatte! Damit konnte Danny den Bruch stabilisieren. Alles, was er noch brauchte, war ein stabiles Stück Holz und das sollte in diesem verdammten Dschungel kein Problem sein. Wenn er etwas im Überfluss hatte, dann Holz. Zögernd drehte er sich nach links, um einen passenden Ast zu besorgen. Danno, nicht das Holz. Das ist viel zu brüchig. Du brauchst etwas Elastischeres, klar? „Fantastisch, Super-SEAL“, knurrte Danny vor sich hin, doch zugleich folge er seiner inneren Stimme und fand nicht weit von ihm einen Ast, der seinen Bedürfnissen entsprach. „Zähne zusammenbeißen, Williams… du schaffst das.“ Und tatsächlich hatte er nach einigen weiteren herzhaft vor sich gefluchten „Zitronenfalter!“ den Ast zu sich geangelt. Nächster Schritt: Die Krawatte abbinden. Das war leichter gedacht als getan und Danny murmelte immer wieder seinen neuen Lieblingsfluch vor sich hin, bis der Krawattenknoten sich gelöst hatte. Gut gemacht, Danny. Du weißt, was als Nächstes kommt? Oh ja. Das wusste Danny. Darum hielt er es nicht für nötig, seinem inneren Super-SEAL zu antworten. Er musste sich konzentrieren. Da konnte er keine Stimmhalluzinationen gebrauchen. Er musste den verdammten Bruch richten. Sein Arm stand in eine ungesunde Richtung ab und Danny hatte genug von seinem Partner gelernt, um zu wissen, dass ein ungerichteter Bruch zu langwierigen Folgen führen könnte. Zugleich war Danny bewusst, dass das Schmerzen bedeutete. Heftige Schmerzen. Vielleicht sogar Schmerzen, die ihn wieder für eine Weile ausknocken würden. Aber es musste sein. Du schaffst das, Danno, ich bin bei dir, okay, Kumpel? „Wenn du bei mir wärst, Steven, müsste ich das nicht selbst machen.“ Da hast du einen Treffer, Kumpel. Aber ich weiß, dass du mich dafür nicht brauchst. „Ich habe ja auch keine Wahl… Zum Glück ist hier niemand. Wenn die mich sehen und hören könnten, die würden mich sofort wegsperren.“ Hey, Danno. Du musst auf etwas beißen. Nimm deinen Gürtel und beiß drauf. Bitte, Danno. „Steve, so leicht kriegst du mich nicht ins Bett. Bloß weil ich meinen Gürtel ausziehe, heißt das noch gar nichts, Babe.“ Sein innerer Steve schwieg, aber Danny konnte die amüsierte Stille in sich selbst spüren. Nach diesem kleinen – wenn auch inneren Dialog – fühlte er sich dennoch etwas ruhiger und bereit zu tun, was getan werden musste. Ganz vorsichtig robbte er nach hinten, um sich an den Baumstamm lehnen zu können. Sollte der Schmerz ihn ausknocken, würde er so zumindest nicht umkippen. Krawatte und Ast lagen griffbereit neben ihm. Sobald er den Arm gerichtet hatte und den größten Schmerz überstanden hatte, würde er mit ihnen den Bruch notdürftig schienen. „Oh Gott. Ich glaube nicht, dass ich das jetzt mache.“ Vergiss nicht den Gürtel, Danno. „Wie könnte ich?“ Fest entschlossen zog Danny den Gürtel raus und biss darauf. Du hast nur eine Hand, das wird nicht leicht. Du musst schnell sein, okay, Danno? „Hmpf.“ Halt ausnahmsweise mal den Mund, Kumpel, ich führ dich da durch. Heute bin ich dran mit Reden. Danny schloß die Augen und atmete einmal tief durch, bevor er entschlossen seinen gebrochenen Arm mit einem Ruck wieder in eine natürlichere Position schob. Das war Schmerz, reiner heftiger, unmittelbarer Schmerz. Ein Schmerz, dem Danny verzweifelt zu entkommen versuchte. Lass los, Danny, kämpf nicht dagegen an. Bitte Danno. Du brauchst das. Das waren die letzten Worte, die Detective Daniel Williams vernahm, bevor er sich der Ohnmacht ergab und in unendliche Schwärze fiel. Kapitel 2: Aufstehen -------------------- Danno, Zeit aufzuwachen. Komm schon, du Schlafmütze. „Lass mich, Babe. Ich hab mir das verdient“, grummelte Danny vor sich hin und weigerte sich, seine Augen zu öffnen. Detective Daniel Williams! Du stehst jetzt sofort auf oder ich erzähle Grace, dass ihr Danno sich hängenlässt und nicht mal versucht, zu ihr zurückzukommen. „Ich will dich nicht enttäuschen, Babe, aber du bist eine Halluzination. Du kannst Gracie gar nichts erzählen. Und lass mein Äffchen da raus!“ Noch immer hielt Danny seine Augen geschlossen. Sein Kopf schmerzte so allmählich und von seinem Arm wollte er gar nicht erst anfangen. Komm schon, Danno. Dein Äffchen braucht dich. Und ich auch. „Ist ja schon gut, du Neandertaler. Ich weiß. Und ich lieb dich auch.“ Super. Jetzt erzählte er schon seiner Halluzination, dass er ihn liebte. Aber sein innerer Steve hatte ja recht. Er musste weitermachen und zusehen, dass er diesen verfluchten Wald verließ. Langsam öffnete er die Augen und blinzelte den kurzen Schwindelmoment weg. Mit langsamen Bewegungen griff er nach dem Ast und der Krawatte. Es dauerte eine Weile, bis er eine halbwegs stabile Stütze für seinen Arm gebaut hatte – und letztlich ging es nur mit vielen weiteren herzhaften „Zitronenfalter!“-Ausrufen und der Hilfe des Gürtels (der vom Armrichten so einige Bissspuren aufwies). Gut gemacht, Danno. Zeit, dass wir uns etwas umsehen… „Umsehen? UMSEHEN? Weißt du, was ich sehen werde, wenn ich mich umsehe? Bäume. Sträucher. Diese nervigen Viecher namens Ameisen, die wohl denken, ich werde ihr nächstes Futter. Ich bin hier in einem verdammten Dschungel!“ Durchatmen, Danno. „Das sagst du so leicht! Du bist eine Halluzination! Du bist vermutlich total entspannt zu Hause, trinkst ein Longboard und musst nicht überlegen, wie du dieser grünen Hölle entkommst, du Army-Oger!“ Navy, Danno, Navy. Immer noch und für alle Zeit. Danny beschloss, dass es Zeit war, seinen inneren SEAL gekonnt zu ignorieren. Und einen näheren Blick auf seine Umgebung würde nicht schaden. Oder doch? Zumindest seine Ader auf der Stirn fing an zu pochen – für Leute, die ihn gut kannten, ein untrügliches Zeichen eines bevorstehenden Ausbruchs. Sprachlos – ein seltener Zustand für Detective Daniel Williams – sah er auf die steile Wand vor ihm. Etwa zehn Meter über ihm ging der Dschungel weiter. Ein Blick nach rechts und nach links sagte ihm, dass seine Situation nicht unbedingt ein Traum war. Als würde Dschungel nicht reichen, hatte es den Jersey-Cop in eine Art Kessel verschlagen. Damit war zumindest auch die Frage geklärt, wie er hier gelandet war: Er musste runtergefallen sein. Oder jemand hatte ihn runtergestoßen. Zumindest war der Rest seines Ärmels, der da fröhlich über ihm im Wind flatterte, ein Hinweis darauf. Mit einem Mal war Danny dankbar. Das war eindeutig… Glück im Unglück, Danno. „Was du nichts sagst, Steven, was du nicht sagst. Hast du vielleicht noch irgendwelche klugen Vorschläge?“ Wenn du nicht nach vorne oder zur Seite kannst, gehst du einfach zurück. „Wow. Wie tiefsinnig, Babe. Und wie stellst du dir das vor? Ein Problem habe ich ja ‚gelöst‘, bleibt nur noch ein zweites Problem.“ Frustriert fuchtelte Danny mit seiner linken und unverletzten Hand Richtung Knie. []Wenn du mit deinen Händen so rumfuchteln kannst, geht’s dir besser, Danny. Das beruhigt mich. Klang sein innerer SEAL da gerade etwa sanft und erleichtert? Das war irreal. So klang der echte Steve nicht. Scheinbar hatte auch Dannys Fantasie nach einem Sturz ihre Grenzen. Aber nur zur Sicherheit: Welcher Tag ist heute? „Donnerstag. Oder schon Freitag. Moment… warum antworte ich dir eigentlich? Aber… das ist gut! Es muss Freitag sein! Ich bin gestern Abend heimgegangen. Es war ein langer Tag. Wir haben den Fall endlich gelöst. Ich wollte die Tür aufschließen und dann…“ Nachdenkliche Falten zogen sich über Dannys Stirn. „Dann ist alles schwarz. Also haben sie mich vor der Arbeit gekriegt. Wer auch immer das war und warum auch immer.“ Sehr gut, Danno. Und weiter? „Nicht weiter. Schwarz und dann grün. Zu viel grün für meinen Geschmack“, grummelte Danny seinem inneren SEAL zu. „Ich habe kein Handy dabei und habe keine Ahnung, wo ich bin. Aber es ist Freitag! Ich sollte im Büro sein. Und wenn ich mich auf eins verlassen kann, dann dass Kono und Chin sich Sorgen machen werden, dass ich nicht komme.“ Ich etwa nicht? „Du, mein lieber Super-SEAL, du wirst nicht eher ruhen, bis du mich gefunden hast. Also muss ich nur noch aushalten, bist du deine Army-Supersinne einsetzt und ihr mich findet. Und die Idioten, die dafür verantwortlich sind.“ Navy, Danny. Aber ja, ich werde dich finden. Trotzdem musst du jetzt aufstehen. Du bist hier nicht sicher. „Die Wilde-Tiere-nicht-Sicher-Nummer oder Du-wirst-hier-verdursten oder Variante Die-Täter-könnten-wiederkommen-und-sichergehen-dass-du-wirklich-tot-bist? Halt! Was frage ich überhaupt. Wahrscheinlich alles. Diese verdammte Insel bringt mich irgendwann noch um.“ Wieder erschien vor Dannys innerem Auge das verschmitzte Lächeln seines Freundes – zusammen mit dem unschuldigen Blick, der jedoch selten etwas Gutes bedeutete. Doch jetzt war nicht die Zeit über Steve nachzudenken, jetzt war es an der Zeit zu verschwinden. Da gab es nur ein kleines Problem: „Wie in Dreiteufelsnamen komm ich jetzt hoch?“ Seine Frage verschwand im Dickicht des Dschungels und eine Antwort hatte dieser nicht für ihn. Auch seine nervige innere Stimme schien keinen Rat zu haben. Also blieb es wohl doch an ihm selbst hängen. Welche Überraschung. Immerhin war er hier allein, mit sich selbst und seinen Gedanken. Und einer Menge Sträucher, Büsche und Bäumen. Zum Glück hatten diese alle einen Vorteil: Äste in jeglichen Varianten. Dick, dünn, biegsam, morsch, stabil, verästelt. Danny war sich sicher, dass er nie wieder so sehr auf Äste stehen würde, wie in diesem Moment. Mehr als nur ein Schweißtropfen löste sich von seiner Stirn, als er sich mit seinem linken Arm darum bemühte, einen Ast zu lösen, der ihm perfekt erschien, um als Stock zu dienen. Dann gab der Stock mit einem Krachen nach und Danny fiel ihm hinterher, verzweifelt darum bemüht, seinen verletzten rechten Arm weiter zu stabilisieren. Danno, alles okay bei dir? „Du verdammter Army-Oger, seh ich aus, als ob ich okay wäre? OKAY ist sicher kein Ausdruck für meine momentane Situation. Ja, mein Arm schmerzt wie… mir fällt nicht mal ein passender Vergleich ein! Von meinem dicken Knie will ich gar nicht erst reden. Und dann fragt mich eine Halluzination aus meinem Kopf, ob ich okay bin. Ehrlich mal. Diese Situation ist überhaupt nicht okay.“ Wild mit seinem linken Arm gestikulierend ließ Danny seinen gesamten Frust raus. Gut, du bist nicht okay. Aber denk dran: Ich suche dich schon, Danny. Und ich werde dich finden, das verspreche ich dir! „Na wenn das so ist, bin ich voll okay. Könnte nicht besser sein.“ Ironie spickte jedes einzelne von Dannys Worten. Aber sein innerer Steve hatte recht. Sein Team war schon auf der Suche nach ihm. Da war er sich sicher. Genauso sicher war er sich, dass er hier wegmusste. So schnell wie es ihm möglich war. Zähne zusammenbeißen, Danno, das wird jetzt weh tun. Und Steve hatte recht. Es tat weh. Aber irgendwann hatte Danny es geschafft. Er war schweißgebadet, der Schmerz strahlte überall hin, aber er stand. Wenn auch auf sehr wackligen Füßen. Ich wusste, du packst das, Kumpel. „Herzlichen Dank für dein Vertrauen, Babe.“ Ich liebe dich auch, Danno. Angefeuert und ermutigt von seiner inneren Stimme kämpfte sich Danny Stück für Stück durch den hawaiianischen Dschungel. Es war immer wieder der Gedanke, dass sein Team schon auf der Suche war, der ihn aufrecht hielt. Doch was Danny nicht wusste, war, dass in diesem Moment noch niemand mitgekriegt hatte, dass er entführt und in den Dschungel gebracht worden war, denn die Entführer hatten sein Handy. Kapitel 3: Entdecken -------------------- Hey Steve, ich bleib heut daheim. Migräne. Danny So lautete die SMS, die Steve McGarrett heute Morgen von seinem besten Freund und Partner bekam. Eine Nachricht, die er mit einem grimmigen Blick wegdrückte. Migräne war etwas, das Danny immer mal wieder traf. Da half nichts, er musste heute ohne seinen Partner auskommen. „Hey Boss, wo ist Danny?“ Kono grüßte durch seine Bürotür hinein. „Der kommt doch sonst nicht zu spät, ist was mit Grace?“ Entnervt schüttelte Steve den Kopf. „Er hat Migräne.“ „Oh shit, der Arme. Braucht er etwas?“ Konos offensichtliche Sorge um ihren Teamkameraden milderte Steves Unmut etwas. „Nein, einfach nur seine Ruhe, dann wird das schon wieder. Ich schaue heute Abend kurz bei ihm vorbei.“ „Grüß ihn von mir und sag ihm gute Besserung!“ „Wenn sollst du grüßen? Guten Morgen, Steve.“ Mit Chin Ho war das nächste Teammitglied eingetroffen und sah sich suchend um. „Wo ist unser Haole?“ „Mit Migräne daheim.“ Zischend sog Chin Luft durch seine geschlossenen Zähne ein. Sie hatten alle schon eine Migräneattacke ihres Kollegen miterlebt und er hatte da ihr volles Mitleid. „Du fährst heute Abend durch? Dann grüß ihn auch von mir.“ „Mach ich“, erwiderte Steve mit einem leichten Lächeln, das sich jedoch gleich wieder auflöste, als ihm bewusst wurde, dass sie keinen aktuellen Fall hatten und somit nur langweilige Papierarbeit auf ihn wartet. Etwas, das er normalerweise zu gerne seinem Freund überließ. Da dieser jedoch flachlag, blieb ihm heute wohl nichts anderes übrig, als selbst zum Stift zu greifen – nicht wissend, dass sein bester Freund zwar Kopfschmerzen hatte, die jedoch nichts mit Migräne zu tun hatten. Tatsächlich gelang es Steve, einige seiner liegengebliebenen Dokumente aufzuarbeiten und so war er überrascht, als ihn ein Handyklingeln am späten Nachmittag aus seiner Arbeit riss. „McGarrett?“ „Onkel Steve! Weißt du, wo Danno ist?“ „Gracie, was ist los?“ In dem Moment, in dem er fragte, fiel es ihm ein, es war Dannys Wochenende. „Bist du noch an der Schule? Ich hol dich sofort ab. Dein Danno hat wieder seine Kopfschmerzen.“ „Geht’s ihm gut, Onkel Steve?“ „Ja, er kann dich nur nicht abholen. Nicht weglaufen, ich bin gleich da.“ „Okay, ich warte hier.“ „Bis gleich, Gracie.“ Noch während des Telefonats hatte Steve sich seine Autoschlüssel gepackt und lief im Sturmschritt Richtung Ausgang. Er war leicht besorgt, denn normalerweise würde Danny selbst mit den schlimmsten Schmerzen nie sein Äffchen vergessen. Andererseits waren diese Migräneanfälle immer besonders. Vielleicht hatte sein Partner den Nachmittag einfach verschlafen. „Was ist los, Boss, haben wir einen Fall?“ „Nein, das war Grace. Danny hat sie nicht von der Schule abgeholt.“ „Ist mit ihm alles in Ordnung?“ Chin und Kono hefteten sich an seine Fersen. „Ich habe keine Ahnung, er geht auch nicht an das Telefon.“ Steve hatte zwischenzeitlich schon versucht, seinen Partner zu erreichen, doch die Mailbox war die einzige Antwort, die er bekam. Dannys Telefon war ausgeschaltet. „Soll ich zu ihm fahren? Dann kannst du dich um Grace kümmern.“ Auch Kono hatte ihre Autoschlüssel in der Hand. Sie wusste, dass es ihrem Kollegen sehr schlecht gehen musste, wenn er das Wochenende mit seiner geliebten Tochter vergessen hatte. Steve nickte ihr dankbar zu. „Gute Idee, Kono. Ich gehe mit Grace erstmal eine Kleinigkeit essen. Dann hat Danny Zeit, wieder zu sich zu kommen. Chin?“ „Ich bleibe hier und halte die Stellung, bra. Mach dir keine Sorgen um den Haole. Er wird sicher nur verschlafen haben.“ Ermutigend lächelte Chin seinem Boss zu. Er wusste um die enge Bindung zwischen seinen beiden Kollegen und ahnte ganz genau, was in Steve gerade vor sich ging. Einerseits wollte er sicher direkt nach Danny sehen, andererseits wusste er genau, dass diesem seine Tochter über alles ging. „Danke, Chin. Kono, gib mir Bescheid, ja?“ Die junge Frau nickte nur und eilte zu ihrem kleinen roten Auto. Am Liebsten hätte sie noch das Blaulicht eingeschaltet, um so schnell wie möglich nach ihrem Kollegen sehen zu können. Eigentlich hätte sie gerne noch einmal bei ihm angerufen, aber sie kannte Steve gut genug, um zu wissen, dass dieser sein Handy im Sekundentakt bei Danny durchklingeln ließ – immer in der Hoffnung, dass dieser sein Telefon wieder anschaltete. Es dauerte exakt vierzehn Minuten, bis Kono vor Dannys Apartment hielt und aus dem Auto sprang. Eine innere Unruhe trieb sie an und so stürmte sie die Treppe hoch. Kurz vor der Tür konnte sie sich abbremsen, denn wenn ihr Freund mit Migräne flachlag, würde jeder laute Ton seine Qual verstärken. Sanft klopfte sie gegen die Wohnungstür. „Danny? Hey, bra, bist du da? Komm schon, mach auf. Ich bin es, Kono.“ Keine Reaktion kam aus dem Wohnungsinneren und sie wagte es doch etwas lauter zu klopfen. Immer noch gab es keine Reaktion. „Verdammt.“ Suchend sah Kono sich um. Ob Danny wohl irgendwo einen Wohnungsschlüssel versteckt hatte? Andererseits kam er aus Jersey und dort war es keine kluge Idee, so etwas zu machen. „Chin? Ich bin es, Kono. Danny öffnet nicht. Weißt du, wo sein Ersatzschlüssel ist?“ „Nein, soweit ich weiß, hat er nur Steve und Grace einen Schlüssel gegeben.“ „Na super.“ Kono dachte einen Moment nach, dann zog sie das Dietrich-Set aus ihrer Handtasche. „Cuz? Ich werde jetzt das Schloss öffnen, ich melde mich gleich wieder.“ Innerhalb von Sekunden hatte die junge Polizistin das Schloss geöffnet. Eine Sache, die ihr mittlerweile ziemlich einfach fiel. „Danny, bra? Hey, ich weiß, dir geht es nicht gut, aber es geht um Grace.“ Es dauerte einen Moment, dann war Kono klar. Danny war nicht hier. Sein Bett war gemacht, die Kaffeetasse stand in der Spüle. Die Wohnung war leer. Kein Danny und schon gar kein Danny mit Migräne. Aber der Camaro – sie versicherte sich extra nochmal – stand definitiv auf seinem Parkplatz vor dem Gebäude. Konos Alarmglocken läuteten schon eine ganze Weile, doch jetzt schrillten sie ohrenbetäubend laut. „Cuz, er ist nicht hier. Und es sieht nicht so aus, als wäre er vor kurzem noch hier gewesen.“   Chin ließ die Worte seiner Cousine sacken. Dann stürmte er zu ihrem Smarttable, um das Handy seines Kollegen zu orten. „Kono, siehst du sein Handy?“ „Nein, ist nicht hier. Sein Camaro steht unten, aber die Kaffeetasse ist definitiv von gestern Morgen, an einem Tag trocknet das nicht so ein. Kannst du ihn orten?“ „Schon dabei.“ „Chin. Was sollen wir Steve sagen?“ Chin atmete einmal tief ein. „Überlass das mir, Cuz. Ich habe den letzten Aufenthalt des Handys geortet. Ich konnte aber keinen genauen Standort bestimmen. Ich werde Steve informieren“ „Ich rufe Charlie an, Chin. Die Spurensicherung soll sich hier umsehen.“ „Das wird unserem Haole aber gar nicht gefallen.“ „Oh ja, ich sehe ihn schon förmlich vor mir“. Kono konnte ein Lächeln nicht unterdrücken - sie sah Danny wirklich vor sie, wie er einen wütenden Monolog hielt und dabei mit seinen Händen fast so viel ausdrückte wie mit seiner Stimme. „Aber er würde das auch für uns machen.“ Die Cousins waren sich einig und jeder führte seinen Anruf aus. Konos Job war deutlich einfacher, denn Chin musste dem Navy-SEAL beibringen, dass sein Partner und Freund verschwunden war. „Verschwunden?“ Steve biss sich im gleichen Moment auf die Zunge, als er es aussprach. Immerhin saß Grace direkt neben ihm im Auto. Ihre großen haselnussbraunen Augen bohrten sich förmlich in ihn und wurden vor lauter Sorge noch größer als eh schon. „Danno?“, formte sie flüsternd und sah ihn fragend an. „Äh, Gracie-Schatz, einen kleinen Moment, ja? Chin?!“ „Ja, Boss. Er ist verschwunden. Vermutlich schon gestern Abend. Die SMS war vermutlich ein Fake. Ich habe sein Handy geortet, zumindest den ungefähren Standort. Ich schick dir die Koordinaten und mach mich dann selbst auf den Weg. Kono kümmert sich um die Spurensicherung vor Ort.“ Verschwunden. Spurensicherung. Steve musste das sacken lassen, denn entgegen Dannys Meinung hatte er durchaus Gefühle. Und wenn sein bester Freund verschwand, dann musste auch ein Navy-SEAL das erst einmal verarbeiten. „Onkel Steve?“ „Steve?“ Zeitgleich holten Chin und Grace ihn aus seinen Gedanken zurück. „Chin, wir treffen uns dort.“ Mit einer flüssigen Geste schob Steve sein Handy wieder in eine seiner vielen Hosentaschen. Für einen kurzen Moment blitzte Dannys Gesicht mit rollenden Augen vor ihm auf. Doch er schob dieses Bild zur Seite und konzentrierte sich auf das einzige, was jetzt wichtig war: Grace. „Grace, Liebling…“ „Was ist mit Danno?“ Steve musste schlucken. Er liebte dieses kleine kluge Mädchen und ihr diese Frage beantworten zu müssen, das brach ihm fast sein Herz. „Grace, dein Daddy ist… verschwunden.“ Mittlerweile waren seit Dannys Verschwinden 21 Stunden vergangen.   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)