Was im frühlingshaften Palastgarten nicht alles geschehen kann... von Mondsicheldrache (The Vessel and the Fallen Sidestory 1) ================================================================================ Kapitel 7: Die Raubtierfütterung -------------------------------- *-*. „Wo wart ihr denn die ganze Zeit?“, knurrte Kouen scharf. Seine kritische Stimme erklang vollkommen unverhofft. Hakuren, der mit Koumei grade von ihrem Ausflug zu den Tauben zurückgekehrt war, zuckte unwillentlich zusammen, sobald er Koumeis Bruder mitten auf dem Gang stehen sah. Koumei hingegen blinzelte nicht einmal, während Hakuren sich bereits überlegte, was er sagen sollte. Sie hatten ja nichts Schlimmes oder Unerlaubtes getan, doch der vorwurfsvolle Tonfall ließ ihn beinahe daran zweifeln. Sein ältester Cousin besaß eine respekteinflößende Ausstrahlung, obwohl er lediglich ein sechsjähriger Junge war. Trotz des geringen Alters und der Größe wirkte er recht stark. Er würde einmal ein unschlagbarer Schwertkämpfer werden. Beneidenswert klug noch dazu. Natürlich verbot es der Stolz des zweiten Prinzen, sich einfach so vor einem Niedrigergestellten zu rechtfertigen. Also warf er sich in die Brust und erwiderte nach kurzem Zögern: „Du hast was vergessen, immerhin bin ich ein Prinz!“ Sein hochnäsiger Ton irritierte Kouen sichtlich, denn für gewöhnlich war es Hakuren, der die ganzen Formalitäten nicht leiden konnte und abwehrte. Dass er plötzlich nach einer gebührenden Anrede verlangte, verunsicherte den Jüngeren sehr. Kouen wollte niemandem zur Last fallen und schon gar nicht wollte er den Eindruck erwecken, seinen älteren Vettern ihre hohe Stellung zu missgönnen, denn das tat er nicht. Im Gegenteil, er verehrte den scharfsinnigen Hakuyuu und akzeptierte Hakuren, weil dieser immer fröhlich und nett zu ihm war, auch wenn er ihn insgeheim für ziemlich unterbelichtet hielt. Eigentlich hatte Hakuren es nicht verdient, derart gepriesen zu werden, so stolz wie er sich manchmal aufführte. Dennoch, wenn ein Prinz eine formale Anrede einforderte, musste er sie umgehend erhalten und der Schwarzhaarige verhielt sich meist vollkommen anders, viel nahbarer. So verbeugte sich Kouen vorsichtshalber, wobei er ein wenig nervös wurde, schließlich wollte man seine hochwohlgeborene Verwandtschaft nicht verärgern, und korrigierte seine Frage: „Mein hochverehrter Prinz, wo habt ihr euch in Begleitung meines Bruders aufgehalten, wenn ihr mir die Nachfrage erlaubt? Ich suchte den ganzen Vormittag nach ihm und sorgte mich bereits sehr.“ Bei jedem anderen hätten diese Worte zynisch und gestelzt geklungen, nicht jedoch bei Kouen, der für seine angeborene Korrektheit berühmt war. Zumindest solange ihn niemand reizte… Ein zorniger Kouen… uh… das war schlimm. Da dieser lange Monolog Hakuren ein wenig Bedenkzeit einräumte, antwortete er schließlich: „Ich habe Koumei mit zu den Tauben meines Vaters genommen. Er hat mir gestern nämlich verraten, wie gerne er sie mag, oder Mei?“ Nun regte sich endlich auch der Kleine und nickte bekräftigend, ehe er sich irgendwie aus Hakurens Armen wand und sehnsüchtig auf seinen Bruder zu lief. Seine winzigen Trippelschrittchen wirkten noch unsicherer als sonst. Obwohl der Prinz Koumei eigentlich gerne weiter getragen hätte, schenkte er Kouen ein schalkhaftes Grinsen, weil er nach dem eigenen anfänglichen Schreck nun den anderen in die Verlegenheit getrieben hatte. Doch dieser ging gar nicht darauf ein. „Da bin ich ja erleichtert!“, seufzte Kouen. Koumei klammerte sich wie gestern Morgen hinterrücks an sein Gewand. Offenbar stellte dies die gewöhnliche Stellung der Geschwister dar. Kouen schritt selbstsicher voran, während der Knirps sich hinter seinem breiten Rücken versteckte. Niedlich anzusehen. Oh, wie gerne Hakuren ebenfalls einen kleinen Bruder gehabt hätte, den er beschützen musste! Aber nein, ihm blieb lediglich Hakuyuu, der ihn behandelte wie ein nervendes Übel. Manchmal kam er sich mehr wie eine ungeliebte Bettwanze vor, als wie der zweite Prinz. Kouen ging vielleicht ein wenig rabiat mit Mei um, doch Hakuren hatte genug gesehen, um ihre enge Bindung zu bemerken. Alleine dass Koumei ihn sofort links liegen ließ, um zu seinem Bruder zu eilen, sprach Bände. Der Ältere lächelte plötzlich und Koumei, der mit hochachtungsvollem Blick zu ihm aufschaute, erwiderte das Lächeln so lieb und zuckersüß, dass der Prinz nur staunen konnte. Kouen lächeln zu sehen konnte einen schon beunruhigen. Koumei tat dies ebenfalls nicht oft und schon gar nicht so hingebungsvoll. Sie mussten sich sehr gerne haben. Hakuren hätte Hakuyuu manchmal auch gerne etwas lieber gehabt, aber sie stritten sich immer so schnell und konnten einfach nichts dagegen tun. Außerdem könnte Yuu sich ja wohl etwas mehr zusammen reißen, schließlich war er älter, da musste man Opfer bringen! Die kurze Zeit, in der sie ab und an einträchtig miteinander spielten, war kaum nennenswert. Hakuren seufzte innerlich. Neidisch betrachtete er die beiden Vettern, doch schnell wurde das missgünstige Gefühl von dem um Aufmerksamkeit heischenden Knurren seines Magens verdrängt. So platzten die drei Kinder in den Speisesaal. Das Festmahl war noch nicht vollständig angerichtet, lediglich ein verlockender Geruch nach gebratenem Geflügel flutete in ihre Nasen, und sie konnten sich als erstes umsehen. Für Koumei und vielleicht ebenfalls für Kouen musste der Anblick überwältigend wirken, schließlich gingen sie nicht täglich im Palast ein und aus, wie der zweite Prinz es tat. Tatsächlich rückte der kleine Junge noch ein Stück näher an seinen älteren Bruder heran und hob eingeschüchtert den Kopf zur hohen Decke. Mit großen Augen nahm er den Prunk in sich auf, was Hakuren verzückte. Er liebte es, wenn ihre Gäste über das beeindruckende Gebäude staunten. Er selbst kümmerte sich nicht mehr um das edle Sandelholz, rote Teppiche mit Stickereien an den Wänden und am Boden, Bilder und goldene Ornamente. Wer rund um die Uhr nichts anders als das zu Gesicht bekam, gewöhnte sich schnell daran. Selbst wenn etwas derartiges ihn noch beeindrucken würde, hätte er sich momentan nicht darauf konzentrieren können: Es duftete nun bereits nach allerlei Köstlichkeiten und der gedeckte Tisch schien fast unter den prächtig verzierten Schüsseln und Tabletts zu brechen. Ein paar Diener und Sklaven schritten unauffällig umher, um die letzten kleinen Dinge abzustellen. Doch so gerne Hakuren sofort zur Tafel gestürmt wäre, um seinem knurrenden Magen endlich Linderung zu verschaffen, blieb vor dem Essen noch etwas Wichtiges zu tun: Seinen Onkel willkommen heißen. Denn just in dem Moment betraten Kaiser Hakutoku Ren und sein Bruder Koutoku, gefolgt von Hakurens Mutter Gyokuen mit den übrigen Kindern im Schlepptau die gewaltige Halle. Kourin und Koujaku verpassten sich gegenseitig Kopfnüsse, was zum Glück kein Erwachsener bemerkte. Nur Hakuyuu, der sie immer wieder scheuchen musste, damit sie nicht einfach stehen blieben, schien von ihrem Streit wenig angetan. Hakuren freute sich über den Anblick der vielen Menschen. Wie schön, heute würde die Familie unter sich speisen! Ja, Hakuren freute sich so sehr über dieses seltene Ereignis, dass er mal wieder bis über beide Ohren strahlte. Ein Festmahl, nur mit den engsten Angehörigen, ohne die obligatorischen Generäle oder Priester, bedeutete Zwanglosigkeit und Spaß. Prompt fiel ihm ein, dass Koumei weder seine Mutter, noch seinen Vater kannte. Dann wurde es höchste Zeit! „Schau mal Meichen, das da hinten sind meine Eltern!“, erklärte er und zeigte auf das kaiserliche Ehepaar. Genau genommen stellte dies nicht unbedingt seine Schläue zur Schau, da Koumei die beiden ihm noch unbekannten Personen ja nach dem Ausschlussverfahren bestimmen konnte. Noch dazu lief ein Kaiser nicht grade in Bettlerklamotten durch die Gegend. Seine edlen Gewänder ließen sich leicht erkennen, aber für Hakuren war das alles so selbstverständlich, dass er Koumei einen Hinweis auf Hakutokus Identität geben musste. Sobald Kaiser Hakutoku die drei Kinder entdeckt hatte, schlenderte er vollkommen gelöst auf sie zu. Genau wie sein zweiter Sohn hielt er nichts von überflüssigen Formalitäten, zumindest nicht im engsten Familienkreis. „Vater!“, rief Hakuren begeistert und stürzte sich in dessen kräftigen Arme. Dabei bemerkte er den irritierten Blick Koumeis nicht, obwohl dieser durchaus berechtigt war. Für gewöhnlich gingen Adelige mit ihren Kindern nicht derart offenherzig um, während ein gut erzogenes Kind seinerseits niemals wagen würde, seinen ehrenwerten Vater anzuspringen. Aber Hakutoku lachte nur, drückte Hakuren, dass seine Rippen knacksten und wirbelte ihn durch die Luft. „Hattet ihr einen interessanten Vormittag?“, erkundigte er sich, nachdem er dem Prinzen einen liebevollen Kuss auf die Stirn verpasst hatte. Hakuren lächelte und nickte. Wenn sein Vater ihm Aufmerksamkeit schenkte, war er einfach nur glücklich. „Das freut mich, mein Sohn!“, polterte der Kaiser und wuschelte ihm durch die schwarzen Haare. Eine warme Welle der Zuneigung durchflutete Hakuren und er begann wie ein Wasserfall von ihrem Taubenerlebnis zu berichten. Er liebte seinen Vater sehr, auch wenn oder grade weil er ihn viel zu selten zu Gesicht bekam. Da musste sich der gestandene Mann wenigstens ab und zu seine Geschichten anhören. Doch zu Hakurens Enttäuschung bremste ihn Hakutoku: „Immer die Ruhe, mein Sohn, immerhin wollen wir das Essen nicht kalt werden und deine Cousins nicht warten lassen! Du darfst mir heute Abend gerne mehr erzählen, ich versuche nochmal bei dir vorbeizuschauen, was hältst du davon?“ Obwohl der Prinz bereits ahnte, dass dieser Versuch nicht glücken würde, nickte er ein wenig traurig und ließ von seinem Vater ab. Er wusste, dass er als Kaiser ständig irgendwelche langweiligen Angelegenheiten regeln musste. Für seine Kinder blieb ihm da nicht allzu viel Zeit. Wenn er selbst später auf dem Thron sitzen würde, hätte Hakuren ganz sicher mehr mit seinen Söhnen zu tun, schwor er sich. Nun gut, er war es ja gewohnt, seinen Vater nicht oft zu sehen. Dafür beobachtete er ganz genau, wie Hakutoku zuerst Kouen und dann Koumei begrüßte, viel weniger formell, als gewöhnlich. Natürlich erwiderten die Brüder den Gruß mit der angemessenen Ehrerbietung, wahrscheinlich waren sie lockeren Umgang mit Erwachsenen nicht gewohnt. Koumei sah bei seinem Kniefall und der traditionellen Handbewegung herzallerliebst aus. Kouen wirkte dagegen sehr elegant und ergeben. Die beiden Jungen wurden von seinem Vater sogleich einer Art Kreuzverhör unterzogen, welches sich auf ihre Interessen und Vorlieben bezog. Nach einer Weile begannen Koumeis Augen zu leuchten und Hakuren wusste, dass die Brüder ihren Kaiser genauso gerne hatten wie er. Ach, was besaß er nur für tolle Verwandte, sie waren eine großartige Familie! Plötzlich riss ihn eine dunkle, donnernde Stimme aus der schwärmerischen Beobachtung. „Prinz Hakuren, es ist mir eine Ehre, euch einmal wieder zu treffen!“ Erschrocken wirbelte der kleine Prinz herum und erblickte seinen riesenhaften Onkel Koutoku. Dessen rot-braunes Haar machte ihn zu einem richtigen Bären. Wo Hakurens Vater vertrauenerweckend und beschützend wirkte, machte dessen Bruder einen bedrohlichen und unheimlichen Eindruck. Das Gesicht des Kaisers zierten winzige Furchen von früheren Lachanfällen, während Koutoku tiefe Augenringe und einen finsteren Blick aufwies. Angeblich litt der Mann des Öfteren unter schweren Krankheiten. Der grobknochige Schädel mit dem wilden Bart, sowie die breiten Lippen machten ihn nicht vertrauenerweckender. Irgendwie fürchtete sich Hakuren vor dem Hünen. Während sie sich steif begrüßten fiel ihm auf, dass Koumei ebenso düster schauen konnte. Wie seltsam, bei ihm machte es einen niedlichen Eindruck und bei seinem Vater konnte es einen gestandenen Mann in Angst und Schrecken versetzen. Apropos Angst und Schrecken: Von der anderen Seite des Saales drang die liebliche Stimme seiner Mutter an Hakurens Ohr: „Ach Kouen mein lieber Sohn, wie groß du geworden bist! Lass dich ansehen! Gut siehst du aus! Und du musst der kleine, schlaue Koumei sein, von dem mir Hakuren gestern Abend noch vorgeschwärmt hat.“ Oh ja, und wie Hakuren ihr von seinem Cousin vorgeschwärmt hatte. Aber eigentlich erzählte er ihr immer dermaßen ergriffen von seinem Tag, dass dies keine Besonderheit darstellte. Neugierig, wie Koumei sich wohl mit seiner überallesgeliebten Mutter verstehen würde, raste er zu ihnen hinüber. Sogleich blieb er verblüfft stehen. Der Zottel klammerte sich verzweifelt an Kouens Gewändern fest und schielte ängstlich in Gyokuens Richtung. Das konnte doch nicht wahr sein, wieso versteckte er sich schon wieder?! Gyokuen wirkte ebenfalls irritiert. „Komm doch mal zu mir, mein Kleiner“, lockte sie und streckte ihre zierliche Hand nach dem winzigen Jungen aus, der fiepend vor der Berührung zurückwich, was Kouen mal wieder in Verlegenheit stürzte. Der Kleine benahm sich überaus kränkend. Beinahe, als hätte seine Mutter eine ansteckende Seuche oder wäre ein boshaftes Monster. Unerhört, wie kann man nur vor Mutter Angst haben?!, dachte sich der Prinz. Kouen trieb dieses Verhalten zur Weißglut. „Jetzt stell dich nicht schon wieder so an! Unseren kaiserlichen Onkel hast du doch ebenfalls begrüßt, die Kaiserin möchte dich nun auch einmal sehen! Willst du etwa deine hoheitsvolle Tante beleidigen?“, stöhnte er gequält. Gyokuen winkte mit einem sanften Lächeln ab. „Es ist wirklich kein Problem, du musst deinen Bruder zu nichts zwingen. Oder, kleiner Koumei? Das regeln wir schon, nicht wahr?“ Ihre Miene wurde derart freundlich, dass Hakuren sie am liebsten umarmt hätte. Gyokuen schien sich dieser Wirkung bewusst zu sein, als Kaiserin sollte man seine Gesichtszüge schließlich bestens im Griff haben. Sie machte einen Schritt nach vorne, sodass sie besser hinter Kouens Rücken schauen konnte. Daraufhin schrie Koumei leise auf und flüchtete sich auf die andere Seite seines Bruders, der ziemlich verzweifelt aussah. Zudem verrutschten seine Gewänder bei dem ganzen Gezerre auf unschickliche Weise. Aber Hakurens Mutter war schnell und ehe Koumei sich’s versah, tätschelte sie ihm beruhigend die narbige Wange. Sobald ihre glatte Haut die seine berührte, schluchzte der Junge angsterfüllt auf. Dicke Tränen rannen über sein Gesichtchen und er vergrub seine Nase in der Robe seines Bruders, als glaubte er niemand würde ihn sehen, wenn er nur noch Schwärze erblickte. Die unschuldigen, blauen Augen der Kaiserin weiteten sich bestürzt. „Oh, mein süßer Junge, habe ich dich erschreckt? Das tut mir aber leid!“, beteuerte sie und Kouen schwitzte, als er versuchte, Koumei wenigstens ein genuscheltes „Hallo“ zu entlocken. Doch dieser weinte bitterlich und presste sich panisch gegen den anderen. Niemals hatte Hakuren ein derartiges Heulen gehört: Nicht im mindesten laut, sondern kaum vernehmbar und doch von einem unstillbaren Schmerz erfüllt, der ihm schier das Herz zerriss. „Ich glaube, ich entferne mich besser“, stellte Gyokuen fest, als plötzlich der Kaiser neben sie trat. Der Größenunterschied zwischen den beiden war immer wieder erstaunlich und eigentlich hätte man eher erwarten können, dass Koumei sich vor dem riesigen Hakutoku fürchtete. Aber als dieser an die Stelle seiner Ehefrau trat, hob Koumei den tränenverschleierten Blick und erlaubte sich ein schüchternes Lächeln. Wahrscheinlich hatte der furchterregende Anblick seines Vaters ihn gegen andere große Männer abgehärtet. „Gyokuen kann manchmal wirklich angsteinflößend sein, nicht?“, scherzte der Kaiser, doch Koumei zeigte nicht einmal die Andeutung von Erheiterung. Er hatte offenbar den Schock seines Lebens erlitten. Hakutoku seufzte und suchte nach einem besseren Gesprächsthema. „Du ähnelst deiner Mutter sehr stark“, bemerkte er und erntete dafür einen bösen Blick seiner Gattin. Auch Koutoku zuckte bei der Erwähnung seiner ehemaligen Ehefrau zusammen. Hakuren fragte sich zum hundertsten Mal, was „dem Kindbettfieber erliegen“ nun wirklich bedeutete, scheinbar nichts Gutes. Er beschloss, seinen jüngsten Cousin bei Gelegenheit nach der Mutter zu fragen, auch wenn sie bestimmt tatsächlich an diesem seltsamen Fieber gestorben war, warum sollte sein Vater ihn damals auch angelogen haben? Vielleicht hatte er es früher jedoch falsch verstanden und mit ihr war etwas völlig anderes geschehen…? Nach einer Weile des betretenen Schweigens, fing sich der Kaiser wieder und verkündete: „Nun, das Essen dürfte mittlerweile angerichtet sein, begebt euch an die Tafel, meine Lieben!“ Das ließen sich besonders seine Söhne nicht zweimal sagen. Während die Erwachsenen langsam auf ihre üblichen Plätze zu schlenderten, brach am unteren Tischende ein Tumult aus. Obwohl es nur sechs Kinder waren, gestaltete sich die Platzwahl als äußerst schwierig. Hautsächlich wegen Hakuren und den beiden kleinen Kou-Schwestern. Wie es sich herausstellte, hatte jeder der drei sehr genaue Vorstellungen davon, wo er sitzen wollte: Hakuren hatte es natürlich auf einen Platz neben Koumei abgesehen, damit er sich weiter um ihn kümmern konnte, falls er mal wieder Beistand benötigte. Mit einer schwächlichen Konstitution sollte man schließlich nicht spaßen. Für die Aufgabe des älteren Aufpassers fühlte er sich wie geschaffen. Kouen konnte einpacken! Er würde ihn einfach ersetzen. Kourin hingegen wollte bei ihrer Schwester sitzen, damit sie sich streiten konnten. Sich mit Koujaku zu kabbeln, stellte ihre Lieblingsbeschäftigung dar. Diese wiederum sehnte sich nach Hakurens Nähe, weil sie ihn seit dem flüchtigen Kennenlernen viel netter und lustiger fand, als ihre eigene Schwester. Glaubte sie zumindest. Als Kourin davon erfuhr, wurde sie sogleich böse und blies empört die Backen auf. „Du willst nicht neben mir sitzen? Das sage ich Vater!“ „Tu’s doch, ist mir egal!“, motzte Koujaku und wandte sich Hakuren zu. „Ich darf doch neben dich, oder Ren?“ „Wenn du möchtest, gerne, schließlich habe ich zwei Seiten, du kannst rechts sitzen, wenn du magst.“ „Oh ja! Toll!“, freute sich die Kleine und hüpfte wild auf und ab. „Nein, du kommst neben mich!“, fauchte Kourin. „Ich will aber nicht neben dich! Du kannst zu Bruder En gehen. Außerdem stinkst du!“, meinte Koujaku und funkelte sie böse an. „Nein! Ich will nicht! Und ich stinke auch gar nicht!“, brüllte die Ältere und trat ihr kräftig vors Schienbein. „Doch!“, schrie Koujaku und zog an den Haaren der anderen. Keine Frage, sie wollte den zweiten Prinzen für sich allein haben. Dieser beobachtete gebannt, wie die beiden Mädchen aufeinander losgingen. Noch nie hatte er Angehörige des anderen Geschlechts kennengelernt, die derart aktiv und flink waren. Überhaupt nicht mädchenhaft, wenn sie sich beinahe am Boden wälzten wie zwei Straßenjungen. Niedlich. Genau wie Koumei, der immer noch verstimmt an Kouens Fersen klebte. Wahrscheinlich würde er nicht von seinem Bruder zu trennen sein, also würde Koujakus Wunsch nicht aufgehen, wenn Hakuren neben Koumei sitzen wollte. Hakuyuu und Kouen tauschten einen entnervten Blick. Irgendwie schienen die drei üblichen Verdächtigen sich nicht einigen zu können. Schließlich beschloss der erste Prinz schlichtend einzugreifen, bevor es noch Verletzte gab. Außerdem wollte er nicht, dass die Erwachsenen mit ihnen schimpften und sie vom Essen ausschlossen, weil sie einen Heidenlärm veranstalteten. Vielleicht war es von kleinen Mädchen ein wenig viel verlangt, sich eine zufriedenstellende Sitzordnung auszudenken, auch wenn genau genommen gar kein Problem existierte. Wahrscheinlich stritten die beiden Schwestern lediglich, weil sie es immer taten. Nun gut, Hakuren hätte eigentlich groß genug sein müssen, um sich eine zufriedenstellende Lösung zu überlegen, aber da dieser in die Prügelei der Mädchen versunken war, räusperte sich nun Hakuyuu und stellte einen Plan auf, der keine Widerrede zuließ: „Hört mal her, ihr drei!“ Hakuren tat sofort wie ihm geheißen, wobei Hakuyuu wusste, dass es lediglich am Hunger, nicht am Gehorsam lag. Aber die Mädchen zerkratzten sich grade gegenseitig die Gesichter. Kouen, welcher Koumei unfreiwillig hinter sich her schleifte, packte die beiden kreischenden Gören und zog sie am Kragen auseinander. Wütend strampelte Koujaku in seinem Griff, biss sogar, während Kourin peinlich berührt zu Boden starrte. „Nun…“, fuhr der Älteste entschlossen fort, „…da man sich für gewöhnlich an der Tafel gegenübersitzt, haben wir zwei Reihen mit je drei Leuten, nicht?“ „Ja!“, piepste Koujaku enthusiastisch. Sie hibbelte in Kouens unerbittlichem Griff hin und her. Hakuren strahlte sie an. So ein süßes Mädchen. Sie erinnerte ihn stark an sich selbst. Der ältere Bruder kommentierte dies lediglich mit einem Seufzer. „Gut, dann würde ich einfach sagen, dass ich mich hier hin setze…“ Er nahm auf der linken Seite der Tafel platz, mit einigem Abstand zu seiner Mutter, die auf derselben Seite saß. Sie mochte keine kreischenden Kinder beim Essen. Obwohl es in Kou allgemein durchaus üblich war, bei Tisch lautstark zu lamentieren und zu scherzen, herrschte bei ihnen stets eine ruhige Stimmung. Zumindest wünschte die Kaiserin dies, allerdings gestaltete es sich mit zwei aufgeweckten Prinzen oft schwierig. Und mit Kourin und Koujaku… würde es wohl unmöglich sein. „Kouen sitzt mir gegenüber und neben ihn kommt Koumei...“ „Und dann ich?“, fuhr sein Bruder dazwischen. Hakuyuu stieß ein unwilliges Knurren aus. „Nein, du sitzt ihm gegenüber. Neben dir ist Koujaku und ihr gegenüber Kourin. So sollte für uns alle jemand in der Nähe sein, den wir uns gewünscht haben, oder?“ „Ja!“, krähte Koujaku schon wieder und Koumei machte den Eindruck, als wolle er sich vor Scham am liebsten in Luft auflösen. Nach dem Machtwort des Prinzen fügten sich alle ohne zu murren, nur Kourin schaute ein wenig enttäuscht, dass sie ihrer Schwester lediglich gegenüber saß. Allerdings fand sie sich schnell damit ab, als sie bemerkte, dass sie auf diese Weise besser mit einander quatschen konnten. So hatten doch noch alle einen Sitzplatz bekommen. Endlich konzentrierten sich alle Kinder auf das Angebot an herrlichen Speisen. Wie in Kou manchmal üblich, hatten die Diener alle Gänge gleichzeitig aufgetragen, damit die Familie unter sich bleiben konnte. So vermischten sich allerlei Düfte von etlichen kostbaren Gewürzen zu einer solch anregenden Komposition, dass nun erst recht keiner länger über irgendeinen Platzstreit nachsann. Doch nicht nur die Nase durfte frohlocken, nein, das Essen aus der kaiserlichen Palastküche bot darüber hinaus auch einen überaus Appetit anregenden Anblick. Hakuren lief sehnsüchtig das Wasser im Munde zusammen. Er roch sein Leibgericht, süß-sauer angebratenes Schweinefleisch. Das bekam selbst ein Kaisersohn nicht alle Tage gereicht. Gierig packte er seine Essstäbchen und schnappte sich ein großes Stück von der Platte. Hakuyuus missbilligendes Schnalzen registrierte er nicht. Wie immer hatte der Koch das Fleisch mundgerecht zerkleinert, weshalb ein so schönes, riesiges Teil eine Seltenheit darstellte. Doch ehe er es in seiner noch leeren Suppenschüssel bunkern konnte, fuhren Hakuyuus Stäbchen wie ein Blitz auf das Fleischstück herunter und nahmen es dem Jüngeren geschickt ab. „Also wirklich, hat man dir denn gar kein Benehmen beigebracht?“, tadelte der erste Prinz kopfschüttelnd. Enttäuscht legte Hakuren die Stäbchen auf den Tisch zurück und beobachtete grollend, wie sein Bruder das herrliche Fleischstück auf Kouens Teller platzierte. Dieser bedankte sich wie üblich und schien sich sehr geehrt zu fühlen, so rot wie er wurde, während Hakuyuu bereits nach ebensolchen Exemplaren suchte, um sie dann Koumei, Kourin und Koujaku zu kredenzen. Dasselbe tat er auch mit dem gegrillten Tofu, dessen schwabbelige Konsistenz Hakuren sowieso nicht mochte. Die Gäste freuten sich jedoch offensichtlich über die Aufmerksamkeiten des ersten Prinzen. „Vielen Dank, Prinz Hakuyuu, eure Gastfreundschaft ist unübertrefflich!“, schleimte Kourin und blinzelte ihm erstaunlich kokett zu. Pah, dabei haben uns Vater und Mutter eingeladen und nicht Yuu. War klar, dass er mal wieder den großmütigen Helden spielt. Die können sich doch selbst Essen nehmen. Er weiß genau, dass das Schwein hier mein Lieblingsessen ist und ich es nur ganz selten bekomme, dachte Hakuren abfällig und musste sich mit ein paar kleineren Fleischbrocken zufriedengeben. Natürlich konnte er nichts gegen die Handlung seines Bruders sagen, es war Brauch, den Gästen die schönsten Stücke persönlich zu überreichen. Da sich der Kaiser nicht in der Nähe befand, übernahm eben der älteste Sohn diese Aufgabe. Seufzend bediente sich der zweite Prinz am Duftreis, leerte einige Becher Pflaumensaft, angelte sich eine Handvoll frischgepflückte Blaubeeren aus dem Garten, das war seine zweite Leibspeise, und nahm sich Hühnersuppe sowie Nudeln. Er konnte sich eigentlich nicht beschweren, es gab immer noch genug Köstlichkeiten für ihn. So entdeckte er neben allerlei Sorten Klößen sogar süße Klebreisbällchen mit schwarzer Sesam- und roter Bohnenpaste Füllung, außerdem feinen Drachenbart, eine tolle Süßigkeit, die fast nur aus Zucker und etwas Reismehl bestand, weshalb er sie liebte. Je zuckriger desto besser. Großartig! Bald saß die Familie Ren genüsslich schmatzend beisammen. Die Gespräche fielen zwar eher leise aus, doch dafür ertönte ab und an ein umso lauteres Schlürfen, wenn mal wieder jemand seine Suppenschale leerte. Koujaku und Kourin lieferten sich einen regelrechten Wettkampf darin und lachten sich halb tot. Mit den Nudeln, die ihnen aus den Mundwinkeln hingen, ähnelten sie kleinen Drachen oder sonstigen Fabelwesen, die man des Öfteren in Mythen zu Gesicht bekam. Begeistert rührte Hakuren mit seinem Löffel in der Flüssigkeit nach Hühnchen, schließlich wollte er auch die Brühe schlürfen, um mit zu lachen, und das ging am besten, wenn die großen Stücke und die langen Nudeln gegessen waren. Doch bald wandte er sich lieber den Süßigkeiten zu. Bei Gemüse und Fleisch musste man sich die langen Fasern immer so mühselig wieder zwischen den Zähnen herauspulen, was man gerne am Tisch erledigte, aber Hakuren nervte es zu Tode. In einem Land wo scharfes, saures oder herzhaftes Essen bevorzugt wurde, lebte es sich als Süßschnabel oftmals schwierig. Heute jedoch gab es alles, was Hakurens Herz begehrte und er musste keine in Sojasoße ertränkten Gemüsestücke hinunterwürgen, sondern konnte sich das Beste herauspicken (es sei denn, Hakuyuu kredenzte es vorher den Gästen). Ja, alle genossen das üppige Mahl. Nur einer nicht. Als Hakuren, der sich bereits in den klebrigen Zucker-Mehlfäden des Drachenbarts verfangen hatte, zufällig aufsah, erblickte er den trübselig dreinschauenden Koumei. Offenbar hatte er die ganze Zeit noch kein einziges Gericht probiert, sondern nur still und leise an Kouens Seite gelehnt. Sofort ließ der Prinz den Drachenbart fallen und lehnte sich ein wenig zu seinem Cousin herüber. „Koumei? Hast du gar keinen Hunger mehr?“ Der Kleine schüttelte müde den Kopf und vergrub sein blasses Gesicht an Kouens Schulter. Dieser rückte unwillig ein Stück zur Seite, denn er schaufelte sich grade scharfes Gemüse in den Mund. Wie man das in derartigen Mengen verspachteln konnte, war wohl jedem der Anwesenden ein Rätsel. Doch dies lenkte ihn nicht von Koumei ab. Hakuren hatte sein gewaltiges Magenknurren eben doch gehört! Er musste etwas essen! Zumindest von dem Schweinefleisch, welches noch unangetastet auf seinem Teller lag, sollte er kosten. „Meichen, was magst du gerne?“, erkundigte sich Hakuren sanft und lächelte so strahlend er nur konnte, in der Hoffnung, etwas von seiner Energie auf das schlaffe Bündel vor sich übertragen zu können. Selbstverständlich erfolglos. „Nichts“, piepste der Rothaarige und schaute ihn nur leidend an. „Was ist denn los?“ „Ich will ins Bett…“, stöhnte er, woraufhin Kouen seine Schale abstellte und ihm einen schnellen Nasenstüber verpasste. „Kümmere dich nicht um ihn, er will nur Ärger machen. Und zum Essen ist er eh viel zu faul“, brummte Kouen, als er Hakurens entsetzen Blick bemerkte. Kein Wunder, Koumei wimmerte nun kläglich und wäre beinahe von der Bank gerutscht. „Mei… das wird bestimmt gleich besser, soll ich mal pusten? Oder dir etwas Süßes rüberreichen?“, fragte er vorsichtig. Die Antwort bestand lediglich aus einem gefiepten „Nein!“. Der Prinz hielt ratlos inne. Was sollte er denn noch versuchen, um Koumei zum Essen zu bewegen? Mh… vielleicht sollte er ihn einfach zwingen! Das war die Idee! Enthusiastisch lehnte er sich soweit über die breite Tafel hinweg, dass er mit den Stäbchen Koumeis Fleischstück vom Teller greifen konnte. „Was soll das jetzt werden? Klaust du deinem jüngeren Cousin jetzt schon das Essen vor der Nase weg?“, fauchte Hakuyuu ungehalten. „Ach, halt die Klappe, alter Pisskopf“, schnauzte Hakuren zurück und wedelte mit dem Fleisch lockend vor Koumeis Nase herum. Kouen warf ihm einen wenig begeisterten Blick zu. Natürlich ließ sich der Prinz nicht davon beeinflussen. Oder vielleicht doch, nur auf die falsche Weise, jedenfalls pendelte das Fleischbröckchen bedrohlich schnell hin und her. Hakuyuu sah ihn warnend an. Völlig sinnlos. „Schau her, Mei, willst du das süß-saure Schweinefleisch nicht mal probieren? Das ist mein Lieblingsessen. Es schmeckt einfach fantastisch!“, versprach Hakuren und beugte sich noch weiter zu Koumei hinüber. Dieser schien sich regelrecht bedrängt zu fühlen. Mit einem gelinde gesagt verängstigten Gesichtsausdruck, lehnte er sich so weit wie möglich nachhinten. Dabei musste er sich krampfhaft in Kouens Robe festkrallen, sonst wäre er ziemlich früh von der Bank gefallen. Dieser grunzte bereits ungehalten. „Och komm schon!“, nörgelte Hakuren, während Kouen ein übellauniges Schnaufen von sich gab und seinen kleinen Bruder unsanft in die ursprüngliche Position zurück zerrte. „Ich will nicht!“, jaulte der Kleine und drehte entschieden den Kopf zur Seite. „Hörst du, Ren? Er möchte das nicht!“, zischte Hakuyuu eindringlich. Mittlerweile beäugten auch Kourin und Koujaku interessiert das Geschehen. Nun wollte Hakuren erst recht keinen Rückzieher mehr machen. Er würde erst aufhören mit dem Fleisch vor Koumeis Nase herumzufuchteln, bis dieser es aß! „Warum magst du denn nicht mal kosten? Es ist wirklich lecker, wir anderen haben es auch gegessen! Ein himmlisches Gericht, echt!“, protestierte der Prinz und näherte sich langsam Koumeis Gesicht. „Mach mal den Mund auf, du musst ja nicht selber essen, wenn es dir zu anstrengend ist. Komm schon, dann ist es ganz einfach. Ich füttere dich!“, beschloss er. Augenverdrehend saßen die großen Brüder daneben und beobachteten, wie der kleine Koumei plötzlich tatsächlich nachgab. Zuerst zierte er sich noch ein wenig, aber als Hakuren Anstalten machte, das Fleisch zurück zu ziehen, seufzte er auf einmal mitleiderregend auf und öffnete tatsächlich den Mund. Glücklich grinsend schob Hakuren ihm das Essen zwischen die Zähne. Dabei verhielt er sich ungewöhnlich vorsichtig. Schließlich wollte er seinen kleinen Cousin nicht ersticken, weil er ihn zu schnell fütterte. Kauend lehnte der Junge sich zurück an Kouen. „Und, wie ist es?“, wollte Hakuren wissen. „Gut…“, murmelte Koumei immer noch mit vollem Mund und Leidensmiene. Er gähnte, dass man die halb zerkauten Fleischfetzchen zwischen seinen Zähnen sehen konnte. Der Prinz lächelte zufrieden: „Na siehst du! Essen ist großartig. Du musst es nur tun. Und mit den Stäbchen die Speisen zu greifen ist auch überhaupt nicht schwer, wieso probierst du es nicht einmal?“ „Koumei weiß, wie man mit Stäbchen isst. Wie du schon gesagt hast, es ist nicht sonderlich kompliziert. Er will einfach nicht, weil es angeblich anstrengend ist“, wandte Kouen ein. Mh, das war allerdings ein Problem. Nachdenklich starrte Hakuren auf die aufgetischten Schalen und Platten. Mit den Löffeln ließ sich lediglich Brühe gut essen, die man außerdem viel leichter aus der Schüssel schlürfen konnte. Koumei hatte sicherlich keinen Hunger auf Suppe. Dann würde er seinen Vetter eben weiter füttern müssen, keine Schwierigkeit für ihn. „Möchtest du irgendetwas Bestimmtes haben?“, fragte er offenherzig. „Nein… ich bin satt…“ Wie um die Lüge zu entlarven ertönte ein lautes Magenknurren. „Jetzt veranstalte nicht so ein Theater und iss! Und zwar selbstständig, ohne die kaiserlichen Hoheiten zu belästigen!“, grollte Kouen und knallte seine Reisschale auf den Tisch, dass die Körner nur so aufflogen. Nicht im Mindesten davon beeindruckt sah Koumei Hakuren an. Dieser schielte bedeutungsvoll zu dem wütenden Kouen hinüber. Er wollte nicht, dass er den Kleinen wieder schlug oder irgendwie bestrafte. „Komm, ich füttere dich einfach. Sag bitte, was du willst, dann gebe ich es dir“, versuchte er es wieder. Überraschenderweise nickte sein Gegenüber plötzlich. „Du kannst mir Gemüse geben“, nuschelte er. Der zweite Prinz tat, wie ihm geheißen. Stolz zog er ein Schälchen mit gerösteter Paprika zu sich hinüber und begann, Koumei damit zu versorgen. Obwohl es ihm sichtlich an Begeisterung mangelte, aß er das Gemüse brav auf. Ebenso die Reisbällchen, kleine Apfelstückchen und was es nicht sonst noch alles gab. Hakuren war so sehr in seine verantwortungsvolle Aufgabe vertieft, dass er gar nicht bemerkte, dass ihn zwei kleine Mädchen angetan musterten. Nein, er lehnte sich immer wieder konzentriert nach vorne, um seine Essstäbchen in Koumeis Nähe zu bringen und gab sich redlich Mühe, nicht zu kleckern. Dieses fürsorgliche Verhalten zog eindeutig Neid auf sich. Doch dieser sollte den großherzigen Prinzen eher erfreuen: „Piep! Piep!“, kreischte Koujaku aus heiterem Himmel mit überraschend lautem Organ. Sie zerrte mit einem Mal so heftig an seinem Arm, dass er kaum noch seine Stäbchen halten konnte. „Ich will auch gefüttert werden!“ Ja, sie wusste, wie man jemandem die Aufmerksamkeit stahl. Hakuren, der Koumei grade ein weiteres Stück gebratenes Fleisch, dieses Mal Ente, in den Mund schob, nickte gnädig, was einen regelrechten Begeisterungssturm auslöste. „Ja ja! Ich bin ein kleiner Spatz und du bist meine Mama!“, rief sie aufgeregt. Wahrscheinlich würde sie gleich vor Verzückung platzen. „Das weiß ich doch!“, beteuerte Hakuren, der sich freute, wie gut er mit gleich zwei seiner grade erst kennengelernten Verwandten auskam. Koujaku wirkte ebenso begeistert wie er, denn sie verlangte hungrig: „Du musst mir ganz viele Körner und Raupen geben!“ Seine Cousine klappte den Mund auf und zu wie ein Vogeljunges. Der Prinz starrte entzückt auf das winzige Mädchen. Sie gab sich wirklich viel Mühe, seine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Ihr Name passte so hervorragend, wie es ihm noch nie bei einem Menschen aufgefallen war. Dieser niedliche, pummelige, kleine Spatz! Eigentlich hatte er von Vögeln ja heute genug, aber Koujaku war einfach zu lieb. Warum hatte sein Onkel nur solch reizende Kinder? Er wollte auch so liebe Geschwister haben mit denen er spielen konnte, nicht diesen überlegenen Hakuyuu, der sich für alles zu fein war. Während Hakuren im Feuereifer ein schönes Stück Nudel suchte, was im entfernten vielleicht einem Wurm ähnelte, wurde Kourin neidisch. „Dann muss Prinz Hakuyuu mich füttern!“, forderte sie streng. Als ältere Schwester wollte sie sich von Koujaku natürlich nichts vormachen lassen. Es glich einem Wunder, dass sie dem jüngeren Mädchen nicht unter dem Tisch die Füßchen zertrampelte. Hakuyuu jedoch dachte gar nicht daran, irgendeinen Schwachsinn mit seiner Cousine zu veranstalten. Zumindest erkannte Hakuren dies an der Art, wie der Ältere die Nase rümpfte. „Komm schon, Yuu! Füttere sie auch!“, drängte er und gab Koujaku eine Nudel, die vor Soße nur so triefte. Ihre Robe zierten danach dicke Fettflecken, doch dies sollte erst der Anfang sein. „Hamm! Lecker!“, zwitscherte sie und leckte sich betont genüsslich die Lippen. „Ja, finde ich auch!“, stimmte Hakuren ihr zu und wuschelte durch ihre Haare, dass sie in alle Richtungen abstanden. „Ren, du musst mich weiter füttern! Kleine Spatzenkinder verhungern ganz schnell!“, verlangte sie sofort und schüttelte sich, bis ihre Mähne wieder einigermaßen in Ordnung geriet. „Und was ist mit mir?“, maulte Kourin wieder. Hakuren bekam langsam Mitleid mit ihr, doch mehr als zwei kleine Kinder konnte er nun wirklich nicht auf einmal versorgen. Alleine schon die Reihenfolge im Kopf zu behalten und nicht ausversehen Koumei oder Koujaku zweimal hintereinander Essen in den Mund zu stopfen, erforderte seine gesamte Aufmerksamkeit. „Mach endlich, Yuu! Das macht wirklich Spaß!“, beteuerte er und wollte seine Stäbchen wieder von Koumei wegziehen, doch es ging nicht. Der Kleine hielt sie mit den Zähnen fest und wollte partout nicht nachgeben. Verwundert legte der Prinz den Kopf schief. „Was machst du da? Lass los, sonst bekommt ihr beide nichts mehr… und ich auch nicht…“ Keine Reaktion. Ob er vielleicht neidisch auf Koujaku ist? Möchte er etwa, dass er der einzige ist, um den ich mich kümmere? Das wäre wirklich süß!, befand Hakuren und strahlte ihn an. Allerdings würde er es sich dann mit Koujaku verscherzen und diesen gefräßigen, kleinen Spatz wollte man lieber nicht gegen sich aufbringen. Hin und hergerissen blickte er zwischen den beiden Geschwistern hindurch auf Kourin, die immer noch niemanden gefunden hatte, der sich mit ihr beschäftigen wollte. Aber dafür hatte er jetzt keine Zeit. Er hing schon ewig über dem Tisch und bekam seine Stäbchen nicht frei! „Mund auf, Mei!“, befahl er, nachdem er mit sanfter Gegenwehr nicht viel erreichte. Der Angesprochene starrte ihn nur aus riesigen Augen unschuldig an. Sofort schmolz der Kaisersohn dahin und fragte vorsichtig: „Was ist denn? Habe ich etwas falsch gemacht?“ „Natürlich hast du etwas falsch gemacht! Du Trottel hast angefangen Kouens Geschwister zu füttern, das ist das Dümmste, was ich je gesehen habe!“, spottete Hakuyuu. „Sei still!“, keifte der Jüngere und zog abermals an seinen Stäbchen. Erfolglos. Schließlich ertrug Kouen das Tauziehen neben sich nicht länger und packte Koumei mit der einen Hand im Genick, während er ihm mit der anderen die Kiefer auseinander drückte, damit Hakuren sein Besteck retten konnte. „Also wirklich!“, knurrte Kouen und schüttelte erzürnt den Kopf. „Könnt ihr drei euch nicht einmal benehmen? Wisst ihr denn nicht, welch eine Ehre es darstellt, an diesem Tisch speisen zu dürfen? Grade für uns, die wir nicht einmal das Erwachsenenalter erreicht haben? Verhaltet euch wenigstens einigermaßen erträglich, sonst schickt man uns gleich allesamt nach draußen und dann war’s das mit dem fröhlichen Essen! Wieso unterhaltet ihr euch nicht, wie es gesittete Leute tun?“ „Nö! Spatzen können nicht reden“, flötete Koujaku unbekümmert und verschlang sabbernd ein Klößchen. Dabei kleckerte sie unentwegt auf alles in ihrer näheren Umgebung. Selbst Hakuren hatte es mittlerweile übel erwischt. Keines der Geschwisterkinder schien sich auch nur ansatzweise an der Rüge zu stören. Kourin versuchte weiterhin, Hakuyuu mit magischen Blicken dazu zu bewegen, dem Beispiel seines Bruders zu folgen und Koumei und Koujaku ließen sich von eben diesem füttern, bis die Tafel recht ausgeräubert wirkte. So blieb den beiden Älteren nur, sich hilflos anzusehen und die Nervensägen zu ignorieren. Dass Kourin immer unruhiger wurde, half ihnen nicht dabei. Irgendwann trat Kaiserin Gyokuen zu ihnen hinüber. Erschrockenes Schweigen ergriff alle Kinder. „Könntet ihr ein wenig mehr auf eure Lautstärke achten, meine Lieben?“, bat sie freundlich und strich Hakuyuu dabei über die Wange, wie sie es bei ihren Söhnen stets zu tun pflegte, um sie zu beruhigen. Eigentlich hätte Hakuren diese Geste besser gebrauchen können, doch der Mutter wollte niemand widersprechen und so kehrte vorerst Stille bei den Kindern ein. Koumei wollte sogar nichts mehr essen, er schien große Angst vor Gyokuen zu haben und für ihn war das Mittagessen nach ihrer Ansage wohl gelaufen. Koujaku hingegen störte sich nicht daran, aß vergnügt und begann nach einer Weile sogar wieder mit ihrem lebhaften Gequatsche. Kourin hockte währenddessen geknickt über ihrer Suppenschale, wurde von Hakuren jedoch nicht weiter beachtet. Etwas später herrschte zumindest bei Hakuren und Koujaku wieder eitel Sonnenschein. Kouen beobachtete dies mit wachsendem Unbehagen. Bei jedem begeisterten Ausruf wartete er auf erneute Beschwerden, doch die kamen nie. „Du bist so lieb, Ren!“, piepste seine jüngste Schwester und umarmte ihren Cousin, sodass dieser seine Heidelbeeren fallen ließ. „Nicht so hastig!“, rief er erschrocken aus. Die Beeren hinterließen blaue Flecken auf seinen Gewändern. „Was soll das denn, sieh nur was du angerichtet hast!“, jaulte er entsetzt. Das kleine Mädchen blinzelte verwirrt. „Ist doch nicht schlimm!“ „Doch ist es, du hast das Gewand ruiniert, toll. Ich glaube ich füttere dich jetzt erst mal nicht weiter“, beschloss er verstimmt, ohne auf ihr empörtes Gesicht zu achten. Die Lektion, die er daraus nur allzu schnell lernen würde, würde ihn davon abbringen, sie je wieder aus den Augen zu lassen. Aber momentan wusste er es noch nicht besser. Schließlich hatte er grade mit schlimmen Befürchtungen zu kämpfen. Oh je, das würde Ärger geben, die Heidelbeerflecken gingen kaum jemals wieder heraus, schon gar nicht aus der edlen Seide… Dass er Koujaku nun keine Aufmerksamkeit mehr schenkte, geschah ihr wirklich recht. Dank ihr würde er heute Abend bestimmt eine Strafe bekommen. Doch das kurze Gefühl des mulmigen Augenblicks verblasste, als der Prinz erkannte, dass Koumei grade endlich zu seinen eigenen Stäbchen griff. „Meichen, was möchtest du haben?“, fragte er begeistert. „Etwas von dem Tintenfisch in der braunen Soße da“, murmelte Koumei. Schon schnappte sich Hakuren das Gewünschte. Kurz zögerte er allerdings. Bäh, Tintenfisch! Wie kann er das denn essen?, ekelte er sich. Doch Koumei schien sich tatsächlich auf den Bissen zu freuen. Also erhob Hakuren sich und lehnte sich zu seinem Vetter hinüber. Mit einer Hand stützte er sich auf der Tafel ab, das hatte die Male davor stets gut funktioniert. Womit er nicht gerechnet hatte, war der Stoß, den er plötzlich in die Seite versetzt bekam. Ehe er sich‘s versah, taumelte er. Um sein Gleichgewicht kämpfend schwankte er über der Tischplatte, konnte gar nicht begreifen, was ihn in diese prekäre Lage gebracht hatte, bis er ein zorniges Quietschen vernahm und er einen erneuten, heftigeren Stoß bekam. „Koujaku!“, brüllte er panisch. Zu spät. Der Tintenfisch fand seinen Platz. Jedoch nicht in Koumeis Mund, sondern an dessen Stirn: Als Hakuren das Gleichgewicht endgültig verlor, kippte er plötzlich nach vorne und klatschte das fettige Stück Fleisch ins Gesicht seines Cousins. Dieser hatte jedoch keine Zeit zum Reagieren, da krachte es nämlich gewaltig. Unter ohrenbetäubendem Scheppern, Klirren und Splittern von feinstem Porzellan fiel Hakuren mitten auf die gedeckte Tafel. Er landete gradewegs in der Terrine mit Hühnersuppe. Natürlich hielt diese dem Gewicht eines wohlgenährten Siebenjährigen, der mit einiger Wucht auf sie prallte, nicht stand. Sie zersplitterte in hunderte kleine Scherben. Hakuren stieß einen hohen Schrei aus, mehr vor Schreck als vor Schmerz, aber in diesem Moment war er sich ganz sicher, von den spitzen Scherben tödlich verwundet worden zu sein. Er konnte spüren, wie sich die scharfen Kanten in seinen Bauch bohrten und das Blut nur so aus den tiefen Wunden hervorquoll… Schnell wurde ihm allerdings bewusst, dass der doch eher moderate Schmerz nicht zu solch schweren Verletzungen passte und das Blut… Nun ja, das war wohl eher etwas anderes: Reste lauwarmer Suppe sickerten über den Tisch und tropften den Umsitzenden auf den Schoß, was endlich zum angemessenen Entsetzen führte. Das einzige Glück war, dass sie nicht mehr kochte. Doch Kouen und Hakuyuu sprangen sofort auf und rissen die drei Kleinen mit sich von der Tafel fort. Sogleich eilten die Erwachsenen zur Stelle und schrien so sinnlose Dinge wie: „Jetzt reicht‘s aber!“ Was nun auch niemanden mehr vor größerem Unheil bewahren konnte. Koutoku schien vor Wut beinahe zu platzen, wollte seine Töchter ohrfeigen, doch Hakutoku gab sich alle Mühe, ihn und Gyokuen zu besänftigen. Die Kinder waren geschockt: Kourin heulte lautstark, während Koujaku bis über beide Ohren grinste. Am liebsten hätte sie sich neben Hakuren in das Chaos auf dem Tisch geworfen. Koumei betastete mit wachsender Abneigung den riesigen Fettfleck auf seiner Stirn und auch seine Augen begannen verdächtig zu glänzen. Kouen versuchte vergeblich, die drei zu beruhigen und Hakuyuu starrte wie versteinert auf seinen kleinen Bruder, als könnte er nicht fassen, wie sehr er sich mal wieder daneben benommen hatte. Das würde mindestens eine Backpfeife geben, so viel stand fest! Hakuren lag immer noch mitten auf dem Tisch und spürte, wie sich seine Gewänder und Hosen langsam mit Suppe, verschüttetem Pflaumensaft, Tee und anderen flüssigen Speiseresten vollsogen. Irgendwie realisierte er erst jetzt, dass er hier nicht liegen sollte. Er wusste nicht so recht, wie er hier hierherkam und weshalb er das Bild eines erschossenen Soldaten imitierte, der kraftlos bei der erst besten Gelegenheit zusammen gebrochen war. Der Tintenfischtentakel direkt vor ihm war eine stumme Anschuldigung. Irritiert und verstört zugleich versuchte er, sich zu bewegen, doch sein Vater rief sogleich: „Halt still, sonst schneidest du dich!“ Also blieb er auf seinem Posten und betrachtete eine umgestoßene Schale mit süßen Klebreisbällchen ganz in seiner Nähe. Eines erwischte er sogar mit dem Mund, so bekam er wenigstens etwas Nervennahrung. Die aufgeregt-empörten Stimmen zu beiden Seiten verunsicherten ihn. Hatte er etwas falsch gemacht? Er konnte sich keiner Schuld entsinnen, hatte nur Koumei füttern wollen und dann… war er ausgerutscht, nein… Koujaku hatte ihn gestoßen, oder? Endlich packte ihn der Kaiser unter den Achseln und zog ihn mit Koutokus Hilfe vom verwüsteten Tisch herunter. Benommen erblickte er die gesamte Verwandtschaft, die ihn befremdet anstarrte. „Was sollte dieses ganze Theater?“, blaffte der braunhaarige Mann und funkelte seine Söhne und Töchter finster an. „Keine unnötige Aufregung, Bruder. Es ist doch nichts Ernstliches geschehen, mein Sohn ist unverletzt, trotz der vielen Scherben“, brummte Hakutoku beschwichtigend. Doch Koutoku verlangte immer noch eine Antwort von seinen ungezogenen Sprösslingen. „Hakuren ist ausgerutscht, als er sich Reisbällchen nehmen wollte!“, piepste Koujaku schnell. Niemand widersprach ihr. Keiner wollte sie beschuldigen, den zweiten Prinzen in eine solch peinliche Situation gebracht zu haben. Sie würde garantiert schlimmer bestraft werden, als Hakuren. Ein wenig wurmte es den Jungen schon, dass er nun als alleiniger Übeltäter angesehen wurde, doch genau genommen stimmte es ja. Er hatte die Idee mit dem Füttern gehabt und hätte er Koujaku nicht gegen sich aufgebracht, hätte sie ihn nicht gestoßen. Alles war letztendlich seine Schuld. Mit hängendem Kopf stand er da und ließ sich von seiner Mutter ausschimpfen. Er schämte sich schon ein bisschen, auch wegen dem Bild, welches er nun bot. Aber wirklich nur ein kleines bisschen, schließlich hatte Koumei nur dank ihm etwas gegessen, da sollten sie lieber stolz auf ihn sein! Aber niemand zeigte auch nur den Hauch von Anerkennung. Immerhin blieb es dabei. Keine Schläge, kein Hausarrest, was bei seinem Verhalten ein Wunder darstellte. Die übrigen Kinder waren spätestens nach Hakurens Unfall ebenfalls nicht mehr vorzeigefähig. Fett- und Soßenflecken hatten niemanden verschont. Kleinlaut ließen sie den Unmut des kaiserlichen Ehepaares und des Kaiserbruders über sich ergehen. Besonders Koujaku schämte sich plötzlich so offensichtlich, dass Hakuren ihr nicht böse sein konnte. Koumei versteckte sich so gut hinter Kouen, dass man kein Fitzelchen mehr von ihm entdeckte. Nun gut, eigentlich hatte er es eher irgendwie geschafft, unter die Robe des Älteren zu kriechen und keinen Mucks mehr von sich zu geben. Niemand störte sich an seinem wundersamen „Verschwinden“. Das Offensichtliche war interessant genug: Sie alle sahen aus wie nach einem Massaker. Als hätten sie sich in eine Horde Straßenräuber verwandelt. Die Roben, übersäht mit braunen Flecken, verliehen ihnen tatsächlich einen verwahrlosten Anschein. Die Erwachsenen mochten derartigen Dreck ganz und gar nicht. „Ihr geht euch jetzt erst einmal umziehen!“, befahl Gyokuen händeringend. Bei dem Anblick all dieser schmutzigen Kinder bekam sie beinahe einen Herzinfarkt. Und so endete das familiäre Mittagessen, welches so vielversprechend begonnen hatte, in einem mehr oder minder riesigen Tumult. Gefolgt von einer umfassenden, schnellen Badeaktion, dank Hakurens glorreichen Einfall, Koumei zum Essen zu bewegen. *-*. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)