Lasst die Toten ruhn von Hotepneith (Der 31. Fall Lord Sesshoumarus) ================================================================================ Kapitel 1: Leutnant Sato ------------------------ Leutnant Isamu Sato schritt durch den Park, der diesen Teil des Kaiserpalastes außerhalb der Mauer umfasste, die das eigentliche Schloss verbarg, mehr als in Gedanken. Vor wenigen Wochen war der Shogun verstorben – und der junge Kaiser hatte nicht gezögert dessen Haushalt aufzulösen. Den Söhnen des ehrenwerten Heerführers waren ehrenvolle Tätigkeiten überlassen worden, bis hin zu einem Daimyo mit vielem Land, wenngleich außerhalb von Heinan, – aber die Leibwache, was ihn persönlich betraf, war aufgelöst worden. Er hatte es noch relativ gut getroffen, andere Kollegen waren mit den Söhnen des verstorbenen Shogun weit ins Land gereist. Und seine beiden Vorgesetzten waren wegen mehr als geringfügiger Sachen hingerichtet worden. Ihm hatte man nur gesagt, er sei ein guter Ermittler … Nun ja. Er diente jetzt eben dem Kaiser, womöglich war das sogar besser. Er hatte hier in den Kasernen der Wachen ein kleines Zimmer für sich allein. Aber ihm gab zu denken, warum der Oberste der Leibwachen ihn heute sprechen wollte. Es gab jedoch keine andere Möglichkeit als hinzugehen, der Aufforderung zu folgen und sich schweigend niederzuknien und auf den Befehl zu warten. „Sato,“ begann Uyeda Fukuwara ohne jede Begrüßung: „Mir wurde gesagt, dass du bereits sehr klug und diskret Mordermittlungen geführt hast. Es kam zu einem seltsamen Mord, hier im Schloss.“ Der Leutnant hätte fast aufgesehen. Ein Mord im Kaiserschloss? Da war wahrlich Diskretion angesagt. „Isamu Watabe, ein kleiner Fürst, ist verstorben. Er starb in seinem Zimmer, das bedauerlicherweise von innen verriegelt war. Allerdings wurde er von hinten erstochen. Kümmere dich darum. Der Kaiser wünscht die Aufklärung dieses Vergehens ebenso wie der zuständige Daimyo Kumamoto.“ Da gab es keine Ablehnung. So verneigte sich Isamu Sato nur tief. „Ich werde dem Befehl gehorchen. Darf ich nur um eines bitten?“ „Nun?“ „Ich benötige Zutritt und Auskunft von sehr vielen, auch hochgestellten, Personen ...“ „Ja, natürlich.“ Fukuwara winkte und ein Diener nahm ihm ein Siegel ab, um es dem Leutnant zu reichen. „Das Siegel des Kaisers. Du arbeitest in höchstem Auftrag. Und du solltest ihn nicht enttäuschen.“ „Das werde ich nicht,“ beteuerte Sato prompt. „Nun, das hoffe ich für dich. - Solltest du bis in fünf Tagen kein glaubwürdiges Ergebnis liefern können, stirbst du. Der Kaiser schätzt keine Versager. Oder gar Verräter.“ Der Leutnant schluckte trocken. Fünf Tage für einen so mysteriös klingenden Mord? Das wurde mehr als riskant für ihn. Geübt blieb er dennoch sachlich. „Dieses Siegel berechtigt mich auch die Hofärzte zu befragen?“ „Wen auch immer, natürlich bis auf die kaiserliche Familie. Die bisherigen Akten erhältst du in meinem Vorzimmer. Vielleicht sollte ich dir viel Glück wünschen ...“ Das klang fast hämisch, dachte Sato, aber er verneigte sich nur und ging. Das war ja ein unmöglicher Auftrag. Und, da war er sicher, Fukuwara hatte den Auftrag vom Kaiser bekommen, sah keine Lösung und reichte ihn nun so weiter, froh, dass er im Zweifel als Schuldigen einen Mann des verstorbenen Shogun präsentieren konnte. Löste er dagegen den Fall, stand Fukuwara gut da – und würde ihn auch künftig so einsetzten. In der Tat, es ging um sein eigenes Leben. Er musste gut und nüchtern recherchieren, und auch möglichst viel aufschreiben.   Nach zwei Tagen saß der Leutnant mit seinen Notizen abends in seinem Zimmer und dachte nach. Er hatte Zeugenaussagen, sehr viele, teils sogar sehr ausführliche, er besaß die Aussagen des Heilers, der den Toten als erstes behandelt hatte, von dessen Bruder und Diener – und er kam trotz allem Nachdenken immer wieder zu dem Schluss: es war unmöglich. Irgendwo in diesem Papierhaufen lag der Schlüssel zu dem seltsamen Fall, er musste nur den roten Faden finden. Aber, das war leichter gesagt als getan, stellte er fest, wenn er doch irgendwie dauernd daran denken musste, dass er zu diesem Zeitpunkt in drei Tagen seinen Hals unter das Beil des Henkers legen musste. Er sah auf als die Tür ohne Weiteres beiseite geschoben wurde, erkannte dann an den roten Augen und langen Haaren einen Dämon in militärischer Kleidung, der einen Brief in der Hand hielt. Er bekam selten genug Post mit solchen Boten und nur von Sakura. Das war wenigstens erfreulich. „Vielen Dank,“ sagte er und nahm den Brief. Der Hundedämon nickte knapp. „Wenn du Antwort hast, gibt sie mir in zehn Minuten mit. Ich soll die Antwort des Kaisers an den Herrn abwarten.“ „Ja, danke, ich werde mich beeilen.“ Das war immerhin die einzige Möglichkeit mit Sakura in Verbindung zu bleiben. So öffnete er rasch und las mit einem Lächeln, dass sie sich erkundigte, wie es ihm an seiner neuen Stelle gefalle und ob er da auch mal den Kaiser sehen könne. Mochte sie auch Heilerin unter Dämonen sein, ganz eindeutig hatte sie für ihn doch eine gewisse Zuneigung. Aber, was sollte er ihr darauf schreiben? Sie sollte sich doch keine Sorgen um ihn machen …. Sein Blick glitt zu den Aussagen, ehe er durchatmete. „Das ist es. Der Mann, der den roten Faden finden kann.“ Fragte sich nur, was der Herr der Hunde und auch der Kaiser davon hielten, wenn er mal eben einen Dämonenprinzen in den Palast von Heinan einquartieren wollte … Gleich, es war seine Chance, und, wie er langsam befürchtete, seine einzige. So schrieb er hastig und adressierte das Schreiben an den Fürsten der westlichen Länder, was dem zurückkehrenden Boten nur ein Augenbrauenzucken entlockte. Das war nicht sein Problem, dass dieser Mensch sich eine Menge herausnahm. Er konnte beide Briefe gleichzeitig an den Empfänger ausliefern und war rasch wieder bei seinen Kameraden. Heute Abend sollte eine vergnügliche Würfelrunde stattfinden.   Leutnant Sato schlief in dieser Nacht deutlich ruhiger, in der Hoffnung, seine Bitte würde gewährt werden und der Inu no Taishou nicht nur seinen Sohn zum Ermitteln schicken, sondern auch dem Kaiser diesen Gast schmackhaft machen.   Als er morgens zu seinem Vorgesetzten gerufen wurde, war er dennoch angespannt. Wollte Uyeda Fukuwara bereits ein Ergebnis haben? Wurde der Kaiser doch ungeduldig? Dass sein Brief so rasch ein Ergebnis gezeitigt hatte, wagte er nicht zu hoffen. „Du scheinst interessante Kontakte zu haben, Sato,“ sagte der Anführer der Leibwachen sachlich. „Ein hochgeschätzter, besonderer, Gast des Kaisers erwartet dich. Weißt du, wo das private Studienzimmer des Kaisers sich befindet?“ „Neben dem Temari-Spielplatz am Teich im privaten Trakt.“ Isamu Sato bemühte sich nicht zu tief Luft zu holen. Im Studierzimmer wurde nie ein Gast untergebracht, schließlich besaß es kein Bad und war etwas abgesondert, wenngleich neben den Privatgemächern des Kaisers. Nun ja, ein Dämon könnte im Palast auch Aufsehen erregen. Der Inu no Taishou oder sein Sohn? Gleich. Er musste sich bedanken. „Geh. Und denke daran. Noch drei Tage.“   Als ob er nicht dauernd daran denken müsste. Der Leutnant eilte in sein Zimmer zurück und packte hastig alle Aufzeichnungen in einen Lederbeutel, um ja nichts zu verlieren oder neugierigen Blicken auszusetzen, ehe er durch verschiedene, bewachte, Tore und Höfe immer tiefer in das Innere des Palastes ging, vorbei an den Wartehallen für die Höflinge, der großen Halle für Staatsempfänge. An der Pforte zum Hof des Kaisers und dessen privaten Räumen wurde er kurz angehalten, aber sein Siegel wies ihn als Beauftragten des Kaisers höchstselbst aus und so gelangte er durch. Er hatte keine Augen für den Teich mit der kleinen Brücke, die kunstvoll angelegten Inseln und Pflanzen rechts oder dem Ballspielplatz links, als er neben diesem emporstieg und sich hastig die Schuhe auszog. Er war gehört worden, denn er erkannte eine schmale, weibliche Hand, die die Tür für ihn zurückzog und ihn in das mit kunstvollen Holzmalereien geschmückte Studierzimmer ließ. Sakura war da, dachte er erleichtert, aber er verneigte sich und erkannte aus den Augenwinkeln, dass auch sie sich hastig wieder zusammenkauerte. Das deutete nicht auf eine gute Laune ihres Herrn hin und der Leutnant verneigte sich lieber noch einmal tiefer vor dem am vergitterten Fenster Stehenden. Seine Lordschaft blickte hinaus, als ob er den Teich überaus interessant fände, aber Isamu Sato erkannte an der Kühle im Raum, dass der Dämonenprinz nicht gerade erfreut über diesen Sonderauftrag war, den ihm ohne jeden Zweifel sein Vater erteilt hatte. So kniete er lieber nieder und wartete. „Bericht,“ sagte Sesshoumaru eisig. Zwar war dieser Sato durchaus ein fähiger Mann, ein logisch denkender Ermittler, soweit er ihn bislang kennengelernt hatte, aber dass es dieser Kerl fertig gebracht hatte Vater dazu zu bringen, dass er sich hier in einem Menschenschloss praktisch einschließen lassen musste und noch dazu einen Mordfall lösen … Was der offenbar ja nicht allein hinbekam. Er selbst hatte ja zuerst Sakura im Verdacht gehabt, dass sie Vater beschwatzt hatte, immerhin hatte dieser unverschämte Sato schon mal eine Art Heiratsantrag gemacht, aber sie hatte beteuert, sie habe davon nichts gewusst. Und sie log nicht. Eigentlich nie und gleich zwei Mal nicht mit seiner Klaue an der Kehle. Er musste sich zusammennehmen, nur dann kam er rasch hier weg. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)