Bonds of power von -Amber- (The world gone mad) ================================================================================ Kapitel 3: Doll --------------- Crash Warum war das verdammt noch mal so schwer? Er wollte doch nur diese beschissene Stadt erreichen!!!! Crash fluchte laut, trat gegen ein Blech, das auf dem Boden liegen geblieben war – vermutlich nach der Massenkarambolage, die sich vor ihm eröffnete. Crash wusste ja, dass die Straßen nicht mehr alle befahrbar waren, dass es nur wenige Routen gab, die durchgängig waren. Und die, die es waren, waren gefährlich. Er fuhr ja schon die schwerer zu befahrenden Straßen, was mit seinem PickUp im Grunde auch meist ging. Aber heute war es wie verhext! Egal, welche Route er nahm – irgendwas schien etwas dagegen zu haben, dass er wieder näher Richtung Küste wollte. Hier ein umgestürzter Baum, dort ein Erdrutsch, der die Straße begraben hatte. Oder ähnliche Hinternisse… Nach den Vorkommnissen vor Kurzem war er wieder weiter in Richtung Berge gefahren, hatte aber die Richtung wieder geändert, als er feststellen musste, dass dort ein Rudel Fenrirs ihr Unwesen trieben. Missmutig wendete er den Wagen und fuhr in die Entgegengesetzte Richtung. War da nicht vorhin noch eine Abzweigung gewesen? Es war schon später Nachmittag, als sich die Straße, die man früher vermutlich nur als Feldweg bezeichnet hätte, aus dem Wald schälte und den Blick auf ein Tal frei gab. Unweit sah er einen alten Bauernhof, aus dessen Schornstein Rauch stieg. Crash hielt den Wagen und beobachtete diese grotesk wirkende Idylle. Er lauschte in sich, spürte seine Müdigkeit, sein Schlafdefizit und seinen Wunsch nach einer warmen Mahlzeit. Gefahr konnte er nicht spüren. Der Hof bestand aus drei Gebäuden, U-förmig angeordnet. Autowracks standen außerhalb des eigentlichen Hofes, vermutlich abgeschleppte und ausgeschlachtete Reste der Autos vom Highway. Crash nahm sich auch gerne Ersatzteile mit. Erst vorhin hatte er einen Keilriemen entwendet, weil seiner begann zu quietschen. Jeder unnötige Laut konnte tödlich sein. Vielleicht war dieser Hof die Rettung. Er war gesichert, wie er erkennen konnte, Eine Mauer umgab das Areal. Vielleicht war er in einer so gottverlassenen Einöde gelandet, dass es hier keine Übergriffe gab? Es waren nur noch zwei Tage bis Jacksonville. Er sollte sich noch einmal ausruhen. Er konnte nicht abschätzen, was ihn dort erwartete. Vielleicht sollte er noch ein paar Tage da bleiben, wenn das hier die Möglichkeit war, Kraft zu tanken. Vielleicht hatte er mal Glück. Er entschied sich, auf den Hof zu fahren. Hätte er geahnt, was auf ihn zukam, wäre er umgekehrt. Die Bewohner dieses beschaulichen Bauernhauses, waren ein älteres Ehepaar, die zusammen mit ihrem Sohn den Hof bewirteten. Crash war vorsichtig, doch die Herzlichkeit, mit der er empfangen wurde, ließ ihn schnell Vertrauen fassen. Es hätte ihn gleich wundern sollen. Der Sohn war offenbar nicht wirklich auf der Höhe, wirkte zerstreut und in einer eigenen Welt gefangen. Dafür half ihm der Mann, der sich als Steven vorstellte, den Keilriemen zu wechseln, während seine Frau ein warmes Abendessen vorbereitete, genauso wie das Zimmer – wie sie sagte. Im Nachhinein betrachtet war er wirklich naiv gewesen, wirklich zu glauben, dass es einen solchen Ort noch auf dieser gottverlassenen Welt gab. Aber er hatte wirklich nichts wahrgenommen, keine Anwesenheit eines Dämons, oder eines anderen übernatürlichen Wesens. Hinterher war man immer schlauer. Sie aßen zusammen, ein Feuer knisterte im Kamin. Draußen war es bereits dunkel. Crash merkte mit jeder Meile, die er weiter nach Süden kam, dass es wärmer wurde. Er freute sich schon darauf, in wärmeren Gegenden zu sein. Dann war auch das Schlafen im Auto nicht mehr so unangenehm. Crash spürte, wie er müde wurde, massiv, von jetzt auf gleich. Er spürte, wie seine Augen schwammen, wie sich der Raum bewegte, die Konturen der Gesichter seiner Gastgeber sich verzerrten. Er versuchte aufzustehen, das Ehepaar tat es ihm gleich. Erst in diesem Moment wurde ihm bewusst, dass jene ihn gerade so erwartungsvoll angesehen hatte. „Was, verdammt…“, stockte er, versuchte sich am Tisch festzuhalten, als seine Knie nachgaben. War er so nah am Ziel und würde es doch nicht erreichen? Er versuchte sich irgendwie wieder aufzurichten, doch er spürte seine Arme und Beine nicht mehr. Einzig die Stimme der Frau hörte er noch, die zu ihm sprach. „Es tut mir leid“, sagte sie und klang aufrichtig. „Aber sonst tötet er uns…“ Dann verlor er das Bewusstsein. Marius Das Motorrad anhaltend und den Motor ausstellend, lauschte Marius in die Nacht hinein. Bis auf den leicht heulenden Wind und immer mal wieder auffliegende Blätter konnte er nichts Außergewöhnliches vernehmen. Normale Nachtgeräusche. Weder waren sie auffällig leise, noch.. anderes. Marius runzelte die Stirn und setzte sich aufrecht, die Maschine locker zwischen seinen Beinen balancierend. Er hätte schwören können, dass er gerade eben etwas durch den Fahrtwind gehört hatte. Seine Schultern rollend, entspannte er seine Nackenmuskulatur und seufzte etwas unwillig. Während er reiste, drängte er seine Aura immer so weit zurück wie er nur konnte. Irgendwie mochte er das Wort, seitdem er es gehört hatte. Vorher hatte er es schlicht einen Teil seiner Fähigkeit genannt, aber das schien ihm tatsächlich mehr der richtige Begriff dafür zu sein. Aber wie dem auch sei, er unterdrückte sie, weil sie nicht nur ihn auf andere aufmerksam werden ließ, sondern eben auch andere auf ihn. Oder zumindest jene Wesen, die dafür genauso empfänglich waren wie er selbst. Das hatte in seinen jüngeren Jahren schon die ein oder andere ungewollte Begegnung mit sich gezogen. Jetzt aber saß er hier, mitten in der Nacht, mitten auf einem Hügel, der zu einem Wald hin nach unten führte, und überlegte, sie wieder frei zu lassen. Pro: Er würde wissen, ob er wirklich etwas gehört hatte und ob es ihm gefährlich werden könnte, wenn er weiterfuhr. Contra: Wenn da wirklich etwas war, würde es ihn auch erkennen. In den meisten Fällen hatte er damit zwar eh schon gewonnen. Zumindest hier im Süden. Mh.. Noch während er haderte, hörte er vom Wald unten ein Geräusch, das nicht passte. Eine Art Singsang? Oder mehr ein irres Kreischen? Also nur ein paar verrückte Menschen und keine Monster? Sich wieder vorlehnend, wollte er gerade den Zündschlüssel umdrehen, als etwas Bekanntes an seine Wahrnehmung klopfte. Nicht altbekannt. Nichts, mit dem er viel verbinden würde. Nichts, das ihn von seinem Weg abbringen sollte. Marius schloss ergeben seine Augen. Da war wieder das Gefühl als ob sein innerer Radar nicht funktionieren wollte. Es war ihm inzwischen klar, zu wem dieses Gefühl gehörte, und irgendwie wäre er es dem anderen nun fast schuldig, nach diesem zu sehen, oder? Der Kerl hatte sich völlig ohne Ahnung zu ihm gestellt. Und er hatte Marius amüsiert. Alleine das war schon einiges wert. Und was genau würde der Kerl mit Irren treiben? Leise grollend schob er sich von seiner Maschine und stellte jene ab, bevor er seinen Rucksack von den Schultern nahm und jenen im nächstbesten Busch platzierte. Sehr unwahrscheinlich, dass jemand ausgerechnet jetzt diesen ausgewaschen Weg nehmen würde, aber sicher war sicher. Der Weg nach unten war auch nicht wirklich schwer, wenn man zu Fuß unterwegs war. Mit dem Motorrad vielleicht möglich, aber Marius wollte es zum einen nicht testen und zum anderen wollte er jetzt niemanden mehr mit den Geräuschen aufschrecken. Sich so gut es ging lautlos durch den Wald bewegend, konnte er alsbald eine Lichtquelle ausmachen. Von ihr kam auch dieses immer mal wieder auftauchende Gekreische. Stopfe dem Schreihals doch mal bitte irgendwer das Maul!? Da es jedoch nicht seinen Fähigkeiten entsprach, aus Wünschen Wirklichkeit werden zu lassen, wurden seine Ohren auch weiterhin noch das ein oder andere Mal gestraft, während er näher schlich. Und als er schließlich einen Blick auf die von einer Fackel schlecht beleuchtete Lichtung werfen konnte, war er nicht einmal mehr sonderlich überrascht. Irritiert traf es irgendwie eher. Als ob Menschen noch nicht genügend mit übersinnlicher Scheiße zu tun hatten, nein da mussten sie sich auch noch gegenseitig versuchen umzubringen. Oder opfern. Was auch immer das werden sollte. Vielleicht doch eine Anbetung an irgend einen mystischen Gott oder so nen Quatsch? Mutter, Vater, Kind und an den Händen gefesselter junger Mann. Jener lag vor der Familie auf dem Boden, scheinbar aus den Latschen gekippt. Drogen? Gift? Erstmal unwichtig. Die Familie sah jedenfalls alles andere als gefährlich aus. So trat er schließlich, äußerlich völlig gelassen aus dem Schatten des Waldes, in das flackernde Licht der Fackel und räusperte sich, als es ihm zu lange dauerte, um gesehen zu werden. Sofort ruhten die drei Augenpaare auf ihm und ein sarkastisches Lächeln schlich sich auf seine Lippen: "Sorry, ich wollte eure kleine Party nicht sprengen“ - mit einem Handgriff hatte er seine Waffe vom Rücken gezogen und hielt sie locker in Richtung der Idioten -, "aber der Kerl da ist nicht eurer." Die Frau begann ganz erbärmlich zu heulen. So mit Rotz und Wasser, während deren Junge schon wieder zu kreisch-singen anfing. Nur der Vater war blaß geworden, schien jedoch halbwegs gefestigt, während jener... hinter ihn starrte? Fuck! Marius spürte die Berührung noch an der Wange, als er sich nach links hechtend in eine Rolle fallen ließ und in wenigen Bewegungen wieder auf den Beinen war. Noch im Fallen gab er seine Aura wieder frei und wollte fast ein wenig würgen, von der Rückkoppelung, die er sofort spürte. Das Wesen, das gerade versucht hatte, ihm seinen Kopf von den Schultern zu reißen, mochte äußerlich ein Mensch sein. Oder mal gewesen sein. Aber das war auch schon alles, was davon noch übrig geblieben war. Eine Hülle. Das einzig halbwegs erfreuliche an der Situation war, dass es das Wesen auch ein paar Schritte nach hinten stolpern hatte lassen, als Marius seine Aura freigab. Marius zeigte ein Lächeln voller Zähne, mehr ein Zähnefletschen wirklich, als er seine Waffe wieder am Rücken festmachte und dafür zwei seiner Messer zog. Das Mann-Wesen und er beäugten sich kurz, schienen dann aber zu den gleichen Schlüssen zu kommen. Hier führte kein Weg mehr an einem Kampf vorbei und als sie schließlich, mehr oder minder in der Luft zusammenkrachten war da auch nicht sehr viel Finesse zu sehen in ihrem Kampf. Zumindest nicht, bis Marius das Wesen schließlich am Hals zu packen bekam und jenen mit einem einzigen Kraftakt auf den Rücken auf den Boden krachen ließ. Kaum einen Lidschlag später hockte er über dem Wesen, die Hand am Hals weiter zudrückend, sehend wie die Haut des Wesens dort zu ätzen begann, wo sein Ring auf dessen Haut traf. "Alpha!" Das Wesen versucht Marius seinen Hals zu zeigen - als ob es das nicht eh schon tat - und er schüttelte den Kopf, bemerkend wie ihm seine Haare wiedermal in die Stirn, bis fast in die Augen fielen. "Nope. Die Chance hast du verspielt." Er lächelte kühl. "Das hier ist deine Party? Nette kleine Lieferantenfamilie. Nur der Junge ist nen wenig zu laut." Das Ding versuchte mit den Händen an seine Schultern zu kommen. Versuchte ihn irgendwie davon abzuhalten, ihn zu erwürgen. Nun ja, den Wirt zu erwürgen. Marius lockerte den Griff minimalst. "Was macht ihr kleinen Pissnelken in letzter Zeit so weit im Nordosten? Ich warte schon geraume Zeit auf einen von euch, der endlich mal sprechen kann." Chupacabra Er hatte diesen Menschen gerochen, hatte ihn schon den ganzen Abend in der Nase gehabt. Er hatte sich gefreut, diesen verfaulenden Körper endlich los zu werden, diese verwesende, vermodernde Hülle, die ihn hier beherbergte, um sich diesen Menschen zeigen zu können, um so weit weg aus der Heimat überhaupt überleben zu können. Er hatte sich noch mehr darauf gefreut, frisches Blut zu bekommen, Lebenselixier, Kraft, pure Kraft. Menschliches Blut war so viel besser als das Blut der Tiere, denen er im Wald nachjagen musste. Es war die beste Idee gewesen, diese Menschen zu benutzen. Bis heute freute er sich, diesen Gedanken gehabt zu haben, als er den Jungen gepackt hatte und seine Mutter ihn angefleht hatte, alles dafür zu tun, ihren Sohn zu schützen. Er hatte dadurch viel mehr bekommen, als er von diesen drei allein bekommen hätte. Doch als er an diesem Abend ihren heiligen Ort beobachtete, war etwas anders, etwas, was ihn störte, was ihn irritierte. Der Mensch, der angeschleppt wurde, roch anders, das hatte er schon gemerkt gehabt. Aber da war noch etwas, was er nicht richtig benennen konnte. Und in diesem Moment trat dieser andere Mann hervor. Er hatte ihn nicht gespürt, vielleicht auch, weil er zu hungrig auf den anderen war. Es irritierte ihn ungemein. Doch offenbar hatte jener ihn noch nicht bemerkt, was wohl sein Vorteil war. Er musste nur schnell handeln und er hätte heute sogar zwei Menschen, an denen er sich laben konnte, mächtige Menschen mit mächtigem Blut…. Als die Aura ihn traf, fiel es ihm scher, die Hülle an sich zu halten. Er stolperte nach hinten und ihm wurde eines bewusst: er hatte seine Chance vertan. Und nun würde es um Leben und Tod gehen. Weglaufen würde er nicht können. Die Aura begann bereits jetzt seine Hülle aufzulösen, was ihm Schmerzen bereitete. Ein tiefes Grollen löste sich aus seiner Kehle, währen sie sich anstarrten. Er musste dieses Mensch-Wesen besiegen. Dafür brauchte er Kraft. Vielleicht konnte er den anderen ein wenig… Er sprang, versuchte schneller zu sein, mehr Wucht zu haben. Doch dieser Mensch war einfach versierter, geübter. Ein Jäger?. Sein Hals wurde eng, der Ring brannte auf seiner Haut, die sich nicht wehrte, die den Mann durch die Hülle ließ. Der Schmerz betäubte ihn einen Moment. Es fühlte sich an, als würde ihn weißes Licht durchfluten, in schwarzer Nacht. „Alpha!“, krächzte er, versuchte diese Stimmbänder zu nutzen, die ihm der Körper ermöglichte. Er versuchte sich zu strecken, den Mann auf ihm an der Schulter packen zu können, doch vergeblich. "Was macht ihr kleinen Pissnelken in letzter Zeit so weit im Nordosten? Ich warte schon geraume Zeit auf einen von euch, der endlich mal sprechen kann." Sein Gesicht verzog sich zu einem hämischen Grinsen. Ein seltsames Grollen wanderte durch seinen Hals, einem Lachen und einem gurgeln gleich. „Was willst du wissen, Alpha?! Ich teile mit dir, wenn du möchstest…“ Er drehte mühsam den Blick hinüber zu seinem Opfer, das sich etwas zu regen begann. Die Frau hatte die Arme um ihren Sohn geschlungen, der Mann hatte sich schützend vor sie beide gestellt. Armer Irrer… „Sein Blut ist kraftvoll. Ich rieche es bis hierher…“ Er spürte mehr, als dass er es sah, dass der Mann seinem Blick folgte. Seine Chance. Seine Hand hatte einen Stein zu fassen bekommen. Er schlug zu, erwischte etwas, bäumte sich auf, wuchtete den Mann von sich herunter und sprang auf. In diesem Moment traf ihn etwas, womit er nicht gerechnet hatte. Er spürte, wie sein Körper erstarrte, wie die Hülle von ihm abfiel und er in seiner Gestalt zum Stehen kam. Das Atmen fiel ihm schwer. Aber es ging. Es war noch nicht zu kalt. Er wandte den Kopf, blickte zu seinem eigentlichen Opfer, dessen Lippen sich bewegten. Es schmerzte, jedes Wort. Er musste das unterbinden. Der Typ war geschwächt. Er stockte. Das war der Moment, in dem er auf ihn zusprang. Es fühlte sich gut an, sich wieder normal zu bewegen – in seinem hundeähnlichen Körper. Wenn er sich beeilte, dann hatte er eine wahre Chance. Crash Es fühlte sich an, als würde er aus einem tiefen Meer auftauchen, aus schwarzen Tiefen, wohligen Tiefen, umarmenden Tiefen. Und je näher er der Oberfläche kam, desto kälter wurde es, desto unbehaglicher, desto schmerzhafter. Er tauchte aus einer Tiefe in eine Kälte, in die er gar nicht zurückkehren wollte. Gleichzeitig wusste er aber auch, dass er es musste. Er musste auftauchen. Und dann – dann traf ihn diese Welle, diese Kraft, die er erst vor kurzem gespürt hatte. Eine Kraft, die in diesem Moment die Kälte in Wärme zu verwandeln schien, obwohl er wusste, dass der Besitzer dieser Kraft alles war, nur nicht warm. Er öffnete die Augen, versuchte sich zu bewegen. Er sah nur schemenhaft, Umrisse, eine Fackel, deren flackerndes Licht gespenstische Schatten warf. Crash schloss die Augen, um sich zu sammeln, seine Kräfte zu sammeln, versuchte sich auf den Unterarm zu stützen. Dann öffnete er wieder die Augen, sah, wie der Kerl aus der Bar mit jemandem kämpfte. Das Geschrei des Jungen lenkte ihn ab. Das Wimmern der Frau, die mit weit aufgerissenen Augen dem Geschehen folgte, seinen Sohn im Arm haltend, ihn beschützend. Seltsamerweise verspürte er keinen Groll gegen sie. Der Vater stand schützend vor seiner Familie. „Der Chupacabra wird uns alle töten“, wimmerte die Frau. „Er wird uns töten.“ Crash wandte den Blick zu den Kämpfenden, begann zu wispern. „Perro de la noche, Perro de la sangre. Te voy a prohibir!“ Crash schluckte, spürte, wie er schwindelte. „Scheiße“, fluchte er, versuchte sich zu sammeln. Er war stark, er musste stark sein. Er spürte es mehr, als dass er es sah. Er spürte, wie der Hunde-Dämon auf ihn zusprang. Wind kam auf, erfrischte ihn. Ihm war so bewusst, dass es gerade um alles ging. Er spannte sich an, öffnete die Augen und schlug zu, so fest er konnte. Seine Faust traf den Kiefer des Hund- Dämons, der jaulend zur Seite taumelte. Marius Teilen? Hatte das dumme Vieh ihn nicht verstanden? Fast ohne es zu wollen, wurde der Griff um den Hals des Hundeviehs wieder ein wenig fester. Dann sollte der junge Machtsprecher hier also tatsächlich geopfert werden? Wie kam der Kerl innerhalb von ein paar Tagen in solche Situationen? Oh, kraftvolles Blut? Nun, das würde die magische Anziehungskraft erklären. Ein wenig. Und obwohl Marius es wahrlich nicht wollte, kam er nicht umhin, als dem Blick des anderen zu folgen. Sah den noch bedröppelt wirkenden jungen Mann, wie jener wohl versuchte seinen Schädel wieder gerade zu bekommen. Doch noch während sein Gehirn ihm wiedergab was er sah, schrie ein in letzter Zeit nicht so häufig benutzter Teil in ihm auf. Fucking Regel Nummer 3! Man sah niemals vom Gegner weg. Und als ob er neuerdings Prophezeiungen denken konnte, spannte das Vieh sich unter ihm an und gleich darauf explodierte Marius fast der Schädel. Sich das schmerzhafte Stöhnen nur halbwegs unterdrücken könnend, war der Chupacabra ihm auch schon aus dem Griff entwichen. Hatte das verdammte Arschloch gerade ernsthaft versucht ihm den Kopf einzuschlagen? Selbigen schüttelnd, spürte er fast nur in einem Nebengedanken wie ihm etwas am Ohr entlang herablief. Er blutete. Fantastisch. Den Kopf schüttelnd, wankte er auf den Beinen und knirschte mit den Zähnen als sein vom Schmerz noch etwas verschwommener Blick sich abermals auf seinen Gegner richtete. Der stand kurz still. Gemurmel. Scheiß egal, das Vieh musste jetzt dran glauben. Er spannte seine Muskeln an und war in wenigen Sätzen an dem widerwärtigen, kaum noch in der menschlichen Hülle seienden Wesen angekommen. Vielleicht merkte er irgendwo am Rande, dass jener gerade von dem Sprecher eine aufs Maul bekam, doch gerade senkte sich eine Art roter Schleier vor seine Augen. Er konnte Wesen in all ihren Arten schon an guten Tagen nicht leiden, aber das hier war das erste seit Ewigkeiten, das ihn tatsächlich verletzt hatte. Das ihn bluten ließ. Sich ein Stück weit um seine eigene Achse drehend, als er mit einem Bein aufkam, gab er dem Chupacabra mit dem anderen einen Tritt, der es bis an den Rand der kleinen Lichtung schleuderte. Wo es mit einem Knacken gegen einen Baum knallte. Schmerzhaft. Sehr gut. Aber kaum tödlich. In seinen Augen loderte kaltes Feuer, als Marius nachsetzte. Im normalen Alltag musste und hatte er sich stets unter Kontrolle, was seine pure Kraft anging. Tatsächlich war sie mehr Ärgernis als sonst etwas. Aber jetzt... Bei dem wimmernden Hund ankommend, griff er in eine der Taschen an seiner Mehrzweckhose und holte ein weiteres Messer raus. Sein Sichtfeld war wieder klarer, doch das Blut lief immer noch in Strömen. Nicht, dass es eine große Wunde wäre. So fühlte es sich nicht an. Vielleicht hatte der Stein sein Ohr getroffen. Wunden da bluteten immer wie dumm. "Teilen?" Er knurrte es mehr, als dass er es sprach und gab dem Ding den nächsten Tritt, als es sich benommen den Kopf schüttelnd aufrappeln wollte. Abermals knackste es. Abermals jaulte es. Sich bückend, griff er nach dem winselnden Wesen und schleuderte ihn dann, diesmal mit dem Bauch voraus wieder auf die Erde. "Teilen.." Er murmelte es fast abwesend, als er sich mit dem Knie auf dessen Schultern niederließ und mit einem Ruck die Reste dessen Hemdes vom Körper riß. "Ich werde mit dir teilen." Das Messer hebend, ließ er es in die kaum noch vorhandene Haut des Hundes gleiten und begann Zeichen hinein zu schneiden. Langsam. Genüßlich. "Ich mach das nicht oft. Ihr Biester widert mich an." Inzwischen waren die schmerzerfüllten Geräusche des Wesens voller Panik. Wusste er, was ihm drohte? Umso besser. Sein Messer beiseite werfend, hob er die Hand zu seiner Wunde und verrieb sich sein Blut auf der Haut. "Aber da du mich eh schon zum Bluten gebracht hast, mach ich mal ne Ausnahme." Selbige Hand auf den Rücken des Hundes legend, verzog er das Gesicht. Seine Aura würde sich inzwischen nicht mehr nach warmem Regen anfühlen, sondern mehr nach heißem Wind. Nicht dass er das selbst bestimmen könnte... Für ihn gab es nur 'weniger stark' und 'stark' in dem Zusammenhang. "Also, das hier ist die Stelle, an der ich teile. Unichtozhit!" Die Zeichen, mehr Runen vielleicht, begannen nacheinander rot aufzuleuchten und dann begann der Hund von Innen heraus zu brennen. Gleißend hell, jedoch ohne dass wirklich Hitze abgegeben wurde. Marius erhob sich und trat einen Schritt davon zurück, das Messer an seiner Hose abwischend, das Ganze mit kühlem Blick beobachtend, bis nur noch leicht brennende Asche zurückgeblieben war. Seine Schultern rollend, bis es knackste, atmete er die Augen schließend tief durch, und als er sie wieder öffnete, waren seine Augen wirklich klar. Ebenso war seine Aura wieder unterdrückt. Komplett. So wie beim Reisen eben. Tzz, da hatte er sich also ein wenig gehen lassen. Unwillig schnaubend, drehte er sich zu den anderen um. Die Familie, die ihn ansah, als würde er jetzt gleich auf sie losspringen und mal testen, ob er zum Kannibalen taugte, und der Sprecher, der jetzt tatsächlich so aussah als würde er gleich aus den Latschen kippen. Oder es wieder tun. Wie auch immer. Sein Messer verstauend, warf er einen Blick umher, die anderen beiden lokalisierend, bevor er auf diese zutrat. Und die von ihm weg. Whatever. Marius Blick richtete sich auf den Mann, wegen dem er überhaupt in der Lage hier war. Er legte den Kopf ein wenig seitlich: "Sieht so aus als wäre mir mein Puls auch egal, wenn jemand Scheiße baut oder Hilfe braucht. Hat es dich erwischt?" Dass er mit jemand nur den Machtsprecher meinte, musste man ja nun wirklich nicht ausschmücken. Crash Der Schlag hatte ihn erschöpft zusammensacken lassen. Zumindest war er kurz außer Gefahr, doch lange konnte er nicht durchatmen. Damit sollte er nicht rechnen. Der Hund würde sich gleich wieder sammeln und dann wusste er nicht, ob er noch einmal so einen Glückstreffer landen konnte. Crash hatte noch immer die Augen geschlossen, dennoch spürte er, wie sich alle um ihn herum bewegten. Er sah sie, ohne sie wirklich zu sehen. Es war faszinierend, fühlte sich erstaunlich an. Crash versuchte sich darauf zu konzentrieren, spürte dann aber etwas, was ihn seine Augen wieder öffnen ließ. Die Aura, eben noch warm und hell, wurde gleißend, heiß und zerstörerisch. Die Energie, die er spürte, hatte er in dieser Form noch nie wahrgenommen. Crash beobachtete, wie der Besitzer dieser Aura sich über den Chupacabra beugte. Das Jaulen des Hundedämons klang markerschütternd. Bis ein Leuchten von dem Hund ausging und ein Feuer entfachte. Crash spürte, wie das Leben aus dem diesem wich und mit einem Mal war alles still. Auch der Junge hatte aufgehört zu schreien und zu wimmern. „Mommy? Daddy?“, hörte er mit einem Mal hinter sich und Crash richtete sich auf, um zu der Familie zu sehen. „Was?... Wie?...“, stammelte der Junge und sah sich verwirrt um. Seine Mutter und sein Vater erwiderten den Blick mindestens genauso überrascht, bevor sich die Familie in die Arme fiel. Zumindest bis sie Schritte hörten. Schritte, denen sich nun auch Crash zuwandte. Er saß noch immer auf dem Boden und blickte nun zu dem anderen auf, stand schließlich auf. All die Hitze, all die Wärme waren wieder verschwunden. Ihn fröstelte und er legte automatisch seine Arme leicht um seinen eigenen Oberkörper. Sie hatten ihm seine Lederjacke ausgezogen, wie ihm erst jetzt auffiel. Doch er blickte nicht an sich herab, er sah den anderen Mann an, hörte dessen Worte und konnte nicht anders, als leicht zu grinsen. Dass jener seine Worte von neulich aufgriff und ihm damit einräumte, dass man in gewissen Situationen nun mal seinen Puls außer Acht lassen konnte, freute ihn in gewisser Weise. „Hat es dich erwischt?" Crash schüttelte den Kopf. „Nein, mit ist nur ein wenig schwindlig“, sagte er automatisch. Doch im selben Moment stellte er fest, dass dem eigentlich gar nicht mehr so war. Er fühlte sich wieder fit, so als sei all das Betäubungsmittel wie aus seinem Körper rausgezogen worden. Seine Stirn legte sich etwas irritiert in Falten. Ob es an dem Tod des Dämons lag? Genau wie die Genesung des Jungen, der vermutlich von dem Chupacabra beeinflusst worden war? Vielleicht. Crash nahm sich vor, darüber in den Aufzeichnungen seiner Mutter nachzulesen, sobald er es vermochte. Nun hatte er erst einmal etwas anderes zu tun. „Danke“, sagte er aufrichtig zu ihm. Er wollte gerade noch etwas hinzufügen, als hinter ihm die Stimme des Vaters erklang. „Bitte tun Sie uns nichts. Wir waren gezwungen, so zu handeln. Er hat uns gedroht, uns zu töten. Wir haben nur…“ Crash drehte sich erneut um. „Ich will nur mein Auto und meine Jacke wieder“, knurrte er. Ein Urteil wollte er nicht über diese Familie fällen. Er konnte nicht wissen, wozu er in der Lage wäre, um seine Liebsten zu schützen. Allerdings wollte er gewiss auch nicht mehr bei diesen bleiben. Sicher war es zu verurteilen, dass jener ihm fremde Menschen für das Leben seiner Familie opferte, aber Crash fühlte sich nicht wie ein Richter. Er sah zu dem Jungen, der in den Armen seiner Mutter lag und sich an sie klammerte, als habe er sie verloren und erst jetzt wiedergefunden. Wieder keine Nacht in einem weichen Bett. Dabei stellte sich gerade eine Müdigkeit ein, die ihn den ganz dringenden Wunsch nach ruhigem, tiefem Schlaf verspüren ließ. Doch zunächst wollte er noch etwas wis…. Crash hatte sich zu ihrem Retter gedreht, doch der stand mit einem Mal nicht mehr neben ihm. Dafür sah er ihn gerade wieder in den Wald eintauchen. „Hey!“, rief er ihm hinterher. „Warte!“ Als jener keine Anstalten machte, zögerte er einen Moment. Wollte er dem Kerl nachlaufen? Eigentlich gar nicht. Aber die Frage, die er vorhin schon hatte stellen wollen, drängte sich ihm weiter auf. Er warf der Familie nur noch einen kurzen Blick zu. „Ich komme nachher kurz, um meine Sachen zu holen“, erklärte er, bevor er sich umdrehte und dem anderen hinterherrannte. „Jetzt warte doch mal!“, beschwerte er sich, kurz bevor er ihn eingeholt hatte. „Ich… Ich habe noch gar nicht….“, begann er und wusste nicht so recht wie er beginnen sollte. „Sag mir wenigstens, was du bist!“ Marius Marius nickte, um zu zeigen, dass er verstanden hatte. Schwindel dürfte wohl gerade nichts Ungewöhnliches sein. Bestätigte ihm auch seine Vermutung, dass dem Kerl was untergeschoben worden war. Vielleicht doch Drogen. Wobei die in dieser Einöde nur schwer zu bekommen sein dürften. Möglicherweise auch irgendwelches pflanzliches, gepanschtes Zeug. Auf das Danke hin, winkte er nur ab, sich umwendend, um seine Messer vom Boden aufzusammeln. "Kein Problem." Im wahrsten Sinne des Wortes. Bis auf die kleine Sache mit dem Stein und der Unaufmerksamkeit. Seine Messer wieder verstauend, nachdem er sie abgewischt hatte, griff er schlussendlich abermals zu seiner Wunde. Der Schmerz war kaum noch der Rede wert und er hatte recht behalten. Es hatte sein Ohr erwischt, doch inzwischen schien es zumindest aufgehört zu haben zu bluten. Mit dem Finger folgte er der Blutspur seiner Haut entlang. Fantastisch, vermutlich gab das selbst auf dem schwarzen Shirt einen riesigen Blutflecken und mit purem Wasser war dem auch nicht beizukommen. Also schied das Shirt erstmal aus für die nächsten Tage. Besser er versuchte den Blutgeruch später irgendwie zu bekämpfen. Er hörte noch, wie die Familie sich versuchte zu rechtfertigen und beschloss, dass es das erst einmal für ihn gewesen war. Sie beide waren quitt und die Sache wäre erledigt. Kein unnötiges Auftauchen auf seinem Radar mehr, der ihn zu Handlungen hinreißen ließ. Sich ein Stück herabbeugend, klopfte er seine Hosen ab, um etwaige Rückreste des Waldbodens von ihnen zu entfernen, und machte sich dann daran, die Lichtung zu verlassen. Sich im Wald kurz orientierend, hatte er die Richtung, in der sein Motorrad stehen sollte, ausgemacht und war gerade am Losmarschieren, als er den Ruf hinter sich hörte. Was nun wieder? Abermals tief seufzend, fragte Marius sich, wieso seit ein paar Tagen eigentlich alles anders lief, als er das am Anfang der Woche noch gedacht hatte? Und dieser Zwiespalt ließ ihn zwar nicht anhalten, aber immerhin so langsam dahinspazieren, dass der andere ihn einfach einholen könnte. Was er auch tat. Wie überraschend. Dem anderen einen Blick über die Schulter hinweg zuwerfend, hielt er die Geschwindigkeit bei. Gut, scheinbar wollte der reden. Und sich nochmal bedanken, wenn man das Gestammel da mal entziffern wollte. „Sag mir wenigstens, was zur Hölle du bist!“ Innehaltend, atmete er tief durch und wandte sich dem anderen dann doch zu, die Arme locker vor der Brust verschränkend. "Keine Ahnung. Die Viecher, wenn sie denn mal sprechen können, quatschen mich immer mit Alpha an." Kurz funkelte so etwas wie Humor in seinen Augen auf. "Oder zumindest tun sie das immer dann, wenn sie anfangen, um ihr Leben zu betteln." Seine Arme wieder lockernd, hob er eine Hand, um sich damit die Haare zurückzustreichen: "Was du bist, im Gegenzug, kann ich mir recht gut vorstellen. Auch wenn ich bisher persönlich auf keinen getroffen bin. Machtsprecher. Jemand der Worten Wahrheit und damit Kraft verleiht. Und wenn ich mal raten sollte, dann würde ich behaupten, du machst das noch nicht so lange. Damit bist du nicht nur eine untrainierte Waffe, Doll, sondern auch potentielles Futter für viele dieser Arschlöcher. Der dumme Hund hat vorher gewinselt, dass dein Blut kraftvoll wäre." Und nicht nur das. Es gab genügend Menschen, Wesen, Halbwesen, Dämonen oder was auch immer, die über Fähigkeiten verfügten, sich dieses Blutes gewahr zu werden. Sei es um Wesen zu rufen und zu unterwerfen oder sich selbst zu stärken. Diese Welt war so erbärmlich. Wenn Marius irgendwo ne einsame Insel für sich selbst hätte und den Rest aussperren könnte, er würde es ohne zu zögern tun. Einen Blick an den nun Doll Getauften - irgendwie erinnerte der Kerl ihn wirklich an ne Art Puppe, hübsch, im Anfangsstadium von was auch immer, nur darauf wartend, dass man ihm die richtigen Klamotten anziehen würde und immer noch ein wenig amüsant - vorbei werfend bevor er jenen wieder ansah, hob er eine Augenbraue: "Meine Maschine ist nicht weit von hier, ich kann dich zu deren Haus fahren, wenn du willst." Wieso auch immer er das anbot. Vielleicht Neugierde. Und wieso auch immer der andere das Angebot annahm. So stapften sie also gemeinsam bis zum Waldrand, den kleinen Hügel hinauf bis zu seinem Motorrad. Und Wunder, oh Wunder, es war alles noch so, wie er es verlassen hatte. Sich nach seinem Rucksack beugend, warf er Doll einen prüfenden Blick zu. "Das, was du kannst, das ist ne mächtige Fähigkeit. Du musst in Zukunft besser auf dich aufpassen. Der Chupacabra wäre ein schneller Tod gewesen. Es gibt anderes." Doll seinen Rucksack hinhaltend, da jener ihm beim Fahren tragen müsste, beschloss er, dass es wohl an der Zeit wäre. "Mein Name ist Marius Grey. Auch wenn die meisten meinen Nachnamen zu bevorzugen scheinen." Crash Offenbar hatte sein Ausbruch, dass er wissen wolle, womit er es zu tun hatte, woher diese Kraft kam, zumindest bewirkt, dass der andere Mann innehielt und stehenblieb. Zuvor hatte jener sich nämlich nicht wirklich bequemt, auf ihn zu warten, war stur (sein zum Glück nicht besonders hohes Tempo beibehaltend) weitermarschiert. Nun aber hielt er an, so dass Crash fast in ihn hineinlief, und drehte sich sogar zu ihm um. So nah vor dem anderen zu stehen, gab Crash das erste Mal die Möglichkeit, diesen sich wirklich anzusehen. Sein Gegenüber war ein deutliches Stück größer als er, wirkte damit automatisch wirkungsvoll. Er war zwar nicht besonders breit, aber an sich gut gebaut. Die dunklen Haare fielen ihm erneut in die Stirn. Das war Crash bei ihrer ersten Begegnung bereits aufgefallen, dass jener diese oft zurückstrich. Offenbar mochte er es nicht, wenn sie ins Gesicht hingen. Einen Moment blieb er in den im Moment dunkelgrau wirkenden Augen des anderen hängen, rutschten aber dann erneut zu dem Ohr, das verletzt war. Ihm war das nicht aufgefallen bei dem Kampf, aber offenbar hatte der Hundedämon ihn irgendwie erwischt. Erstaunt, dass er wirklich eine Antwort bekam, blickte er wieder in die Augen des Größeren. Ein Alpha? Das sagte ihm etwas. Etwas, was seine Mutter ihm versucht hatte, einzutrichtern. Wenn er jemals in den Himmel käme und seine Mutter wiedersehen würde, dann musste er sich bei ihr entschuldigen, dass er sie zu Unrecht als nicht zurechnungsfähig eingestuft hatte. Er hatte so viele Dinge abgetan, hatte so viel nicht wahrhaben wollen. Er hatte doch einfach nur ein ‚normales‘ Leben haben wollen, sofern das in diesen Zeiten möglich war… Aber diese Gedanken gehörten jetzt nicht hierher. “Wende dich an den Alpha. Wenn er dich mag und dir vertraut, hast du nichts mehr zu befürchten. Ist er dir feindlich gesonnen, dann musst du ihn umbringen. Nur dann hast du Ruhe vor seinem Rudel.“ Ob er ein „Rudel“ besaß? Ob man sich mit diesem hochnäsigen Griesgram überhaupt gut stellen konnte? Ob jener überhaupt jemanden bei sich duldete, der ihn nicht bediente? Crash hob zweifelnd die Augenbrauen. Zumindest erklärte es die Stärke, vielleicht auch diese unfassbare Aura. Doch die Worte verrieten ihm noch so viel mehr über den anderen. Er war es offenbar gewohnt, gegen all diese Wesen zu kämpfen. Er hatte Erfahrung, Routine, kannte die Geschöpfe der Nacht und die Schatten des Tages. Da war sie wieder, die Handbewegung, die die Haare zurückstrich. Crash musste einen Moment schmunzeln, horchte dann aber auf und seine Miene verhärtete sich. Was er war? Machtsprecher – das Wort hallte in ihm wieder. Er hatte diesen Begriff noch nie gehört. Machtsprecher Er konnte Worte Wahrheit verleihen und damit Kraft? Crash verzog keine Miene. Dadurch, dass er selbst keine Ahnung hatte, was er war, konnte er auch nicht widersprechen. Einzig ein Wort ließ ihn unwillig den Mund verziehen. Was fiel diesem Typen ein, ihn doll zu nennen?! Seine Zungenspitze fuhr ihm streitlustig über die Schneidezähne, er verlagerte das Gewicht auf das linke Bein, wippte etwas ungeduldig. Ja, mag sein, dass er in diesem Bereich untrainiert war, dass er sich dadurch selbst in Gefahr brachte. Vielleicht zog er durch das Benutzen seiner Aura auch wirklich die Wesen an. Aber er war gewiss kein SPIELZEUG schon gar keine PUPPE!? Crashs Augen hatten sich verengt, sein Kiefer knirschte, während er ihn zusammenpresste, um nicht die Geduld zu verlieren. Er hasste genau diese Art von Behandlung, genau das. Diese arrogante und selbstgefällige Art, ihn abzustempeln. Er wollte gerade eine spitze Bemerkung darüber zurückgeben, dass ein ach so tolles Alphatier wie er sich doch dann gewiss nicht von einem drittklassigen Dämon eine hätte verpassen lassen, als dieser das Thema wechselte und ihn fragte, ob er ihn zum Bauernhof mitnehmen solle. Er nickte leicht. Dadurch, dass er nicht bei Bewusstsein gewesen war, als diese Scheiß-Familie ihn hierher geschleppt hatte, wusste er nicht, wie er sonst zu seinem Auto kommen sollte. Und so erwiderte er nichts, ließ sich zu dessen Motorrad führen. Ein Alpha. Ein Alpha, dessen Aura gigantisch werden konnte, wenn er nur wütend genug war… Jemand, der viel wusste. Aber: jemand, der ihn tierisch mit seiner Art nervte. Manchmal war das Leben schon ziemlich scheiße. Wortlos ging er dem anderen hinterher, wog ab, ob er seine Gedanken aussprechen sollte oder nicht. So langsam wurde ihm immer bewusster, dass er wirklich jemanden brauchte, der ihm half. Sicher, er hoffte auf seinen Vater, seinen Großvater – wer auch immer sie waren. Aber genau darin lag ja auch das Problem: es waren Menschen, die er nicht kannte. Menschen, vor denen seine Mutter geflohen war. Menschen, die vielleicht schon tot sein konnten. Crash schob die Gedanken zur Seite, als sie bei der Maschine ankamen. Ein schmuckes Ding, geländegängig. Mit der war es definitiv einfacher, voranzukommen, als mit seinem Pickup. Doch noch bevor er einen genaueren Blick darauf werfen konnte, fing der Klugscheißer schon wieder mit seinen Vorträgen an. Oh man! Crash knurrte innerlich. Besonders, wie sich der andere im gleichen Tonfall vorstellte, wie er ihm gerade einen Vortrag gehalten hatte. Aber half ja nichts. Im Moment musste er es ertragen, vielleicht auch ein wenig länger. Crash griff zu dem Rucksack und warf ihn sich über. „Ich heiße Crash“, entgegnete er. „Und mir ist durchaus bewusst, dass mein …. was auch immer es ist, andere Wesen auf den Plan ruft.“ Seine Stimme klang ein wenig wie ein unwilliges Knurren. „Eigentlich hatte ich die Lage ganz gut im Griff. Alles schien friedlich…“ Er konnte sich noch gut erinnern, wie er von einer ähnlichen Stelle hier oben das Tal eingesehen hatte und es abgesucht hatte, nach Kräften. Den Hund hatte er offenbar nicht sehen und spüren können – weshalb auch immer. Noch während er den Gedanken hatte, kam Wind auf und tastete Crash unbewusst die Gegend ab. Er blickte sich um. „Lass uns zum Bauernhof fahren“, sagte er leise und lauschte in den Wald. Es schien, als würden auch andere gerade merken, dass derjenige, der den Wald bisher beherrscht hatte, nicht mehr unter den Lebenden weilte. „Wir sollten los.“ Crash stieg hinter dem ‚Alpha‘ auf, setzte sich aufrecht hin. Er hatte keine große Lust, Grey zu berühren, doch als dieser anfuhr, glitt sein einer Arm an der Seite nach vorne an die Hüfte, so dass er sich festhalten konnte. Ein seltsames Gefühl durchströmte seinen Körper ausgehen von der Hand, die Greys Körper berührte. Ein Alpha… Vielleicht sollte er ihn wirklich fragen. Marius hatte vor dem Hof gehalten. Crash, der auf dem kurzen Weg hierhin einen Entschluss gefasst hatte, stieg vom Motorrad ab, zog sich langsam den Rucksack aus, gab ihn dem anderen aber nicht gleich. Er wusste, wenn er den anderen jetzt einfach ziehen ließ, würde er keine Chance mehr haben, diesen zu fragen. „Ich… Du hast recht, wenn du sagst, dass ich noch nicht viel kann. Ich habe das lange nicht begriffen, was ich sein könnte. Aber meine Situation hat sich geändert. Ich muss lernen… Ich brauche… Kannst du mir nicht ein wenig beibringen?“ Marius Crash... das war ja wie ein schlechtes Omen mit so einem Namen durch die Gegend zu rennen. Fast so, als wollte der Kerl, dass es bei ihm drunter und drüber ging. Ja... nope. Da würde er wohl erstmal bei Doll bleiben. Auch wenn der Name dem anderen scheinbar aufgestoßen war. War ja auch kaum zu übersehen gewesen. Selbstbeherrschung schien da nicht so wahnsinnig groß geschrieben zu werden. Und auch sonst... mal ehrlich? Er hatte die Lage ganz gut im Griff? "Natürlich hattest du das." Nicht. Die Augen ungesehen verdrehend, als er sich auf seine Maschine setzte, fragte er sich, wieso Doll es auf einmal so eilig hatte. Waren jetzt andere Wesen unterwegs? Aber eigentlich sollten die sich nicht näher herantrauen. Zumindest nicht diese Nacht. Es sollte mehr als deutlich zu spüren gewesen sein, wer diese Nacht hier das Sagen hatte. Selbst wenn er seine Aura wieder sehr nah bei sich behielt. So dumm waren nicht mal die Viecher. Oder zumindest war ihm noch keines erschienen, das dumm genug dafür war. Besonders wenn man bedachte, dass er sich ein wenig hatte gehen lassen. Noch so ein Punkt, der ihm ein wenig aufstieß. Das Motorrad startend, folgte er dem kaum noch sichtbaren Weg, bis sie von oben den Hof einsehen konnten und sich schließlich auch auf diesen zubewegten. Wie idyllisch. Aber eigentlich war er ein wenig abgelenkt. Wie lange war es her, dass er einen anderen Menschen so nahe an sich heran gelassen hatte, ohne dass es ein Händedruck oder sowas in der Art in Harrys Bar gewesen war? Ziemlich lange. Sowas um nen halbes Jahr rum? Das könnte hinkommen. Marius war eben nicht die vertrauensvollste Kreatur auf Gottes Erden. Wahrlich nicht. Er hatte Doll auch schon mehr erzählt, als er das unter ähnlichen Umständen normalerweise tat. Da aber keine seiner inneren Alarmglocken schellten, wäre es wohl schon so in Ordnung. Schätzte er zumindest. Am Hof ankommend, warf er einen Blick zu den herumstehenden Autos. Davon mussten dann wohl einige zu anderen Opfern gehört haben? Schien als hätte sich der Hund tatsächlich ein nettes Leben da im Wald gemacht. Aber war das Wesen nicht eigentlich zu niedrig, um so weit vorauszuplanen? Konnte es sein, dass die Viecher im Allgemeinen mehr Intelligenz bewiesen? War das einer der Gründe, wieso immer häufiger solche Übergriffe stattfanden? So viele Fragen und niemand würde sie einem beantworten. Eigentlich war es sehr frustrierend in ihrer Zeit zu leben, wenn man bedachte, wie gut es den Menschen vor nur siebzig oder hundert Jahren noch gegangen war. Zumindest den Büchern nach. Seine Maschine vor dem Hof abstellend, richtete er sich auf selbiger auf und wartete darauf dass seine Begleitung absprang und ihm den Rucksack zurückgab. Hoffentlich ließ der sich nicht gleich wieder von denen da drinnen überfallen. Es wäre wirklich fast ein bisschen schade um diese so schnell vor Empörung funkelnden dunklen Augen. Temperament konnte ne schöne Sache sein und an Doll sah das ganze sogar recht nett aus. Sich diesem zuwendend und die Hand schon halb nach dem Rucksack ausstreckend, ließ er den Arm wieder sinken und blinzelte ein paar Mal ehrlich überrascht. Das war jetzt so ziemlich das letzte, das er gerade erwartet hatte. "Du willst, dass ich dir ein wenig beibringe?", echote er ungläubig und starrte den anderen an, als ob er der erste Mensch auf dem Mond wäre. "Doll, nix gegen dich, aber du kannst mich nicht mal soweit leiden, wie du mich werfen könntest." Seine graublauen Augen hefteten sich an die dunklen des anderen. "Wenn ich wirklich Zeit und offensichtlich auch Nerven in jemanden investieren würde, dann hätte ich eher wenig Lust darauf, beim erstbesten Streit nur noch eine Staubwolke am Himmel von diesem jemand zu sehen. Du bist gefühlsgeladen wie nen straff gespannter Bogen." Er hielt kurz inne. Wieso versuchte er das hier überhaupt zu rechtfertigen? Wieso sagte er nicht einfach 'Nein, verpiss dich!‘? Wieso zog er das hier ernsthaft auch nur annähernd in Betrachtung? Hatte ihn der Stein härter getroffen, als er dachte? Luft ausstoßend, strich er sich seine nervigen Haare zurück und verzog die Lippen. "Gib mir einen guten Grund. Einen einzigen." Crash Den skeptischen Blick, den ihm ein jeder schenkte, der seinen Namen hörte, war er gewohnt. Zum Glück kam keiner der Millionen super lustigen Scherze, die er alle kannte. Immerhin ein Pluspunkt, den der andere sammelte. Zusammen mit dem erstaunlich beruhigenden Gefühl, das sich in ihm ausbreitete, während er hinter ihm saß, und ihm neue Kraft zu verleihen schien. So fühlte er sich unerwartet erholt, während er versuchte, aus dem erstaunten Blick des anderen eine Tendenz abzulesen. Dass er überrascht war, machte er ihm deutlich. Crash konnte ihm nicht widersprechen, als er ihm erklärte, dass er genau wusste, wie wenig er ihn leiden konnte. Wirklich sympathisch war er ihm tatsächlich nicht. Allerdings ging ihm das mit den meisten Menschen so. Dennoch schien Grey auch nicht direkt zu widersprechen. Immerhin etwas. Sonst hätte er doch direkt Nein gesagt, oder? Daher erwiderte er einfach nur den Blick, während der Alpha ihm erklärte, dass er weder Nerven noch Lust darauf hatte, weil er ihm zu „gefühlsgeladen“ war? Nun konnte Crash nicht anders, als seine Augenbrauen zu heben. So schlimm war er doch gar nicht. Früher war das viel schlimmer! Dass er selten zur Ruhe kam und viel in Bewegung blieb, wusste er ja, aber Grey hatte noch immer kein „Niemals!“ ausgesprochen. "Gib mir einen guten Grund. Einen einzigen." Er biss sich auf die Unterlippe, schluckte. Ein Grund dafür, dass er das tun sollte? Auch noch einen guten?! Sicher, er könnte ihm irgendwas weismachen. Irgendwas, wovon der andere profitierte. Er könnte ihm vielleicht auch glaubhaft machen, dass er eine besondere Gabe hätte, die all diese Wesen unter Kontrolle bringen könnte, oder irgend so etwas. Vielleicht könnte er ihm auch verkaufen, dass er wusste, wer ihn als Alpha weiterhelfen konnte. Aber eine Zusammenarbeit auf einer Lüge aufbauen? Nicht mit ihm. So war er nicht. „Es gibt keinen“, sagte er daher und zuckte etwas hilflos mit den Schultern. „Ich meine… Vielleicht die Faszination in deiner Stimme, als du mich Machtsprecher genannt hast...“, er brach ab. Was sollte er schon sagen? Einen Grund… Dann drückte er Marius seinen Rucksack in die Arme. Im Grunde brauchte er ihn doch auch gar nicht, oder? Wenn er in Jax ankam, dann waren da sein Vater und sein Großvater, die ihm weiterhelfen würden. Gewiss würde sich dann alles fügen. Es war ja nicht mehr weit. „Ich müsste lügen, um dir einen guten Grund zu sagen. Ich werde es schon nach Jacksonville schaffen.“ Crash blickte erneut auf die Verletzung des anderen. „Darf ich mich zumindest für deine Hilfe revanchieren und deine Verletzung verarzten?“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)