Scattered Petals von Last_Tear ================================================================================ Kapitel 3: III -------------- Drei Wochen waren seit Yoshikis Geständnis vergangen und mittlerweile wusste Machi nicht mehr, wo ihm der Kopf stand. So sehr er auch hatte gehen wollen, er hatte es nicht gekonnt. Nicht weil Yoshiki ihn daran gehindert hätte, sondern weil er neugierig gewesen war. Wenn diese übernatürliche Welt, vor der er die ganzen letzten dreißig Jahre davon gelaufen war, ihn trotzdem hatte einfangen können, würde es dafür einen Grund geben. Und er wollte herausfinden, welchen. Die letzten Tage hatte er sich mit sehr vielen Büchern aus Yoshikis Bestand beschäftigt und war doch nicht schlauer geworden. Es gab einfach zu viel, das für ihn nicht greifbar war. Nicht ohne sich der Unterwelt zu nähern. Yoshiki hatte ihm zugesichert, dass er ihn begleiten würde, aber alles in ihm sträubte sich dagegen. Murrend ließ Machi das Buch sinken, welches er in Händen hielt, er hatte in den letzten zehn Minuten ein und die selbe Seite mindestens fünf Mal gelesen, wusste jedoch immer noch nicht, was darauf geschrieben stand. Er war einfach nicht mehr aufnahmefähig. „Hallo, Prinzessin.“ Yoshikis Arme schlangen sich von hinten um ihn und mit einem frustrierten Laut schmiegte sich Machi an den Vampir, ließ den Kopf gegen dessen Brust sinken. „Warst du draußen?“ Ein leises Summen folgte als Antwort und Machi schmunzelte. „Wie gemein.“ Yoshiki lachte und ließ sich neben Machi aufs Sofa fallen, dass er ihn sanft küssen konnte. „Keine Sorge, ich hab dir was mitgebracht. Und ich habe nach deinen Freunden gesehen.“ Machi hob eine Augenbraue, bevor er Yoshiki erneut geküsst gehabt hatte. „Du hättest nicht extra kreuz und quer durch die Stadt gehen müssen…“ Und doch war er dankbar, dass der Vampir es getan hatte, obwohl er ihn nichtmal darum gebeten hatte. Vielleicht hatte er in letzter Zeit auch zu viel von Mayu, Emiru und Kaya geredet. „Das ist das Mindeste, was ich dafür tun konnte, dass du zugestimmt hast, mir eine Chance zu geben. Ich will, dass du glücklich bist, Machi. Bei allem was du tust. Sobald der Schnee schmilzt, kannst du dich sicherlich wieder persönlich mit ihnen treffen.“ Wenn das alles nur so einfach wäre. Aber er nickte stumm, lehnte den Kopf an Yoshikis Schulter und gähnte leise auf. „Kommst du mit mir in die Badewanne?“ Er hasste dieses Wetter wenn er ehrlich war. Yoshiki hatte ihm seinen Garten gezeigt gehabt und erst dort hatte er begriffen, wieso dieser sich solche Sorgen um ihn machte. Es war keine gewöhnliche Kälte, diese war nie so schneidend gewesen und als sie nach zehn Minuten das Gebäude wieder betreten hatten, war er bis auf die Knochen durchgefroren gewesen. Offenbar war wirklich irgendetwas da draußen, dass sich nicht logisch erklären ließ, denn weder dem Vampir, noch dessen Dienern, von denen er wenigstens einige kennen gelernt hatte mittlerweile, machte der Winter weiter zu schaffen. Nur er war mittlerweile hier eingesperrt. Warum aber sollte es auch jemand auf ihn abgesehen haben? „Vom zu vielen Grübeln bekommst du irgendwann Falten.“ Machi schnaubte leise, schüttelte langsam den Kopf und hatte sich dann von Yoshiki gelöst, dass er aufstehen und in Richtung Badezimmer verschwinden konnte, während er deutlich den Blick des Vampirs auf sich brennen spürte. Das Wasser war schnell eingelassen und als Yoshiki den Raum betrat, hatte er sich längst seiner Klamotten entledigt und etwas Schaum ins Wasser getröpfelt. „Denkst du wirklich, dass du das Recht hast, mir zu sagen, dass ich alt aussehe? Es herrschen immer noch sechshundert Jahre Unterschied zwischen uns.“ Damit ließ sich Machi in die Badewanne sinken, seufzte genüßlich auf und keuchte erschrocken, als Yoshiki sich nackt hinter ihn sinken ließ. „Mhm, Alter ist nur eine Zahl und du wirst immer wunderschön für mich sein.“ Damit wurde ihm bereits in den Nacken gebissen und er ließ den Kopf nach vorne fallen. „Hah…Ich liebe deinen Charme.“ Yoshiki lachte amüsiert auf und er spürte, wie dessen Reißzähne seine Haut anzuritzen begannen. „Aber ich schwöre dir, wenn du jetzt mein Blut trinkst, dann lasse ich dich erstarren, übergieße dich mit Wasser und stelle dich als Eisstatue in den Garten!“ Yoshiki lachte erneut, leckte ihm nochmal über den Nacken und Machi ließ sich mit einem genüßlichen Laut noch tiefer ins Wasser gleiten und legte den Kopf auf Yoshikis Brust ab. „Weißt du, manchmal frage ich mich, ob du nicht etwas damit zu tun hast. Mit dieser seltsamen Kälte, die offenbar nur mich überkommt sobald ich einen Schritt nach draußen setze. Allerdings bist du nicht alt genug um so eine starke Magie zu besitzen.“ Machi runzelte die Stirn, nur Urvampire besaßen die Macht, mehrere Fähigkeiten zu vereinen, unter anderem Magie. Zwar wurden diese Fähigkeiten durch die Blutlinie weitergegeben, jedoch schwächer als davor, bis irgendwann ein Vampir mit magischen Fähigkeiten übrig blieb, der es vielleicht mit einem ausgebildeten Zauberer oder einer Hexe aufnehmen konnte, sofern er mit seiner Magie im Reinen war. „Hast du deine Freunde auf mich angesetzt, um mich einsperren zu können?“ Unschuldig blinzelte er sein Gegenüber an, welcher ihn nur noch enger an sich heran drückte und langsam den Kopf schüttelte. „Du musst mich ja wirklich für grausam halten, dass du mir so etwas unterstellst. Aber ich versichere dir, dass dem nicht der Fall ist. Was hätte ich davon, Machi? Weder deine Freunde noch deine Familie könnte mir gefährlich werden und du bist in deiner eigenen Welt ein Außenseiter. Es gibt keinen Grund, dich einzusperren.“ Das klang sogar plausibel. Yoshiki begann ihm durch die Haare zu streicheln und Machi seufzte, starrte an die roten Blüten auf der weißen Badezimmerwand. Yoshikis Lieblingsblumen. Diese waren überraschend oft im Schloss verteilt, aber sie fielen ihm nur nach und nach auf. Rosen in verschiedenen Farben, vorherrschend jedoch blau - und eben ab und an auch rot. „Entschuldige. Aber ich bin es nicht gewohnt, irgendwo eingesperrt zu sein. Auch wenn ich einen Fuß vor die Tür setzen könnte…“ Machi verzog das Gesicht und hatte sich dann gedreht, dass er den Vampir sanft küssen konnte, während er die Finger über dessen Brust gleiten ließ. „Wieso lenkst du mich nicht von diesen düsteren Gedanken ab?“ Gedankenverloren strich Machi mit den Fingerspitzen über die Bücher vor sich und murrte lautlos vor sich hin. Nach dem Bad hatte er sich wieder seinem Lesematerial zugewandt, während Yoshiki in die Küche verschwunden war. Es war seltsam, aber seit er hier war, bestand der Vampir öfters darauf, selbst zu kochen und behielt die Diener nur um aufzuräumen und sauber zu machen. Nicht, dass es ihn stören würde, aber er wusste nicht, wie weit er den Geschmacksknospen eines Vampirs trauen konnte. Zwar sah er Yoshiki auch normales Essen zu sich nehmen, aber ob dieser es überhaupt genießen konnte, hatte dieser ihm nie verraten. „Das ist doch Wahnsinn.“ Machi atmete tief durch, dann hatte er den Raum durchschritten und die Stirn an das Glas des einzigen Fensters hier gelehnt und nach draußen gestarrt. Alles was er sehen konnte war weiß. Der Schnee bedeckte den Garten vor ihm lückenlos. Das Gras, die vielen Büsche und Bäume welche dort verteilt waren. Sogar der kleine See in der Mitte war gefroren und glitzerte verheißungsvoll im Sonnenlicht. Noch etwas, an dass er sich erst hatte gewöhnen müssen. Der Vampir konnte sich problemlos im Tageslicht bewegen, es verbrannte ihn nicht, es blendete nur unwahrscheinlich, dass Yoshiki immer eine Sonnenbrille tragen musste. Allerdings hatte er ihm erklärt, dass auch das verwandelten Vampiren erst ab einem gewissen Alter möglich war und geborenen Vampiren je nach Stärke. Es gab auch geborene Vampire, welche noch nie das Sonnenlicht hatten erblicken können und für Kinder jeder Art war es tödlich, sich unter freiem Himmel zu bewegen, wenn es nicht Nacht war. Er hatte so viel über diese neue Welt lernen müssen in der er jetzt lebte, aber es fühlte sich gut an, sich nicht mehr verstecken zu müssen. Auch wenn er Yoshiki das erste Mal ordentlich erschreckt gehabt hatte, als dieser das Wohnzimmer betreten hatte, wo er komplett in Flammen gestanden hatte und bei der Erinnerung musste Machi schmunzeln. Das war kein schöner Anblick gewesen und nicht zu vergleichen mit damals, als sein Temperament mit ihm durchgegangen war. Es hatte länger gebraucht um dem Vampir zu erklären, dass das Teil eines Rituals gewesen war um seine Energien zu reinigen und der Grund, wieso er dabei nackt gewesen war. Hach ja. Der Vampir mochte zwar mehr Erfahrung haben, was das Übernatürliche anging, aber offenbar hatte dieser bisher nie eine Beziehung mit einer Hexe geführt, was Machi durchaus erheitert hatte. Vielleicht sogar mehr, als es sollte. Summend wandte er sich schließlich wieder vom Fenster ab, dass er sich ordentlich strecken konnte und fuhr sich durch die Haare. Langsam aber sicher würde er hier drinnen wohl noch verrückt werden, aber in keinem Buch war irgendetwas gestanden über einen Kältezauber, welcher sich nur auf eine Person konzentrierte. Vielleicht sollte er sich doch mal die Bücher über Flüche genauer ansehen. Er hatte nur keine Ahnung wie er hätte verflucht werden können. Ihm wollte auch niemand einfallen, welchen er verärgert haben könnte. Yoshiki riss ihn erneut aus seinen Gedanken und für einige Sekunden starrte Machi den Vampir völlig überfordert an, bis ihm bewusst wurde, dass er kein Wort von dem verstanden hatte, was dieser gesagt hatte. Redete dieser etwa in der uralten Sprache der Vampire mit ihm? Aber Yoshiki wusste doch, dass er diese nicht beherrschte. Noch nicht, sie hatten Unterrichtsstunden ausgemacht, aber bisher waren sie kaum zu etwas gekommen. „Yoshiki?“ Dieser legte den Kopf fragend schief und im nächsten Moment hatte Machi das Gefühl, als würde er aus seinem Körper gerissen werden. Er wollte schreien, aber alles was ihm entkam war ein leises Keuchen, bevor er die Augen öffnete und sich irritiert umsah. Um ihn herum war alles dunkel und er hätte schwören können, dass er gerade noch bei Yoshiki gewesen war. Aber hier war er umgeben von kompletter Finsternis und Einsamkeit. Machi erschauderte, als sich Kälte in seinem ganzen Körper auszubreiten begann und automatisch griff er nach der Magie in seinem Inneren um zu verhindern, dass er erfrieren würde. „So sehen wir uns also wieder.“ Machi erschauderte erneut, als ihm bewusst wurde, wem diese Stimme gehörte und er wünschte sich nichts mehr, als etwas sehen zu können. Aber offenbar existierte hier wirklich nichts…außer ihm. Für den Moment zumindest. „Du glaubst du bist in Sicherheit bei diesem Vampir, kleine Hexe? Nur weil er dein Seelenverwandter ist und versprochen hat, dich zu beschützen? Wie naiv.“ Schnaubend verschränkte Machi die Arme vor der Brust, für einen Einschüchterungsversuch war ihm das fast schon zu blöd. „Du hast keine Ahnung, worüber du redest, Vater.“ Hätte er gekonnt, hätte er der Person welche für diesen Zauber verantwortlich war, ins Gesicht gespuckt. Dieser Mann verdiente es gar nicht, dass er ihn so nannte, aber er wusste, dass er sich im Moment auf verlorenem Gebiet befand. Und nichts war gefährlicher als sich auf unbekanntem Terrain mit dem Feind anzulegen, auch wenn er wusste, wozu dieser in der Lage war. Juka lachte amüsiert und in Machi begann sich alles zu verkrampfen, bevor er seine Schutzschilde aufbaute. Sicher war sicher. Er konnte diesen Mann zwar halbwegs einschätzen, aber wie es momentan um dessen Geisteszustand bestellt war, war ihm ein Rätsel. Wobei er zugeben musste, dass er erleichtert war, dass seine Mutter solche Fähigkeiten gar nicht besaß. Ein Zusammentreffen mit ihr wäre aber auch durchaus unerfreulicher verlaufen. Trotzdem traf der erste Schlag ihn unvorbereitet und er stolperte einige Schritte zurück, froh darüber, dass er nie aufgehört gehabt hatte, seine Fähigkeiten zu trainieren, denn ansonsten wären seine Schutzschilde jetzt schon zerfallen wie Staub im Wind. „Oh mein kleiner Liebling. Wir haben so viel falsch gemacht bei dir. Es ist ein Jammer, dass deine Mutter es nicht geschafft hat, dich von diesem erbärmlichen Leben zu erlösen.“ Es war schwer, die Energien zu greifen, welche ihn hier umwirbelten. Machi kniff die Augen zusammen, während er sich zwang, nicht zuzuhören. Sein Vater wollte ihn durcheinander bringen und dafür sorgen, dass seine Verteidigung zerbrach. „Denkst du nicht, dass es erbärmlicher ist, sich so sehr vor einem Kleinkind zu fürchten, dass man es töten will?!“ Machi schüttelte den Kopf, während er sich vorsichtig umher tastete und schließlich zupackte. So wie es sich anfühlte, hatte er es geschafft, zumindest einen dünnen Faden von Jukas Magie zu erwischen und er konzentrierte sich darauf, irgendwie musste er aus diesem Zustand entkommen können, egal was es war. Denn es gefiel ihm absolut nicht dass sein Vater es geschafft hatte, zu ihm durchzudringen. Nach all diesen Jahren konnte es nicht mal irgendetwas Gutes bedeuten. Nur dass er versuchen wollte, das zu beenden, woran seine Mutter gescheitert war. „Glaubst du wirklich, dass du es schaffst, mich so aus dem Gleichgewicht zu bringen? Ach Machi, ich hätte viel mehr von dir erwartet.“ Zum Glück schien Juka abgelenkt genug, dass er gar nicht spürte, wie er sich an dessen Magienetz zu schaffen machte und vorsichtig streckte Machi seine Hände weiter aus - er musste die Mitte finden. Die Stelle, an welcher die Magie am dichtesten war und dort angreifen. Je mehr sein Vater begann ihn verbal zu demütigen, desto mehr nutzte er es um sich voran zu tasten, bis er auf einen Widerstand stieß und grinsen musste. „Was kann dir der Vampir denn bitte bieten? Ein besseres Leben? Du glaubst doch nicht wirklich, dass du so etwas von einem Monster bekommen kannst? Er behält dich nur, weil du eine Rarität bist, ein köstlicher Zwischensnack. Mehr sieht er nicht in dir.“ Juka hatte sicherlich weiter reden wollen, aber in genau diesem Moment hatte Machi seine ganze Magie auf den Knotenpunkt konzentriert und diesen in Flammen aufgehen lassen, dass das letzte, was er hören konnte ein erstickter Aufschrei war, dann verschwamm die Welt um ihn herum und er fiel. „Machi?“ Als er wieder zu sich kam, lag er in Yoshikis Bett, genau auf der Seite, auf welcher er schlief, seit Yoshiki ihn gebeten hatte, ihm eine Chance zu geben und ihm zu vertrauen. Er fühlte sich so erschlagen, als ob ein Lastwagen ihn überrollt hätte und gab einen gequälten Laut von sich. „Liebling…Was ist denn nur mit dir passiert? Ich wollte dich gerade zum Essen holen, aber du hast starr ins Leere gesehen und nicht auf mich reagiert…“ Oh. Offenbar hatte er da bereits schon unter dem Bann seines Vaters gestanden. Müde schaffte er es gerade so, zu Yoshiki aufzusehen, bevor ihm erneut die Augen zugefallen waren. „Es tut mir Leid.“ Mehr brachte er nicht über die Lippen, bevor die Erschöpfung ihn in ihren Bann zog und mit sich riss. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)