Scattered Petals von Last_Tear ================================================================================ Kapitel 4: IV ------------- Irgendetwas hier war seltsam. Das war eines der ersten Dinge, welche Machi auffielen, während er langsam erwachte. Er fühlte sich beobachtet, als wäre er die Beute für ein hungriges Raubtier und mit einem erschrockenen Laut saß er im nächsten Moment senkrecht im Bett, eine Feuerkugel in der Hand, jederzeit bereit, anzugreifen oder sich zu verteidigen. Ein leises Lachen aus der Ecke des Schlafzimmers jedoch lenkte ihn ab und die Kugel wurde größer und heller, bis er die Gestalt erkennen konnte, welche sich in den Schatten versteckt hatte und langsam eine Augenbraue hob. Machi hingegen blinzelte völlig verwirrt. Diese Person sah aus wie Yoshiki, allerdings war er sicher, dass dieser ihm erzählt hätte, wenn er einen Zwillingsbruder hatte, was nur einen Schluss zuließ. „Du gefällst mir, Kleiner. Jederzeit wachsam, sogar im Schlaf…Wobei ich zugeben muss, ich hätte nie gedacht, dass mein Sohn ausgerechnet eine Hexe zu seinem Auserwählten erklärt.“ Machi schüttelte den Kopf, bevor er die Kugel in die Luft geworfen hatte, wo sie verblieb, ein bedrohliches Licht ausstrahlend, welches den Vampir beleuchtete. „Und ich hätte nie gedacht, dass ich mich mit alten, perversen Männern herum schlagen muss, die ungefragt neben meinem Bett auftauchen.“ Damit hatte sich Machi aus dem Bett erhoben, den Blick nach wie vor fest auf sein Gegenüber gerichtet, welcher nur grinsend die Hände hob - und er zuckte zusammen, hatte im nächsten Atemzug eine Wand aus Feuer zwischen ihnen erscheinen lassen und verengte leicht die Augen. Yoshiki hätte ihn durchaus vorwarnen können. „Oh~ sag nicht, du hast Angst vor mir, kleine Hexe?“ Der Vampir wirkte immer noch viel zu amüsiert und es juckte Machi in den Fingern, ihm das arrogante Grinsen aus dem Gesicht zu schlagen. „Angst? Ich traue keinem Mann den ich in meinem Schlafzimmer vorfinde, wenn ich ihn nicht eingeladen habe, das ist ein bedeutender Unterschied!“ Machi schnalzte unbegeistert mit der Zunge und verzog das Gesicht als sein Gegenüber wirklich die Frechheit besaß, darauf in Gelächter auszubrechen. Durfte das wahr sein? Er hatte schlecht geschlafen, erinnerte sich nur verschwommen an seinen Vater und dann wurde er mit einem Verrückten konfrontiert. Allerdings kam er nicht dazu, ihm zu sagen, was er von ihm hielt, weil sich die Tür öffnete und Yoshiki entsetzt zwischen ihnen hin und her sah. „Vater! Ich hatte dir nicht erlaubt…“ Dieser unterbrach seinen Sohn jedoch mit einer Handbewegung und Machi machte einen Schritt auf Yoshiki zu, was sich als ein großer Fehler erwies, nachdem dessen Vater schneller war und er plötzlich eine Hand in seinen Haaren hatte, welche seinen Kopf in den Nacken zog und ihn fluchen ließ. „Selbst Schuld, wenn du mir verschweigst, dass du dir mit einem solchen Leckerbissen das Bett teilst.“ Bevor ihm jedoch über den Hals geleckt worden konnte, hatte Machi zugeschlagen, es wunderte ihn nicht mal, dass der ältere Vampir unbeschadet durch seine Flammen gekommen war, noch dass dieser aufrecht stehen blieb, obwohl er ihm die Faust gegen die Wange gedonnert hatte. Yoshiki war schon stark, wie stark musste dann dessen Vater erst sein? „Oh…Wunderschön, schlagfertig und weiß nicht, was gut für ihn ist…Ich beginne zu verstehen, was du an ihm findest.“ Bitte?! Hatte er sich etwa verhört?! Machi knurrte leise, allerdings legte Yoshiki einen Arm um ihn und zog ihn eng an sich heran und dessen Vater schien endlich zu verstehen, zumindest ging er einige Schritte zurück und Machi atmete tief durch, wenn er Lust auf eine Familienzusammenführung gehabt hätte, hätte er auch seinen eigenen Vater gewähren lassen können. Zumindest hatte er sich duschen und umziehen dürfen, bevor sie sich im Wohnzimmer zu dritt gegenüber saßen, die beiden Vampire mit einem Glas Blut vor sich und Machi mit Wein. Auch wenn das keine gute Idee war auf leeren Magen, aber er brauchte etwas um seine Nerven beruhigen zu können. „Wie lange wolltest du ihn noch vor mir verstecken?“ Yoshiki zog eine Grimasse und Machi ließ den Kopf gegen dessen Schulter sinken, er hatte keine Ahnung worum es ging, aber offenbar waren Vampire mit über sechshundert Jahren immer noch nicht ausgewachsen. Oder Yoshikis Vater war einfach überängstlich. Vielleicht auch einfach beides? Machi nippte an seinem Wein, hatte diesen jedoch fast wieder ausgespuckt, als der ältere Vampir weiter redete. „Jetzt wundert es mich zumindest nicht mehr, dass du den Thron nicht besteigen wolltest.“ Moment. Was? Hustend richtete sich Machi wieder auf und starrte Yoshiki ungläubig an, welcher mit einem sanften Lächeln zurück sah und nach seiner Hand griff. So perplex wie er selbst war, ließ er das sogar zu, dann richtete er seine Aufmerksamkeit wieder auf Yoshikis Vater. „Oh, hat er dir das auch verschwiegen? Ich beherrsche die Unterwelt, Machi. Es mag dir komisch erscheinen, dass ausgerechnet ein Vampir König ist…“ Der Rest ging in einem statischen Rauschen unter und Machi bekam erneut das Gefühl, zu fallen. Allerdings war es dieses Mal nicht so schlimm, trotzdem konnte er nur irritiert blinzeln, während sich in seinem Kopf sämtliche Gedanken überschlugen. Es wollte alles keinen Sinn ergeben. Hatte Yoshiki ihm das absichtlich verschwiegen oder einfach nicht mehr daran gedacht? Was sollte er davon halten? War das mit dem Seelenverwandten alles nur ein Vorwand gewesen? „Machi?“ Yoshikis Stimme klang so dumpf, so weit entfernt als wäre sie unter Wasser und genau so fühlte er sich gerade auch, als würde er ertrinken. Im nächsten Moment war Machi aufgesprungen und aus dem Zimmer gestürmt. Er wusste zwar nicht, wo er hin wollte, aber weg war eine sehr gute Idee. Leider kam er nicht weit, denn kaum dass er die Tür aufgerissen hatte, kam ihm ein Schwall Eiseskälte entgegen, welcher ihn beinahe erstarren ließ. Egal wie sehr er sich dagegen stemmte, es war als ob eine unsichtbare Macht ihn aufzuhalten versuchte und ein Schrei verließ Machis Lippen, er merkte nicht mal, dass seine Magie außer Kontrolle zu geraten drohte, noch dass er schließlich komplett in Flammen stand. Und endlich, endlich schien der Widerstand vor ihm nachzugeben und er stolperte mehr oder weniger in den Garten, wo er nach wenigen Schritten im Schnee auf die Knie sank und das Gesicht in den Händen vergrub. Ihm wurde schlecht und ein erneuter Schrei entkam ihm, welcher seine Magie neu aufflammen ließ. Dass der Schnee um ihn herum zu schmelzen begann nahm er gar nicht wahr, noch dass er recht schnell in einer Pfütze saß. Dafür war die Angst zu groß, dass das alles nur eine Falle gewesen war um ihn endgültig zu töten. Unterstanden dem Vampirkönig etwa auch die anderen Wesen? Vor allem die, die Magie ausüben konnten? War das ein Komplott seines Vaters? „Machi!“ Er hörte Yoshiki zwar, konnte darauf jedoch nicht antworten, dafür drehten sich seine Gedanken zu sehr im Kreis. Die Panik verhinderte, dass er seine Magie wieder unter Kontrolle bringen konnte. Hatten sie versucht, ihn hier gefangen zu halten, bis seine Mutter einen zweiten Versuch unternehmen konnte, ihn endgültig zu töten? Selbst die Bäume und Rosenbüsche in seiner Umgebung begannen bereits aufzutauen und Machi erschauderte, war er hier überhaupt je sicher gewesen? Natürlich, das Schloss stand an der Grenze zwischen Unterwelt und Menschenwelt, für jede nicht magische Kreatur nur eine Ruine, aber eigentlich perfekt. Zeit schien ihre Bedeutung zu verlieren, während er sich wünschte, nicht so dumm gewesen und auf einen Vampir gehört zu haben. Yoshiki hatte Recht gehabt - er hatte absolut keine Erfahrung mit der magischen Welt, natürlich war er da leichte Beute gewesen. Machi schluchzte auf, während die Flammen höher und höher loderten, genährt von seiner Verzweiflung und dem Selbsthass. Vielleicht sollte er wirklich alles einfach hinter sich lassen. Jedoch konnte er nicht komplett in Selbstmitleid zerfließen, eine leise Stimme schaffte es zu ihm durchzudringen, als bereits der halbe Garten von Schnee befreit war und lichterloh brannte und Machi zuckte zusammen, als sich eine Hand auf seine Schulter legte und noch mehr, als jemand ihn an sich zog, dessen Geruch ihm viel zu vertraut war, als dass er ihn je würde vergessen können. Kaya. Aber was machte dieser hier? Und wieso stand er nicht selbst in Flammen? „Ah~ ich denke, das ist genug.“ Weiche Finger strichen zärtlich über seine Wange und er keuchte auf, als Kaya ihn küsste, Im ersten Reflex hatte er seine komplette Magie gegen diesen gewandt, aber das schien sein Gegenüber nicht davon abzuhalten, ihn weiter zu küssen und je länger sie sich so eng aneinander geschmiegt auf dem Boden befanden, desto schwächer wurde seine Gegenwehr, bis Kaya ihm die Zunge in den Mund drängte und ihn leise aufkeuchen ließ. Es war so gut. Wieso fühlte es sich so schön an, Kaya zu küssen? Dessen Lippen schmeckten nach Zimt und Schokolade und er wollte nicht, dass sie sich je wieder voneinander lösen mussten. Irgendwann ließ Kaya jedoch von ihm ab und Machi keuchte erschrocken auf, als dieser sich die Lippen leckte und ihm ruhig in die Augen sah. Er hatte nie gewusst, dass Kaya so wunderschöne, blaue Augen hatte. War das nicht eigentlich völlig unmöglich? „Hm, ich hatte sehr lange keine Hexe mehr. Die lassen mich gar nicht rein…“ Kaya kicherte leise und Machi konnte diesen nur anstarren, er hatte das Gefühl, als hätte ihn mit einem Schlag alle Kraft verlassen, weswegen er auch nicht weiter protestierte, als Kaya ihn eng an sich heran drückte und begann ihm den Nacken zu kraulen. „Wir hätten schon so viel Spaß haben können, Kätzchen. Aber du musstest ja unbedingt vor allem davon laufen.“ Er verstand kein Wort, aber hier, in Kayas Armen fühlte er sich sicher, weswegen er schließlich langsam die Augen schloss und kaum mitbekam, dass er hochgehoben wurde. Ansonsten hätte er sich wohl gefragt, wie Kaya es schaffte, ihn zu tragen, immerhin war dieser so schlank gebaut, dass es absurd erschien, es wäre diesem möglich auch nur ein Fass voller Wein zu schleppen. Und Machi war sich mehr als nur sicher, dass er mehr wog, als so ein Fass. Dass Kaya jedoch versuchte ihn auf dem Sofa abzulegen, resultierte darin, dass er sich an diesem festklammerte, bis Kaya die Augen verdrehte und ihn richtig auf seinen Schoß zog. Danach wurde Machi wieder ruhiger, aber funkelte die Vampire vor sich trotzdem böse an. „Wenn ihr mich töten wollt, sagt es gleich…“ Yoshiki sah ihn erschrocken an, aber darauf ging Machi nicht ein - Vampire waren Schauspieler, Meister darin sich zu verstellen, nur um zu bekommen, was sie wollten…Ob sein Vater Recht gehabt hatte? Allein bei dem Gedanken zuckte er leicht zusammen und gleich noch mal, als Kaya ihm über den Oberschenkel strich und er das Gefühl hatte, dass ein kleiner Blitz durch seinen Körper geschossen war. Woher kam denn jetzt diese mehr als unpraktische Erregung? „Oh Machi.“ Er blinzelte irritiert, dass Yoshiki vor ihm auf die Knie ging, hätte er nie erwartet. Nicht so. Nicht hier. Und allgemein einfach nicht. „Es tut mir so Leid. Ich hätte dir wohl alles von Anfang an erzählen sollen, aber ich hatte Angst, wie du reagierst. Es ist nicht leicht, als Vampirprinz zu leben und vor allem muss man ständig Bewunderer abwehren und verzweifelte Wesen, die sich einem zu Füßen werfen um selbst besser dastehen zu können. Ich hatte einfach Angst…“ Damit hatte Yoshiki seine Hand genommen, um ihm einen sanften Kuss zu geben und Machi schloss die Augen. Er wollte nicht darüber nachdenken wenn er ehrlich zu sich selbst war. Er wollte…nichts. „Gut, nachdem das geklärt ist, denke ich, dass es an der Zeit ist, dass du dich endlich mal öffnest, darling und deinem Herzblatt erzählst, was mit dir los ist. Dass du dich nicht auf dem aufsteigenden Ast befindest, sollte klar sein…“ Kayas Stimme riss ihn wieder aus seinen Gedanken und Machi hob langsam eine Augenbraue. Was zum…“Oh Herzchen, bitte. Dachtest du wirklich ein Mensch hat die Macht dich zu stoppen? Wobei ich zugeben muss, dass es amüsant war, dass wir uns so lange schon kennen und du keine Ahnung hast, was ich bin.“ Kaya kicherte erneut und Machi schnaubte leise. „Was bist du dann denn bitte?“ Er murrte, als der Andere sein Gesicht zu sich drehte, hätte aber auch nie erwartet, so viel Freude in dessen Augen lesen zu können. „Ich bin ein Incubus, Schätzchen. Und du schmeckst wahnsinnig lecker.“ Fast wäre er von Kayas Schoß gefallen, schüttelte schließlich nur ungläubig den Kopf und strich sich langsam durch die Haare. „Reizend. Sonst noch Geheimnisse von denen ich wissen sollte?“ Kaya zuckte mit den Schultern, bevor er seine Fingernägel begutachtete und Machi dann die Hüfte tätschelte. „Einige, mon cher, aber ich denke es ist viel wichtiger, dass du dir einen Sprung über deinen Schatten erlaubst und endlich mal erzählst, was mit dir nicht stimmt. Vom offensichtlichen abgesehen, dass du einem Vampir vorwirfst, dass er töten will, wenn er dich doch offenbar so sehr liebt, dass er bereit ist, dich zu teilen um zu verhindern, dass du von innen heraus ausbrennst.“ Machi seufzte tief auf, bevor er Yoshiki ein schwaches Lächeln schenkte, welcher immer noch vor ihm auf dem Boden kniete. „In Ordnung. Ich sollte am Besten am Anfang anfangen, hm?“ Yoshiki nickte und Machi lehnte sich müde zurück, wobei er sich nicht mal daran störte, dass er immer noch auf Kaya saß. Irgendwie war das beruhigend. Solange er nicht darüber nachdachte, was einer seiner besten Freunde eigentlich war. „Dann brauch ich eine neue Flasche Wein.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)