The Deficiency von Fandalite ================================================================================ Kapitel 5: ----------- R a c h e l ------------- Wir trafen uns in einer kleinen Gasse hinter den WKTV-Studios. Nummer Eins auf der Liste unseres geplanten Animorphs-Amoklaufs. Das erste Ziel auf unserem Weg um diesen Inspektor davon zu überzeugen, dass Visser Drei nicht mit uns fertig wurde. Es musste für ihn absolut klar werden, dass er unfähig war. Eine lächerliche Witzfigur und den andalitischen Banditen vollkommen ausgeliefert. Noch eine Mission, bei der wir uns in die yirkanische Politik einmischen würden... Eindeutig zu unserem eigenen Vorteil dieses Mal! Zu. Unserem. Vortel! Wütend versuchte ich jeden Zweifel abzuschütteln, genauso wie meine kreisenden Gedanken und die Angst um Tobias. Schielte zu den anderen rüber ohne, dass sie es bemerkten. Beobachtete aus den Augenwinkeln, wie sie beieinander standen, flüsterten und mir immer wieder skeptische Seitenblicke zuwarfen. Trauten sie mir etwa nicht? Dachten sie, ich hätte die falsche Entscheidung getroffen? War es vielleicht sogar wirklich die falsche Entscheidung gewesen hier anzufangen? Egal! Alles egal, ich sollte nicht mal darüber nachdenken was sie dachten, immerhin war Jake nicht hier und es war jetzt allein meine Entscheidung was wann und wo passieren würde, ganz allein meine! "Kampfmorphs," sagte ich nach einer Weile schärfer als beabsichtigt und riss Cassie damit aus ihrer Unterhaltung mit Ax. Marco, der sich bis jetzt nur lässig an die Hausmauer gelehnt hatte, richtete sich auf und sah mich an, Cool wie immer. Oder zumindest war er felsenfest davon überzeugt, dass er cool war... "Immer mit der Ruhe General Patton. Wie wär's erst mal mit Schritt Eins bevor wir überhaupt mit Irgendwas anfangen?" Schritt Eins? Verflucht, ich war auch so schon nervös genug ohne das Marco einen seiner dämlichen Kommentare drüber streute! "Wer ist hier jetzt der Anführer? Du oder ich?" Zischte ich wütend. "Du." Meinte Cassie vollkommen neutral, mit einer sehr ruhigen Stimme, die absolut keinen Zweifel an dem zuließ was sie sagte und stellte sich schon mal vorsorglich zwischen mich und Marco. "Aber uns anzuhören was er zu sagen hat, ist sicher trotzdem kein Fehler." "Okay." Schlagartig war ich von hundert auf null runter, oder zumindest auf unter fünfzig. "Dann lass mal hören du Schlaumeier, ich bin ganz Ohr." "Hm, also dann erst mal zu einer winzigen aber nicht ganz unbedeutenden Kleinigkeit die unsere mutige Anführerin in Spe hier leider vergessen hat: Infiltration, denn seien wir mal ehrlich Prinzessin Xena, niemand von uns war schon mal da drin. Deswegen lasst uns erst mal in irgendwas Kleines morphen und die Lage peilen, bevor wir irgendwas überstürzen. Wenn alles sicher ist, können wir den Laden immer noch aufmischen und...-" "Nein!" Ich fiel Marco ins Wort, noch bevor er damit fertig war meinen Plan schlechtzureden. Meine Lippen wurden zu einer ärgerlichen Linie. "So läuft das nicht, klar? Wenn wir das tun heißt das nämlich, wir müssen uns drinnen angekommen mindestens noch einmal in Menschen zurück und dann wieder neu morphen. Viel zu riskant." "Nicht wenn wir als Fliegen reingehen oder als sonst irgendetwas Kleines." Widersprach Cassie. "Wir könnten uns einen kleinen Überblick verschaffen, danach hier herzurückkommen, noch einmal neu morphen, diesmal in unsere Kampfmorphs und dann...-" "Ja sicher könnten wir das. Wir könnten auch einfach nach Hause gehen und absolut gar nichts tun, also warum verschieben wir die Mission nicht gleich auf nächste Woche, wenn Jake wieder da, Tom wieder infiziert und der Inspektor weit weg ist?!" Fuhr ich sie an. Cassie antwortete nicht. Sie starrte mich nur mit verschränkten Armen und jetzt ebenfalls fest zusammengepressten Lippen an. Meine beste Freundin war eindeutig sauer auf mich, aber im Moment war mir das ziemlich egal. Alles, absolut alles, was meine Freunde bis jetzt gesagt hatten, fühlte sich an als wären sie gegen mich und regte mich unnötig auf. "Ax, du bist doch wenigstens auf meiner Seite, oder?" "Okay, genug geredet. Absolut mehr als genug von diesem ständigen Wenn und Aber. Ich sage Kampfmorphs und wir gehen da jetzt rein und erledigen das Ganze gut und schnell. Wir sorgen für ordentlich Chaos und dass da drinnen kein Stein mehr auf dem anderen bleibt." "Aber?" Fragte Cassie. Sie sah mich immer an, abwartend. Wissend. Ich hasste das. "Ja, ja." Genervt warf ich die Arme hoch. "Aber wir halten uns auch an das, was Fenya gesagt hat und versuchen zumindest niemandem wirklich wehzutun." "Oh Mann ich wusste es. Ich hätte doch lieber Tobias´ Job machen sollen. Wie ein paar Hork-Bajirs mir Ärmchen und Beinchen ausreißen während Issrin in meinem Kopf sitzt, ist sicher angenehmer als das hier." Marco verdrehte die Augen in meine Richtung. Cassie seufzte, aber wenigstens begannen die Beiden endlich zu morphen. Wolf und Gorilla. Ich morphte ebenfalls, allerdings entschied ich mich dieses Mal nicht für meinen Elefanten, sondern für den Grizzly. Nicht nur wegen der Stärke und dem Schaden den ich in diesem Körper anrichten konnte, sondern hauptsächlich wegen der Furchtlosigkeit. Grizzlybären sind nämlich ziemlich taffe Kerle. Nichts haut sie so schnell um, oder bringt sie aus der Fassung und genauso musste ich auch sein. Genauso wollte ich sein: Groß, gefährlich und über jeden Zweifel erhaben. Ich fühlte praktisch sofort wie alle negativen Gedanken und das letzte Bisschen Angst sich in Luft auflöste, während ich wuchs. Ein Meter Achtzig, Zwei Meter. Über zwei Meter zwanzig... Muskeln legten sich über Muskeln. Dichtes zotteliges Fell wuchs auf meiner Haut, hüllte mich von Kopf bis Fuß ein wie eine Rüstung. Aus meinen zierlichen Händen wurden mächtige schwielige Pranken mit dicker Hornhaut auf den Sohlen, anstatt von Nägeln wuchsen mir diese glänzend schwarzen gebogenen Krallen, jede davon ungefähr so lang wie meine menschlichen Finger und scharf wie Rasierklingen. Mein Gesicht wölbte sich nach vorn und aus meinem kleinen Menschenmund wurde ein tödliches Maul voller spitzer Zähne. Ich war ein ausgewachsener männlicher Grizzly. Eine fleischgewordene Kampfmaschine und das mächtigste Landraubtier des Planeten Erde. Marco war ein Nichts gegen mich. Er war nur ein kleiner Spinner und praktisch immer am Zweifeln und Nörgeln. Cassie war zwar meine Freundin, aber sie war einfach zu weich für den Job, von Lou gar nicht erst zu reden und Tobias... Tobias war mir wichtig, aber er war auch absolut verrückt. Er würde mit Issrin...- Ach vergiss ihn! Vergiss sie alle, es wird klappen, dein Plan wird aufgehen und wir werden haushoch gewinnen. Nein, nicht wir. I c h würde gewinnen! Ich, weil ich entschlossener war als Jake und vor allem mutiger. Weil ich Recht hatte, und zwar mit absolut allem! Ohne noch einen weiteren Gedanken an irgendwas Nebensächliches zu verschwenden, warf ich mich mit meinen fünfhundert Kilo Lebendgewicht volle Wucht gegen die Tür. WHAM! Sie wurde praktisch aus ihren Angeln gerissen und krachte lautstark zu Boden, mehr war nicht nötig. Wir waren drin! Vor uns lag ein schmaler Flur. Überall waren helle Lichter, vorbeihuschende Schatten, Menschen. Alles nur verschwommen für meine schwachen Bärenaugen, aber wir waren hier. Grizzly, Gorilla, Andalit und Wolf. Vier große gefährliche Kreaturen und bereit zu zerstören. Zusammen sprinteten wir den Flur runter. Noch mehr verschwommene Gestalten, ein Schrei! Ein Stapel Papier wurde in Panik nach uns geworfen. Ich schlug mit meiner Pranke ein gerahmtes Bild vom der Wand und hinterließ dabei ein paar tiefe Kratzspuren im Rigips. RAAATSCH! "Was zum Teufel?...-" "Oh mein Gott!" Ich ließ mich auf alle Viere zurückfallen und rannte volle Pulle grade aus. Lasst euch eins sagen: Ein Bär in Bewegung ist vergleichbar mit einem Sattelschlepper auf der Interstate: Man sollte ihm definitiv aus dem Weg gehen. Ich streifte einen großen Xerox-Kopierer und brachte ihn krachend zu Fall. KRRRAAACH! Marco hämmerte inzwischen mit seiner riesigen Gorillafaust gegen eine metallene Seitentür und hinterließ dabei wirklich gewaltige Dellen. Ein Sicherheitsmann tauchte auf, versuchte seine Waffe auf uns zu richten als plötzlich wie aus dem Nichts... FWAPP! Ax´ tödlicher Andalitenschwanz erwischte ihn mit voller Wucht. Präzise und schnell wie eine Bullenpeitsche. Der Mann taumelte kurz und fiel dann ohnmächtig zu Boden. Ein Typ mit einem Klemmbrett. Ich erwischten ihn Kopf vorraus. BAMM! Volle Breitseite. Er rollte praktisch über meinen Rücken weg und knallte auf das Linoleum wie ein lächerlicher Pin der von einer Bowlingkugel getroffen wird. Cassie sprang lässig mit einem Satz über ihn und dann waren wir plötzlich raus aus dem Flur und in der Öffentlichkeit. Backstage. Ich konnte die Aussteifung vom Set sehen. Ohne lange zu überlegen, bäumte ich mich auf und hievte dabei mit der Schulter einen Transportwagen samt großer Fernsehkamera hoch. Der Wagen kam in Bewegung, drehte sich, trudelte und krachte schließlich gegen den hinteren Teil des Sets. Zu Beginn der Mission war ich noch ein bisschen nervös gewesen, aber inzwischen hatte ich mich warmgelaufen und war voll in Fahrt und einfach nur aufgedreht denn nichts, absolut gar nichts konnte uns stoppen! "GRRRR!" "ROOOAAARGH! "Was zum...- Schafft diese And-... Diese Ansammlung von Tieren hier raus!" Ah. Christine Karminsky. Unsere yirkanische Lieblings-Nachrichtenmoderatorin, gekleidet in einen engen aber geschmackvollen roten Zweiteiler kombiniert mit dezentem aber sicher sündhaft teuren Goldschmuck. Wir hatten sie mitten in ihrer Sendung erwischt und sie wirkte wirklich absolut gar nicht glücklich darüber uns zu sehen. Genau das, dieser absolut unvergleichliche Gesichtsausdruck, war der letzte Kick, den ich brauchte. Cassie, natürlich. Ich beschloß es mir zu Herzen zu nehmen, spätestens nach dem ich den Laden zerlegt hatte und sprang mit einem einzigen Satz auf das Moderatorenpult vor Christine. Natürlich brach es sofort unter mir zusammen. KRRRAACK! Kreischte Marco, er klang fast schon entsetzt. Antwortete Cassie ruhig, knurrte nur und gab Christines nett-langweilig aussehendem Kumpel freundlicherweise Rückendeckung auf seinem Nachrichtenpult. KRAAACK! Ein weiteres dieser kleinen Tischchen ging zu Bruch. Ich ließ es mit einem eleganten Schubser meiner gewaltigen Tatze über den Boden schlittern und direkt in den Green Screen der Wetterkarte krachen. ZZWEEEEE...SSZZZ... Marco zerstörte einstweilen fröhlich Mikrofone und anderes teueres elektrisches Zubehör, während Ax den Kontrollraum aufsuchte, wo er ein paar Hebel betätigte und Schalter drückte, bis WKVT zumindest für heute aus dem Programm gekickt wurde. Cassies plötzlich sehr besorgte Gedankenstimme riss mich mitten aus meiner Zerstörungswut. Ich wirbelte herum so schnell es mir in meinem massigen Bärenkörper möglich war und sah auch sofort was sie gemeint hatte: Angeführt von einer Mitarbeiterin betraten zirka zwanzig nichtsahnende Leute das in Schutt und Asche gelegte Set. Erwachsene und Kinder. Die Dame, die die Führung gab, stoppte natürlich sofort, als sie uns sah. Sie schrie und fiel dann einfach um wie ein nasser Sack. Klarer Fall. In ein Fernsehstudio zu kommen und dort einen Grizzly zu sehen, der gerade die gesamte Einrichtung demoliert umgeben von anderen randalierenden wilden Tieren ist sicher nicht das, was ein normaler Mensch gerne sehen möchte. Panik ist da eine vollkommen natürliche Reaktion schätze ich mal, trotzdem standen die meisten der Besucher einfach nur mit vor Schock weit aufgerissenen Mündern da und starrten. Ich kümmerte mich nicht darum und machte einfach da weiter, wo ich aufgehört hatte. Widmete meine Aufmerksamkeit der mindestens ebenso verängstigten Crew, die sich inzwischen über das ganze Set verstreut hatte und natürlich Christine und Bobby die beide zusammengekauert und weinend hinter Bobbys vollkommen zerstörten Tischchen hockten, während Cassie sie mit gefletschten Zähnen wütend anknurrte. Ich schlug gelangweilt nach einem vorbeirollenden Servierwagen. Schleuderte das Ding sogar mit einer nur halbherzigen Bewegung quasi gegen die Wand. Gefüllte Bagels und süße Teigtäschchen flogen munter durch die Gegend. Ein heile gebliebener Schoko-Donut rollte den nach wie vor erstarrten Besuchern direkt vor die Füße. Versuchte mir ins Gewissen zu reden. Ich machte weiter, ohne sie auch nur anzusehen, warum sollte ich auch? Ich tat doch niemandem weh und hatte noch dazu absolut keine Lust aufzuhören. Der Spaß fing doch jetzt gerade erst an und die im Moment leeren Plätze für das gelegentliche Live-Publikum waren mein nächstes Ziel. Leider war alles bombenfest mit dem Boden verschraubt. Zehn ordentliche Reihen mit jeweils fünf gemütlichen Sitzen nebeneinander und in einer leichten Steigung angebracht, damit die Leute, die hintereinander saßen, mehr sehen konnten, als nur den ungewaschenen Hinterkopf ihres Vordermanns. RIIIP! Und da waren´s nur noch neunundvierzig. Ha! Bombenfest ist anscheinend nicht gleich b ä r e n f e s t ! Fröhlch packte ich den von seinen Fesseln befreiten Zuschauersessel und warf in mit voller Wucht gegen die gegenüberliegende Mauer. CRAAASH! Ein Stück Gips von der Größe eines LKW-Reifens löste sich durch die Wucht des Aufpralls und krachte in einer riesigen Staubwolke zu Boden, als plötzlich... "Oh nein!" Ene panisches Stimme aus der Menge der schockierten Zuschauer durchbrach meinen Blutrausch. "Jemand muss uns helfen, Hilfe!" Und dann noch: "Nein! Opa, Opa!" Auch wenn ich die erste Stimme nicht wirklich zuordnen konnte, war die zweite eindeutig von einem Kind. Das war jetzt Gedankensprache und kam von Ax der noch immer im Kontrollraum war, unsichtbar für die Besucher. Widerwillig wandte ich mich ab und ließ die übrigen Sitze in Ruhe. Befahl ich den anderen und nickte in Richtung von Christine Karminsky. Marco schnappte die schreiende und wie wild um sich schlagende Yirk-Moderatorin beim Kragen ihrer hübschen weißen Seidenbluse wie der Riesenaffe diese kreischende weiße Frau in dem Film "King Kong" und hielt sie mir vor die Nase. Ich sah ihr fest in die Augen, blies ihr meinen heißen Atem ins Gesicht und kam ihr mit meinem riesigen Bärenkopf so nahe, dass meine Schnauze fast ihre gepuderte Nasenspitze berührte. Ihre halblangen bügelglatten und modern durchgestuften blonden Haare hatten sich von ihrem perfekt-akkuraten Mittelscheitel verabschiedet und klebten ihr verdreckt und schweißnass an der Stirn. Das feine Make-up und der glossy Lippenstift waren verschmiert Sie sah mich an. Christines hellblaue Augen glühten vor Wut unter der Konrolle des Yirks, den Rest ihres gestohlenen Körpers hielt sie aber absolut still. "Du machst mir keine Angst, Andalit!" Zischte sie schließlich und obwohl ich sie hasste wie fast jeden anderen Yirk der mir bis jetzt über den Weg gelaufen war, musste ich zugeben, das dieses Exemplar hier zumindest mutig war. Antwortete ich trotzdem nach einer Weile. Diesmal sagte der Controller nichts. Sie wandte sich nur ab und wich vor meinen riesigen Zähnen zurück, als ich nach ihr schnappte. Ich wartete. Wartete bis die ganze Bedrohlichkeit meines Bärenmorphs in ihren kleinen yirkanischen Verstand gesickert war, bevor ich endlich fortfuhr: Ich nickte Marco zu und er ließ Karminsky einfach los. Ihre Bluse war am Kragen ein wenig zerrissen und die Jacke ihres Kostüms vollkommen zerknittert und verdreckt, aber sie richtete nur ihre Kleider und starrte uns hasserfüllt an, während wir den Rückzug antraten. Insgesamt waren wir weniger als fünf Minuten in diesem Studio gewesen. Jetzt gab es kein Studio mehr. Wir flohen, rannten was das Zeug hielt und morphten zurück, sowie wir genügend Abstand zwischen uns und die heranrasenden Polizei- und Rettungsautos gebracht hatten. Natürlich war auch die lokale Presse mit von der Partie. Jeder wollte der Erste sein. Kommentierte Ax, als wir alle noch ein bisschen ausser Atem, aber wieder in unseren richtigen Körpern und in Sicherheit waren. Das Adrenalin pulsierte nach wie vor in unseren Adern und alle waren absolut high und aufgekratzt. Jeder lachte, sogar Cassie und Marco, obwohl meine Freunde erst eigentlich total gegen den Plan gewesen waren. "Ja und ich kann immer noch nicht glauben, dass wir wirklich live auf Sendung waren! So richtig im Fernsehen!" Prustete Marco. "Ja." Auch Cassie kicherte ein bisschen, allerdings nur kurz, dann wurde sie als Erste von uns wieder ernst während sie fortfuhr: "Es wäre aber vermutlich besser gewesen, wenn wir vorher von den Besuchern gewusst hätten, ich meine... Wisst ihr, bevor wir geflohen sind, habe ich noch diesen einen Mann gesehen. Er war schon ziemlich alt und ist plötzlich hingefallen, einfach so. Was wenn er einen Herzinfarkt hatte oder irgend sowas?" Sie biss sich auf die Unterlippe, blickte uns alle der Reihe nach an und dann runter auf ihre schmutzigen nackten Zehen. Keiner sagte irgendetwas dazu, mehrere Minuten lang nicht. Ich spürte wie mir kalt wurde und sich etwas in meinem Magen zu einem ekligen eisigen Klumpen zusammenballte. Sowas wie Angst. Schuld, doch nur kurz, dann brachte etwas anderes den Klumpen wieder zum Schmelzen, von dem ich nicht einmal selbst genau wusste, was es überhaupt war. Vielleicht Wut oder so was wie Selbstschutz... Irgendwas eben. "Ja und?" Sagte ich endlich, nachdem ich mich wieder etwas gefasst hatte. Meine Stimme klang auch wütend und kalt. VIel wütender und kälter als ich eigentlich sein wollte. "Sei nicht so eine Schwarzmalerin Cassie, was wenn der Typ einfach nur irgendwie gestolpert ist? Kommt schon Leute, solche Sachen passieren eben. Niemand von uns hat dem Typen gesagt, dass er sich gleich zu Tode erschrecken soll, oder? Abgesehen davon ist er nach allem was wir wissen wahrscheinlich auch ein Controller und das da drin ist gelaufen wie geplant. Niemand wurde wirklichverletzt, ein glatter Erfolg also." Meine Freunde guckten mich nur an, keiner sagte irgendetwas oder nickte und eine merkwürdige Stille begann sich zwischen uns auszubreiten. Irgendwie bedrohlich. Erdrückend. Ein unausgesprochenes "Was-aber-wenn" war da zwischen Marco, Cassie und mir in der Luft und fraß den letzten Rest von Euphorie einfach auf wie ein hässliches gieriges Monster. Verwandelte das Hochgefühl in meinem Bauch in einen schmerzhaften Kloß, der mir die Kehle hochstieg. Für einen kurzen Moment konnte ich kaum atmen, aber ich wusste auch, dass ich absolut keine Zeit für sowas hatte. Keine Zeit um mir über irgendeinen fremden alten Mann Gedanken zu machen der aus welchem Grund auch immer gestürzt war, oder über Tobias Lou und Issrin nachzugrübeln, die demnächst diesen Udrak treffen würden. Keine Zeit für die panische Kinderstimme in meiner Erinerung die immer wieder "Opa, Opa!" gerufen hatte oder um lange Reden zu schwingen. Wir alle hatten einen Job zu erfüllen und ich war der Anführer. Wer sollte sonst einen kühlen Kopf bewahren und den Anderen sagen was zu tun war, wenn nicht ich? "Die Sache war ein Erfolg!" Wiederholte ich deshalb nochmal stur und mit deutlich mehr Nachdruck als ich endlich wieder Luft bekam. "Also Ende Gelände. Weg mit den Trauermienen und auf in den Kampf Leute. Unser nächster Halt ist der Bücherladen! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)