Be my One and Only - 私の唯一無二になりなさい von Mina_Tara (**KageHina**) ================================================================================ Kapitel 9: Akt I: Part IX– the way we choose II ----------------------------------------------- Die ersten Stunden des Vormittags waren sehr schnell vergangen. Neben Daichi, Sugawara und Kuroo hatte Tobio auch nach und nach seine anderen Klassenkameraden kennengelernt und musste sich noch zusätzlich im Unterricht vor der gesamten Klasse noch einmal vorstellen. Jeder Lehrer wollte eine eigene Vorstellungsrunde und Tobio leierte immer wieder das selbe runter. Dass er aus einer anderen Stadt zugezogen sei und er hier seinen Abschluss machen würde. Er hatte es noch am Abend zuvor immer wieder einstudiert, sodass er die eingeprägten Sätze in und auswendig aufsagen konnte. Der Schwarzhaarige wusste nicht, warum er immer wieder nach vorne treten musste – möglicherweise hofften die Lehrer so Zeit sparen zu können. Ein Gedanke, der gar nicht so weit hergeholt war, wenn man bedachte, dass die Motivation teilweise sehr zu wünschen übrigließ. Gelangweilt saß der junge Mann in der zweiten Reihe und versuchte dem Unterricht zu folgen, was sich als sehr schwierig erwies. Es war schließlich fast zwei Jahre her, wo er das letzte Mal die Schulbank gedrückt hatte. Es war ungewohnt. Aber dennoch gab Tobio weiterhin sein Bestes und versuchte dem Unterricht so gut es ging zu folgen.   Als die Klingel wenige Stunden später endlich die Mittagspause einläutete, versuchte Tobio zusammen mit seinen Kollegen so schnell wie möglich das Weite zu suchen. Grund hierfür waren immer noch die Hexen, die sich wie ausgehungerte Hyänen um ihn scharen wollten. Leider wurde ihm schon an der Türschwelle der Fluchtweg abgeschnitten. Warum ließen diese Biester ihn nicht einfach in Ruhe?   „Ach komm schon, Kageyama-Kun… gibst du mir deine Nummer?“   „Hey, wenn dann gibt er sie mir, oder?“, und schon ging das Gequengel los. Die Mädels fingen doch jetzt nicht ernsthaft an wegen ihm zu streiten? Fassungslos stand Tobio zwischen ihnen und sah mehrmals hin und her. Wo war er bloß wieder reingeraten? Er zog das Unglück regelrecht magisch an.   „Moment mal! Ich habe ihn zuerst gesehen, du dumme Kuh!“, bevor der Schwarzhaarige wusste wie ihm geschah, wurde er am Arm gepackt.   //Was zum?!//   „Wie war das?? Sag das nochmal!!!“, und schon war sein anderer Arm ebenfalls im Beschlag.   //Hilfe…//   Die Augenbraue des Schwarzhaarigen zuckte verräterisch auf und ab. Langsam, aber sicher wurde die Zündschnur immer kürzer. Wenn Tobio etwas mehr als alles andere hasste, dann waren es Weiber, die sich um einen Kerl stritten. Sein altes Schultrauma kam wieder ans Tageslicht. Was hatte er bloß verbrochen? Die Überforderung stand ihm ins Gesicht geschrieben.   „Meine Güte, jetzt lasst den armen Kerl mal ankommen! Ihr seid ja schlimmer als kleine Kinder, denen man Süßigkeiten geschenkt hat!“, endlich bekam Tobio Hilfe. Ein junger Mann, der kurze goldblonde Haare besaß, zwängte sich durch die Reihe und befreite Tobio aus deren Klauen.   „Was soll das denn werden, Atsumu?! Bist du eifersüchtig?“, prallte die Blondhaarige, die Tobio schon am Morgen schöne Augen gemacht hatte und stellte sich aufrecht vor ihren Mitschüler.   „Mika, als ob mein Bruder eifersüchtig werden müsste!“, hinter dem Blonden tauchte ein Grauhaariger auf, der unterstützend seinen Oberarm auf der Schulter seines Bruders ablegte. Die beiden jungen Männer sahen sich zum Verwechseln ähnlich. Hämisch grinste er die junge Frau an. Diese wiederum starrte ihren Klassenkameraden entgeistert an.   „Was willst du denn hier, Osamu??!!“   „Mal nichts von dir, du Klappergestell auf zwei Beinen!“   „Wie war das? Du hast echt null Frauengeschmack!“, empört verschränkte die Blonde ihre Hände vor ihrem Oberkörper und versuchte den Störenfried mit ihren Blicken zu erdolchen. Dieser hingegen fing laut an zu lachen, während er belustigt den Kopf schüttelte.   „Was will ich denn mit einer wie dir! Eine Frau braucht Kurven und die hast du definitiv nicht! Also spiel dich nicht so auf!“, mit einer Handbewegung, die Osamu hinter seinem Rücken ausführte, signalisierte er seinem Bruder, dass er und Tobio verschwinden sollen. Atsumu verstand sofort und zog den Schwarzhaarigen mit sich.   „Komm, wir verschwinden, solange sie abgelenkt sind...“, flüsterte der junge Mann, packte Tobio am Arm und zog ihn aus der Klassentür. Schnell rannten die Beiden den Korridor entlang und blieben einige Meter vor der Mensa stehen, in der Daichi, Kuroo und Sugawara bereits auf sie warteten.   „Das war vielleicht knapp“, schnaufte der Blonde und wischte sich den Schweiß von der Stirn.   „Das stimmt, danke Atsumu... “, Tobio, der direkt neben ihm zum Stehen kam, ging kurz in die Hocke, um sich zu sammeln.   „Mach dir nichts draus, die bekommen sich wieder ein. Warte noch ein paar Tage ab, dann haben sie ihr nächstes Opfer gefunden“, lächelnd betrat Atsumu die Mensa und signalisierte Tobio mit einer Kopfbewegung, dass er ihm folgen soll.   Gemeinsam durchschritten sie die Mensa und stießen zu den anderen, die bereits einen Tisch für die Klasse reserviert hatten.   „Da seid ihr ja endlich. Wir wollten schon eine Vermisstenanzeige aufgeben.“, Daichi sah zu den Beiden hoch.   „Furienalarm, ich denke da ist alles gesagt“, erwiderte Atsumu und nahm neben dem Brünetten Platz.   „Ich fasse es nicht … Kageyama ist bei dir alles in Ordnung?“, besorgt sah Sugawara zu Tobio rüber, der genau gegenüber vor ihm Platz genommen hatte.   „Ja…“, murrte der Schwarzhaarige und widmete sich seiner Bentobox, die Kira für ihn vorbereitet hatte. Als er den Deckel hob, hielt er inne. Sie hatte sich mit der Deko so viel Mühe gegeben, es wirkte wie ein Portrait, das man nicht zerstören wollte. Irgendwie tat es Tobio schon leid, aber sein Hunger siegte. Genüsslich nahm er einige Bissen zu sich und merkte, wie er langsam wieder runterkam.   Kuroo, der die Runde im Blick hatte, sah sich zwischenzeitlich um. Die Mensa war gut gefüllt, es waren fast alle Tische besetzt. Das Essen hier soll sehr gut sein – zumindest wurde hier täglich frisch gekocht und man hatte auch ein großes Angebot an unterschiedlichen Gerichten. Seine haselnussbraunen Augen wanderten weiter. Schließlich blieb Kuroos Blick an einem großen olivbraunhaarigen Kerl haften, der zusammen mit drei weiteren Mitschülern zwischen den Tischreihen der Mensa entlanglief. Er war groß und sehr muskulös gebaut. Sein störrischer Blick war starr geradeaus gerichtet – teilweise sprangen die anderen Schüler panisch zur Seite und machten dem Kollos Platz.   „Na, wen haben wir denn da?“, sprach der Klassensprecher mehr zu sich selbst, woraufhin die anderen Beteiligten am Tisch ihn ansahen. Tobio sah ebenfalls fragend zu dem Schwarzhaarigen rüber. Kurz wanderte das blaue Augenpaar zu dem Kollos rüber.   „Wer ist das, Kuroo?“   Die Augen des Größeren verengten sich zu Schlitzen.   „Jemand, der nur Ärger macht. Das ist Wakatoshi Ushijima. Ein sehr unruhiger Zeitgenosse. Er ist Klassensprecher der 3 C. Die gesamte Klasse ist sehr auffällig – allerdings nicht im positiven Sinne.“   „Wie meinst du das?“, neugierig sah Tobio erneut zu dem Braunhaarigen rüber, der mit seinen Klassenkameraden gerade die Mensa verließ. Etwas in Tobio schaltete direkt auf Abwehr. Als ob sein Innerstes ihn warnen wollte. Zudem ihm der Name Ushijima sehr bekannt vorkam. Leider konnte er sich im Moment noch keinen genauen Reim darauf machen.   Sugawara wand sich ihm daraufhin zu und flüsterte leise:   „Du musst wissen, Kageyama. Wir sind hier momentan drei Oberschulklassen. Wir, die 3 B sind die Unauffälligsten. Wir sind wie die Schweiz kann man sagen – wir halten uns eigentlich aus allem raus. Die 3 A hingegen ist auffällig, was ihre Schulnoten angeht. Unsere zwei Schulbesten befinden sich in dieser Klasse. Allein aus diesem Grund gibt es schon Reibereien mit der 3 C. Allerdings wird diese Klasse erst überhaupt durch ihren Klassensprecher angestachelt. Wakatoshi demonstriert gerne seine Macht und zeigt Schwächeren, wo deren Platz ist. Da in der 3 A auch kleinere und schwächere Schüler sind, sind diese natürlich ein gefundenes Fressen für ihn. Es kommt hier immer wieder zu Komplikationen.“   Tobio spürte, wie Wut in ihm aufstieg. Seine Hände ballten sich zu Fäusten. Er musste sich zusammenreisen. Wie konnte man bloß so oberflächlich sein? Währenddessen fuhr Kuroo weiter fort.   „Aber das ist noch nicht das Schlimmste. Wakatoshi und seine gesamte Gruppe sind homophob, musst du wissen.“   Das blaue Augenpaar weitete sich vor Schreck und Entsetzen. Er spürte einen dumpfen Schlag in seiner Magengegend. Unwohlsein stieg in ihm auf. Nun meldete sich auch Atsumu zu Wort.   „Stimmt, erinnert ihr euch noch an die Schlägerei, die er letztes Schuljahr angezettelt hatte?“   „Jetzt wo du es erwähnst – Es war das erste Mal, dass ich Bokuto richtig aggressiv erlebt habe. Wobei es Wakatoshi echt nicht anders verdient hat… normalerweise bin ich ja nicht so gehässig, aber nach der Aktion…“, nachdenklich stützte Sugawara seinen Kopf auf seiner Handfläche ab.   „Was Bokuto?“, ungläubig sah Tobio zu dem Grauhaarigen rüber. Ausgerechnet dieser schräge Vogel soll aggressiv geworden sein?   „Ja, du musst wissen, Bokuto ist der Klassensprecher der 3 A und naja…“, verlegen kratzte sich Sugawara am Hinterkopf, ehe Daichi das Wort übernahm.   „Anfang letzten Jahres hatte Wakatoshis Gruppe Akaashi bedroht und ihm auf dem Schulweg auch aufgelauert. Bevor es schlimmer werden konnte, hatte Bokuto direkt einen Riegel davorgeschoben. Er und Wakatoshi haben sich sogar richtig geprügelt – Wakatoshi musste danach mit einer gebrochenen Nase ins Krankenhaus. Der Aufschrei war riesig gewesen, weil es immerhin zwei Klassensprecher waren, die aufeinander losgegangen sind – zwei Vorbildfunktionen. Wenn ich es richtig mitbekommen habe, haben sogar Beide einen Schulausschluss von mehreren Wochen bekommen. Aber seit diesem Ereignis macht Wakatoshi einen großen Bogen um Bokuto.“   „Wenn es um Akaashi geht, kennt Bokuto keine Grenzen.… Er würde alles für ihn tun...“, flüsterte Kuroo lächelnd und widmete sich seiner Miso-Suppe, die die ganze Zeit vor ihm stand.   Tobio hatte genau hingehört. Also hatte er sich bei Bokuto und Akaashi doch nicht geirrt. Sie waren tatsächlich ein Paar. Nachdenklich sah der Schwarzhaarige wieder auf und ließ seinen Blick durch die Mensa schweifen. Weiter hinten am Fenster konnte er die Beiden ausfindig machen. Sie saßen nah beieinander und lachten. Sie wirkten so ausgelassen und fröhlich.   Wehmut stieg in Tobio auf, als er die Situation beobachtete. Dass die Beiden kein Geheimnis draus machen, war bemerkenswert. Nachdenklich stützte Tobio seinen Kopf auf seiner Handfläche ab und sah wieder zu seiner Bentobox runter. Ob er in seiner jetzigen Situation dazu überhaupt in der Lage wäre?                 Nachdem die Pause zu Ende war, begaben sich die Schüler wieder in deren Klassen. Tobio hatte zuvor noch entschlossen ein Joghurt-Getränk aus dem Automaten zu kaufen, der sich außerhalb auf dem Pausenhof befand. Er hatte ihn während seiner Runden zufällig entdeckt. Friedlich vor sich hin pfeifend, schlenderte er durch die Gänge und lief auf dem gepflasterten Weg entlang. Als er vor dem Automaten stand, warf er eine Münze hinein und drückte auf den entsprechenden Button. Sein Blick war zu Boden gerichtet.   „Du bist also dieser Neuling, ja?“   Diese Stimme wirkte so bedrohlich. Das blaue Augenpaar weitete sich. Tobios Nackenhaare stellten sich zu Berge, als er hochsah und eine große Person vor sich erblickte, die sich gegen den Automaten seitlich angelehnt hatte. Olivgrüne Augen sahen auf ihn herab. Er war mindestens 10 Centimeter größer als er. Neben dem Kollos standen noch weitere vier Personen, die sich im Hintergrund hielten. Ein schwerer Kloß bildete sich in Tobios Kehle. Er wusste genau, wer gerade vor ihm stand – Wakatoshi Ushijima. Ein Name, der sein Blut innerhalb von Sekunden gefrieren ließ.   „Wer möchte das wissen?“, auf eine Frage folgte eine Gegenfrage. Tobio ging innerlich auf Abwehr. Er durfte ihm keine Schwäche zeigen – keine Angriffsfläche bieten.   //Ruhig bleiben, Tobio… //   Der Größere lachte auf und sah wieder amüsierend auf den Kleineren herab.   „Du bist mutig, das muss ich dir lassen!“   Auf den Satz hin verzog Tobio keine einzige Miene und starrte den Brünetten eisern an. Er durfte seinen Blick nicht abwenden – er wusste, dass er ansonsten den Kampf jetzt schon verloren hatte. Es war eine lehrreiche Erfahrung, die er damals auf der Straße gesammelt hatte. Zumindest im Moment kam ihm diese Lehre zugute. Das Gelächter der anderen versuchte er weitestgehend zu ignorieren.   „Ich verstehe nicht auf was du hinauswillst!“   Das olivgrüne Augenpaar funkelte gefährlich auf, ehe der Braunhaarige eine Zigarettenschachtel hervorkramte, eine Zigarette rauszog, sie anzündete und einen tiefen Zug nahm. Tobio wand schließlich den Blick ab. Das hier war doch der reinste Kindergarten. Was will dieser Typ bloß von ihm?   „Du weißt wohl nicht … mit wem du es hier zutun hast, oder?“, genüsslich atmete der Größere den Zigarettenqualm aus und hauchte die gasförmige Substanz seinem Gegenüber ins Gesicht.   „Nein, weiß ich ehrlich gesagt nicht. Könntest du das hier bitte unterlassen? Das ist mehr als unhöflich“, erwiderte Tobio und wedelte mit seiner linken Hand den Qualm zur Seite. Ihm ging dieser Penner jetzt schon gewaltig auf die Nerven. Er brodelte bereits innerlich.   „Haha, du gefällst mir! Also- “, auf die Worte hin erhob sich der Brünette und trat langsam an Tobio heran. Je näher er kam, desto größer wirkte sein Schatten, der sich über den Kleineren warf.   „-ich bin Wakatoshi Ushijima. Du scheinst ein taffer Kerl zu sein. Wir suchen aktuell noch Mitglieder für unsere Gruppe und ich finde, dass du gut zu uns passen würdest. Du trägst etwas Sonderbares an dir. Du bist unnahbar – bist groß und besitzt eine eisige Aura, die man bis hierher spüren kann. Es wäre doch eine Verschwendung, wenn du deine Zeit diesen anderen schwächlichen Idioten widmen würdest, oder?“, das gehässige Grinsen, das dem Brünetten auf den Lippen lag, war abartig. Tobio spürte, wie ihm langsam die Galle hochkam.   Was bildete sich dieser Fatzke eigentlich ein? Am liebsten würde er dem Idioten eine reinhauen. Normalerweise war Tobio keinesfalls gewalttätig, aber allein der Gedanke daran, dass ein homophober Mistkerl vor ihm stand, brachte ihn innerlich ins Wanken. Wenn Wakatoshi jemals erfahren sollte, dass er eines seiner „Opfer“ ist, würde das in Mord und Totschlag enden – da war sich Tobio mehr als sicher. Die Wut stieg immer mehr und mehr in ihm auf. Seine Zündschnur stand kurz vorm Zerreißen. Allerdings musste er sofort an Keishins Worte denken. Er durfte sich keinen Fehltritt erlauben. So schwer es ihm auch fiel, er musste sich zusammenreisen. Schließlich schlich sich ein freches Grinsen auf Tobios Lippen, ehe er sich hinabbeugte, den Joghurt-Drink aus der Ablage nahm, sich erhob und erneut zu Wakatoshi aufsah.   „Ich geb dir mal einen guten Rat, Wakatoshi-“, langsam schritt Tobio auf den Brünetten zu und legte seine Hand auf dessen Schulter ab, ehe er ihn mit eiskalten blauen Augen anfunkelte. Er hasste diesen Typen jetzt schon wie die Pest.   „-mit wem ich abhänge und mit wem nicht, entscheide ich immer noch selbst. Danke, aber ich lehne ab!“   Nach diesen Worten schritt Tobio an dem Braunhaarigen vorbei und verschwand wieder im Schulgebäude, ohne sich einmal zu ihnen umzudrehen. Der Schwarzhaarige ließ ihn einfach stehen. Er spürte die Genugtuung, die ihm wie Öl den Rücken hinunterfloss. Er hatte Wakatoshi eine Absage erteilt – und zwar vom feinsten. Er soll ihn und seine neuen Freunde einfach in Ruhe lassen. Mit diesen Gedanken betrat er schließlich wieder seine Klasse und war bereit für die nächsten vier Unterrichtseinheiten, die an diesem Tag noch stattfanden.                 „WAS? Dein Ernst? Ushijima? Der Ushijima?“   Entgeistert starrte Sugawara den Schwarzhaarigen an, während sie nach Unterrichtsschluss durch die Korridore schritten. Der Grauhaarige hatte sich dazu bereit erklärt Tobio die Bibliothek zu zeigen. Es war bereits später Nachmittag. Die Mittagssonne hatte ihren Höhepunkt erreicht. Gerade eben hatte Tobio seinem Klassenkameraden von dem Aufeinandertreffen mit Wakatoshi berichtet. Das blaue Augenpaar sah weiterhin nach vorne.   „Ja, aber ich werde mich ihm nicht anschließen. Ich habe keine große Lust mit so einem unsympathischen Kerl abzuhängen. Der denkt auch die Welt liegt ihm zu Füßen!“, Tobio war immer noch außer sich. Wie eingebildet dieser Fatzke vor ihm gestanden hatte und sich offenbart hatte, als sei er Kami höchstpersönlich. Dieser Kerl machte ihn immer noch mehr als wütend. Er hasste ihn! Ja – er verabscheute ihn!   „Psst, nicht so laut, Kageyama. Pass bei ihm auf, er ist gefährlich. Glaub mir, mit ihm willst du dich nicht anlegen!“, flüsterte Sugawara und zog Tobio nah zu sich. Besorgnis spiegelte sich in dem hellbraunen Augenpaar wider.   „Tzk, auf mich wirkt er eher wie ein größenwahnsinniger Diktator!“   „Sei nicht so laut, er könnte dich hören!“   „Pah! Soll er doch. Ich hatte schon mit schwierigeren Typen zu tun – dagegen wirkt er wie ein harmloser kleiner Welpe!“, leider entsprach dies zu Tobios Missfallen der Wahrheit.   Auf der Straße hatte er mit richtigen Kriminellen zu tun gehabt. Diese hatten, ohne auch nur einmal mit der Wimper zu zucken, einfach teilweise ohne Grund auf ihre Opfer eingeschlagen und sie krankenhausreif geprügelt. Damals war es Tobio egal gewesen, da er zu sehr mit sich selbst beschäftigt war. Heute wusste er inzwischen, dass sein damaliges Verhalten falsch gewesen war. Es war ein Fehler, der sich nie wieder wiederholen sollte – das hatte sich der Schwarzhaarige geschworen. Während Tobio wieder tief in seinen Gedanken versunken war, blieben sie schließlich vor einer großen Tür stehen.   „So da wären wir“, Sugawara öffnete die Tür und trat zur Seite, sodass Tobio über die Türschwelle treten konnte.   Der Raum war riesig. Große Bücherregale reichten bis hoch an die Decke. Alles in allem wirkte das Zimmer sehr urig. Die Regale bestanden aus massivem Holz. Erstaunt betrat der Schwarzhaarige den Gang und ließ seinen Blick schweifen. Alle möglichen Bücher stachen ihm ins Auge – hauptsächlich Sachbücher. Neugierig platzierte Tobio seine Fingerkuppen auf dem Holz und fuhr diese entlang, während er weiter voranschritt. Sugawara war dicht hinter ihm.   „Du musst wissen, viele Schüler verbringen hier noch den Rest des Nachmittags. Hier findet man die Ruhe, die man teilweise zuhause nicht hat. Unteranderem finden hier auch Nachhilfestunden und Gruppensitzungen für alle möglichen Projekte statt. Du sagtest ja, dass du Probleme mit dem Unterrichtsstoff hast. Möglicherweise wirst du hier sogar fündig.“   Tobio hörte seinem Klassenkameraden weiterhin zu, während seine blauen Augen die Bücherrücken genauer in Augenschein nahmen. Plötzlich hielt er in seiner Bewegung inne und griff nach einem alten Buch, das schon sehr stark mitgenommen aussah. Es besaß einen rubinroten Einband und eine schöne, geschwungene, goldene Schrift zierte den Buchdeckel.   //Antike Kunstgeschichte…interessant…//   Neugierig schlug Tobio die erste Seite auf. Das Buch musste schon sehr alt sein. Die Schrift stammte noch aus den letzten Epochen. Der Schwarzhaarige hatte sich schon damals für die Kunstgeschichte interessiert und kannte die unterschiedlichen Kunstepochen. Ihm war nicht nur die japanische Kultur bekannt, sondern auch die europäische. Sei es die Romanik, bis hin zur Gotik oder zur bekannten französischen Renaissance. Allgemein hatten ihn die Bauwerke in den Bann gezogen. Als das Thema in der Schule behandelt wurde, war Tobio Klassenbester gewesen.   Während der Schwarzhaarige tief in seinen Gedanken versunken war, bekam er nicht mit wie sich jemand versuchte an ihm vorbei zu schleichen.   „Ehm, Verzeihung…. dürfte ich bitte an Ihnen vorbei?“, dieser jemand trug einen ganzen Stapel Bücher vor sich und versuchte die Balance zu halten. Die Bücher versperrten ihm die Sicht, sodass er wenige Sekunden später mit Tobio zusammenstieß, bevor dieser überhaupt reagieren konnte.   Es machte laut Rumps! Tobio verlor das Gleichgewicht und fiel gegen das Bücherregal und schlug sich am Holzrahmen den Hinterkopf an. Bevor der Schwarzhaarige wusste wie ihm überhaupt geschah, wurde ihm schwarz vor Augen und fiel zu Boden.                 „…“   „Kageyama, geht es dir gut? Hey!“, Sugawara rüttelte an dem Schwarzhaarigen und schlug ihm mehrmals vorsichtig an die Wange.   „…“   „Oh nein, Suga… das war keine Absicht!“   „Es war ein Unfall, Hinata. Beruhige dich bitte…“   „Trotzdem! Ich hätte nicht so viele Bücher schleppen sollen! Ich bin doch so ein Idiot!“, diese Stimme klang so wunderschön. Sie war zwar tief, aber dennoch vernahm Tobio die Wärme, die in ihr inne lag. Ein wolliger Schauer lief seinen Rücken hinunter.   „Hey Kageyama! Aufwachen!“   „Ngh…“, vorsichtig öffnete Tobio seine Augen. Bevor er sich Sugawara widmete, ließ er seinen Blick wandern. Um ihn herum lagen Unmengen an Bücher kreuz und quer auf dem Boden verteilt. Stimmt – er war doch eben mit jemandem zusammengestoßen. Als Tobio zu Sugawara hochsah, hielt er in seiner Bewegung inne. Hinter dem Grauhaarigen stand noch eine weitere Person. Er brauchte eine Weile, um sich zu sammeln. In seinem Kopf drehte sich alles. Schmerzlich zischend presste Tobio seine Hand an seine Schläfe. Sein Blickfeld war noch ganz verschwommen und sein Schädel pochte.   „Hey, geht es dir wieder gut?“, die Person, die hinter Sugawara stand, ging vor Tobio auf die Knie und berührte seine Hand, die sich immer noch an seiner Schläfe befand. Ein angenehmes Prickeln breitete sich auf Tobios Hand aus. Dieser jemand war ihm so nahe in diesem Moment. Der Schwarzhaarige konnte dessen Parfüm genau riechen. Es roch nach Kokos mit einer Mischung aus Grapefruit. Herb, aber doch süßlich. Er roch so verdammt gut. Langsam klarte Tobios Blickfeld wieder auf.   Neben ihm kniete ein junger Mann. Er trug eine schwarze Hose und ein weißes Hemd. Über dem Hemd befand sich ein cremefarbiger Pullunder. Da sich hinter dem jungen Mann direkt das Fenster befand, wurde dessen Rücken von der Sonne angestrahlt. Orangefarbige Haare fielen ihm ins Gesicht und eine goldene Brille umrahmte seine rehbraunen leuchtenden Augen. Tobio blieb ein schwerer Kloß im Hals stecken – er war unfähig etwas zu sagen. Stattdessen sah er den Orangehaarigen einfach nur an, der weiterhin neben ihm kniete und sich leicht über ihn gebeugt hatte. Saphirblau traf auf Goldbraun, das in diesem Moment dem Mineral Quarz Tigerauge ähnelte. Noch nie hatte Tobio solch intensive Augen gesehen. Er verlor sich regelrecht in diesen Seelenspiegeln.   //Wie wunderschön~//   Sein Herz setzte aus und ein seltsames Gefühl machte sich in seiner Bauchgegend breit. Tobio konnte nicht mehr als ein gebrochenes Flüstern hervorbringen. Seine Stimme drohte erneut den Dienst zu versagen.   „Ja, ist... noch alles dran...“, erst in diesem Augenblick fanden Tobios Gedankengänge wieder zueinander. Seine blauen Augen weiteten sich. War das denn die Möglichkeit? Es war nicht irgendjemand, der gerade neben ihm am Boden kniete und ihm so nah war – ihn sogar an seiner Hand berührte.   Tobio hatte schließlich seit Wochen nach ihm gesucht und ausgerechnet heute an seinem ersten Schultag lief dieser jemand praktisch in ihn hinein. Sein Herzschlag beschleunigte sich. Die Erkenntnis schlug ein wie ein Blitz.       „Moment mal, du bist doch…“     Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)