Be my One and Only - 私の唯一無二になりなさい von Mina_Tara (**KageHina**) ================================================================================ Kapitel 20: Akt II: Part VII – …and me --------------------------------------   Die ersten Schneeflocken fielen Richtung Erde und vermischten sich mit dem Schnee, der bereits am Boden lag. Dicke Flocken rieselten hinunter und bedeckten die Landschaft Miyagis mit einem perlweißen Teppich, der sich sowohl über die Wälder als auch über die einzelnen Dörfer erstreckte. Inzwischen war es Mitte Dezember geworden und die Tage wurden kürzer. Dicke dunkle Wolken hingen am Himmel und verdunkelten das Land. Die Farbe Grau stand inzwischen an der Tagesordnung. Tobio saß an einem kalten Wintermorgen im Klassenzimmer auf seinem Platz und hatte seinen Kopf auf seiner rechten Hand abgestützt, während er den Schneeflocken folgte, die neben ihm auf der Fensterbank zum Erliegen kamen. Wie sie sich mit dem bereits dort liegenden Schnee vermischten und eine Einheit bildeten.   „Nun denn, meine lieben Schüler. Heute ist der letzte Schultag vor den großen Winterferien. Davor werden noch die letzten schriftlichen Klausuren zurückgegeben.“   Der Lehrer stand am Pult und nahm auf die Worte hin einen großen Stapel Papier in seine Hände und ging durch die Reihen.   „Oh Mann, das wird ja wieder was werden. Die wissen genau, wie man einem die Winterferien versaut…“, murrte Atsumu, der direkt hinter Tobio saß.   „Tzja, Tsumu, du hättest wohl mehr lernen müssen“, kam es von Osamu, der neben seinem Zwillingsbruder saß und ihn mehrmals seitlich mit seinem Stift am Oberarm antippte.   „Schnauze…“, die Gewitterwolke, die sich über Atsumu zusammenbraute, war sogar bis zu dem Schwarzhaarigen spürbar, dem augenblicklich ein eisiger Schauer über den Rücken lief.   Tobio selbst war mehr als angespannt. Von dieser Klausur hing vieles ab. Der junge Mann hatte die letzten Wochen wie ein Irrer gelernt. Es war teilweise sogar so heftig gewesen, dass Hinata ihn schon mehrmals stoppen musste, damit er es nicht übertrieb. Sein Gehirn hatte schon einige Male vorm endgültigen Schmorrbrand gestanden und der Orangehaarige musste wohl den Rauch, der bereits aus seiner Schädeldecke emporgestiegen war, registriert haben. Die Standpauke, die er sich im Anschluss vom Kleineren noch zusätzlich anhören musste, ließ ihn wieder ruhiger werden. Auch, wenn man es Hinata nicht ansah - er konnte auch laut und direkt werden.   „Na, wie ist dein Gefühl, Kageyama?“, fragte Sugawara, der einen Platz neben Tobio saß und ihn somit aus seinen Gedanken riss.   „Naja, keine Ahnung. Ich bin in sowas sehr schlecht…“, antwortete der Schwarzhaarige wahrheitsgemäß und sah zum Lehrer auf, der neben ihm zum Stehen gekommen war.   „Ah, Tobio Kageyama. Eigentlich bist du in unserem Klassenzimmer schon Dauerthema, aber ich muss sagen, du bist auf einem guten Weg.“, nach diesen Worten reichte der Ältere das Pergament an Tobio weiter, der daraufhin den Inhalt kritisch beäugte.   „Und? Wie ist es gelaufen?“, Sugawara war sehr neugierig und lehnte sich zu ihm rüber.   Ehe Tobio antworten konnte, hatte sich Atsumu bereits von hinten über ihn gelehnt und hielt den Atem an.   „Das ist jetzt nicht wahr, oder?“, eine Zornesader bildete sich an dessen Schläfe, ehe sein Zwillingsbruder sich zu ihm gesellte.   „Wow, da haben sich die Nachhilfestunden mit Hinata echt gelohnt, was? Mensch Tsumu, sogar Kageyama ist besser als du“, das Grinsen Osamus wurde größer woraufhin er seinen Bruder in den Schwitzkasten nahm.   „Schnauze! Und du willst mein Bruder sein? Schäm dich!“, keifte Atsumu seinen Nachbarn an und stieß diesen von sich.   „Komm mal wieder auf den Teppich, du Depp! Lern mal lieber, anstatt bis nachts an der Konsole zu hängen. WoW bringt dir keine guten Noten! “, kam es daraufhin von dem Grauhaarigen und schlug dem Blonden an den Hinterkopf, der ihn mehr als angefressen anstierte.   „Ich sagte Maul halten!!“   Die dunkle Aura war in diesem Moment nicht nur spürbar – sondern auch schon greifbar. Alle anderen Schüler gingen auf Sicherheitsabstand, während sich die Miya-Zwillinge einander gegenüberstanden und diskutierten. Alle wussten, dass Atsumu sehr energisch und aufbrausend werden konnte. Immerhin besaß dieser ein riesiges Ego und konnte demnach nur schwer verkraften, wenn jemand besser als er war. Was in der Schule allerdings nicht so schwer war. Der Blonde war lernfaul und das spiegelte sich auch in seinen Noten wider. Osamu hingegen war das komplette Gegenteil. Demnach waren ständige Auseinandersetzungen in dieser Art vorprogrammiert.   Tobio hingegen war verblüfft und ignorierte den Tumult, der sich hinter seinem Rücken abspielte. Er hatte sich doch tatsächlich von einer „Mangelhaft“ auf eine schlechte „Befriedigend“ verbessert. Die Augen des Schwarzhaarigen weiteten sich. Endlich hatte seine harte Lernerei erstmals Erfolg. Es mag zwar nur ein kleiner Lichtblick sein, aber er konnte mit dieser Note echt zufrieden sein. Schließlich verlangte keiner von ihm, dass er als Streber aus der Menge emporstieg. Dafür war der Weg nach oben noch zu weit weg. Zudem Tobio auch wenig Wert darauf legte. Hauptsache er bestand irgendwie. Schließlich war die Vier die Eins des kleinen Mannes. Ein Statement, das er damals schon von Oikawa oft genug zu hören bekam.   Seufzend lehnte sich Tobio daraufhin in seinen Stuhl zurück und sah zur Zimmerdecke auf. Er musste Shoyo wirklich danken. Der kleine Kerl hatte ihm viel geholfen und ihm wortwörtlich den Arsch gerettet. Wenn die Nachhilfe weiterhin so gut lief, könnte er noch so sein Halbjahreszeugnis retten. Er hatte sich in den letzten Wochen in sämtlichen Fächern um mindestens eine Note verbessert. Hier in English war er sogar um zwei Noten besser geworden. Allerdings lagen noch Mathematik und Physik vor ihm. Diese Klausuren stehen noch aus und werden erst im neuen Jahr geschrieben. Zu allem Überfluss handeln es sich hierbei auch noch um seine absoluten Hassfächer. Die Laune des jungen Mannes war jetzt schon im Keller. Somit musste der Schwarzhaarige auch während den Ferien weiterhin die Finger rund gehen lassen. Als die Schulglocke schließlich das Ende der Stunde und somit auch den letzten Schultag offiziell beendete, waren die Jubelrufe riesig. Tobio packte noch seine restlichen Unterlagen zusammen und verließ gemeinsam mit Sugawara, Sawamura, Asahi und Kuroo das Klassenzimmer.   „Ach wie herrlich, fast drei Wochen Ruhe und Frieden“, säuselte Kuroo und streckte sich ausgiebig, während Sugawara neben Tobio herlief.   Tobio schnaufte daraufhin genervt aus. Ruhe und Frieden würde er die nächsten Wochen leider nicht haben. Wenn der Schwarzhaarige ehrlich zu sich selbst war, war er sogar etwas eifersüchtig auf seine anderen Klassenkameraden, die während den Winterferien ihre Seele baumeln lassen konnten. Sie mussten auch erst im neuen Jahr mit dem richtigen Lernen für die Prüfungen anfangen. Diesbezüglich waren sie Tobio einiges voraus. Immerhin fehlten ihnen keine zwei Jahre, sondern waren auf dem aktuellen Stand. Wobei es hier auch Ausnahmen gab. Die blauen Iriden wanderten zu Atsumu, der dicht neben seinem Zwillingsbruder herlief. Der Blonde war deutlich angefressen.   //Immerhin bin ich nicht der Einzige, der lernen muss…// schoss es Tobio durch den Kopf und sah wieder geradeaus.   Während sie das Schulgebäude verließen und den Pausenhof betraten, wanderten die blauen Iriden umher. Viele Schüler hatten bereits dem Anwesen den Rücken gekehrt und waren auf dem Heimweg. Skeptisch hob Tobio eine Augenbraue. Shoyo war also auch schon weg? Ein leichter Stich zog durch seine Brust bei dem Gedanken, dass er Hinata heute nicht mehr sehen würde. Er wusste, dass der Kleinere am Wochenende mehrere Sonderschichten im Dinners vor sich hatte und auch deswegen heute nach der Schule schnell los musste. Allerdings hatte Tobio noch gehofft ihn vorher zu sehen.   Immerhin hatte die Lernerei etwas Positives. Tobio würde Shoyo die nächsten Wochen weiterhin regelmäßig sehen. Bei dem Gedanken stahl sich ein kleines Lächeln auf seine Lippen. Es würde sogar das erste Mal sein, dass sie bei ihnen zuhause lernen, da die Bibliothek während den Ferien geschlossen war. In den letzten Wochen war der kleine Kerl ihm richtig ans Herz gewachsen. Sie verbrachten neben dem Lernen auch so viel Zeit miteinander. Irgendwie freute sich Tobio auf die gemeinsame Zeit.   „Wartest du etwa noch auf jemanden?“, kam es von Sugawara, der stehen geblieben war und sich Kageyama gewidmet hatte, der zuvor gestoppt und sich umgesehen hatte. Augenblicklich befand sich Tobio wieder im Hier und Jetzt.   „Nein, wartet – ich komme mit“, auf die Worte hin rannte der junge Mann los und schloss zu den anderen auf, die ihm bereits einige Meter voraus waren.               Es schneite den ganzen Tag weiter. Inzwischen stand man bis zu den Waden im Schnee. Tobio hatte bereits zweimal den Schnee vor dem Sakanoshita Laden weg geschippt und den Gehweg mit Salz bestreut. Dabei hätte er sich noch beinahe abgelegt. Gerade so schaffte es der Schwarzhaarige sich an der Klinke der Eingangstür festzuhalten, bevor sein Hintern eine unangenehme Begegnung mit dem kalten Boden machen konnte. Der Fußgängerweg war immer noch spiegelglatt. Demnach hatte der Schwarzhaarige an Salz nicht gegeizt. War ihm doch egal, ob der Brüllaffe die Tage neues besorgen musste! Er würde bestimmt nicht seinen Arsch dafür hinhalten, wenn sich einer vor ihrer Tür die Knochen brach und sie auf Schmerzensgeld verklagte!   Als Tobio am Abend das letzte Mal draußen war, sprang er danach schnell unter die Dusche. Die Kälte zog sich tief in seine Knochen. Das warme Wasser prasselte auf ihn herab und brachte so zumindest etwas Wärme in seinen Körper zurück. Er hasste die Kälte. Auch damals schon. Wenn er so an die Zeit auf der Straße zurückdachte, fragte er sich heute noch, wie er die Nächte überlebt hatte. Zu was der Überlebensinstinkt fähig war, war wirklich erstaunlich. Aber inzwischen dachte Tobio auch nicht mehr so oft darüber nach. Die Zeiten lagen weit hinter ihm. Was nun zählte, war das Hier und Jetzt. Nachdem Tobio sich abgetrocknet und warme Schlafkleidung übergestülpt hatte, bereitete er sich noch unten in der Küche eine Kanne Tee zu. Friedlich vor sich hin summend, betätigte er den Wasserkocher und nahm sich zwei Teebeutel aus dem Regal.   „Oh, du bist ja noch wach“, Währenddessen betrat Kira die Küche und nahm sich eine Flasche Mineralwasser aus dem Kühlschrank. Auf die Aussage hin drehte sich Tobio um.   „Ja, ich habe nochmal den Gehweg draußen frei gemacht. Der Schnee ist dieses Jahr sehr hartnäckig.“   „Ach mein Junge, Keishin war doch für heute Abend zuständig. Das hättest du wirklich nicht machen müssen.“   „Nein, ist schon in Ordnung.“, entgegnete der Schwarzhaarige und nahm sich eine Tasse aus dem Schrank, während er gleichzeitig das heiße Wasser in die Kanne schüttete und die Beutel reinhängte.   Kira lächelte den Jüngeren an und zog sich einen Stuhl bei. Sie nahm am Küchentisch Platz und beobachtete den jungen Mann bei seinem Werk. Ihr war die gute Laune nicht entgangen. Sie hatte Tobio schon öfters dabei erwischt, wie er summend oder sogar pfeifend seiner Arbeit nachging. Sie kannte ihn so nicht.   „Heute war ja euer letzter Schultag im alten Jahr. Ich habe von Kei erfahren, dass die Nachhilfe mit Hinata gut laufen muss.“   Allein, als Kira den Namen des Orangehaarigen nannte, begann Tobios Herz schneller zu schlagen. Wie so oft die letzte Zeit. Wann genau es angefangen hatte, wusste er nicht. Schwer schluckend versuchte der junge Mann sich zu beruhigen. Kira sollte nicht merken, dass er nervös wurde, sobald Shoyos Namen fiel.   „Ja, ich bin froh, dass ich endlich in der Schule besser mitkomme“, brachte Tobio nuschelnd hervor und konzentrierte sich weiter auf die Teekanne, dessen Inhalt aus heißem Wasser und den zwei Beuteln bestand, die vor sich hin dampften.   „Warum so schüchtern? So kenne ich dich ja gar nicht“, kicherte Kira und wackelte verdächtig mit den Augenbrauen auf und ab.   „Oder verbirgst du etwas vor mir?“   „Was, nein! Ich – AUA!!!!“, noch während Tobio versuchte sich rauszureden, hatte er sich versehentlich den frisch aufgebrühten Tee über seine Hand vergossen, als er diesen in seine Tasse umfüllen wollte. Seine Handinnenfläche brannte wie Feuer und tat höllisch weh!   „Hey, alles gut. Ich wollte dich nicht in Verlegenheit bringen…“, die Blonde hingegen kicherte erneut und gesellte sich zu dem jungen Mann, der weiterhin verkrampft am Küchentresen stand und versuchte die Fassung zu wahren, während er seine Hand unter den Wasserhahn hielt. Das kühle Wasser floss seine Hand hinab und beruhigte seine gereizte Haut. Als er nach wenigen Sekunden das Wasser abstellte, betrachtete er seine Handinnenfläche. Sie war an der Seite immer noch rot, aber zumindest hatte der Schmerz etwas nachgelassen.   „Was ist los? Du bist seit Wochen schon so anders… irgendwie glücklicher…“, sprach die Ältere und lehnte sich gegen den Küchentresen. Der Angesprochene hingegen hielt seinen Kopf gesenkt, sodass seine schwarzen Strähnen tief in sein Gesicht fielen. So konnte Tobio zumindest seine roten Wangen verbergen – allerdings zu spät, Kira hatte sie bereits gemerkt.   „Hör mal, Tobio –,“ hierbei berührte Kira das Gesicht des jungen Mannes und zog dieses zu sich, sodass sie ihm tief in die Augen schauen konnte. Hierbei fuhr sie ihm sanft über die geröteten Wangen.   „-kann es sein, dass da mehr zwischen euch beiden ist? Zwischen dir und Shoyo?“   Auf die Frage hin erstarrte der Größere und wand seinen Blick ab. Sein Herz hingegen hämmerte erneut heftig gegen seinen Brustkorb, sodass er seinen Herzschlag schon hören konnte.   „Du musst wissen, ich beobachte euch schon eine Zeit lang. Ihr wirkt immer so glücklich … so zufrieden. Ich kenne Shoyo schon seit Kindertagen und so gelassen habe ich ihn schon lange nicht mehr erlebt. Und du lachst mehr, finde ich.“   Tobio atmete tief ein und aus, ehe er mit Bedacht seine Worte wählte.   „Ich weiß es nicht… da ist so eine Anziehungskraft zwischen uns. Ich hab sie schon mehrmals bemerkt, aber ich habe sie nie hinterfragt…“, flüsterte der Schwarzhaarige und strich sich daraufhin eine Strähne hinter sein Ohr. Er war innerlich komplett aufgewühlt.   „Weißt du, Kira… es liegt schon so lange zurück. Ich weiß gar nicht mehr, wie es sich überhaupt anfühlt eine Partnerschaft zu führen. Wie es sich anfühlt wieder diese Zweisamkeit zuzulassen. Mein Herz einem anderen zu öffnen. Zudem ich nicht weiß, ob aktuell überhaupt der richtige Zeitpunkt wäre“, ein dunkler Schatten legte sich über das blaue Augenpaar.   Die Angesprochene sah den Jüngeren seitlich traurig an und sah nun zu Boden.   „Du hast ihm gegenüber ein schlechtes Gewissen, habe ich recht?“   Tobio nickte und lehnte sich nun ebenfalls mit dem Rücken gegen den Küchentresen, während er seine verbrannte Handfläche in ein nasses Geschirrtuch einwickelte.   „Ja… auch, wenn ich inzwischen von ihm Abschied nehmen konnte, so habe ich trotzdem das Gefühl, als ob ich ihn verraten würde…“   Die Blondine sah daraufhin auf und lehnte ihren Arm um Tobios Schulter, ehe sie ihn zu sich zog, der bis eben noch betrübt neben ihr verweilte. Darum ging es also. Ihm war bewusst, dass er mehr für Hinata übrig hatte - wusste allerdings nicht, wie er mit der Situation nach Oikawas Tod umgehen soll. Ob er schon bereit war sich auf eine neue Beziehung einzulassen. Die Mutter des Bewährungshelfers lächelte.   „Ich denke, Oikawa hätte gewollt, dass du wieder glücklich wirst. Er ist ja nie weg. Er wird immer ein Teil von dir sein, und zwar genau da drin…“, auf die Worte hin deutete Kira mit ihrem rechten Zeigefinger gegen Tobios Brustkorb.   „Die erste große Liebe vergisst man nicht. Sie wird immer eine besondere Stellung haben. Aber dennoch geht das Leben weiter und ich merke, dass Shoyo dir gut tut. Ihr helft euch gegenseitig. Ihr kennt beide die Einsamkeit und dadurch, dass ihr sehr viel Zeit miteinander verbringt, heilen eure Seelen und das ist wunderbar. Shoyo braucht jemanden wie dich. Bisher hat er sich allein durchgeschlagen und hatte immer nur Augen für seine Schwester, für die er alles aufgab, was ihn glücklich machte. Natsu ist deswegen schon unglücklich und fühlt sich schuldig. “   Allein bei den letzten Worten bildete sich ein schwerer Klos in Tobios Kehle. Er wusste, worauf Kira gerade anspielte.   „Ja, ich weiß, was du meinst…“   Letztens hatte er Shoyo erst dabei beobachtet, wie dieser nach Unterrichtsschluss im Klassenzimmer saß und mit dessen Violine ein Lied gespielt hatte. Die Art und Weise, wie Shoyo auf der Fensterbank gesessen und die Saiten des Instruments zum Erklingen gebracht hatte, ließen Tobios Herz höherschlagen. Der Orangehaarige ging bei der Musik richtig auf. Tobio konnte jede einzelne Regung in diesem marklosen Gesicht in sich aufsogen. Diese weichen Gesichtszüge, diese Zufriedenheit. Tobio konnte das Feuer genau sehen, das in dem Kleineren brannte. Gleichzeitig zog sich aber auch etwas in ihm zusammen. Er wusste, dass Shoyo wenig Zeit für sich selbst einplante – immer standen andere im Vordergrund. Wie sehr würde er sich wünschen, dass der Orangehaarige auch mal mehr Rücksicht auf sich selber nahm.   „Mach einfach so weiter wie bisher. Zeig ihm die schönen Seiten des Lebens und steh zu deinen Gefühlen Tobio… Du hast es verdient glücklich zu sein! “, auf die Aussage hin ließ Kira von dem Jüngeren ab, nahm ihre Wasserflasche, die bisher auf dem Küchentisch stand und winkte zum Abschied, bevor sie die Küche verließ.   Tobio sah der Mutter seines Bewährungshelfers nach. Er ließ das soeben stattgefundene Gespräch Revue passieren. Der Schwarzhaarige hatte schon vor einiger Zeit gemerkt, dass er sich in den kleinen Wuschelkopf verliebt hatte. Auch, wenn er es anfangs nicht wahrhaben wollte. Inzwischen war er sich seiner Gefühle bewusst. Auch, wenn es lange her war – er kannte die Anzeichen. Lange hatte er sie versucht zu ignorieren. Aber es brachte alles nichts. Ihm war bewusst, dass sein Herz nach mehr verlangte. Dass Shoyo inzwischen einen großen Teil seines Herzens eingenommen hatte. Ebenso wusste Tobio, dass sie einander halfen. Der Schwarzhaarige spürte es Tag für Tag. Wie seine Welt immer weiter aufklarte und er mehr sehen konnte als die Dunkelheit, die bisher in seinem Herzen verweilt hat. Shoyo hatte ihm so viel zurückgegeben und er? Was könnte er tun, um Shoyo hierfür zu danken? Wie konnte er ihm zeigen, wie wichtig er ihm war?   Der Schwarzhaarige hatte sich bereits etwas besonders für den Kleineren einfallen lassen. An diesem Wochenende findet ein Weihnachtsmarkt im Dorf statt und für Sonntag soll ein Lichterspektakel geplant sein. Er würde Shoyo gern einladen und ihm so einen schönen Abend bereiten. Der kleine Kerl hatte es mehr als verdient. Ob dieser sich allerdings auf die Einladung einlassen würde, stand noch in den Sternen. Tobio war diesbezüglich mehr als aufgeregt. Allein bei dem Gedanken daran begann er innerlich zu schwitzen, zudem sein Herz sich regelrecht überschlug. Die Verbrennung auf seiner Handfläche war bereits abgeklungen. Während er das Geschirrhandtuch ausrang und neben der Spüle hinlegte, griff er bereits nach seinem Handy.   //Dann wollen wir mal… Hoffentlich funktioniert es!!//               Im Dinners war reges Treiben. Da durch die anstehenden Weihnachtstage die letzten Weihnachtsfeiern von sämtlichen Betrieben stattfanden, hatte Shoyo alle Hände voll zu tun. Er rannte von einem Tisch zum nächsten, nahm die Bestellungen auf und nahm Kurs Richtung Bar, um die Gerichte entgegenzunehmen und danach an den jeweiligen Tischen zu verteilen. Shoyo wusste nicht, wie spät es schon war. Für ihn vergingen die Stunden rasend schnell. Zudem er bisher nicht einmal eine kurze Pause einlegen konnte. Ständig kamen neue Bestellungen hinzu und so langsam liefen ihm die ersten Schweißperlen von der Schläfe. Sein Herz raste und seine Glieder taten bereits weh. Eins war klar – wer in der Gastronomie arbeitete, brauchte definitiv kein Fitnessstudio.   „Mensch, Shoyo, mach mal eine Pause!“, kam es von dem Koch, der gerade einen Blick aus der Tür erhaschen konnte.   „Gleich, ich bringe nur noch diese Bestellung an den Tisch“, antwortete der Angesprochene und machte sich bereits mit dem vollen Tablett auf den Weg.   Gleichmäßig balancierend schlängelte sich Shoyo durch die Reihen und tauschte schließlich mit einem der anderen Kellner, die während seiner Pause die Stellung hielten.   Erleichtert trat Shoyo, nachdem er sich seine dicke Pelzjacke übergezogen hatte, in die Kälte. Hinter dem Dinners befand sich ein kleiner Wintergarten, der sich derzeit noch im Bau befand. Die Baumaterialien wurden schön gegen die Wand gestellt, sodass sie durch das Vordach vom Schneefall geschützt waren. Tief atmete Shoyo ein und aus. Genoss die kurze Pause. Sein Blick wanderte währenddessen zu seinem Handy, das sich bis eben noch in seiner Hosentasche befand. Ein Chat ploppte auf und Shoyo wusste genau, von wem die Nachricht stammte.   Tobio [23:35] Hey, ich habe gehört, dass kommenden Sonntag eine Lichtershow auf dem Weihnachtsmarkt stattfinden soll… wollen wir da zusammen hin?   Ein zärtliches Lächeln stahl sich auf Shoyos Lippen, als er die Nachricht überflog. Wie so oft die letzten Wochen stieg eine wohlige Wärme in ihm auf. Immer, wenn ihm der Größere gedanklich in den Sinn kam. Sein Herz schlug augenblicklich schneller, als er zum Antworten ansetzen wollte.   „Shoyo? Da bist du ja!“   Auf die Aussage hin hielt der Angesprochene inne und sah in die Richtung, aus der soeben zu ihm gesprochen wurde. Anhand der Stimme wusste Shoyo, um wen es sich handelte. Freudig lächelte er Yachi an, die sich ihm nährte.   „Ach Yachi, du bist es. Machst du gerade auch Pause?“   „Ich habe meinem Dad gesagt, dass du und ich heute früher Schluss machen. Schließlich sind wir seid Ladenöffnung da und Tamato und Yuri können unsere Schicht übernehmen. Das wäre auch in deinem Interesse, oder?“, die Blondhaarige wand den Blick daraufhin ab und gesellte sich zu dem Orangehaarigen, der sich gegen die Mauer gelehnt hatte.   „Ja, klingt super. Ich bin eh fix und alle“, antwortete der junge Mann und ließ seine Gelenke knacken. Er war Yachi dankbar. Auf seine beste Freundin war Verlass.   „…“   Es herrschte Stille. Shoyo hob verwundert eine Augenbraue nach oben und sah seine Freundin an, die neben ihm verweilte und nervös mit ihren Händen spielte. Er merkte, dass ihr wohl etwas auf dem Herzen liegen musste. Er und Yachi waren schon seit Jahren beste Freunde und bekanntlich lernte man wie der andere tickte und merkte auch, wenn diesen etwas beschäftigte.   „Ist alles in Ordnung?“, fragte der Orangehaarige und rieb sich die Hände, die aufgrund der Kälte schon starr wurden. Weiße Wölkchen stiegen aus seinem Mund empor. Es mussten locker Minusgrade herrschen.   Yachi sah schließlich auf und strich sich daraufhin eine Haarsträhne hinter ihr Ohr. Sie war nervös und eine leichte Röte zierte ihre Wangen.   „Ich muss mit dir reden, können wir ein Stück gehen?“   „Ehm… sicher“, überrascht über diese direkte Frage sah Hinata die Blondhaarige an und nickte.   Die Schneeflocken wurden dicker und der Schnee hatte bereits eine beachtliche Höhe erreicht. Tiefe Spuren zierten den Gehweg, den sie entlangschritten. Still, aber nebeneinander laufend. Immer wieder sah Shoyo neben sich. Yachi war so still und das behagte ihm überhaupt nicht. Nach wenigen Sekunden blieb die junge Frau schließlich stehen und sah Richtung Boden.   „Hör mal…“, kam es leise von Yachi, woraufhin sie aufsah und Shoyo tief in die Augen blickte.   „Wir sind schon so lange miteinander befreundet und wir haben uns geschworen immer ehrlich zueinander zu sein.“   Shoyo sah seine Freundin verwundert an und hob erneut eine Augenbraue. Er sprach kein Wort, sondern ließ Yachi den Vortritt, die sich ihm langsam nährte.   „Du musst wissen… es gibt da etwas, was ich dir sagen muss, Shoyo…“, die Blondhaarige blieb genau vor dem Orangehaarigen stehen, ihr Blick war jedoch wieder dem Boden gewidmet.   „Ich weiß, dass du nicht dasselbe fühlst, aber …“, auf die Worte hin sah Yachi zu dem Größeren auf, der direkt vor ihr stand.   „… ich empfinde mehr für dich als nur Freundschaft.“   Auf die Aussage hin hielt Shoyo die Luft an. Was sagte Yachi da gerade? Wieso tat sie das?   „Ich liebe dich, Shoyo… ich will nur nicht, dass etwas zwischen unserer Freundschaft steht, und deswegen bin ich ehrlich und stehe zu meinen Gefühlen… “, es kostete Yachi eine Menge Überwindung und genau das hatte Shoyo schon immer an ihr bewundert. Sie stand zu ihrem Wort.   Dennoch klang das Gesagte so surreal. Noch nie hatte er ein Liebesgeständnis bekommen und erst recht nicht hatte er überhaupt gerade jetzt damit gerechnet. Seine braunen Augen weiteten sich.   „Yachi... ich…“, Shoyo wusste nicht, was er darauf erwidern sollte. Er fühlte sich überrumpelt und er spürte, dass er diese Gefühle tatsächlich nicht erwidern konnte. Es fühlte sich einfach falsch an. Der junge Mann sah in ihr nur eine gute Freundin – mehr aber auch nicht. Ein unwohles Gefühl machte sich in dem Orangehaarigen breit. Er fühlte sich so schuldig – er wusste, dass er ihr damit wehtun würde. Bevor er jedoch seinen Satz vollenden konnte, spürte er zwei Hände, die sich an seine Schulter lehnten.   „Du brauchst nichts zu sagen… Wie ich eben schon erwähnt habe – ich weiß, dass du meine Gefühle nicht erwiderst, Shoyo.“, braune Augen blitzen ihm entgegen und auf eine seltsame Art und Weise fühlte sich der Orangehaarige seltsam.   „Woher?“, zu mehr war der Größere nicht im Stande, ehe die junge Frau ihm auch schon zuvorkam.   „Ich sehe es… täglich…“, entgegnete Yachi und ließ von Shoyo ab, der seine beste Freundin verdutzt ansah. Was meinte sie damit? Wovon sprach sie da bitte? Er verstand in diesem Augenblick überhaupt nichts mehr. Überrumpelt hörte er einfach nur zu.   „Nun ergibt alles einen Sinn.“, hauchte die Blondhaarige leise und lehnte sich währenddessen gegen eine Straßenlaterne, die sich neben ihnen befand.   „Du hattest noch nie eine Freundin – geschweige denn hattest du überhaupt Interesse an einem Mädchen gezeigt. Du warst schon immer anders als die anderen Jungs. Das habe ich immer an dir bewundert. Aber…ich sehe doch, wie du ihn ansiehst…“, Traurigkeit spiegelte sich in den braunen Iriden wider. Schließlich sah die junge Frau auf.   „Die Art und Weise wie du Kageyama ansiehst, es ist so offensichtlich. Deine Augen verraten dich. Sie sind nicht ohne Grund die Spiegel zur Seele. Du hast dein Herz an ihn verloren, habe ich nicht Recht?“   „Was?“, Shoyo erstarrte. Diese Worte. Sie lösten etwas in ihm aus. Sein Herz schlug daraufhin schneller und gleichzeitig lief es ihm eiskalt den Rücken runter. Es fühlte sich komisch an. Noch während er sich in einer Art Schockzustand befand, zog die junge Frau ihn zu sich und schloss ihre Arme um seinen Oberkörper.   „Shoyo, es ist in Ordnung. Auch, wenn du homosexuell sein solltest - Du bist immer noch derselbe liebenswürdige Mensch. Ich bin im Übrigen nicht die Einzige, der es aufgefallen ist. Kenma und Hoshi wissen es auch. Sie sind sogar letzte Woche auf mich zugekommen und haben mich gefragt, ob ich mehr wüsste. Aus irgendeinem Grund hatte ich schon eine gewisse Vorahnung. Seit dem Tag damals, als Kageyama dich vor Ushiwaka gerettet hat, wirkst du so verändert. Du wirkst glücklicher, losgelöst und angekommen. Als ob dir jemand wie er in deinem Leben noch gefehlt hätte.“   Der Angesprochene starrte ins Nichts. Sein Kopf war wie leergefegt. Das soeben Gesagte klang so unrealistisch aber gleichzeitig wiederum so real. Hatte er sich die letzten Wochen nicht selbst noch oft genug gefragt, was mit ihm los war? Was seine Emotionen gegenüber Kageyama zu bedeuten hatten? Wieso ihn seine flüchtigen Berührungen so aus dem Konzept brachten? Warum er jede Minute mit dem Größeren genoss? War es wirklich, weil er in Tobio verliebt war? War das der Grund für sein Gefühlschaos?   Mit einem Mal traf ihn die Erkenntnis. Shoyo sah die Momente wie ein Videotape vor sich. Wie er den Größeren damals nach der Schlägerei mit Ushijima im Krankenzimmer verarztet hatte. Wie er dessen weiße reine Haut berührte und damals schon als wunderschön und sanft empfand. Wie er sich an Tobio am Grab angelehnt hatte. Wie der Ältere ihn auf der Wiese von hinten umarmt und zu sich gezogen hatte. Wie sie über das Feld getobt und dem Sonnenuntergang entgegengerannt waren. Wie ihre Hände sich immer wieder berührten und zueinanderfanden. Wie sie sich angesehen hatten und errötet waren. Wie seine Iriden immer wieder in dem meeresblauen Augenpaar versinken konnten. Wie er die Wärme genossen hatte. Es war tatsächlich so offensichtlich. Wieso war ihm das bloß entgangen?   Yachi, die weiterhin vor ihm stand, lächelte traurig und ließ schließlich von ihm ab. Ihr Blick wanderte erneut zu Boden, während sich Tränen in ihren Augen bildeten. Auf der einen Seite wirkte sie losgelöst, da sie ihr kleines Geheimnis offenbart hatte – aber gleichzeitig wurde ihr bewusst, dass sie niemals diejenige an seiner Seite sein würde. Sie wusste, dass der Orangehaarige in ihr nur eine Freundin sah. Aber dennoch wollte sie nur das Beste für ihn. Sie wusste, wie lange er gelitten hatte.   „Steh zu deinen Gefühlen und halte sie nicht länger zurück. Je länger du das nämlich tust, desto mehr tust du dir damit weh. Ich weiß, wovon ich rede.“, kam es schluchzend von ihr, ehe sie ein letztes Mal aufsah und dem Angesprochenen ein Lächeln schenkte.   „Ich will einfach nur, dass du glücklich wirst, Shoyo!“   Hinata wusste, dass ihr Lächeln in diesem Moment gestellt war. Aber er musste es so hinnehmen. Es stand ihm nicht zu sie jetzt in den Arm zu nehmen, nicht, nachdem sie ihm vor wenigen Minuten ihre Liebe gestanden hatte und er wusste, dass er ihre Gefühle nicht erwidern konnte.   //Es tut mir so leid, Yachi…//   Nachdem Shoyo die junge Frau wenige Minuten später nach Hause gebracht hatte, sah er ihr nach, wie sie niedergeschlagen im Haus verschwand. Es tat ihm in der Seele weh sie so leiden zu sehen. Shoyo hoffte inständig, dass sie sich davon erholen und dies nichts an ihrer Freundschaft ändern würde. Allerdings benötigte dies nun Zeit und diese würde Shoyo ihr geben – egal wie lange es dauern mag. Das war er ihr schuldig. Als er sich auf den Heimweg machte, blieb er wenige Meter kurz stehen und sah zum Himmel auf. Es schneite immer noch. Die Schneeflocken kühlten seine Haut. Es fühlte sich angenehm an. Kurz schloss der Orangehaarige seine Augen und ging tief in sich. Da er nun endlich Gewissheit hatte, wusste er was zu tun war. Seine rechte Hand glitt in seine Jacke und zog sein Handy hervor. Wie von selbst fanden seine Finger zu den entsprechenden Tasten.   Shoyo [0:20] Hallo Tobio, ich würde gern mitgehen. Ist dir 17 Uhr recht? Wir treffen uns dann vor der Sendai Sporthalle. Soviel ich weiß, befindet sich der Weihnachtsmarkt direkt um die Ecke. Ich freu mich! ◕‿↼)   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)