Coda von Morwen (Sam x Bucky) ================================================================================ Legacy ------ Bucky starrte auf den Schild an seinem Arm herab. Die vertraute, glatte Oberfläche reflektierte das Licht in Rot, Blau und Silber, unterbrochen nur von dem Blut, das am unteren Rand klebte – eine deutliche Erinnerung daran, dass der Schild nicht nur als Schutz verwendet werden konnte. Hinter ihm gab Walker ein leises Stöhnen von sich, doch er stand nicht noch mal auf. Besser so, dachte Bucky grimmig. Dann sah er auf Sam herab, der noch immer am Boden lag und nach Atem rang. Er sah mitgenommen aus, aber er hatte sich erfolgreich gegen Walker behaupten können und keine größeren Verletzungen davongetragen. Bucky starrte in Sams schmerzerfüllte Augen. Sam war ein guter Mann, der beste Mann, den Bucky kannte, seitdem Steve sie verlassen hatte. Und es wollte ihm einfach nicht in den Kopf, wieso Sam es eher zuließ, dass jemand anderes – jemand weniger Gutes – die Rolle von Captain America übernahm, als sie für sich selbst zu beanspruchen. Denn Bucky wollte sie nicht. Er war noch immer zu kaputt für diese Welt. Zu rau und unbequem und unberechenbar. Er hatte zu Sam gesagt, dass er den Schild nehmen würde, bevor Walker es tat, aber die Wahrheit war, dass er ihn nicht wollte. Die Wahrheit war, dass er niemanden außer Sam mit diesem Schild am Arm sehen wollte. Und Sam wollte ihn auch nicht. Sam wollte den Schild nicht, das hatte er mittlerweile oft genug klargestellt. Und ob es Bucky gefiel oder nicht, er musste diese Entscheidung respektieren. Also stellte er ihm ein Ultimatum. Er ließ den Schild neben Sam auf den staubigen Boden der Fabrik fallen, ohne den Blick dabei von seinem Partner abzuwenden. Triff deine Entscheidung, dachte er. Jetzt oder nie. Dies ist der Moment der Wahrheit. Dann drehte er sich um und verließ die Fabrik. Wie auch immer Sam sich entschied, Bucky wollte nicht dabei sein.   Es vergingen fast zehn Minuten, bis ein leises Rumpeln ertönte und sich das Tor der Fabrikhalle öffnete. Bucky, der neben dem Ausgang an der Wand lehnte, hob den Blick. Sam trat in den Regen hinaus, einen Ausdruck von Gram und tiefer Erschöpfung auf dem Gesicht. In der Hand hielt er den Schild. Bucky starrte ihn an. Er hatte erwartet, beim Anblick von Steves Schild in Sams Händen irgendetwas zu fühlen. Freude oder Erleichterung... vielleicht sogar Hoffnung. Doch da war nichts. Vielleicht war es doch nicht das weltbewegende Ereignis, das er sich erhofft hatte. Oder vielleicht war er im Moment auch einfach zu müde, um überhaupt etwas zu fühlen. Und vielleicht spielte es auch einfach keine Rolle, was er dachte. Bucky bemerkte das Blut an Sams Händen und am Schild, und plötzlich kam er sich vor wie ein Arschloch. Sam hatte in den letzten Stunden genug durchgemacht und alles, woran Bucky hatte denken können, war der verdammte Schild. Als wäre Sam weniger wert. „Gib mir das“, sagte er leise und nahm Sam den Schild aus der Hand, um ihn an die Wand der Fabrikhalle zu lehnen. Dann trat er auf Sam zu und zog ihn in seine Arme. Für einen Moment war der andere Mann völlig reglos, doch als er merkte, dass Bucky nicht vorhatte, ihn so schnell wieder loszulassen, wich die Spannung aus seinen Schultern und er ließ sich erschöpft in seine Arme sinken. Bucky legte das Kinn auf Sams Schulter und strich langsam über seinen Rücken, auf und ab, auf und ab. Er sprach kein Wort, denn was hätte er in diesem Moment auch sagen können? Dass alles wieder gut werden würde? Dass sie es schon irgendwie aus dieser Katastrophe heraus schaffen würden? Selbst wenn er daran glaubte – und das tat Bucky im Moment noch nicht – wären es doch nichts als leere Phrasen. Und Sam hatte Besseres verdient. Als sie sich mehrere Minuten später schließlich wieder voneinander lösten, nahm Bucky den Schild in die eine und Sams Handgelenk in die andere Hand und zog seinen Partner mit sich. Es regnete noch immer und während sie über das verlassene Industriegelände liefen, entdeckte Bucky eine Reihe von alten Blecheimern, in denen sich das Regenwasser angesammelt hatte. Er legte den Schild ab und nahm Sams Hände in die seinen, um sie in das klare Wasser zu tauchen. Langsam und sorgfältig wusch er das Blut von jedem einzelnen Finger, bis nichts mehr davon zu sehen war. Er sah Sam dabei nicht in die Augen. Er konnte seinen Blick die ganze Zeit über auf sich spüren, doch er wusste nicht, wie er reagieren würde, sollte er ihn erwidern. Er wusste nicht, ob er bereit war für die Gefühle in Sams Augen. Als Bucky fertig war, ließ er Sams Hände wieder los und griff nach dem Schild, um auch ihn von den Überresten des Blutes zu befreien. Und mit jeder Handvoll Wasser, die er aus dem Eimer schöpfte, um die Oberfläche reinzuwaschen, wurde Bucky wieder ein wenig leichter ums Herz. Fast als würde er mit dem Blut auch seine eigenen Zweifel und Schuldgefühle fortwaschen. Schließlich war der Schild wieder sauber, und ohne Sam anzusehen, drückte Bucky ihn gegen seine Brust. „Hier“, sagte er mit rauer Stimme. „Ich hoffe, du verlegst ihn nicht wieder.“ Zögernd nahm Sam den Schild an sich. „Buck...“, begann er und es war ein Unterton in seiner Stimme, den Bucky nicht zu genau analysieren wollte. „Später“, unterbrach er ihn stattdessen und wandte sich ab. „Rede du mit deinen Leuten und Sharon, ich gehe derweil die örtliche Polizei informieren. Und dann gehe ich duschen.“ „... okay“, sagte Sam leise. „Bis später.“ Dann trennten sich ihre Wege. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)