Sengoku-Jidai I [Remake] von firelady (Tōunamento) ================================================================================ Kapitel 9: Die Jungfrau ----------------------- Seit dem Zusammentreffen mit dem Daiyokai des Südens und dessen verstorbenen Schüler Kenshin sind eine weitere Woche und auch ein weiterer Monat in der Zeit der Sengoku-Ära vergangen. Mittlerweile ist viel mehr eingetreten, als nur der Winter. Ein neues Jahr ist schon angetreten und soweit es Liza in dieser Zeitepoche möglich ist, weiß sie das bereits Anfang Januar ist. Weihnachten, Silvester und Neujahr hat sie somit verpasst, ebenso einige andere wichtige Feste. Wenigstens kann sie sich aber an der Schönheit des Winters erfreuen. Die Schneeflocken fallen leise vom Himmel, die sich wie ein schönes weißes Kleid auf der Erde ausbreiten. Etwas, was sie in ihrer eigenen Zeitepoche von Jahr zu Jahr immer seltener sieht. Für eine Feuerablegerin, die sich eigentlich nur auf die Flammen ihres eigenen Elementes konzentrieren müsste, hat sie schon immer den Zauber jeder Jahreszeit auf der Erde geliebt und geschätzt. Jede Jahreszeit ruft dabei in ihr die unterschiedlichsten Gefühle wach. Im Frühling prägt sie die Sehnsucht. Im Sommer dringt Tatendrang heraus. Im Herbst wird sie oft sehr verspielt. Im Winter sehnt sie sich nach der Person zu der sie gehört. Der Menschenfrau wird selbst im tiefsten Winter nie kalt, denn das Feuer in ihrem Körper hält sie warm, sodass es ihr nichts ausmacht immer noch in ihren gewohnten roten, modernen Sachen herum zu laufen und sie in den eigentlich gefrorenen Gewässern zu waschen. Nur wenn es ums Baden geht, sehnt sie sich schon ab und zu nach einem heißen Bad, um ihrem Feuer selbst etwas Gutes zu tun. Sie hat in den letzten Monaten wirklich viel von ihrem geliebten Element verlangt und will ihm als Dank jetzt auch mal etwas zurück geben. Heißen Quellen begegnen sie zwar, doch unter der strengen Beobachtung ihres Lehrers, der sie seit dem Vorfall mit der Schlange nicht mehr aus den Augen lässt, kann sie es nicht wirklich genießen. Ihre Reise führt die kleine Gruppe über viele verschneite Dörfer und Städte hinweg. Die junge Feuerkönigin ist dabei nicht mehr auf ein neues Sternzeichen getroffen, sondern auf viele andere Schüler und dessen Lehrer. Es ist für sie eine interessante Erfahrung gewesen auch die anderen Elementsableger kennen zu lernen. Einige Lehrer haben es nicht mal gewagt ihre Schüler gegen sie kämpfen zu lassen, nachdem sie ihren Lehrer, Sesshomaru, gesehen haben. Seit dem sie auch weiß, dass ihr Lehrer ein sogenannter Daiyokai ist, wundert sie diese Tatsache nicht. Selbst Dämonen haben allerhöchsten Respekt, wenn nicht sogar Angst, vor den Fürsten der Ländereien. Lizas Neugier kommt mehr denn je hoch und sie würde gerne auch die anderen beiden Daiyokai kennen lernen. Durch Jaken weiß sie längst, dass Sesshomaru selbst dem Geschlecht stolzer Hundedämonen angehört und den Westen sein Eigen nennt. Lord Tsukuyomaru entspringt der Sippe weiser Fledermausdämonen, die eher im Süden heimisch sind. Sicher hat sie Jaken auch über die anderen Großdämonen gefragt und sie weiß nun um Hōsenki, dem Austern-Daiyokai. Er gebietet über den Osten. Zwischen all diesen männlichen Herrschern gibt es wohl nur eine einzige Frau. Der weibliche Daiyokai Tekkei, mitsamt Tochter Abi im Norden. Sie würde nur zu gerne diese Familie der Phönixdämonen kennen lernen. Allein weil sie das Element Feuer als ihr Eigen zu nennen. Der Stolz als Auserwählte dieses Elements gebietet es ihr mehr denn je, dieser arroganten Familie zu zeigen, was es bedeutet wirklich über das Feuer zu herrschen. Überhaupt überrascht es sie, dass wohl nur Tsukuyomaru und Sesshomaru Auserwählte der Elemente sind und die anderen beiden Daiyokai nicht. Tatsächlich sind sie aber auch keinem anderen Element der ersten Generation begegnet, wie es ihr Meister zumindest nennt. Sie muss zugeben, dass sie ihn bisher nicht über ihre Unwissenheit diesbezüglich aufgeklärt hat und nach mehr Wissen gefragt hat. Es ist keine Angst, die davon abhält, sondern Zweifel, ob er es ihr überhaupt sagen würde. Sie weiß er ist nicht gerade der redseligste Lehrer. Sie hat so viel in den letzten Monaten gelernt, dass es für sie kaum mehr vorstellbar ist das Liza im Sommer ihr Abenteuer unfreiwillig begonnen hat. Es überrascht sie auch, dass es die ersten größere Städte zu dieser Zeit gibt. Sie hat damit gerechnet, dass es in der Sengoku-Ära nur so etwas wie kleine Dörfer oder Dorfgemeinschaften gibt. Davon ungeachtet hat sie vor einiger Zeit ein Gerücht aufgeschnappt. In einer dieser Städte hat sie tatsächlich die Erzählung eines wunderschönen Stoffes vernommen, der über magische Kräfte verfügen soll. Über die Gabe der Wandlung und Täuschung ist die Rede gewesen. Genau das, was das Sirenengewand ausmacht. Sie möchte diesen Gerüchten gerne nachgehen, will Sesshomaru aufgrund einfacher Gerüchte jedoch nicht belästigen. Auf der anderen Seite wäre es für sie natürlich eine Möglichkeit wieder einen Alleingang zu haben. Sie muss einfach wieder für sich sein. Liza braucht einen freien Kopf und etwas Ruhe für sich, um all die Eindrücke der letzten Wochen und Monate endlich mal verarbeiten zu können. »Konzentriere dich!«, sind es die kühlen, aber strengen Worte von Sesshomaru, die sie wieder aus ihren Gedanken reißen. Tatsächlich ist die Schwarzhaarige so sehr in ihren Gedanken versunken, dass sie das Training vergessen hat. Ihre Arme sind im Wasser eines eigentlich zugefrorenen Flusses, den sie aber leicht mit ihrer Magie aufgetaut hat. Seit einiger Zeit muss sie lernen ihre Feuermagie auch unter Wasser einzusetzen, damit sich so ein Drama, wie damals bei der Schlange, nicht wiederholt. Sie wird auch ständig besser, aber Liza geht das alles viel zu langsam voran. Da war mir das körperliche Training echt viel lieber, denkt sie sich genervt. Nichts desto trotz konzentriert sie sich auf ihr inneres Feuer, wie es ihr Vater ihr einst beigebracht hat. Sie vermisst ihn und hat inzwischen so viele Fragen an ihn. Ihr fehlt ihre Mutter, in dessen sanften Armen sie jetzt gerne wäre. Ihre kleine Halbschwester Kagome mit der sie jetzt rumtollen würde. Selbst ihr verrückter Großvater hinterlässt mittlerweile ein Loch in ihrem Herzen. Wie gerne würde sie sogar jetzt, wo sie an Reife gewonnen hat, noch einmal das Gespräch mit Haru aufsuchen und ihm all das sagen, was ihr auf der Seele liegt. Sie möchte sich bei ihm entschuldigen. Ja, ihm sogar sagen, dass er Recht gehabt hat. Sie ist ein Kind gewesen. Seufzend zieht sie ihre Arme ohne Erlaubnis ihres Meisters aus dem Fluss und blickt traurig hinab. »Es tut mir leid, Meister Sesshomaru, aber heute habe ich keine Gedanken dafür«, gesteht sie traurig. Ehrlichkeit ist das, was sie an ihrer Lehrer-Schüler-Beziehung immer am meisten schätzt. »Woran denkst du?«, fragt er sie. »Viel zu viel«, fällt ihre Antwort knapp aus. Auch wenn sie sich immer alles sagen können, gibt es einige Dinge, die sie – gerade vor ihm – lieber geheim hält. Zum Beispiel all diese neuen Gefühle, die sie für ihn beginnt zu empfinden. Das zaghafte Aufglühen ihres Körpers unter seinen Händen. Das kaum merkliche Flackern ihres Herzens bei seinen Blicken. Das sanfte Knistern in ihrem Bauch, wenn er seine Stimme erhebt. Die leise, brennende Glut an ganz bestimmten Punkten, wenn seine goldenen Augen sie anschauen. Egal was es ist … Es ist alles völlig neu für sie. Einige Zeit des Schweigens tritt ein. »Möchtest du in die Menschenstadt?« Diese Frage überrascht Liza. »Ich denke, es wird Zeit, dass du dich etwas um dich selbst kümmerst. Nach all diesen Monaten, in denen du bei mir bist, kann ich riechen, dass du deine Periode bald bekommen wirst. Du solltest vorsorgen.« Wie ungeniert und vollkommen trocken er diese Tatsache anspricht, lässt ihr den Schock und gleichzeitig die Schamesröte ins Gesicht rasen. »Sag mal, hast du sie noch alle!«, brüllt sie ihn peinlich berührt an und stellt sich vor ihm auf. »Du kannst mir sowas doch nicht einfach ins Gesicht sagen. Du bist ein Mann, verdammt noch mal!« Davon abgesehen muss sie zugeben, dass sie selbst gar nicht gemerkt hat, dass sie keine Tage bekommen hat, aber es stimmt. Ob das der Stress und die körperlichen Hochleistungen gewesen sind? Liza hat in ihrer Zeit davon gelesen, dass das Gründe sein können, weshalb eine Frau ihre Tage Monatelang nicht bekommen kann, ohne zwangsläufig schwanger sein zu müssen. Tendenziell neigt die Schwarzhaarige dazu nie regelmäßig ihre Blutung zu kriegen. »Selbst wenn. Ich bezweifle, dass es solche Dinge hier gibt, wie zu meiner Zeit«, schmollt sie nach längerem Schweigen und verschränkt ihre Arme vor ihrer Brust. »Du kannst dir Leinen aus Baumwolle holen«, zeigt er sich nach wie vor unbeeindruckt und kühl. Liza versteht nicht viel von Geschichte, weil es nie ihr Lieblingsfach in der Schule gewesen ist, aber sie weiß, dass Baumwollleinen sehr teuer im Mittelalter sind. Unterhält sie sich überhaupt gerade mit einem Mann über die weibliche Menstruation? Wie absurd die ganze Situation einfach ist. Das Ganze wird noch abstruser, als ihr die Tatsache bewusst wird, dass er das auch noch riechen kann. Sie will gar nicht wissen, was dieser Hundedämon mit seiner empfindlichen Nase noch alles riechen kann. Diese Neugier dahingestellt, will sie das Thema schnell wechseln. Jaken ist gerade nicht da, da er die Zutaten für das Essen zusammensucht. »Darf ich noch eine weitere Erlaubnis einholen?«, fragt sie Sesshomaru. Diese Gelegenheit möchte sie einfach nutzen. Er blickt einfach stumm zu ihr hinab. »Ich weiß, es klingt seltsam, aber bei der letzten Stadt, an der wir vorbeizogen, habe ich ein Gerücht über einen wunderschönen Stoff mit magischen Fähigkeiten vernommen. Es klang ganz nach dem …« »Das Sirenengewand«, unterbricht Sesshomaru sie. »Du hast gut aufgepasst.« Schmollend blickt sie ihn an. Fast so, als will sie ihm damit sagen, ich bin ja auch kein Kind mehr. »Und du möchtest wieder in diese Stadt zurück, um den Gerüchten nachzugehen«, schlussfolgert er weiter. »Allein«, fügt Liza ernst und entschlossen hinzu. Mit seinen bernsteinfarbenen Augen blickt er sie kühl, fast schon tödlich an. Davon lässt sich eine Liza Higurashi allerdings nicht beeindrucken und sie stellt sich ihm mutig, mit erhobenem Haupt und stolzer Haltung gegenüber. Ihre blauen Augen fest entschlossen in seine Goldenen gerichtet. »Ich möchte mich dir beweisen können. Du weißt, du kannst mir vertrauen. Du willst das Schwert als Preis haben und das sollst du haben. Ich will dir nur helfen, sowie du mir hilfst.« Sesshomaru umfasst ihre Arme so fest, dass seine Krallen sich tief in ihr Fleisch vergraben. Liza zuckt nicht mal. Sie nimmt den Schmerz hin, während sie ihr eigenes warmes Blut ihre Arme hinablaufen spürt. In diesem Moment kommt auch Jaken wieder und sieht diese Szenerie. Für ihn sieht das Ganze viel zu vertraut aus - vertrauter als ihm lieb ist. Der blanke Schock steht ihm ins Gesicht geschrieben. »Ich vertraue niemanden!«, knurrt Sesshomaru sie an. Das beruhigt Jaken wieder und er atmet erleichtert aus, ehe er sich auf den Weg zum Kessel macht. »Vertrauen setzt Gefühle voraus. Sympathie und Empathie. Und wie du dich erinnern kannst, empfinde ich rein gar nichts!« Seine Stimme bebt, doch Liza lächelt ihn nur an. »Doch, du empfindest etwas. Gerade jetzt. In diesem Moment.« Zum ersten Mal kann die Feuerkönigin für wenige Sekunden einen Hauch von Überraschung in seinem Gesicht lesen. »Du bist wütend.« Ja, Wut ist ein Gefühl, dass sie ihm eindeutig wieder zurück gebracht hat. Die Krallen des Dämons vergraben sich erst tiefer in ihre Arme, ehe er dann doch von ihr ablässt und, nach einem tiefen Ausatmen, seine gewohnte Fassade zurück erlangt. Sesshomaru wendet ihr den Rücken zu. »Dann geh. Ich werde dir geben, was du benötigst.« Dankbar verneigt sich Liza höflich, während Jaken nur verwundert drein schaut. Was ist da zwischen den beiden nur wieder passiert? »Ich werde mich morgen auf dem Weg machen, Meister Sesshomaru.« ~~~4 Tage später~~~ Liza ist wirklich froh, dass sie mal diese Auszeit von Sesshomaru hat. Dieses ganze Spiel von heiß und kalt, kann die sonst so taffe Menschenfrau kaum mehr ertragen. Mal scheint er ihre Nähe zu suchen und mal scheint er sich von ihr zu distanzieren. Manchmal fragt sie sich, was er eigentlich will. Ständig wechseln seine Signale. Sie muss einfach einen klaren Kopf kriegen. Da ist ihr dieser Alleingang nur gelegen gekommen. Liza weiß noch nicht einmal, was sie für ihn empfindet. Am Anfang sind es reine Faszination und tiefer Respekt gewesen. Seine Stärke hat sie von Anfang an beeindruckt. Nie hat sie irgendjemand besser verstanden, als er. Sesshomaru und sie haben eine ähnliche Vergangenheit, weshalb sie miteinander so gut auskommen können, wie es manche Paare nicht mal nach sieben Jahren können. Als Elementskrieger streben sie beide nach Perfektion in der Kunst ihrer Elemente. Als Lebewesen begehren sie Ort und jenen Partner, zu dem sie allein gehören. Selbst er als Dämon und sie als Mensch kämpfen stetig um die Führung des anderen – egal ob im Kampf oder in einer Diskussion. Wie sie es dreht und wendet, aber sie muss sich leider eingestehen, dass er in jeder Hinsicht zu ihr passt. So einen Mann wie ihn hat sie noch nie gesehen. Ein Mann, der sie allein mit seiner Präsenz förmlich einnimmt und in ein ständiges Bauchkribbeln versetzt. Seine bernsteinfarbenen Augen, so kühl sie auch sind, lassen ihren Körper wärmer werden und entfachen ein inneres Feuer in ihr, dass noch nicht einmal sie in dieser Form kennt. Der Wunsch seine Hände überall auf ihrem Körper zu spüren ist immer mehr in ihr hochgekrochen. Diese Umarmung an der Quelle, als sie nackt auf seinem Schoß gesessen hat und er sie letztlich zu Boden gedrückt hat, hat ihr Herz so schnell schlagen lassen, wie noch nie zuvor im Leben. Die Schwarzhaarige ist sich mittlerweile sogar ziemlich sicher, dass er das wilde Schlagen ihres Herzens in diesem Moment gehört haben muss. In den letzten Nächten hat sie sich oft gefragt, wie es wohl ausgegangen wäre, wenn Leon oder Jaken nicht gewesen wären. Diese Gedanken haben sie dabei so intensive, intime Dinge fühlen lassen, dass sie sich selbst begonnen hat zu erkunden, was sie nie zuvor getan hat. Ihr Körper eröffnet ihr neue Pforten zu denen sie nie vorher das Verlangen gehabt hat zu gelangen. Wie auch, ohne einen Mann von dem sie träumen kann? Dämonen sind unreine Wesen und verführen junge Mädchen wie dich. Wenn du nicht stets aufpasst, wirst du noch eine Liebessklavin, erinnert sie sich an die Worte ihres Großvaters, als sie sich interessenhalber einmal mit ihm über Dämonen unterhalten hat. Starke, prägende Auren. Ein anziehendes Erscheinungsbild. Außergewöhnliche Stärke und Schnelligkeit. Mächtige tierische Instinkte. Auch wenn ihr Lehrer sie nie in irgendeiner Form derartiges hat spüren lassen, sind dennoch all diese Gefühle in ihr hoch gekommen. Warum ist sie überhaupt so sehr von ihm fasziniert? Allein die Vorstellung so völlig nackt unter ihm zu liegen und sich ihm in allen Punkten völlig zu unterwerfen, während diese neuen Gefühle sie total überrennen, wärmt sie innerlich. Zum ersten Mal spürt sie, wie heiß und drängend das Feuer durch ihren Körper rauschen kann. Allgemein ist sich Liza mehr denn je bewusst geworden, wie sehr sie sich ihm untergeordnet hat. Untypisch für sie. Normaler Weise ist die Menschenfrau selbst ein sehr dominanter Charakter und hasst jegliche Form von Unterwerfung. Bei ihm ist das alles aber so schnell und selbstverständlich passiert, dass sie es noch nicht einmal registriert hat. Aber warum? Immer wieder schießt ihr nur diese eine kleine Frage durch den Kopf. Ob es vielleicht nicht mehr nur Faszination ist? Hat sie sich vielleicht sogar … verliebt? In ihn? Einen Dämon ohne Gefühle? »Aaaarrrrrrghhhhhhh! Das ist ja nicht zum Aushalten!«, brüllt sie dann verzweifelt und rauft sich die Haare. »All diese Gefühle und Fragen! Das hält doch kein Mensch aus!« Das hat zur Folge, dass die Menschen jener Stadt, in der sie gerade umher läuft, all ihre Blicke verwundert auf sie richten, was sie nur beschämt von diesem Ort wegrennen lässt. »Ich habe gewusst, dass dieser Dämon nicht gut für dich ist«, sind es die Worte vom kleinen Leon, der an ihrer Seite auf der Schulter hängt. Der Feuerlöwe ist seit Beginn ihres Alleingangs stetig an ihrer Seite. Liza hat ihren Wächter einfach gern an ihrer Seite haben wollen. Erst Recht seit dem seine wahre Macht erwacht ist. Auch wenn sie es ungern zugibt, aber sie will nicht mehr allein sein – sowie früher. Sesshomarus starke, einnehmende Aura ist für sie über die letzten Monate so selbstverständlich gewesen, das sie gar nicht gemerkt hat, wie süchtig sie nach all dieser Macht geworden ist. Allein zu sein, erscheint ihr heute mehr denn je ein Alptraum zu sein, den sie in ihrer Zeit durchleben muss, wenn sie jemals wieder zurück geht. Die endlosen Diskussionen über die Lieblingsmusik oder die neueste Mode erscheinen ihr heute noch sinnloser, als schon damals. »Mag sein. Dennoch kann ich meine Gefühle für ihn nicht einfach vergessen oder verdrängen«, antwortet sie. »Ich kann diesen Hund nicht ausstehen. Er macht dich unglücklich. Als dein Wächter kann ich diese Beziehung nicht gut heißen«, grummelt Leon mit seiner niedlichen Kinderstimme. »Und als mein Freund?«, fragt Liza dann nur lächelnd und krault ihn am Kinn, während sie weiter läuft. »Als dein Freund mag ich ihn noch weniger«, antwortet er trotz der Streicheleinheiten ernst, schnurrt dann aber genüsslich auf. »Aber ich weiß, dass er dir viel bedeutet und das hält mich davon ab ihn zu töten. Ich bin trotz allem ein Sternenbild, Liza und als solches verstehe ich nicht viel von Gefühlen. Ich bin dein Wächter. Meine Aufgabe ist es über dich und das Schwert zu wachen und dich von allem fernzuhalten, was dir schaden könnte. Sesshomaru gehört zu den Dingen, die dir schaden, doch ich bin gezwungen es zu tolerieren, weil er dich stärker macht.« Eine Zeit der Stille folgt zwischen den beiden, bis Liza dann wieder das Wort ergreift. »Leon?« »Mhmh?«, reagiert er, noch immer unter ihren Streicheleinheiten am Kinn, schnurrend. »Können Sternzeichen oder Dämonen überhaupt Gefühle empfinden?«, stellt sie ihm traurig ihre Frage. Für einen Moment scheint Leon zu überlegen. »In einem Punkt hat Sesshomaru Recht. Gefühle machen alles nur noch komplizierter«, entgegnet er ihr, ohne wirklich ihre Frage beantwortet zu haben. Diese Antwort hat Liza nicht hören wollen. »Vielleicht wäre es auch für mich am besten, wenn ich alle Gefühle hergebe.« Der Schmerz in ihrem Herzen ist selbst für sie allmählich nicht mehr auszuhalten. Der Schmerz über die Ungewissheit wozu sie eigentlich noch die Kräfte des Feuers braucht. Der Schmerz über das Wissen vielleicht nie wieder in ihre Zeit zurück kehren zu können. Der Schmerz über die Sehnsucht nach ihrer Familie. Der Schmerz über die Möglichkeit sich nie mit Haru auszusprechen. Der Schmerz darüber nie ihre Halbschwester aufwachsen sehen zu können. Der Schmerz über den Kummer niemals von Sesshomaru geliebt zu werden. Nur Schmerz. Mehr ist in ihrem Herzen nicht mehr übrig geblieben. Traurig lässt sie ihren Kopf sinken. Was bleibt denn schon noch in ihrer Welt aus Schmerz. Sondern weil du diesen Schmerz nicht mehr fühlen wolltest, erinnert sie sich selbst an jene Worte, die sie Sesshomaru noch vor einiger Zeit gesagt hat. Sie kann ihn mittlerweile verstehen. »Du besitzt die Gabe des Feuers. Deine Gefühle sind deine Stärke. Wut, Trauer, Glück. All diese und noch mehr. Sie verhelfen dir zu deiner Kraft«, führt Leon weiter. »Gefühle helfen dabei das Leben zu meistern. Ohne Gefühle ist man nicht mehr, als ein Geist - ein Geist auf der Suche nach dem, was einem fehlt. Das gilt für Dämonen und auch für uns Sternzeichen.« Das ganze Gespräch macht sie nachdenklicher, als sie möchte. Erst nach einigen Minuten kann sie auf seine Aussage antworten. »Weißt du … Bevor ich hierher kam, wollte ich einfach nur stärker werden. Ich wollte mein vererbtes Geschenk perfektionieren und meistern, damit niemand mehr Angst vor mir haben muss und ich mich selbst auch vor keinen Feinden fürchten muss. Also wollte ich von zuhause abhauen.« Zum ersten Mal kann Liza sich einfach alles von der Seele reden. Das ist es, was sie gebraucht hat. Einen Freund zum Reden. »Meine Mutter hat einen neuen Mann gefunden und ihn geheiratet. Mittlerweile haben sie sogar ein Kind. Meine kleine Schwester Kagome. Sie ist wirklich unheimlich süß.« »Aber dein Stiefvater akzeptiert dich nicht?«, äußert der Feuerlöwe seine Vermutung. »Doch. Doch das tut er, aber er hat … Angst«, widerspricht sie ihrem Freund. »Angst vor dir und deiner Fähigkeit.« Leon sieht ihr trauriges Nicken. Die blauen Augen der Menschenfrau werden von ihren Haaren bedeckt. Es tut so weh. Mein Herz … Es schmerzt so sehr, denkt sie sich voller Trauer, ehe sie antwortet. »Tja und dann kam ich durch den Krebs hierher und traf auf Sesshomaru. Er hat mich in den letzten Monaten so gut trainiert, dass ich mein Feuer nun genauso kontrollieren kann, wie ich es mir immer gewünscht habe, aber …« Der Wächter des Schwertes Seinaru unterbricht sie einfach. »Aber nun stellst du dir die Frage wozu.« Erneut nickt sie einfach nur stumm. »Gefühle, Fragen in dieser Art, ja selbst das innere Durcheinander, was dich gerade prägt … All das gehört zum Erwachsenwerden dazu, Liza. Man kann nur Erwachsen werden, wenn man sich den Herausforderungen des Lebens stellt. Deswegen ist es für dich, als künftige Feuerherrscherin, von extremer Wichtigkeit das du deine Gefühle behältst. Das Feuer würde sie auch nicht als Opfer annehmen. Es gibt nur eine Opfergabe die das Feuer von dir akzeptieren würde, aber welche das ist, musst du selbst herausfinden.« Gerade als Liza ihm antworten will, kann sie etwas spüren. »Spürst du das auch?«, fragt sie ihren Beschützer und Begleiter. »Das ist nicht gut. Das ist ein Sternzeichen das seine eigenen Energien nicht im Griff hat. Das kann gefährlich werden«, knurrt der Feuerlöwe, springt von der Schulter und verwandelt sich, inmitten eines Feuerstrudels, in seine vollendete Gestalt. »Dann müssen wir dahin!«, fordert die Feuerherrscherin und springt auf ihren Wächter. Ohne weiter zu fackeln, sprintet Leon dorthin. Die tiefe kehlige Männerstimme ist ein krasser Kontrast zu seiner sonstigen hellen Kinderstimme. »Ich kann mir denken, um welches Sternenbild es sich handelt.« »Und um welches?«, fragt Liza interessiert, die sich an der brennenden Mähne des Löwen festhält, während er rennt. »Die Jungfrau.« Lizas Gesicht ist verwirrt. Das Sternzeichen Jungfrau sagt ihr nichts, weil sie kein Bestandteil ihrer Interessen gewesen ist. »Ich vermute das wird ein Sternzeichen aus der westlichen Welt sein.« »Allerdings und sie zählt zu den stärkeren Sternzeichen.« Das nimmt Liza sehr ernst und lässt sie gleichzeitig Zweifeln, ob sie überhaupt stark genug für den Kampf ist. Das heißt aber nicht, dass sie sich von ihren Zweifeln überwältigen lassen will. Sie muss sich ihr stellen. Jetzt hat sie die Möglichkeit zu sehen, wie stark sie wirklich geworden ist. Für genau sowas hat sie schließlich trainiert. »Wenn ihre Kräfte so groß sind, ist es wichtig, dass wir sie aufhalten müssen«, dringt es aus ihrem Mund. Davon abgesehen müsste sie es eh tun, da die Jungfrau ein Bestandteil des Tōunamento ist. Leon nickt knurrend. »Gute Antwort.« Der Sprint dauert einige Minuten und sie befinden sich vor einem - wie Liza findet - seltsamen Gebäude. Es ist riesig und vor dem Gebäude befinden sich drei Frauen. Zwei davon sind edel eingekleidet. Ihre Haut ist weiß angemalt und überhaupt mit Make-up verschönert worden. Die Andere, die auch um einiges älter aussieht, trägt dagegen einen schlichten Kimono. Da fällt sie selbst mit ihrer modernen Gewandung extrem auf, doch das ist ihr, wie schon immer, vollkommen egal. »Was ist hier los?«, fragt sie die Frauen, nachdem sie vom Löwen abgesprungen ist, der sich einige Meter von den Frauen entfernt aufhält, da seine Hitze für normale Menschen tödlich ist. »Das Böse hat sich in unserer Okiya eingenistet. Sie verschlingt all unsere Kunden«, erzählt eine der, wie Liza nun durch den Hinweis weiß, Geishas. »Bist du wohl ruhig! Das ist eine Hexe! Rede nicht mit ihr, Sakura«, mischt sich die andere Geisha ein. Zweifelsohne die hübschere der beiden Geishas in diesem Haus. Die Schwarzhaarige erkennt sofort, dass in den tiefbraunen Augen dieser Frau nicht mehr, als reine Bosheit und Missgunst ist. Sie hasst einfach alles und jeden und verkörpert all das, was sie selbst in fast jedem Menschen sieht. Liza atmet einmal tief durch, bevor sie zu der Gleichgesinnten spricht. »Mag sein, dass ich eine Hexe bin, aber ich bin hier um zu helfen, ob es dir nun passt oder nicht.« »Was meint Ihr, Oyakata-sama?«, fragt die Jüngere der Frauen ihre Hausmutter. »Vielleicht hat diese Hexe ja dieses Ungeheuer in unser Haus geschickt, um hier rein zu kommen. Wir haben ziemlich wertvolle Schätze da drin«, ist es die einzige misstrauische Aussage der Schönsten. Liza nähert sich ihr stumm und blickt der gleichgroßen Frau standhaft in die braunen Augen. »Ohne respektlos zu wirken, aber was könnten mir edle Schminke und teure Kimonos schon bringen? Mich interessiert in diesem Dorf nur eines - das Sirenengewand«, zischt die, aus der Zukunft kommenden, junge Frau. Sofort ist das Gerede der drei Frauen riesig. Offenbar ist es sowas wie der Hausschatz. »Das können wir nicht zulassen, Oyakata-sama!«, schreit die hassgetriebene Frau. »Das ist unser Schatz! Er gehört unserem Haus!« »Halte dein vorlautes Mundwerk, Karan! Wir alle wissen, dass das Tōunamento längst läuft. Dieses Ungetüm wird eines der Sternenbilder sein. Gegner, die solche wie sie bezwingen müssen«, kommt es schroff von der Dame des Hauses, die sich dann grob das Kinn der unbekannten Frau packt und es näher an sich zieht. »Du hast wunderschöne blaue Augen. Fast so blau wie das Meer, aber das Wasser ist nicht dein Element.« »Es ist das Feuer«, gesteht sie einfach; als wäre es das selbstverständlichste von der Welt. »Nein! Das Feuer können wir in unserer Okiya nicht gebrauchen! Es wird uns niederbrennen! Diese Frau wird unser Verderben sein!«, kreischt Karan erneut. Erst nach einem sehr langen und intensiven Augenkontakt zwischen Liza und der deutlich Erfahreneren, spricht letztlich die Hausmutter. »Na schön. Nutze deine Kraft Elementskriegerin. Befreie uns von diesem unheilbringenden Dämon und das Gewand soll deins sein.« Nach einer respektvollen Verbeugung rennen Liza und der Feuerlöwe in die Okiya. Hastig sprinten die beiden durch die Okiya. Dabei fallen der Schwarzhaarigen all die Skelette auf. Der Kleidung nach zu urteilen muss es sich dabei um Männer gehandelt haben. »Leon, sind das …?«, fragt sie während des Rennens ihren Begleiter. »Ja. Die Jungfrau hat die Fähigkeit die Lebensenergie junger Männer und diverse Auffälligkeiten aus den Körper von Frauen zu stehlen und sie für sich zu gebrauchen. Dadurch wird sie mächtiger; macht sie aber auch gleichzeitig unkontrollierbar, weil es nicht ihre eigenen Energien sind«, klärt er sie auf. »Aber warum?« »Die Jungfrau hasst alle Männer. Sie frisst all jene Seelen auf, die verunreinigt sind, reinigt sie und lässt sie in ihrem Körper Höllenqualen durchleben. Alles nur, um selbst voller Stärke zu protzen«, beantwortet Leon knurrend die Frage seiner Herrin. Auch er ist einst ein Mann gewesen. Ein Herrscher aus alter Zeit. Und er war verliebt. In sie - die Jungfrau. Damals hat er geglaubt, dass er wirklich ihr Herz erobern kann, doch dann hat er ihr wahres Gesicht gesehen und ihre echte Erscheinung. Hinter der süßlich wirkenden Erscheinung versteckt sich das wohl schlimmste Monster, das ihm jemals über den Weg gelaufen ist. »Leon? Leon!«, wecken ihn die Worte seiner Schutzbefohlenen auf. Sie rennt an seiner Seite und blickt ihn besorgt an. »Was ist los mit dir?«, fragt sie ihn. Der Löwe bleibt stehen und sie ebenfalls. »Ich kann nicht weiter mit dir gehen. Das dort ist geheiligter Boden.« Liza blickt an sich runter und erkennt eine Grenze aus rosaleuchtenden Symbolen. »Nur Frauen - Jungfrauen, wie sie - können zu ihr.« Sie nickt und dreht ihm dann den Rücken zu. »Sobald ich wieder da bin, will ich deine Geschichte hören, Leon«, kommt es ernst von ihr. Gerade als sie ein paar Schritte gelaufen ist, kann sie hören, wie er noch einmal zu ihr sagt: »Lass dich nicht täuschen. Der Schein trügt immer.« Sie hält noch nicht einmal an. Selbst als sie weiter rennt, kann sie seine Worte gut hören, aber sie lässt sich nicht davon einschüchtern. Vielleicht hat dieses Sternzeichen genau das, was ihr Meister will. Ein Fragment des Schwertes. Zumindest haben es diese Geishas. Umsonst ist ihr Ausflug daher bisher nicht. Ihre blauen Augen erkennen die Veränderung des Flures. Zunächst wirkt es, als verzerrt sich alles. Es wird alles fleischig um sie herum, genauso, als wäre sie im Innern eines Körpers. Komm schon, Kleine. Ich erwarte dich bereits, kann sie plötzlich die verführerische Stimme einer Frau in ihrem Kopf wahrnehmen. Nun ist sie diejenige, die aufknurrt. Mein Name ist Liza - Liza Higurashi. Sie erhöht in ihrer Wut das Tempo und rennt schneller, bis sie vor einem tropfenden Eingang steht. Sei vorsichtig, Liza. Du stehst hier vor dem Heiligtum einer jeden Frau. Wenn du zu grob vorgehst, wirst du davon aufgefressen, lacht ihre Gegnerin in ihren Gedanken auf. Das ruft auf ihrem Gesicht nur ein sicheres Lächeln hervor. »Was für ein Glück das ich weiß, wie man da vorgehen muss«, spricht sie gerade noch, bevor sie vorsichtig durch den Eingang geht. Wirklich vorsichtig, betritt sie gebückt die tropfende Höhle an dessen Rändern spitze Zacken fast kaum sichtbar herausragen; Zähne wie sie vermutet. Die Worte ihrer Gegnerin sind also keine Übertreibung gewesen. Überhaupt findet sie es überraschend, dass sie selbst keinen großen Hehl daraus macht noch Unerfahren zu sein. In ihrer Zeit hat sie früh gelernt, dass das Hymen nicht so wichtig ist, wie man es hier im Mittelalter noch glaubt. Viel zu viele Gerüchte darüber haben sich in der Moderne verflüchtigt. Wahrscheinlich ist ihr auch deswegen immer egal gewesen, wo und wie sie es erleben würde. Solange es nur mit dem Richtigen geschieht. Äußerst vorsichtig muss sich die Schwarzhaarige gezwungen sehen, sich voran zu bewegen, bis sie endlich, nach mehreren Minuten das Ende erreicht hat. »Willkommen in meinem Reich«, wird Liza freundlich begrüßt. Der Raum gleicht einem Gruselkabinett. Überall Spinnenweben, Leichen, Skelette und sogar einige giftige Insekten, wie die Riesenhornisse. Für sie ist das wirklich Gruselige jedoch die gehörige Masse an Puppen. Puppen von Männern. Das müssen die Männer sein, die sie ausgesaugt hat. Wie ein Diamant thront die wunderschöne junge Frau, mit der einzigen scheinbar lebensgroßen Mädchenpuppe aus edlem Porzellan auf ihrem Schoß, auf einem blutüberströmten Podest. »Du bist also die Jungfrau, ja?«, fragt Liza sie ernst und verschränkt ihre Arme vor der Brust, während sie sich ihre Gegnerin genauer betrachtet. Die Jungfrau ist wirklich eine wunderschöne Frau. Ihr goldenes Haar fällt in sanften Wellen von ihren Schultern, während ihre blutroten Lippen sich deutlich von der restlichen hellen Haut abheben. Von einem unheimlich eleganten Stoff verhüllt, den Kleidern der Frauen aus der westlichen Welt ähnelnd, umschmeichelt das weiße Kleidungsstück ihre schlanke und zierliche Figur. Der durchsichtige rosafarbene Stoff am Ende der Ärmel fällt um ihre Arme, wie die Kirschblüten des Sakurabaumes. Es ist so, als wäre in ihrer Gegenwart ständig Frühling. Aufmerksam schauen die blutroten Augen des Sternzeichens auf die deutlich jüngere Frau. »Und du bist die Schülerin Sesshomarus?«, kontert die Jungfrau ruhig und streichelt sanft über den Kopf der Mädchenpuppe. »Du bist schon jetzt genauso arrogant wie er.« »Interessant, wie jeder weiß wer mein Lehrer ist«, antwortet Liza nur mit hochgezogener Augenbraue. »Scheint ja ein bunterer Hund zu sein, als ich dachte.« »Ist es nicht niederschmetternd für dich, von einem Mann trainiert zu werden?«, fragt die Jungfrau, welche die gruselige Puppe auf ihrem Schoß streichelt. »Er ist offensichtlich der Beste«, dringt es kurz aus Lizas Mund. »Ich könnte dich auch trainieren, wenn du willst. Ich habe deinen Zorn dem männlichen Geschlecht gegenüber immer bewundert, kleine Liza. Unser Denken ähnelt sich über diese niederen Kreaturen. Deswegen wäre ich gewillt bei dir eine Ausnahme zu machen. Von einem Sternzeichen trainiert zu werden ist ein ganz besonderes Privileg.« Die Schwarzhaarige beschließt locker im Raum herum zu laufen, in der Hoffnung irgendwie den Gegenstand zu finden. »Mag sein, aber es wäre gegen die Regeln des Tōunamento.« Auch wenn ihre Augen sich im Raum umschauen, achtet sie auf ihre Gegnerin, was das Ganze erschwert, denn wie sie es schon oft genug festgestellt hat, haben Sternzeichen keine Auren. »Meister Sesshomaru hat mich schon vieles gelehrt und mir geholfen mich selbst zu verbessern.« »Oh ja. Ganz sicher hat er das, aber er konnte dir nicht helfen deine Zweifel zu nehmen.« Die Aussage des Sternzeichens ist so überraschend, das Liza selbst in ihren Schritten innehält. »Oder? Ist es nicht so? All diese Macht, die du nun hast und dann kommst du nicht nach Hause, um die zu beschützen, die du liebst.« Die hübsche Frau erhebt sich von ihrem Sitz, setzt die Puppe vorsichtig auf den Podest und schwebt außerordentlich elegant zur Menschenfrau, nur um sie von hinten zu umarmen. »Und bei all der Macht, die er in dir geweckt hat, bist du trotzdem immer noch nur eine Königin und in dieser Zeitepoche festgefangen. Ich kann dich nach Hause bringen. In deine Zeit. Oder dir direkt den höchsten Rang schenken.« Liza ist wie regungslos. Keine Bewegung kommt von ihr. »So eine hübsche Frau - so voller Reinheit und Unschuld - gehört nicht hierher«, spricht die Jungfrau weiter sanft zu ihr, schmiegt sich sogar regelrecht an die Schwarzhaarige. »Bist du fertig?«, fragt Liza schließlich mit gereiztem Unterton. »Wie bitte?«, zeigt sich die Blonde überrascht. »Seit dem ich bei diesem Turnier mitmache, versucht jedes Sternzeichen mich von hier fortzuschaffen. Egal ob durch den Tod, durch Zweifel oder durch meine eigentliche Zeitepoche«, beginnt sie. »Langsam habe ich das Gefühl ihr wollt nicht, dass ich daran teilnehme, doch weißt du was? Es ist mir sowas von«, Liza stoppt für einen kurzen Moment, um das Feuer in sich aufsteigen zu lassen, »scheiß egal!«, brüllt sie schließlich. All das Feuer in ihr schießt hoch und umschließt nicht nur sie selbst, sondern auch die Jungfrau. Auch als diese sich von ihr löst, brennt das Sternzeichen weiter, bis es mit einem Luftdruck die Flammen um ihren Körper löscht. »Du«, knurrt die Jungfrau wütend. »Das wirst du mir büßen, Feuerhexe!« Ohne weitere Worte lässt Liza einfach nur ihre Schultern kreisen und geht in Angriffsstellung. »Dein Glück, dass ich dich fürs Erste nicht direkt angreifen will«, grinst das Sternenbild, ähnlich verspielt wie ein kleines Kind. Die Menschenfrau nimmt darauf keine Rücksicht und greift die Unsterbliche mit einer direkten Attacke an. Dem weicht die Jungfrau nur bemerkenswert elegant aus, bevor sich auf den wunderschönen Lippen ein Lächeln bildet. »Aber ich kenne jemanden, den ich an meiner statt vorschicken kann.« Verwundert hört die Sterbliche mit ihrem Angriff auf. Mit geweiteten Augen muss sie sehen, wie ein Fingerschnippen ausreicht, um ihren Wächter, den Feuerlöwen zu rufen. »Leon!«, keucht sie überrascht. »Verzeih mir!«, dringt es reumütig aus dem Mund des Feuertieres, ehe sich schon Sekunden später Fußfesseln um seine Pfoten legen, inklusive einem Halsband mit Leine, was die Jungfrau hält. »Hey! Genug gequatscht!«, pflaumt die Jungfrau den Löwen an. Mit einem kraftvollen Druck an der Leine rasen weiße Blitze auf den Löwen über, die ihm unerträgliche Schmerzen bereiten. Laut brüllend springt er vor Qualen hin und her. »Warte, ich helfe dir!«, kommt es entschlossen von ihr und sie blickt wütend auf die Jungfrau. »Dein Schicksal ist besiegelt, Sternzeichen!« Damit rennt sie auf ihre Gegnerin zu, springt aber von selbst wieder zur Seite, als sie aus dem Augenwinkel beobachtet, wie Leon Liza selbst angreift. »Aber was …?«, fragt sie sich total überrascht. Seine Augen sind wie leer. Keinerlei Pupillen oder Leben befindet sich darin. »Oh, hat er dir das nicht gesagt?«, neckt die Jungfrau. »Ich kann Männer kontrollieren. Ausnahmslos alle!« Liza lässt sich davon nicht beeindrucken und lächelt nur sicher. »Ausnahmslos alle? Es gibt garantiert einen Mann, den du nie kontrollieren wirst.« Danach versucht sie ein weiteres Mal ihre Gegnerin anzugreifen, aber auch jetzt stellt sich der Löwe wieder laut brüllend vor die Sternenfrau. Ein weiteres Mal sieht sich die Schwarzhaarige gezwungen ihren Angriff abzubrechen und zurück zu springen. »Ach ja, richtig. Somit wären wir wieder bei deinem Lehrer«, lächelt die Jungfrau, während sie ihren zweiten Arm ausstreckt und eine, mit Dornen übersäte, Peitsche herauf beschwört. »Ja, er wäre eine Herausforderung für mich.« Danach schlägt sie immer wieder zur Menschenfrau, die sich gezwungen sieht allen Angriffen auszuweichen. Jeder Angriff von Liza selbst auf die Jungfrau wird von ihrem Wächter und Beschützer, dem Feuerlöwen, gehindert. »Hunde sind so treu, wenn man sie einmal gezähmt hat. So herzlich. Anschmiegsam. Und vor allem so liebesbedürftig!« Mit jedem Wort steigert sich die blonde Schönheit immer mehr in ihren Abscheu gegenüber dem anderen Geschlecht, so dass es Liza deutlich schwerer fällt den Angriffen auszuweichen. »Und ehe du dich versiehst, wirst auch du nichts mehr von deinem Stolz besitzen, den du jetzt noch in dir trägst. Schon jetzt macht dich dieser dreckige Köter schwach und anfällig für die negativen Schwingungen zwischen Mann und Frau! Noch ein paar weitere Wochen und dann bist du nicht mehr wert, als jede Straßenhure!« Dieser Schlag hat gesessen und die dornenbesetzte Peitsche umschlingt das Bein der Feuerkönigin, die nur kurz darauf gegen die Decke geknallt wird. Der Schmerz ist deutlich in ihrem menschlichen Körper zu spüren. Zunächst nur im Rücken und in den Lungen, dann auch im Bauch und Brustkorb, als die Jungfrau die Schwarzhaarige sie mit voller Kraft gegen den Boden donnert. Der Feuerlöwe stemmt seine gewaltige Pfote auf ihren Kopf und fixiert sie. Etwas ist aber anders. Liza spürt nicht diese angenehme Hitze vom Körper des Löwen, die sie sonst bei ihm vernommen hat. Lass dich nicht täuschen. Der Scheint trügt immer, erinnert sie sich an die Warnung ihres Wächters und sie versteht allmählich, was hier vor sich geht. Es folgen schon recht bald die kraftvollen Schläge der Dornenpeitsche, die immer wieder den Rücken der Menschenfrau treffen. Den ersten Schmerzschrei hat sich Liza nicht unterdrücken können, dafür aber jeden weiteren. Ihr rotes Oberteil zerreißt und schon bald läuft das warme Blut über den brennenden Rücken auf den die Jungfrau immer wieder ihre Peitsche einschlagen lässt. »Letztlich ist er aber auch nur ein Mann! Ein Dämon noch dazu! Sie empfinden keine Gefühle! Du bist für ihn nur ein Spielzeug! Wenn du stirbst, tauscht er dich kompromisslos gegen jeden anderen Teilnehmer aus. Sesshomaru ist nicht der Mann, den du in ihm sehen willst. Er hasst dich, allein weil du ein Mensch bist! So ein kostbares Gut, wie der unberührte Körper einer Frau gehört weder in seine Hände, noch in die Hände eines jeden anderen Mannes!« Die Schwarzhaarige kneift sich ihre Augen zusammen, während sie nach wie vor Stumm den Schmerz der Peitschenhiebe auf ihrem Rücken erduldet. Ihr kommen die Worte bekannt vor. Dieser grenzenlose Hass auf die Männerwelt. Auch sie hat einst so empfunden, wie die Jungfrau. Männer sind primitiv. Männer sind gierig. Männer sind getrieben von mächtigen Urinstinkten. Männer wollen alle nur das Eine von einer Frau, egal ob sie es selbst will oder nicht. Mittlerweile ist ihr aber bewusst geworden, dass sie sich mehr denn je nach einem liebevollen Partner gesehnt hat, der sie einfach nur so akzeptiert, wie sie ist. Ganz ohne "Wenn" und "Aber". Sesshomaru tut es. Er hat ihr, trotz seines persönlichen Abscheu, nie einen Vorwurf daraus gemacht menschlicher Abstammung zu sein. Er hat sie trainiert, weil er ihr Potenzial erkannt hat. Er ist derjenige gewesen, der sie aufgebaut hat, wenn es ihr schlecht gegangen ist. Auch wenn es ihm vielleicht lästig oder widerwärtig gewesen ist. Sesshomaru allein hat sie bis zum heutigen Tag als Einziger verstanden und in ihr ein völlig neues Gefühlschaos geweckt. Nie hat sie sich mehr mit jemanden verstanden und sich so gut aufgehoben gefühlt, wie bei ihm. Sie sind einander gleich, obwohl ihre Leben unterschiedlicher nicht sein könnten. Liza spürt, wie die Pfote des Feuerlöwen weicht und sie stattdessen grob am Hinterkopf gepackt wird. Ihr Kopf wird gewaltsam nach oben gezogen und sie kann in die rotleuchtenden Augen der Jungfrau blicken. »Es gibt nur eine Sache, die du hast und auch ihn süchtig nach meinen Schoß machen würde«, spricht die Blondine nun deutlich ruhiger, sogar fast schon verführerisch. Ernst und entschlossen blickt Liza selbst unter ihren Schmerzen zur Unsterblichen. »Es sind deine Augen.« Nun deutlich sanfter fasst die Blondine das Kinn der Feuerfrau an. »So blau wie die Treue und so voller Emotionen. Selbst einen gefühlslosen Dämonen ziehen sie magisch an, weil sie so voller Gefühle sind. Ja, sie kochen förmlich über.« Genüsslich leckt die Jungfrau über die Wange ihrer Gegnerin. »Selbst deine neuen Empfindungen für das Unreine funkeln in ihnen. Da kann auch dein Meister sich mir nicht entziehen. Er ist eben auch nur ein Mann. Ein Dämon. Eine Bestie. Ein Monster.« Dieses Wort "Monster". Das löst in ihr jedes Mal eine unbändige Wut aus. Was gibt den Leuten das Recht andere so zu betiteln. Erst recht, wenn man sich noch nicht einmal persönlich kennt. »Monster, hm?«, kommt es verdächtig ruhig aus dem Mund Lizas, ehe sich ihr Körper in Flammen auflöst und sie verschwindet. Deutlich überrascht schaut sich die Blondine um, bis sie eine gewaltsam eindringende Hitze durch ihren Brustkorb spürt und nach unten blickt. Ein roter Lichtstrahl steckt in ihrem Körper und setzt sie langsam, Stück für Stück, in Brand. Mit ihrem Blick folgt sie der roten Linie, die sich wie ihre Dornenpeitsche, durch den Raum zurück zur Menschenfrau bewegt. Blanke Angst durchfährt die Blonde, als sie den wütenden, brennenden Blick zwischen den nachtschwarzen Haaren sieht. »Dann werde ich dir jetzt zeigen, was ein Monster ist.« Erneut lässt sie ihre Feuerpeitsche auf ihre Gegnerin niedersausen und stoppt auch ihren Angriff nicht, als sich der manipulierte Löwe dazwischen wirft. Nur Sekunden später verwindet er. »Also doch. Eine Illusion«, grinst die Schwarzhaarige. »Aber wie? Du müsstest dich vor Schmerzen nicht mal mehr halten können«, ist die Jungfrau deutlich schockiert. Die Menschenfrau dreht sich um und zieht ihre langen schwarze Haare beiseite. So kann das Sternenbild die sekundenschnelle Heilung durch den zerfetzten Stoff sehen. »Wie bitte!? Selbstheilung?«, kreischt die Blondine entsetzt. Liza wendet sich wieder um, während sie sich mit einem ernsten Blick innerlich bewusst wird, dass diese Heilung nur zeitweise ist. Dennoch fackelt Liza nicht lange und springt auf ihre Feindin zu. »Solange ich noch lebe und auch nur einen Funken Wärme in mir trage, regeneriert sich mein Körper«, gibt sie sich die Güte den Prozess zu erklären. Ihre Hand vor dem Gesicht haltend, leuchten die Fingernägel von Zeige- und Mittelfinger rot auf. »Und du bist auch nicht mehr, als eine blasse Täuschung«, richtet sie ihre Worte an die Schönheit, bevor sie mit einer gekonnten Handbewegung die Feuerpeitsche aus ihren Fingern dazu benutzt, um das Sternenbild zu köpfen. Dieses Mal ist es die Schwarzhaarige die elegant landet. »Gut gesprochen, Feuerhexe«, vernimmt Liza plötzlich eine viel jüngere Stimme. Fast so, als wäre das die Stimme eines Kindes. Sofort wendet sie sich um und sieht sogleich zur vermeintlichen Puppe aus teurem Porzellan, die sich nach und nach in ein echtes Mädchen verwandelt. Ihr schulterlanges blondes Haar wirkt moosüberzogen, wie verschmutztes Gold. Die makellose Haut ist mit Sommersprossen im ganzen Gesicht durchzogen und rotleuchtende Augen starren sie bedrohlich an. »Wir Sternzeichen wollen dich aus dem Spiel haben, denn das Feuer ist böse und höchst unangebracht.« Diese offene Erkenntnis schockiert die Menschenfrau. »Du bist ein Wesen aus einer anderen Zeit und trägst dazu noch ein Element in dir, was meiner Meinung nach schon längst von der Erde hätte verschwinden müssen. Ein Element, dass nichts zur Welt beiträgt, außer Zerstörung.« Der Blick der Schwarzhaarigen wird selbstgefällig. »Ach so. Ich verstehe. Ihr habt Angst vor meinem Element.« Eine Druckwelle wird gegen die Menschenfrau geschleudert, die sie gegen eine Wand wirft und dort gedrückt hält. »Das Feuer ist das niederste Element von allen! Es hat nur Zerstörung, Rachsucht und Hass auf einfach alles im Sinn. Und es ist nicht so stark, wie es glaubt.« Der Druck wird stärker, während sich das blonde Haar schwarz färbt. »Durch das Feuer gab es immer eine Katastrophe nach der anderen. Dabei kann es gar nichts! Außer die Hilfe anderer zu erbetteln!« Der Zorn in der Stimme des kleinen Mädchens wird immer deutlicher. Fast so, als kann sie damit den Druck erhöhen. Liza kann sich nicht mehr bewegen. Der Druck von der Jungfrau wird immer stärker und stärker, selbst ihre Brust wird eingedrückt. »Warum die anderen Sternzeichen solche Probleme mit dir hatten, ist mir unbegreiflich. Ich werde dich einfach zerquetschen, wie ein lästiges Insekt«, kreischt das kleine Mädchen. Liza ist nun klar, wie sie ihre Druckwelle verstärkt, doch sie weiß nicht, wie sie dagegen ankommen kann. Sie versucht aber zunächst den Zorn der Jungfrau zu bändigen. »Hör zu, ich kann dich verstehen. Mein Element hat damals einige Fehler gemacht und …« Die Schwarzhaarige wird einfach unterbrochen. »Einige Fehler!?«, kreischt das kleine Kind. »Es war dein Element das fast den Untergang der Welt eingeläutet hätte, als sie kaum fertig geformt worden ist. Das Feuer hat dafür gesorgt, dass die Natur sich anders entwickelt hat, als sie sollte. Alle Elemente mussten sich zusammen tun, um das Gleichgewicht wieder herzustellen.« Das bedrohliche Licht in den roten Augen der Jungfrau wird stärker und somit der Druck der Welle, die auf Liza lastet. Langsam geht ihr wirklich die Luft aus. Das erste Blut läuft aus ihrer Nase und sogar aus ihrem Mundwinkel. »Du bist genauso wie dein Wächter! Ihr seid so einsam und so benachteiligt. Das arme, arme Feuer. Ich weiß schon warum ich aus diesem dummen Mann einen Löwen gemacht habe und zwang auf ewig auf den richtigen Ableger warten zu müssen, nur um ihn zu beschützen!« Anhand des sarkastischen, bösen Tons ist deutlich heraus zu hören, welchen Hass die Jungfrau in sich über das Feuer trägt. Fast genauso stark wie bei den Männern. Der Schock zeigt sich auf Lizas Gesicht. »D-Du hast d-d-das Sternzei«, zu Reden nimmt ihr noch viel mehr Luft, »zeichen Löwe ge-geschaffen?«, fragt sie nach. »Oh ja und wenn ich mit dir fertig bin und mir deine Augen einverleibt habe, werde ich auch endlich diesen Mann auslöschen können, den du Lehrer nennst!« Liza bemerkt, dass der Zorn etwas nachgelassen hat. Jetzt hat sie eine Schiene auf die sie gehen konnte. »D-Du scheinst ja sehr m-mächtig zu sein, wenn du … hnnn… Sternzeichen er-erschaffen kannst.« »Tze. Natürlich bin ich das. Sieh doch all die Puppen hier. Das waren mal echte Männer und ich hab deren Energien aufgesogen und aus ihnen Puppen gemacht!«, lacht sie stolz. Wie Liza es sich gedacht hat, das Sternzeichen Jungfrau ist unheimlich stolz, selbstverliebt und arrogant. Ihr Ego will einfach gestreichelt werden. »Das ist gnn… sehr beeindruckend.« Die Schwarzhaarige merkt, wie der Druck, der auf ihr lastet, allmählich immer weiter nachlässt. Selbst das schwarze Haar des Sternenbildes wird wieder dreckig blond. »Tja, da verneigt sich wohl auch das Feuer«, gibt sich das Sternzeichen selbstbewusst. »Allerdings.« Endlich kann die Menschenfrau wieder atmen, sich aber immer noch nicht bewegen. »Deine Macht ist so riesig. Kein Wunder, dass du dir das Sirenengewand zum Bewachen ausgesucht hast.« Ein schrilles, klein Mädchen Lachen erklingt im Raum. »Das Sirenengewand ist viel zu kostbar, als das es in die Hände eines Mannes geraten könnte.« Die überraschte Miene ihrer sterblichen Gegnerin scheint das Kind weiter zu amüsieren. »Jeder von uns weiß das. Wir wissen, dass er die Teile für Seinaru zusammensucht. Das ist ein sehr exquisites, aber angebrachtes Preisgeschenk für einen Krieger seiner Klasse.« »Warum habt ihr es überhaupt mit ins Turnier genommen, wenn es eigentlich für immer unter Verschluss bleiben sollte?«, will Liza wissen. »Weil wir die Erde auf unserer Seite haben wollen! Bisher hat sich die Erde immer aus allem herausgehalten, doch für eine neue Rangordnung brauchen wir auch die Stimme der Erde!«, brüllt das kleine Mädchen ihr entgegen und verstärkt wieder den Druck. »Doch wie immer ist es dein Meister, der sich einfach gegen alle Regeln widersetzt und sich nicht bestechen lässt. Seine grenzenlose Gier nach Macht lässt ihn einfach nur das Schwert besitzen wollen und jedes Freundschaftsangebot von uns ausschlagen! Dann führte sein Weg ihn auch noch ausgerechnet zu dir! Bis jetzt konnten wir jeden Ableger des Feuers töten. Ausnahmslos!« Das ruft in Liza Wut und Verwirrung wach. »Jeden?« »Ja, jeden.« Ein teuflisches Grinsen bildet sich auf den Lippen der Jungfrau und verstärkt wieder den Druck. Sie schnippst locker mit ihren Fingern. »Wie lästige Insekten. Alle Feuerableger haben wir mit unseren verschiedenen Fähigkeiten aufspüren können. Das hat sogar so gut geklappt, dass es für eine sehr lange Zeit keinen Anwärter des Feuers mehr gab. Wir Sternzeichen glaubten endlich das Feuer zum Aufgeben bewogen zu haben.« Eine schier erdrückende Pause füllt den Raum, bis die Jungfrau sagt: »Und dann kamst du, doch dein Vater war einer der ganz Ausgekochten! Er hat dich so gut vor unseren Augen versteckt und dich mit einer so machtvollen Barriere verborgen gehalten, dass selbst ich dich nicht finden konnte! Immerhin kann ich jede unberührte Frau auf der Welt spüren.« Das kleine Kind sieht, wie Lizas Körper immer stärker von ihrer gewaltigen Energie eingedrückt wird. »Und dann noch das Feuer selbst, dass dich besser als jeden anderen Ableger beschützt und es auch noch in Zukunft tun wird. Das Feuer schenkt dir ja auch schon jetzt seine ganze Stärke, ohne das du den höchsten Rang erreichen musst, weil es dich beschützt und unbedingt will, dass du am Leben bleibst! Aber an deinem siebzehnten Geburtstag war es soweit! Die Barriere deines Vaters verschwand und wir konnten dich finden und dir den Krebs schicken. Er sollte dich gnadenlos töten, wie er es mit allen anderen Feuerablegern getan hat. Stattdessen schickte er dich in diese Zeitepoche!« Das darf nicht wahr sein. Alle Feuerkinder sind getötet worden. Einfach nur weil sie vom Feuer Auserkorene gewesen sind. Die Menschenfrau bedauert all jene, die es nicht geschafft haben. Jene Gleichgesinnte, die noch nicht mal dazu gekommen sind das Leben zu leben. Mit all seinen vernichtenden und beglückenden Momenten. Sie ist die Letzte. Die letzte und einzige Feuerablegerin. Jetzt versteht sie mehr denn je, warum Sesshomaru ihr Element wie eine Art Geheimwaffe handhaben will. Die Erzählung der Jungfrau beunruhigt Liza allerdings. Bereits durch die Schlange weiß sie, dass die Sternenbilder durch die Zeitepochen reisen können, weil sie selbst in jeder Zeit Existent sind. Daher ist es für sie kein Wunder, dass die Jungfrau auch ihren Vater gekannt haben muss. Gleichzeitig fragt sich Liza das erste Mal selbst wer ihr Vater eigentlich gewesen ist. Nach all den Erzählungen ist er offensichtlich vorausschauender und mächtiger gewesen, als sie jemals gedacht hätte. Wer warst du Papa? »Und dann noch seine fünf Freunde, die er in alles eingeweiht hat und die auf dich aufpassen sollten! Seine eigenen Schwestern hinterging dein Vater für di…« Das blonde Kind unterbricht sich selbst, als sie plötzlich einen starken Energieschub spüren kann. Sie schaut zu ihrer Gegnerin, um die sich plötzlich heiß lodernde Flammen gebildet haben. Flammen, die heiß genug sind, um selbst ihre eigene Magie einfach nieder zu reißen. Die Blondine muss mit Schrecken erkennen, wie ihre Druckwelle einfach schmilzt. Angst durchflutet das Sternzeichen und lässt zusätzlich die Stärke ihrer Verdichtungsmagie sinken. »Was-Was machst du da?« »Ihr habt also alle Anwärter des Feuers getötet?«, zischt Liza zornig. Nun steht das kleine Mädchen vor Liza, wie das Kind das sie wirklich ist. Ängstlich und komplett verunsichert geht das Mädchen ein paar Schritte zurück, während die junge Frau sich ihr nähert. »Sag mir augenblicklich, wo das Sirenengewand ist, dann lasse ich dich vielleicht am Leben!«, fordert die Schwarzhaarige hart, auch wenn sie weiß, dass Sternzeichen nicht zu töten sind. »N-N-N-Niemals«, stottert das blonde Mädchen. »Dann lebe mit den Konsequenzen«, knurrt Liza fast schon unterkühlt, während sie ihre Finger ihrer linken Hand laut knacken lässt, auf dessen Handrücken nun mehr denn je das begonnene Sternzeichen rot aufleuchtet. Minuten später kann man ein Mischmasch aus klein Mädchen Schreien und Klatschen hören. »Au! Au! Au!«, kommt es in regelmäßigen Abständen. Selbst der echte Feuerlöwe vor dem heiligen Siegel kann die quälenden Schreie des Sternzeichens vernehmen und steht mit eingezogenem Schwanz da. Er weiß, dass seine Herrin in den letzten Tagen ziemlich schlechte Laune gehabt hat und leicht reizbar geworden ist. Er weiß aber auch warum. Nun wird seine Herrin also als Siegerin herausgehen. Den Sieg holt sie sich, in dem sich Liza das kleine Mädchen übers Knie gelegt hat und immer wieder deren Hintern mit brennender Hand schlägt, wie eine strenge Mutter. »Zum letzten Mal! Sag mir, wo das Sirenengewand ist!«, stellt sie ihre Forderung. »Ich hab es … Au … mit meiner Magie … Au … versteckt«, weint das kleine Mädchen. »Dann besorg es wieder her!«, brüllt die Schwarzhaarige. »Wenn du mich … Au … aufhörst zu schlagen … Au … mach ich das.« Den gequälten Lauten der Jungfrau fürs erste glaubend, hört Liza auf, deren Hintern zu schlagen. Dennoch lässt sie das Kind nicht von ihrem Schoß frei und drückt ihre Hand auf den Rücken des Mädchens. Schluchzend zaubert sie ein edles, weißes Gewand daher. Einen durchsichtigen Kimono aus einem engelsgleichen Stoff, mit kaum erkennbaren Sakurablüten als Muster. »Hier bitte. Nimm das und lass mich in Ruhe! Du bist ja ein Monster.« Danach löst sich das Sternzeichen einfach in einem Sternentornado auf und kapituliert. Liza nimmt sich das unheimlich schöne Gewand und sieht es sich bewundernd an. »Endlich habe ich das, was ich will«, kommt es noch von ihr, ehe die Schwarzhaarige einfach aus dem Raum geht, der sich, wie alles in der Okiya, wieder normalisiert hat. Zurück wird sie dennoch nicht sofort zu ihrem Lehrer gehen können. Jetzt, wo der Kampf vorbei ist, kommen die Wunden des Kampfes wieder hoch, die das Feuer zurückgehalten hat und sie bricht vor Schmerzen und dem hohen Blutverlust einfach im Flur zusammen. Das Blut verteilt sich auf den hölzernen Boden der Okiya. Ihre erschöpften Augen schließen sich und die Menschenfrau wird ohnmächtig. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)