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Verzeih mir, dass ich sterbe

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Vorwort zu diesem Kapitel:
Willkommen zu Vikings, zu einer Serie, die aktuell sehr beliebt und auf Netflix zu sehen ist. Wer sie noch nicht kennt oder bei der letzten Staffel angelangt ist, der möchte hier bitte nicht lesen. Spoiler kommen und hier geht es darum, den Tod einiger Charaktere anders zu schreiben.
Mit mehr Gefühl und Gedanken, da mir einiges einfach zu schnell abgewickelt wurde. Ihr seid nun also gewarnt und damit ich mich nicht verzettel, gehe ich der Reihe nach und fange nicht mittendrin an. Auf den Tod von Ragnar und Lagertha werde ich jedoch nicht eingehen, da er doch sehr gut umgesetzt wurde und das sehr detailliert.
Ich wünsche euch ganz viel Spaß beim Lesen, kommentieren und voten. Komplett anzeigen

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Der Tod ist allgegenwärtig

Wir sterben.
 

Einige früher, andere später und doch trifft es uns mit der Zeit.
 

Keiner kann dem Tod entfliehen, wir sterben alle.
 

Viele sind bereits gestorben.
 

Hunderte von Jahren tot, begraben, nur noch Staub und Knochen.
 

Vergessen sind sie nicht.
 

Sie erzählen eine, ihre Geschichte und teilen die letzten Stunden, Minuten und Sekunden vor ihrem Tod.
 

Einige starben zu früh, wurden dem Leben und ihren Lieben entrissen.
 

Darunter unschuldige Kinder und Frauen.
 

Helden.
 

Der Tod wird kommen.
 

Er wird auch mich holen und das ist mein Vermächtnis an die Nachwelt.
 

Weine nicht.
 

Wir sehen uns wieder.
 

An der Tafel der großen Götter in Walhalla.

Verzeih mir, Mutter

Mir ist heiß, dann wieder kalt und meine Glieder schmerzen, als würde man sie mir zerreißen. Ich bin schwach, kann weder den Kopf drehen, noch kann ich irgendein Körperteil anheben. Nur liegen ist mir möglich, ebenso schlafen und selbst das Trinken fällt mir unsagbar schwer. Könnten doch nur meine Ohren schweigen, dass Husten und Stöhnen ignorieren. Die Schreie um mich herum.
 

Ich ertrage sie nicht. Sie machen deutlich, dass wieder jemand gestorben ist und Familien trauern. Auch ich kenne das Gefühl von Trauer und Schmerz, habe zwei Brüder und meinen Vater bereits verloren und nun liege ich selber hier und bin dem Tode nah. Einzig meine Mutter ist mir geblieben, sitzt an meinem Krankenbett und kümmert sich um mich.
 

Sie ist so tapfer, lächelt und kühlt mir immer wieder die Stirn. So viel musste sie erleiden und doch hat sie als ehemalige Frau von Jarl Haraldson, meinem verstorbenen Vater, niemals aufgegeben. Ich beneide sie und bin stolz, wie tapfer sie alles erträgt. Schwach erwidere ich ihr Lächeln, öffne meine Augen und blicke sie an. „Ich liebe dich, Mutter."
 

Ihr Blick gleitet über meinen schwachen Körper und ich sehe ihr an, wie sie gegen die aufkommenden Tränen ankämpft. So gerne will ich ihr sagen, sie soll nicht weinen, alles gut wird und doch kann ich es nicht. Ich merke selber, dass meine Kraft mehr und mehr schwindet und meine Kehle trocken wie Staub ist. „Wasser", krächze ich und warte, dass meine Mutter sich erhebt und sich von mir entfernt. „Ich bin gleich wieder da." Ihre letzten Worte, dann dreht sie sich um und lässt mich kurz alleine. „Verzeih mir, Mutter."
 

Ihr Schreien und Klagen höre ich nicht mehr. Die Walküren sind gekommen, um mich nach Walhalla zu Vater und meinen Brüdern zu holen. Ich folge ihnen, blicke ein letztes Mal auf meine weinende Mutter und mein Dorf, in dem ich geboren und aufgewachsen bin. Wir sehen uns wieder, sind meine letzten Gedanken, dann überschreite ich das Thor und werde von meiner Familie empfangen.

Ich wollte so gerne bleiben

Thyri hat es nun auch erwischt und es tut mir für Siggy so unendlich leid, dass sie ihre geliebte Tochter verloren hat. So viele von uns sind krank und sterben an einer unbekannten Seuche. Einem Fieber, was sich nur schwer behandeln lässt.
 

Auch ich werde bald sterben, Thyri folgen und darauf hoffen, dass sie sich meiner annimmt, bis ich mit meiner Mutter wieder vereint bin. Sie ist anderer Meinung, sagt, ich würde leben, das Fieber besiegen und noch lange an ihrer Seite sein.
 

Athelstan. Er liegt genau neben mir und ist so schwach, dass er kaum essen kann. Siggy weint, trauert um ihre Tochter und ich kann ihren Schmerz fühlen. Ich wünschte mein Bruder wäre hier, ebenso mein Vater, damit sie zu den Göttern beten. Angst durchfährt meinen schwachen Körper, zeigt mir, dass ich noch etwas anderes außer Schmerz, Trauer und meiner Taubheit, fühlen kann. Ich will nicht gehen, würde gerne bleiben und doch habe ich kaum noch Kraft, dem Fieber noch länger standzuhalten.
 

Mutter ist zuversichtlich, küsst mir die Stirn und weicht nur ungern von meiner Seite. Sie versucht stark zu sein, begräbt all die Toten und betet immer wieder zu den Göttern. Es wird sogar eine Ziege geopfert, um baldige Genesung aller Kranken gefleht und doch werden immer wieder Tote aus den Häusern getragen.
 

Ein Jammer, dass ich in meinen jungen Leben so viel Leid erfahre, tote Menschen sehe und die Nacht nicht überlebe. Ich bin zu schwach, das Fieber zu hoch und meine letzten Gedanken sind bei meiner Familie. Besonders bei meinem Bruder, der nicht hier sein kann und mit Vater auf Beutezug segelte. So gerne hätte ich ihn noch einmal gesehen, umarmt und mitbekommen, wie er zu einem stattlichen Mann heranwächst.
 

Meine Kraft verlässt mich, mein Geist entschwebt mir und das Letzte, was ich sehe, ist Athelstan, der mich mit Tränen in den Augen ansieht und die meinen schließt.

Mein Leben für das zweier Kinder

Der Winter kommt dieses Jahr früh, die Kälte zieht sehr viel schneller ein und erste Schneeflocken tanzen wild vor meiner Nase. Ich bin beunruhigt. Es ist viel zu kalt, zwei von Aslaugs Kindern sind bei diesen eisigen Temperaturen draußen und spielen. Irgendwas sagt mir, dass ich raus, sie suchen und heimbringen muss. Mein Bauchgefühl sagt mir nichts Gutes und bisher habe ich mich nur selten getäuscht.
 

Hastig ziehe ich meinen Mantel an und überlasse Helga die anderen Kinder. Ich muss Ubbe und Hvitserk finden. Koste es was es wolle. Ich bin für sie verantwortlich, kümmere mich, da ihre Mutter erneut dem Alkohol und einem Mann verfallen ist. Traurig, dass sie nicht in der Lage ist, sich helfen zu lassen und ihre Mutterpflichten derart vernachlässigt. Beschweren will ich mich nicht, sie behandelt mich gut. Fast wie eine Freundin und nicht wie eine Dienerin.
 

Dennoch renne ich ohne Schuhe Berge hoch, durch den Wald, vorbei am Fluss und immer wieder rufe ich nach beiden Jungs. Eine Antwort erhalte ich nicht, laufe weiter, ignoriere die Kälte und den Schmerz an meinen nackten Füßen. Die Kinder zählen, müssen gefunden werden und meine Sorge um sie wächst immer weiter.
 

„Ubbe? Hvitserk?“ Erneut rufe ich nach ihnen, haste ruhelos durch den Wald und schließlich runter zum See. Entsetzt bleibe ich einen Moment stehen, erkenne sofort die Gefahr und rufe den Jungs zu, sie sollen sofort vom Eis heruntergehen. Zwar drehen sie sich um, sehen mich an, doch sie ignorieren meine warnenden Worte. Ich bin gezwungen das Eis zu betreten. Sofort knackt es unter meinen Füßen, zwingt mich dazu stehenzubleiben.
 

Dann geht alles ganz schnell. Das Eis bricht vor meinen Augen ein, die Jungs sacken wie zwei nasse Säcke ins kalte Wasser und ich muss nicht lange überlegen. Hastig streife ich meinen Mantel ab und springe in den eisigen See. Es ist kalt, eisig kalt. Trotzdem sehe ich mich im trüben Wasser nach beiden Kindern um und packe zuerst Ubbe.
 

Schnell bringe ich ihn an die Oberfläche und blicke fassungslos in das Gesicht meiner verstorbenen Tochter. Thyri lächelt mir zu und ich kann nicht anders, als diese Geste zu erwidern. „Hvitserk?“ Ubbe reißt mich aus meiner Vision, erinnert mich daran, dass sich sein Bruder noch im Wasser befindet und zu ertrinken droht. Schnell tauche ich ein weiteres Mal unter, orientiere mich und packe das zweite Kind unter den Armen.
 

Mit letzter Kraft schwimme ich nach oben, übergebe Harbard den Jungen und merke, wie mich meine Kräfte verlassen. Ich kann mich nicht halten. Vielleicht will ich mich auch nicht halten und ziehe den Tod dem Leben vor. Wie Harbard zum See fand, ist mir egal. Die Jungs sind in Sicherheit und ich kann nach Walhalla zu meinen Kindern, die bereits auf mich warten.
 

Ein letztes Lächeln schenke ich ihnen dennoch, dann gleite ich sanft ins Wasser zurück, treibe nach unten und erwarte die Walküren, die mich auf meiner Reise begleiten werden.

Mein Name war Schicksal

Mama kenne ich nicht. Sie ist gegangen, als ich noch ein Baby war und meinen Vater sehe ich nur selten. Ich wachse bei meinen Onkeln auf, bei deren Mutter, die sich nicht wirklich um mich kümmerte. Nur woher mein Name stammt, ist mir bekannt und, dass diese Frau wohl zwei meiner Verwandten gerettet hat.
 

Mehr weiß ich nicht, es wird sich nicht wirklich um mich gekümmert und oftmals bin ich ein Klotz am Bein. Nur Sigurd passt hin und wieder auf mich auf, spielt mit mir oder schimpft, dass ich dreckig bin. Ansonsten ist keiner da und ich fühle mich oft alleine. Auch heute.
 

Schon morgens ist keiner da, das Haus leer und nur ein Feuer knistert in der großen Halle. Es wärmt mich, hält mich aber nicht davon ab nach draußen und spielen zu gehen. Wen kümmert es schon? Keinen, auch Oma nicht, die schon länger nicht in Kattegat war. Niemand kommt, hält mich auf oder warnt vor Gefahren, die auf ein kleines Mädchen lauern.
 

Unbeschwert laufe ich runter zum Teich, lache und versuche die Fische zu fangen. Sie sind schnell, entwischen mir und lassen sich nur schwer fangen. Ich muss näher ran, will einen fangen und Sigurd mit nachhause bringen. Bestimmt freut er sich darüber. So gern will ich einen Fisch, beuge mich näher über das Wasser rutsche aber aus und schlage mir den Kopf an. Es tut weh, ich kann nicht aufstehen, da sich alles um mich herum dreht.
 

Ich wehre mich nicht dagegen, bleibe liegen und überhöre die Schritte, die sich mir nähern. Alles, was ich fühle, ist Kälte, das Wasser und dann ist da ein Licht. Ein schönes und warmes. Es lockt mich, wispert mir zu, dass ich ihm folgen und diese Welt verlassen soll.

Mein liebes Weib

Warum musstest du mich auch nach Wessex begleiten? Konntest du nicht in Kattegat bleiben, am Feuer stehen und für mich kochen? Wieso in Odins Namen wolltest du unbedingt mit nach England? Man sagt mir nach, dass ich dumm bin. Du aber bist viel dümmer, liebste Helga.
 

Musstest du denn dieses Mädchen in unser Leben bringen? Reichte dir unsere verstorbene Tochter nicht aus? Tanaruz ist nicht wie sie, hat dich umgebracht und nun liegst du ihretwegen in deinem kalten Grab. So jung, so dumm, so unersetzbar bist du. Dein Tod hat den letzten noch lebenden Teil in mir getötet. Du hast mir das Herz herausgerissen und mit nach Walhalla genommen.
 

Sag mir, liebste Helga, wie soll ich ohne dich leben? Wie nur? Schon jetzt fühlt sich die Welt anders an, kälter und leer. Sag mir, wozu es noch lohnt zu leben, wenn der wertvollste Mensch aus meinem Leben gerissen wurde? Mit Ragnars Tod zerbrach schon ein Teil von mir und jetzt brichst du den letzten, sagst mir, die Welt ist nicht groß genug. Wofür ist sie nicht genug? Für dich? Bist du deswegen mit nach England gekommen?
 

Du hast es gewusst, nicht wahr? Schon immer hattest du diese besondere Gabe, hast Dinge gesehen und deinen Tod, von dem du mir nichts erzählen wolltest. Das ist nicht nur feige, das ist Verrat. Aber sei dir gewiss, Helga, dass wir uns wiedersehen, gemeinsam an Odins Tafel speisen und dann wirst du mir meine Fragen beantworten. Jede einzelne.
 

Bis dahin übergebe ich dich der kalten Erde, deinem einsamen Grab und hoffe, ich muss nicht zu lange warten.

Dem Wahn verfallen

Mein eigener Bruder, das hätte ich nicht gedacht oder gar vermutet. Sicher, Ivar ist, wie er ist. Wahnsinnig ein Muttersöhnchen und er hält sich neuerdings für klüger, als Björn es ist. Klar, wir haben Vater gerächt aber das haben wir vor allem dem scharfen Verstand von Ubbe zu verdanken und dem Kampfgeist von Björn.
 

Ivar war nur dabei, hat seine eigene Rache im Kopf und daran wird er scheitern. Er ist nicht in der Lage eine legendäre Schildmaid zu töten. Schon gar nicht Lagertha. Sie ist eine Nummer zu gewaltig für ihn und er versteht ihre Beweggründe leider gar nicht. Ich schon. Mutter hat ihr nicht nur den Mann genommen, sondern ein ganzes Dorf und all ihre Freunde. Sie musste es tun und wenn ich daran denke, was Mutter alles falsches getan hat, so hat sie es nicht anders verdient.
 

Mein Fehler war es, laut auszusprechen, dass sie Ivar nicht liebt, Mitleid mit ihm hatte und es besser gewesen wäre, sie hätte ihn den Wölfen überlassen. Sie hätte es tun sollen, hätte damit verhindert, dass Ivar zum Brudermörder wird und mit seiner Axt tötet. Sie steckt mir in der Brust, wurde quer über den Tisch nach mir geworfen und das nur aus der blanken Wut heraus.
 

Kann ich ihm deswegen böse sein, ich denke nicht? Eher sehe ich es als mein Schicksal an, als Erlösung und Chance die kleine Siggy wiederzusehen. Ich muss nicht wütend sein auf Ivar, bin es nicht und doch schürt das Gefühl von tiefer Enttäuschung in meiner Brust. Noch vor dem Schmerz, den ich versuche, wegzuatmen. Es tut weh, mehr aber noch die Blicke meiner Brüder, die mich entsetzt ansehen und versuchen mich vom Sterben abzuhalten.
 

Lasst es sein. Auf mich wartet Walhalla, viele Menschen, die ich lange nicht gesehen und vermisst habe. Allen voran Vater und die kleine Siggy, um die ich mich endlich kümmern kann. Aber auch Mutter, der ich sagen kann, was ich von ihr halte. Ich freue mich sogar auf Lagertha, will ihr danken, mit ihr an der tafel der Götter speisen und von meinen Schlachten erzählen.
 

Lebt wohl, meine Brüder, ich danke euch für alles, was ihr je für mich und unsere Familie getan habt. Trauert nicht, wir sehen uns wieder und dann sind wir erneut neben Ragnar vereint, eine Familie, wie wir es immer waren.
 

Leb auch du wohl, Ivar. Mein Mörder und Bruder, dem ich hiermit vergebe und verzeihe, dass ich übergangen wurde.

Mein geliebter Ehemann und König

Ich nenne ihn den von den Göttern auserwählten, Geliebten, König, Ehemann und Vater meines Kindes. Nichts davon ist geblieben. Ivar ist dem Wahnsinn verfallen und mir hätte das klar sein müssen. Jedoch war ich blind. Blind vor Liebe und Gerüchten schenkte ich kein Gehör.
 

Er hat seinen Bruder getötet. So viele Menschen hat er umgebracht und keinerlei Reue gezeigt. Darunter unschuldige Frauen, Kinder, Mönche, Kranke und Schwache. Ich nahm es hin, liebte ihn und sah stolzen Blickes zu ihm auf. Er war mein Mann, mein König und ich trug bereits sein Kind.
 

Ein Wunder. Ein kleiner Mensch von einem Mann gezeugt, den man den Knochenlosen nennt und der von seinem eigenen Vater aus dem Weg geschafft und nur durch die Liebe seiner Mutter gerettet wurde. Bei den Göttern, sie hätte ihn im Wald lassen sollen. So viel Leid wäre erspart geblieben. Kummer und Schmerz. Tod und Verderben.
 

Viele haben versucht Ivar zu töten, darunter seine eigenen Brüder und seine Stiefmutter, die seinen Wahnsinn nur noch mehr schürte, indem sie ihm die geliebte Mutter und Kattegat nahm. Vorerst. Ivar holte es sich zurück, töten konnte er Lagertha, die berühmteste Schildmaid jedoch nicht. Es zerrte lange an seinen Nerven, doch der Sieg milderte ein wenig seinen Durst auf Rache. Ebenso die Geburt unseres Kindes, welches genauso von den Göttern gesegnet war.
 

Ich schenkte ihm einen Sohn, sicherte seinen Thron und doch hat er Baldur grausam aus dem Weg geräumt und mir das Herz gebrochen. Ausgesetzt im Wald und wilden Tieren ausgesetzt hat man seine wenigen Überreste geborgen und mir zurückgebracht. Füchse haben ihn teils gefressen, an seinen kleinen Knochen genagt und ich bete zu Freya, dass er da schon tot war. Ich wollte vergeben, wollte Ivar den Sohn schenken, den er so sehnlichst wünschte. Gesund und kräftig. Doch mein Herz ist gebrochen, meine Seele schreit und ich habe genug von all dem Leid.
 

Dennoch lasse ich Ivar gewähren, nehme seine starken Arme hin, die sich um meinen Körper legen und mich sanft wiegen. „Ich liebe dich", wispert er mir leise zu. „Ich werde dich immer lieben."
 

Die Schlinge, die er mir um den Hals legt, zieht sich zu und ich bemerke sie zu spät. Wehren ist zwecklos, ich bin ihm nicht gewachsen und begrüße den Tod. Er führt mich zu den Göttern, zu Freya und zu meinem Sohn, den er mir grausam entrissen hat. Ich muss nicht länger leiden und doch flehe ich zu Odin, dass er gnädig mit mir sei, mich an seine Tafel und zu meinem Kind holt. Zu meiner Familie, die ich in die Arme schließen werde. Aber auch zu der Frau, die Ivar das Leben und so vielen Leiden schenkte. Drück fester zu, beende es. Bring mich weg von dir und dieser Welt und hin zu unserem Kind.
 

„Baldur ..."
 

Meine letzten Worte gelten meinem geliebten Sohn, den ich endlich wieder in die Arme schließen und die Liebe schenken kann, die Ivar so sehr gebraucht hätte.
 

Vergib mir Ivar, dass ich dich geliebt habe und glücklich machen wollte.
 

Eine letzte Träne, meine Lippen formen die Worte „Vergib mir mein König", dann wird es schwarz und ich höre das Wimmern meines Kindes.

Schweig still, Mutterherz

Die Schlacht ist verheerend, das Ausmaß kaum überschaubar. Immer wieder sacken gestandene Männer neben, vor oder hinter mir zusammen und haben den Kampf verloren. Blut spritzt mir ins Gesicht, Körperteile werden abgeschlagen und fallen zu Boden. Neben mir liegt ein abgetrennter Arm, zuckt noch und vor mir sehe ich ein Schlachtfeld von ungeahntem Ausmaß. Mittendrin mein Sohn Guthrum, der seinem Vater in nichts nachsteht und ein starker Krieger ist.
 

Dennoch sieht er den Feind nicht, der angreift und ihn tödlich verletzt. Ausgerechnet Hvitserk verpasst ihm den alles entscheidenden Schlag und reißt mir damit gefühlt mein Herz heraus. Guthrum ist noch immer mein Sohn, mein Fleisch und Blut. Er ist stark, er darf nicht im Kampf erliegen und schon gar nicht durch die Hand seines Onkels, dem Bruder meines Mannes, der wie ich schon so viel ertragen musste.
 

In mir zieht sich alles zusammen, das Schlachtfeld wird zur Nebensache, wirkt nicht mehr echt und wie in Zeitlupe. Ich möchte schreien, meinen Schmerz entfesseln und doch kommt nichts über meine Lippen, während ich auf meinen Sohn zustürme. Er lebt noch, sieht mich an, erkennt meine Tränen und Wut, die innerlich in mir tobt. Ich will Hvitserk erschlagen, vierteilen und mir ist es gleich, dass er zur Familie gehört. Er hat meinen Sohn getötet und das kann ich nicht verzeihen.
 

Heute nicht und auch morgen nicht. Es wird jedoch der Tag kommen, an dem auch Hvitserk dem Tod nicht mehr von der Schippe springen kann und ich bin mir fast sicher, dass niemand, wirklich niemand um ihn weinen wird. Ubbe nicht, Björn nicht, keiner und ich schon gar nicht. Er wird einsam sterben, hoffentlich grausam und genauso hinterlistig, wie er meinen Sohn getötet hat. Vielleicht sogar durch Ivar.

Tod einer Königin

Es geht zu Ende, ich merke das und wehre mich nicht dagegen. Mein Leben ist erfüllt, gelebt und meine Pflicht als Königin getan. Zwei wunderbare Söhne habe ich zur Welt gebracht, einen davon eigenhändig umgebracht, da es notwendig war. Er hätte seinen Bruder, seinen König verraten und das konnte ich nicht zulassen.
 

Männer hatte ich neben meinem Ehemann Aethelwulf einige, darunter Alfreds leiblichen Vater Athelstan, einen Mönch, der vor Jahren zusammen mit den Nordmännern nach Wessex kam. Ein Kind von Traurigkeit bin ich also nicht und auch keine Heilige. Mein Sohn Alfred, der nun König ist, zeugt von meiner Untreue und doch sehen ihn viele als Geschenk Gottes. Besonders Egbert, ehemaliger König von Wessex und Mercia, sah das so und hatte mich vor weiterer Strafe bewahrt.
 

Mein Betrug an meinem Mann wurde hart gestraft, mir ein Ohr abgeschnitten und Egbert hat rechtzeitig erkannt, dass Alfred ein ganz besonderes Kind ist. Ich habe ihm viel zu verdanken. Wunderbare Jahre als seine Geliebte und Schwiegertochter, die auf seinen Wunsch wieder gelernt hat, ihren Ehemann und seinen Sohn zu lieben.
 

Ich hatte ein schönes Leben und nun blicke ich in die Augen meines Sohnes Alfred. Er weint, drückt meine Hand und versucht tapfer zu sein. Lächelnd blicke ich zu seiner Frau Aelleswith, die bereits ein Kind, meinen Enkel in sich trägt. Auch bei ihr sehe ich Tränen und selbst meine liebe Freundin Lagertha unterdrückt ihre Trauer. Weint nicht, ich habe mein Leben gelebt. Es ist Zeit zu gehen, die Welt der Lebenden zu verlassen und ins Paradies aufzusteigen. Liebe Menschen warten auf mich, heißen mich willkommen und eines Tages werde ich euch wiedersehen.

Alles für Großmutter

Für Großmutter habe ich es getan. Für meine Schwester, das Dorf und für alle kranken und schwachen Frauen. Grauhaar und seine Sippe haben uns überfallen, viele getötet und auch mich hat man feige angegriffen. Mich, der noch immer ein Kind ist und eine Axt in der Brust stecken hat. Dabei wollte ich alle schützen, ein Mann und ein Held sein. Großmutter stolz machen und ebenso meinen Vater, Björn, König von Kattegat.
 

Mit leidendem Gesichtsausdruck sehe ich Lagertha an. Sie lächelt, weint aber und streichelt über meinen Kopf. Sie spricht mit mir, sagt, wie tapfer ich war und das Odin bereits auf mich wartete. Ich sterbe jung, als Kind und ohne Beisein meiner Eltern.
 

Asa meine kleine Schwester ist jedoch in meiner Nähe. Ich höre sie und ihr Weinen, sehe ihre Tränen und wie sie sich traurig an eine der Frauen drückt. Sie soll nicht leiden, sie darf bei Großmutter bleiben, bei Mutter und Vater. Ich muss gehen, in die große Halle Odins und dort werde ich Großvater sehen und endlich kennenlernen.
 

„Ich werde auf euch warten, ich …“ Meine Kraft ist nicht ausreichend, meine Stimme versagt und meinem kleinen Körper entweicht sein Geist. Die Walküren tragen mich hinfort, sie wispern mir zu, dass ich keine Angst haben muss und mich Odin feierlich erwartet.
 


 

Mehr schreibe ich nicht an Tod, da ich keine Spoiler mache und das Ganze hier für mich etwas Neues war und obendrauf eine Übung mit Worten ein wenig zu spielen. Trotzdem danke ich jedem, der gelesen, gevotet und kommentiert hat. Vielen Dank dafür.



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