Trick or Treat von Khaleesi26 (eine Halloween-Kurzgeschichte) ================================================================================ Kapitel 2: Curse ---------------- Warum schläft Tai eigentlich immer sofort ein, sobald wir in ein Fahrzeug steigen? Das frage ich mich schon lange. Wir sind gerade mal seit einer halben Stunde unterwegs und schon schnarcht er neben mir auf der Rückbank. Matt, Kari und Sora sind auch dabei. Hinter uns, in einem zweiten Wagen fahren Joe, T.K. und Izzy. Sora fährt das Auto. Unser Ziel ist das Ferienhaus ihrer Eltern, das sich hoch oben in den Bergen befindet. Die Hütte ist so richtig abgelegen - perfekt zum Wandern. Und für Halloween. Es war Matt's Idee rauszufahren und dort mit allen eine Halloweenparty zu veranstalten. Irgendwie steht er total auf dieses Zeug. Tai und ich waren beide wenig begeistert von dieser Idee. Wir stehen nicht auf diesen ganzen Gruselkram. Normalerweise verbarrikadiert sich Tai an diesem Abend bei sich zu Hause, schaltet das Licht aus und tut so, als wäre er nicht da, weil er keine Lust auf »die nervigen Kinder« hat, die ständig an der Tür klingeln. Kann ich irgendwie verstehen. Deshalb verbringe ich den Tag meistens bei meinen Eltern zu Hause, die zu der Zeit für üblich in den Urlaub fahren. Ich passe dann auf das Haus auf und versorge besagte nervige Kinder an der Tür mit Süßigkeiten, weil ich zumindest die Kostüme ganz süß finde und mir es als Kind ebenfalls Freude bereitet hat, von Haus zu Haus zu ziehen. Bis jetzt sind wir damit ganz gut gefahren. Dies wird tatsächlich das erste Halloween sein, an dem wir zusammen sind. Matt wollte einfach nicht locker lassen. Tai und ich sind schließlich eingeknickt, als er meinte, wir würden uns am Halloweenabend auch alle verkleiden und es wäre super schade, wenn wir beide da fehlen würden. Was soll ich sagen? Tai kann seinem besten Freund eben nichts abschlagen. »Tut mir echt leid, dass du deinen Geburtstag in einem Auto verbringen musst«, meint Sora entschuldigend und sieht mich durch den Rückspiegel hinweg an. Ich sitze zwischen Tai und Kari. Tai hat seinen Kopf an meine Schulter gelegt und schlummert selig. Kari liest ein Buch. Gott, mir würde speiübel werden. »Schon okay«, entgegne ich. »Es sind ja nur drei Stunden.« Trotzdem grinst Sora entschuldigend. »Du wirst es nicht bereuen«, sagt nun Matt und dreht sich zu mir um. »Ich habe eine Menge geplant. Ich verwandle Soras Hütte in ein richtiges Horrorhaus. Ich grinse. Oh, bitte nicht. Während ich Matt so ansehe, wie er sich wie ein kleines Kind freut und auch Sora kurz auflacht und dadurch abgelenkt ist, fallen mir aus dem Augenwinkel zwei Lichter auf, die immer heller werden - und direkt auf uns zukommen. »Sora, pass auf!«, rufe ich und im selben Moment reißt Sora das Lenkrad rum. Kari schreit auf, ihr Buch poltert zu Boden, während Matt herumwirbelt. Wir schlittern einige Meter über den nassen Asphalt und weichen somit dem Idioten, der uns im Gegenverkehr auf der falschen Fahrbahn entgegen kommt aus, bis wir zum Stehen kommen. Mein Herz rast und ich greife mir an die Brust. Tai fährt erschrocken hoch. »Was ist passiert?« Schwer atmend umklammert Sora das Lenkrad, als es auch schon an der Scheibe klopft und wir alle ein weiteres Mal aufschreien. »Ist alles in Ordnung bei euch?«, höre ich Izzy von draußen rufen. Sora lässt die Scheibe runter. »Alles gut. Das war nur so ein Idiot, der meinte, er müsse auf einer eh schon engen Landstraße überholen.« »Man, das war haarscharf. Gut, dass euch nichts passiert ist«, sagt Izzy beruhigt. Gut? Gar nichts ist gut. Mir schießen sofort die Worte der alten Hexe wieder in den Kopf: »Großes Unheil wird dich ab morgen verfolgen. Für den Rest deines Lebens.« Oh, Gott. »Alles gut, Babe?« Tai greift nach meiner Hand. Verängstigt sehe ich ihn an, nicke jedoch. »Ja, ich habe nur einen Schrecken bekommen, das ist alles.« Wir fahren weiter, als wäre nichts gewesen. Doch mir geht das alles nicht mehr aus dem Kopf. Um ein Haar wären wir alle draufgegangen. Ob das meine Schuld war? Ich glaube nicht an Flüche, Zauber oder dergleichen. Aber das eben … war echt unheimlich. Als wir nach einer schier endlos langen Autofahrt an der nebelverhangenen Hütte ankommen, möchte ich als erstes den Empfang checken. Doch als ich mein Handy aus der Tasche hole, stürmt T.K. an mir vorbei und rempelt mich so unglücklich an, dass es mir aus der Hand fliegt und auf einen Stein knallt. »Oh, Mist. Sorry, Mimi«, entschuldigt er sich sofort. Ich winke ab. »Schon gut.« Seufzend hebe ich es auf. Der Bildschirm ist gesprungen. Da tut sich nichts mehr. Großartig. »Ist es kaputt?«, fragt Tai, der neben mich tritt. »Sieht so aus«, antworte ich frustriert und stecke es wieder ein. Noch mehr Unglück - das kann ich heute wirklich gebrauchen. »Hey, lass uns erst mal reingehen«, schlägt Tai vor und kneift mir dann in den Hintern. »Hier oben brauchst du sowieso kein Handy.« Er zwinkert mir zu und ich grinse. Jedes Mal, wenn ich das Ferienhaus von Soras Eltern betrete, bin ich zutiefst beeindruckt, wie groß es ist. Dabei war ich schon etliche Male hier. »Ihr wisst ja Leute, die Schlafzimmer sind im ersten Stock. Sucht euch eins aus. Das große am Ende des Flurs gehört natürlich Matt und mir.« Sora streckt Tai die Zunge raus, der eben demonstrativ mit den Augen rollt, aber ich muss einfach nur kichern. Ist doch klar, was die da drin vorhaben. Wir bringen alle unsere Koffer nach oben. Tai und ich beziehen zusammen ein Zimmer mit einem großen Bett und einem eigenen, kleinen Badezimmer. Danach gehen Sora und ich gemeinsam in die Küche und bereiten das Abendessen vor. Während Sora einen Salat macht, koche ich die Nudeln. Plötzlich erklingen laute Stimmen aus dem Wohnzimmer. Tai und die anderen stimmen gerade ein Lied an. Verwirrt sehen wir auf, denn es ist »Happy Birthday«. »Das ist dann wohl für dich«, sagt Sora und zeigt grinsend mit dem Messer auf mich. Stöhnend werfe ich den Kopf in den Nacken. »Dabei habe ich gerade erfolgreich verdrängt, dass ich Geburtstag habe.« Sora folgt mir ins Wohnzimmer. Tai und alle meine Freunde haben es sich natürlich nicht nehmen lassen, eine Torte, mit 23 Kerzen auf den Tisch zu stellen. Wie haben sie die nur unbemerkt hier rein geschmuggelt? Ich will es eigentlich nicht, aber ich muss einfach lächeln, als ich Tais Gesicht sehe. Hätte mir klar sein müssen, dass er sich als mein Freund noch etwas einfallen lässt, nachdem wir den halben Tag im Auto verbracht haben. Als die letzte Zeile des Liedes verklingt und alle klatschen, kommt Tai auf mich zu und umarmt mich. »Happy Birthday, Lieblingsmensch«, flüstert er und drückt mir einen innigen Kuss auf die Lippen. »Danke«, sage ich und erwidere den Kuss. »Komm, du musst schnell die Kerzen auspusten«, meint Kari freudestrahlend. »Und vergiss nicht, dir was zu wünschen«, ermahnt mich Sora. Lächelnd stehe ich vor der Torte und weiß beim besten Willen nicht, was ich mir wünschen soll. Schon gar nicht, als ich in die Runde blicke und all ihre Gesichter sehe. Das sind die Menschen, die ich am meisten liebe und sie alle sind heute hier. Es gibt absolut nichts, was ich noch wollen würde - so, wie es jetzt gerade ist, bin ich wunschlos glücklich. »Na, mach schon«, meint Tai und beugt sich vor, bis er mit den Lippen mein Ohr berührt. »Dein Geschenk bekommst du dann später von mir, wenn wir allein sind.« Sofort wird mir warm, während ich tief Luft hole und mich hinunter beuge, um die Kerzen auszupusten. Genau in dem Moment löst sich eine Strähne aus meinem Zopf und fällt nach vorne - direkt in die Flammen. Meine Haare entzünden sich so schnell, dass ich erst gar nicht weiß, wie mir geschieht. Bis alle große Augen kriegen und ich aufschreie. »Oh, Scheiße«, ruft Kari und presst sich die Hand auf den Mund, während ich spüre, wie die zunächst kleine Flamme sich in Windeseile ausbreitet und meine Wange verbrennt. Ich stolpere zurück, wirble herum, wedle wild mit den Händen vor meinem Gesicht, als würde das irgendwas bringen. Ich höre die anderen schreien, mich eingeschlossen, weil alles so unfassbar schnell geht. Plötzlich packt mich Tai an den Schultern und bringt mich somit dazu, still zu halten. Matt wirft ihm eine Sofadecke zu, die Tai mir über den Kopf schmeißt und die Flamme somit im Keim erstickt. Mein Haar riecht verkohlt und meine Wange brennt vor Schmerz. Ich ziehe mir die Decke vom Kopf und stürze mich weinend in Tais Arme. »Hey, es ist alles gut. Alles ist gut.« Das wiederholt er immer wieder, streicht mir dabei sanft über den Rücken. Irgendwann höre ich nur, wie Sora los rennt, um einen Erste Hilfe Kasten zu holen und Kari die Torte wegbringt, doch all ihre Stimmen gehen in meinem Gewimmer unter. Ich bin geschockt. Verängstigt. Das ging alles so schnell, es fühlte sich wie in einem Albtraum an. In dem einen Moment war noch alles gut, alles war perfekt und dann … Ich zittere am ganzen Körper, als Tai sich mit mir aufs Sofa setzt, mich festhält und weiterhin versucht, mich zu beruhigen. Doch ich habe einfach nur unfassbare Angst. Erst der beinahe Unfall auf der Landstraße, dann das kaputte Handy und eben wäre ich fast in Flammen aufgegangen. Das konnte alles kein Zufall sein. Hatte diese Hexe etwa doch recht? Bin ich wirklich verflucht? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)