Herz über Kopf von Centranthusalba ================================================================================ Epilog: Viktor -------------- “Wieder gehalten vom Torwart der Teufelskickers! Nur noch 5 Minuten zu spielen und immer noch keine Entscheidung. Es steht weiterhin 0:0. Die Mannschaften schenken sich wirklich nichts. Hier wird verbissen um jeden Meter gekämpft. Noch einmal Gegenangriff der Gäste auf das Tor von Sapporo…. Ausgezeichnetes Kombinationsspiel zwischen den drei Stürmern. Gregor Daichi kämpft sich an Tanaka vorbei. Links kommt Eric Ikeda und bringt sich in Position. Wie oft haben diese Spieler es heute schon an vor diesem Tor versucht und sind doch jedes Mal an Uesugi gescheitert, der auch jetzt felsenfest auf seiner Linie steht… Spielt Daichi ab oder macht er es selber?... er fällt, kommt nicht zum Schuss. Was ist los? Ist da etwa Tanaka zu beherzt in die Konfrontation gegangen?...“ Dröhnend donnern die Buhh-Rufe über den Platz. Das Stadion tobt als der Schiedsrichter tatsächlich seine gelbe Karte hebt und den jungen Lieblingsspieler des Sapporo FC verwarnt. Die Rufe werden noch lauter, als er mit einer Hand auf den weißen Punkt deutet, der sich exakt 11 Meter vor Viktors Füßen befindet. Dieser knirscht kurz mit den Zähnen. Strafstoß, auch auch das noch. „Hey Gregor, alles okay?“, fragt Eric und beugt sich zu seinem Teamkameraden hinunter. Gregor schnürt sich seinen Schuh wieder neu und blickt siegesgewiss grinsend auf: „Kein Problem. Das Problem haben die jetzt.“ „Tja, wie steht es bei euch?“, murmelt Gordon und blickt unsicher auf das Tor, „Wer traut sich gegen Viktor?“ „Hmmm“, Eric streckt die Arme über seinem Kopf aus, „Wenn der Kerl mich halt nicht so gut kennen würde…“ „Das kann ich auch sagen. Gregor?“, wendet Gordon sich an den dritten Stürmer, „Traust du dich? Es ist unsere letzte Chance. Viktor hat bisher alles gehalten, was wir heute aufs Tor geballert haben. Der ist gut in Form.“ „Und du hast das gesamte Stadion gegen dich“, ergänzt Eric grinsend, „Ist das Ansporn genug?“ „Naja…“ Gregors Hand wandert zu seinem Hinterkopf. Etwas eingeschüchtert blickt er hoch auf die wogenden Ränge. „Ich schieße“, ertönt es plötzlich hinter ihnen. Verwirrt schauen die drei auf. „Käpt‘n?“, entfährt es Gregor sofort, während Eric und Gordon nur fragend dreinschauen. „Häh?“ „Ich werde den 11-Meter ausführen“, wiederholt Mario und fixiert mit entschlossener Miene das Tor und den Torwart darin, der seelenruhig und mit verschränkten Armen auf seinen nächsten Gegner wartet. „Hn, so Torwart gegen Torwart, ja?“, feixt Gordon. „Eher Käpt‘n gegen Ex-Käpt‘n“, grinst Eric und lässt insgeheim erleichtert seine Arme wieder sinken. Gregor mustert seinen besten Freund nachdenklich. Ihm liegt etwas anderes auf der Zunge, aber er hält lieber den Mund. Mario mahlt mit den Kiefern, während er Viktor mit seinem Blick zu durchbohren scheint. „Oh, das ist neu. Der Kapitän der Gäste meldet sich für den Strafstoß. Kein Stürmer, sondern der Keeper wird schießen. Ein Duell Torwart gegen Torwart? Traut Mario Hongo sich hier nicht etwas zu viel zu?“ Viktors Augen weiten sich überrascht, als er Mario mit dem Ball unter dem Arm vortreten sieht. Kurz weicht die Anspannung aus seinem Körper. Er richtet sich auf, legt den Kopf leicht schief und schaut seinen Gegenüber fragend an. Mit stoischer Miene platziert Mario den Ball auf dem weißen Punkt, erhebt sich langsam und sieht erst dann Viktor fest in die Augen. Einen langen Moment lang fechten die beiden ein stummes Blickduell aus. Schließlich senkt Viktor seine Augen und nickt. Er versteht. Er lockert noch einmal die Finger, postiert sich auf der Torlinie und gibt ihm das Zeichen, dass er bereit ist. Mario richtet sich ein letztes Mal die grüne Kappe, dann tritt er drei Schritte hinter den Ball zurück. Das Dröhnen des Publikums verwischt und verschwindet im Hintergrund. Das hier ist ein Duell nur zwischen ihnen beiden, eine letzte Abrechnung für das, was in den letzten Monaten geschehen ist. Der Schiedsrichter pfeift an. Augenblicklich scannt Viktor Marios Bewegungen. Welche Ecke hat er sich ausgewählt? Wohin zeigen die Füße, wohin geht der Blick? Auch wenn er es verbergen will, jeder Schütze muss sein Ziel anvisieren. Und Mario ist ein verdammt schlechter Schütze. Viktor kann ihn lesen wie ein Buch: Seine Bewegungen, sein Blick, alles an dem Kapitän der Teufelskickers zeigt auf die linke untere Ecke. Mit einem siegessicheren Grinsen wirft er sich in einem langen Hechtsprung in den weit entfernten Winkel seines Tores, die Arme erwartungsvoll nach vorn ausgestreckt. Doch kaum haben seine Füßen den Boden verlassen, durchfährt es ihn eiskalt. Mario verzögert seine Bewegung, hält eine Millisekunde inne und als er Viktor davonspringen sieht, lupft er den Ball kinderleicht und ungestört geradeaus ins Netz. Für einen Augenblick ist es totenstill im Stadion. Bis das Publikum mit einem empörten Brüllen wieder zum Leben erwacht. Doch die Buhh-Rufe werden vom euphorischen Jubel seiner Mannschaft übertönt. Mario kommt einige Meter vor dem Tor zum Stehen und sieht den am Boden liegenden Viktor an. Der Torwart hat, wütend über seine eigene Naivität, die Hände im Rasen vergraben und blickt zerknirscht zu ihm auf. Er weiß, dass die Enttäuschung der Zuschauer ihm gilt. „Viktor“, sagt Mario laut und deutet mit einer Hand auf ihn, „du hattest Unrecht: Jetzt erst sind wir quitt!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)