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Zusammenhanglose One-Shot-Sammlung

von

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Der Künstler und der Freak

„Abteilungsführerin Hanji! Pass auf!“ bevor ein anderer aus dem Team hätte reagieren können, stieß das neue Abteilungsmitglied Moblit die Abteilungsführerin beiseite, wodurch sie nur knapp den Fingern des Titanen entging. Durch sein verfehltes Ziel taumelte der Titan, als hätte er beim Treppe steigen eine Stufe verpasst und stolperte, um kurz alle Viere von sich gestreckt auf dem Boden zu liegen. Dem Team reichte dieser kurze Moment, um ihm den Nacken herauszuschneiden und seinem Leben somit ein Ende zu setzen.
 

„Nein! Was macht ihr denn da?“ kreischte Hanji und rannte auf den dampfenden Titanen am Boden zu. Ihr Team landete einer nach dem anderen um den Titanen herum und einige tauschten verwirrte Blicke aus.
 

„Er war doch ein wichtiges Versuchsobjekt! Wir hatten ihn fast!“ Hanji ließ sich direkt vor dem Maul des Titanen auf die Knie fallen und raufte sich verärgert die Haare.
 

„Aber Abteilungsführerin, er hätte dich fast gehabt! Und dann hättest du gar keine Experimente mehr durchführen können.“ Moblit trat vorsichtig und mit absolut verwirrter Miene auf Hanji zu, die sich mit verweinten Augen und einem Ausdruck purer Verzweiflung ruckartig zu Moblit umdrehte. Der Anblick schockierte den Neuen so sehr, dass er einen Satz nach hinten machte und sie mit großen Augen anstarrte.
 

„Wenn dir…wenn dir der Titan so wichtig war könnte ich…“, er war sich unsicher, ob er überhaupt etwas sagen sollte, da ihr Blick so furchteinflößend war, doch er traute sich auch nicht, gar nichts zu sagen.

„Also ich könnte eine Zeichnung von ihm anfertigen, wenn du willst?“ seine Stimme brach ab, da Hanjis Gesicht mit einem Mal zu strahlen anfing.
 

„Sowas kannst du?“ Sie sprang auf die Füße und kam schnellen Schrittes auf ihn zu.
 

„Ja, schon…“ murmelte Moblit verunsichert und versuchte ein paar Schritte zurückzuweichen, weil Hanji bereits zu nah vor ihm stand. Sie beugte sich nach vorn, bis sich ihre Nasen fast berührten. Moblit fing an zu zittern und schluckte schwer.
 

Sie ist total verrückt! Zischte eine Stimme in seinem Kopf und nur mit Mühe schaffte er es gegen den Drang anzukämpfen einfach wegzulaufen.
 

„Zeig es mir!“ verlangte Hanji und streckte ihre Hand aus, so als erwarte sie, dass er ihr sofort ein Bild reichen könnte.
 

„Was jetzt? Aber ich hab doch gar keine Zeichenutensilien dabei.“ Stotterte Moblit verwirrt und Hanji trat einen Schritt zurück.
 

„Moblit war dein Name, ja?“ Sie hatte die Hände in die Hüften gestemmt und drehte ihm den Rücken zu.
 

„Äh, ja!“ er richtete sich wieder ein Stück auf, jetzt da niemand mehr in seiner Komfortzone stand.
 

„Alles klar. Moblit, wenn wir wieder Zuhause sind, wirst du mir zeigen, wie gut du zeichnen kannst. Wenn es mich überzeugt, wirst du eine besondere Stellung im Team einnehmen und auf Expeditionen stets deine Zeichenausrüstung dabeihaben!“ Das war ein Befehl. Hanjis Tonfall ließ keine Zweifel zu. Doch innerlich grinste sie wie ein kleines Kind. Sie selbst war sehr untalentiert, was zeichnen anging und sie könnte ihre Forschung viel besser vorantreiben, wenn sie jemanden an ihrer Seite hatte, der diese Aufgabe gewissenhaft übernehmen würde. Sie rieb sich die Hände und drehte sich dann wieder zu ihrer Mannschaft um.
 

„Wir kehren um. Lasst uns mit Team Levi zusammenstoßen und dann zurückkehren. Für heute haben wir es geschafft. Ihr habt euch eine Pause verdient.“
 


 

Als sie es wieder sicher in ihr Zuhause geschafft hatten, verschwendete Hanji keine Sekunde und suchte sofort nach Moblit. Zwar hatte sie ihrem Team eine Pause versprochen, doch der Gedanke daran, dass sie ordentliche Zeichnungen zu ihren Experimenten und Forschungen bekommen könnte, ließ sie einfach nicht mehr los. Da Moblit sehr gewissenhaft war, hatte er sich seinerseits sofort zu seinen Zeichenutensilien begeben, um umgehend mit einer Zeichnung für Hanji zu beginnen. Er dachte jedoch, er hätte dafür noch etwas Zeit. Kurz nachdem er die Umrisse des Titanen fertig gezeichnet hatte, wurde ohne ein vorheriges Klopfen die Tür zu seiner Unterkunft aufgerissen. Moblit erschreckte sich so sehr, dass er einen unschönen Strich über seine gesamte Zeichnung zog. Hanji stand in der Tür und sah ihn erwartungsvoll an.
 

„Da bist du ja! Bitte zeig es mir, Moblit!“ Mit großen Schritten kam sie auf ihn zu, der bereits von seinem Bett aufgesprungen war und jetzt stocksteif davorstand. In seiner zitternden Hand hielt er den Block mit der eben ruinierten Zeichnung.
 

„Es ist noch nicht fertig. Ich habe ja eben erst angefangen.“ Hanji achtete nicht auf seine gemurmelte Entschuldigung, nahm ihm den Block aus der Hand und drehte ihm den Rücken zu. Moblit hielt die Luft an und versuchte kein Geräusch von sich zu geben. Eine gefühlte Unendlichkeit reagierte die Abteilungsführerin gar nicht. Dann brach sie plötzlich in ein kehliges, wahnsinniges Lachen aus. Moblit verzog das Gesicht, weil er dachte, sie lache ihn aus.
 

„Das ist perfekt! Hervorragend!“ Sie drehte sich mit glänzenden Augen zu ihm um.
 

„Moblit Berner, hiermit ernenne ich dich zu meinem persönlichen Assistenten! Du wirst ab jetzt immer einen Stift und Papier bei dir tragen und mir bei meinen Forschungen assistieren.“ Moblit klappte der Mund auf und er blinzelte ein paar Mal ungläubig. Hanji strahlte ihn an.
 

„Am besten wir beginnen sofort! Komm mit! Ich zeig dir mein Labor.“ Sie verschwand raschen Schrittes durch die Tür und er musste sich beeilen, um mit ihr Schritt zu halten.
 

Was hab ich mir da nur wieder eingebrockt? Moblit schluckte den Anflug von Angst und Verzweiflung herunter, der ihn überkam und hastete weiter hinter Hanji her. Sie plapperte unaufhörlich vor sich hin und berichtete ihm von Experimenten, die sie in letzter Zeit durchgeführt hatte und was die Ergebnisse gewesen waren. Moblit versuchte angestrengt ihrer Erzählung zu folgen und sich alles einzuprägen. Als sie um eine Ecke bogen, stieß Hanji mit einer Person zusammen und stolperte fluchend ein paar Schritte nach hinten.
 

„Hauptgefreiter Levi!“ zischte Moblit ehrfürchtig und riss die Augen auf. Der Hauptgefreite war immer schlecht gelaunt und mit ihm wollte man lieber nicht zusammenstoßen. Hanji dagegen lachte nur als sie erkannte, mit wem sie aneinander gerannt war.
 

„Levi! Ich hab dich gar nicht kommen sehen!“ Der Hauptgefreite verzog das Gesicht und verdrehte die Augen.
 

„Pass auf, wo du hinläufst Hanji. Das wird dir irgendwann nochmal den Tod bringen und ich werde mir ganz sicher nicht den Arsch aufreißen, um dir dein beschissenes Leben zu retten.“ Er machte Anstalten zu gehen, als er Moblit hinter Hanji bemerkte, der bewegungslos dastand und seinen Zeichenblock umklammert hielt.
 

„Keine Sorge, Levi! Ich habe jetzt einen persönlichen Assistenten. Und Moblit hat heute bereits eindrucksvoll bewiesen, dass er in der Lage ist mir das Leben zu retten, sollte es mal nötig sein.“ Hanji strahlte Moblit an und tätschelte ihm den Kopf. Moblit nickte kurz und salutierte in Levis Richtung.
 

„Ich werde mein bestes geben!“ rief er mit brüchiger Stimme und Hanji lachte.
 

„Super! Dann lass uns weitergehen, mit Levi können wir später noch plaudern!“ und mit diesen Worten verschwand sie um die Kurve. Levi hatte Moblit mit einem strengen Blick fixiert, was es ihm unmöglich machte ihr sofort zu folgen. Moblit schluckte schwer.
 

„Hauptgefreiter…entschuldigen Sie…“ murmelte er, doch Levi unterbrach ihn.
 

„Wenn sie dich als persönlichen Assistenten ausgewählt hat, dann weißt du hoffentlich, was das für dich bedeutet?“, fragte Levi mit bedrohlicher Stimme. Moblit erstarrte und sah den Hauptgefreiten verängstigt an.
 

„Du wirst zu jeder Zeit dein kümmerliches Leben riskieren, wenn es nötig ist, damit Hanji niemals ernsthaft in Gefahr gerät, hast du verstanden?“ Moblit nickte steif.
 

„Sollte ihr etwas zustoßen, würde die Menschheit eine ihrer wichtigsten Personen verlieren und das darf auf keinen Fall passieren. Schreib dir das hinter die Ohren! All deine zukünftigen Handlungen, werden nur dazu dienen ihr zu helfen und sie zu unterstützen, wo du nur kannst. Dein eigenes Leben kommt in deiner Prioritätenliste erst sehr weit unten. Klar, Grünschnabel?“ Wieder nickte Moblit und versuchte angestrengt die Tränen zu unterdrücken.
 

„Sehr gut.“ Levi nickte ein paar Mal und wand sich dann von ihm ab. Aus der Ferne war Hanjis Stimme zu hören.
 

„Mach schon! Sie wartet auf dich.“ Und während Moblit hastig hinter der Mauer verschwand murmelte Levi: „Du kannst einem leidtun, Moblit Berner.“

Kartoffelmädchen und Puddinghirn

„Ach verdammt!“, fluchte Connie als er sah, dass Sasha wieder schneller am Trainingstitanen gewesen war. Die Braunhaarige ließ sich in den Seilen ihres 3D-Manövergerätes baumeln und grinste breit als er auf sie zusteuerte.
 

„Gewonnen!“, flötete sie ihm triumphierend entgegen und Connie schnaubte abschätzig zur Antwort. Jean traf erst auf die beiden, als sie beide Beine schon wieder am Boden hatten.
 

„Wie habt ihr das gemacht?“ Der Ausdruck auf seinem Gesicht hätte nicht geschockter sein können.
 

„Ich habe unterwegs keine Fehler gemacht, mein Lauf war nahezu perfekt und trotzdem seid ihr zwei Vollidioten schneller gewesen als ich?“ Er ließ sich mit dem Rücken gegen einen Baum fallen und fuhr sich schwer atmend mit beiden Händen über sein Gesicht. Sasha ließ ein fröhliches Quieken vernehmen.
 

„Ihr wisst, was das bedeutet?“ Eigentlich war das keine Frage. Die beiden Jungs wussten es und der Ausdruck in Sashas Gesicht ließ auch keine Zweifel zu.
 

„Wie kann ein normaler Mensch so verfressen sein?“ Jean sah sie kopfschüttelnd an, während Sasha beim Gedanken an die zusätzlichen Portionen beim Abendessen das Wasser im Mund zusammenlief.
 


 

Nach dem Essen saß Sasha mit ein paar anderen noch vor den Schlafsälen zusammen. Jean hatte sich Stück für Stück näher an Mikasa herangepirscht und versuchte sich an ein wenig Smalltalk, der aber eiskalt an Mikasa abprallte. Sasha grinste, da hatte sich Jean wirklich eine harte Nuss ausgesucht. Jeder Blinde konnte sehen, dass Mikasa – aus welchem Grund auch immer – nur Augen für Eren hatte. Was Eren selbst von Mikasa hielt, hatte Sasha noch nicht ergründen können. Bisher hatte er sich ihr gegenüber immer ein wenig kühl und abweisend verhalten. Aber die beiden schienen sich schon sehr lange zu kennen, zumindest hatte Sasha das bei Gesprächen mit Armin aufgeschnappt.
 

„Was ist denn bei denen wieder los?“ Connie war zusammen mit Mina und Marco aus dem Speisesaal gekommen und setzte sich neben sie. Er nickte mit dem Kopf in Eren und Jeans Richtung und zog eine Augenbraue hoch.
 

„Ich glaube, es geht um Mikasas Haare. Eren will, dass sie sie sich schneidet und Jean ist schwer dagegen.“ Connie nickte.
 

„Und was sagt Mikasa?“ Sasha grinste.
 

„Na offensichtlich nicht viel.“ Mikasa hatte sich gerade von der Szenerie weggedreht, weil Christa sie angesprochen hatte. Connie schwieg und beobachtete die bunte Gruppe, die gemeinsam einen Abend verbrachte. Es kam ihm fast so vor, als hätten sie nicht erst vor kurzem gegen Titanen gekämpft. Es war eine surreale Szene.
 

„Hast du eigentlich 'ne Freundin?“, murmelte Sasha in Connies Richtung, sah ihn aber nicht an. Connies Wangen färbten sich augenblicklich tief rot.
 

„Hä?“ Er wich ein Stück vor ihr zurück.
 

„Wie kommst du jetzt auf so 'ne Frage?“, seine Stimme quietschte, doch als ihm auffiel, dass sie ernst blieb und nicht rührte, beruhigte er sich wieder ein wenig.
 

Mit immer noch rosa gefärbten Wangen murmelte er: „Nein. Als ob ich eine hätte.“ Es klang niedergeschlagener als er beabsichtigt hatte. Nach einem kurzen Zögern fragte er ein wenig nervös: „Hast du denn jemanden?“ Sasha schüttelte den Kopf und grinste ihn an.
 

„Wer würde es denn mit mir aushalten?“ Dann wurde sie wieder ernst. Sie zog die Knie an ihre Brust und schlang die Arme um die Beine.
 

„Könntest du dir sowas denn vorstellen?“ Connie riss verwirrt die Augen auf, nicht sicher, was ihre Frage bedeuten sollte, doch bevor er etwas sagen konnte murmelte sie weiter.
 

„Wir riskieren ständig unser Leben und sind nie Zuhause. Jemand, der uns liebt, würde in ständiger Angst leben müssen und man hätte am Ende ja doch nichts voneinander.“ Sie atmete tief durch, sprang dann auf die Beine und stemmte die Hände in die Hüften.
 

„Außerdem hätte man dann den Kopf nicht frei zum kämpfen, wenn man immer daran denken muss, dass zuhause jemand sitzt und sich wünscht, dass man nicht stirbt.“ Connie sah sie verwirrt an.
 

„Aber du hast doch Eltern, die hoffen, dass du nicht stirbst?“ Doch Sasha schüttelte den Kopf.
 

„Klar, aber das sind Eltern, da sollte es doch logisch sein, dass sie das hoffen.“ Es blieb eine Weile still. Sasha saß wieder auf dem Boden und beobachtete wie Jean und Eren ein Stück entfernt miteinander stritten. Mikasa und Armin, die daneben standen, sahen so aus, als wüssten sie nicht, ob sie dazwischen gehen sollten, oder nicht. Connie stand auf und drehte sich zu den Häusern um. Sasha dachte, er würde sich ins Bett verabschieden und als sie erwartungsvoll seinen Rücken ansah, bemerkte sie, wie er die Hände zu Fäusten ballte.
 

„Sasha, ich hoffe, du bist im Kampf nie unaufmerksam und gibst immer volle 100%!“ seine Stimme brach ab und er räusperte sich.
 

„Aber ich wünsche mir auch, dass du nicht stirbst.“ Sashas Augen weiteten sich überrascht und ihre Wangen glühten, doch bevor sie etwas erwidern konnte, war Connie schon davon gestolpert ohne sie nochmal anzusehen. Sasha sah ihm nach, bis er aus ihrem Sichtfeld verschwand, dann stand sie auf, schlenderte fröhlich zu Mikasa hinüber und umarmte sie.
 


 

Bei Sashas morgendlicher Laufrunde gesellte sich am nächsten Tag Connie zu ihr. Aus den Augenwinkeln bemerkte sie, wie er angetrabt kam.
 

„'morgen!“, keuchte er und ließ sich auf ihr Tempo ein.
 

„Also ich wollte nur wegen gestern, also…äh…“, stotterte er, doch Sasha fiel ihm ins Wort.
 

„Ich will auch nicht, dass du stirbst. Idiot.“, brachte sie zwischen zwei tiefen Atemzügen heraus und grinste Connie von der Seite her an. Er brauchte einen Moment, um ihre Worte zu verarbeiten, dann boxte er ihr freundschaftlich in die Seite.
 

„Boah, lass uns bitte nie wieder so anstrengende Gespräche führen!“, klagte er und Sasha prustete los.
 

„War das zu viel für dein Puddinghirn?“

Verlorene Freundschaft

„Oh, hey Levi!“ Hanji hob die Hand zur Begrüßung und lief auf Levi zu. Er musterte sie kritisch und verzog dann missmutig das Gesicht.

„Du hast dir die Haare geschnitten.“ stellte er trocken fest und Hanji zwirbelte eine Haarsträhne zwischen Daumen und Zeigefinger, als wäre es ihr selbst jetzt erst aufgefallen.

„Äh, Ja. Hab ich. Ich dachte, ein kürzere Haarschnitt würde meinem voranschreitenden Alter eher gerecht werden.“ Levi verdrehte die Augen und machte ein leises genervtes Geräusch.

„Gefällt es dir nicht?“ Hanji zog einen Schmollmund und verschränkte beleidigt die Arme vor der Brust.

„Seit wann interessierst DU dich für dein Äußeres? Das wäre mir neu.“ Hanjis Miene veränderte sich schlagartig und sie grinste ihn an.

„Ach komm schon, Levi, die Tage, an denen du mich waschen musstest, weil ich es vergessen hab, sind schon lange vorbei!“ Levi schnalzte genervt mit der Zunge.

„Bist du da auch noch stolz drauf, Brillenschlange? Allein die Erinnerung wäre jedem normalen Menschen zutiefst peinlich.“ Hanji winkte nur ab und rief ihm im Weggehen noch eine Verabschiedung zu.

„Aber du bist nicht normal.“ murmelte Levi ihr hinterher und begab sich zum Pferdestall.

Hanji, die ein paar Schritte rückwärts gestolpert war, um Levi zum Abschied zuzuwinken, drehte sich wieder um, als auch er sich in Bewegung setzte und das fröhliche Lächeln, das sie für die Unterhaltung mit Levi aufgesetzt hatte, wich aus ihrem Gesicht. Tiefe Augenringe bestimmten ihren müden Ausdruck und sie ließ niedergeschlagen die Schultern hängen. Ihr Magen krampfte schmerzhaft, weil sie seit einigen Tagen nur kaum etwas gegessen hatte. Kurz überlegte sie in die Küche zu gehen und zu sehen, ob man sich etwas außerhalb der normalen Essenszeiten holen konnte, doch sie verwarf den Gedanken schnell wieder. Sie hätte ohnehin nicht herunterbekommen. Mühsam versuchte sie ein für sie sonst normales energisches Tempo beizubehalten. Sie wollte von niemandem angesprochen werden und einfach nur die Tür ihres Arbeitszimmers hinter sich schließen.

„Abteilungsfü-, nein, Kommandantin Hanji!“ aus dem Augenwinkel sah sie, wie jemand salutierte und sie warf der Person einen verwirrten Blick zu. Als sie Jean erkannte hellte sich ihre Miene ein wenig auf.

„Jean, hallo. Kann ich dir helfen?“ sie zog eine Augenbraue in die Höhe, weil Jean etwas nervös schien und nicht so recht mit der Sprache herausrücken wollte.

„Naja, also ich wollte nur fragen, ob du bei irgendwas Hilfe brauchst, oder sowas.“, murmelte er und versuchte angestrengt nicht nur auf seine Stiefel zu starten. Hanji sah ihn verwirrt an.

„Du wolltest mir helfen?“, sobald sie es ausgesprochen hatte, verstand sie, was Jean eigentlich sagen wollte. Sie lächelte leicht, machte einen Schritt auf ihn zu und legte ihm die Hand auf die Schulter.

„Danke, das weiß ich zu schätzen. Aber es ist alles in Ordnung.“ Ohne ihn noch einmal anzusehen, lief sie an ihm vorbei und verschwand dann in ihrem Arbeitszimmer. Sie schloss eilig die Flügeltür und ließ sich dann mit dem Rücken und geschlossenen Augen dagegen fallen. Die Stille im Raum schien sie zu erdrücken und mit einem Mal spürte sie den stechenden Schmerz in ihrem verletzten Auge wieder.

„Ah, verdammt!“ zischte sie mit zusammen gebissenen Zähnen, nahm ihre Brille ab und legte ihre flache Hand auf den Verband. Als sie den Schmerz wieder größtenteils ignorieren konnte, stolperte sie vorsichtig zu ihrem Schreibtisch hinüber und ließ sich mit einem tiefen Seufzer auf ihren Stuhl fallen.

„Kommandantin!“, murmelte sie leise und ein Hauch Verzweiflung schwang in ihrer Stimme mit. Dann schüttelte sie entschieden den Kopf, setzte sich wieder ihre Brille auf und zog sich ihre Notizen vom Vormittag zu sich ran, um alles noch einmal durchzulesen.

Nachdem sie bestimmt schon eine Stunde wieder intensiv in ihre Arbeit vertieft war, klopfte es an ihrer Tür und fast zeitgleich wurde sie geöffnet. Hanji, die mit leicht geöffnetem Mund in ihre Lektüre vertieft war, sah nicht auf sondern winkte nur mit einer Hand.

„Moblit, wenn du mehr aufgeschrieben und notiert hast zum Thema-”, sie verstummte und warf einen entsetzten Blick auf die Person vor ihrem Schreibtisch.

Levis sonst harte Gesichtszüge waren fast mitleidig freundlich.

„Ich bin nicht Moblit, tut mir leid.“, sagte Levi leise und legte ihr einen Zettel auf den Tisch.

„Entschuldige.“, flüsterte Hanji mit brüchiger Stimme.

„Das ist die Liste der zu beklagenden Verluste, die wir einstecken mussten.“, obwohl er leise sprach, kam ihm seine Stimme unnötig laut vor. Hanji sah kurz auf den Zettel und senkte dann den Blick. Eine einsame Träne rann ihr über die Wange. Moblit Berner stand da in der untersten Zeile.

Hanji ist müde

Sie kritzelte eifrig Notizen auf ein Blatt, während sie mit der anderen Hand durch ein Buch blätterte. Irgendwo musste es doch stehen! Sie hatte es definitiv in diesem Buch gelesen. Sie stoppte mit dem Durchblättern des Buches und rieb sich mit Daumen und Mittelfinger kurz über die Augen. Dann blätterte sie weiter. Immer wieder schielte sie auf ihr Blatt mit den frischen Notizen, um keine Tinte zu verwischen. Als sie am Ende des Buches angekommen war, griff sie sofort nach dem nächsten und begann erneut wie wild durchzublättern. Plötzlich stockte sie, blätterte eine Seite zurück und las still den Text. Ihre müden Augen weiteten sich und ihr Blick huschte energisch zwischen dem Buch und ihren Notizen hin und her. Hatte sie einen Fehler gemacht? Es ging nicht auf. Wie sie es auch drehte, ihre Notizen kamen nicht zu dem Schluss, zu dem sie hätten kommen müssen.

„Was machst du?“ Eine Stimme riss sie jäh aus ihren Gedanken und sie sah erschrocken auf. Im Türrahmen lehnte Levi. Die Arme vor der Brust verschränkt und mit einem missmutigen Blick, wie eh und je.

„Ach du bist es nur.“ Hanji atmete erleichtert aus und ließ ihren Blick wieder sinken.

„Ich habe hier grad einen Fehler in meinen Notizen gefunden. Muss das gleich mit Moblit besprechen, der wollte mir noch seine Zeichnungen-” „Moblit ist beim Essen am Tisch eingeschlafen. Ich habe ihm befohlen ins Bett zu gehen.“ unterbrach Levi sie mit einem genervten Tonfall und Hanji sah ihn verwirrt an.

„Oh. Achso.“

„Hanji, du mutest ihm zu viel zu! Gönn ihm ab und an eine Pause!“ Er hielt kurz inne, während Hanjis Magen laut im sonst leisen Raum knurrte.

„Und dir auch.“ fügte er verärgert hinzu.

„Wann hast du das letzte mal geschlafen oder etwas gegessen?“

„Ich muss das hier nur noch kurz fertig machen, Levi, dann-”

„Oder gebadet?“ unterbrach Levi sie erneut und rümpfte die Nase.

„Du riechst.“ stellte er mit angewidertem Blick fest. Hanji seufzte schwer, ließ ihren Stift fallen und lehnte sich in ihrem Stuhl zurück.

„Hast ja recht.“ murmelte sie und gähnte ausgiebig. Sie schloss die Augen und legte ihre Hände auf ihren Bauch, der erneut laut knurrte.

„Wenn du ständig bis zur absoluten Erschöpfung arbeitest ist es klar, dass sich Fehler in deine Notizen einschleichen.“ mahnte Levi sie und kam auf ihren Schreibtisch zu. Es sah aus, als hätte sie vor einiger Zeit ein Tintenfass umgestoßen und die Sauerei nie beseitigt.

„Wann hast du hier zuletzt sauber gemacht?“

„'ne Weile her.“ murmelte sie müde zur Antwort und Levi sah sich den Rest des Raumes an. Überall lagen Zettel verstreut, umgekippte Bücherstapel, Stifte lagen kreuz und quer zwischen dem Chaos und Levi glaubte sogar einen Teil ihrer Uniform unter einem Haufen Notizen ausmachen zu können.

„Hier sieht es bestialisch aus!“ murrte er angewidert, bekam jedoch keine Antwort.

„Wie kannst du in dieser Hölle überhaupt denken?“ ein leises Schnarchen ertönte hinter ihm und er wand sich um. Hanji war auf dem Stuhl sitzend eingeschlafen. Ihr Brustkorb hob und senkte sich in einem gleichmäßig ruhigen Rhythmus.

„Ist das dein Ernst?“ Levi knirschte wütend mit den Zähnen.

„Dämliche Brillenschlange!“, zischte er, während er sie vorsichtig vom Stuhl anhob und zu ihrem Bett trug.
 

Ein Geräusch, dass sie nicht sofort zuordnen konnte weckte Hanji und sie öffnete verschlafen die Augen. Soweit sie das ohne Brille erkennen konnte, war niemand in ihrem Zimmer. Sie streckte sich ausgiebig, gähnte und ließ sich zurück in ihr Kissen sinken.

„Tsk.“ wieder dieses Geräusch! Hanji setzte sich auf und griff nach ihrer Brille. Bevor sie sie aufsetzen konnte, hörte sie, wie die Tür geschlossen wurde.

„Hey!“, rief sie laut und sprang aus dem Bett. Verwirrt sah sie an sich hinunter. Wann hatte sie ihre Uniform ausgezogen? Und überhaupt, sie konnte sich nicht erinnern, dass sie ins Bett gegangen war.

„Hab ich getrunken?“, murmelte sie verwirrt vor sich hin, während sie in ihr Arbeitszimmer stolperte. Im Türrahmen blieb sie wie angewurzelt stehen und ihr klappte die Kinnlade hinunter. Das Arbeitszimmer war nicht wieder zu erkennen. Kein einziger Zettel lag auf dem Boden, ihre Bücher waren in die Regale sortiert, selbst die Fenster schienen geputzt zu sein. Ein angenehmer Duft durchströmte den Raum und dann fiel ihr Blick auf ein Tablett auf ihrem Tisch. Darauf stand eine Tasse Tee, etwas Brot und Käse. Der Tee dampfte noch, ihn musste also jemand erst kürzlich dort abgestellt haben.

„Moblit?“, rief Hanji verwirrt in den Raum, doch nichts rührte sich. Sie ging zu dem Tablett und bemerkte einen kleinen Zettel.

„Geh dich waschen!“ Hanji grinste und griff nach einem Stück Brot.

„Danke, Levi!“ rief sie laut und biss herzhaft vom Brot ab.

Levi, der draußen vor der Tür gestanden hatte, stieß sich mit einem zungenschnalzenden „Tsk“ von der Wand ab und ging zurück zu seinem eigenen Büro.



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