Die letzte Hoffnung von BuchTraumFaenger ================================================================================ Kapitel 3: 3. Erwartungen und Befürchtungen ------------------------------------------- Trällernd spazierten Mr. Ping und Mr. Han mit Souvenir- und Nudelwagen durch die Sitzreihen. „Drachenkrieger-Souvenirs!“, rief der Gänserich. „Jeder, der einen Nudelbecher kauft, bekommt einen Plüsch-Panda dazu!“ „Hier rüber!“ Sofort zerrte Mr. Ping alles mit sich in die Ecke, aus der die Stimme gekommen war. Es war eine vermummte Gestalt in der entlegensten Ecke der Tribüne in den oberen Rängen. Mr. Ping beäugte die Person ein wenig misstrauisch, die für Sommer-Verhältnisse ungewöhnlich dick eingepackt war. Doch ein Käufer war ein Käufer, weshalb auch er ihm was anbot. „Guten Tag, der Herr. Was darf es denn sein?“ Die große eingehüllte Gestalt räusperte sich. „Wie viele Pandas bekommt man, wenn man zwanzig Nudelschüsseln kauft?“ „Zwanzig?“ Mr. Ping machte große Augen und tauschte kurz einen Blick mit Mr. Han aus. „Oh, ich weiß nicht, ob wir so viel auf einmal geben können…“ „Ich bezahl auch mehr.“ Die Gestalt griff in einen Beutel, der an ihrem Mantel befestigt war. Dabei rutschte ihr die Kapuze etwas runter. Mr. Ping blieb für einen Moment der Schnabel offen, als er das Gesicht darunter erkannte. „König Wang? Sie auch hier?!“ „Psst! Ich bin inkognito hier!“, raunte der Hunnenkönig ihm zu. „Niemand darf wissen, dass ich hier bin, aber ich wollte nichts von diesem Wettkampf verpassen.“ Mr. Ping brauchte einen Moment, um sich von der Überraschung zu erholen. „Oh… oh… das freut mich sehr zu hören… ich meine… es ist nur schon so lange her, dass wir das letzte Mal… wie lange ist das jetzt her? Über 4 Jahren bestimmt…“ Mr. Ping legte die Stirn in Falten und begann im Geiste nochmal durchzurechnen, während der Hunnenkönig ihn erwartungsvoll ansah. „Also, was ist jetzt mit den Pandas?“ „Oh, oh, ja… wie viele wollten Sie nochmal?“ Ein paar Sitzreihen weiter weg, hatte Shen sich mit seiner Familie niedergelassen. Shenmi hüpfte aufgeregt auf einem Stuhl hoch und runter, während Xia und Yin-Yu damit beschäftigt waren Zedong, Fantao und Jian darüber einig werden zu lassen, wer neben wem sitzen durfte. Shen bekam von all dem Trubel nichts mit und starrte nur grimmig in die Kampfarena, wo auch ein langer Tisch am Rand aufgestellt worden war, wo die Jury die Plätze einnehmen würde. Die alte Ziege betrachtete ihn mit besorgtem Blick und strich sich über ihren Bart. „Shen, du kannst ihn nicht ewig unter deine Fittiche halten. Irgendwann kommst für jeden die Zeit, wo man sich von seinen Eltern loslöst.“ Der weiße Pfau hob aufmüpfig den Schnabel. „Seine Taten kommen dann wieder auf mich zurück. Ich will nur vermeiden, dass er Schande über uns bringt.“ Die Augen der Ziege verfinsterten sich und sie klopfte einmal mit dem Gehstock auf den Holzboden. „Also, ich denke, das was er hier tut, ist bei weitem nicht dasselbe, wie damals du…“ Shens schneidender Seitenblick brachte sie kurzfristig erschrocken zum Schweigen, weshalb sie sich schnell wieder korrigierte. „Was ich damit sagen möchte ist, dass er irgendwann seinen eigenen Weg gehen wird. Shen, er ist doch schon 24 Jahre alt. In seinem Alter warst du schon längst auf dich alleine gestellt gewesen…“ Shen verdrehte genervt die Augen. „Ja, ja, ja. Da hatte ich keine Eltern mehr, die mir etwas vorschrieben. Aber war es, aus deiner Sicht, recht gewesen?“ Die Ziege senkte ergeben den Blick. War das wirklich recht gewesen? „Na so was! Sir? Sie auch hier?“ Shen drehte sich verwundert um. Diese Stimme kannte er doch. Im nächsten Moment kam ihnen ein aufgeregter Gänserich entgegen. „Na was für eine Überraschung!“, rief Mr. Ping. „Heute trifft man hier wirklich alles und jeden an.“ Sein Blick fiel auf die Kinder. „Und Sie haben Ihre ganze Familie mitgebracht. Wie schön! Dann lerne ich sie auch endlich mal kennen. Po hat mir ja so viel von ihnen erzählt.“ Shen wusste zuerst nicht, was er sagen sollte, weshalb er hastig eine Verbeugung vollführte, obwohl er es vielleicht nicht vorgehabt hätte. Innerlich hegte er gegen Pos Freundeskreis immer noch eine Abneigung, was er aber seiner Frau zuliebe jetzt nicht zeigen wollte. Umso mehr willkommener hießen ihn die anderen. Yin-Yu und Xia, die Mr. Ping noch von früher kannten, nickten ihm freundlich zu. „Hallo“, grüßte Xia höflich, während sie den zappelnden Zedong in den Flügeln hielt. Auch Yin-Yu lächelte ihm zu. „Ich hab gar nicht erwartet Sie hier zu sehen.“ „Na hören Sie mal!“, protestierte Mr. Ping mit gespielter Empörung. „Ich muss ja wohl bei dem Kampf meines Sohnes dabei sein. Ich bin ja so stolz auf ihn.“ Die Ziege bekam es mit der Angst zu tun, als sie merkte, wie Shen sich wieder verkrampfte. Schnell legte sie einen Huf auf seinen Flügel und ging auf Mr. Ping zu. „Äh, vielleicht möchten die Kinder gerne etwas essen.“ „Oh, ja, ich will Nudeln!“, rief Fantao und sprang vom Stuhl. „Ich auch, ich auch!“, stimmte Zedong mit ein und befreite sich aus den Griffen seiner großen Schwester. „Du bist wahrscheinlich Zedong“, meinte Mr. Ping nach kurzem Überlegen. „dann musst du Shenmi sein. Die Farbe von ihrem Vater und die Augen der Mutter. Wie schön.“ „Krieg ich auch einen Panda?“, fragte Fantao, als er noch einen Plüsch-Panda auf dem Souvenirwagen sah. „Da müssen wir noch welche holen“, sagte der Gänserich. „Einer hat uns schon alles abgekauft.“ Shens Unmut wuchs erneut. Nicht weil die Kinder jetzt auch noch Panda-Puppen wollten, sondern sein Blick wieder auf die Arena fiel. Nachdenklich trottete Po durch die Gänge an den Umkleidekabinen vorbei. Sämtliche Kung-Fu-Kämpfer aus vielen Ländern waren anwesend. Hier und da winkte Po in eine Ecke und wünschte den Teilnehmern alles Gute. „Viel Glück, Kumpel. - Siehst gut aus.“ Kurz vor dem Ausgang in die Arena hielt er inne, als er seine fünf Freunde auf sich zukommen sah. „Hey, Leute! Wenigstens bei euch ist alles beim Alten.“ „Ist alles in Ordnung bei dir, Po?“, erkundigte sich Monkey. „Shifu sagte, ihr hattet am Eingang eine Diskussion gehabt.“ Der Panda rieb sich über den Nacken. „Ja, schon. Es war nur…“ In diesem Moment ging Sheng an ihnen vorbei. „Seid gegrüßt“, sagte er und verneigte sich. Crane klappte kurz die Kinnlade runter. „Er ist auch hier?“ Po kam nicht mehr dazu die Frage zu beantworten. Als er Meister Tosender Ochse und Meister Kroko erblickte, ging er schnurstracks auf den Ochsen zu. „Wart ihr es eigentlich gewesen, die Sheng in die Teilnehmerliste aufgenommen habt?“ „Natürlich“, meinte Meister Ochse belanglos, als ob ihn das gar nicht interessieren würde. „Aber wieso habt ihr ihn einfach so gelassen?“, wollte Po wissen. „Warum nicht? Er ist doch volljährig, oder etwa nicht?“ „Sag mir bitte nicht, dass du es nur tust, um Shen zu kränken.“ „Wir müssen los“, war Meister Ochses einzige Antwort und wandte sich ab. Irritiert schaute Po den zwei großen Meistern hinterher. „Hey! Es ist doch noch gar nicht mal sicher, dass ich gewinne…“ Er lief den zwei Meistern bis zum Tor nach. Dort hielt er an, während die zwei Meister von einer jubelnden Menge begrüßt wurden. Vorsichtig lugte der Panda nach draußen und beobachtete wie sich Ochse und Krokodil an den Tisch setzten. Nachdenklich runzelte Po die Stirn. Hatte Meister Ochse es vielleicht darauf angelegt, dass er Shen damit eine Niederlage bereiten könnte, falls sein Sohn verlor? Pos Blick wanderte über die Zuschauerränge. Die weiße Gestalt von Shen erkannte er sofort. Er meinte, dass sich ihre Blicke treffen würden, was wiederum Po das Fell sträuben ließ. Was ist, wenn er sogar gegen Sheng antreten musste? Würde er sich dazu überwinden können, Sheng gegenüber zu treten und gegen ihn zu kämpfen? In diesem Moment ging Shifu an ihm vorbei. „Also, dann viel Glück, Po-„ „Meister Shifu!“, rief Po und packte den Meister am Hemd. „Ich glaube, ich bin krank!“ „Po, du hast Lampenfieber.“ „Nein, das ist es nicht! Es ist nur… ich kann nicht antreten! Ich muss für heute aussetzen!“ Meister Shifu schob ihn von sich. „Po, wegen der Sache von vorhin solltest du dich nicht irritieren lassen.“ „Das hat doch nichts mit Irritation zu tun. Es ist nur, dass…“ Sein Blick wanderte wieder nach draußen zu den Meistern, und in Po wuchs der schreckliche Gedanke, dass Meister Ochse sogar wollte, dass er gegen Sheng antrat. Allerdings wollte er dies nicht vor seinem Lehrer aussprechen und suchte nach einer anderen Ausrede. „Da sind so viele Leute da draußen!“, plapperte er weiter. „Und die erwarten alle von mir, dass ich gewinne. Was ist, wenn ich einen Fehler mache? Was ist, wenn ich versage? Oh nein, jetzt hab ich das Wort schon gesagt! Jetzt versage ich wirklich! – Tut mir leid, ich kann heute nicht antreten.“ Doch Meister Shifu verengte nur die Augen und ging an dem verzweifelten Panda vorbei. „Jetzt entschuldige mich, Po. Ich muss an den Jury-Tisch.“ „Meister! Ihr könnt mich doch jetzt nicht hier zurücklassen!“ Doch Shifu schien ihm gar nicht mehr zuzuhören und begab sich zu Meiser Ochse und Meister Kroko an den Jury-Tisch neben das Kampffeld. „Po, warum denn so aufgeregt?“ Verwundert schaute Po nach oben, wo Mantis auf seinem Kopf Platz genommen hatte. Seufzend ließ der Panda die Schultern hängen. „Ach, ich weiß auch nicht, was ich machen soll“, antwortete er ratlos. „Ist es wegen Sheng?“ Verwundert drehte Po sich zu Tigress um, aber von Sheng war nichts mehr zu sehen. „Wo ist er denn hin?“ „Er hat dir viel Glück gewünscht“, sagte Viper und rollte sich neben ihrer Freundin zusammen. Po hob die Augenbrauen. „Hat er das?“ „Po, es wäre doch möglich, dass er schon in den Vorrunden ausscheidet“, meinte Monkey, der Pos Befürchtungen bereits erraten hatte. „Stimmt. Dann musst du nicht mehr gegen ihn antreten“, fügte Crane hinzu. Mantis vibrierte mit seinen Antennen. „Es wäre schon gut, wenn du gegen den da gewinnen würdest.“ Er deutete auf einen großen Kragenbären, der grimmig knurrend sich die Fäuste massierte. Po sah den stämmigen Bären verwundert an. „Oh, wo kommt der denn her?“ „Soweit ich weiß aus Japan“, antwortete Mantis. „Oh, also ein direkter Nachbar.“ „Und ein naher Verwandter“, ergänzte Viper. „Po“, begann Tigress von neuem. „Ganz egal wie das Ergebnis auffallen wird, ich bin sicher, dass dir keiner was übel nehmen wird.“ Po schluckte schwer. Es stellte sich nur die Frage, ob ihm die Teilnehmer oder die Zuschauer ihm was übelnehmen würden. „Po, ihr müsst raus!“, meldete Viper. „Es fängt an!“ Po sprang auf. „Oh, oh, oh, oh… okay…“ Er schaute zerknirscht in die Runde. „Und ihr seid nicht sauer, weil ich der Einzige von uns bin der daran teilnimmt?“ „Jetzt geh schon!“, drängte ihn Crane und schob den Panda nach vorne. „Du musst als Erster raus.“ „Muss ich das wirk…?“ Doch seine Freunde ließen ihn nicht ausreden und schoben ihn an die vorderste Schlange, wo sich schon alle Teilnehmer am Eingang aufgestellt hatten. Po blieb also nichts anderes übrig als allen voran in die Arena zu gehen, wenn die restlichen Kämpfer eintreten wollten. Po bekam weiche Knie, als er sich in Bewegung setzte. Gerade kündigte ein Ansager die ankommenden Teilnehmer an. „Und hier sehen Sie einzig und leibhaftig den Drachenkrieger!“ Kaum war Po ins Sonnenlicht getreten rief die Menge auch sogleich im Chor: „Drachenkrieger! Drachenkrieger!“ Mr. Ping jubelte seinem Sohn am lautesten zu und auch in einer anderen Ecke erklangen von einer vermummten Gestalt jubelnde Pfiffe. Für einen Moment war Po so überwältigt von dieser Begrüßung, dass er alles um sich herum vergaß. „Wow, das ist… das ist wirklich cool.“ Der Panda schielte hinter sich, wo ihm in einer Reihe die anderen Teilnehmer folgten. Irgendwie kam Po sich ein bisschen lächerlich vor. Er war zwar der Drachenkrieger, aber noch lange nicht der Weltmeister… Oder galt man als Drachenkrieger automatisch als Champion? Wieder kroch in ihm der starke Leistungsdruck hoch. Draußen in der Arena stellten sie sich in einer Reihe auf. Dann erhob sich Meister Ochse und las die Teilnehmerliste vor, wobei jeder vortrat und sich vor der Jury verneigte. Knapp fünf Leute weiter erkannte der Panda den blaugrün-weiß gescheckten Pfau. Po wurde es erneut mulmig zumute und sein Blick wanderte kurzfristig zu Shen hoch. Die stechenden Augen des weißen ehemaligen Kriegsherrn ließ dem Panda jetzt auch noch die Angst hochsteigen. Seine Gedanken purzelten ihm durch den Kopf wie Ping-Pong-Bälle. Er bekam nicht mal mit, wie die Meister nochmal die Regeln vorlasen. Erst als wieder sein Name fiel, kam er wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. „Der Drachenkrieger eröffnet die Wettkampfspiele und tritt als erster an“, verkündete Meister Shifu und deutete auf Po. Der Panda wurde bleich um die Nasenspitze. „Na toll.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)