Raum und Zeit von behrami ((Titelvorschläge werden entgegengenommen)) ================================================================================ Kapitel 4: Statesman - 2017 | Übung 3 - Übungsziele: 970 • 975 • 2015 --------------------------------------------------------------------- Er presst die Augenlider zusammen und versucht, an nichts zu denken. Nichts. Nichts. Nichts… Er hasst diesen Teil. Geduld ist nicht seine Stärke.   ×   970 • Ihm war warm. Friggas Arme hielten Loki umschlungen, während er zwischen ihren Beinen auf dem kahlen Steinboden saß und mit offenem Mund die Funken vor seinen Augen anstarrte. Er sah seine Mutter vergnügt lachen. Loki streckte eine kleine Hand aus und versuchte, das Blitzen und Funkeln des Feuerwerks, das seine Mutter für ihn heraufbeschworen hatte, mit den Fingern zu berühren. Anders als echtes Feuerwerk war es nicht heiß, aber er gluckste dennoch auf, als die Funken an seiner Haut abprallten und in neuen Farben erstrahlten. Loki drehte den Kopf zum Gesicht seiner Mutter und sah sie an, wie es nur kleine Kinder können. Dann erstarb sein Lachen, als sein Blick über Friggas Schulter nach hinten glitt. In diesem Raum war es dunkel, doch der Korridor hinter der Silhouette, die im Torrahmen stand, war hell erleuchtet. Loki erkannte seinen großen Bruder sofort. Im nächsten Moment rannte Thors Silhouette auf sie zu und warf sich neben Loki in Friggas Arme. Das Feuerwerk erlosch und wurde sogleich erneut heraufbeschworen. Loki drückte sich näher an die Brust seiner Mutter. Er hatte keine Augen mehr für das Leuchten.   ×   975 • Es war, als sähe er die Szenerie gar nicht durch seine eigenen Augen. Obwohl das Kind, das er war, es genoss, ein Teil der Gruppe zu sein, und für Außenstehende nicht ersichtlich sein konnte, was in Loki vorging, fühlte es sich für ihn dennoch so an, als stünde er nur am Rand. Irgendwas war anders. Irgendwas… stimmte nicht. Loki sah, wie er strahlte. Die Gesichter der Kinder waren rot vom Wind und der Aufregung, die ein ganzer Tag im Freien mit sich brachte, und genauso sah auch er aus. Mit den Kindern in der Natur herumzutollen, war eins seiner liebsten Spiele, und bisher war er auch noch jedem spielerischen Angriff der anderen ausgewichen. Loki war schnell und er war klug, wusste, wo er sich verstecken konnte, wie man sich im richtigen Moment duckte und wie man ein anderes Kind in einen Hinterhalt lockte. Loki sah zu, wie er selbst geschickt durch die Finger pfiff. Mehrere Köpfe drehten sich nach ihm um und Thor nutzte die Gelegenheit, um eins der anderen Kinder von hinten anzuspringen und ihm das Gesicht mit Schlamm einzureiben. Loki traten die Tränen in die Augen vor Lachen und er quietschte vor Vergnügen. Aber irgendwas hielt ihn fest, innerlich. Als wäre er angekettet. Es fiel es ihm schwer, sich zu lösen. Sich von seinen eigenen Gedanken und Gefühlen zu befreien und einfach zu sein. Als würde er nie dazu gehören, als würde er sie immer nur von außen betrachten, die anderen. Als würden sie ohne ihn noch ein kleines bisschen lauter, ein kleines bisschen heller, ein kleines bisschen befreiter lachen. Als könnten sie den Moment, in dem Loki sie in Ruhe ließ, kaum erwarten. Nun, ein Stück weit genoss er es auch, nicht zu sein wie sie. Er spürte häufig, dass er schneller im Kopf war, schneller in den Beinen und schneller im Herzen als die anderen. Seine Überlegenheit bereitete Loki einen gewissen Stolz und sorgte für ein Selbstvertrauen in seine Fähigkeiten, an dem es ihm sein ganzes Leben lang nicht mangeln sollte. Und dennoch… diese Andersartigkeit war dafür verantwortlich, dass er immer nur mit einem Fuß im Kreis stand, während die anderen darin tanzten. Als schaute er in ein Puppenhaus hinein, während andere in einer realen Welt lebten. Loki musterte eins der Kinder, das dem Rest bedeutete, nach Hause zu gehen. Wie auf Kommando nickten sie beinahe alle, offenbar ging es ihnen ähnlich wie dem ersten und es bedarf gar keiner Diskussion, ob sie sich ihm anschlossen. Aber Loki wollte noch nicht nach Hause gehen. Er war noch nicht bereit. Er war noch nicht müde und noch zu neugierig auf die Welt. Er ging mit.   ×   2015 • Loki beobachtete, wie Thor sich auf dem Sims des großen Fensters vorlehnte, um Sif neben sich besser ins Gesicht zu sehen. Er war erst vor Kurzem von seinem Aufenthalt in Midgard zurückgekehrt, das ihn inzwischen als Held feierte. Zwar konnte Loki seinen Bruder nur von hinten mustern, wohl sah er aber Sifs Miene. Während sich Asgard hinter ihnen ausbreitete, war ihr Gesicht so sehr erfüllt von Freude für ihren Gefährten, dass Loki beinahe aufgelacht hätte. Lächerlich. Offensichtlich teilte niemand hier sein Misstrauen gegenüber der Sterblichen und der Stellung, die sie in Thors Leben eingenommen hatte. Alle entzückte nur, wie sehr Thor ihr verfallen war. Dass er den Thron abgelehnt hatte und, wenn er Asgard besuchte, die meiste Zeit nur von der Sterblichen sprach. Thors Leben fand inzwischen beinahe ausschließlich auf der Erde statt. Nun, selbstredend brachte das auch Vorteile für Loki mit sich. So fiel niemandem auf, dass es er war, der in Odins Gestalt regierte. Aber trotzdem: Was für ein Narr Thor doch war. Verliebt, einer Sterblichen verfallen wie ein Hund, der sich seinem Herrn unterwarf. Sonst nichts. Wie konnten alle nur so blind sein? Als ob Thor und Jane Foster jemals eine beständige Verbindung eingehen könnten! Loki blieb hinter der Säule stehen und atmete tief aus. Was machten sich alle nur aus dieser Frau? Sicherlich war sie schlagfertig und hatte einen starken Willen. Aber ihr Körper würde sie verraten und sie würde sterben. In spätestens achtzig Jahren würde sie tot sein, während Thor noch hunderte und tausende Jahre weiterlebte. Es sei denn, natürlich, eine seiner unüberlegten Handlungen brachten auch ihn kurzfristig ins Grab… Man durfte noch hoffen. In diesem Moment drehte Thor sich um und Loki konnte das Gesicht seines Bruders sehen. Es versetzte ihm einen Stich und es war, als fließe eine plötzliche Kälte durch Lokis Venen. Diese Zuversicht, die Thor ausstrahlte. Diese völlige Abwesenheit von Zweifeln. Ein altes Gefühl von Widerstand stieg in Loki auf und fraß sich durch seinen Körper. Mit wehendem Umhang wandte er sich ab.   ×   Nun denn... Er schlägt die Augen auf und starrt wie festgenagelt an die Decke. Sein Kiefer ist verkrampft und sein Herz rast. Angestrengt reibt er sich über das Gesicht und merkt, dass es glüht vor Hitze. Und dennoch. Dieser Teil der Übung funktioniert. Es funktioniert. Es funktioniert, aber es macht keinen Spaß. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)