Raum und Zeit von behrami ((Titelvorschläge werden entgegengenommen)) ================================================================================ Kapitel 6: Statesman - 2017 | Übung 5 – Übungsziele: 1103 • 1319 • 1939 ----------------------------------------------------------------------- Gut. Niemand hat erwartet, dass das Ganze ein Kinderspiel wird. Loki lehnt sich mit dem Rücken an die Wand hinter dem Kopfteil seiner Bettstatt und legt den Kopf nach hinten. Um einzutauchen, muss er seine Gedanken beruhigen. Muss sie loslösen von dem, was ihn alltäglich beschäftigt. Beruhige deinen Geist, dann konzentrieren sich deine Kräfte. Wie immer. Und wie sonst soll er sich in einen einzelnen Gedanken, eine einzelne Erinnerung versenken können? Sobald sie Midgard erreicht haben, könnte er wieder umherziehen und sehen, wie er seine geistigen Fähigkeiten noch erweitern kann. Dann wären diese Übungen ein Leichtes. Doch… wenn sie in Midgard angekommen sind, wird das nicht mehr nötig sein. Bis dahin wird sein Plan aufgegangen sein. Loki schmunzelt und merkt durch die Muskelbewegung, wie sehr seine Konzentration abgeschweift ist. Genug der Vorfreude. Konzentrier dich. Auf Nichts. Loki hört wieder Friggas Stimme, die ihm die Anfänge der Magie beibringt. Doch er bezweifelt, dass Asgards Königin jemals so weit in der Kunst der Zauberei fortgeschritten ist wie er nun. Das hier war Magie des höchsten Levels. Also ist es nun seine eigene Stimme, die ihn in seinem Kopf zur Konzentration anhält: Lass die Erinnerung kommen. Von selbst. Sie soll sich vor dir ausbreiten wie eine Landkarte, die du an jeder Ecke betreten kannst. Denk an nichts. Lass dich nicht ablenken. Und wenn doch, kehre sofort zurück zu deinem Gedan- Die Position, in der Loki sitzt, ist doch zu unbequem. Sie lenkt ihn ab, ein Nerv in seinem Fuß kribbelt. Mit einem unbefriedigten Schnaufen legt Loki sich hin und schließt die Augen. Besser.   ×   1103 • Es kribbelte in ihm. Allein die Ehrfurcht, die die Sterblichen für Loki und seine Familie zeigten, reichte aus, um ein statisches Gefühl auf seiner Haut auszulösen. Die Menschen gingen vor ihnen auf die Knie und streckten die Arme vor, zum Zeichen ihrer Ergebenheit und ihrer Demut. Und dabei hatte Thor nur einen einzigen Blitz niedergehen lassen. Loki konnte noch so viel mehr tun. Er ließ einen Lachs aus dem nahegelegenen Fluss springen und vor den Menschen auf den Boden fallen. Es war nur ein Trugbild, aber die Aussicht auf Nahrung setzte ein hungriges Leuchten in ihre verhärmten Gesichter. Der Fisch zappelte im vertrockneten, von der Dürre gezeichneten Gras. Eins der schmutzigen Kinder schickte sich an, aufzustehen, aber seine Mutter hielt es fest, offensichtlich in Angst, was die Götter tun würden, fühlten sie sich beleidigt. Loki nickte gebieterisch und ein Mann erhob sich, um den Lachs aufzuheben. Als er ihn berührte, löste der Fisch sich jedoch in einem Aufblitzen goldenen Lichts auf. Furcht zeichnete sich auf dem Gesicht des Mannes ab, aber noch viel mehr Enttäuschung. Thor warf seinem Bruder einen missbilligenden Blick zu, doch Lokis Herz klopfte aufgeregt gegen seinen Brustkorb und ein Gefühl von Lebendigkeit durchschoss ihn.   ×   „Dann bin ich auch nicht deine Mutter.“ Frigga schaute Loki mit glatt aufeinander gepressten Lippen an, aber er spürte, was für Emotionen sie dahinter verbarg. Schon ihr gekränktes Lachen, kurz nachdem er sie angeschrien hatte, hatte ihm das Herz gebrochen. Nun konnte Loki kaum auseinanderhalten, ob sie eine Frage gestellt hatte oder ob es eine Aussage war. Er zögerte. Atmete ein, wie um Zeit zu gewinnen. Blinzelte. Blinzelte erneut. Sein Magen krampfte sich zusammen. Dann streckte er den Rücken durch und antwortete abgeklärt: „So ist es.“ NEIN! Lass dich nicht ablenken! Diese Erinnerung ist wie ein Eindringling, der immer wieder mit einem Rammbock gegen Lokis Geist hämmert.   ×   1319 • Er hielt ihm die offene Hand hin. Thor legte den Kopf schief und nahm das glänzende kleine Ding zwischen die eigenen Finger. Loki schaute seinen Bruder unverwandt an und all seine Zuneigung, die er für Thor hatte, lag in diesem Blick. Dankend neigte Thor den Kopf und legte Loki eine Hand in den Nacken, wie er es immer tat, wenn er nicht wusste, was er sagen sollte. Dann steckte Thor sich den Ring an der rechten Hand an und betrachtete ihn. Er war schlicht. Loki hatte schließlich auch nichts damit angestellt. Als Thor später am selben Tage hereingestürmt kam und fluchend das Abendmahl seiner Familie unterbrach, hob Loki nur mit argloser Miene den Kopf. Er war sich sicher gewesen, dass Thor früher oder später jemanden in einen Faustkampf verwickeln würde, aber dass es so schnell ging, war eine erfreuliche Überraschung. Frigga erhob sich und deutete auf den Ring an Thors Hand. Verzagt und ratlos über ihren Erstgeborenen schüttelte sie den Kopf. Wie oft hatte sie ihren Söhnen einzubläuen versucht, dass Ringe die Kraft von Faustschlägen ganz anders konzentrierten und so schnell und einfach zu Knochenbrüchen führen konnten? Loki richtete seinen Blick wieder auf sein Mahl und versteckte sein Grinsen in einem Trinkbecher.   ×   1939 • Endlich wieder eine Wette nach seinem Geschmack! Die Vorfreude auf Menschengeschrei trieb Loki zur Eile, obwohl er sich Zeit lassen wollte, den Augenblick zu genießen. Er unterdrückte ein Kichern, als er die Finger in die Rillen des Gullys steckte und ihn mühelos einhändig anhob. Loki warf den Metalldeckel über die Schulter und als er mit einem glockenartigen Klang auf dem Betonboden aufschlug, brach ab ein großes Stück davon ab. Kurz erwog er, ihn magisch zu reparieren, aber dann zuckte Loki nur mit der Augenbraue und hockte sich neben die Kanalöffnung. Vorsichtig öffnete er den langen schwarzen Mantel, den er über dem Anzug trug. Seine rechte Hand tauchte unter den Stoff und zog ein kleines, strampelndes Wesen heraus. Aus gelblichen, geschlitzten Augen starrte es Loki an. Ein leichtes Knurren, dann schmunzelte Loki. Er beschwor dem schuppigen Alligator ein Paar goldene Hörner, eine winzige Krone, und warf ihn anschließend hinunter in den schwarzen Schacht. Für einen Moment blieb es still, dann hörte Loki Wasser platschen. Damit waren alle Echsen auf Position gebracht. Er erhob sich aus seiner Hocke und schloss ordentlich seinen Mantel. Dann legte Loki den Kopf in den Nacken und rief grinsend nach Heimdall, damit der ihn wieder zurück nach Asgard holte. Dort hieß es nur noch, dem Spektakel, das er gerade in die Wege geleitet hatte, zuzusehen.   ×   Loki korrigiert sich mit einem siegesgewissen Lächeln. Es funktioniert, und es kann sogar Spaß machen. Wenn man sich zusammenreißt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)