Raum und Zeit von behrami ((Titelvorschläge werden entgegengenommen)) ================================================================================ Kapitel 15: Statesman - 2017 ---------------------------- Es ist jetzt zwei Monate her, dass sie mit der Statesman geflohen sind. Inzwischen hat sich eine eigenartige Routine eingespielt, die zwar nichts mit dem bequemen Leben von früher gemein hat, aber irgendwie erträglich ist. Nach Thors improvisierter Krönung, die Loki noch immer juckt wie ein Haar im Auge, haben die Flüchtlinge behelfsmäßig mit dem, was sie an Bord des Raumschiffs fanden, verschiedene Rückzugsräume, Versorgungsstätten und Aufenthaltsmöglichkeiten ausgestattet. Loki hat ein ums andere Mal unter Beweis gestellt, dass seine magischen Kräfte, die er nun schon über Jahrhunderte und Jahrtausende perfektioniert, ihre einzige Rettung sind. Wann immer nötig, beschwört er essenzielle Geräte und notwendige Güter, wenn auch teilweise unter enormem Energieaufwand, der ihn anschließend kraftlos zurücklässt. Vor allem aber der schier unendliche Bedarf an Lebensmitteln, Wasser und Treibstoff treibt sie regelmäßig an den Rand einer Krise. Loki hat inzwischen einen gewissen Ruf als ihr Retter, ganz wie er es den Asen angekündigt hatte, als er mit dem Raumschiff in Asgard aufgetaucht war, um dem verängstigten, in die Ecke gedrängten Volk einen Ausweg zu bieten. Und wann immer er nun hört, wie man sich in einer Ecke des Thronsaals leise und bewundernd über ihn äußert, schwellt sein Brustkorb ein wenig an. Ohne Loki wäre Asgard inzwischen wohl tatsächlich zugrunde gegangen. Wenn er einen guten Tag hat, ruft er sogar zur Belustigung der gelangweilten und quengeligen Kinder Feuerwerk auf. So wie jetzt. „Es ist schön, dich so ausgelassen zu sehen, Bruder.“ Thor macht eine vage Geste mit dem Kopf in Richtung der Funken unter der Hallendecke und setzt sich neben Loki auf die Treppe. Die Stufen führen von der Brücke des Raumschiffs hinunter in den Thronsaal und verbinden ihn direkt mit der Kommandozentrale und dem Korridor mit den wenigen Kabinen, die Thor, Loki, Brunnhilde, Banner und Korg bezogen haben. Still betrachten die beiden die vergnügten Kinder, die in die Luft springen, um Lokis Sternenregen zu berühren. Bisher gibt es wenig Streit unter den Besatzungsmitgliedern, aber Loki ist sich bewusst, dass nur eine zusätzliche Belastung auftreten muss, um die Moral zu kippen. Aus seiner Sicht ist es essenziell, genau das zu verhindern. Erst recht mit dem Hulk an Bord. Thor hat Brunnhilde zur Anführerin der verbliebenen Streitkräfte gemacht. Alle, die kämpfen können, unterstehen nun ihr. Auf Lokis Anraten hin hat sie die asgardischen Soldaten jedoch angewiesen, ihre Helme und Rüstungen abzulegen und sich so weniger bedrohlich unter das Volk zu mischen. Soweit Loki sich erinnert, hat es zwar ohnehin nur wenige Situationen gegeben, in denen die Palastwachen sich jemals gegen die eigene Bevölkerung gerichtet haben. Aber es war ein guter Kompromiss, um die Beengtheit des Schiffes nicht noch zusätzlich zu unterstreichen. Gerecht, gemeinschaftlich, brüderlich. Augenscheinlich ist Thor nicht einmal auf die Idee gekommen, sich über so etwas Gedanken zu machen. Er läuft tagein, tagaus auf dem Schiff herum, erzählt Geschichten von Midgard, um sein Volk auf ihre neue Heimat einzuschwören, und schäkert mit Brunnhilde, wann immer sie ihn lässt. Allen ist klar, wie sehr Thor sich auf die Erde freut. „Sag mal“, beginnt Loki, ohne den anderen anzuschauen, „Hast du dir schon Gedanken darüber gemacht, wie du den Sterblichen erklärst, dass wir ein gesamtes Volk auf ihrem Planeten ansiedeln?“ „Wieso?“, fragt Thor zurück, „So viele sind wir nicht. Und wir bringen Technologie und Arbeitskraft. Meinst du, damit haben sie ein Problem?“ „Möglicherweise nicht... Nicht mit uns. Aber was ist mit denen?“ Thor zögert. Loki weist mit ausgestrecktem Arm auf die Bande an Gladiatoren, die auf Sakaar eingekerkert gewesen ist. Die verschiedenen Wesen lungern in einer Ecke des Thronsaals herum und es ist deutlich, dass sie nichts mit sich anzufangen wissen. Sie sind Kämpfer, keine Reisenden. Und vor allem sehen sie keineswegs aus wie Menschen: Dreiköpfig, metallen, schuppig… Nun ist aber sowohl Loki als auch Thor bewusst, dass die Sterblichen an sich eine ausgesprochen geringe Toleranz für Andersartigkeiten haben. Man denke nur an Banner. Oder dass es ihnen bereits reichte, einander zu hassen, wenn nur jemand eine andere Hautfarbe hatte. Es war nun auch nicht so, dass Loki Korgs Rebellengruppe für eine überaus angenehme Gesellschaft hielt, aber er und die Asen waren zumindest daran gewöhnt, Vertreter von verschiedenen Völkern unter sich zu wissen. Thor hat Loki erzählt, dass Banner hingegen auf Sakaar beinahe den Verstand verloren hat, als er erfuhr, dass er sich auf einem fremden Planeten aufhielt. „Wenn sie erstmal sehen, was wir alles können, werden die Menschen sich schon zusammenreißen. Ich leg ja schließlich ein gutes Wort für sie ein“, antwortet Thor schließlich, aber Loki hört die Spur verbleibende Besorgnis aus seiner Stimme. „Nun gut.“ Loki zweifelt grundsätzlich häufig an Thors Optimismus, aber in diesem Fall nicht nur stellvertretend für die Gladiatoren. Banner hat Recht. Auch ihn wird Midgard alles andere als offen gegenübertreten. Womöglich muss er sich auf Attentate einstellen, wenn es nicht sogar offizielle Regierungen sind, die nach ihm fahnden. Wenn er genauer darüber nachdenkt, wird ihm klar, dass Loki womöglich würde anfangen müssen, seine Gestalt rund um die Uhr zu verschleiern, sobald sie eintrafen. Die Vergangenheit würde ihn andernfalls heimsuchen. Das, was er unter dem Einfluss des Zepters getan hat, unter dem Einfluss des Gedankensteins, wird nicht wieder gutzumachen sein. Auch Odin hat stets behauptet, mit den Jotunen ein Friedensabkommen geschlossen zu haben und hat doch nie selbst wirklich an Frieden geglaubt. Nein, die Vernichtung Jotunheims wurde zu einem asgardischen Feiertag! Und die Quelle der Macht der Eisriesen und damit die einzige Möglichkeit, ihre Welt wieder aufzubauen, hat Odin ihnen auch Jahrtausende später noch immer vorenthalten. Als Herrscher hat Odin den Jotunen nie vertraut und so werden auch niemals wieder die Sterblichen Loki trauen oder ihn auch nur tolerieren, solange sie sich an den Überfall in New York erinnern. Es gibt kein Vergeben ohne Vergessen, nicht wirklich. Gut, dass Loki einen Plan hat. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)