Raum und Zeit von behrami ((Titelvorschläge werden entgegengenommen)) ================================================================================ Kapitel 21: Statesman - 2018 ---------------------------- Sie stehen im Vorzimmer von Thors Kabine und schauen aus dem Fenster. Loki hat das Gefühl, als täten sie seit Wochen und Monaten nichts anderes, als aus dem Fenster zu starren. Und doch ist es diesmal anders. Bis Midgard ist es nicht mehr weit. Man kann bereits den Stern sehen, der im Herzen des irdischen Sonnensystems liegt, und die freudige Erwartung ist der Besatzung der Statesman anzumerken. Der Anblick ihrer zukünftigen Galaxie stimmt Loki froh, vor allem nachdem er bereits begonnen hat, sein Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen. Die Sonne wird wieder für sie scheinen. Doch bis dahin gab es noch eine Sache zu tun. „Hältst du’s wirklich für eine gute Idee, wieder zur Erde zurückzukehren?“ Der andere dreht ihm den Kopf zu und antwortete selbstbewusst: „Selbstverständlich. Die Menschen der Erde lieben Thor. Er ist da echt angesagt.“ Loki atmet mit unterdrücktem Kopfschütteln ob der Ignoranz ein, dann sagt er: „Lass es mich anders ausdrücken. Hältst du’s denn auch für eine gute Idee, dass du wieder zur Erde zurückkehrst?“ „Um ganz ehrlich zu sein, nicht“, gibt Korg augenblicklich zurück. Er greift sich betreten an den steinigen Hinterkopf und schaut Loki zerknirscht an. „Ich versuche einfach, mir keine Sorgen zu machen. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass alles gut wird.“ Er zuckt etwas hilflos mit den Schultern, dann richtet er seinen Blick wieder nach vorne auf die Sonne, ihren Fixstern. Plötzlich schiebt sich ein Schatten vor das Fenster. Loki und der Kronan heben beinahe simultan die Köpfe und lassen die Augen über das gigantische Raumschiff, dass vor ihnen aufgetaucht ist, wandern. Loki bleibt der Mund offenstehen. Nein. Damit hat er nicht mehr gerechnet. Er erkennt das Schiff mit den doppelten Flügeln, die wie zwei schwebende Ebenen von beiden Seiten des Rumpfes abgehen, sofort. Er hat es schon einmal gesehen. Die Sanctuary II. Er weiß, zu wem es gehört. Wie von den Eisriesen gejagt stürmt er aus dem Zimmer, ohne einen weiteren Blick auf Korg. „THOR!“, schreit Loki mit überschlagender Stimme und sein Bruder springt von der Kommandobrücke aus hinaus auf den Flur, „Es ist Thanos!“ Loki sieht, wie seinem Bruder alle Gesichtszüge entgleiten. „Thanos, der Titan?“ Loki bekommt kein Wort heraus, seine Pupillen zittern in den blassen Augen. Thor steht ebenfalls da wie angewurzelt. Loki erblickt durch den offenen Türrahmen Brunnhilde, die sich zu ihnen umwendet, und schreit ihr zu: „Walküre! Evakuier alle! Sofort! So schnell es geht, so weit nach unten wie möglich! Zu den Triebwerken! In die Lagerhallen!“ Sie starrt ihn an. „JETZT!“, brüllt Loki. Sie zuckt zusammen und schlägt ohne weitere Nachfragen auf einen Knopf auf dem Cockpit, woraufhin alarmierende Durchsagen über das ganze Schiff schallen. Dann rennt sie los, durch Thor und Loki hindurch und die Treppe hinab. Der angstgelähmte Blick seines Bruders verschlägt Loki den Atem. Thor scheint es ähnlich zu gehen. Er ist kreidebleich. Als Loki seine Stimme wiederfindet, flüstert: „Er wird uns alle vernichten.“ Im gleichen Augenblick trifft eine Schockwelle die Statesman und selbst Thor verliert für einen Moment das Gleichgewicht. Loki findet sich auf dem Boden wieder, während das Licht über ihnen ausfällt. Sein Kinn schmerzt vom Aufschlag. „Wir müssen etwas tun. Ich-“, keucht er, doch eine Explosion an der Spitze des Raumschiffs übertönt seine Worte. Thor ist zuerst wieder auf den Beinen, greift Loki am Oberarm und zieht ihn hoch. Dann hasten die beiden Brüder Brunnhilde nach. Nur dumpf können sie den Notruf, über das Kreischen der Leute verstehen. Die wenigen bewaffneten Asen und selbst die Gladiatoren haben sich kampfbereit zusammengekauert, doch Loki spürt, wie das Schiff bereits immer mehr an Schlagseite gewinnt. Angeleitet von Brunnhilde und Korg verlassen noch immer asgardische Familien den Thronsaal und den Rest der Ebene, aber ihre Anzahl ist bereits dezimiert. Sie stauen sich an den Durchgängen, die wie Flaschenhälse wirken. Die improvisierten Möbelstücke beginnen, über den Boden zu rutschen und vereinzelt Leute umzureißen, die nicht schnell genug ausweichen. Noch funktioniert die künstliche Schwerkraft, aber wer wusste schon, wie lange? Eine Explosion auf der Brücke taucht den Thronsaal von oben her in blutiges Licht, im nächsten Moment reißt die Druckwelle beinahe alle Anwesenden von den Füßen. Lokis Trommelfelle krachen und er spürt etwas Feuchtes, Warmes aus seinen Ohren tropfen. Er stemmt sich mit schwankendem Gleichgewichtssinn auf die Ellenbogen, blickt Thor in die Augen, der sich ebenfalls aufrappelt, und schreit: „Ich habe einen Plan! Aber halt mir den Rücken frei!“ Mit einem Satz springt er auf die Füße, taumelt. Blickt auf. Dort, wo die Treppe zu den Kabinen war, klafft ein Loch. Gerade ist das noch der obere Treppenabsatz gewesen, jetzt liegen die Stufen als verbogene Metallteile am Boden des Thronsaals. Teilweise sind sie in Stücke gerissen. Stattdessen stehen vier hoch aufragende Gestalten in der Öffnung oberhalb ihrer Köpfe. Auf einen Blick ist zu erkennen, dass sie zu unterschiedlichen Völkern gehören. Drei von ihnen tragen wuchtige Waffen, die vierte ergreift das Wort und hebt die Hände wie zum Empfangen eines Segens: „Freuet euch! Denn ihr sterbt durch die Hände der Kinder des Thanos.“ Alles in Lokis Körper schrillt. Wo ist Banner? Sie brauchen Banner! Er linst in eine dunkle Ecke der schiefstehenden Halle und wie auf Kommando schießt der Hulk von dort hervor, springt auf den früheren Treppenabsatz und stellt sich den Vieren in den Weg. Er brüllt sie an, dass ihnen die Kleidung um die Körper flattert, und auch einige der fliehenden Asen schützen schreiend ihre Köpfe mit den Armen. Inzwischen ist auch Thor in Kampfhaltung gegangen, mit Heimdall an seiner Seite, aber Loki ist sehr wohl bewusst, dass sein Bruder noch immer keine Waffe hat. Hela, seine Schwester aus der Hölle, hatte Mjölnir nach ihrer Wiederauferstehung in Midgard in der Hand zermalmt wie eine Glaskugel. Es war schon ein Wunder, dass Thor den Kampf gegen Hela – und Ragnarök - überhaupt überlebt hatte. Nun, sein Auge hatte er eingebüßt. Loki wirft sich einen Zauber über und verschwindet aus dem Blickfeld seines Volkes, der Sakaar-Rebellen und Thor. Alles in ihm weigert sich, ihnen den Rücken zuzudrehen. In diesem Moment sticht einer der Feinde auf den Hulk ein und es wird deutlich, dass das Monster nur ein Trugbild gewesen ist. Augenblicklich löst er sich in goldenes Licht auf und Loki kann noch das enttäuschte Aufstöhnen einiger Asen hören. Dann hastet Loki bereits über die schräg in der Luft liegenden Gänge, die den Thronsaal mit den anderen Ebenen verbinden. Stolpert beinahe, rennt weiter. Hinter sich hört er weitere Explosionen, Schreie, die kratzenden Geräusche von Schwertklingen. In seinem Kopf brennt die Panik. Nein, nein, nein! Wo war Banner? Wie lang konnte Thor durchhalten? Ohne Hammer? War Thanos der Folterer selbst hier? Loki eilt, fällt beinahe eine Treppe hinunter, nur um an deren Ende durch den angrenzenden Korridor zu hasten und dann schwer atmend eine weitere Treppe wieder nach oben zu hetzen. Wieso hatte er bloß diesen törichten Zauber gewirkt? Wieso hatte er bloß diesen törichten Zauber gewirkt! Als Loki Stimmen am Ende des abzweigenden Flurs hört, durch den er jetzt rennt, verlangsamt er augenblicklich seine Schritte. Er ist auf der Kommandoebene angekommen. Muss alle Muskeln im Brustkorb anspannen, um nicht zu laut zu atmen. Wenn sie ihn entdecken, ist er tot. Und alle anderen auch. Loki lehnt sich mit dem Rücken an die Wand und rutscht langsam, einen Schritt vor den anderen setzend, bis an die Abzweigung, hinter der die Angreifer sich aufhalten müssen. Still. Vorsichtig. Er linst um die Ecke. Nur noch einer der Vier steht auf dem ehemaligen Treppenabsatz, die anderen, so klingt es, richten auf der unteren Ebene Lokis verbliebene Freunde, Familie und Nachbarn hin. Ihm stehen die Haare zu Berge. Schräg gegenüber liegt das Zimmer mit den goldenen Hörnern an der Tür. Sein Zimmer. Sein Ziel. Die Hand gehoben und die Zauber, die den Tesserakt in seinem Zimmer festhalten, auflösend, stürzt Loki in seine eigene Kabine. In Erwartung eines Angriffs hechtet er direkt hinter den Schreibtisch, um sich zu schützen. Wartet mit pochendem Herzen. Zwingt sich, nicht die Augen zu schließen. Doch nichts passiert. Nur das gigantische Raumschiff des Titanen schaut ihm drohend über die Schulter. Loki wird übel, in seinen Ohren klingelt es. Unwirsch Bücher und Schriften herunterfegend, greift Loki hektisch den kleinen Hammer vom Schreibtisch. Er fährt mit der Hand darüber und mit einem Aufleuchten goldenen Lichts gibt er dem Tesserakt sein eigentliches Aussehen zurück, löst endlich die Tarnung auf. Unwirklich wabert das blaue Licht in dem ansonsten still daliegenden Kubus. Nun ist auch der Zauber, der den Tesserakt gegen fremden Zugriff und gegen jegliche aufrufende Magie geschützt hat, endgültig gebrochen. Doch dafür hat Loki wertvolle Zeit vergeudet. Mit zitternden Händen verbirgt Loki den Würfel an seinem Körper und schleicht zum Türrahmen. Er späht hinaus und stellt fest, dass der Treppenabsatz zum Thronsaal leer ist. Doch noch etwas ist anders. Eine gespenstische Stille liegt über dem Schiff, das vor Kurzem noch vor Vorfreude auf Midgard gesummt hat. Thor!, schießt es Loki siedendheiß durch den Kopf. Diesmal macht er sich nicht die Mühe, den Umweg über die anderen Ebenen zu rennen. Es war zu still! Mit zitternden Beinen geht Loki zum Treppenabsatz. Alles in seinem Körper sagt ihm, er solle fliehen. Nicht dorthin gehen. Nicht hinunterschauen. Es graut ihm vor dem Anblick. Und tatsächlich. Als er über die zerrissene Klippe schaut, breitet sich vor ihm ein Blutbad am Boden des Thronsaals aus. Da liegen Wachen. Rebellen. Kinder. Leichen. Galle steigt in Lokis Hals hoch. Die Handlanger Thanos‘ schlurfen drohend durch die Halle wie Aasgeier. Von hier aus kann Loki nur drei der Gestalten sehen. Der mit der Lanze sticht immer wieder auf am Boden liegende Asen ein, die nicht einmal mehr die Kraft haben, um ihr Leben zu flehen. Der Prediger schwingt schwülstige Reden und steigt dabei tänzelnd über die Toten hinweg, als wären sie nur weitere Schuttteile. Ein Dritter steht im Gegenlicht am Frontfenster, wo zuvor noch Thors Thron seinen Platz gehabt hat. Von der Herrlichkeit der Krönung ist nichts mehr übrig. Dieses Raumschiff ist ein Grab. Loki schnürt es den Hals zu, als er stumm seine Gestalt verbirgt und unter dem Deckmantel seines Zaubers den Treppenabsatz herunterspringt. Beim Aufkommen am Boden fühlt er sich wie gelähmt. Wie angewurzelt steht er da und kann den Blick nicht abwenden von der Silhouette vor dem Fenster. Er hat sich geirrt. Das ist keiner der Handlanger. Die Panik steigt ihm bis unter die Kopfhaut, er vergisst, seinen Zauber aufrecht zu erhalten. Augenblicklich steht er für alle sichtbar im Raum. Doch niemand reagiert. Hinter sich hört Loki die schleimige Stimme desjenigen, der schon zu Anfang das Wort an sie gerichtet hat. „Hört meine Worte und erfreut euch ihrer! Euch wurde das Privileg zuteil, von dem Großen Titanen errettet zu werden. Ihr mögt dies als Leid empfinden... Nein, es ist Erlösung! Die Waagschalen des Universums sind etwas mehr im Gleichgewicht dank eures Opfers.“ Red‘ nicht so geschwollen daher!, knurrt Loki innerlich, doch er bekommt die Zähne nicht auseinander. Seine Muskeln sind so verkrampft, dass er kaum Luft holen kann. Und ohnehin verschlägt der Gestank nach verbranntem Haar und Fleisch ihm den Atem. Der Prediger rückt in Lokis Blickfeld. Ohne ihn zu beachten, säuselt er friedlich: „Lächelt, denn selbst im Tode seid ihr zu Kindern des Thanos geworden.“ Hölzern starrt Loki ihm nach, unfähig, ein Wort herauszubringen. Dabei will er ihm alle Flüche an den Kopf werfen, die die Welten kennen. Er hatte einen Plan gehabt, sein Schicksal zu ändern! Und jetzt… Und jetzt… jetzt…. Loki kann sich nicht durchdringen, die Gedanken zu Ende zu denken. Als die Gestalt am Fenster sich zu ihm umwendet und mit tiefer Stimme zu sprechen beginnt, fasst Loki sie reflexartig in den Blick. „Ich weiß, wie es ist, zu verlieren. Dieses verzweifelte Gefühl, im Recht zu sein und dennoch zu scheitern.“ Er kennt diese Stimme. Vor Jahren hat sie in Lokis Anwesenheit mit dem Unterhändler des Thanos gesprochen, bevor Loki das Zepter erhalten hat. Erst jetzt realisiert Loki, wer die Leiche zu Thanos‘ Füßen ist. Der Titan, von oben bis unten durch eine goldene Rüstung geschützt, die im krassen Kontrast zu seiner violetten Hautfarbe steht, ragt übermächtig neben Thors reglosem Körper auf. In Loki zerbricht etwas. Kurz wird ihm schwarz vor Augen. Er hatte doch einen Plan gehabt… Dann sieht Loki, wie Thors Hand sich bewegt. Nur leicht, wie ein Zucken. Lokis Augen weiten sich, genau so wie seine Luftröhre. Gierig saugt er die Luft ein. Thanos geht in die Knie, greift Lokis Bruder am Brustpanzer und hebt ihn hoch wie eine Puppe, ein Spielzeug. Langsam geht der Titan auf Loki zu, jeder Schritt eine Drohung. Loki fürchtet, dass ihm die Beine nachgeben. „Es ist beängstigend. Die Knie werden weich.“ Kann Thanos auch noch Gedanken lesen? Lokis Pupillen ziehen sich zusammen, sein Blickfeld wird klein. Er will mit erstarrtem Herzen zurückweichen, doch hinter ihm haben die vier Handlanger sich aufgereiht. Einer von ihnen bedroht ihn mit einem dreizackigen Speer, direkt auf Kopfhöhe. Instinktiv zieht Loki die Schultern hoch. „Doch ich frage euch, was nützt das?“, sagt Thanos und Loki hört in seinem Tonfall, dass er eine unterschwellige Wut überspielt, „Fürchtet es, flieht davor... das Schicksal holt euch trotzdem ein.“ Schicksal. Obwohl Loki sich alle Mühe gibt, auszumachen, wie schwer Thor verletzt ist, schafft er es nicht, den Blick von Thanos abzuwenden. Wie das Kaninchen vor der Schlange steht er da, während sein Bruder schmerzerfüllt stöhnt. Handlungsunfähig. Gelähmt. Er hatte einen Plan gehabt, für sich, für sein Leben. Aber jetzt hat er noch einen. Einen neuen Plan. Für jetzt. Nicht den eigentlichen, nicht den für die sorgenfreie Zukunft. Loki hat immer einen Plan. Er muss ihn Er muss ihn nur Er muss ihn ausführen. Siegesgewiss tritt Thanos auf Loki zu: „Und nun ist es hier. Oder sollte ich sagen: Ich bin hier?“ Das Schicksal. Irgendetwas in Lokis Kopf blitzt. Rastet ein. Findet seinen Platz. Er kann nicht sagen, ob es Thors Ächzen ist, als er von Thanos zwar fallen gelassen, aber noch immer von der riesigen violetten Pranke am Kopf gepackt wird, das es ausgelöst hat, oder ob es etwas Altes ist, das in Loki erwacht. Etwas springt an, wird größer, bringt ihn in Bewegung. Loki schüttelt sein Handgelenk und auf magische Weise erscheint der Tesserakt auf seiner leeren Handfläche. Thor keucht auf bei dem Anblick. „Du bist wahrlich… der schlimmste Bruder, den man haben kann“, presst er undeutlich hervor, während Thanos Thors Kopf zu zerquetschen droht. Doch kaum, dass Thor zu Ende gesprochen hat, nimmt Loki den blauen Kubus zwischen beide Hände. Mit dem reißenden Gefühl von Abschied holt Loki Luft, dann durchfährt ihn eine so starke Stoßwelle, dass alles außer ihm selbst, der er mit dem Tesserakt verbunden ist, nach hinten gedrückt wird. Selbst Thanos weicht einen halben Schritt rückwärts, was dafür sorgt, dass sich Thor aus seiner riesigen Hand befreien kann. Dumpf fällt Thors Kopf zu Boden, mit dem Gesicht voran auf den metallenen Untergrund. Der Tesserakt glüht weiter auf, bekommt kleine Risse und dann berstet er in Myriaden kleiner Splitter. Wie eine Sprengladung bohren sie sich in alles, was sie umgibt, zerreißen Lokis Arme, seine Brust, bohren sich in seinen Hals, werden von seinen Rüstungsteilen abgelenkt und schneiden ihm ins Gesicht. Doch er hält die Augen geöffnet, starr auf Thanos gerichtet. Die Kinder des Thanos, die ebenfalls von den Geschossen getroffen werden, kreischen hinter Loki auf und schützen ihre Gesichter mit ihren Armen. Die rasiermesserscharfen Teilchen prasseln in alle Ecken des entweihten Thronsaals. Und zwischen all den Bruchstücken kommt etwas Neues zum Vorschein. Ein funkelndes kleines Juwel, das zwischen Lokis aufeinander gerichtete Handflächen schwebt. Es leuchtet strahlend blau und erinnert ihn für den Bruchteil des Moments an die Urne der Jotunen. Doch diesmal ist Loki froh über diesen Anblick. Er bildet sich ein, leise das alte, sehnsuchtsvolle Lied in seinem Kopf zu hören, doch er reißt sich los. Er hat keine Verbindung mehr zu den Eisriesen, er ist sein eigener Herr! Loki umfasst den Raumstein mit einer Hand und schleudert ihn auf Thanos. Alles geschieht wie in Zeitlupe. In dem Moment, indem der Stein in Thanos‘ goldenen Brustpanzer einschlägt, reißt die Atmosphäre auf. Eine blaue Stichflamme explodiert an genau dieser Stelle, verzehrt Thanos und lässt Loki Sterne sehen. Der Energieschub schleudert ihn nach hinten und schlägt ihn hart auf den Metallboden. Und dann ist es still. „Was“, keucht Thor als erster und rappelt sich nach einem Augenblick schwankend auf die Füße, „hast du gemacht?“ „Ich habe ihn weggeschickt. Soweit ich nur konnte“, bringt Loki atemlos hervor, während er noch im Liegen den Kopf zu den Handlangern herumdreht. „Du bist wirklich“, sagt Thor und tritt taumelnd an Lokis Seite, „der Gott des Schabernacks.“ Lokis Mundwinkel zucken für eine Sekunde. Dann ergreift er Thors ausgetreckte Hand und zieht sich daran auf die Füße. Blutüberströmt stehen die beiden Brüder nebeneinander, doch für einen Moment ist es wie früher. Dann beginnt der Tanz. Loki feuert in einer fließenden Bewegung beider verschlissener Arme die erste Salve Dolche auf die vier Feinde. Die Kinder des Thanos, offenbar noch immer sprachlos über das Verschwinden ihres Meisters, suchen vergeblich Deckung. Thor bückt sich schwankend, greift ein am Boden liegendes Schwert und klaubt es auf. „Nicht gerade Mjölnir, aber ein Anfang“, scherzt Loki in einer Tonlage, die ihm gar nicht ähnlich klingt, und spürt Thors Hand auf seiner Schulter. Sein Bruder muss sich festhalten, um die Balance wiederzufinden. Obwohl eine Rüstungsplatte dazwischen ist, bildet Loki sich ein, durch die Berührung Wärme zu spüren. „Machen wir sie fertig.“ „Für Asgard.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)