Raum und Zeit von behrami ((Titelvorschläge werden entgegengenommen)) ================================================================================ Epilog: Epilog -------------- Obwohl er sich schon seit Stunden hier aufhält, ist es noch immer ein befremdliches Gefühl, zurück zu sein. Und egal, wo Loki sich befindet, er hat permanent das Gefühl, ein Flüstern folge ihm, und zwar keines der guten Sorte. Köpfe drehen sich nach ihm um, rücken zusammen und besprechen verhalten ihre düsteren Vermutungen. Selbst hier noch, auf dieser Insel am Ende der Welt. Und irgendwie erfreut es ihn nicht mehr, Angst zu schüren. Es ermüdet ihn und er kommt sich vor wie in einem Kreislauf, aus dem er nicht ausbrechen kann. Er ist erneut das Monster, von dem die Eltern ihren Kindern Schauergeschichten erzählen. Als Loki eine verlassene Gasse betritt, nutzt er einen unbeobachteten Moment und wechselt seine Gestalt. Aus den Anzugschuhen werden lederne Schnürstiefel, aus seiner Hose eine nahtlose Strumpfhose und sein dunkles Jackett verwandelt sich in ein waldgrünes Kleid mit Goldapplikation um den Hals. Nur der lange schwarze Mantel bleibt derselbe. Zügigen Schrittes läuft er über die vereiste Straße und zieht gegen den pfeifenden Wind den Kragen enger. Als Loki sich durch die Haare fährt, sind sie gewellt und blond. Auf den Haarreif verzichtet er diesmal. Natürlich hat er niemandem gesagt, wohin er verschwunden ist. Oder wie lange er fortbleiben würde. Vermutlich bekommt Thor bereits Zustände, weil Lokis mysteriöse Abwesenheit für ihn in den letzten zehn Jahren immer nur Leid bedeutet hat. Die Korridore der Universität von Island verlaufen noch genau so, wie er es in Erinnerung hat. Mehrere der Büroschilder sind neu beschriftet, haben offenbar neue Verwendungszwecke. Kein Wunder, nach irdischen Maßstäben war mehr als nur ein wenig Zeit vergangen. Es gibt aber ohnehin nur eine Tür, für die Loki sich interessiert. Als er davor stehenbleibt, streckt er die Hand in den Mantel und zieht die Visitenkarte heraus. Sigyn Volundardóttir. Er gleicht die Karte nickend mit dem Namensschild neben der Tür ab. Jetzt hat er keinen Grund mehr, wieder nach Hause zu gehen. Loki hebt die Hand, um zu klopfen, doch kurz bevor seine Knöchel das graue Holz berühren, zögert er. Sein Stolz streitet sich mit seinem Wunsch, endlich Ruhe zu finden. Er klopft. „Herein!“, antwortet eine Frauenstimme. Loki öffnet nur langsam die Tür, als habe sein Körper sich noch immer nicht gänzlich damit abgefunden, seinem Kopf zu gehorchen, und tritt ein. Ein kleines, charakterloses Büro breitet sich vor ihm aus. Es wird dominiert von einem vollgeladenen Schreibtisch, die stereotype Zimmerpflanze steht in der Ecke. An der Pinnwand daneben hängen eine Handvoll englischsprachige Zeitungsausschnitte über, ausgerechnet, Thor, Loki und die Avengers. Einer zeigt Jane Foster und Thor bei der Konferenz in Island. Lokis Bruder grüßt breit grinsend mit dem Hammer in die Kamera. Alle Fotos sind bereits von der spärlichen isländischen Sonne ausgeblichen. Eine Frau mit Rotstich im Haar und Brille sitzt an einem Computer und schaut ihn erfreut an. „Ach, Sylvie, bist du da? Wie schön dich zu sehen! Das muss ja eine Ewigkeit her sein. Was kann ich für dich tun?“ Die Frau deutet vage auf den vor dem Schreibtisch stehenden Stuhl, aber Loki bringt es nicht über sich, sich zu setzen. Wenn er sich setzt, ist es entschieden. „Du hast mir vor Ewigkeiten mal diese Karte gegeben. Ich will wissen, ob das Angebot noch steht.“ Loki schiebt die Visitenkarte über den Schreibtisch. Die Frau rückt ihre Brille etwas tiefer auf die Nase und mustert über den Rand hinweg ihre eigene Handschrift. Ihre Augenbrauen ziehen sich irritiert zusammen, die Verwirrung steht ihr ins Gesicht geschrieben. Es ist bereits beinahe sieben Jahren her, dass sie mit einem blauen Kugelschreiber ihre Telefonnummer unterstrichen und „Falls du mich mal brauchst“ darauf geschrieben hat. „Woher hast du-“, setzt sie an, aber erstarrt mitten im Satz, als sie von der Karte aufschaut. „Du hast sie mir selbst gegeben“, antwortet Loki sanft. Er hat die Maskerade fallenlassen und hat seine eigene Gestalt wieder angenommen. Auf seine asgardische Tracht hat er verzichtet, aber offensichtlich macht er auch so genügend Eindruck. Der Frau entgleisen die Gesichtszüge. „Larus!“, ruft sie aus und fährt von ihrem Stuhl hoch, „Ich meine, L-“ „Ich sehe, du erinnerst dich an mich.“ Loki verschränkt die Arme vor der Brust und versucht, den entsetzten Blick der Psychotherapeutin nicht an sich heranzulassen. Und auch nicht, dass sie mit zittrigen Fingern nach ihrem Smartphone greift. Mit übermenschlicher Geschwindigkeit kommt Loki Sigyn zuvor. „Es gibt keinen Grund, sich zu fürchten. Ich bin in friedlicher Absicht hier. Ich bin nicht mehr wie… damals.“ Er zuckt mit den Augenbrauen und sein Blick huscht zur Pinnwand. Dann legt Loki ganz langsam das Telefon wieder auf den Tisch. Augenblicklich nimmt Sigyn es in beide Hände wie einen verloren geglaubten Schatz. „Was… willst du dann?“, fragt sie und Loki merkt, wie sie mit ihrem Bürostuhl ein klein wenig vor ihm wegrollt. „Wie gesagt. Ich möchte wissen, ob dein Angebot von damals noch steht.“ Er deutet auf die Visitenkarte. „Und w-was war das gerade mit Sylvie?“ „Ich weiß nicht einmal, wer das ist. Ihr seid bekannt? Ich nehme an, ich habe sie vor langer Zeit mal irgendwo gesehen und ihre Gestalt hat mir zugesagt. Das ist alles. Du weißt aber offenbar um meine Fähigkeiten?“ „Jeder weiß das! Alle wissen alles über dich!“ „Das will ich doch nicht hoffen“, antwortet Loki und schmunzelt. Als die Frau ebenfalls mit den Mundwinkeln zuckt, hat er das Gefühl, dass sich etwas löst. Ihr scheint es ähnlich zu gehen. Loki setzt sich hin. Für einen Moment sortiert Sigyn sich. Sie schiebt ihre Brille wieder auf die Nase, greift einen Schreibblock und einen blauen Kugelschreiber und sagt dann, sich offensichtlich auf ihre Professionalität berufend: „Mit welchem Anliegen kommst du denn zu mir?“ „Nun, wo soll ich beginnen…“ Er überschlägt die Beine, dann öffnet er die Arme weit. „Ich bin Loki, von Asgard. Und ein glorreiches Ansinnen ist meine Bürde.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)