Reifeprüfung von KatieBell (Entscheidungen, die das Leben beeinflussen) ================================================================================ Kapitel 3: Betroffenheit ------------------------ Eines Abends saß sie auf dem Astronomieturm, auf der Ausichtsplattform und hatte sich ans Geländer gesetzt. Ihre Füße baumelten ins Freie, während ihre Hände ein Ultraschallbild festhielten. Sie war völlig alleine hier oben. Sortierte ihre Gedanken. Das Bild war jetzt drei Wochen alt und sie in der 8. Woche. Katie seufzte. Sie war müde und kraftlos. Seit zwei Wochen ging sie wieder in den Unterricht. Sie versuchte mit dem Stoff hinterher zu kommen, um sich abzulenken, aber es gelang ihr nicht wirklich. Immer noch hatte sie Probleme mit der Übelkeit. Ganz besonders morgens. Das Essen behielt sie kaum drin, so dass sie selbst in den Stunden an einem Zwieback knabberte. Ziemlich auffallend für andere Schüler, dass man ihr erlaubte, während dem Unterricht essen zu dürfen. Aber keiner stellte es in Frage. Mit Sicherheit gingen so einige Gerüchte durch das Schloss. Katie hatte mal aufgeschnappt, dass die Weasley-Zwillingen behaupteten, sie hätte eine Magen-Darm-Grippe verschleppt. Leanne stattdessen hatte von Oliver gehört, dass sie nur simulierte, um vom Training außenvor gelassen zu werden. Nachdem Fauxpas beim letzten Spiel, war Oliver mehr als angepisst auf sie. Gryffindor hatte das Spiel gegen Slytherin haushoch verloren und ihr Kapitän machte sie auch noch dafür verantwortlich. Jedoch war ihr das scheiß egal. Manchmal war sie kurz davor gewesen, ihm einfach vor die Füße zu Kotzen. Im wahren Sinne des Wortes. Sie würde alles tun, um beim Training dabei zu sein, oder allgemein fliegen zu können. Aber die Oberheilerin hatte ihr das ausschließlich untersagt. In ihrem Zustand sollte sie auf keinen Besen steigen und auch von der Praxis in Zaubertränke war sie befreit worden. Die verschiedene Dämpfe der Tränke könnte eventuell gefährlich für das Ungeborene werden. Dabei war sie sich immer noch nicht sicher, ob sie das Kind behalten sollte, oder ob sie die Schwangerschaft abbrach. Sie hatte genaugenommen, noch sechs Wochen Zeit, sich das zu überlegen. Bis zur 14. Schwangerschaftswoche war eine Abtreibung gesetzlich möglich. Danach würde es als lebendes Wesen zählen und jeder Abbruch, würde als Tötung gewertet werden. Es sei denn, es würden psychische Erkrankungen im Raum stehen, oder ein Trauma in der Vorgeschichte vorangegangen sein. Das traf jedoch nicht auf sie zu, auch wenn das ganze Thema sie ziemlich belastete. Marcus hatte sich auch in den restlichen drei Wochen nicht mit ihr ausgesprochen. Das war ein stummes Zugeständnis, dass er mit ihr wohl einfach nichts mehr zutun haben wollte. Es tat so weh und der Ort, an dem sie nun saß, machte es nicht besser. Sie konnte nur nicht anders. Ihr Herz hing hier oben. Denn hier waren sie sich das erste Mal näher gekommen. Im letzten Schuljahr war sie in Astronomie gerade so mit einem Annehmbar durchgerutscht, was Professor Sinistra dazu veranlasste, ihr einen Nachhilfepartner zur Seite zu stellen. Die Lehrerin hatte ihr ausgerechnet Marcus ausgesucht, der am Anfang gar nicht angetan davon war, aber Professor Sinistra zu widersprechen war genauso lebensmüde, wie Snape mal ein Antischuppen Shampoo zu empfehlen. Die ersten Nachhilfestunden waren hart an der Grenze gewesen. Es gab Sticheleien, Streitereien, Beschimpfungen. Alles wie immer eigentlich. Als sie dann ihren ersten Test zurückbekam, auf dem sie ein Schrecklich hatte, brach sie fast in Tränen aus. Astronomie war eines ihrer Lieblingsfächer, wenn auch sie anscheinend mega schlecht darin war. Aber sie genoss die Atmosphäre hier oben. Wie oft hatten sie Sternschnuppen beobachtet und dieses Phänomen als schön empfunden. Oder zu wissen, dass man im Nachthimmel stets in die Vergangenheit schaute. Es war einfach beruhigend für sie, als die ganzen anderen Fächern, in denen es immer stressig zuging. Jedenfalls, nachdem Test hatte Marcus sie zur Seite genommen und hatte sie ehrlich gefragt, wieso sie überhaupt dieses Fach belegte, wenn sie sich keines der einzelnen Sterne in ihrem Hirn behalten konnte. Sie beantwortete ihm die Frage mit der selben Aufrichtigkeit und dann meinte er plötzlich, dass sie das schon hinkriegen würden. Von da an hatte sich das Miteinander verbessert. Mal hier und da ein zynischer Spruch, aber nicht mehr so verletzend. Als sie dann beim nächsten Test immerhin ein Annehmbar bekam, war er der Erste gewesen, der es erfuhr. Sie hatte ihn zwischen dem Mittagessen abgepasst und überschwänglich, wie sie in ihrer Euphorie über die gute Note eben war, ihn umarmt. Schnell wurde ihr bewusst, was sie hier getan hatte und ging zügig auf Abstand. Entschuldigte sich tausendmal, ließ ihn gar nichts sagen und verschwand so schnell, wie sie bei ihm aufgetaucht war. Bei der nächsten Nachhilfestunde hatte sie extra mit dem Abendessen getrödelt, da sie nicht wusste, wie sie ihm gegenübertreten sollte, nachdem sie ihn offenbar so überfallen hatte. Was er von ihr wohl dachte? Was sie über ihn dachte...? Denn die anfängliche Abneigung gegenüber dem Slytherin war sichtlich gesunken und vielleicht auch, weil sie begann ihn sogar zu mögen. Katie konnte sich noch gut daran erinnern, wie merkwürdig es war, neben ihm auf dem Boden zu sitzen, während sie gemeinsam ihre Fehler bei dem Test durchgingen. Sie hatte bemerkt, wie sein Blick immer wieder zu ihren Augen führte und wie fahrig er wurde. Sie war überhaupt nicht bei der Sache gewesen und als sie bei der Zeichnung einer Winter-Sternenkarte falsche Sternebilder einzeichnete, hatte er sie angefahren und wollte ihr den Kohlenstift aus der Hand nehmen, um das Gröbste zu retten. Sobald sich ihre Hände berührten, begann ihr Herz so stark gegen ihre Brust zu klopfen, dass es ihr schwer fiel im Einklang mit ihrem Puls zu atmen. Die Dunkelblonde wich von ihm zurück, wobei er hingegen in der Position verharrte. Dann trafen sich ihre Blicke und... irgendwie... hatte sie bemerkt, dass sich etwas verändert hatte. Ein Funken. An diesem Abend küsste er sie dann auch noch das erste Mal und sie ließ es zu. Klammerte sich regelrecht an ihm fest und ihr wurde klar, dass sie Gefühle für ihn entwickelt hatte. Sie sträubte sich zuerst dagegen, aber sie kam nicht drum herum, ihn zu meiden. Sie wollte in seiner Nähe sein und eine Woche später hatte sie ihren gesamten Gryffindormut zusammengenommen und ihm genau das gesagt. Schon gefasst darauf, dass er sie ablehnen würde. Immerhin war er im Haus Slytherin und dazu war sie noch im gegnerischen, verhassten Quidditchteam. Dass er jedoch sagen würde, dass er sich in sie verliebt hatte, war fernab von allem, was sie je erwartet hätte. Katie schluchzte leise und immer mehr Tränen fielen auf das Ultraschallbild. Sie hatten sich aufrichtig geliebt. Sie liebte ihn immer noch, aber diese Funkstille brach ihr das Herz. Immer wieder fragte sie sich, wieso sie sich darauf eingelassen hatte. Egal, wie schön die Erinnerungen waren, jetzt an ihn zu denken und zu wissen, dass er sie einfach ausblendete, als wäre sie nicht da. Nicht existent. Es schmerzte so sehr. „Ah... hier bist du, Kitty.“ Erschrocken fuhr sie herum und erkannte Graham auf der Wendeltreppe stehen. Er war ein bisschen außer Puste und stützte sich am oberen Treppengeländer ab. Schnell wandte sie sich wieder ab und wusch sich die Tränen zügig aus ihrem Gesicht. „Dich zu finden ist echt schwierig.“, hörte sie ihn dann und seine Schritte kamen näher. Eilig steckte sie das Bild in die Bauchtasche ihres grauen Hoodies und verstaute ebenfalls ihre beide Hände darin. Gerade rechtzeitig, denn Graham ließ sich neben sie fallen und seufzte angestrengt seinen Atem heraus, bevor er erneut das Wort erhob. „Was tust du hier oben?“ Katie machte keine Anstalten irgendetwas zu sagen. Mit Sicherheit würde er ihre brüchige Stimme bemerken und das war das Letzte was sie gebrauchen könnte. Sie wollte nicht, das verletzende Mädchen sein und damit ihm eine Angriffsfläche bieten. Sie fühlte sich schon elendig genug, auch ohne sein Zutun. „Kitty...“, sagte er wieder diesen verhassten Spitznamen, was sie laut schnauben ließ, „Katie.“, sagte er dann und sie hörte die Besorgnis in seiner Stimme, „Jetzt schweig mich nicht auch noch an, dass macht Marcus schon die ganze Zeit.“ „Dann hat...“, schluckte sie kurz, „... das wohl einen Grund.“ Sie war fast stolz auf sich, dass sie recht sicher klang. Ohne das Zittern ihrer Traurigkeit in ihrer Stimme. „Welchen denn? Meinst du, ich bekomm das nicht mit, dass ihr euch aus dem Weg geht?“, fragte er dann das offensichtliche. Er irrte sich. Sie hatte sehr wohl mitbekommen, dass andere über sie tuschelten. Gerade das Slytherin Quidditchteam. Andy und Jonathan waren beide in ihrem Jahrgang, genauso wie Graham. Sie hatten sie im Unterricht erlebt. Ihr war klar, dass sie zu bemerken schienen, dass es da ein Problem zwischen ihr und Marcus gab. Den Anderen fiel das sicherlich auch auf. Immerhin war sie seit über einem Monat nicht mehr im Slytherin Gemeinschaftsraum gewesen. Auf die richtige Lösung kamen sie wohl nur nicht und offenbar hatte ihr Kapitän auch nicht mit ihnen gesprochen. „Was ist bei euch passiert?“, fragte er erneut betroffen. „Nichts.“, presste sie atemlos heraus, da sie schon wieder aufkommende Tränen spürte. „Ganz ehrlich, Katie. Jeder Blinde sieht, dass da was geschehen ist. Nachdem Spiel wollte ich euch beide besuchen, aber weder Marcus war im Krankenflügel, noch du. Sogar Poppy war verschwunden.“ Sie schluckte die Tränen hinunter. Offenbar war Graham zu der Zeit im Krankenflügel, als sie schon längst im St. Mungo war und Marcus... sich aus dem Staub gemacht hatte. „Ich dachte, ihr mischt euch nicht ein.“, sagte sie trocken und resigniert. Eigentlich wollte sie das Gespräch überhaupt nicht. Es wühlte sie viel zu sehr auf. Über eine Sache, die sie noch nicht einmal annährend, überwunden hatte. „Du gehörst halt jetzt zu uns.“ Er sagte es so liebevoll und zugleich so selbstverständlich, dass sie nicht anders konnte, als laut auf zu schluchzen. Irritiert sah Graham auf sie herab und verstand offenbar nicht, was jetzt los war. „Warum weinst du denn jetzt?“, kam es überfordert von ihm, „Hey... das wird schon wieder.“, sagte er unsicher und sie merkte seine Hand auf ihrer Schulter, „Egal, was vorgefallen ist. Du musst es mir auch nicht erzählen, aber ich kann dir sagen, dass Marcus dich wirklich liebt.“ Diese eine Aussage hatte so plötzlich ein Ventil geöffnet. All den Kummer und diese große Verzweiflung sprudelte einfach nur noch aus ihr heraus. „Einen scheiß tut er!“, fuhr sie zu ihm herum, so dass seine Hand von ihrer Schulter rutschte, „Du willst also wissen, was passiert ist?!“ „Eh...“, kam es nur mit einer Silbe aus seinem Mund, noch mehr verwirrt als vorher schon. „Hier, ich zeig's dir!“, zischte sie und im nu hatte sie das Ultraschallbild aus ihrer Hoodie Tasche gezogen und es gegen seine Brust gedrückt, „Ich bin schwanger und er hat sich einfach verpisst! Wir gehen uns nicht aus dem Weg, das tut er schon von ganz alleine!“, rief sie aufgebracht und kämpfte sich heulend auf die Beine. „Verfluchter Drachenmist... das... Katie...“, stammelte er und sie konnte im Augenwinkel sehen, wie er abwechselnd zu ihr und dem Bild sah, „Das hat er die ganze Zeit verschwiegen...“, murmelte er leise, „... aber warum?“ „Ich kann's dir sagen warum!“, keifte sie erneut, als sie endlich sicher stand, „Ich bin schuld. Ich hab die Pille zusätzlich genommen, ohne von dieser bescheuerten Wechselwirkung zu wissen und...“, sie stoppte abrupt. Die Tränen liefen wie ein Wasserfall über ihre Wangen. Meine Güte, dieses Problem wuchs ihr einfach über den Kopf. Sie hatte keinen bock mehr auf diese Zerrissenheit und diese innerlichen Schmerzen und schon gar nicht mehr auf diese verkorkste Beziehung. „Weißt du was...“, atmete sie heftig aus ihrer Nase, „Da er ja zu feige dafür ist, wenigstens ordentlich Schluss zu machen, kannst du es ihm ja sagen! Ich hab keine Lust mehr, darauf zu warten und zu hoffen, dass er zurückkommt und sich diesem Gespräch stellt. Ich habe keine Lust mehr, mir darüber den Kopf zu zerbrechen, warum er mich seit fünf Wochen ignoriert, als... als...“, sie zog eilend den Rotz aus ihrer Nase wieder hoch, „... als würde ich nicht existieren! Als würde das, was in meinem Bauch wächst, nichts bedeuten!“, weinte sie bitterlich. Egal, wie sie sich früher gegenseitig verletzten. Das hier war um ein tausendfaches schlimmer. Wie konnte sie sich nur in so eine feige Schlange verlieben? Ständig hatte er gesagt, dass er diese Heimlichtuereien nicht mehr wollte. Dass er sich mit ihr in der Öffentlichkeit zeigen wollte. Aber sobald es wirklich um etwas ging, zog er den Schwanz ein und schnitt jeden Kontakt zu ihr ab! Warum konnte er nicht wenigstens an ihrer Seite sein, so wie er es ihr immer gesagt hatte?! Wieso ließ er sie im Stich, als hätte er sie nie geliebt?! Als wäre sie nur Eine von vielen?! So viele Fragen, aber eine Antwort wollte sie schon lange nicht mehr. „Katie... ich schwöre, ich wusste davon nichts. Er ist seit dem Tag des Spiels wie ausgewechselt, ja... aber-“ „Ich will's nicht hören!“, fuhr sie ihm dazwischen, „Sag ihm, ich hab's kapiert und... dass er sich keine Sorgen machen muss, dass da irgendwas auf ihn zukommt. Und dass er ruhig wieder die selbe Luft, im selben Korridor atmen kann wie ich. Soll er von mir aus so tun, als wäre ich nicht da, weil uns verbindet schließlich nichts!“, schluchzte sie erneut laut auf, bevor sie sich abwandte. „W-warte! Katie!“, rief er ihr nach und seine Schritte waren zugleich bei ihr. Er stellte sich vor sie, auf den Treppenabsatz. Da er um fast einen ganzen Kopf größer war, hob sie ihren etwas dabei an. Aber in seine braune Augen sehen, konnte sie dennoch nicht. „Du irrst dich sicher. Ich werd' mit ihm reden, ich verspreche es. Ihr müsst eine Lösung finden.“, sagte er mit fester Stimme und hielt ihr das Bild ihres Ungeborenes entgegen. Katie wusste nicht, wieso ihre nächsten Worte so selbstsicher klangen. Vielleicht war sie schon fertig mit der Sache. Hatte die ganze Scheiße endlich überwunden. „Ich habe bereits meine ganz persönliche Lösung gefunden, Graham.“, sagte sie fürchterlich abgeklärt und schob das Bild zu ihm zurück, „Das brauch ich nicht mehr. Rahm's dir ein, oder verbrenn es... weil das Ding wird es bald auch nicht mehr geben.“ Sie schubste den Slytherin zur Seite und eilte die Treppe hinunter, bevor sie noch vor ihm zusammenbrach. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)