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Die Hölle von Bamberg

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Ein dickes Sorry an alle, die auf etwas anderes gehofft haben, aber mir steht gerade mehr der Sinn nach etwas Folter und Hinrichtung. Wer meinen Eric und mein Buch "Schlaf Kindchen, schlaf" kennt, der weiß, dass ich auch solche Themen gerne mal beschreibe und das nicht zu knapp.

Für diese Geschichte habe ich mich sogar auf nach Bamberg gemacht und habe einige der Folterinstrumente angesehen. Außerdem habe ich den Hexenhammer zu Hause stehen, lese ihn bereits zum dritten Mal und auch ein Buch über Folter in der Kirche schmückt mein gut sortiertes Bücherregal.

Da diese Story aus der Sicht einer Hexe geschrieben wird, würde ich Leser mit schwachen Magen bitten, dieses Buch zu meiden. Ich umschreibe hier nichts, schreibe sehr wohl, was mit dem Körper unter gewissen Foltermethoden passiert und ebenso, wenn jemand hingerichtet wird. Beachtet das also bitte, dass ich hier keine Kindergeschichte schreibe.

Trotzdem solltet ihr noch wissen, dass diese Geschichte fiktiv ist, es diese Frau niemals gab und von mir erdacht wurde. Einzig die kommenden Fakten sind real und erschreckend zugleich.

Wer sich traut, ist herzlich eingeladen ab Januar 2023 zu lesen und wie immer sind Kommentare gerne gesehen und erwünscht. Komplett anzeigen

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Düstere Fakten

Hexenverfolgung in Deutschland ist eins der düstersten Kapitel deutscher Geschichte.
 

Deutschland im 17. Jahrhundert war die Hochzeit der Hexenverfolgung. Im fränkischen Hochstift Bamberg erreichte das Morden einen traurigen Höhepunkt. Allein zwischen 1612. und 1623. wurden hier etwa 1000 Menschen als Hexen verbrannt.
 

Weltlicher und geistiger Herrscher vom Bamberg war im Jahre 1623 Fürstbischof Johann Georg II. Fuchs Freiherr von Dornheim und mit größter Schärfe gegen die angebliche Hexen-Plage vorging.
 

Der Fürstbischof galt jedoch eher als schwache Person, Lenker und Anstifter der Hexenprozesse war Weihbischof Friedrich der geistlichen Verwaltung. Ein fanatischer Katholik, der im Hochstift schon ein Jahr zuvor in seinen Predigten die Angst vor Hexen und Dämonen schürte.
 

Dass man heute so viel über die Hexenprozesse in Bamberg weiß, ist einer einmaligen Dokumentation des Grauens zu verdanken. Über 800 Verhörprotokolle wurden aus dem Altpapier gerettet und der Stadt vermacht. Heute lagern in den Archiven der Stadt Bamberg unzählige Folterprotokolle, Testamente, Geständnisse, Urteile, Gnadenzettel, Briefe und Anklageschriften. Bedrückende Zeugnisse aus längst vergangener Zeit.
 

Anhand dieser Akten lassen sich die Schicksale einzelner Menschen rekonstruieren. So auch die Geschichte des vierzehnjährigen Hans Mohrhaupt, mit dem die Hexenverfolgung in Bamberg ihren Anfang nahm. Der Junge hörte von der Geschichte des Doktor Faust, der vom Teufel verführt wurde und verfiel in pubertierende Spinnereien.
 

Einmal behauptete er, der Teufel hätte auch ihn in Gestalt der Magd seiner Mutter verführt und bezichtigte sich der Hexerei selber.

In Bamberg begann damit eine beispiellose Hexenjagd. Anzeigen, sogenannte Besagungen kamen meist aus der Bevölkerung und die Gründe waren vielfältig.
 

Angst vor dem Bösen, Aberglaube, aber auch Missgunst und Neid.
 

Kräuterkundige, Hebammen und rothaarige Frauen wurden eher weniger verfolgt und zählen noch heute zu gängigen Klischees. Ebenso, dass die Hinrichtungen im Mittelalter stattgefunden hätten und neun Millionen Frauen seien ihnen zum Opfer gefallen.
 

Nichts davon stimmt. Und das werde ich euch mit meiner Geschichte erzählen.
 

Ich bin die letzte Hexe, die brannte und unschuldig starb.

Verseucht

Dichter Rauch legte sich und gab die Überreste eines Menschen frei, der minutenlang gelitten hatte. Lebendig verbrannt, zuvor qualvoll gefoltert. Nicht die erste Frau, die so den Tod und die angebliche Erlösung fand. Beinahe jeden Tag brannten die Scheiterhaufen vor der Stadt Bamberg, verschlangen Männer gleichermaßen, wie auch Frauen. Kinder hingegen fanden einen sanfteren Tod, wurden in heißes Wasser gesteckt und bluteten aus, nachdem man ihnen zuvor die Pulsadern aufschnitt.
 

Die Luft stank nach verbranntem Fleisch. Ein Geruch, der nur schwer zu ertragen war, viele sich angeekelt ein Taschentuch vor Mund und Nase pressten. Den Anblick von schwarz, verkohlten Knochen ertrugen sie dann aber um so mehr, traten sogar einen Schritt vor und wollten sich vergewissern, ob die Hexe auch wirklich tot war. Um nicht aufzufallen, tat ich es ihnen gleich, besah mir die Überreste und stieß einen entsetzen Schrei aus.
 

Sofort lagen alle Augenpaare auf mich gerichtet, der Fürstbischof trat aus der Menge heraus und direkt auf mich zu. "Was schreist du hier so herum, Weib?", verlangte er zu wissen, besah mich kritisch und musterte mich wie ein frisch geschlachtetes Stück Fleisch. Verlegen senkte ich meinen Blick, wagte es nicht anzusehen.
 

"Tut mir leid, mein Herr", murmelte ich etwas zu leise, sodass er mich erneut anfuhr, lauter zu sprechen. Ein paar Sekunden brauchte ich, dann deutete ich auf die übriggebliebenen Knochen. "Sie war guter Hoffnung."
 

"Guter Hoffnung? Womit? Mit der Frucht des Teufels?" spottete der Bischof, spuckte auf die Knochen und trat so hastig an mir vorbei, dass er mich beinahe umstieß.
 

Er war kein netter Mensch. Jeder wusste, dass er schnell urteilte und verurteilte. Wer nicht in seiner Gunst stand, hatte es schwer. Besonders wir Frauen, aber auch viele Kinder. Seufzend richtete ich meine Schürze, wandte mich zum Gehen ab, wollte den Schauplatz des Grauens verlassen. Zwei Männer hielten mich jedoch auf, ließen mich nicht an ihnen vorbei und ehe ich mich versah, stand erneut der Fürstbischof vor mir.
 

"Bist du nicht die Elisabeth Holzstecher?" Wieder sah er mich prüfend an und schritt sogar um mich herum. "Dein Name wurde genannt", fuhr er fort, während er mich im Genick packte und sehr genau in die Augen sah.
 

"Schafft sie weg zu den anderen", knurrte er, schubste mich beinahe in die Arme der beiden Männer und deutete mit dem Finger auf mich. "Da habt ihr die nächste Hexe. Bamberg ist verseucht von ihnen und ich werde nicht eher Ruhe geben, bis auch die letzte Hexe brennt!"
 

Erschrocken wichen die Bewohner zurück, einige tuschelten, andere sprachen ihm einfach nach und hatten bereits ihr Urteil gefällt. Für sie war ich eine Hexe, eine verlorene Seele, die nur durch das Feuer gerettet werden konnte. Zuvor erwartete mich Folter, die peinliche Befragung unter strenger Aufsicht des Schafrichters. Was genau mich erwartete, wusste ich nicht genau. Wie man sich aber über Folter in manchen Reihen erzählte, machte mir Angst. Laute an Schmerzen hörte man noch drei Gassen weiter. Andere berichteten von lebenslang entstellten Menschen. Noch mehr aber sprach man davon, dass viele die Folter nicht überstanden, einige sogar dabei starben.
 

Mir stand das blanke Entsetzen im Gesicht, mein Körper versteifte sich, während die Wachen mich bereits packten, von der Menge weg schleiften. Wohin sie mich führten, wusste ich genau. Das neuerrichtete Drudenhaus. Ein Gefängnis, gleichzeitig aber auch der Ort, an dem das Verhör stattfand. Kalte Schauer überkamen mich, meine Beine begannen zu zittern, versagten mir ihren Dienst. Unter lautem Gelächter zogen sie mich weg, zerrten an meinen Armen, schleiften mich zurück in das Innere der Stadt, wo mich bereits eine der vielen Zellen erwartete.

Nadelprobe und Hexenhemdchen

Der Boden unter meinen nackten Füßen fühlte sich kalt und nass an. Ein Anlehnen an die Wand war unmöglich, das Hemd, was sie mir gegeben hatten, wärmte nicht und bedeckte nur das Nötigste. Ein Bett gab es nicht, nicht einmal ein Fenster und damit Tageslicht. Nur völlige Dunkelheit, Klagen und Wimmern von weiteren Frauen und Männern, die man, wie mich, eingesperrt hatte. Selbst Kinder waren unter uns, wimmerten, weinten und riefen nach ihren Müttern, die längst von uns gegangen waren. Verbrannt, gehängt und irgendwo außerhalb der Stadtmauern verscharrt.
 

Ein kalter Schauer lief mir über den Rücken, meine Gedanken kreisten zu meinem eigenen Verhör. Die Haare hatten sie mir abgeschnitten, nach Zeichen für Hexerei gesucht und letztendlich auch gefunden. Nadelprobe. So hieß es und kein Blut floss aus meinem Körper. Beinahe schon brutal und mit einem Ausdruck von Genuss im Gesicht, bohrten sie mir die Nadel in den Körper, in mein Muttermal, rechts unterhalb der Brust.
 

Zuvor nahm man mir die Kleider, entblößte meine Scham, stellte mich bloß und viel zu kalte Männerhände suchten akribisch meinen gesamten Körper ab. Beschämend und erniedrigend zugleich. Danach steckten sie mich in dieses Hemd, mit den Worten, ich könnte in meinen Kleidern Zauberdinge verstecken und gegen sie verwenden. Aus einem ähnlichen Grund erbaute man das Drudenhaus ohne Fenster. Der Teufel könnte kommen, mich befreien oder schlicht durch ein Schlüsselloch kriechen, welches sie der Vorsicht wegen zustopften.
 

Essen gab es kaum, für alles mussten wir, unsere Familien zahlen und oftmals blieb es bei einem Stück fauligem Brot und viel zu wenig Wasser. Sterben würde davon keiner, dafür sorgten sie, kontrollierten immer wieder die Zellen und stießen uns mit Füßen, wenn wir bewegungslos auf dem viel zu kalten Boden mit spärlich bedecktem Stroh lagen. Alle paar Stunden wurden die Türen geöffnet, hin und wieder nahmen sie jemanden mit zum Verhör, zur Folter oder zum Galgen. Es war ein Kommen und Gehen der beängstigenden Art.
 

Wann immer sie kamen, ich ihre Schritte hörte, setzte mein Herz für einen Moment aus, nur um kaum später einige Takte sehr viel schneller zu schlagen. Panik mischte sich mit Angst. Kalter Schweiß bedeckte meine Stirn und oftmals war ich der Ohnmacht näher als dem bevorstehenden Tod. Mein gesamter Körper zitterte, schmerzte und krampfte. Oftmals kamen sie einfach so, setzten uns bewusst unserer Angst aus und folterten mit dieser einfachen Methode.
 

Nachts kamen sie besonders häufig, rissen grundlos aus dem Schlaf, begossen unsere ohnehin kalten Körper mit eisigem Wasser, spotteten und lachten uns aus. Hilfe war aussichtslos. Wir waren schutzlos ausgeliefert, der Demütigung ausgesetzt, bis man uns auf die Folterbank führte. Ein Entkommen gab es nicht. Nur der Tod befreite uns. Scheiterhaufen oder Streckbank. Ein jeder von uns erwartete das gleiche grausame Schicksal. Im Glauben waren wir jedoch eins, beteten immer wieder zu Gott, baten um Gnade, um Vergebung für das, was wir nicht getan, aber getan haben sollten. Ein letztes Gebet, ein Flehen und Winseln, dann holten sie auch mich. Gott erhörte mich nicht, gewährte mir keinen Schutz und ließ mich alleine.

Territion - Psychologische Folter

Meine Füße waren schwer wie Blei, wollten mich nicht tragen und zitterten wie Espenlaub. Die Wache zerrte mich, ohne Gnade walten zu lassen, den Gang entlang, die steinerne Treppe runter und raus auf den Hof. Sie brachten mich nicht zur gütliche Befragung, zum Verhör, sondern direkt zur Folter, die im Nebengebäude des Drudenhauses ausgeführt wurde. Der Fürstbischof wollte scheinbar keinerlei Zeit verlieren, ergriff gleich harte Maßnahmen, um die vermeintliche Hexenplage loszuwerden. Dumm war er nicht, wusste genau, wie er seine Taschen mit Geld füllen konnte und es war kein Geheimnis mehr, dass er sich wirklich alles bezahlen ließ, was mit den Prozessen in Verbindung stand. Sogar das Holz für die Scheiterhaufen trugen wir Opfer selber oder unsere Familien, die sehr oft folgten und genauso starben wie hundert andere.
 

Einige bereits auf der Folterbank, meist alte und schwache Menschen. Kaum jemand überstand die grausamen Methoden, mit denen man versuchte, ihnen ein Geständnis herauszupressen. Ihre Schreie hörte man dabei bis vor auf die Straße, ihr klägliches Flehen hingegen hörte nur der Richter, der alles niederschrieb und weitere Folter androhte, wenn man nicht geständig wäre. Selten entkam jemand, wurde freigesprochen und verschont. Wir alle waren schuldig, sollten Erlösung durch das brennende Feuer erfahren und zu Gott zurückfinden. Noch hatte ich Hoffnung, verließ mich auf meinen Glauben zum allmächtigen Vater.
 

Er würde mir beistehen, mich aus der Dunkelheit und ins Licht führen. Vielleicht auch durch die Folter, die mir schon jetzt Bauchschmerzen bereitete. Was mich genau erwartete, konnte ich schwer sagen. Keiner sprach in den Zellen darüber, alle schwiegen und wer doch sprach, wurde ausgepeitscht. Das Knallen der Peitsche war kein schöner Laut, ging durch Mark und Bein und erzeugte Mitleid, sowie tiefe Wunden, die oftmals nicht mehr heilten. Gezeichnet für das restliche Leben, wenn man davonkam. Einmal hatte ich es gesehen, erlebt, wie Menschen danach nicht mehr in der Lage waren, aufrecht zu gehen. Knochen waren gesplittert, heilten schlecht und eitrige Ekzeme erschwerten vielerlei körperliche Arbeiten.
 

Ein Anblick, den man nicht so schnell vergaß und einen oftmals im Schlaf einholte. Es schüttelte mich bereits davor gefoltert und gedemütigt zu werden. Zu einem Objekt zu werden, an dem man sich ergötzte, sattsah und provokant danach gierte, wie nach frischem Fleisch. So wollte ich nicht angesehen werden, schon gar nicht von Männern, die weit über mir standen. Eine Schande für jede Frau, die vor den Richter trat und auf ihr Urteil wartete.
 

"Elisabeth Holzstecher?" Scharf ertönte die Stimme des Scharfrichters, der hastigen Schrittes auf mich zutrat, mir ungefragt ins Gesicht griff und dazu zwang, ihn anzusehen. Ich war so erschrocken, dass ich nur nicken und nicht antworten konnte. Vieles ging mir zu schnell, kam unvorbereitet auf mich zu. Besonders die psychologische Folter, um mir Angst und mich zu einem vorschnellen Geständnis drängen zu wollen. Verschiedene Foltergeräte wurden mir gezeigt, vor Augen geführt und viele sahen grauenhaft aus. Einige nach endlosen Schmerzen, die kaum jemand ertragen konnte. Darunter eine Kopfzwinge und Garotte, die der Henker von hinten um den Hals legte und diese immer fester zog. Es kam zu Atemnot, da die Luftröhre zusammengepresst wurde und nicht selten trat der Tod ein.
 

Weite Instrumente wurden mir aufgezeigt, erklärt und beim Namen genannt. Peitsche und Geißel, eine gedornte Halskrause, mit Stacheln, die um den Hals gelegt und am Nacken verschlossen wurde. Sie bohrten sich in das Fleisch des Opfers und wenn es sich bewegte, wurde der Schaden nur noch schlimmer. Zangen erblickte ich ebenfalls. Vor diesen hatte ich die meiste Angst, waren sie vielseitig einsetzbar und mit einem gezielten Griff würde man mir die Zunge herausreißen oder aber die Brust. Zuletzt trat der Scharfrichter mit der Daumenschraube auf mich zu, zeigte mir, wie sie funktionierte. Zitternd sah ich zu, wie er die kleinen Schrauben rechts und links zudrehte, wieder aufschraubte und schließlich eine Möhre dazwischen legte. Schon jetzt ahnte ich, was passierte, kniff die Augen zusammen und hörte das entsetzliche Quietschen, was mit jedem Handgriff entstand und die Karotte zerquetschte.So würde es meinen Fingern ergehen. Sie würden brechen, wären am Ende nicht mehr zu gebrauchen und heilten schlecht.
 

"Gestehst du jetzt, oder muss ich dich erst aufziehen?"
 

Hecktisch schüttelte ich den Kopf, riss die Augen auf und unterdrückte ein panisches "Nein." Ich würde nicht gestehen, etwas zugeben, was ich nicht getan hatte. So dumm war ich trotz meiner Angst nicht. Ich würde bestehen, mich nicht brechen und am Ende hinrichten lassen.
 

"Ich kann dich nicht hören, Hexe?", sprach der Henker erneut, packte mich bereits und fesselte mit gezielten Handgriffen meine Handgelenke auf dem Rücken zusammen. Wie konnte er so schnell sein, so lautlos dabei? Meine Kehle fühlte sich mit einem Mal ganz trocken an, als er mir die Vorrichtung an der Decke zeigte.

Peinliche Befragung

Minuten, Stunden oder doch Tage verstrichen, die ich bereits an der Decke hing und immer wieder peinlich befragt wurde. Mein Zeitgefühl war dahin, ebenso mein Wille, der wie eine Mauer zu bröckeln begann. Immer wieder zog man mich auf, stellte mir Fragen, unterstellte mir Dinge, die ich getan haben sollte. Nichts hatte ich getan, keines meiner Kinder getötet und je irgendjemandem Schaden zugefügt. Den Scharfrichter kümmerte es nicht, er hatte Anweisungen, zog mich wieder hoch und wenn ich nichts Zufriedenstellendes zu sagen hatte, ließ er das Seil achtlos aus seinen Händen gleiten.
 

Zischend sog ich die Luft ein, versuchte das Brennen meiner Handgelenke zu ignorieren, das klebrige Nass, was Blut sein musste. Das Seil schnitt tief in mein Fleisch, noch tiefer aber in meine Seele, die es zu schützen galt. Meinen Körper konnte ich nicht mehr schützen, er war den Schmerzen ausgesetzt, der Pein, langsam gebrochen zu werden. Meine Schulter war längst auseinandergezogen und wäre das nicht schlimm genug, so beschwerte man meine Füße mit Gewichten, die mich zusätzlich nach unten zogen. Obendrauf immer wieder Fragen, wilde Unterstellungen von Taten, die ich begannen, haben sollte.
 

"Rede!" Laut und bedrohlich klang die Stimme des Scharfrichters, doch ich sprach kein Wort. Eher beobachtete ich ihn aus müden Augen, verfolgte seine Schritte, die mit einem Mal zielstrebig auf den Tisch mit den Folterwerkzeugen liefen. Entsetzt weiteten sich meine Augen. Er griff nach einer dieser Zangen, drehte sich langsam zu mir um und hielt sie triumphierend in die Höhe. Bitte nicht, formten meine Lippen, bebten genauso heftig wie mein ganzer Körper, den ich versuchte wegzudrehen. Fast unmöglich. Das Seil an meinen Händen rieb heftig über die offenen Wunden, lösten unvorstellbare Schmerzen aus, die mich noch weiter in die Knie zwangen.
 

"Werdet ihr jetzt gestehen?" Der Fürstbischof schien ungeduldig, wollte ein Geständnis von mir, was ich nicht bieten konnte. Ich war unschuldig, frei von Sünde und eine Hexe war ich schon gar nicht.
 

"Ich habe nichts Unrechtes getan." Meine Stimme war geschwächt, klang flehend und zittrig. Meine Haare klebten wirr im Gesicht, teilweise in meinem Mund.
 

"Wie du willst", erwiderte der Fürstbischof, nickte dem Henker knapp zu und dieser schlug so fest mit der Zange auf den Tisch, dass sämtliche weitere Folterinstrumente klirrend hochsprangen. Ein Geräusch, was mir durch Mark und Bein ging, dem ich nicht entkommen konnte, da er die Prozedere immer weiter durchführte. Solange, bis ich erneut befragt wurde.
 

"Ich frage euch zum letzten Mal, wo habt ihr den Teufel gesehen?"
 

Den Teufel hatte ich nie gesehen, ebenso mit ihm gebulht. Entsprechend war meine Antwort Nein, mein Schreien vergleichbar mit einem Quicken eines Schweins. Ohne Vorwarnung hatte der Henker die Zange an meine rechte Seite angesetzt, zugedrückt und eine leichte Drehung vollzogen. Die Schmerzen waren enorm, das Metall fühlte sich kalt und unbarmherzig an. Waren meine Antworten nicht die, die der Fürstbischof hören wollte, peinigte mich der Scharfrichter weiter, setzte die Zange immer und immer wieder an, beschwerte zusätzlich meine Beine mit schweren Steinen. Wie ein nasser Sack wurde ich nach unten gezogen, immer wieder fallengelassen, aufgezogen und unvorstellbaren Schmerzen unterzogen. Über Stunden gequält, ausgefragt und schließlich knickte ich ein. Es war zu viel, mein Körper spielte nicht mehr mit, drohte unter der Folter ganz zu brechen.
 

Wie ein geschwätziges, altes Web fing ich an zu reden, erzählte, was der Fürstbischof hören wollte und gab zu, mit dem Teufel auf dem Blocksberg gebuhlt zu haben. Namen anderer Hexen nannte ich, jedes grausame Detail meiner Sünden und wie ich meine eigenen Kinder für den Teufel getötet hatte. Protokoll führte der Schriftmeister, notierte sauber mit einer Feder meine Verbrechen, die man mir nochmals vorlas.
 

„Die Angeklagte Elisabeth Holzstecher hat
 

1) Die Hexerei und Zauberei von ihrer Mutter vor 30 Jahren gelernt.
 

2) Sich dem leidigen Teufel mit ihrem Blut verschrieben.
 

3) Auf viel und unterschiedliche Teufelstänze gefahren.
 

4) Den heiligen Leib Christi nach Reichung desselben wieder aus dem Mund genommen, und dem Teufel gar oft gebracht.
 

5) Dagegen aber wieder ein teuflisches Nachtmahl genommen.
 

6) Durch ihre Teufels-Salben und andere zauberische Mittel Menschen umgebracht 9, darunter 2 ihrer eigenen Kinder.
 

7) An unterschiedlichem Vieh durch Beschmierung ihrer Salbe umgebracht 8 Stück.
 

8) Etlichen Personen Haar in den Leib gezaubert."

Tod durch den Scheiterhaufen

Ich war eine Kindsmörderin. Verachtet in den Augen der gesamten Stadt Bamberg. Ein grausames Monster, eine Hexe und gottlose Frau, die ihren Mann mit dem Teufel hintergangen hatte. Abschaum der Gesellschaft, der entsorgt und verbrannt gehörte. Dabei war ich meinem Mann immer eine treue und liebende Frau, hatte nie Anlass zur Sorge gegeben, nie sein Misstrauen geschürt und war eine gute Mutter für unsere gemeinsamen Kinder. Zwei wundervolle Söhne, die Gevatter Tod zu früh von uns nahm.
 

Die Kindersterblichkeitsrate war hoch, besonders bei uns Bauern, die oftmals wenig zu essen hatten. Julius wäre in wenigen Tagen vier Jahre alt geworden und mein kleiner Friedrich verstarb noch im Kindsbett. Mit nicht einmal zwei Wochen.
 

Mit meinem heraus gepressten Geständnis hatte ich mein Todesurteil unterschrieben. Meine Hinrichtung war unwiderruflich und noch eine peinliche Befragung würde ich nicht über mich ergehen lassen. Mein Körper hatte einiges ertragen, gelitten und offene Wunden zogen sich über meinen gesamten Rücken, die bei jeder Bewegung schmerzten. Von meinem Leiden, meiner Pein und dem bevorstehenden Tod durch den Scheiterhaufen erzählten. Angst hatte ich, mir wurde schlecht, wenn ich an die Schmerzen dachte, an den Geruch, an mein Leid, das andere ergötzte. Einen Trost hatte ich. Meine toten Kinder würde ich wiedersehen, die viel zu früh verstarben und von denen es nun hieß, ich hätte sie umgebracht.
 

Für das Verbrechen würde ich brennen, wurde aus meiner kalten Zelle gerissen, an den Armen gefesselt und nach draußen auf den dunklen Gang des Drudenhauses gezerrt. Nachsicht hatten sie nicht.Wie ein wehrloses Tier fühlte ich mich, getrieben von Angst, Panik und keine Möglichkeit zur Flucht. Meine Gedanken kreisten um das Feuer, die Hitze, Schmerzen, um die Ohnmacht, die mich hoffentlich schnell einholte und nicht viel fühlen ließ.
 

"Gleich wirst du brennen, verdammte Hexe!"
 

"Das letzte Wort hat das Weib dennoch."
 

Dann brachen sie in Gelächter aus, blickten mich dabei immer wieder herablassend an und schubsen mich den Gang entlang. Ich war ihnen hilflos ausgeliefert, sie konnten mit mir machen, wonach ihnen beliebig wäre und ich konnte es keinem sagen. Wachen waren auch nur Männer und schreckten so manche Frau ab. Es wäre ihnen ein Leichtes, mich zu überwältigen und zu schänden. Zu meinem Glück blieb mir das erspart und die Wachen führten mich ohne weitere Vorkommnisse zum Richtplatz vor der Stadt.
 

"Hexe!" Die Stadtbewohner tobten, warfen mir wüste Beschimpfen an den Kopf, während ich an ihnen vorbeigeführt wurde. Viele spuckten mir vor die Füße, einige sogar ins Gesicht. Ihren Anstand hatten sie vergessen, warfen mit Steinen nach mir, mit vergammelten Obst und Gemüse, das mich am Kopf traf, am Rücken und beinahe in die Knie zwang. Niemand hielt sie auf, keiner schritt ein, als mich mit voller Wucht ein Apfel am Kopf traf und mich taumeln ließ. Nicht einmal die Wache.
 

Traurig, wie sich die Menschen änderten, die man einst kannte. Unter den vielen Zuschauern erkannte ich Freunde, aber auch Nachbarn, die nun mit den Fingern auf mich zeigten und verächtlich ihre Nasen rümpften. Einzig meinen Mann, den ich zwischen ihnen erkannte, wirkte blass, mitgenommen und sein Blick zeigte mir, wie sehr ihn das alles mitnahm. Er litt genauso wie ich. Sogar schlimmer, er musste sein Leben ohne mich weiterleben und meinen Verlust überwinden. Ein letzter Blick von ihm, ein schwaches Lächeln, dann zerrten sie mich weiter, unausweichlich zu einem riesigen Berg aus Holz.
 

Mein Tod war nahe, mein Schicksal besiegelt und je näher ich diesem kam, ums mehr zitterten meine Beine. Mir fehlte die Kraft weiterzugehen, selbstständig auf den Scheiterhaufen zu steigen und ein paar letzte Worte zu sprechen, die man mir freundlicherweise gewährte. Was hätte ich auch sagen sollen? Mich bedanken, die Bürger verfluchen? Meinem Mann letzte Worte zuflüstern. Alles wäre falsch, nicht richtig, unangebracht. Die grölende Meute vor mir versuchte ich zu ignorieren, ihre strafenden Blicke, ihre bösartigen Worte und die Jubelschreie, als der Henker nach einem kurzen Nicken des Fürstbischofs das Holz entzündete. Tapfer schloss ich meine Augen, erwartete meinen Tod, die Hitze, die Schmerzen und die Ohnmacht, die mich hoffentlich ereilte und es mir ein wenig erleichterte.



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