Winter in Mondstadt von Yoon ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Winter in Mondstadt. Die Zeit des Jahres, in der ein kräftiger Südwind weht und Kälte und Schnee vom Drachengrat bis in die Stadt trägt. Für Mondstädter ist diese Zeit nichts weiter als ein alljährlich wiederkehrendes Ereignis. Für Besucher von außerhalb ist der Anblick der verschneiten Stadt jedoch ein außergewöhnliches Erlebnis. Umso mehr für eine wohlbehütete Adelige aus einem fernen Inselreich, die es vollkommen unerwartet hierher verschlagen hat. Mit einem Seufzer lässt du dich in den bereitstehenden Stuhl fallen, während dein Blick zu der einzigen anderen Person im Raum wandert. Kamisato Ayaka. Die Tochter der Kamisato-Famile. Hochrangiges Mitglied der Yashiro-Komission, und damit eine der wichtigsten Personen in ganz Inazuma. Und außerdem derzeitig deine „Gefangene“. Du weißt genau, dass sie sich innerhalb von Inazuma niemals vollkommen aus ihrer Rolle als die Shirasagi Himegimi lösen könnte, um sich eine dringend benötigte Auszeit zu gönnen. Genau aus diesem Grund hast du diese „Entführung“ geplant. Natürlich gab es Personen, die du in den Plan einweihen musstest. Ihr Bruder Ayato musste informiert werden, damit dein Plan nicht in einem internationalen Konflikt endet. Und auch Thoma, der Haushälter der Familie war eingeweiht. So konntest du, in einen langen Mantel gehüllt und eine Fuchsmaske vor dem Gesicht, zum vereinbarten Zeitpunkt problemlos in das Anwesen eindringen. Ohne zu zögern hast du die überraschte Ayaka an der Hand gepackt und mit dir gezogen. Auf dem Weg nach draußen hast du nur einmal angehalten, um die „zufällig“ bereitstehende Tasche mit Kleidung und anderen Notwendigkeiten mitzunehmen. Kaum außerhalb des Anwesens musstest du nur kurz die Augen schließen und dich konzentrieren, und im nächsten Moment standet ihr bereits vor den Toren jener Stadt, in der einst deine Reise begonnen hat. Nachdem du deine Beweggründe erklärt hattest, hat sich Ayaka auch recht schnell mit ihrer Rolle als deine „Gefangene“ abgefunden, und so habt ihr gemeinsam einen schönen Tag in der für sie völlig fremden Stadt verbracht. Natürlich musstest du ihr alle Sehenswürdigkeiten und Lokalitäten zeigen, angefangen bei Floras Blumengeschäft (während des Winters in einem Nebenraum der Abenteurergilde untergebracht), gefolgt von einem köstlichen Ensemble aus Mondstädter Spezialitäten im „Hirschjäger“, und zum krönenden Abschluss habt ihr sogar die große Favonius-Kathedrale unter Führung der Dekanin besichtigen können. Doch jeder schöne Tag hat irgendwann ein Ende, und so seid ihr jetzt hier. Du musstest zwar einige Gefallen einfordern, aber schließlich wurde euch für die Dauer eures Aufenthaltes in der Stadt das Gästezimmer des Ritterordens zur Verfügung gestellt, einschließlich der Dienste von Mondstadts berühmter Rittermagd. Du lehnst dich in dem bequemen Sitzmöbel zurück und schaust an die Zimmerdecke. Du kannst immer noch nicht glauben, dass alles so reibungslos nach Plan verlaufen ist. Du hättest damit gerechnet, dass ihr zumindest beim Verlassen des Kamisato-Anwesens aufgehalten werdet, aber scheinbar haben Ayato und Thoma die Hausangestellten heimlich angewiesen, Ruhe zu bewahren. „Sieh mal.“ Ayakas Stimme reißt dich aus deinen Gedanken. Sie steht weiterhin am Fenster und blickt auf die verschneite Stadt, aber jetzt deutet sie auf etwas. Mühsam stehst du auf und trittst neben sie, doch draußen kannst du nichts besonderes erkennen, nur die verschneiten Dächer und Straßen der Stadt. „Nicht dort, schau hier!“ Du folgst ihrem Blick. Sie hat nicht auf etwas außerhalb des Raumes gedeutet, sondern auf den Rand des Fensters, wo sich kleine Eiskristalle gebildet haben. „Das sind Eisblumen.“ Natürlich kennt sie so etwas nicht, da Glasfenster wie dieses in Inazuma nicht weit verbreitet sind. „Eisblumen?“ Sie bewegt ihr Gesicht näher an die Glasscheibe, um das kleine Wunder der Naturgesetze genauer betrachten zu können. „Sie sind wunderschön…“ Du musst lächeln, als du sie so siehst: Die Shirasagi Himegimi, sonst immer beherrscht und elegant, erscheint in diesem Moment nur als neugieriges junges Mädchen. Dann siehst du erstaunt zu, wie sie die Hände hebt und vorsichtig aufeinanderlegt. Ihr Gesicht wird für einen Moment ernst, als sie die Augen schließt und sich konzentriert. Dann sieht sich dich an und drückt dir etwas in die Hand. Erstaunt stellst du fest, dass es eine perfekte Eisskulptur einer Laternenblume ist, die sie früher am Tag im Blumengeschäft bewundert hat. Als du wieder aufschaust, lächelt Ayaka dich an. „Danke für den Ausflug.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)