Seasons of life. von robin-chan (If it's meant to happen, it will.) ================================================================================ Prolog: No chance, no way. -------------------------- 2022 spring Das erste Gefühl, das ihr den Druck von Brust nahm, war Erleichterung. Drinnen war alles eine Spur zu heiß geworden. Ein Zustand, der weniger dem geschlossenen Raum mitsamt seiner feiernden Gesellschaft geschuldet war, sondern vielmehr der brenzligen Situation, der man sie aussetzen wollte: Das Fangen des Brautstraußes. Wenn eine Sache existierte, der Nami Claesson nichts abgewinnen konnte, dann war das eine Hochzeit und deren Bräuche. Besonders dann, wenn ihre Freunde dachten, man müsste sie extra miteinbeziehen. Gelöst reckte sie den Kopf gen Himmel, atmete dabei die frische Nachtluft ein. Die aufkommende, kühle Brise hinterließ einen willkommenen Schauer. Alles zusammen war beruhigend. Nami lebte nach einem einfachen Grundsatz: Leben und leben lassen. Für sie war Liebe ein unverständliches, ablenkendes Konzept, das ihrem Freiheitsdrang im Wege stand. Jemand für dazwischen reichte, aber mehr? Das volle Programm? »Warte ab, Nami, triffst du die Richtige, wirst du uns verstehen«, hatte Zoro vor einer Stunde gesagt. Ein klares Nein. Sie tickte anders. Dafür hatte sich ihr bester Freund in die Ehe verabschiedet. Er! Bis vor zwei Jahren noch hatten sie zusammen über die Liebe geschimpft, während sie regelmäßig die Nächte um die Ohren schlugen. Dann stand sie plötzlich auf der Bildfläche. Hals über Kopf verschoss er sich in eine anfangs unscheinbar wirkende Frau. Blickte man dahinter, fanden sich zahlreiche Facetten und am Ende bildete sie das perfekte Pendant. Beide waren wie füreinander geschaffen und Nami freute sich. Sehr sogar. Ihn glücklich sehen, war das Wichtigste. Das Tamtam, das drinnen abging, das entsprach eben nicht ihren Vorstellungen. Anders dachte Vivi. Für sie war Namis Abneigung unverständlich und natürlich hatte sie sich mit der Braut verbündet. Instinktiv wusste sie im Vorfeld, wohin der Strauß fallen würde und der Gedanke allein schlug auf den Magen. Eine verträumte Romantikerin als Freundin zu haben, war eben nicht immer ein Segen. Gab Nami den Ton an, dann durfte die Liebe gekonnt bleiben, wo der Pfeffer wuchs. Ihr Leben war ohne perfekt genug. Niemanden musste Rechenschaft abgelegt werden. Ungebundene Nächte ohne Wiedersehen mochte sie. Nami folgte einem Ziel. Irgendwann würde sie aus der Stadt verschwinden. Wer wollte da schon eine Verbindlichkeit im Nacken, die alles komplizierter machte? Oder ihre spontanen Trips. Nein. Allein war sie besser dran und das liebte sie an ihrem Leben. Schritte im Kies ließen sie aufschrecken und sich langsam umdrehen. »Ist dir unwohl?«, hörte sie eine raue, aber vertraute Stimme. Zuerst nahm sie ihn nur schemenhaft wahr. Erst jetzt fiel ihr auf, dass sie sich vom Gebäude weiter entfernt hatte. Zoro war ihr gefolgt und blieb mit in die Hosentasche geschobenen Händen stehen. Sein schiefes Lächeln ließ ihn unschlüssig wirken. Seit dem Hochzeitstanz hatte er Sakko und Krawatte abgelegt. Anzüge standen ihm, aber so, mit ein paar offenen Knöpfen, hochgekrempelten Ärmeln und einer etwas verwuschelten Frisur gefiel er ihr besser. Es war natürlicher, nicht aufgesetzt. »Ah, du bist wieder du selbst«, witzelte sie. Dann sah sie den Stoff auf seiner Schulter – sein Sakko. Das bübische Grinsen starb. »Du hast dir Sorgen gemacht«, stellte sie fest, wobei sie ertappt seinem Blick auswich. Zoros Schultern zuckten. Das tat er immer. Als ob es ein Verbrechen war seine Fürsorge einzugestehen. »Das du flüchtest, war mir klar, aber Stress kann schnell auf den Magen schlagen und du hattest bereits das eine oder andere Getränk.« »Wie du weißt, bin ich stressresistent!« »Oh bitte … stell dir vor, du hättest ihn gefangen. Dann müsstest du dir auf die Schnelle irgendein armes Opfer suchen, dass sich unfreiwillig mit dir ein Leben teilt. Allein die Vorstellung müsste dir den Magen umdrehen.« Nami setzte bereits zum Konter an, hielt aber inne, als er in schallendes Gelächter ausbrach. »Gib zu, ich habe ins Schwarze getroffen.« Entrüstet stemmte sie eine Hand in die Hüfte, die rechte war gefährlich zur Faust geballt. Zwei Schritt vor und die Kopfnuss würde sitzen. »Sei froh, dass das dein Tag ist …«, brummte sie leise vor sich hin und löste die Hand, nur um sich eine Strähne zurückzustreichen. »Manchmal frage ich mich echt, warum wir befreundet sind.« »Weil ich absichtlich verloren habe.« Angriffslustig blickte sie auf. »Fordere mich nicht heraus, sonst kann deine Frau allein in die Flitterwochen reisen.« Vor ein paar Jahren hatten sie sich auf einer Party eines Bekannten, ausgerechnet bei einem Wetttrinken, kennengelernt. Ein hart umkämpfter Sieg. Bis heute redete er sich mit einem Aufgeben heraus. Hätte er nicht reagiert, so hätten sich beide irgendwann in eine Alkoholvergiftung gesoffen. Eine Erklärung, die ihm Nami nicht abkaufte. Sie wusste, wann jemand genug hatte und wann jemand so tat. »Irgendwann wird deine Ehre die Niederlage akzeptieren müssen.« »Meine Ehre ist stolz auf mein ritterliches Verhalten«, grinste er keck und trat näher. »Wir haben Mitte April und du bist von drinnen aufgeheizt. Eine Verkühlung kommt schnell.« Behutsam legte er das Sakko um ihre Schultern. Er mochte den Eisklotz mimen, aber er war aufmerksamer als man ihm am ersten Blick zutraute. Sein Auftreten schüchterte eben gern ein. Durchtrainiert wie er war, gepaart mit seinem mürrischen Blick. Manchmal lief er durch die Gegend, als wollte er jede Sekunde jemanden umbringen. Und seit seinem Unfall vor fünf Jahren, der ihm ein Auge gekostet hatte, wirkte er auf Unbekannte noch bedrohlicher. Erst dann, wenn man ihn näher kannte, lockte man Zoro aus der Reserve und ab da war er durchschaubar. Der Eisklotz hatte sehr wohl Gefühle. »Danke«, nuschelte sie, war dem Kleidungsstück, das viel zu groß ausfiel, nicht abgeneigt und so schlüpfte sie gänzlich hinein. »Wer hat ihn jetzt gefangen?« »Drei Mal darfst du raten.« Sein Gesicht erhellte sich und der Unterton sagte alles. »Langweilig. Der Termin steht schon!« Kopfschüttelnd rückte sie den Stoff zurecht, damit er enger lag. »Wir müssen dir so richtig auf die Nerven gehen, oder?« Nami schluckte. Dem Blick nach war er auf keinen Scherz aus. Zoro wollte eine ehrliche Antwort. »Verlieben. Heiraten. Für mich Zeitverschwendung«, fing sie daher an, wobei ihre rechte Hand den Ärmel der anderen zurückkrempelte. »Niemand soll meine Pläne durchkreuzen. Ich habe ein Ziel. Mich interessiert niemand, der mich davon abhält. Denke ich darüber nach, denke ich an eine Last. Ich weiß, klingt verrückt und ihr teilt meine Einstellung nicht. Okay, du hast es bis früher mal.« Laut stieß er den Atemzug aus. »Nami. Jeder darf sein Leben so leben, wie er möchte. Ich habe nie gesucht. Du weißt, ich habe mich selbst oft über diese Gefühlsduselei ausgelassen. Würde mein jüngeres Ich mich heute sehen … oh Gott … er würde schreiend davonlaufen!« Darüber mussten sie beide lachen. Eben weil das Gesagte der Wahrheit entsprach. Zoro war ihr so ähnlich gewesen. Wie viele Frauen hatte er geghostet, weil sie ihn wiedersehen wollten? Während er die Frau fürs Leben hatte, lebte Nami weiter. Ihr Muster blieb unverändert. Sex, aber keine Gefühle. Sobald jemand näher in ihr Leben wollte, war Schluss. »Vivi ist eigen, aber ich möchte nur, dass du dich nicht vollkommen verschließt. Bleib offen. Für alles. Wenn die Richtige kommt, wirst du sehen, dass alles unbegründet ist.« »Bist du jetzt der neue Liebesguru?«, neckte sie und gab ihm einen sachten Stoß in die Seite. »Wenn ich erst alles erreicht habe, kann ich mich umsehen, okay?« Das Leben lag vor ihr, sie hatte alle Zeit der Welt und selbst wenn niemand auf sie wartete, wäre das kein Beinbruch. Zoro schob die Brauen zusammen. Durchdringend sah er sie an, ehe er fassungslos den Kopf schüttelte. Wirklich überzeugt schien er nicht. »Wenn ich richtig gehört habe, gibt es bei einem Krebs nur zwei Varianten. Entweder haben Krebse null Gefühle oder sie gehen direkt von null auf hundert. Du hast diese Person eben noch nicht getroffen.« »Schätze, ich muss den Kontakt zwischen dir und Vivienne unterbinden«, brummte sie missfallend. Den Mist konnte er nur von einem Menschen gehört haben. »Autsch, nenn sie bloß nicht so, obwohl …« Da warf er einen verräterischen Blick zurück. »Kleine Information am Rande, sie hat Monet auf dich angesetzt.« »Bekommt sie halt den nächsten Korb.« »Was?« Verdutzt wurde sie angestarrt und seine Arme verschränkten sich nun. »Ist dir nie aufgefallen? Monet nutzt jedes Treffen für eine Anmache, die Gute ist ganz schön lästig.« Für Nami kam das nicht überraschend. Nach der Trauung hatte sie bereits den nächsten Korb erhalten. Dass sie sich dann irgendwann mit Vivi verbündete, war fast eine logische Schlussfolgerung. »Wir sollten langsam zurück. Du zumindest.« »Die Richtige lässt auf sich warten«, murmelte er und gab Nami den Vortritt. Natürlich hatte sie ihn gehört, aber gekonnt ignorierte sie das Gesagte. In Zukunft jedoch, da würde Nami noch öfter an dieses Gespräch denken. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)