Love Letter - still you von Tasha88 ================================================================================ Kapitel 14: 14 -------------- Marios Blick legt sich auf seine Armbanduhr. 17 Uhr. Er ist etwas zu früh dran. Und das, obwohl er noch einen kurzfristigen und ungeplanten Zwischenstopp eingelegt hat. In seiner Hand hält er eine Rose. Eine rosafarbene. Vielleicht ist es etwas kitschig, doch als er gerade an dem Blumenladen vorbeigelaufen ist, musste er einfach eine kaufen. Und nun ist er hier. Im Park, bei der Bank, auf der er erst vor drei Tagen mit Elsa gesessen ist. Und sie geküsst hat. Das erste Mal. Ein Lächeln schleicht sich auf seine Lippen, als er sich daran erinnert. Es war wundervoll. Und er will es unbedingt wiederholen. Sicherlich schon in ein paar Minuten. Erneut sieht er auf sein Handgelenk. 17.03 Uhr. Gleich kommt sie. ~✒️~ 17.23 Uhr. Elsa ist spät dran. Aber es ist alles noch in angemessenen Rahmen. Vielleicht ist sie ja auch aufgehalten worden. Unruhig rutscht Mario auf der Bank hin und her. Er springt auf, läuft ein paar Schritte herum, setzt sich wieder. Dabei huscht sein Blick immer wieder durch die Gegend. Lang kann es nicht mehr dauern. Sie wird kommen, er ist sich sicher. Seine Finger schließen sich um den Stil der Rose, zucken zurück, als er einen Dorn erwischt. ~✒️~ 17.52 Uhr. Sie ist wirklich zu spät dran. Aber sie wird einen logischen Grund haben. Sie muss einen logischen Grund haben. Sie wird ihn nicht sitzen lassen, niemals. Das kann er sich nicht vorstellen. Der Griff um die Rose festigt sich, dreht sie hin und her. ~✒️~ 18.12 Uhr. Eine Stunde. Sie ist bereits eine Stunde zu spät dran. Ob ihr etwas passiert ist? Er hofft nicht. Aber sie wird kommen, davon ist er überzeugt. Sie empfindet für ihn das Gleiche, wie er für sie. Das weiß er. Gleich, nur noch ein paar Minuten. ~✒️~ 18.37 Uhr. Elsa ist noch nicht hier. Ob er ihr die falsche Uhrzeit gesagt hat? Oder hatte er es falsch im Kopf? Vielleicht hat sie ja anstatt 17 Uhr sieben Uhr und damit 19 Uhr verstanden. Doch, das muss es sein. Dann ist es ja nur noch eine knappe halbe Stunde. Marios Herz macht einen Satz. Das muss es sein. Endlich versteht er, warum sie noch nicht hier ist, bei ihm. ~✒️~ 19.22 Uhr. Sie ist nicht da. Elsa ist immer noch nicht gekommen. Aber wenn sie die Uhrzeit verwechselt hat, dann ist es noch im Rahmen, oder? Mario beißt die Zähne fest aufeinander. Er will nicht daran denken, dass sie nicht kommt. Sie wird kommen. Sie muss kommen! ~✒️~ 19.55 Uhr. Er muss es sich langsam eingestehen, oder? Doch trotzdem sträubt sich alles in Mario dagegen. Er will es sich nicht eingestehen. Und genauso wenig nimmt er wahr, dass er erneut in einen Dorn greift, der seine Haut durchbricht und dafür sorgt, dass sich ein Blutstropfen den Weg über den Finger bahnt. ~✒️~ 20.10 Uhr. Drei Stunden. Es sind drei Stunden vergangen. Elsa ist nicht gekommen. Und wieder fühlt sich Marios Herz an, als würde es brechen. In viele kleine Stücke. Wie damals, als sie ihm Mamoru vorgestellt hat. Es ist, als würde jemand sein Herz zwischen die eiskalten Finger nehmen und zusammendrücken. So stark, dass es kaputtgeht. Genauso empfindet er gerade. Wie betäubt steht er auf. Die Rose, die er bis gerade noch fest zwischen den Finger gehalten hat, lässt er einfach liegen. Sie sieht nicht mehr so schön aus, wie vorher, als er sie gekauft hat. Dort hat sie noch gestrahlt. Die Blütenblätter haben frisch und fest ausgesehen, eine wunderschöne Blüte gebildet. Der Stiel war leuchtend grün, die Blätter daran hatten sich in die Höhe gereckt. Doch davon ist nicht viel übrig geblieben. Der Blütenkopf ist gesenkt, von den kraftvollen Blütenblättern und Blättern ist nicht mehr viel zu sehen, zweiteres durch das ständige durch die Hände gerieben werden, kaputt. Der Stiel ist in der Mitte gebrochen. Doch Mario interessiert das nicht mehr, als er davonläuft. Die Blume wird nie bei der Person ankommen, für die sie gedacht war. ~✒️~ An Marios innerlicher Betäubung hat sich nichts geändert, als er beim Wohnheim ankommt. Das Einzige, das ihm durchgehend durch den Kopf geht, ist, dass Elsa sich gegen ihn entschieden hat. Dass auch die zweite Chance, die sie beide gemeinsam gehabt hätten, zerbrochen ist. Als er sein Zimmer betritt, schallt ihm schon die Stimme seines besten Freundes entgegen. “Ah, Mario, du bist wieder da. Wo warst du denn so lange?” Der Angesprochene erstarrt, doch ehe er etwas antworten kann, redet Gregor schon weiter. “Aber egal, was und wo, als ich vorher gekommen bin, ist ein Brief an unserer Zimmertüre geklebt. Für dich. Laut der Schrift dürfte es meine Schwester gewesen sein. Ich verstehe nicht, warum sie nicht auf uns gewartet hat oder …” Gregor kann nicht ausreden, da steht Mario schon vor ihm und reißt ihm den Brief aus den Händen. Der Jüngere hat recht. Das ist Elsas Schrift. Er hat ihren Liebesbrief inzwischen so oft gelesen und angeschaut, er kennt ihre Schrift in- und auswendig. Und er weiß, wie sie seinen Namen schreibt. Der Name, seiner, der ihm auf dem Briefumschlag entgegenblitzt, ist eindeutig von ihr geschrieben. Schnell öffnet er den Brief, lässt den Umschlag einfach zu Boden fallen, während er das Blatt Papier auffaltet. Mario, es tut mir leid. Aber ich kann nicht. Es ist nicht, weil da nichts mehr wäre. Ich empfinde immer noch sehr viel für dich, das werde ich vermutlich immer. Doch ich kann die Zeit mit Mamoru nicht einfach wegwerfen. Das hat er nicht verdient. Bitte denke nicht, dass ich dich deshalb vergessen könnte. Doch sicherlich wäre es besser, wenn du mich vergessen würdest. Du hast es verdient, glücklich zu sein. Ich befürchte, dass es jedoch nicht ich bin, die dich glücklich machen kann. Bitte werde glücklich. Elsa Mario starrt ungläubig auf den Brief in seinen Händen. Er versucht die Worte zu erfassen, sie aufzunehmen und zu verstehen. Erst als ein Tropfen auf das Papier fällt und die ersten Buchstaben verwischt, wird ihm bewusst, dass er weint. Und da entkommt ihm ein lauter Ton. Ein Schrei. Ehe er es sich selbst bewusst wird, zerreißt er den Brief in viele kleine Schnipsel. Er dreht sich herum, schwankt regelrecht zu seinem Schreibtisch und greift nach den Büchern dort. Mit zitternden Fingern öffnet er eines nach dem anderen. Er ist nicht in der Lage, die Titel zu lesen, der Tränenschleier behindert ihn dabei. Und dann hält er endlich das Gesuchte in den Händen. Das Buch lässt er ebenso unachtsam wie alle anderen auf den Boden fallen. Und dann beginnt er den Gegenstand in seinen Händen ebenfalls zu zerreißen. “Mario, was machst du da? Das ist doch Elsas Brief, oder?”, klingt undeutlich an seine Ohren. Entsetzt tritt Gregor neben seinen besten Freund, legt diesem beide Hände auf die Schultern. Was ist jetzt nur passiert? Und dann sackt Mario zusammen. Seine Schultern beben regelrecht. Gregors Blick landet auf den Papierfetzen auf dem Boden. Was ist mit Elsa? Was ist passiert, dass dieser Brief, den Mario jahrelang wie seinen Augapfel gehütet hat, nun dort liegt? Ihn Einzelteile zerrissen. Zerstört. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)