Shelter from the Storm von _Delacroix_ ================================================================================ Kapitel 2: Always on My Mind ---------------------------- Ich sehe nichts Verdächtiges“, sagte Minako. Ihr Blick folgte zwei jungen Frauen, die in Holzschuhen über das Kopfsteinpflaster schlurften. Auch Rei beobachtete die beiden. Erst als sie außer Hörweite waren, schnalzte sie mit der Zunge. „Ich sehe hier nur Verdächtiges“, entgegnete sie. Bunny hörte nur mit einem Ohr zu. Ihre Aufmerksamkeit war auf eine riesige braunschwarze Windmühle gerichtet, deren Flügel sich schwerfällig drehten. Rei hatte nicht unrecht. Das hier war ein ziemlich verdächtiger Ort. Überall standen große, steinerne Gebäude und jedes zweite von ihnen schien eine Windmühle zu sein. Ob es so wohl in Europa aussah? An jedem anderen Tag hätte sie ihre Frage laut ausgesprochen und gehofft, dass Minako ihr von London erzählen würde, aber heute war ihr nicht danach. Der Streit mit Mamoru spukte immer noch in ihrem Kopf herum. Also schlenderte sie weiter über das Kopfsteinpflaster und betrachtete die Fassaden der ungewohnt westlich anmutenden Gebäude. Die meisten waren hoch und braun, mit bunten Fensterrahmen, und einige hatten kleine Läden im Erdgeschoss. Der Duft von Zuckerwerk lag in der Luft, aber ihr war nicht nach etwas Süßem zumute. Am liebsten hätte sie sich in ihr Bett verkrochen und geweint, aber sie wusste, dass sie das nicht konnte. Wenn an diesem seltsamen Ort wirklich ein Feind lauerte, dann war es ihre Pflicht, die Menschen vor ihm zu beschützen. Auch wenn das bedeutete, dass sie sich zusammenreißen musste. Zumindest so lange, bis die akute Gefahr gebannt war.   Eine Gruppe laut schnatternder Schulmädchen kam aus einem Käseladen, und für einen Moment hing der typische Geruch von Emmentaler zwischen ihnen in der Luft. Rei rümpfte die Nase. „Ekelhaft“, urteilte sie. Minako lachte. „Das ist doch nur Käse“, erwiderte sie. „Der hat noch niemanden gefressen. Genauso wenig wie die Holzschuhe oder die Hauben aus dem Souvenirladen.“ „Noch nicht“, entgegnete Rei. „Ich würde nicht dafür garantieren, das dem auch so bleibt.“ „Was soll ein Käse-Youma bitte machen? Mich überrollen?“, schoss Minako zurück, doch der ernste Gesichtsausdruck ihrer Freundin ließ sie ihre Aussage noch einmal überdenken. „Na gut“, murmelte sie einen Moment später, „vielleicht gibt es eine kleine Chance. Aber sie ist winzig, verstanden?“ Rei erwiderte etwas, aber Bunny hörte nicht zu. Die Höhe der Wahrscheinlichkeit, unter einem Käse zu sterben, gehörte zu den Dingen, die sie nicht wissen wollte. Vor allem nicht, weil sie sich sicher war, dass Ami das bestimmt irgendwie berechnen konnte.   Ein Stück weiter öffnete sich eine weitere Ladentür und ein junger Mann trat heraus. Sein dunkles Haar glänzte in der Sonne. Bunny starrte ihn an. Diese Frisur, diese Statur ... War er das? Bevor sie genauer hinsehen konnte, hatte er sich abgewandt und stapfte davon. Bunny blieb nur der Blick auf seinen sich entfernenden Hinterkopf. Sie legte sich die Hand aufs Herz. Es klopfte heftig. Ihre Freundinnen hatten ihr dazu geraten auf es zu hören und wenn sie das tat, bedeutete das Klopfen sicherlich, dass es wirklich Mamoru war.   Unauffällig blickte sie zu ihren Freundinnen zurück, doch die waren immer noch in die Käsediskussion vertieft. Rei hatte inzwischen die Arme in die Hüften gestemmt und funkelte etwas im Schaufenster an. Minako hingegen warf den Kopf in den Nacken und lachte. Ihre blonden Haare umrahmten ihren Kopf wie ein Heiligenschein. Nur Reis empörte Antwort verriet, dass sie sich nicht wie eine Heilige verhielt. Vorsichtig trat Bunny einen Schritt zurück, dann noch einen und noch einen, bis sie hinter einer Gruppe älterer Damen verschwand. Ihre Fotoapparate klickten, aber Bunny lief einfach weiter. Wenn sie Mamoru einholen wollte, musste sie sich beeilen.   Wenn er wirklich hier war, war das ein Zeichen. Dann hatte Luna ihm von ihrem Verdacht erzählt, und er war, wie so oft, herbeigeeilt, um ihr zu helfen. Sie war ihm wichtig. Ihre Zukunft war es. Und das bedeutete, dass es vielleicht doch noch Hoffnung für sie beide gab. Wie die aussah, wusste Bunny noch nicht, aber wenn sie ihn finden würde, wenn sie mit ihm reden würde, dann würde bestimmt alles wieder so werden wie vor jenem verhängnisvollen Tag Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)