Das alljährliche Sommertheater! von FlameHashira (»Der verfluchte erste Satz«) ================================================================================ Kapitel 1: Das alljährliche Sommertheater! ------------------------------------------ Das alljährliche Sommertheater!   „Die Kobolde am Ende des Regenbogens waren pleite.“ Kyojuro runzelte die Stirn, als er diesen ersten Satz im Skript seines besten Freundes las. War es der Titel von diesem Theaterstück, eine Pointe, die er nicht verstand oder dessen kompletter Ernst?   „Wie oft soll ich es euch denn noch sagen!?“   Kyojuro zuckte zusammen, als die laute Stimme durch den großen Raum hallte, welche für die Aufführung jeglicher Theaterstücke oder Feierlichkeiten genutzt wurde. Die Schule war stolz darauf. Immerhin konnten die Schüler hier außergewöhnliche Talente in einer Talentshow beweisen oder anderen, oftmals sehr kreativen, Hobbys nachgehen. Auch Kyojuro selbst war mehr als begeistert von dem, was die Kimetsu Academy bieten konnte, doch darum ging es zumindest im Moment nicht.   „Die Kobolde sind pleite! Sie haben den heiligen Regenbogen verärgert und keine Gaben von ihm mehr verdient!“   . . . was sollte er dazu sagen?   „Tengen“, sprach er seinen aufgeregten Kollegen an.   Welcher ihm jedoch mit einer wirschen Hand-Arm-Bewegung zum Schweigen bringen wollte, um stattdessen weiter durch den großen Raum zu schreien, in welchem sich jedes Flüstern schon unglaublich laut anhörte.   „Warum geht das nicht in eure Köpfe? Was ist daran so kompliziert, ihr Id-“   Kyojuro hustete lautstark, bevor Tengen aussprechen konnte, was diesem scheinbar mehr als nur auf der Zunge lag. „Ich finde, ihr macht das schon großartig!“, mischte er sich stattdessen mit lobenden Worten ein, während er einigen verunsicherten Schülern eines seines sonnigen Lächelns schenkte. „Macht doch eine kurze Pause, ich muss mit Uzui-sensei etwas besprechen!“ Er gab vor, nicht zu bemerken, wie hektisch die Schüler versuchten, hinter den Vorhang der Bühne zu kommen, dort, wo bereits für das Bühnenbild gesorgt werden sollte. „Tengen-“   „Kyojuro!“, jammernd warf sich der größere, kräftigere Mann auf ihn und sorgte damit fast dafür, dass sie beide umfielen. Glücklicherweise stand er mit dem Rücken an einem der Plätze hier gelehnt, sodass er nur mehr dagegen sackte – ächzend. „Diese Banausen sind schrecklich! Sie werden alles zerstören!“   Und schon war Kyojuro in einer kompletten Misere. Zum Glück aller – mehr oder weniger – war er dennoch ein sehr ehrlicher und direkter Mensch, selbst wenn er leichte Sorgen in der Magengrube empfand.   „Vielleicht ist das Theaterstück einfach nicht das Richtige“, schlug Kyojuro vor, ehrlich, aber ein wenig verschleiert. Vorerst. „Ich meine, wir haben nie einen solchen Autor im Unterricht behandelt, da ist es gar nicht so einfach, die Interpretation zu erkennen und umzusetzen.“   Was eine glatte Lüge war. Es gab keinen Autor, der Gottheit der Festlichkeiten hieß, da war sich Kyojuro wirklich mehr als nur sicher. Ihm war durchaus klar und bewusst, wer sich hinter diesem einfallsreichen Namen versteckte.   „Hehehe“, hörte er Tengen lachen, was im Grunde schon Bestätigung genug war. „Natürlich kennen sie es nicht, kennt es niemand! Dieses grandiose Stück wurde von mir geschrieben!“   „Oh, wirklich?“, fragte Kyojuro lächelnd nach. Er war sich sicher, dass man ihm ansah, nicht überrascht zu sein – doch Tengen ignorierte dies entweder geflissentlich oder bemerkte es nicht.   „Wirklich! Ich habe es geschrieben, während du deinen Urlaub hattest!“ Kyojuro hatte doch gewusst, dass Urlaub keine gute Idee gewesen war. „Und ich empfand es als wirklich passend und wundervoll, wenn unsere Schüler es aufführen würden zum alljährlichen Sommertheater!“ Kyojuro war sich ziemlich sicher, dass noch nie jemand die Theateraufführung während der Sommerferien – die völlig freiwillig war – als alljährliches Sommertheater vermarktet hatte. Zumindest klang es nicht schrecklich, sie könnten es übernehmen? „Aber sie sind wirklich schrecklich darin! Sie können weder schauspielern noch sich ein so einfaches Skript merken!“   „Tengen“, mischte sich Kyojuro nun wieder ein, er schob seinen besten Freund und Kollegen ein wenig von sich, um Abstand zu wahren. Anschließend verschränkte er, in einer fast strengen Handlung, die Arme vor der Brust. „Weißt du noch, was ich dir gesagt habe, bevor ich dir die Leitung des Theaters übergeben habe?“ Tengen verwirrtes Blinzeln war Antwort genug, deshalb führte Kyojuro seine Worte einfach fort, statt wirklich darauf zu warten, was sein Kollege hervorbringen würde. Auf eine überdramatisierte Art, wie sich Kyojuro nur zu gut vorstellen konnte. „Das Theaterstück wird durch eine Abstimmung von allen Freiwilligen gewählt“, er neigte inzwischen den Kopf, immer noch lächelnd. „Hast du eine Abstimmung gemacht?“   „Aber natürlich habe ich das!“, posaunte Tengen heraus. „Und es war einstimmig mein Theaterstück!“   „Was gab es sonst zur Auswahl?“   Mit einem verschlagenen Grinsen streckte Tengen stolz die Brust heraus und machte sich größer, als er ohnehin schon war: „Zwei weitere Stücke von mir geschrieben! In einem ging es um eine leidenschaftliche Liebesgeschichte! Weil sich der junge Hauptcharakter nicht entscheiden kann, heiratet er drei junge, wunderschöne Frauen!“ Das klang fast wie Tengen's Leben. „Und in dem dritten Stück ging es um irrationale, brutale Familientraditionen, in denen Geschwister, ohne es zu wissen, bis zum Tod gegeneinander kämpfen müssen, bis einer überlebt und zum neuen Oberhaupt ernannt wird!“   Vielleicht hätte Kyojuro auf die Besorgnis von Shinobu hören sollen, als es darum ging, Tengen diese Aufgabe zukommen zu lassen. Andererseits hatte sich bis auf Tengen und Mitsuri niemand sonst freiwillig dafür melden wollen. Mitsuri hatte dann doch den Kendo-Club übernommen, den Kyojuro ebenfalls anleitete. Damals schien es die perfekte Wahl zu sein, jetzt gerade wusste er es nicht mehr.   Am besten wäre es gewesen, niemals Urlaub zu nehmen!   „Es wäre wichtig gewesen, Stücke von verschiedenen Autoren vorzuschlagen“, meinte Kyojuro immer noch besonnen. „Und Stücke, die für das Alter unserer Schüler geeignet sind.“   „Aber es gab einfach keine guten Stücke, die ich hätte vorschlagen können!“, behauptete Tengen eisern.   Seufzend drehte Kyojuro den Kopf in die Richtung der Bühne und prompt bewegte sich der Vorhang. Amüsiert bemerkte er die Köpfe, die dahinter verschwanden, um nicht zu zeigen, dass sie belauscht wurden. Es war nicht ausreichend Zeit, um ein neues Stück anzufangen, außerdem wurde das Bühnenbild bereits fertiggestellt, vermutlich genauso wie zahlreiche Kostüme. Sie bekamen ein gutes Budget für diese Aufführungen, aber auch die Großzügigkeit von Ubuyashiki-sama würde ein Ende finden, wenn er erfahren würde, was hier vor sich gegangen war.   „Dann lass uns den Anfang nochmal machen“, meinte Kyojuro nun also. „Trommel alle zusammen, die als Schauspieler mitmachen oder sonstige wichtige Rollen für alles haben, was auf der Bühne geschehen wird. Bevor wir das Stück einstudieren können, braucht es ein Verständnis dafür. Dann wird der Rest ganz einfach ablaufen!“   Tengen wirkte noch nicht überzeugt.   „Oder wir müssen das Theaterstück von letztem Jahr wiederholen“, fing Kyojuro an, erzielte damit genau das, was er sich gewünscht hatte.   „Nein!“, brüllte Tengen dazwischen. „Nicht schon wieder Romeo und Julia! Ich kann dieses langweilige Drama nicht mehr sehen, hören oder lesen!“   Kyojuro sah seinem Kollegen hinterher: „. . .eigentlich ist es eine Tragödie“, murmelte er vor sich hin.   Zumindest konnte er einen kleinen Sieg erringen und er hatte die Hoffnung, dass sie aus diesem Theaterstück noch etwas herausholen konnten. Ein Glück war sein Urlaub vorbei und niemand versuchte mehr, ihn von der Schule fernzuhalten. Er hielt das Skript in den Händen und blätterte hindurch, während er hier und da eine Stelle las und versuchte ein Bild vor Augen zu bekommen.   Heiliger Regenbogen? Kobolde, die pleite waren? Eine Knutschszene zwischen Kobolden?!   Kyojuro atmete noch einmal tief durch und suchte sich einen Bleistift auf dem vordersten Tisch, wo die Regie saß – was immer die Lehrer waren und ein-zwei Schüler. Tengen war sein bester Freund und sicherlich war er auch äußerst kreativ, doch deshalb konnte Kyojuro solche Szenen nicht stehen lassen! Er musste seine Schüler vor unangenehmen Auftritten und dergleichen Aktionen definitiv beschützen!   Auch wenn es Tengen wütend machen könnte, wenn er in dessen Skript herumkritzelte.   Er war immer noch mittendrin, die Knutschszene auszulöschen, als Blumenblätter auf dem Tisch, dem Skript und ihm fielen. Es dauerte einen Moment, bis Kyojuro es überhaupt bemerkte und verwirrt blinzelte. Ja, er hatte auch etwas von einem Blumenregen gelesen, sobald der heilige Regenbogen wieder glücklich und zufrieden war – eine Szene voller Hoffnung und Glück, weshalb sie definitiv drinnen bleiben durfte – aber was . . .   Kyojuro legte den Kopf ein wenig in den Nacken, um über sich zu schauen, wo eine Wiege über ihm hin und her wog und dabei einige rosafarbene Blütenblätter durch Löcher sanft heruntergleiten ließ. Verwirrt beobachtete er dieses Phänomen – nicht sicher, was hier gerade vor sich ging.   Er war Single, also ein überraschender Heiratsantrag konnte nicht der Fall sein!   Am Ende war es keine solche Überraschung, wie er es vielleicht gerne darstellen würde. Er hätte sich ziemlich schnell denken können, was hier los war.   „Kyo~juro!“   Ein schweres Seufzen entrann ihm, als er die begeisterte Stimme sofort wiedererkannte. Genauso wie die fast lautlosen und schnellen Schritte auf dem Holz der Bühne, welche an den Rand kamen.   „Soyama-kun“, sprach er aus, ohne in die Richtung der Bühne sehen zu müssen. „Wir haben darüber gesprochen“, mehrmals! „Es heißt Rengoku-sensei!“   „Ich habe dich so sehr vermisst!“, jammerte sein Schüler ignorant, während er von der Bühne sprang.   Kyojuro machte einen geübten Ausfallschritt nach hinten und streckte eine Hand aus, um Akaza an der Schulter abzufangen und eine Armlänge entfernt von sich festzuhalten. Als er ihn nun ansah, bemerkte er das pinkfarbene Haar, die gelb leuchtenden Augen, die ihn wehmütig ansahen, und die bebenden Lippen, als würde es gleich ein großes Weinen geben. Es war keine Überraschung, dass Akaza beim Theaterstück aushalf. Seitdem Kyojuro das alles als Leiter übernommen hatte, gab es kein Theaterstück ohne Akaza – auch wenn dieser meistens hinter der Bühne blieb. Zumindest wenn man von dessen unsinnigen Liebesbekundungen absah, die immer wieder zum Thema wurden.   „Wie war dein Urlaub? Hast du mich vermisst? Ich habe dich vermisst!“   Wenn Kyojuro ehrlich sein sollte, hatte er all das hier vermisst – und damit auch Akaza eingeschlossen. Selbst wenn dieser ihn stets in Verlegenheit brachte, sowohl vor seinen Kollegen, als auch seiner Schülerschaft.   „Bitte beruhige dich Soyama-kun“, wies er hoffnungsvoll an, während er etwas Kraft aus seinem Arm nahm, der seinen Schüler auf Abstand hielt.   Glücklicherweise blieb Akaza auf Abstand, mit einer Kombination aus Wehmut und Enthusiasmus im Gesicht – und mit Blütenblättern im Haar und auf den Schultern, da sie nun beide darunter standen.   „Ich bin wirklich froh darüber, dass du wieder da bist“, meinte Akaza dann, immer noch etwas aufgeregt, aber doch ruhiger als zuvor. „Du übernimmst das doch jetzt alles, oder? Uzui-sensei ist wirklich schrecklich in allem!“   „Ich werde nur als Unterstützung da sein.“   „Ahhh“, machte Akaza verträumt. „Genau wie ich. Kyojuro wie eine Unterstützung sein und ich werde eine Unterstützung sein. Können wir kämpfen!?“   „Nein, wir können jetzt nicht kämpfen, Soyama-kun“, antwortete Kyojuro immer noch geduldig, sah aber anschließend nach oben. „Warum regnet es immer noch Blumen?“   „Oh, ich habe es eingestellt! Du verdienst ein wundervolles Willkommen zurück, Kyojuro!“   Das war süß. Kyojuro konnte es nicht anders sagen. Dennoch war es besorgniserregend, wie sehr Akaza ihn ins Herz geschlossen hatte. Alles hatte damit angefangen, dass Kyojuro ihn bei einem Kampf besiegt hatte. Da er älter und erfahrener in Kämpfen war, sowohl im Kendo als auch im Nahkampf, war es nichts Ungewöhnliches gewesen.   Doch irgendwas hatte Akaza in ihrem Kampf gesehen und gefühlt und seither . . . Man konnte wohl sagen, dass Kyojuro seinen Schüler nicht mehr loswurde.   Zu seinem Glück begann sich die Bühne nun mehr und mehr zu füllen und er erkannte auch Tengen, der alle herausjagte.   „Geh auch auf die Bühne, damit wir anfangen können“, wies Kyojuro seinen Schüler also jetzt an.   Akaza strahlte ihm entgegen und nickte anschließend: „In Ordnung! Ich freue mich so sehr, dass du wieder da bist, Kyojuro! Jetzt kann das alles nur perfekt werden und ich kann dich jeden Tag sehen!“   Kyojuro seufzte leise, während er sich eine Schläfe rieb. Wenn er jemals Kopfschmerzen oder Sorgen haben sollte, dann nur wegen Akaza.   „Sieht nicht so aus, als würde dein Romeo allzu schnell nachlassen wollen“, gackerte Tengen, welcher plötzlich an seiner Seite aufgetaucht war.   Kyojuro tat alles, um sich den Schreck nicht ansehen zu lassen: „Ich hoffe, er wird es bis zum Abschluss.“   Tengen zuckte amüsiert mit den Schultern: „Und wenn nicht, dann kannst du ihn ja daten, sobald er den Abschluss in der Tasche hat!“   „Tengen!“, empörte sich Kyojuro sofort mit Entsetzen und gleichzeitig einem hüpfenden Herzen.   Er würde niemals einen Schüler daten. Oder einen ehemaligen Schüler. Oder? Nein, auf gar keinen Fall! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)