Speechless von ChiaraAyumi ================================================================================ Kapitel 2: Akaza ---------------- Der Regisseur hatte Kyojuro zu sich ins Büro bestellt, um mit ihm über den kommenden Film zu sprechen, der den nächsten Arc verfilmen sollte. Er war auf eine gute Art nervös vor dem Treffen. Er wusste, dass er in seinen bisherigen kurzen Auftritt in der Serie alles gegeben hatte und der Regisseur genau wie das Publikum begeistert gewesen war. Seine Mutter hatte seine Szenen schon ein paar hundert Mal gesehen und ihn in die Arme geschlossen, weil sie so gerührt war und ihn trotzdem dazu ermahnt, sich den Erfolg nicht zu Kopf steigen zu lassen. Nur wenn er mit seiner Stärke die anderen unterstützte, würde es ein Erfolg werden. Er war nicht alleine, sondern nur ein Teil des großen Ganzes und er vergaß das nie, das nicht nur die Schauspieler wichtig waren, sondern nahm sich immer Zeit für alle aus der Crew und bedankte sich bei jedem einzelnen. Schließlich verdankte er es ihnen, dass er vor der Kamera stehen durfte und seinen Traum leben konnte. „Wie dir vermutlich bewusst ist, wird dein Charakter im Film sterben. Deswegen ist es unglaublich wichtig, dass du noch mehr in dich gehst und alles an Emotionen herausholst, um deinem Ende die emotionale Wucht zu verleihen, die wir brauchen, um das Publikum zu Tränen zu rühren, nein, ihnen das Herz aus der Brust zu reißen. Du musst die beste Leistung deines Lebens abliefern. Das ist dein Film, dein Moment.“ „Ich gebe immer mein Bestes. 120% und mehr. Verlassen Sie sich auf mich. Ich werde Sie auf keinen Fall enttäuschen“, bellte Kyojuro begeistert. Er konnte noch mehr geben. Er war dazu bereit sich noch tiefer in sich selbst zu verankern und noch mehr Leidenschaft und Herz zu geben. Er würde sein Herz in Flammen versetzen. „Das freut mich zu hören. Du gibst wirklich immer alles. Du bist auch wunderbar mit den jungen Schauspielern. Ich verlasse mich darauf, dass du sie wieder anleiten wirst und ihnen zur Seite stehst. Für sie bist du ein Mentor, zu dem sie aufblicken. Sei ihnen also ein gutes Vorbild.“ „Natürlich. Ich bin immer gerne für die Jüngeren da.“ Er konnte es kaum abwarten, mit den anderen wieder zu arbeiten. Auch wenn er es schade fand, dass er keine Chance mehr haben würde, mit den anderen Hashira zu drehen, denn er hatte sie in den wenigen Drehtagen für die erste Staffel lieb gewonnen und hatte gewusst, dass er sie nicht mehr wiedersehen würde. Dafür konnte er das erste Mal mit Zenitsu und Inousuke drehen und ein weiteres Mal mit Tanjiro, der wirklich einer der freundlichsten Menschen war, die er kannte. Er freute sich auf den Film und auf seinen letzten großen Moment. „Mr. Rengoku, es ist mir eine Freude, wieder mit Ihnen zu arbeiten“, begrüßte ihn Tanjiro am ersten Drehtag. „Die Freude ist ganz meinerseits, junger Kamado!“ Er lernte Zenitsu und Inousuke kennen und konnte sie gleich für sich einnehmen, auch wenn er das gar nicht wirklich versucht hatte, aber sie kamen in jeder Drehpause zu ihm und fragte ihn, wie er die Szenen spielen würde oder ob er einen guten Ratschlag für sie hätte. Inousuke war immer sofort dabei, wenn er sah, wie Kyojuro zwischen den Szenen an seiner Schwerttechnik feilte, Tanjiro fragte ihn stets zu seinem Wissen über die Welt von Demon Slayer aus und Zenitsu fragte ihn nach Atem- und Mediationstechniken, mit denen er sein Lampenfieber in den Griff bekommen konnte. Auf dem Filmset wurde es ihm dadurch nie langweilig, auch wenn er zu Beginn nur wenige Szenen hatte, da sich die meisten Szenen um Tanjiro drehten, der wirklich ein begnadeter Jungschauspieler war, der immer zu alles in jedem einzelnen Take gab. Der Regisseur kam nach den ersten zwei Drehwochen zu ihm und sprach mit ihm über die Vorbereitung für das Ende des Filmes. „Wie ich dir schon gesagt habe, möchte ich, dass du alles aus dir rausholst für den finalen Kampf. Um dich dabei zu unterstützen, hab ich mir gedacht, es würde stärker wirken, wenn ihr wirklich überrascht und schockiert seid, wenn Akaza das erste Mal auftritt. Deswegen seid ihr ihm bis jetzt auch noch nicht begegnet. Ich will, dass da so viel Echtheit in der Szene steckt wie möglich.“ „Gut. Das verstehe ich! Ich will mein Bestes geben!“ Der Regisseur nickte begeistert und teilte ihm noch weitere Details mit, auf die er für die letzten Drehtage achten sollte, um den größten Impakt zu kreieren und den Film erfolgreich zu machen. Nach dem Gespräch war Kyojuro aufgeregt, denn jetzt lag ein Nervenkitzel in der Luft. Er hatte noch nie eine Szene gespielt, die er mit seinem Gegenüber nicht geübt hatte, also war es für ihn ein erstes Mal, das ihn freudig erregte und er zählte die Tage bis zum Auftritt von Akaza und dann war es endlich soweit. Der Zug war entgleist und es sah wirklich grandios aus, die Setdesigner hatten sich selbst übertroffen. Kyojuro trat zu Tanjiro und sprach mit ihm, als wäre der Sieg endgültig und der Auftrag erledigt. Und dann trat Akaza auf, wie es das Drehbuch vorgesehen hatte, nur war Kyojuro nicht auf die Wucht vorbereitet, mit der dieser Auftritt erfolgte. Es verschlug ihm schlichtweg die Sprache. Akazas Präsenz war so viel überwältigender, als er sich vorgestellt hatte, aber nicht nur das: Er vergaß für eine Sekunde völlig, dass er reagieren musste, dass sein Einsatz jetzt gefragt war, so sehr war er von der Präsenz eingenommen. Zum Glück waren seine Reflexe von dem vielen Kampftraining geschult und er reagierte sofort, obwohl sein Kopf noch einen Moment hinterher hing und er den Blick von diesen intensiven, goldenen Augen losreißen musste. Der Regisseur hatte die richtige Entscheidung getroffen, die erste Begegnung mit Akaza für die Kameras zu bestimmen, denn das hier war seine unverfälschte, echte Überraschung. Es war ein echter Schock, obwohl er gewusst hatte, dass es kommen würde, obwohl er Akazas Design kannte. „Cut!“, rief der Regisseur, nachdem Kyojuro den ersten Angriff von Akaza abgewehrt hatte. „Fünf Minuten durchatmen und dann fangen wir mit der Kampfchoreografie an. Trinkt nochmal was. Das was gleich kommt, wird alles von euch abverlangen.“ „Hey“, begrüßte Akaza ihn und reichte Kyojuro die Hand. „Ich hoffe, ich habe dich nicht zu sehr erschreckt.“ „Wow“, gab Kyojuro nur von sich, weil ihm gerade immer noch alle Worte fehlten, die ausdrücken konnte, wie sich diese erste Begegnung angefühlt hatte. Wie ein Zittern, das einem durch den Körper ging, wenn man einen elektrischen Schlag bekam oder eher wie ein angenehmer Schauer, der einem über den Rücken lief, wenn man etwas sah, das man liebte. Akaza lachte ein amüsiertes Lachen, das Kyojuro noch mehr gefangen nahm, denn noch immer konnte er sich nicht recht von diesem intensiven Blick lösen. Er drohte aus seiner Rolle zu fallen und war erleichtert, als der Moment dieser seltsamen Stille durch Tanjiro unterbrochen wurde. „Das war großartig. Mir ist wirklich kurz das Herz stehen geblieben, als du aufgetaucht bist. Du hast diese Präsenz, als ob wirklich gerade jemand Mächtiges aufgetreten ist, den wir nie im Leben besiegen können.“ Kyojuro nickte lebhaft, um Tanjiros Worte zu unterstreichen. „Das war wirklich gut. Ich kann es kaum abwarten, es gleich mit dir aufzunehmen. Du spornst mich jetzt schon mit deiner Leistung an noch besser zu werden.“ „Sehr gut“, Akaza grinste und zeigte seine makellosen Zähne. „Ich mag Herausforderungen. Zeig mir dein Können und lass uns, uns gegenseitig zu Höchstleistungen antreiben.“ Kyojuro schüttelte noch einmal seine Hand und dann ging es schon zurück mitten hinein in den Kampf. „Wir treffen uns zum ersten Mal und doch verabscheue ich dich bereits.“ Kyojuro sprach diese Worte mit Leidenschaft aus, doch er merkte, dass er sie dieses Mal nicht so meinte, sondern eigentlich das Gegenteil sagen wollte. „Und ich verabscheue schwache Menschen. Schwächlinge widern mich an“, entgegnete Akaza und Kyojuro fühlte sich persönlich angegriffen. Er würde in diesem Moment nicht nachgeben. Er dachte wieder an seine Mutter, die ihm Kraft gab. Er musste mit diesem Mann mithalten, durfte sich nicht von ihm aus der Bahn werfen lassen. Das hier war sein Moment. All seine Leidenschaft hatte ihn hierher geführt und sein Herz war bereit, in Flammen aufzugehen. Die Choreografie verlangte alles von ihm. Er hatte noch nie jemand getroffen, der mit ihm mithalten konnte und ihn an seine Grenzen brachte. Auch ohne die Spezialeffekte konnte sich Kyojuro vorstellen, lieferten Akaza und er gerade einen beeindruckenden Kampf ab, denn kein einziges Mal hörte er, wie der Regisseur „Cut rief“ und er wollte es auch gar nicht wahrnehmen. Er war Feuer und Flamme. Er wollte diese ganze Sequenz durchspielen, wollte Kopf an Kopf mit Akaza kämpfen, sich von diesen goldenen Augen beinahe verführen lassen, aber doch seine Moral und Kampfgeist nicht aufgeben. Er wurde von all der Leidenschaft in seinem Herzen verschlungen und er spürte, dass es Akaza genauso erging. „Kämpfe mit all deiner Kraft. Konzentriere dich auf mich!“, forderte Akaza von ihm und Kyojuro hätte gar nicht anders gekonnt. Er hätte es beinahe vergessen, sich an Tanjiro und Inousuke zu wenden, um sie davon abzuhalten, in den Kampf einzugreifen, doch er sah Akazas Blick kurz zu den beiden flitzen und ihm fiel wieder ein, dass sie nicht alleine waren, dass nicht nur die beiden jüngeren Schauspieler hinter ihm waren, sondern das sie umgeben waren, von Kameraleuten, Tontechniker, dem Regisseur und seinen Assistenten. Für eine Sekunde war alles klar vor ihm. Er war nur ein Teil eines Films, aber es fühlte sich nicht so an. Das hier war sein Leben und es war seine Aufgabe, all diese Menschen zu beschützen, und er würde sein Leben dafür geben. All diese Sticheleien und diese Komplimente von Akaza würde ihn nicht davon abbringen. „Werde ein Dämon, Kyojuro.“ Diese Stimme, diese Augen waren pure Verführung. Spürt Akaza auch diese Spannung zwischen ihnen? Kyojuro hatte das Gefühl, die Luft müsste völlig geladen sein und sich jeden Augenblick in tausend Blitzen entladen. „Lass uns endlos weiterkämpfen und uns gegenseitig stärken.“ Genau so fühlte es sich an. Kyojuro hatte wirklich das Gefühl, von diesem Mann, seinem Gegner zu Höchstleistungen angetrieben zu werden. Er wollte ewig so weitermachen. Der Regisseur sollte niemals „Cut“ rufen. Diese Szene sollte endlos sein. „Ich verabscheue dich. Ich werde nicht zum Dämon.“ Eine endlose Abfolge von Angriffen und Abwehr. Sie wurden immer schneller. Das hier fühlte sich immer intimer an. Akazas Bitten wurden immer verzweifelter, während Kyojuro immer entschlossener wurde. Wie Akaza seinen Namen voller Bewunderung sagte und ihn anflehte, nicht zu sterben, damit sie ewig weiterkämpfen konnten. Er spürte nicht einmal mehr die Schmerzen. Er spürte nichts mehr, bis er innehalten musste, weil er merkte, wie ihm das Blut über das Auge lief und er sich nicht einmal daran erinnern konnte, dass dort ein Blutbeutel gewesen war, der nun aufgeplatzt war. Erst jetzt merkte er, wie sehr er außer Atem war, wie sehr er sich schon verausgabt hatte, aber er wollte genau wie Akaza weiterkämpfen. Er war noch nicht am Ende, doch jetzt hörte er das „Cut“ des Regisseurs, der die Atempause nutzte, um endlich die Spannung zu durchschneiden. Er war wieder zurück in der Realität. „Du bist ganz schön intensiv“, Akaza trat von hinten an ihn heran. Er hatte sich gerade das Gesicht so weit gesäubert, dass er wieder durch sein Auge sehen konnte. Das Make-up-Team würde ihm morgen alle Verletzungen wieder zurück ins Gesicht zauber. Wieder spürte Kyojuro das sanfte Prickeln, das seinen Körper durchfuhr, als er Akazas Stimme hörte. Die Spannung zwischen ihnen war sofort wieder da. Er hatte es sich also nicht eingebildet. „Das kann ich nur so zurückgeben. Das war wirklich …“ Ihm fehlten wieder die Worte, um zu beschreiben, was er in dieser Szene empfunden hatte. Wie gerne er sie noch hundert Mal wiederholen würde, denn er war sich sicher, dass sie sich immer wieder zu Höchstleistungen antreiben würde, dass das noch gar nicht die beste Performance gewesen sein konnte. „... atemberaubend“, beendete Akaza den Satz. „Ich habe mich noch nie so gefühlt. Schade, dass wir uns erst jetzt kennengelernt haben. Mit dir für diese Szene zu trainieren hätte Spaß gemacht.“ „Elektrisierend“, stimmte Kyojuro mit Nachdruck zu. „Und ich habe mich auch nie so gefühlt. Aber ich glaube, es wäre nie so intensiv geworden, wenn wir uns schon gekannt hätte. Der Regisseur hat die richtige Entscheidung getroffen.“ „Trotzdem schade ist es. Ich würde dich gerne mal auf ein Glas Wein einladen, um dich näher kennenzulernen.“ Akaza berührte nur ganz leicht seinen Arm, aber Kyojuro spürte die Berührung am ganzen Körper. Ihm wurde heiß. Da war wieder dieser Unterton wie auch im Kampf. Diese Lust auf den anderen, auf den unendlichen Kampf zu zweit, schwang mit. War das hier noch Schauspiel oder ein ernst gemeinter Flirt? Kyojuro zögerte. Die Versuchung war groß, denn er spürte von seiner Seite aus definitiv Verlangen, aber er konnte in all diesem Gefühlschaos nicht mehr sagen, was noch real war. „Nach den Dreharbeiten“, versprach Kyojuro. „Jetzt brauchen wir diese Rohheit zwischen uns.“ Akaza trat einen Schritt zurück und zuckte mit den Schultern. „Lass mich nicht zu lange warten, Kyojuro.“ Wieder dieses sanfte Schaudern, wenn er seinen Namen hörte, Oh, er bereute es schon fast wieder abgelehnt zu haben, aber er durfte nicht der Verlockung nachgeben. Er war Kyojuro Rengoku, Flammen-Hashira und Akaza war sein Feind, den er besiegen musste. „Bis morgen dann. Ich kann es kaum abwarten, weiter mit dir zu kämpfen.“ Akaza verschwand und zurück blieb nur das Gefühl von leisem Bedauern und unerfülltem Verlangen. Kyujuro lag den ganzen Tag im Bett und konnte nicht schlafen. Zu sehr spürte er noch die Intensität der Szene mit Akaza, seine leichte Berührung, der Blick aus den goldenen Augen, der ihn so gefesselt hatte. Es konnte für ihn gar nicht schnell genug wieder Nacht werden, damit der Dreh fortgesetzt werden konnte. Er wollte mehr von dieser Intensität spüren. Beim Make-up wurde er fast ein wenig hibbelig, was ganz untypisch für ihn war, der sonst stoisch still saß und sich keinen Millimeter bewegte, bis der Make-up-Artist ihn freigab. Doch heute hatte er keine Geduld. Er wollte zurück in die Szene, wollte diesen Kampf zu Ende führen. Er brannte förmlich darauf. „Das war gestern mega“, bewunderte ihn Inousuke, als er das Set betrat. „So ein guter Kämpfer will ich auch werden und dann musst du gegen mich antreten!“ Kyojuro lachte. Er fand sich nicht schlecht, aber er hatte auch noch viel zu lernen. „Im nächsten Film oder Serie, in der wir beide gecastet werden“, versprach er. Inousuke kamen direkt die Tränen, als ihm bewusst wurde, dass Kyojuro Recht hatte und wandte sich verlegen ab. In diesem Film würde die Chance nicht mehr kommen, denn heute war der Tag, an dem Kyojuro Rengoku starb. „Viel Glück, Mr Rengoku!“, wünschte ihm Tanjiro und sah mit großen Augen zu ihm auf. „Danke, junger Kamado. Du hast eine großartige Zukunft vor dir. Mach weiter so!“ Tanjiro hatte auch bereits Tränen in den Augen und versteckte sie auch nicht. Kyojuro war gerührt und nahm dieses Gefühl mit, als er sich wieder gegenüber von Akaza positionierte, um die Szene von gestern Nacht fortzuführen. Er atmete tief durch, ließ alle seine Kraft durch sich fließen, bevor er seine Stanz einnahm und kaum ertönte „Action“ war es, als wäre keine einzige Sekunde vergangen, als ging es nahtlos weiter. „Ich werde meine Pflicht erfüllen. Ich werde keiner dieser Anwesenden sterben lassen!“, brüllte er Akaza entgegen und sammelte alle seine Energie für diesen letzten Angriff. Er war bereit, alles zu geben. Das Ende war nah. „Du musst einfach zum Dämon werden, Kyojuro! Lass uns ewig weiterkämpfen!“ Doch Kyojuro hörte Akaza gar nicht mehr, der Moment war gekommen. Jede Faser seiner Muskeln brannte, alles war in ihm angespannt. „Lass dein Herz brennen“, sagte er nicht nur zu sich selbst, sondern zu den jüngeren Schauspielern, zum Publikum, zu allen, die bereit waren, sich zu hundert Prozent einer Sache zu verschreiben. „Sprenge deine Grenzen. Ich bin die Flammen-Hashira, Kyojuro Rengoku!“ Und er war es. Er war nie etwas anderes gewesen, er war für diesen einzigen Moment geboren, um alle seine Kraft und Stärke in die Verteidigung dieser Menschen zu stecken, die sich nicht selbst wehren konnte. Er ging zum letzten Angriff über. Sprengte seine Limits und bot die Performance seines Lebens. Und dann war es vorbei. Natürlich hatte Akaza ihn nicht mit seinem Arm durchbohrt, aber Kyojuro hatte das Gefühl, wirklich verloren zu haben, auch wenn es nur eine sanfte Berührung auf seinem Bauch war. Akazas Verzweiflung war echt. „Du stirbst! Kyojuro, du wirst sterben! Werde ein Dämon! Sag, dass du ein Dämon wirst! Du bist stark. Einer der Auserwählten!“ Welch Intensität, welche Verzweiflung, welches Lob. Es war gar nicht schwer für ihn, in diesem Augenblick an seine Mutter zu denken. Wie sie immer für ihn da gewesen war, wie sie ihn bei seinem Traum unterstützt hatte, auch wenn andere ihn dafür ausgelacht hatten. Wie sie immer an sein Talent geglaubt hatte. Wie ihn auch alle anderen am Set immer wieder gelobt und bewundert hatten. Er schuldete ihnen alle seine beste Performance. Er wollte sie alle mit in dieser Welt hineinziehen, ihnen in diesen letzten Momenten das Herz in Brand versetzen, um sie all diesen Schmerz spüren zu lassen. Er dachte an all die Augenblicke, die er es genossen hatte, Teil dieses Casts zu sein. Er bedauerte sein Ende nicht. Er hatte alles gegeben und würde weiter alles an Leidenschaft hineinstecken. Der Schrei kam von ganz tief drinnen und bahnte sich den Weg nach draußen. Das hier war noch nicht das Ende. Er konnte Akaza besiegen. Er glaubte daran. Selbst Akaza schien von diesem Ausbruch vor Angst erfüllt. Sie beide schienen vergessen zu haben, wie es ausging, als wäre das Drehbuch mit einem Mal nichtig. Es würde sich erst jetzt zeigen, wie der Kampf ausging, erst in diesem Augenblick würde es sich entscheiden. Wie aufs Stichwort begann die Dämmerung und die Sonne zeigte sich am Himmel. Die Szene musste nicht unterbrochen werden, um darauf zu warten, es fügte sich perfekt ein. Sie rangen ein letztes Mal miteinander. Dann verließen ihn seine Kräfte. Er hörte, wie Tanjiro und Inousuke schrien, bevor er zu Boden sackte. Akaza flüchtete und dann kam der „Cut“. Die letzte Szene war die emotionalste. Kyojuro bewunderte, wie Tanjiro völlig in seinen Gefühlen aufging. Er konnte spüren, wie ehrlich dieser Ausbruch war. Auch er bedauerte es, dass es seine letzte Szene war, aber er fand, er hatte alles gegeben. Noch nie hatte er so viel Leidenschaft in eine Rolle gesteckt. Er würde für immer Kyojuro Rengoku bleiben. Auch wenn er jetzt seinen letzten Atemzug hauchte, war es nicht das Ende. „Lass dein Herz brennen“, sagte er ein letztes Mal. „Ich glaube an euch.“ Und jedes seiner Worte war genauso gemeint. Es dauerte ein Augenblick, bis dieses Mal das „Cut“ kam und als Kyojuro seine Augen wieder aufschlug, sah er, wie alle mit den Tränen kämpften. Er hatte es geschafft, er hatte ihre Herzen erreicht. Kyojuro lächelte und kämpfte selber mit den Tränen. Er wollte für immer weitermachen. „Wow, du bist der beste Schauspieler, den ich je getroffen habe. Es war eine Ehre an deiner Seite zu spielen“, Akaza war aus dem Wald zurück gekehrt und wirkte im Sonnenlicht so unwirklich, als wäre er nur ein Traum gewesen. Auch er hatte Tränen in den Augen. Und das war die schönste Form des Lobes. Die Dreharbeiten waren vorbei. Es war sein letzter Tag gewesen, aber Kyojuro war noch nicht bereit, wieder er selbst zu werden. Er wollte noch einen Augenblick Kyojuro Rengoku bleiben. Er saß am Rand der Trailer auf einer Wiese und genoss das warme Sonnenlicht auf dem Gesicht nach einer anstrengenden Nacht. Plötzlich hörte er Schritte und Akaza kam mit einer Flasche Wein. Kyojuro lachte und teilte sich gern mit Akaza den Wein aus der Flasche. Es fühlte sich völlig natürlich an, nicht mehr Feinde zu sein und miteinander zu plaudern, als hätte sie nicht gerade den intensivsten Drehtag aller Zeiten hinter sich gehabt. Genauso natürlich fühlte es sich an, dass diese Spannung immer noch zwischen ihnen war, solange bis Akaza sich vorbeugte und seine Lippen auf Kyojuros lagen. Das fühlte sich erstaunlich richtig an und Kyojuro war erleichtert, dass diese Intensität seit ihrer ersten Begegnung nicht nur ihrer unglaublichen Performance geschuldet waren, sondern das die Chemie zwischen ihnen echt gewesen war. Sie verloren sich in Küsse und Berührungen, bis die Sonne unterging und es wirklich an der Zeit war, ihren Rollen auf Wiedersehen zu sagen. Akaza würde zurückkehren, aber er nicht mehr. „Ich lass mich immer wieder gerne von dir töten“, scherzte Kyojuro. Akaza sah ihn mit großen Augen an und zog ihn zu sich. „Nein, das nächste Mal lässt du dich auf mein Angebot ein und wirst ein Dämon an meiner Seite, damit wir für immer zusammen sein können.“ Kyojuro konnte in diesen ernsten und tiefen Augen versinken. So musste sich die Verführung zum Bösen anfühlen, wo man seine Seele bereitwillig opferte, um noch einen Augenblick länger zu haben. „Was für ein Glück dann, dass ich nicht gestorben bin und auch kein Dämon werden muss, um an deiner Seite zu bleiben.“ „Ja was für ein Glück, dass alles nur ein Film war und du jetzt hier bei mir bist“, erwiderte Akaza und kuschelte sich mit seinem Kopf an Kyojuros Schulter. „Wir können jetzt aufhören, Kyojuro und Akaza zu sein und können ein neues Kapitel zu zweit beginnen.“ Kyojuro gab Akaza einen Kuss auf die Stirn. „So sei es. Auf ein Leben zusammen.“ Doch auch wenn sie ihre Rollen an den Nagel hängten, blieben sie im Herzen immer Kyojuro Rengoku und Akaza, denn so waren sie einander das erste Mal begegnete und daran würden sie sich immer erinnern. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)