Kiss The Rain von Ryuu-chan (Ryuichi x Shuichi) ================================================================================ Kapitel 5: Track 4 +++ New Perspective -------------------------------------- Track 4 +++ New Perspective Authors note: *aufKniefallundsichfasthinleg* Tutmirleid, tutmirleid, tutmirleeeeid!!! >_<" Ich habe euch viel zu lange mit den nächsten Kapitel warten lassen! *arrrrg* Ich war leider sehr beschäftigt und musste viel arbeiten, deshalb war ich abends meistens immer zu kaputt, um etwas zu schreiben... -_-" Aber eure super tollen Kommis haben mich wirklich aufgemuntert und mich dazu gebracht, weiter zu schreiben! Danke! Vielen Dank an die fleißigen Kommentarschreiber und natürlich an alle, die "Kiss The Rain" lesen. *never-give-up-desu ~ Klappe die Zweite*!!! =^_^= Wie aus einem schier niemals endenden Albtraum erwachte Yuki plötzlich. Ein tiefer, beinahe schon gieriger Atemzug und das schnelle Auf und Ab seiner Augenlider verrieten, dass er das Bewusstsein wiedererlangt hatte. Irritiert sah er sich in dem dunklen Zimmer um, in dem er sich befand. Keine Lampe spendete Licht, nur der fade Schimmer der Straßenbeleuchtung, der durch die halb zugezogenen Vorhänge drang, tauchte Yukis Umgebung in einen gespenstischen, grauen Schein und sagte ihm, dass es wohl mitten in der Naht sein musste. "Bleib ruhig, Eiri-san." Das in dem merkwürdigen Licht leichenblass erscheinende Gesicht Thoma Seguchis tauchte plötzlich über dem blonden Schriftsteller auf. Erschrocken sog dieser hörbar die Luft ein und wollte sich sogleich aufsetzten, der Mann, der über ihm erschienen war, hinderte ihn jedoch daran. Sanft wurde er in die Kissen zurück gedrückt. "Schone dich. Du hast dich zu sehr aufgeregt." Mit diesen bestimmten, aber zugleich auch sehr besorgten Worten setzte sich der Produzent wieder. Er hatte schon mehrere Stunden in dem kleinen Krankenzimmer verbracht und das Erwachen seines Freundes abgewartet. Yukis Herz klopfte vor Erschrecken so laut, dass er befürchtete es auch im Zimmer hören zu können; wo war er? Alles, an was er sich noch erinnern konnte, war das Telefonat - und da fiel es ihm wie Schuppen aus den Haaren. "Shuichi... wo ist er...?" murmelte er geistesabwesend, strich sich dabei die Haarsträhnen aus dem Gesicht und starrte in die Dunkelheit. Thomas Reaktion auf das Wort "Shuichi" bemerkte Yuki nicht. Es war nur ein winziges Zucken der Augenbraue gewesen. Auch sein Blick sowie sein Tonfall wurden um eine kaum merkbare Spur kühler. "Er ist wohlauf." Dass Thoma seit dem Zusammentreffen heute Morgen im Krankenhaus nichts mehr von ihm gehört hatte, ließ er ganz außer Acht. Er wusste eigentlich mit hundertprozentiger Sicherheit, dass nichts, aber auch gar nichts bei dem pinkhaarigen Sänger in Ordnung sein würde. Dennoch störte ihn das herzhaft wenig im Moment, er hatte andere Probleme. "Eiri-san, ich weiß dass es wahrscheinlich nicht der richtige Zeitpunkt dafür ist, aber ich muss dich etwas Wichtiges fragen." Thoma beugte sich plötzlich nach vorn und griff nach Yukis Arm. "Was ist letztens wirklich in Kyoto passiert?" Mit diesen Worten zog der blonde Produzent den dünnen Ärmel des Nachthemdes hoch und legte so die hellen Narben auf dem abgemagerten Handgelenk frei, die im Schein der Außenbeleuchtung silbrig glänzten. Der Anblick seines entblößten Armes veranlasste den Schriftsteller zu einem tiefen Seufzen. Er entzog sich dem Griff des anderen wieder und besah sich die vernarbte Haut aus der Nähe. Lange Zeit verharrte er so, bis er den Arm wieder sinken ließ und an die Decke blickte. Seine Augen glänzten verräterisch. Er hatte niemandem bis jetzt davon erzählt. Nur Thoma hatte er gesagt, dass er auf seinem Ausflug nach Kyoto bedroht worden war. Dass die Drohung allerdings später in körperliche Gewalt ausgeartet war, hatte er verschwiegen. "Wenn ich nicht schon damals mit Yuki gestorben wäre, dann wäre das alles hier der Grund für einen Selbstmord." Die Bitterkeit in seiner Stimme ließ selbst Thoma erschaudern. Auch das verhaltene, zynische Lachen des Schriftstellers, das viel mehr an das eines Psychopaten erinnerte, verstärkten das ungute Gefühl, das Thoma nun seid wenigen Minuten beschlich. "Eiri-san!" Der blonde Produzent stand sofort auf und trat an das Bett heran; wusste wahrscheinlich selbst nicht genau, was er tun könnte. Yukis Blick ging neben ihm ins Leere, er hatte jedoch das Lachen aufgegeben. "Bitte... du darfst das nicht sagen. Es war nicht deine Schuld! Ich hätte es merken müssen..." Thoma wusste selbst nicht, wie ihm geschah. Mit einem Mal empfand er eine so enorme Wut auf das, was in der letzten Zeit geschehen war, gleichzeitig übermannte ihn eine ungleich mächtigere Betroffenheit, die ihn auf die Knie sinken ließ. Seine Hände fanden Yukis Rechte, streichelten immer wieder über die helle, kalte Haut. Die grünen Augen des Produzenten ruhten dabei unentwegt auf den Narben, die den schlanken Arm beinahe entstellten. Mit aufeinander gepressten Lippen schüttelte Thoma den Kopf. Das alles war viel zu weit gegangen als er geplant hatte. Mit einem fast schuldvollen Gesichtsausdruck wand er sich wieder an die bleiche Person auf dem Bett, die ihm scheinbar immer noch keine Aufmerksamkeit schenkte. Mittlerweile blickte Yuki durch den schmalen Spalt, den die zwei Vorhänge vor dem Fenster bildeten, hinaus auf die menschenleere Straße. "Du darfst nicht aufgeben! Versprich es mir!" Thomas Stimme war zu einem heiseren Flüstern geworden. "Bitte..." Erst als Yuki plötzlich die Schwere Thomas Kopfes auf seinem Unterarm spürte, blickte er in die Richtung, aus der eben auch die Stimme des Produzenten erklungen war. Aufgeben. Wie oft hatte er sich gewünscht, dass man ihn einfach aufgeben lassen würde? Wie grotesk doch die Worte des Mannes, der vor ihm am Bett kniete jetzt in seinen Ohren klangen! Thoma wusste ja nicht einmal, was es bedeutete, jahrelang mit einer Schuld zu leben, die niemand ihm vergeben konnte, bis auf der, der es nicht mehr konnte, weil er schlicht und ergreifend tot war. Vergessen konnte Yuki die Vergangenheit nicht, er schaffte es ja kaum noch sie zu verdrängen; gerade jetzt. Und das Schlimmste war, dass er ganz allein vor all dem stand. Niemand konnte ihm die Last von den Schultern nehmen, weil kein anderer als er sie zu tragen hatte. Aber war Thoma bisher nicht immer der Einzige gewesen, der für ihn da war, der von Anfang an für ihn da war? Vielleicht war er der Einzige, der wirklich verstehen konnte, was in ihm vorging...? Er wusste es nicht. Yukis Blicke glitten zurück zum Fenster, hinaus auf die düsteren Straßen. Er wusste es wirklich nicht. +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ "Ngh..." Fahrig tasteten die Finger des Gittaristen nach dem Wecker. Ein helles Knacken von hartem Plastik und das verstummende Geräusch des schrillen Wecktons verrieten, dass der sonst so sanfte Hiro mit manchen Utensilien in seiner Wohnung nicht ganz so zimperlich umging. Während er unverständliche Worte in sich hinein murmelte, richtete sich der brünette Mann von seinem provisorischen Nachtlager auf dem Boden auf und streckte sich in voller Länge. Wirklich; dass er Shuichi in seinem Bett schlafen ließ war ein wahrer Freundschaftsdienst. Sein Rücken fühlte sich an, als ob er drei Tage hintereinander Baumstämme gewuchtet hätte. Bei diesem Gedanken blickte er zu dem Bett an seiner Rechten. Shuichis zusammengekauerte Gestalt zeichnete sich blass im fahlen Licht ab, welches durch das Fenster hinein drang. Die Sonne war noch nicht einmal aufgegangen. Seufzend stellte Hiro schlussendlich fest, dass sein Freund noch immer in der gleichen Position lag, in der er ihn gestern Abend hinterlassen hatte. Selbst zugedeckt hatte er sich nicht und er bezweifelte auch, dass Shuichi überhaupt ein Auge zugetan hatte. Ein Blick über den Freund bestätigte seinen Verdacht. Mit kleinen, arg verschwollenen Augen starrte der pinkhaarige Sänger vollkommen regungslos irgendeinen Fleck an der Wand an. "Aufstehen, Shuichi." Während der Gitarrist sich aufrichtete, schüttelte er die Schultern der kleinen Gestalt, die einfach haltlos hin und her schwankten. Dass er auch als er ins Badezimmer ging noch keine Antwort von Shuichi erhielt, verwunderte ihn schon gar nicht mehr. Vielleicht würde nach dem Frühstück wieder alles anders aussehen. Nach fünfzehnminütigem Kampf mit seiner braunen Haarpracht betrat Hiro (angezogen) den Schlafraum. Erfreut bemerkte er, dass es draußen bereits heller wurde, weniger erfreut war er jedoch darüber, dass Shuichi sich noch immer um keinen Millimeter gerührt hatte. Gedanklich stellte er sich vor, wie er den Sänger in genau dieser Position auf seinem Motorrad zu NG brachte... verwarf diese Vorstellung allerdings ganz schnell wieder. Flink suchten seine Finger nach dem Griff des Kühlschranks. "Neee, Shuichi. Du musst was essen, damit du wieder zu Kräften kommst. Du heulst viel zu viel." Noch immer keine Reaktion. "Ich mach uns Frühstück und dann-" Verblüfft verstummte Hiro bei dem Anblick der gähnenden Leere in seinem Eisfach. Er hatte in der ganzen Hektik vollkommen vergessen etwas einzukaufen. "...muss ich vorher erstmal einkaufen..." beendete er seinen letzten Satz. Mit einem übertrieben fröhlichen "Bin gleich wieder dahaaa! (plus Herzchen dahinter ^.^)" verschwand der Gitarrist hinter der zufallenden Haustür, hinter der sogleich ein erleichtertes Aufatmen erklang. Noch immer regte sich Shuichi nicht. "Bin wieder da-!" Schwungvoll öffnete sich die Tür zu dem kleinen Apartment, die sich erst vor zwanzig Minuten geschlossen hatte. Ein vollbepackter Hiro betrat die Räumlichkeiten, in seinen Armen zwei Papiertüten gefüllt mit allen möglichen Lebensmitteln balancierend. Er schaffte es sogar ohne all das was er trug auf dem Boden zu verteilen, die Tür hinter sich wieder zu schließen und gen Kochnische zu gehen. Glücklicherweise lag nichts auf dem Boden, über das er hätte stolpern können, da ihm seine Last die Sicht arg einschränkte. "Ne, dann wollen wir doch mal sehen, ob wir dem kleinen Shu-chan nicht mal etwas Gutes tun können." tönte es nun aus einer der hinteren Ecken der Wohnung. Manche Geräusche und das Knistern von Papier und Plastik verrieten, dass der Gitarrist seine Einkäufe in die Schränke verteilte. Dass Shuichi noch immer kein Wort von sich gab, ignorierte Hiro einfach. Gekünstelt fröhlich plapperte er darauf los und begann das Frühstück vorzubereiten. Dass er gar keinen Blick auf die vorhin zurückgelassene Person im Bett werfen wollte hatte schon seinen Grund: Hiro ertrug es nicht, seinen besten Freund in einer solchen Verfassung sehen zu müssen. Noch dazu kam die schlimme Gewissheit, dass er am wenigsten derjenige war, der ihm in dieser Angelegenheit hätte helfen können. Alles, was in seiner Macht stand war dem pinkhaarigen Sänger helfend und stützend zur Seite zu stehen und, wenn sich die Möglichkeit denn ergab, mit dem blonden Schriftsteller ein ernstes Wörtchen zu wechseln. "Shui~chiiiii! (plus Herzchen dahinter ^.^) Kommst du frühstü-" Das Wort blieb dem Gitarristen plötzlich im Halse stecken. Er hatte es gewagt, um die Ecke hinein in den Wohn-Schlafraum zu lugen. Was er sah, war alles andere als er erwartet hatte. Das Bett, der gesamte Raum der sich vor seinen Augen erstreckte - er war leer. "Baka..." murmelte Hiro leicht säuerlich und trat an sein Bett heran. "Er muss abgehauen sein, als ich einkaufen war..." vervollständigte er seinen Gedankengang. Während er die sorgfältig zusammengefaltete Bettdecke betrachtete, fiel ihm ein beschrifteter Zettel auf, der auf dem Kopfkissen lag. Seufzend bückte sich der Gitarrist, nahm ihn an sich und begann zu lesen. Nach weniger als einer halben Minute zerknüllte er das Schriftstück einfach und warf ihn in einer ärgerlichen Geste in die nächst beste Zimmerecke. Er war natürlich zu ihm gegangen. Zu Yuki ins Krankenhaus. Ein Knarren der Matratze verriet, dass jemand auf ihr Platz genommen hatte. Mit einer undeutbaren Miene starrte Hiro ziellos in das Zimmer. Er dachte nach. Nach dem ganzen Theater gestern war es auch nicht sonderlich verwunderlich, dass Shuichi die nächste Gelegenheit nutzen würde, um Yuki zu besuchen. >>Flashback<< Irgendwie hatte es Hiro geschafft den vollkommen aufgelösten Shuichi zu sich nach Hause zu geleiten. Unter keinen Umständen wollte er ihn jetzt allein lassen. Soviel stand fest - Shuichi würde die Nacht bei ihm verbringen. Dennoch entpuppte sich alles Weitere als weitaus schwieriger als den jungen Sänger bis hier hin zu bewegen. Er redete nicht ein einziges Wort mit ihm. Regungslos saß er die ganze Zeit auf dem Boden, sah gezwungenerweise mit Hiro den schlechten Film im Fernsehen mit an. Der Gitarrist wusste nicht, was er tun sollte. Genauso reglos legte sich Shuichi schließlich nieder. Hiro versuchte erst gar nicht, mit ihm zu reden. Es hatte heute keinen Sinn mehr. Doch das lautlose Schluchzen in der Nacht hatte er sehr wohl mitbekommen... >>Flashbach end<< "Baka, baka, baka...." murmelte Hiro schließlich wieder und ließ sich nach hinten über auf das Bett fallen. Nachdem er eine Weile darüber sinniert hatte, wie er nun vorgehen könnte, war ihm eins klar. Er würde Shuichi nicht folgen. Wenn die beiden eine Möglichkeit gefunden hatten zu reden, was das Erwachen des Schriftstellers mit einbezog, dann sollten sie dies auch tun. Ohne ihn. Langsam schlossen sich seine Lider. Während seine Gedanken langsam abzuschweifen begannen fragte er sich, warum zum Teufel er überhaupt so früh aufgestanden war, dabei glitt seine Hand suchend über das Bett. Er sollte in der Firma anrufen. +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Die schmale Hand hob sich zitternd. Etwa auf Kopfhöhe hielt sie inne, als ob sie erst Mut sammeln müsste, um gegen die weiße Tür vor zu klopfen. Mit gesenktem Kopf starrte Shuichi auf den Boden zu seinen Füßen. Sollte er? Sollte er wirklich? Was würde ihn dort erwarten; vielleicht noch mehr Vorwürfe? Noch mehr von all dem, was er nicht hören, was er nicht wahr haben wollte? Noch immer hallte ihm die sachlich nüchterne Stimme der Oberschwester im Kopf; Yuki war erwacht. Irgendwie hatte der junge Sänger diese Neuigkeit wie ein Schwamm in sich aufgesogen, ohne dabei jedoch jegliche Emotionen zu zeigen. Yuki war also wieder bei Bewusstsein. Er musste zugeben, dass er nicht wirklich damit gerechnet, besser gar nicht erst gehofft hatte, dass der Schriftsteller sich so schneller Gesundung erfreuen durfte, allein aus der Angst vor dem bevorstehenden heraus. Irgendwie wusste er, dass die letzten Tage nur die Ruhe vor dem Sturm gewesen waren. Innerlich all seinen Mut zusammen kratzend und tief einatmend, pressten sich die dünnen Finger zu einer Faust zusammen und klopften letztendlich zaghaft gegen die Tür. Nervös und mit nahezu rasendem Herzklopfen wartete Shuichi einige Momente ab. Sein Zustand verschlimmerte sich mit jeder Sekunde die verstrich, ohne dass ein Lebenszeichen aus dem vor ihm liegenden Zimmer drang. Am liebsten wäre der junge Sänger einfach weinend davon gerannt; er schon immer ein Feigling gewesen. Dennoch erinnerte er sich an die Worte der Krankenhausangestellten, die ihm mürrisch erklärt hatte, dass der Patient nun Ruhe bräuchte. Es sei ohnehin schon die ganze Nacht ein Mann bei ihm gewesen. Und Shuichi konnte sich nur zu gut vorstellen, wer es gewesen war. Als nach einem weiteren, noch zaghafteren Klopfen seinerseits aus nichts geschah, drückte der pinkhaarige Künstler nach weiterem Zögern einfach die Türklinke herunter. Stickig quoll ihm die ohnehin schon typisch schmeckende Krankenhausluft entgegen, die hier scheinbar noch intensiver war. Es dauerte einen Moment, ehe sich Shuichi an die Dunkelheit im Inneren gewöhnen konnte, bis er letztendlich mit großen Augen die vertraulich und gleichzeitig absolut fremd wirkende Gestalt des blonden Mannes gewahrte, die er wie noch keinen Menschen (bis auf einen ^^) so sehr vergöttert hatte. Ob die ausgesprochen bedrückende Stimmung, die im Raum hang an der Fremde der Umgebung lag, sei dahingestellt. Wortlos blieb er an dem vergitterten Bettende stehen und zwang seine zitternden Hände dazu, sich an den eiskalten Stäben festzuhalten. Unmerklich fuhr er zusammen, als er bemerkte, dass Yuki mit offenen Augen zur Seite starrte, fasste sich dennoch schnell wieder bei dem Anblick des sich stetig hebenden und senkenden Brustkorbes. Vielleicht hatte er auch gehofft, dass er schlief...? Die blasse Person im Bett zuckte selbst als der metallene Ring an Shuichis Finger auf der Eisenstange am Fußende einen unschönen Laut verursachte nicht einmal mit der Wimper. Ausdruckslos starrten die im Halbdunkeln fast hellbraun erscheinenden Augen durch den schmalen Schlitz der zugezogenen Vorhänge. Eine ganze Weile stand Shuichi bewegungslos da, wartete ab und überlegte wild hin und her, was er am besten sagen, oder auch nicht sagen könnte. Warum Yuki den Mund nicht aufbekam und was er jetzt schon wieder falsch gemacht hatte. Er wusste nicht wie viel Zeit vergangen war, bis ihm das Wasser innerlich bis zum Halse stand. Es kam ihm wie eine ganze Unendlichkeit vor, bis er sich schließlich wagte von dem eintönigen Knittermuster der Krankenhausbettdecke aufzusehen und seinen Kopf zu heben. Dass die Person im Bett den Blick auf ihn gerichtet hatte, erschreckte ihn aus unerfindlichen Gründen zutiefst und auch das dazugehörige Zusammenzucken konnte er nicht mehr verbergen. Kalt und abweisend ruhten die geliebten Augen auf ihm. "Yuki..." drang der die Stille zerschneidende Name heiser aus seiner Kehle und schließlich gab Shuichi auch seinem körperlichen Drängen nach. Wie von selbst gingen seine Beine die Schritte um das Metallgestell herum und wie von selbst legten sich seine Arme um die Schultern des anderen. Immer wieder diesen einen Namen schluchzend vergruben sich die Finger des jungen Sängers in Yukis Nachtgewand. Als es schließlich offensichtlich wurde, dass Shuichis Geste nicht erwidert würde, er außerdem die Berührung der kalten Haut als unangenehm befand, ließ er mit gesenktem Kopf von ihm ab und blieb stumm auf dem Bett neben dem Patienten sitzen. Nicht eine Reaktion, ein Aufatmen. Nichts. "Was ist eigentlich mit dir los...Yuki..." fragte Shuichis dünne Stimme beinahe tonlos, schien gleichzeitig zu wissen, dass diese Frage eigentlich lächerlich war. Der blonde Schriftsteller schien wohl nicht grundlos im Krankenhaus zu liegen. Er hätte eigentlich mehr Rücksicht nehmen müssen, doch die Ereignisse der letzten Wochen und besonders die des gestrigen Tages waren nicht gerade förderlich für Shuichis Beherrschung. Alles hatte sich bis jetzt in ihm angestaut. "Bist du in deine alte Starre zurückgefallen?" fügte die Stimme nach mehreren Augenblicken des Schweigens an, jetzt mit einem deutlichen Zittern in ihr, dafür noch leiser. Noch immer keine Reaktion. Die Knöchel auf Shuichis Handrücken zeichneten sich mittlerweile weiß unter der Haut ab, so fest ballte er seine Fäuste. Noch einen Versuch, einen letzten Versuch nahm er sich vor, ehe er dieses Zimmer, dieses Gebäude verlassen würde. Die Tonlage, in der der Sänger sprach, spiegelte seine Verzweifelung wieder. "Bin ich daran schuld? Schuld an deiner Krankheit?!" Plötzlich fuhr das blasse Gesicht auf dem Kopfkissen zu ihm herum. "Nein!" antwortete Yukis scharf klingende Stimme, die sofort von einem trockenen Husten unterbrochen wurde. "Dann sag mir doch was passiert ist? Warum das alles? Warum?" besorgt und gleichzeitig flehend beobachtete Shuichi den kranken Autor, der ihm nach Überwindung des Hustenanfalls zuerst nur ein bitteres Lachen schenkte. "Es hat..." er räusperte sich und führte seine linke Hand zu seiner Nase. "...nichts mit dir zu tun." Dass dies nicht gerade überzeugend wirkte, wusste Yuki höchstwahrscheinlich selbst. Man merkte, dass er sich nun keinerlei Mühe mehr gab, etwas zu verbergen. Möglicherweise hoffte er, dass Shuichi einfach aufgeben würde, was dieser jedoch nicht vorhatte. "Warum dann?" Die pinken Haarsträhnen wirbelten durch die Luft, als Shuichi ungläubig den Kopf schüttelte. "Was sind das für Narben, Yuki?" bestimmt griff er nach dem rechten Arm des blonden Schriftstellers und legte so die Narben frei, die in einem hellen rosa schienen. Als sein Blick auf Yukis Gesicht zurück fiel, bemerkte er, dass eine dunkelrote Flüssigkeit zwischen den Fingern hervor quoll, die er vor der unteren Gesichtsparte platziert hatte. "Kami-sama!" flüsterte er entsetzt, sprang sofort auf und suchte mit geweiteten Augen nach der Notschelle. Nachdem er sie endlich gefunden und auch betätigt hatte, griff er zu der Box gefüllt mit Taschentüchern, riss einige hinaus und das Behältnis selbst gleich mit in die Höhe. Die Pappschachtel landete mit einem dumpfen Laut auf dem Boden. Der junge Sänger drückte Yuki gleich mehrere der Zellfoasertücher in die Hand, zermaterte sich dabei selbst mit Vorwürfen. Er hätte rücksichtsvoller sein müssen, er hätte am besten gar nicht erst herkommen dürfen. Es war - wie immer - alles seine Schuld. Mit tränenerfüllten Augen sah er endlich die Schwestern kommen, die schnell den Raum betraten und sich zielstrebig auf sie zu bewegten. Die Oberschwester von vorhin kam geradewegs auf ihn zu und maß ihn mit einem vorwurfsvollen und gleichzeitig auch ärgerlichen Blick. "Kommen Sie. Es ist besser, wenn sie jetzt gehen." Mit diesen Worten griff sie Shuichi grob beim Arm und drängte ihn so in Richtung Ausgang. "Y-Yuki..." rief Shuichi und wand seinen Kopf zu dem blonden Schriftsteller, der mittlerweile von gleich zwei Schwestern umringt worden war. Dieser sah ihm ebenfalls hinterher. "Halte dich fern von mir..." murmelte Yuki leise, dennoch gerade so laut, dass Shuichi ihn verstehen konnte. Und er hatte mehr als deutlich genug verstanden. Nachdem die Schwester ihm schließlich einen kleinen Vortrag darüber gehalten hatte, wie krank Yuki doch und dass er ein Notfallpatient sei, stand der pinkhaarige Sänger schließlich vor unsanft geschlossener Zimmertür. Die Tränen lösten sich endlich. Und auch wenn ihn so manche Leute auf dem Weg zurück zu Hiros Apartment ansahen, bemerkte es Shuichi nicht einmal. Sein einziger Gedanke schien nur, dass er an allem Schuld war. +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Und wieder war es ein unschönes Geräusch, welches Hiro an diesem Tag unsanft aus dem Schlaf riss. Der Kopf des langhaarigen Gitarristen schreckte hoch und seine kleinen, verschlafenen Augen blickten irritiert zur Haustür, die stetig unter immer stärker werdenden Schlägen erzitterte. "Shuichi....? Ich komme, ich komme..." murmelte er und erhob sich unbeholfen von seinem Nachtlager, fuhr dabei mit einer Hand durch seine unbändige Mähne. Nachdem er die Tür umständlich geöffnet hatte, bestätigte sich sein Verdacht. Ein ziemlich merkwürdig aussehender Shuichi, mit der zum nächsten Schlag erhobenen Hand und tränenüberströmtem Gesicht stand im Rahmen und blickte seinen besten Freund hilfesuchend und dabei ziemlich verloren wirkend an. "Shuichi...? Was ist passiert?" Innerlich rechnete der noch nicht ganz erwachte Gitarrist mit dem Schlimmsten. Die Stirnpartie seines Gegenübers deutete einen kommenden Weinkrampf an und auch die kleine Unterlippe begann zu zittern. "Yuki... Yuki...er...." "Mann, komm doch erst mal rein..." Ohne Widerworte ließ sich Shuichi in die Wohnung verfrachten. Dabei bemerkte er die Nachbarin nicht, die mit leicht verwunderter Miene das merkwürdige Schauspiel vor Hiro's Haustür mitverfolgt hatte. Entschuldigend lächelnd schob Bad Luck's Gitarrist seinen Freund in den Raum hinter sich und folgte ihm so schnell wie möglich. "So, was ist mit Eiri-san?" "Er... er haahaaatt..." Ein Schluchzen unterbrach den Sänger, gefolgt von einem gewaltigen Schütteln. "Ja, er hat was?" leicht ungeduldig versuchte der Freund einen Blick von Shuichi zu erhaschen, der jedoch konsequent auf den Fußboden starrte. "Er hat mich... rausgeschmissen...." Stammelte er schließlich die Antwort. Verwundert blinzelte der brünette junge Mann und machte im wahrsten Sinne des Wortes große Augen. Yuki war also wieder erwacht. Eigentlich eine gute Nachricht... "Wie, er hat dich rausgeschmissen? Was hat er denn noch gesagt?" "Ich habe ihn gefragt, was los sei... und dann hat er... er hat einen Anfall bekommen." Die vorher leblosen Arme des pinkhaarigen Jungen begannen zu zittern. Noch bevor Hiro seinem Freund etwas erwidern konnte, ergriff dieser das Wort. "Er hat mir wieder nichts erzählt, er ist nur böse geworden, hat mich angeschrieen und ich weiß nicht warum! Wegen mir hat er sich wieder aufgeregt, wegen MIR!" kleine Tränen bahnten sich ihren Weg über die geröteten Wangen. "Es ist alles meine Schuld und ich weiß nicht einmal warum?!" Shuichis Blick traf schließlich den Hiros, ehe ihn ein erneuter Weinkrampf durchfuhr. "Warum?!" "Shuichi..." behutsam schloss Hiro den kleineren in die Arme und fuhr ihm tröstend über den Rücken. Shuichi zeigte daraufhin keine Gegenreaktion, jedoch erwiderte er die Geste auch nicht. "Vielleicht hat Eiri-san zurzeit viel Stress. Seine Arbeit kann sicher ziemlich nervenaufreibend sein." Keine Reaktion. "Und wenn er durch den Stress krank geworden ist, dann darfst du es ihm nicht übel nehmen, wenn er ein wenig überreagiert und Ruhe braucht." Vergeblich suchte der Gitarrist nach tröstenden Worten. Er wusste wirklich nicht, was nun schon wieder im Argen war, das einzig klare an dieser Sache schien, dass nicht nur Yuki ziemlich am Ende war. Shuichi tat ihm so unglaublich leid; er wusste er konnte nicht viel mehr tun, als ihm tröstend zur Seite zu stehen. Während er stillschweigend versuchte, den pinkhaarigen Sänger zu beruhigen, fragte er sich, ob sich das, auf was sich Shuichi und Yuki eingelassen hatten, überhaupt rentierte. Streit, Wortgefechte und Dinge wie diese häuften sich in letzter Zeit. Hiro war sich seit längerem nun nicht mehr so sicher, ob Shuichi das verdient, sein Glück gefunden hatte. "Na, was hälst du davon, wenn du erst mal hier bleibst und wir Bad Luck ein wenig aufpuschen? Ein wenig Zeit wird die Sache schon wieder richten, ne?" Mit einem aufmunternden Lächeln schob Hiro Shuichi von sich und sah ihn eindringlich an. Erst nachdem einige Sekunden verstrichen waren und Shuichi seine Unentschlossenheit durch einen tiefen Seufzer bekundet hatte, nickte er schließlich langsam. "Okay, vielleicht hast du Recht, Hiro." Er zwang sich sogar zu einem winzigen Lächeln. "Na siehst du! Es geht doch! Wir fahren gleich ins Appartement und holen deine Sachen!" mit einem Satz war der Gitarrist in seiner Motorradjacke und hielt die baumelnden Schlüssel für die Maschine in der Hand. "Auf geht's!" Shuichi war alles andere als wohl zumute, doch langsam sah er ein, dass es weiter gehen musste. Er sollte nach vorne sehen und sich zur Abwechselung einmal auf sich konzentrieren. Vielleicht hatte Hiro ja wirklich Recht? Vielleicht würde es tatsächlich anders zwischen ihm und Yuki aussehen, wenn erst ein wenig Zeit verstrichen war? Während er die Treppen des Hausflurs hinter seinem Freund entlang stapfte, meldete sich jedoch ein nagender Hintergedanke. Tatsuhas Worte kehrten in sein Gedächtnis zurück. War es wirklich nur seine Arbeit, die Yuki solche Probleme bereitete? Wieso sprach Tatsuha dann von solch schrecklichen Dingen? Er fand weder eine Antwort auf seine Fragen, noch eine Lösung für das Problem. Als er jedoch hinter Hiro auf dem Motorrad Platz nahm und den Motor unter sich spürte, kam er fast sogar wieder auf andere Gedanken. Schneller als üblich brauste der Gitarrist durch das tägliche Verkehrschaos in Tokio. Nahezu schon aggressiv lenkte er die Maschine durch die engsten Gassen und Passagen, was wahrscheinlich an seinen ebenfalls leicht aggressiven Gedankengängen liegen mochte. Hiro hatte sich fest vorgenommen, noch vor der nahenden Abreise mit dem Schriftsteller ein ernstes Wörtchen zu wechseln. +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ "Ich bin dann weg! Bis morgen!" zum Abschied winkte Noriko in die kleine Runde und verließ schließlich lächelnd das Tonstudio. Auch die anwesenden Tontechniker packten allmählich ihre Sachen zusammen. Es war spät geworden im NG Gebäude. Genüsslich streckte sich Ryuichi auf seinem Stuhl und hielt Kumaguro so an einem kleinen Arm in die Höhe. Er würde sich nun ebenfalls nach Hause begeben und seinen wohlverdienten Feierabend genießen. "Bai Bai, Thoma!" mit diesen Worten erhob sich der grünhaarige Sänger und wandte sich ebenfalls in die Richtung, in die Noriko soeben verschwunden war. Der blonde Thoma, der mit einer Tasse Kaffe in der Hand genau gegenüber von Ryuichi gesessen hatte, rief ihn jedoch noch einmal zurück. "Ryuichi. Auf ein Wort?" angespannt lächelnd blickte der Produzent seinem Kollegen hinterher. "Nani?" Wie erhofft drehte sich der Angesprochene zu ihm herum und sah ihn mit dem typischen unschuldig-kindischen Blick entgegen. "Lass uns die Sache vergessen." Erwiderte Thoma schließlich. Nach dem gestrigen Vorfall erschien zwar alles wieder normal, dennoch wollte Thoma alle möglichen Zweifel aus der Welt schaffen. Mit ernster Miene nippte er an seiner Tasse, verlor Ryuichi dabei keinen Augenblick aus den Augen. Das Verhalten des Superstars zeigte keine Veränderung. "Was denn, Thoma?" noch immer mit diesem unschuldigen Lächeln auf den Lippen musterte Ryuichi den sitzenden Gesprächspartner, der ihm allerdings nichts mehr als ein ergebenes Lächeln entgegen brachte, seine Tasse sauber auf dem Tisch platzierte und sich schließlich als Letzter erhob. "Bis morgen dann." Mit einem Handwinken war Thoma hinter der Tür verschwunden. Er hatte nun andere Dinge im Kopf, jetzt nachdem er wusste, dass er den grünhaarigen Sänger in der Hand hatte. Seine Sekretärin hatte ihm bereits vor dem Meeting mitgeteilt, dass Yuki das Bewusstsein wiedererlangt hatte. Nicht nur dass: Shuichi Shindo war heute nicht zur Arbeit erschienen, soweit er wusste, jedoch bei dem Schriftsteller aufgelaufen. Um diese Sache musste sich sofort gekümmert werden. Mit einem zweideutigen Lächeln verschwand Thoma hinter der nächsten Ecke. Ryuichis verwunderte Blicke hatten Thoma noch lange nach gehangen. Als er nun endgültig aus seiner Sichtweite verschwunden war, veränderte sich sein Gesichtsausdruck schlagartig. Das Glitzern in seinen Augen, gepaart mit der eisernen Miene ließ Ryuichi wie einen komplett anderen Menschen wirken. Nachdenklich starrte er auf die Tür, die noch immer seicht hin und her schaukelte. >>Flashback<< "Wohaaaaaaa!!!" mit großen, funkelnden Augen begutachtete Ryuichi seinen Schatz, den er beinahe schon ehrfürchtig in den Händen hielt. "Kumaguro! Ryuu-chan hat eine original Autogrammkarte von Shu-chan, na no da!" Mit hochrotem Kopf stand der besagte Autogrammgeber neben seinem Musikidol und kratze sich lachend am Kopf. "Nahhh, Sakuma-san! Es ist doch nur ein Autogramm..." "Aber Shu-chan war wunderbar!" Aufgeregt zitternde Hände des grünhaarigen umfassten die des jüngeren, der sofort errötete. "Wirklich?" fragte er unsicher. "Hai, hai!" kam die stürmische Antwort. "Maaaah, Shu-chan ist Ryuu-chans Idol, no daaa!" Die grünen Augen leuchteten vor Begeisterung wie kleine Smaragde, während der Superstar immer und immer wieder an Shuichi herumzerrte. Dieser strahlte mit einem Mal und die Röte in seinem Gesicht wurde um eine Spur dunkler. Und plötzlich lag er in Ryuichis Armen, schlang die dünnen Hände fest um dessen Oberkörper. "Arigatoh... Arigatoh, für alles!" Kleine Freudentränen quollen aus den fest zusammengekniffenen Augen und kullerten über Shuichis Gesicht. Der etwas größere und grünhaarige Part der beiden wusste gar nicht wie ihm geschah. Als er plötzlich das Federgewicht in seinen Armen und die weichen, duftenden Haare an seiner Wange spürte, entgleisten ihm förmlich alle Gesichtszüge. Der andere Ryuichi in ihm trat ans Licht. Instinktiv schloss er seine Arme um den kleinen Körper vor ihm und senkte seinen Kopf in einer zärtlichen Geste auf die Schultern des anderen. Als Shuichi seinen Griff noch verstärkte, durchfuhr es ihn wie ein Blitz. Da war es, das Gefühl, welches ihn nur dann durchströmte, wenn er den quirligen, pinkhaarigen Sänger in seiner Nähe hatte. Dieses Mal nur mit dem kleinen Unterschied, dass es viel intensiver war, als jemals zuvor. Lange standen die beiden eng umschlungen hinter der Bühne, sodass sie schon fast Aufsehen erregen mussten. Wenn Ryuichi doch nur konnte und vor allem durfte, wie er wollte, dann... >>Flashbach end<< Der rechte Mundwinkel zog sich nach oben und auch Ryuichis Gesichtszüge milderten sich. Dennoch - konnte all das schon alles gewesen sein...? Alles? Noch während er nun ebenfalls das Tonstudio verließ, fand seine Hand ein wohlbekanntes und bereits sehr abgegriffenes Stück Papier in seiner Hosentasche. +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Die folgenden Tage vergingen mehr oder weniger unerwartet wie im Flug. Die Promotions-Tour Japans bekanntester und beliebtester Musiker rückte unaufhaltsam näher. Shuichi hatte sich, für alle Beteiligten durchaus überraschend, in die Arbeit gestürzt und sich in der Zeitspanne von dem verheerenden Krankenhausbesuch bis jetzt kaum Freizeit gegönnt. Selbst Hiro, dem die 180 Grad Wandlung des Bad Luck Frontmanns eigentlich nur zu verdanken war, wurde die ganze Sache allmählich unheimlich. Der Gitarrist versuchte stets hinter die plötzlich so fröhliche Fassade Shuichis zu blicken, wurde aber nicht ganz schlau aus dessen Verhalten. Letztendlich freundete sich Hiro sogar mit dem Gedanken an, dass Shuichi sich von dem blonden Schriftsteller zu lösen begann, was in seinen Augen vielleicht nicht unbedingt in Shuichis Natur lag, aber dennoch irgendwie als plausible Erklärung durchgehen konnte. Auch Suguru und Sagano schienen sich mit dieser Version zufrieden zu geben (natürlich ohne Shuichis Wissen), K jedoch genügte sie nicht. Er war in den letzten Tagen immer wortkarger und, was am allerschlimmsten war, nachdenklicher geworden. Hiro wollte lieber gar nicht erst wissen, was in dem Kopf des Amerikaners vorging. Er konzentrierte sich auch, wie seine beiden Teamkollegen auf die Produktion der neuen Single "Super Drive", die sozusagen die Krönung ihrer Tour darstellen sollte. Und das schönste an der ganzen Sache war, dass Shuichi hundertprozentig darin aufzugehen schien! Der pinkhaarige Junge hatte selten besser gesungen und sich derart an der Produktion beteiligt. Das Drama um Yuki schien vergessen. Mit dem Schriftsteller selbst ging es gesundheitlich wieder bergauf. Mit der Beendigung der Arbeiten an dem Song "super Drive" wurde Yuki einen Tag vor der Abreise nach Kyoto aus dem Krankenhaus entlassen. Allerdings nicht ohne dass der leitende Arzt der Station auf der er gelegen hatte ihm noch einige nützliche Tipps auf den Weg gab. "Eiri-san, bevor sie gehen, könnte ich sie noch einen Moment sprechen?" der bereits etwas ergraute Chefarzt trat an Yuki heran, der gerade im Inbegriff war mit gepackter Tasche und über den Arm gelegten Mantel die Tür seines (Gott sei Dank) ehemaligen Krankenzimmers zu schließen. Verwundert beäugte er den älteren Mann und bemerkte das Klicken des Schlosses, als es einrastete. "Sicher." Antwortete Eiri eintönig. Alles in ihm schrie geradezu nach einer Zigarette. "Ich möchte mit ihnen um die fortlaufende Behandlung ihrer Krankheit sprechen, Eiri-san. Ich empfehle ihnen dringlichst ihre Symptome im Auge zu behalten und sich daraufhin bei ihrem Hausarzt behandeln zu lassen." Yuki nickte geistesabwesend und starrte den Flur hinunter. Hätte man es ihm nicht bereits schon zig tausend Mal gesagt, wäre er sicherlich auch selbst darauf gekommen. "Außerdem sollten sie in der nächsten Zeit jegliche stressige und anstrengende Aktivitäten unterlassen. Diesen Rat gebe ich ihnen nicht nur wegen ihrem körperlichen, sondern auch ihrem geistigen Zu-" "Vielen Dank, Doktor." Yukis Hand schnellte hervor und schüttelte die seines Gegenübers. Er verspürte keinerlei Lust, diese Unterhaltung noch weiter zu führen. Er wusste bereits, dass er verrückt war. "Auf Widersehen." Mit diesen letzten Worten wand sich der blonde Schriftsteller einfach um und Schlug den Weg in Richtung der Fahrstühle ein. Zurück ließ er einen leicht verdattert und sich die Brille zurecht schiebenden Chefarzt auf dem Flur. Die Türen des Aufzugs waren noch nicht ganz wieder im Erdgeschoss aufgesprungen, da qualmte auch schon die Zigarette aus Yukis Mundwinkel. Genüsslich und komischerweise auch sehr erleichtert aussehend, machte er sich auf die Suche nach einem Telefon. Nach kurzer Zeit war eines gefunden, Geld eingeworfen und der Hörer abgenommen. Bei der gewünschten Telefonnummer haperte es jedoch. Yukis schlanke Finger hatten zunächst seine eigene Nummer begonnen zu tippen, legten allerdings schnell den Hörer wieder auf, um einen erneuten Versuch zu starten. Als Hiro im obersten Stockwerk des NG Gebäudes am größten der sich hier befindlichen Büros vorbeiging, ließ ihn das Schrille Klingeln des Telefons hinter den zwei verschlossenen Flügeltüren stoppen. Normalerweise war er nicht der Typ, der anderer Leute Telefonate belauschte, die Tatsache dass ein Schild mit den großen Lettern "SEGUCHI" neben der Tür angebracht war, ließ ihn seine Prinzipien jedoch für einen Moment vergessen. "Uhn." Thomas durch das dicke Holz gedämpfte Stimme drang an das Ohr des brünetten Gitarristen, der sich noch ein wenig mehr an die kalte Wand drückte. "Ah! Eiri-san!" Hiros Kopf zuckte kaum merklich in die Höhe. Etwas gehetzt suchten die braunen Augen die Umgebung ab. "Un. Sicher, ich hole dich in zehn Minuten ab." Ein beinahe überhörtes Klicken riss Hiro aus seiner Starre. Noch während er die hektischen Geräusche aus dem geschlossenen Zimmer hinter ihm zu bemerken begann, stieß er sich blitzschnell von der Wand ab und suchte nach einem geeigneten Versteck. Thoma durfte ihn auf keinen Fall hier sehen! ... warum eigentlich nicht...? Sich wie ein Schwerverbrecher vorkommend, riss er die Tür zum Treppenflur auf und presste sich in dessen hinterste Ecke. Insgeheim betete er dafür, dass sein Vorgesetzter den Aufzug nehmen würde. Glücklicherweise schritt dieser nur wenige Sekunden, nachdem Hiroshi seinen Gedanken zu ende gedacht hatte an der sich schließenden Treppenhaustür vorbei, scheinbar ohne auch nur einen Gedanken daran zu verlieren, dass er beobachtet wurde. Aufatmend rutschte der Gittarist an der Wand herunter. Eigentlich hätte er auch einfach so tun können, als ob er gerade an Thomas Büro vorbei gegangen wäre. Aber - er wollte die Dinge nicht noch unnötig weiter komplizieren. Was zählte war, dass Yuki aus dem Krankenhaus entlassen worden war. Ein undeutbares Glitzern lag plötzlich in Hiros Augen. Er musste sich kurz bei Sagano-san entschuldigen lassen. "Ich komme, ich komme. Das wird doch wohl nicht diese kleine-" Die Zigarette in Yukis Mundwinkeln ließ seine Stimme als nicht viel mehr als ein undeutliches Murmeln klingen, während er sich, nachdem es ungefähr zum zehnten Mal sturmgeklingelt hatte, endlich auf den Weg zur Tür machte. Er hatte fest mit Shuichi gerechnet, umso größer war des Autors Erstaunen, als er plötzlich eine braune Haarpracht vor seinem Wohnungseingang erblickte. "Hiroshi-kun." Bemerkte er nüchternd und maß die finsteren Gesichtszüge Shuichis Arbeitskollegen. "Ich muss mit dir sprechen." "So ernst...?" Yukis leicht belustigter Tonfall ließ Hiro ärgerlich auffahren. "Ja, langsam ist es mir verdammt ernst." Seine Augen funkelten den größeren Mann vor ihm böse an. "Es geht um Shuichi." "Ahh. Dein Versprechen, hun?" Jetzt war der hochgezogene Mundwinkel offensichtlich. "Wie lange willst du noch mit ihm spielen? Lass ihm endlich seinen Frieden, oder entschuldige dich bei ihm." Stille. Stumm stieg der blaue Zigarettendunst vor Yukis Gesicht auf und ließ es irgendwie düster erscheinen. "Wenn irgendetwas passiert sein sollte, dann solltest du es Shuichi erklären und ihn nicht weiter quälen!" Langsam verlor Hiroshi seine Beherrschung. Wie konnte ein Mensch nur so... so kalt sein? Schließlich bequemte sich Yuki doch noch zu einer Antwort. Langsam nahm er den Stummel aus seinem Mundwinkel und sah Hiro durchdringend an. "Es ist für ihn mittlerweile zu gefährlich, mit mir zusammen zu sein." "Ab-!" Hiro wollte auffahren, doch der Schriftsteller schnitt ihm das Wort ab. "Außerdem habe ich jemand anderen. Sag ihm, er soll seine Klamotten holen." Und mit diesen letzten Worten schloss sich die Haustür vor Hiros Augen. Wie vom Donner gerührt stand der Gitarrist und starrte an die Stelle, an der gerade eben noch Yukis Gesicht gewesen war. Er war einfach nur sprachlos. Langsam begannen die soeben gehörten Worte in seinem Kopf zu hämmern. Er-hatte-jemand-anderen. Wie sollte er das um Kami-samas Willen Shuichi beibringen?! "Naaaarrrr!!!" unter einem wütenden Aufschrei trat Hiro mit voller Wucht gegen die Tür. "Waaaaaaaaahh-?!" Die blauen Augen wurden beinahe schon zu groß für das kleine Gesicht. "Yuki ist zuhause?" "Oi! Shuichi!" im letzten Moment gelang es Hiroshi, seinen aufspringenden Freund am Ärmel zu packen und ihn somit aufzuhalten, durch die nächste Wand zu rennen. "Deeemoooo, ich muss zu Yuki! Yuki! Yuki! Yuki!" Wild fuchtelte der pinkhaarige Sänger mit den Armen, um sich aus dem Griff, der ihn hielt zu befreien. Jedoch vergebens, denn Hiro schaffte es sogar das Nervenbündel wieder auf den Sessel vor ihm zu bugsieren. "OI! Jetzt hör mir doch erstmal zu!" Noch immer hin und her wippend und mit einem schon lange nicht mehr gesehenen Lächeln auf den Lippen blieb Shuichi letztendlich doch noch sitzen. "Was denn, Hiro...?" Der Gefragte atmete mühsam ein und lautstark wieder aus, ehe er antwortete. Er konnte es nicht glauben. Er war gerade dabei seinen besten Freund zu belügen. "Ich war bereits bei Yuki." "Wa- Nani?" Mit einem Mal saß der pinkhaarige Junge ganz still vor seinem besten Freund und blickte diesen mit fragenden Augen an. Hiro hingegen wagte es nicht auch nur einmal aufzusehen. "Naja, weißt du... eto... ich wollte erstmal schauen, wie es Yuki-san geht, bevor, na ja, du weißt schon... Bevor es noch schlimmer werden könnte." "Hiro..." Oh Gott, am liebsten würde er auf der Stelle tot umfallen. Er hatte Shuichi noch nie belogen, erst recht nicht in solch einer Situation. Aber es musste sein. Wenigstens für ihn. "Du solltest bis nach der Tour warten. Er ist noch sehr geschwächt und braucht sehr viel Ruhe." Der Gitarrist schickte ein Stoßgebet gen Himmel, dass Shuichi ihm seine Erklärung abkaufte. Als er mehrere Momente nichts von seinem Freund hörte, traute er sich endlich aufzusehen. "Shu-" "Ist schon in Ordnung, Hiro." Shuichis zusammengesunkene Gestalt versetzte Hiro einen schmerzenden Stich. "Wahrscheinlich hast du Recht." "Shuichi, ich-" verzweifelt suchte der Gitarrist nach Worten, die eigentlich fehl am Platze waren. Es war seine Schuld, er konnte es drehen und wenden wie er wollte. "Ne, nach Kyoto sehen wir weiter!" Auch Shuichis aufgesetztes Lächeln und das aus seinem Zeige- und Mittelfinger geformten Victory konnten Hiro sein schlechtes Gewissen nicht vergessen lassen. Er wusste nur zu gut, wie sich Shuichi nun fühlen musste. Ergeben lächelte der Freund und nickte langsam. Vielleicht... Nein, hoffentlich würde ihm Shuichi vergeben... +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Der große Tag war gekommen. In voller Montur, mit über die Schulter geworfen, gepackten Taschen und gezückten Flugtickets schlenderte die kleine Gemeinschaft durch die Abfertigungshalle in Richtung Terminals. Nur wenn man ganz genau hinsah, konnte man erkennen, dass es sich bei der unauffällig auffällig vermummten Reisegruppe um niemand anderen, als um die Musikgruppe Bad Luck und Gefolge handelte. Sakano und zwei weitere NG Mitarbeiter dienten als Begleitung. "Meinst du wirklich, das ist notwendig, Hiro?" unter dem dicken Halstuch, welches um sein halbes Gesicht gewickelt war, klang Shuichi's Stimme dumpf. Die übergroße Sonnenbrille und der hochgeschlagene Kragen des Parkas taten ihren Rest zu der Erscheinung des Leadsängers. Statt des Angesprochenen antwortete Suguru. "Natürlich, Shindou-san! Oder möchtest du, dass wir noch bevor wir in Kyoto ankommen von unseren Fans tot getrampelt werden...?" Aufgebracht ruckte der kleine Kopf des Keyboarders hin und her. Er war gleich mit einem riesigen Tuch komplett eingehüllt worden, sodass nur seine Augen durch die kleinen Sehschlitze hindurch lugten. "Wer hat dich gefragt?" meckerte Shuichi, der rechts neben ihm ging und eigentlich etwas zu laut sprach. Sogleich drehte sich eine Gruppe Jugendlicher zu ihnen um, was Suguru natürlich nicht verborgen blieb. "Da hast du's! Die da drüben gucken schon ganz komisch!" unbemerkt beschleunigte Thoma's Cousin seinen Schritt, um den forschenden Blicken der Reisegruppe, die fast zu 99 Prozent nur aus Mädchen bestand, irgendwie zu entfliehen. "Klar, gucken die komisch. Hast du schon mal in den Spiegel gesehen?" Über seinen eigenen Witz ziemlich amüsiert, begann Shuichi lauthals zu lachen. "Könnt ihr den Quatsch vielleicht jetzt mal lassen?!" Ärgerlich mischte sich nun auch Hiroshi in das Gespräch seiner Kollegen ein und stieß Shuichi zu seiner Linken grob mit dem Ellenbogen. Ihm wurde das alles zu bunt, sie erregten durch ihre komische Verkleidung sowieso schon viel zu viel Aufsehen. "Hiro! Es ist doch egal! Wir sind mit dieser..." der pinkhaarige Sänger zupfte mehrere Male unbeholfen an seiner Kleidung und sah an sich herunter. "...Lachnummer sowieso schon aufgeflogen!" Ein verächtliches Schnauben Suguru's ertönte. Shuichi konnte sich wahrlich glücklich schätzen, dass er Hiroshis Seitenblicke nicht sehen konnte. Der Gitarrist hatte auf jegliche weitere Kopf- oder Körperbedeckung verzichtet und sich stattdessen seine knappe Lederjacke über den Kopf gezogen, um somit sein komplettes Gesicht aus dem Sichtfeld der anderen zu entziehen. "Shinou-kun...!!!" Ein merkwürdig klingendes Zischen an Shuichis linkem Ohr versetzte ihn in Angst und Schrecken. Einen lauten Aufschrei konnte er sich daher nicht verkneifen, als er sah, dass ein völlig außer sich geratener Sagano neben ihm ging und ihn mit beschwörenden Blicken zu hypnotisieren versuchte. "Ich habe euch ausdrücklichst darum gebeten, dieses Auftauchen von Bad Luck so schnell und unauffällig wie möglich hinter euch zu bringen...!!!" Die Stimme des Produzenten war mehr ein leises Röcheln als alles andere. Der geplagte Mann glaubte selbst, die fragenden Blicke der anderen im Rücken zu spüren. Was natürlich auch nicht ganz falsch war. Eine kleine aus Menschen bestehende Gasse hatte sich rechts und links neben der kleinen Karawane gebildet und schloss sich direkt hinter ihr wieder. "Mah, mah! Sagano-san!" Shuichi lachte abermals und schlug seinem Vorgesetzten mehrere Mal auf die Schulter . Ihm gefiel der Trubel hier. "Shindo-kuuuun!!!" Dieser Name war mittlerweile zum bösen Zauberspruch für den Produzenten geworden. "Wenn wir gleich am Schalter sind, versucht euch unauffällig zu benehmen...!!!" Doch es war bereits zu spät. Hiro, Suguru, gefolgt von Shuichi und ihm selbst standen genau vor dem Ticketingschalter ihrer Fluggesellschaft. Zunächst etwas verängstigt, mit dem Finger bereits auf dem Notfallknopf - nachdem alle ihre Kopfbedeckung abgenommen hatten dann doch sehr errötet und ziemlich aufgeregt wurden sie von der jungen Dame hinter dem Schalter in Empfang genommen. Noch war es nur eine kleine Gruppe von schüchternen Passanten, die sie wohl erkannt hatten. "Wa-was kann i-ich für sie tu-tu-tun?" mit zittrigen Fingern zupfte sich die Angestellte hinter dem Tresen den Kragen zurecht und beäugte alle vor ihr stehenden Personen aus großen Augen mit einer Mischung aus Unglauben und Ehrfurcht. Sogleich war Hiroshi zur Stelle. Doch ehe dieser auch nur den Mund aufmache, geschweige denn Sagano einen seiner berühmten Nervenzusammenbrüche erleiden konnte, tönte ein heller Ruf quer durch das gesamte Terminal. "SHUI~CH~I!!!" Erschrocken wandten sich mehrere Anwesende in die Richtung, aus der der Ruf erklungen war, einige andere wichen sogar einen Schritt zurück. Und es dauerte kaum den Bruchteil einer Sekunde, ehe Shuichi visualisierte, WAS gerade in vollem Tempo auf ihn zugerast kam. "Sakuma-sa-" Mehr konnte der junge Sänger auch schon gar nicht mehr sagen, ehe er von einem außer Rand und Band geratenem, etwas größeren, grünhaarigen Mann von den Füßen gerissen wurde. Und dann war das Chaos perfekt. Hellauf begeisterte und aufgeregte Rufe gellten durch die riesige Halle und aus dem Nichts hatte sich plötzlich eine wahre Menschentraube um sie versammelt. Eingekesselt zwischen Groupies und Schaltern wichen alle Verbliebenen, nachdem sie ihre Überraschung überwunden hatten, mehrere Schritte zurück. Hätte nicht sofort das Security Personal eingegriffen, um die vermeintlichen Opfer aus der ungewollten Nähe ihrer Fans zu entziehen, dann wären wahrscheinlich gleich zwei der bekanntesten Bands Japans von der Bildfläche verschwunden. Die halb verrückt gewordenen Fans zurückhaltend, boten gleich acht der bulligen Männer des Wachpersonals den Künstlern Rückendeckung. So schnell, wie es wahrscheinlich noch keiner der Anwesenden jemals erlebt hatte, waren Bad Luck samt Anhang und Nittle Grasper durch sämtliche Ticketausgaben und Passkontrollen. Endlich befanden sich alle in einer ruhigen Ecke der Abflughalle. "Ryuichi, das hätte wirklich nicht sein müssen..." bemerkte Thoma, der zusammen mit Noriko ebenfalls irgendwo im Menschengetummel aufgetaucht war, und sich nun die Kleider zurechtzupfend in der illusteren Runde befand. Der Angesprochene schenkte seinem Kollegen jedoch ziemlich wenig Aufmerksamkeit. Er war voll und ganz mit Shuichi beschäftigt, der es gnädig und sichtbar verlegen über sich ergehen klließ, dass Ryuichi an ihm klebte, wie eine Klette. Wahrscheinlich wusste er gar nicht, wie ihm geschah. Nachdem er von seinem Idol von den Füßen gerissen wurde, erinnerte er sich nur noch daran, dass eine wahre Bilderflut ihn überschwemmt hatte. Aber ihm fiel auf, dass es keiner der Sicherheitsbeamten gewesen war, der ihn aus der Gefahr gerettet hatte. Noch immer spürte er einen festen Griff um seinen Oberarm und einen Körper, der sich schützend über ihn gebeugt hatte. Im Nachhinein könnte er darauf schwören, dass es Ryuichi selbst gewesen war. "Mah, mah! Thoma, Ryuu-chan freut sich, na no da!" quietschvergnügt auf Shuichis Schultern lehnend, beantwortete der ältere Sänger schließlich die Frage seines Kollegen. Derweilen stand der pinkhaarige Junge stocksteif da und schien es noch immer nicht ganz zu fassen, dass sein größtes Idol gerade dabei war, ihn zu verschlingen. (Ryuichi nuckelte bereits die gesamte Zeit an der Kapuze seiner Jacke...) "Was macht ihr eigentlich hier...?" warf Hiro plötzlich ein, stellet seine Frage gezielt an die drei Mitglieder Nittle Graspers. "Wir?" Noriko zeigte mit einem ihrer manikürten Finger auf sich selbst. "Wir fliegen nach Kyoto! Was habt ihr denn gedacht?" "Was?" "Nani?" "Häh?" Selbst Sagano schien für einen Moment seinen sterbenden Eindruck zu vergessen. Er stellte sogar das anhaltende Verbeugungsritual vor Thoma ein, auf den sich sogleich mehrere fragende Blicke richteten. "Ya. Noriko-chan hat Recht. Nittle Grasper wird ab sofort nicht mehr von Bad Luck's Seite weichen." Der Blick des blonden Produzenten lag kühl und überlegt auf Shuichi, der allerdings noch immer nichts produktives von sich gab. "Hast du gehört, Shu-chan? Hast du?" Ryuichi rüttelte mehrere Male an den Schultern seines kleineren Kollegen. "Hai... wir fliegen alle... gemeinsam... nach... Kyoto...." Ziemlich geistesabwesend starrte er auf das rosa Plüschhäschen, welches ihm Ryuichi in die Hand gedrückt hatte und wog es im Takt seiner Worte hin und her. Dies war der Moment, an dem sich alle wirklich sorgten, ob Shuichi beim Sturz nicht doch auf den Kopf gefallen war. Ryuichis darauf bezogenes "Bist du in Ordnung, Shu-chan?" ging in der erneut aufkommenden Diskussion unter. "Wo ist eigentlich K?" fragte Thoma interessiert, nachdem er von dem pinkhaarigen Sänger abgelassen hatte. "Er erledigt noch etwas bei der Frachtverladung. Keinen Schimmer, was der Mensch sich jetzt schon wieder ausgedacht hat." Sugurus Antwort begleitete ein vor Schmerz verzogenes Gesicht. Nein, sie alle hatten wahrlich keine Ahnung, was K vor hatte. Wie eigentlich immer. "Er sagte, er würde mit einem Privatjet nachkommen." Hätten alle Anwesenden einfach aus den riesigen Glasfenstern geschaut, welche eine komplette Sicht über das Rollfeld bot, dann hätten sie den Manager ohne Schwierigkeiten ausmachen können. Der hoch gewachsene Amerikaner stand inmitten einer Gruppe schwarz gekleideter, maskierter und noch dazu bewaffneter Männer, die mit Argusaugen verfolgten, wie ein riesenhafter Frachtcontainer in den Bauch eines Jumbos verladen wurde. Hätte man K dabei näher betrachten können, wäre niemanden sein zufriedenes Grinsen und die durchgeladene MP auf seiner Schulter verborgen geblieben. Aber so blieben alle Anwesenden in Unwissen. "Nun ja. Dann sollten wir endlich boarden. Die komplette erst Klasse zu chartern war ein Spaß. Der verwirrte Blick der Dame am Schalter war es mir wirklich wert." Mit diesen Worten hob Thoma seine abgestellte Tasche vom Boden auf und wand sich, nachdem er eines seiner gütigen Lächeln in die Runde geworfen hatte, gen Richtung Schalter. "Pika, pika, Shuichi! Es geht los, na no da!" Ohne, dass es einer weiteren Aufforderung bedurfte, stürmte auch Ryuichi mit Shuichi im Schlepptau los und setzte sich an die Spitze. So ausgelassen und fröhlich hatte man ihn in der letzten Zeit nur noch selten erlebt. Während sich nun auch die letzten der Reisegruppe fertig machten, beobachtete der blonde Produzent seine beiden Vorläufer argwöhnisch. Sein Blick verfinsterte sich immer mehr und mehr und auch sein Griff um den Tragegurt seines Handgepäcks wurde kaum merklich fester. Alles würde nun seinen Anfang nehmen. Ein paar Stunden zuvor: Nein, nicht nur die Türklingel war es, die Yuki den letzten Nerv raubte. Nun sehnte sich auch noch das Telefon danach, dass man es bemerkte. Mit einem wütenden "Ja?" begrüßte der Autor den Anrufer. Als ihm nur ein schweres, röchelndes Atmen entgegen gebracht wurde, verlor Yukis Gesicht auch den letzten Rest von Farbe. Ehe er dazu imstande war, etwas zu sagen, kam ihm der mysteriöse Anrufer zuvor. "Na du Schwuchtel? Ich hoffe, dir geht es wieder besser, denn es hat gerade erst begonnen." Ein dreckiges Lachen beendete den Monolog. Hastig drückte der blonde Schriftsteller die Zigarette im Aschenbecher aus, um sich direkt wieder eine neue anzustecken. Er musste nur ruhig bleiben. Ruhig. Bleiben. "Weißt du jetzt, wer ich bin?" "Ich habe keine Ahnung." Gab Yuki ehrlich zu und strich sich durch die zerzausten Haare. "Dann spitz mal deine Lauscher, Uesugi. Ich bin sein Vater. Du hast mir das Wertvollste genommen, was ich je besessen habe! Mörder!!" scheinbar hatte sich der Anrufer nicht mehr ganz unter Kontrolle, als er in den Hörer zu brüllen begann, um letztendlich nach einem gewaltigen Hustenanfall wieder zu verstummen. Yuki schossen in diesem Moment tausende von Gedanken und Bildern durch den Kopf. Sein Vater? Yukis Vater? Er hätte darauf vorbereitet sein müssen, dass er irgendwann einmal mit dieser Situation konfrontiert würde. Nun war es soweit und er war vollkommen unvorbereitet. Warum gerade jetzt!?! "Hören sie, was wollen sie? Ist es Geld?" Die Stimme am anderen Ende der Leitung lachte laut auf. "Geld? Davon habe ich genug. Ich will dich. Komm nach Kyoto. Und tu besser was ich dir sage, sonst passiert deinem Haustier etwas..." Es folgte ein helles "klick" und danach ein Besetzzeichen. Es dauerte einige Augenblicke, ehe der Autor ebenfalls auflegte und laut aufstöhnte. "War -er- es?" Thomas hagere Gestalt löste sich aus einem Schatten an der Wand. Besorgt sah er auf seinen auf der Couch sitzenden Freund hinab. Ein Nicken war die Antwort. "Was wirst du tun, Eiri-san?" langsam ging der Keyboarder um den Wohnzimmertisch. Zunächst seufzte Yuki abermals, antwortete dann aber schließlich. "Ich fahre." Daraufhin weiteten sich Thomas Augen. "Wirklich? Bist du dir sicher?" Immer näher kam er der Couch. "Ja. Es muss etwas passieren. Ich werde mit euch fliegen und-" gerade als Yuki aufstehen wollte, drückte ihn ein bestimmter behandschuhter Finger zurück in die Sitzkissen. "Ah! Warte, Eiri-san. Ich würde dir raten später zu fliegen." "Äh, Seguchi?" Ob Yuki die Stirn runzelte, weil er Thomas Vorschlag nicht nachvollziehen konnte, oder weil er sich gerade breitbeinig genau über ihm platzierte, sei dahin gestellt. "Es könnte gefährlich werden, wenn du mit uns dort aufkreuzt. Das erwartet dieser Kerl vielleicht sogar. Zu viele Leute..." Plötzlich kniete Thoma genau zwischen den schlanken Beinen und ließ die der sich entledigten Handschuhe langsam zu Boden gleiten. Dabei verlor den fragenden Blick seines Freundes nicht aus den Augen. "Vertrau..." Das Geräusch eines Reißverschlusses, der gerade geöffnet wurde, hallte durch den Raum. "...mir..." Der blonde Haarschopf senkte sich. To be continued... Authors comment: AHHHHH!!! Ich HASSE mich!!! >_< Ich habe für dieses Kapitel ewig gebraucht und irgendwie.... Es ist viel zu lang geworden! Fast 9 Seiten!!! Ahh, es gefällt mir nicht. Aber bitte, bitte, bitte liebe Leser, lasst euch nicht von diesem Schund abschrecken! Es wird noch viel konfuser! Danke, Ludmilla, danke! ;-) Sie hat mich auf die dollsten Ideen gebracht und da das nächste Kapitel voll davon sein wird, gebe ich hier eine Warnung raus: Es wird so richtig verrückt. Bekloppt. Durchgeknallt. Also... *seufz* Lest selbst. K wird auf jeden Fall einen Starauftritt im Verlauf der Geschichte bekommen! ^___^ Tja, und weil's eigentlich relativ actionreich weiter geht, verspreche ich eine gute Portion Romantik im nächsten Kapitel. Vielleicht ein bisschen mit Humor vermischt, aber dennoch soll es knistern! Ich hoffe, es hat euch trotz allem gefallen und vielen, vielen Dank für's Lesen! Ah - Und abermals: Gomen nasai! ~.~' See Ya in Track 5! Eure Ryuu-chan Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)